85. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, 9. März 1976, 9.04 Uhr



[7600] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, 9. März 1976, 9.04 Uhr

(85. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag, mit Ausnahme von OStA Zeis, der nicht anwesend ist.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:
Just. Ass. Clemens
Just. Ass. z. A. Scholze

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als Verteidiger sind anwesend:

Prof. Dr. Azzola und Rechtsanwälte Dr. Augst, (als amtl. best. Vertr. von RA Eggler), Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel, Zuber (als Vertr.’in für RA König), Linke und Grigat.

Als Zeugen sind anwesend:

KHK[a] Werner Finkbeiner
POK[b] Dietmar Hemm
KOK[c] Walter Lutz
KOM Heinz Eierle

RA Dr. Augst übergibt vor Beginn der Hauptverhandlung seine Bestallungsurkunde[d] vom 4. März 1976.

Eine Fotokopie ist dem Protokoll als Anl. 1 beigefügt.

Vors.:

Bitte Platz zu nehmen. Wir können die Sitzung fortsetzen.

Die Verteidigung ist gewährleistet. Herr Rechtsanwalt Pfaff wird heute Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann vertreten. Er hat sich für eine Stunde entschuldigt. Von Herrn Rechtsanwalt Schily ist keine Mitteilung vorhanden. Einige technische Hinweise, die für Morgen geladene Zeugin E[...] liegt im Krankenhaus. Sie hat sich damit entschuldigt. Der für den 18.3.1976 geladene Zeuge Thomas R[...] ist durch einen schweren Autounfall so nachhaltig geschädigt, daß ihm medizinischerseits weder die Reise, noch die Vernehmung zuge- [7601] mutet werden kann. Auch ihm wurde mitgeteilt, daß er zumindest für diesen Termin entschuldigt ist. Am 24.3. war der Kriminalrat Nötzel als Zeuge geladen. Er ist verhindert. An seiner Stelle kann aber dieselben Angaben machen oder zum selben Thema sich äußern der Kriminalhauptkommissar Gubka. Das ist Ordner 75, es handelt sich hier bei dieser Aussage um den Zustand der Wohnung, Inheidenerstraße beim ersten Betreten. Hier waren die Herren gemeinschaftlich beteiligt, so daß er ein geeigneter Zeuge für diesen Komplex ist.

Herr Professor Azzola.

OStA Zeis erscheint um 9.04 Uhr im Sitzungssaal.

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich bitte mir vor Eintritt in dem heutigen Praeliminarien Gelegenheit zu geben, einen Sachverhalt aufzuklären, der zur Besorgnis von Widersprüchen Anlaß gibt, im Verhalten des Vorsitzenden Richters, aus dem Schluß der Verhandlung vom Freitag in Verbindung mit einer Aussage, die der Vorsitzende Richter gemacht hat ...

Die Angeklagten Baader, Raspe und Meinhof erscheinen um 9.05 Uhr im Sitzungssaal.

Prof. Dr. Az[zola]:

... während der Vernehmung des Zeugen Freter.

Vors.:

Ja, ich möchte dann zunächst die Herren Zeugen, die heute da sind, belehren, dann wollen wir sehen.

Die Zeugen Finkbeiner, Hemm, Lutz und Eierle werden gem. § 57 StPO[2] belehrt.

Die Zeugen Finkbeiner, Hemm, Lutz und Eierle sind mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[3]

Die Zeugen Finkbeiner, Hemm, Lutz und Eierle werden um 9.07 Uhr in Abstand verwiesen.

Vors.:

Herr Professor, um was handelt es sich.

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich habe zunächst eine Frage. Auf Blatt 6565 des Protokolls haben Sie während der Vernehmung des Zeugen Freter erklärt: „Darf ich dazwischen nur eine Bemerkung [7602][4] [7603] machen im Zusammenhang mit Herrn Schäfers. Herr Rechtsanwalt von Plottnitz; An sich hätten Vorführbeamte bei einem Zeugen, der inhaftiert“...

Vors.:

Verzeihen Sie, wenn ich Sie jetzt unterbreche. Was soll aus dem ganzen werden?

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich habe vorhin schon erklärt, daß ein Widerspruch, der zu Besorgnissen Anlaß gibt ...

Vors.:

Zu welchen Besorgnissen? Soll ein Antrag daraus hergeleitet werden? Wenn ja, dann sagen Sie, um was für einen Antrag es sich handelt. Wenn Sie sonstige Besorgnisse haben, können die auch außerhalb der Hauptverhandlung besprochen werden.[5]

Prof. Dr. Az[zola]:

Ein Besorgnis, das normalerweise zu einem Antrag führt, der unverzüglich[6] gestellt werden muß.

Vors.:

Also entweder Sie stellen den Antrag oder aber Sie können jetzt nicht ...

Prof. Dr. Az[zola]:

Gut, dann stelle ich den Antrag:

Den Vorsitzenden Richter Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.

Der Vorsitzende Richter Dr. Prinzing hat während der Vernehmung des Zeugen Freter, nachzulesen auf Blatt 6565 des Protokolls erklärt: „Darf ich dazwischen nur eine Bemerkung machen, im Zusammenhang mit Herrn Schäfers. Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, an sich hätten Vorführbeamte bei einem Zeugen, der inhaftiert ist, hier im Saale anwesend sein müssen. Ich habe ausdrücklich darum gebeten, daß das nicht geschieht, sondern daß der Herr Zeuge ohne Begleitperson hier auftritt. Ich wußte nichts davon, daß die Herren da draußen sind.“ Mit da draußen war gemeint, Räumlichkeiten im Zusammenhang dieses Saales. Am letzten Freitag hat der Vorsitzende Richter auf Befragen erklärt: Er habe angeordnet, daß sich der Herr Schäfers während der Vernehmung des Zeugen Hoff hier im Saale, nämlich hinter der rechten Wand aufhält. Das ist ein eklatanter Widerspruch im Verhalten des Vorsitzenden Richters, der in den Augen meiner Mandantin die Besorgnis der Befangenheit hervorrufen mußte. Ich bedauere im übrigen, daß es nicht möglich war, vor der Stellung eines solchen Antrages, durch einige Sachhinweise mögliche Irrtümer aufzuklären, die es,[e] was nicht aus- [7604] zuschließen ist, überflüssig gemacht hätten, einen solchen Befangenheitsantrag zu stellen. Zur Glaubhaftmachung[7] verweise ich erstens auf das Protokoll, diese schon zitierte Protokollstelle. Zweitens auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom letzten Freitag, in der die entsprechende Aussage des Vorsitzenden Richters festgehalten ist, sowie auf das dienstliche Zeugnis des abgelehnten Richters.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, wenn Sie damit einverstanden sind, gebe ich die Erklärung. Sie brauchen ja den Antrag notfalls nicht aufrechtzuerhalten dazu.

Angekl. Ba[ader]:

Aber ich werde ihn dann[f] aufrechterhalten, da[g] wir uns anschließen.

Vors.:

Dann ist es in Ordnung.

Angekl. Ba[ader]:

Also zunächstmal, Sie haben diese Bemerkung nochmal wiederholt auf Blatt 6642 und da sagen Sie: „Um Sie zu berichtigen Herr Raspe, bloß damit Sie nicht von einer falschen Behauptung ausgehen. Ich habe es nicht gewußt“, also um Sie zu erinnern, daß Schäfers, der Vernehmungsbeamte, einer der Beamten, der die Aussage von Hoff geformt hat, hinter der Wand hier sitzt und den Gang der Zeugeneinvernahme von Hoff verfolgt hat, um sie, daran erinnere ich auch nochmal, hier festgestellt worden ist, zu korrigieren, in den Pausen, die Sie jeweils nach Bedarf eingelegt haben. Das heißt, dieser Beamte, der Hoff einerseits vernommen hat, von dem teilweise, wie Hoff zugegeben hat, Formulierungen der Aussage stammen und der in den Pausen der Aussage mit Hoff hier im Haus in einem Raum zusammentraf, um ihn zu loben, wie gesagt worden ist, beziehungsweise mit ihm zu sprechen. Dazu haben Sie also nochmal gesagt, zu diesem Zeugen, „ich habe es nicht gewußt, aber ich habe darauf hingewiesen, ich würde nichts Unkorrektes darin gesehen haben; Selbst wenn ich es gewußt hätte, muß der Vorführbeamte in Reichweite bleiben von einem Inhaftierten.“ Das Interessante ist jetzt hier und ich meine Befangenheit hin oder her, das ist ja hier wirklich lächerlich, das Interessante ist hier, daß Sie am letzten Verhandlungstag zugegeben haben, das heißt, Sie haben sich verquatscht, daß Sie diese Anordnung selbst getroffen haben. Das heißt, daß Sie informiert waren. Und ich würde auch sagen, daß diese Form, die Form, in der die Lüge vor sich gegangen ist, zeigt, daß Sie natürlich ...

[7605] Vors.:

Was haben Sie im Augenblick bemerkt, es sei eine Lüge vor sich gegangen?

Angekl. Ba[ader]:

Ja. Sie haben einerseits gesagt ...

Vors.:

Herr Baader bitte, wenn es geht, mäßigen Sie sich.

Angekl. Ba[ader]:

... Sie hätten nicht gewußt. Gestern haben Sie gesagt, Sie hätten es selbst angeordnet. Das zeigt ein ganz klares Unrechtsbewußtsein, würde ich mal sagen. Das heißt, Sie wissen natürlich was für eine Dimension dieser Vorgang hat, daß Sie als Richter hier angeordnet und ermöglicht haben, daß dieser Zeuge in Verhandlungspausen geknetet werden kann, von dem Mann, der seine Aussage sowieso schon geformt hat. Davon haben Sie ganz klares Bewußtsein. Und das begründet natürlich oder würde in jedem normalen Strafverfahren mit Sicherheit einen Ablehnungsantrag oder beziehungsweise die Ablehnung eines Richters begründen müssen.

Vors.:

Sonstige Wortmeldungen? Frau Meinhof.

Angekl. Me[inhof]:

Ich will[h] dazu, zu dem Ablauf der Tatsachen noch ergänzen, daß Sie, als bei der Vernehmung von Freter rauskam, daß der Schäfers hier hinter Wand sitzt, einen ganz deutlichen Beteuerungsgestus vorlegten. Und daß, als bei der Vernehmung von Schäfers ich[i] die Frage gestellt habe, warum er sich hinter der Wand versteckt habe, sind Sie dazwischengefahren, weil es Ihnen offenbar angenehmer war, daß Sie die Sache selbst aufdecken. Aber deutlicher kann die Rolle, in der Prinzing hier als Instrument der Bundesanwaltschaft sitzt, seine vollständige Abhängigkeit vom Staatsschutz, seine Funktion die ungesetzliche Maßnahmekonstruktion des Verfahrens und ungesetzlich in allen Einzelheiten der Polizei, des polizeilichen Ermittlungsarrangement und allen Details der Vollstreckungsprozedur hier abzuwickeln.

Der Angeklagte Baader verläßt um 9.14 Uhr den Sitzungssaal.

Deutlicher kann Prinzings Rolle gar nicht mehr werden. Die Lüge, die Panne zeigt den Widerspruch, indem dieser Richter hier sitzt, sie zeigt wie er ihn löst und längst gelöst hat. Sie zeigt erstens, das Hintere der ungesetzlichen Konstruktion des Verfahrens, in der Akten gefälscht, 9/10 der Akten unterschlagen worden sind, in der hier nur [7606] Zeugen auftreten, die entsprechend den materiellen und propagandistischen Zielen der Bundesanwaltschaft, als Sprechpuppen des Staatsschutzes fungieren. Daß Prinzing selbst hinter der ungesetzlichen Konstruktion des Verfahrens und den propagandistischen Zielen, die die Bundesanwaltschaft mit ihm verfolgt, steht. Also dahinter revolutionäre Politik hier zu personalisieren, dazu muß man sich nur mal an[j] Bubacks[8] Satz in dem Spiegel-Interview vor zwei Wochen erinnern, wo er sagt: Daß manchem 5 Gefangene für dieses Verfahren schon zuviel gewesen wäre.[9] Und dann waren es ja auch nur noch 4.[10] Und jetzt, seit zwei Monaten ist es praktisch nur noch einer, gegen den das ganze Verfahren gedreht und gesteuert wird, nämlich Andreas. Und ganz sicher mit dem Ziel, die Ermordung von Andreas propagandistisch auf diese Weise vorzubereiten. Das ist der eine Widerspruch, das ist die eine Seite des Widerspruchs in dem Prinzing hier agiert, daß er hinter allen diesen Maßnahmen als aktive Figur der Bundesanwaltschaft steht. Und die andere Seite ist, daß er aber ein Unrechtsbewußtsein hat, was Andreas schon offen gesagt hat, das heißt, es sei ein ganz klares Bewußtsein von der Rechtswidrigkeit des gesamten Staatsschutzarrangement hat, die er hier decken muß und deckt. Die zeigt, daß das Verfahren über Anordnung an ihn laufen, da wo das Verfahren über Anordnung läuft, die an ihn gehen. Er, derjenige ist, der die Arrangements treffen muß, der seinen Part in der ungesetzlichen Durchführung des Verfahrens voll übernommen hat und es zeigt sich in der Panne der Seiltanz, den er in dem Widerspruch zwischen der zur Schau gestellten Posse des normalen Strafverfahrens und der Realität des Verfahrens und der Realität des Verfahrens als Vollstreckungsprozedur trotz der totalen und brutalen Manipulation und Konstruktion des Verfahrens andauernd aufzuführen hat. Prinzing weiß, daß es für das, was er hier macht, keine rechtsstaatliche Konstruktion gibt. Er weiß, daß es nur auf den Staatsschutzgleisen nur so auf den vom Staatsschutz durchkonstruierten Programm laufen kann, und daß es sein Job hier ist, diejenigen Maßnahmen zu finden und durchzusetzen, die die ungesetzliche Durchführung des Verfahrens absichern, verschleiern und garantieren. So fährt er, daran ist[k] bei dieser [7607] Gelegenheit nochmal zu erinnern, bei jeder Zeugenvernehmung, wenn sich die Gefahr zeigt, daß Manipulation und Programmierung durch die Bundesanwaltschaft sichtbar werden könnten, dazwischen, würgt Fragen ab, suggeriert den Zeugen die Antwort, und legte bei Hoff immer dann Pausen ein, wenn er ins Stottern kam, und stellt ihn einer erneuten polizeilichen Aufrüstung zur Verfügung. So hat er bei Tratter, dem einzigen Zeugen bisher hier, der nicht von der Bundesanwaltschaft präpariert war und dessen Bedrohung mit Berufsverbot und Entzug des Ausländerpaß, durch Wunder, Zeis und Widera voll übernommen und so ist auch plausibel, daß ihm neuerdings das Vereidigungsritual, daß er neuerdings das Vereidigungsritual zum Vorwand benutzen will, um uns auszuschließen.

Die Angeklagte Ensslin erscheint um 9.18 Uhr im Sitzungssaal.

Eine Prozedur, die überhaupt nur über Meineide abgewickelt werden kann, ist natürlich gestört, solange hier noch Angeklagte und Verteidiger sitzen, die darauf insistieren, daß hier ab und zu nochmal die Wahrheit gesagt wird. Rational sind die Lügenmanipulationen[l] und plumpen Verschleierungsmanöver, die hier laufen und die jeder sehen kann, aus der Tatsache, daß dieser Prozeß ein militärgerichtliches Verfahren ist, eine militärgerichtliche Prozedur, eine Kriegshandlung der Polizei in dem Krieg, den der Staatsschutz gegen die Stadtguerilla führt. Das charakterisiert die Maßnahmen, das macht auch die Windungen und Seiltänze von Prinzing durchaus rational. Die Rolle, die Prinzing hier bringt, ist die eines Kriegsrichters, der mit der Prozedur dieser Veranstaltung hier seinen Beitrag zur Erreichung des Kriegsziels des Counter-Insurgency-Apparates in der Bundesrepublik, ob[m] Bundesanwaltschaft, BKA und geheimen Nachrichtendiensten, zu bringen hat. Und es kann sein, daß ihm der Staatsschutz jetzt wegen seiner Unfähigkeit und mangelnden Qualifikation für den Job fallen läßt. Das Verfahren wird deswegen nicht aus den Staatsschutzschienen springen. Das ist ausgeschlossen. Es gibt keine rechtsstaatliche Norm, die hier nicht zerbrochen wäre. Der Versuch, es dahin zurückzubringen, wäre der vollständige [7608] Zusammenbruch des Verfahrens. Es ist auch unnötig. Der Staatsschutz hat vorgesorgt. Neben Prinzing sitzt der Mann, der bisher als Prinzings Einpeitscher und Scharfmacher fungierte, und nur darauf wartet, sein Nachfolger werden zu können: Foth ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, ich bitte ...

Vors.:

Bitte.

Reg. Dir. Wi[dera]:

... zu belehren, sich in ihren Wertungen und in den Ausdrücken zu mäßigen. Und falls das nicht geschieht, daß sie dann nicht mehr weiter begründen können, daß ihr dann das Wort entzogen werden müsse. Von Lügenmanipulation zu sprechen, von Kriegsrichter und weiteren Geschichten ist nicht notwendig, um hier den gestellten Antrag zu begründen.

Vors.:

Die Belehrung habe ich ja vorhin schon angedeutet, gegenüber Herrn Baader. Frau Meinhof, dasselbe gilt natürlich für Sie. Bitte sprechen Sie weiter.

Angekl. Me[inhof]:

Also ich bin unterbrochen worden. Ich habe gesagt, daß es ja sein kann, daß aufgrund dieser Panne, obwohl es auch wieder unwahrscheinlich ist, denn es ist ja egal, wie faustdick dieser Richter lügt. Er hat die Medien und den ganzen Staat auf seiner Seite. Und mal angenommen, er würde jetzt wegen seiner völligen Unfähigkeit und eben dieser Pleiten, die er gelegentlich dazwischenschiebt, vom Staatsschutz fallengelassen, so hat der Staatsschutz vorgesorgt. Neben Prinzing sitzt der Mann, der bisher als Prinzings Einpeitscher und Scharfmacher fungierte, und nur darauf wartet, sein Nachfolger zu werden ... Foth ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich stelle nunmehr den Antrag, wegen dieser letzten ...

Angekl. Me[inhof]:

... dem ... Angeklagte Meinhof spricht unverständlich.

Vors.:

Frau Meinhof, sind Sie mal einen Augenblick still, wir wollen das hören.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, ich stelle nunmehr den Antrag:

Der Angeklagten Meinhof das Wort für weitere Ausführungen zu entziehen.

Sie hat das ihr erteilte Wort mißbraucht, um hier Beleidigungen und unwahre Behauptungen in den Raum zu stellen.

[7609] Vors.:

Ja, ich entspreche diesem Antrag ...

Angekl. Me[inhof]:

Ich bin fertig.

Vors.:

... es ist das, was die Angeklagte hier vorträgt nicht nur völlig abstrus, sondern es ist in der Tat ein Mißbrauch, und zwar ein Mißbrauch in der Form, daß hier Prozeßbeteiligte, Mitglieder des Gerichts, in einer Weise angegriffen und beleidigt werden, die sachlich durch den gestellten Antrag in keiner Weise begründet ist. Sie haben nicht mehr die Möglichkeit jetzt weiterzusprechen. Sonstige Wortmeldungen?

Angekl. Ra[spe]:

Ja.

Vors.:

Herr Raspe.

Angekl. Me[inhof]:

Ich war fertig.

Angekl. Ra[spe]:

Na ja, es ist schon klar, wie Sie das machen, denn natürlich sind die Sachen sachlich vollkommen begründet. Deswegen entziehen Sie dann auch sofort das Wort, damit es klar wird, vollends klar wird. Ich will mich da kurz anschließen, kurz, weil der Vorgang selbst, indem also ein Staatsschutzrichter gegen seine Programmierung durch die Bundesanwaltschaft funktioniert hat, an sich lapidar ist. Jedenfalls angesichts dessen, wie er hier seine Funktion erfüllt, seit er durch[n] Bubacks Vorgänger, Martin, und natürlich auf ungesetzlichem Weg, auf diesen Stuhl gesetzt worden ist.[11] Allgemein war die Funktion vom ersten Tag an, dieser Staatsschutzveranstaltung, klar umrissen: Den Prozeß als propagandistisches Counter-Projekt des Staatsschutz durchzusetzen, und dabei zugleich festzuhalten, an der abstrusen Behauptung des normalen Strafverfahrens. Es ist zwangsläufig, daß dieser Widerspruch faktisch im Ablauf der Sache hier immer schärfer aufbrechen muß. Und entsprechend sichtbarer werden die Methoden, die in der täglichen Transformation im[o] Faschismus reaktionär zu lösen. Umso notwendiger allerdings auch, das hermetische Areal hier zu garantieren. Es ist Bedingung, daß die Tatsachen hier unterdrückt werden, damit öffentlich nur Verhetzung ...

Vors.:

Kommen Sie jetzt bitte zur Sache, Herr Raspe. Was Sie jetzt erzählen, sind Wiederholungen früher aufgestellter Behauptung, Zusammenfassung solcher Behauptungen, die auch nichts an Glaubwürdigkeit dadurch gewinnen. Kommen Sie zur Sache. [7610] Sie wollen hier ja einen Ablehnungsantrag gegen mich stellen, weil ich gelogen haben soll. Dazu haben Sie die Möglichkeit zu reden.

Angekl. Ra[spe]:

Ja und in dieser Lüge fasse ich nochmal zusammen, wie das gelaufen ist. Das ist der Punkt.

Vors.:

Ich möchte Sie bitten, sich bei der Sache zu halten. Wenn das nicht der Fall ist, müßte ich Ihnen das Wort auch entziehen und zwar wegen Abschweifung.

Angekl. Ra[spe]:

Das ist die Sache.

Angekl. Me[inhof]:

Die Sache sind doch Ihre Lügen.

Vors.:

Frau Meinhof, ich verwarne Sie. Die Zwischenrufe wollen wir hier nicht hinnehmen. Das wissen Sie aus dem bisherigen Verfahrensablauf ganz genau.

Angekl. Ra[spe]:

Ich habe gesagt, daß eine Bedingung für diese Funktion der[p] Unterdrückung von Tatsachen[q] hier ist, und daß der Zweck dieser Unterdrückung von Tatsachen darum besteht: Die Klischees der psychologischen Kriegsführung spreiten zu können oder anders gesagt, damit die Fälschung, die Lügen, die Meineide, die Beweismanipulationen, die Aktenunterschlagung, die getürkten[r] Zeugen, der ganze Ramsch öffentlich mit diesem Schein der rechtsstaatlichen [s] Prozedur als Tatsachen, als Wahrheit usw. vermarktet werden können. Sie sind allerdings die Wahrheit dieses Staatsschutzrummels hier. Konkret, nachdem die Verteidigung durch diesen Richter dreimal zerschlagen worden ist[12] und ihre Rekonstruktion[t] verhindert worden ist, und nachdem auch über die natürlich ungesetzliche Anwendung des Sondergesetzes [§ ]231a[ StPO][13] unser Ausschluß[14] gelaufen ist, ist es jetzt auf dieser Ebene der Posse von Beweisaufnahme, wie das hier genannt wird, die Funktion, den Staat zu schützen, indem er die Polizeizeugen schützt. Das heißt, indem er garantiert, daß die Methoden, wie diese Zeugen gemacht werden, also welchen Weg die Bundesanwaltschaft da gefunden hat, daß diese Methoden im Dunkeln bleiben und verdeckt werden und dann passiert dann eben manchmal so eine Panne, daß es deutlich wird, wie eben genau in diesem Vorfall und wie diese Zeugen gemacht werden, dazu nur nochmal kurz zwei Beispiele ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, ich darf um’s Wort bitten.

Vors.:

Bitte.

[7611] Reg. Dir. Wi[dera]:

Nachdem der Herr Raspe trotz Verwarnung von Staatsschutzrichter und von Staatsschutzveranstaltung gesprochen hat und jetzt mehrmals davon gesprochen hat, daß hier Zeugen gemacht werden, bitte ich in Konzequenz der Androhung,

ihm nunmehr das Wort zu [u] weiteren Ausführungen zu entziehen.

Angekl. Me[inhof]:

Weil es die Wahrheit ist.

Vors.:

Ja, ich möchte gerne Herrn Raspe jetzt ... ich habe den Eindruck, er ist im Augenblick zu dem Punkt gekommen, der an sich Gegenstand des Antrages ist. Wenn sich das bestätigen sollte, möchte ich ihm dazu das Wort noch lassen. Aber, Herr Raspe, wenn Sie nicht bei diesem Punkte bleiben, dann wird Ihnen das Wort entzogen, wegen dieser Übergriffe in Ihrer Ausdrucksweise, dem Mißbrauch des Wortes zur Ausführung, die nichts mit der Sachbegründung haben. Bitte zeigen Sie ...

Angekl. Ra[spe]:

Wie die Zeugen gemacht werden und ihre Funktion dabei, die Sache abzudecken, abzusichern ...

Vors.:

Wenn Sie jetzt das wiederholen wollen, was wir schon gehört haben ...

Angekl. Ra[spe]:

Das ist genau deutlich geworden.

Vors.:

Eben und jetzt sprechen Sie von dem Vorfall, und genau den dürfen Sie hier schildern, denn das ist der Gegenstand Ihres Antrages.

Angekl. Ra[spe]:

Den Vorfall schildere ich nicht nochmal, weil er schon geschildert worden ist, das ist auch nicht notwendig.

Vors.:

Sind Sie am Ende.

Angekl. Ra[spe]:

Nein, ich bin nicht am Ende, sondern ich zeige an zwei Beispielen noch, wie und was Sie da konkret schützen welche Form von Herstellung von Zeugen, wie das abläuft. Das ist deutlich geworden, zum Beispiel an Kühn, an dieser Sekretärin; und von Hoff usw. mal ganz zu schweigen. Das haben wir auch schon genügend gesagt. Beim Kühn war zum Beispiel zu verschleiern, wie er auf dem Weg einer Gegenüberstellung ...

Vors.:

Herr Raspe, ich kann Sie jetzt nicht weitersprechen lassen. Es handelt sich um einen Ablehnungsantrag gegen den Vorsitzenden des Gerichts. Was Sie im Augenblick bringen, ist Ihre allgemeine Meinung über Zeugen. Das hat mit dem Antrag, den [7612] Sie stellen, nichts mehr zu tun.

Angekl. Me[inhof]:

Das sind die Tatsachen.

Vors.:

Ich entziehe Ihnen wegen ständiger Abschweifung trotz Abmahnung jetzt das Wort. Weitere Wortmeldungen? Frau Ensslin.

Angekl. En[sslin]:

Ich schließe mich dem Ablehnungsantrag gegen Prinzing an.

Der Grund, es hat seine Evidenz hier[v] unmittelbar in den leeren Stühlen vor uns. Prinzing, kann man schon sagen, ist es gelungen, die Verteidigung zu zerschlagen. Geschafft hat er das mit 12 Ausschlüssen,[15] durch Ehrengerichtsverfahren,[16] Disziplinarverfahren, Entpflichtung,[17] weiß man alles. Und worum es sich hier jetzt noch handelt, ist eine Verteidigung in der Agonie.

Vors.:

Frau Ensslin, bitte kommen Sie zur Sache.

Angekl. En[sslin]:

Die Verteidiger ... das müssen Sie wirklich mir überlassen, worüber ...

Vors.:

Nein, das tue ich nicht.

Angekl. En[sslin]:

Das ist absolut klar, daß ich die Gründe vortrage, warum ich Sie ablehne und nicht Sie ...

Vors.:

Frau Ensslin, der Antrag ...

Angekl. En[sslin]:

Worum es sich hier noch handelt ... ist ...

Vors.:

Der Antrag ist begründet ... Augenblick Frau Ensslin ...

Angekl. Ens[sslin].:

... eine Verteidigung ... über Ihre ...

Vors.:

Frau Ensslin, hören Sie bitte zu. Der Antrag ist gestellt worden, mit der Begründung, ich hätte mich der Unwahrheit selbst überführt, im Zusammenhang mit der Darstellung, der Verhaltensweisen der Vorführbeamten ... Augenblick ...

Angeklagte Ensslin spricht unverständlich dazwischen.

Vors.:

... der Verführbeamten des Herrn Hoff und das ist Gegenstand ...

Die Angeklagte Ensslin redet weiter unverständlich dazwischen.

Vors.:

Frau Ensslin, wenn Sie mich nicht ausreden lassen, dann verwarne ich Sie, so kann ich die Sitzung nicht führen. Sie stören mich jetzt im Augenblick in der Verhandlungsführung.

Angekl. En[sslin]:

Sie Ihre Funktion nicht ...

Vors.:

Ich verwarne Sie jetzt zum letzten Male. Wenn Sie nicht still und ruhig sind und sich das anhören, was ich Ihnen sagen möchte, um Sie zu der Sache zu bringen, dann werden Sie hier [7613] wegen Störung die Konsequenzen tragen müssen.

Angekl. En[sslin]:

Na schön ...

Vors.:

Frau Ensslin hören Sie bitte jetzt zu. Um diesen Antrag geht es, der ist zu begründen. Sie haben jetzt nicht die Möglichkeit, Dinge aufzuwärmen, ich sage es nochmals, die dadurch an Glaubwürdigkeit nichts gewinnen, das sind Ihre Ansichten, die haben Sie oft genug vorgetragen, die können Sie nicht ständig hier wiederholen, bei jedem Anlaß. Dazu bekommen Sie das Wort nicht.

Angekl. En[sslin]:

Der Zusammenhang ist direkt und unmittelbar und dringend gegeben. Sie werden hier abgelehnt in einer ganz bestimmten Funktion: In Ihrer Funktion als Staatsschutzrichter. Als solcher haben Sie es geschafft, daß ... die Verteidigung hier in die Agonie zu treiben. Worum es sich hier noch handelt, ist eine Verteidigung, die krank ist, die unvorbereitet ist, die physisch und psychisch ruiniert ist. Das hängt unmittelbar, und ist gar nicht zu trennen von der Funktion, die hier Ulrike und Jan am Beispiel Ihres Fehlers letzte Woche erklärt haben. Und ich weite das, um die Sache auf den Begriff vollends zu bringen und unmittelbar die Situation hier klarzumachen, evident zu machen, in der Sie natürlich die Schlüsselrolle haben. Jetzt[w] wollen Sie mir erzählen, das könnte nicht in diesem[x] Ablehnungsantrag gebracht werden. Das ist auch sehr einfach. Ich kann das mit zwei Sätzen beenden, um das ganz klar nochmal zu sagen: Es ist gelaufen in Ihrer Funktion. Sie haben das geschafft, und es ist ganz klar, daß die Verteidiger sich gegen Ihre Maßnahmen, wie sie gestützt waren und sind von allen Seiten, haben wir hier x-mal erklärt, Staat, Medien, Pressekonferenz usw. nicht durchgehalten haben und nicht durchhalten konnten.

Vors.:

Sonstige Wortmeldungen? Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Hinsichtlich des vom Angeklagten Baader gestellten Ablehnungsantrags, bezieht[y] er[z] sich[aa] zur Glaubhaftmachung auf die bereits von Herrn Professor Azzola zitierte Textstelle aus dem Protokoll, auf die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters, wie auch [bb] bereits von Herrn Professor Azzola erwähnt, und zusätzlich auf die von dem Angeklagten Baader selbst erwähnte Textstelle aus dem Protokoll.

Vors.:

Danke. Dann bitte ich die Beteiligten. Die Bundesanwalt- [7614] schaft, will sie sich sofort äußern? Bitte, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

Die Angeklagten Raspe, Meinhof und Ensslin verlassen um 9.31 Uhr den Sitzungssaal.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich will nur zur Frage der Zulässigkeit Stellung nehmen. Denn ob es sich wirklich um einen Widerspruch der aufgezeigten Art handelt, ließe sich von meiner Seite aus im Augenblick und sofort nicht feststellen. Dies kann aber dahingestellt bleiben. Das Ablehnungsversuch ist verspätet, nach § 26a Abs. 1, Ziff. 1 [ StPO][18] und als unzulässig zu verwerfen. Es[cc] hätte spätestens unmittelbar nach der Vernehmung des Zeugen Schäfers gestellt werden müssen, nachdem an[dd] den Begriff der rechtzeitigen Anbringung eines Ablehnungsgesuches bekanntlich strenge Anforderungen gestellt werden. Die Sache hier und jetzt noch, wie es zunächst beabsichtigt war, klären zu lassen, hat keinen Sinn, nachdem der Angeklagte Baader selbst erklärt hat, daß er das Gesuch von seiner Seite aus jedenfalls aufrechterhalten will.

Vors.:

Danke. Ich bitte in 20 Minuten wieder anwesend zu sein. Es wird dann bekanntgegeben, wie es weitergeht. Publikum wird vorsorglich zugelassen.

Das Gericht zieht sich um 9.32 Uhr zur Beratung zurück.

Ende des Bandes 420.

[7615][19] [7616][20] [7617][21] [7618] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.36 Uhr.

Rechtsanwälte Schily, Pfaff, (als Vertr. von RA Dr. Heldmann) und Oberwinder sind nunmehr auch anwesend[ee].

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Der Senat hat folgenden Beschluß gefasst:

Der Vorsitzende verließt nunmehr den Beschluß des Senats vom 9.3.1976, der als Anlage 2 dem Protokoll beigefügt ist.

Der Zeuge Lutz erscheint um 10.39 Uhr im Sitzungssaal.

Herr Rechtsanwalt Pfaff.

RA Pf[aff]:

Ich erhebe Gegenvorstellung[22] gegen den Beschluß.

Vors.:

Gegenvorstellungen haben wir jetzt im Augenblick nicht vorgesehen. Ein Ablehnungs...

RA Pf[aff]:

... ist zulässig, da der Beschluß nicht anfechtbar ist.

Vors.:

Nein, nein, ist nicht zulässig.[23] Also wir lassen hier keine Gegenvorstellung jetzt zu, sondern beginnen mit der Vernehmung von Herrn Lutz.

Der Zeuge Lutz macht folgende Angaben zur Person:

Walter L u t z, Kriminaloberkommissar, 35 Jahre, verheiratet,
Polizeidirektion Augsburg,
Kriminalinspektion 1;
mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Lutz, erinnern Sie sich, daß es im Mai 1975 zu einem Sprengstoffanschlag auf die Polizeidirektion in Augsburg gekommen ist?

Zeuge Lutz:

Richtig.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie damals mit der Feststellung der Befunde am Tatort beauftragt waren?

Zeuge Lutz:

Jawohl.

Vors.:

Wir würden Sie nun bitten, daß Sie uns im Zusammenhang von sich aus schildern, wie Sie damals vorgegangen sind, wie das zeitlich eingeteilt war, vielleicht auch personell, welche Befunde Sie angetroffen haben, wie die Tatorte gelegen sind, Einteilung, [7619] kurz alles, was vom Äußeren her für uns von dieser ... von diesem Ereignis an Bedeutung sein könnte. Ich bitte Sie.

Zeuge Lu[tz]:

An dem fraglichen Tag hatte ich Dienst zu verrichten. Als Angehöriger der Polizeidirektion Augsburg befand ich mich auf Zimmer 325, das ist etwa, wenn ich das vorwegnehmen darf, in dem langen Mittelgang des Haupttraktes. Es war die Arbeitszeit bis 12.15 Uhr an diesem besagten Freitag, den 12.5.

Vors.:

Verzeihen Sie, wenn ich eine Zwischenfrage stelle. Sie geht nur darum, sind die Geschoßeinteilungen in diesem Gebäude, das hier in Betracht kommt, gleich, oder ändern die sich von Stock zu Stock?

Zeuge Lu[tz]:

Das ändert sich von Stock zu Stock. Ich muß darauf verweisen, daß also die Explosionsherde getrennt waren, sowohl im dritten, als auch im vierten Stock.

Vors.:

Ja, es geht eben darum, daß wir hier Skizzen haben, die zum Beispiel das dritte Obergeschoß zeigen und dann schließlich das Dachgeschoß. Kann man mit der Skizze, oder mit dem Plan des dritten Obergeschoßes auch erläutern, was zum Beispiel im zweiten oder ersten Stock untergebracht ist?

Zeuge Lu[tz]:

Nein, das ist nicht ohne weiteres möglich, da bestimmte Umbauten im Gebäude und so weiter stattgefunden haben im zweiten Stock, da sind andere Einteilungen vorhanden.

Vors.:

Gut, dann fahren Sie fort.

Zeuge Lu[tz]:

Im Wesentlichen dürfte das grundrissmäßig übereinstimmen, aber es könnten Änderungen da sein im zweiten Stock.

Vors.:

Wir müssten dann ...

Die Angeklagten Baader und Meinhof erscheinen wieder[ff] um 10.42 Uhr im Sitzungssaal.

Der Angeklagte Baader steht neben der Verteidigerbank und spricht mit den Rechtsanwälten auf der linken Seite.

Vors.:

Wir müssten dann von Ihrer Seite erbitten, daß Sie vielleicht uns zunächst mündlich die Lage dieser Orte überhaupt ... der verschiedenen Straßen und dergleichen erläutern.

Ich bitte, daß der Angeklagte Baader entweder Platz nimmt oder aber sich wieder nicht in der Hauptverhandlung aufhält. Die Störung, die hier eintritt durch diese Gespräche, nehmen wir nicht hin. Herr Baader ...

Angekl. Baa[der]:

Ja, ist ja gut.

Vors.:

Nehmen Sie bitte Platz hier und stören Sie die Verhandlung [7620][24] [7621] nicht. Bitte fahren Sie fort.

Zeuge Lu[tz]:

Die Zugangsmöglichkeiten zum Gebäude zunächst ...

Angekl. Ba[ader]:

... erlauben Sie das ... bitte ...

Vors.:

Nein, ich erlaube es nicht. Sie erhalten jetzt das Wort nicht.

Angekl. Baa[der]:

Ich habe einen Ablehnungsantrag zu stellen und es ist eindeutig, daß ich ihn stellen muß, denn ich bin hier nicht in meinem Sinn verteidigt worden.

Vors.:

Herr Baader, Sie haben jetzt ...

Angekl. Baa[der]:

... wie inzwischen[gg] keiner von uns.

Vors.:

Sie wollen einen neuen Ablehnungsantrag stellen?

Angekl. Baa[der]:

Ich möchte einen Ablehnungsantrag gegen den Senat stellen, wegen der Ablehnung des Ablehnungsantrags gegen Sie.

Der Zeuge Lutz wird um 10.43 Uhr in Abstand verwiesen.

Vors.:

Herr Baader tragen Sie Ihren Ablehnungsantrag vor.

Angekl. Baa[der]:

Also ich habe die Begründung der Ablehnung nicht mitbekommen, natürlich, weil die Absprache zwischen den Verteidigern und den Gefangenen war, daß der Senat natürlich abgelehnt wird und zwar als ganzer, wenn das Ablehnungsgesuch abgelehnt wird[hh] gegen Sie ...

Vors.:

Das interessiert uns nicht. Uns interessiert ausschließlich Ihr Antrag. Bitte stellen Sie den.

Angekl. Baa[der]:

Ich will ... naja schön, ich mache Ihnen das nur verständlich hier. Sie haben in Ihrer dienstlichen Äußerung festgestellt, also zunächst der Rahmen ist, daß wir sagen, daß in diesem Vorgang, in diesem Widerspruch Ihres Verhaltens zur Frage der Überwachung und Strukturierung der Aussagen durch Beamte des Bundeskriminalamts, während sie hier abläuft, daß in diesem Vorgang evident ist, daß Sie Instrument des Staatsschutzes sind. Und in der Abweisung der Ablehnung jetzt ist evident geworden, daß der Senat das stützt und deckt. Und deswegen lehnen wir den ganzen Senat ab. Und zur Sache konkret nochmal. Sie behaupten in Ihrer dienstlichen Äußerung, Sie hätten, um die Unbefangenheit des Zeugen zu wahren, allenfalls eine unsichtbare Überwachung, beziehungsweise Kontrolle seiner Aussage hinter der Mauer zulassen wollen.

Vors.:

Herr Baader, ich habe das nicht gesagt, was Sie jetzt behaupten, von der Kontrolle der Aussage ist keine Rede ...

Angekl. Baa[der]:

Das steht in Ihrer dienstlichen Äußerung.

[7622] Vors.:

... Ich bitte Sie, wenn Sie zitieren, was ich gesagt haben soll, halten Sie sich an den richtigen Text und unterschieben Sie nicht solche Behauptung.

Angekl. Baa[der]:

Also wörtlich haben Sie gesagt: „Ich habe dies[ii] verneint und darauf hingewiesen, es käme, um die Unbefangenheit des Zeugen zu wahren, allenfalls eine unsichtbare Überwachung das heißt hinter der Mauer in Betracht.“ Das haben Sie gesagt. Also Sie haben zugelassen und Sie hatten keine Einwände dagegen, daß die Vernehmungsbeamten von Hoff, die er[jj] selbst als psychologische Betreuer bezeichnet hat, überwachen, seine Aussage überwachen. Der einzige Einwand, den Sie hier hatten, oder den Sie hier vorschieben, ist, daß das seine Unbefangenheit beeinflussen könnte. Das ist natürlich in sich überhaupt nicht schlüssig. Wenn es sich tatsächlich, wie Sie behaupten, in Ihrem Verständnis um Vorführbeamte gehandelt hätte, dann ist Hoff ...

Vors.:

Herr Baader, Sie sollten jetzt ein Ablehnungsgesuch begründen ...

Angekl. Baa[der]:

Ja.

Vors.:

... und nicht sich auseinandersetzen mit einer dienstlichen Erklärung in einer bereits entschiedenen Sache.

Angekl. Baa[der]:

... aber natürlich. Die Ablehnung richtet sich gegen den Senat. Und offensichtlich hat der Senat die Widersprüchlichkeit Ihrer dienstlichen Äußerung nicht so begriffen, daß Sie deswegen abzulehnen sind und dem Ablehnungsgesuch deswegen stattzugeben ist. Sie haben den Vorwurf der Ihnen[kk] gemacht worden ist, nicht ausgeräumt in dieser dienstlichen Äußerung. Den Vorwurf hier ...

Richter Dr. Foth[ll]:

Herrn Baader würden Sie bitte ... würden Sie bitte konkret angeben, wen Sie ablehnen, denn Senat ist gar nichts. Sie müssen konkret angeben, wen Sie ablehnen wollen persönlich.

Angekl. Baa[der]:

Diese vier Richter, die links und rechts von Prinzing sitzen hier. Soll ich die namentlich aufzählen?

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ja.

Angekl. Baa[der]:

Also Breucker, Foth, Maier, Berroth und Prinzing selbstverständlich.

Vors.:

Aber der[mm] war ja an dem Beschluß nicht beteiligt.[25]

Angekl. Baa[der]:

Bitte?

Vors.:

Ich bin trotzdem abgelehnt? Erneut, obwohl ich am Beschluß nicht beteiligt war?

Angekl. Baa[der]:

Ja, was heißt erneut, Sie sind immer noch aufgrund [nn] desselben Vorgangs abgelehnt. Sie sind abgelehnt, was wollen Sie mich ... wollen Sie hier Witze machen? Sie [7623] sind abgelehnt, weil Sie das, was Ihnen, was Anlass der Ablehnung ist, nicht ausgeräumt haben in Ihrer dienstlichen Äußerung. Sie haben das unserer Ansicht nach bestätigt. Und was damit konkret gemeint war, kann ich ja nochmal wiederholen. Es war konkret gemeint, daß Sie hier in öffentlicher Hauptverhandlung gelogen haben, und zwar nach dem Protokoll nachweisbar. Das heißt, es ist überhaupt nicht einsichtig, warum die Unbefangenheit von Hoff durch Vorführbeamte zu stören sein könnte. Das war Ihnen vollkommen klar, daß eine ... wenn Unbefangenheit überhaupt entstehen könnte ... wenn Befangenheit überhaupt entstehen könnte, dann doch nur dadurch, daß die Beamten, die Hoff hier ... was an sie herangetragen wurde, Hoff hier vorführen sollten, die Vernehmungsbeamten waren gleichzeitig. Das heißt die Beamten waren, die ihn über[oo] sechs Monate bearbeitet haben. Da war Ihnen klar, daß das ein schlechtes Bild macht in dem Fall, und deswegen haben Sie verlangt, daß sie hinter der Mauer sitzen. Ich würde sagen, daß Sie den gesamten Vorwurf hier konkret nicht ausgeräumt haben, daß er nicht ausgeräumt ist in dem Zusammenhang, der Widerspruch zwischen ... ja zwischen diesen sechs Wochen.

Angekl. Meinh[of]:

Ich schließe mich diesem Antrag an.

Und zwar

1. aus dem Grund, weil darin ganz klar deutlich wird, daß nicht nur Prinzing, sondern dieser ganze Senat dem Staatsschutz gegenüber vollständig hörig ist, indem er die Lügen von Prinzing abdeckt. Eine der Lügen von Prinzing in seiner dienstlichen Äußerung ...

Vors.:

Jetzt will ich Ihnen eines sagen, Frau Meinhof, hören Sie da bitte zu. Es gibt die Möglichkeit, daß jemand die Unwahrheit sagt, das heißt, daß er etwas ...

Angekl. Meinh[of]:

Na schön.

Vors.:

... bewußt, nicht bewußt oder unbewußt etwas darstellt ...

Angekl. Meinh[of]:

Also bewußt die Unwahrheit.

Vors.:

... Die Lüge heißt, bewußt die Unwahrheit bekunden. Und ich nehme jetzt nicht weiter hin, daß Sie ständig die Behauptung aufstellen, es sei hier vom Vorsitzenden dieses Gerichts gelogen worden in der Sitzung. Sie haben zuhören können, was die Entscheidung begründet hat. Sie haben meine Stellungnahme lesen können. Sie wissen, daß dieser Vorwurf in dieser Form, wie Sie ihn aufstellen, nicht aufrecht erhalten werden kann. Wenn Sie der Meinung sind, das war objektiv die Unwahrheit, das [7624] steht Ihnen frei. Beleidigend brauchen Sie deswegen nicht zu werden.

Angekl. Meinh[of]:

Es handelt sich ...

RA Oberw[inder]:

Herr Vorsitzender, es war doch inhaltlich ein Vorwurf und es ist doch Sache des Senats nachher in der Stellungnahme sich dazu zu äußern. Aber ich bitte doch die Stellungnahme nicht vorweg zu nehmen.

Vors.:

... Bitte fahren Sie fort.

Die Angeklagte Ensslin erscheint wieder um[pp]10.50 Uhr im Sitzungssaal.

Angekl. Meinh[of]:

Es handelt sich in der dienstlichen Äußerung um bewußte Unwahrheiten. Eine davon ist, daß Sie in dieser dienstlichen Äußerung von Vorführbeamten sprechen, obwohl ... und die Zitate aus dem Ablauf der Vernehmung von Freter unterdrücken und unterschlagen, indem ganz klar von Freter ausgesprochen war, daß es sich um einen Betreuungsbeamten handelt. Und Sie haben damals schon Wert darauf gelegt, diesen Begriff „Betreuungsbeamten“ von sich weg-zu-schieben und auf den Begriff „Vorführbeamten“ umzusteigen, weil es Ihnen ... weil es Ihr Ziel war, sich von dem Verdacht sozusagen reinzuwaschen, hier derjenige zu sein, der unmittelbar das Arrangement der Polizei inne hat, Arrangement der Polizei in seinen Fingern hat. Und genau diese Absicht, bewußt Unwahrheit zu verbreiten in den Tatsachen und zu suggerieren, spielt sich in Ihrer dienstlichen Äußerung ab, in der deutlich wird, daß Sie bei der Vernehmung von Freter Wert darauf legten, Ihre Unschuld zu beteuern, und bei der Vernehmung von Schäfers offen vorgetreten sind als derjenige, der die Anordnung getroffen hat, das heißt, das polizeiliche Arrangement hier durchgeführt hat. Erstens.

2. Deutlich wird die Abhängigkeit des ganzen Senats, und damit seine Hörigkeit vom Staatsschutz darin, daß über Prinzings Formulierung, daß, wenn es notwendig sei, diese Betreuungsbeamten und psychologischen Aufrüster von Hoff natürlich in der Nähe sein könnten, offen läßt, wer hier entscheidet, was notwendig ist. Denn dieses, Prinzings Eingeständnis, daß er eine Figur und ein Instrument der Bundesanwaltschaft und der Polizei ist, wenn er sich diesen Notwendigkeiten unterwirft, nachdem er ein paar Wochen vorher äußersten Wert darauf legte, abzustreiten, mit[qq] diesen[rr] Notwendigkeiten auch nur im Geringsten etwas zu tun zu haben, das ist aber alles [7625] natürlich nur möglich durch die Rezeption dieser bewußten Unwahrheiten, um nicht zu sagen, Schweinereien, die hier laufen und ihre bewußte Fälschung in der Presse ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Gut. Frau Meinhof, eine Vorwarnung. Ich darf’s vielleicht gleich fortfahren. Frau Meinhof, einer weiteren Vorwarnung bedarf es nicht mehr. Sie sind gemahnt worden, sich an den Formen zu halten. „Schweinereien“ laufen in diesem Gerichtssaal nicht. Ich entziehe Ihnen wegen Beleidigung ... beleidigender Ausführung das Wort.

[ss] RA Pfaff:

Sie brauchen Ihr Desinteresse an diesem Befangenheitsantrag nicht dadurch zu dokumentieren in der Öffentlichkeit, daß Sie diesen Plan studieren.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Pfaff, ich wüßte nicht, daß Sie gerade um das Wort gebeten, beziehungsweise erhalten hätten.

RA Pfaff:

Aber der Saal hat gesehen, daß Sie diesen Plan studieren.

Vors.:

Frau Meinhof, Sie sind damit am Ende. Sonstige Wortmeldungen zu diesem Vortrag. Herr Professor Azzola.

Angekl. Mein[hof]:

Nein, ich will hier noch ... nein, ich bin nicht fertig.

Vors.:

Doch, Ihnen ist das Wort entzogen worden.

Angekl. Baa[der]:

Ja dann möchte ich nochmal fortsetzen hier. Erlauben Sie doch ... möchte ich noch ergänzen.

Vors.:

Bitte.

Angekl. Baa[der]:

Also Ulrike wollte sagen, daß das alles überhaupt nur möglich ist, dadurch, daß natürlich inzwischen eine Koordination besteht, was die Presseberichterstattung über die Abläufe hier angeht, und da ist ein ganz gutes Beispiel. Zum Beispiel der Bericht in der „Stuttgarter Zeitung“ über die Aussage von Hoff, daß ich bei ihm nie Bomben in Auftrag gegeben hätte, das hat ja Hoff hier ausgesagt. Also wörtlich war seine Formulierung: „Das habe ich nie gesagt“. Das ist, ich glaube, ... fast ein Jahr lang oder dreiviertel Jahr lang durch die Presse gegangen, als[tt] das Credo von Hoffs Aussage. Ich hätte bei Ihm Bomben in Auftrag gegeben. Dazu ...

Vors.:

Herr Baader kommen Sie bitte jetzt zur Sache ...

Angekl. Baa[der]:

Nein, ich sag, das ist so ein Beispiel.

Vors.:

... es handelt sich um einen Ablehnungsantrag gegen die Richter des Senats.

Angekl. Baa[der]:

Das ist aber so ein Beispiel, das sind doch, das ist doch genau das, was [uu] hier abläuft, worum es sich hier dreht, weil Sie lassen ... Sie lassen ...

[7626] Vors.:

Sie sollen jetzt zu Ihrem Ablehnungsantrag kommen und nicht Beispiele aus der Presseberichterstattung bringen.

Angekl. Baa[der]:

... gut, ja, Sie lassen ja ein Arrangement zu, in dem ein total manipulierter Zeuge, der bis in die Formulierung hinein nicht seinen eigenen Wortschatz benutzen kann, sondern den Wortschatz der Polizei, beziehungsweise ... der Vernehmungsbeamten. Sie lassen zu, daß so ein Zeuge hier vorgeführt wird, und Sie lassen ein Arrangement drum rum zu, das es erlaubt, die Aussagen dieses Zeugen, wo sie nicht passen, in die[vv] Dramaturgie Ihrer Verhandlung korrigiert werden können durch Vernehmungsbeamte. Und zu diesem Zweck setzen Sie die Vernehmungsbeamten hinter die Mauer. Das ist der Gegenstand des Ablehnungsantrags. Und Sie wissen natürlich, daß diese Sache stinkt, sowohl national, als auch international, und deswegen haben Sie gelogen. Deswegen haben Sie zunächst gesagt, Sie wüßten nichts davon und mußten jetzt sagen, daß es eine Anordnung von Ihnen ist, als das in den Aussagen der Polizisten ... der Vernehmungsbeamten rauskam. Das ist doch der Grund der Ablehnung ...

Vors.:

Herr Baader, das war Gegenstand der bereits getroffenen Entscheidung.

Angekl. Baa[der]:

... unmittelbarer Zusammenhang, Hoff ist aufgebaut worden von der ...

Vors.:

Das war Gegenstand, Herr Baader ...

Angekl. Baa[der]:

Von der Bundesanwaltschaft ...

Vors.:

Bitte, das Wort dem Herrn Baader jetzt abzustellen, Herr Baader das war doch Gegenstand ...

Der Angeklagte Baader redet unverständlich weiter.

Vors.:

... Herr Baader! Das war doch Gegenstand der bereits getroffenen Entscheidung. Haben Sie jetzt zu dem Ablehnungsantrag gegen die Richter des Senats noch zusätzlich Begründung vorzutragen? Dann bitte ich um die.

Angekl. Baa[der]:

Allerdings. Der Grund der Ablehnung ist, daß der Senat dieses Arrangement deckt. Hier ist es an Ihrer Figur aufgebrochen, an einem Widerspruch ist es sichtbar geworden, daraufhin ist ein Ablehnungsantrag gestellt worden und ganz selbstverständlich ist das Verhältnis des Senats dazu, der in diesem ganzen Arrangement ja seit 8 Monaten sitzt, daß er sie deckt, daß er sie stützt. Der Senat ist genau so [7627] befangen wie Sie. Das ist der Grund ...

Vors.:

Gut ...

Angekl. Baa[der]:

... weswegen der Ablehnungsantrag gestellt wird. Aber nochmal, es ist einfach evident, hier in Ihrer Formulierung, in Ihrer dienstlichen Äußerung, daß Sie ein Bewußtsein eines Vorgangs haben, und daß Sie versucht haben, sich aus ihm rauszuwinden durch eine Lüge. Das ist der Grund des Ablehnungsantrags.

Vors.:

Ja, bei der ...

Angekl. Baa[der]:

Und das ist auch nochmal deutlich, darum[ww] erweitere ich den Ablehnungsantrag, daß nicht Sie entscheiden, daß Sie als verhandlungsführender Richter zulassen, daß die Entscheidung darüber, wie diese Verhandlung geführt wird, nicht sozusagen nicht Ihre sind, nicht Ihnen unterliegen, sondern Entscheidungen der Polizei sind, und daß Sie Ihre Rolle im Verhältnis zu diesen Entscheidungen selbst so definieren, eindeutig so definieren, daß Sie sagen, Sie haben sie im Grunde nur zu verstecken, das heißt, Sie haben nur dafür zu sorgen, wenn schon dieser ... psychologische Aufrüster ... dieser Beamte, der Hoff hier psychologisch stützt, beziehungsweise seine Aussage anfüttert, daß dieser wenigstens nicht sichtbar ist, daß er hinter der Mauer sitzt. Und das ist auch exakt Ihre Funktion in diesem gesamten Verfahren. Sie haben die Maschinerie, die dahinter arbeitet, nämlich die des Staatsschutzes, die ungesetzliche Maschinerie der gesamten reaktionären Mobilisierung und Arbeitsweise des Staatsschutz, die haben Sie zu verstecken. Das ist der Grund nochmal, daß es hier offensichtlich geworden ist und ... Sie deshalb über diesen eigenartigen Weg eines Ablehnungsantrags thematisieren.

Vors.:

Herr Professor Azzola.

Prof. Dr. Azz[ola]:

... Ich beantrage:

1. der Verteidigung unverzüglich den Wortlaut der von den Herren Richter Berroth, Dr. Foth, Dr. Maier und Breucker, des von den Herren Richtern gefassten Beschlusses, zur Verfügung zu stellen, [xx] damit die Verteidigung an diesem Wortlaut den genauen Zusammenhang nochmal überprüfen kann, die Verlesung eines solchen Beschlusses, bei dem es [yy] in der Tat auf die Nuancen ankommt, kann nicht mit der Präzision, jedenfalls nicht von mir mit der Präzision verfolgt werden, wie es der Sache in diesem Falle unbedingt angemessen ist,

[7628] 2. bitte ich, hiernach der Verteidigung eine kurze Pause zu gewähren.

Vors.:

Ich überschicke Ihnen im Augenblick den Text des Beschlusses, er liegt hier vor. Einer Pause bedarf es nicht, es ist eine halbe Seite.

Prof. Dr. Azzola wird der Beschluß aus der Anl. 2 zum Protokoll zur Einsichtnahme übergeben.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Fünf Minuten, Herr Dr. Prinzing.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Pfaff, bitte.

RA Pf[aff]:

Das Ablehnungsgesuch ist in der Tat begründet und zwar ergibt sich ... deshalb begründet, weil der Senat insgesamt[zz] eine offensichtliche Unwahrheit des Vorsitzenden in seiner dienstlichen Äußerung gedeckt hat. Das wiederhole ich, das hat Herr Baader bereits gesagt, und zwar ist das tatsächlich offensichtlich. Es heißt hier in dieser dienstlichen Äußerung, daß der Vorsitzende Richter einmal gesagt hat - und das ist auch eine korrekte Auffassung, - „an sich hätten Vorführbeamte bei einem Zeugen, der inhaftiert ist, hier im Saale anwesend sein müssen.“ Und ich ergänze „und anwesend sein können.“ Tag für Tag werden aus der Haft Zeugen vorgeführt, jeweils ist ein Vorführbeamter dabei, und noch nie ... noch nie, das kann man ohne weiteres sagen, ohne jeden einzelnen Fall zu kennen, hat sich ein Inhaftierter, der als Zeuge vorgeführt worden ist, deshalb unbefangen geführt oder befangen gefühlt, weil sein Vorführbeamter da mit dabei gewesen ist, so wie hier auch Vorführbeamte dauernd im Saale sind. Gerade das zeigt aber, daß es sich hier nicht um Vorführbeamte gehandelt haben kann, denn sonst hätte für den Vorsitzenden in seiner dienstlichen Äußerung kein Anlaß bestanden, darauf hinzuweisen, daß hier die Befangenheit des Zeugen zur Debatte zu stehen hat. Und das springt dermaßen ins Auge, daß natürlich der Senat insgesamt abzulehnen ist wegen Besorgnis der Befangenheit, und dies auch begründet ist. Im übrigen verweise[aaa] ich zur Glaubhaftmachung auf 1. die dienstliche Äußerung des Vorsitzenden Richters Dr. Prinzing, 2. auf die Niederschrift insgesamt und 3. auf die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter.

Vors.:

Herr Professor Azzola.

Prof. Dr. Azz[ola]:

... soweit sich der Ablehnungsantrag der Frau Meinhof auf die Richter Dr. Berroth, Dr. Foth, Dr. Maier [7629] und Breucker bezieht, ist folgendes zu sagen: Die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters Dr. Prinzing vom 9.3.1976 enthält innere Widersprüche, die offen zu Tage liegen. Der Senat ... nein, die abgelehnten Richter Maier, Foth, unleserlich, ... sind nur drei Unterschriften[26] ...

Richter Dr. Be[rroth]:

Der dritte Richter, der teilgenommen hat, heißt Berroth.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Dr. Berroth Herr Berroth, entschuldigen Sie bitte - haben diese Widersprüche zu lösen versucht, indem sie dem ganzen Vorgang eine neue Richtung gaben. Nämlich die Richtung dahingehend, daß es bei den Äußerungen des Vorsitzenden Richters Dr. Prinzing um die Wahrung der Unbefangenheit des Zeugen Hoff gegangen sei. Aus dem Gesamtzusammenhang der Textstelle 6565 ergibt sich aber, daß der Richter Dr. Prinzing sich gegenüber den Angeklagten geäußert habe, hat, mit dem Ziele, ihnen zu versichern, daß deren Besorgnisse, die Besorgnisse der Angeklagten, ein Zeuge werde durch Anwesenheit von BKA-Beamten manipuliert oder konditioniert, unbegründet sei. Also, die Intension der damaligen Erklärung des Vorsitzenden Richters Dr. Prinzing müßte hier zur Sprache kommen, die Intension, die sich aus der Erklärung ergibt, wie sie abgegeben wurde aus Anlass der Zeugenvernehmung Freter. Damals hätte der abgelehnte Richter Dr. Prinzing ohne weiteres den Sachverhalt korrekt darstellen können, wenn es wirklich um die sogenannte „Unbefangenheit“ des Zeugen Hoff gegangen wäre, indem er gesagt hätte, ich habe das und das angeordnet, und im Rahmen dieser Anordnung jenes zugelassen. Dann wäre das klargestellt gewesen. Und das war auch das Interesse meiner Frage von heute Morgen. Aber jetzt ist ja völlig klar, daß in der Aussage des Dr. Prinzing von damals etwas ganz anderes drinsteckte, nämlich die Angeklagten von seiner Unbefangenheit, von seiner Unparteilichkeit, von seiner Fürsorge ihnen gegenüber zu überzeugen. Und genau mit diesen Aussagen hat er widerlegt, das, was er hat sagen wollen. Der Senat hat natürlich das nicht erkannt oder nicht erkennen wollen oder im Endergebnis das Erkannte nicht wiedergegeben. Insofern verweise ich zur Glaubhaftmachung auf die mir vorliegenden Gründe, nicht des Senatsbeschlusses, sondern des Beschlusses der Richter Maier, Foth und Berroth und schließe mich dem Ablehnungsantrag der Frau Meinhof an.

Vors.:

Will sich die Bundesanwaltschaft gleich dazu äußern? Herr Bundesanwalt Zeis.

[7630] OStA Zeis:

Das Ablehnungsgesuch stellt einen offenbaren Mißbrauch dar. Das ergibt sich schon daraus, daß die Angeklagten auch die an der Entscheidung unbeteiligten Richter, nämlich den Vorsitzenden Richter Dr. Prinzing, sowie den Beisitzenden Richter Dr. Breucker abgelehnt haben. Allerdings mag dies in einem etwas milderen Licht erscheinen, wenn man berücksichtigt, daß auch Professor Azzola, Professor für öffentliches Recht, offenbar zunächst die Vorschrift des § 122 GVG[27] nicht bekannt war, indem auch er zunächst den Beisitzenden Richter Dr. Breucker abgelehnt hat. In dem vorhin verkündeten Beschluß ist bereits ausgeführt, daß die Äußerungen des Vorsitzenden widerspruchsfrei sind und daß von unwahren Äußerungen keine Rede sein kann. In Wahrheit geht es darum, daß die Angeklagten mit Unterstützung ihrer Verteidiger sich offenbar vorgenommen haben, den heutigen Tag, die Beweisaufnahme am heutigen Tag, koste es, was es wolle, zu verhindern.

Der Angeklagte Baader lacht.

OStA Zeis:

Die Bundesanwaltschaft beantragt deshalb ...

Vors.:

Herr Baader, enthalten Sie sich bitte dieser Äußerung.

OStA Zeis:

...den Ablehnungsantrag gem. § 26a Abs. [1] Ziff. 3 StPO[28] wegen Prozeßverschleppung als unzulässig zurückzuweisen.

Vors.:

Bitte in einer Viertelstunde wieder anwesend zu sein, dann wird bekanntgegeben, wie es weitergeht, Publikum wird zugelassen.

Angekl. Baa[der]:

... Ja Moment, wir wollen dazu noch was ...

RA Schi[ly]:

... Zulässigkeitsfrage. Noch eine weitere Wortmeldung.

Der Senat zieht sich um 11.07 Uhr zur Beratung zurück.

---

Fortsetzung der Hauptverhandlung um 11.24 Uhr.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.

Die RAe. Schily, Oberwinder und Pfaff sind nicht mehr[bbb] anwesend.

Vors.:

Der Senat setzt die Sitzung fort. Er hat folgenden [7631] Beschluß gefasst:

Die Ablehnung der Richter des Senats wird einstimmig als unzulässig verworfen.

Gründe:

Soweit sich die Ablehnung gegen den Richter Dr. Breucker richtet, ist sie schon deshalb unzulässig, weil Dr. Breucker an der beanstandeten Entscheidung nicht mitgewirkt hat (§ 122 GVG).

Gleiches gilt für Dr. Prinzing; über die gegen ihn gerichtete Ablehnung ist schon entschieden.

Die weiteren Richter des Senats werden nur deshalb abgelehnt, weil sie an einer Entscheidung mitgewirkt haben, deren Begründung bei vernünftiger Betrachtung - auch aus der Sicht der Angeklagten und ihrer Verteidiger - keinen Anlass gibt, die Befangenheit der Richter zu besorgen. Die Ablehnung dient offensichtlich nur der Verschleppung des Verfahrens.

Vors.:

Bitte den Herrn Zeugen.

Die Rechtsanwälte Pfaff, Schily und Oberwinder erscheinen um 11.25 Uhr wieder im[ccc] Sitzungssaal.

Der Zeuge Lutz erscheint wieder um[ddd] 11.23 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Ich glaube, es ist zweckmäßig, wenn Sie nochmals von vorne beginnen. Wir hatten das vorhin zwar schon gehört, aber der Zusammenhang wird besser so[eee] gewahrt.

Zeuge Lu[tz]:

Also an dem fraglichen Freitag, den 12.5.72, hatte ich Dienst zu verrichten bei der Kriminalpolizei Augsburg. Ich befand mich auf Zimmer 325 im dritten Stock, als gegen 12.15 Uhr die Bombe im vierten Stockwerk detonierte. Zunächst noch zur Örtlichkeit, nachdem Sie vorher diese Frage aufwarfen. Das Gebäude besteht etwa aus einem hufeisenförmigen Gebäudekomplex, bestehend aus dem Anwesen Prinzregenten-Platz 1 und Holbeinstr. 12. Im ersten Geschoß, im Erdgeschoß, befindet sich die Polizeihauptwache. Im zweiten Geschoß ist das angemietete [7632] Gebäude der Polizeidirektion auf mehrere Räume begrenzt. Zum damaligen Zeitpunkt befand sich im ersten Geschoß das Amt für öffentliche Ordnung, die Hauptmeldestelle der Stadt Augsburg. Im zweiten ...

Das Gericht nimmt die Skizze aus O. 99 Bl. 125/126 in Augenschein.[29]

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Dem Zeugen werden die Skizzen aus O. 99 Bl. 125/126 vorgelegt.

Der Vorsitzende gibt den Hinweis, daß es sich bei den Skizzen nur um den 3. und 4. Stock handelt.

Zeuge Lutz:

Also zunächst noch zum zweiten Stock, damit ich das Gebäude kurz beschreiben darf. Im zweiten Stock befanden sich Teile der Kriminalpolizei und des Amtes für öffentliche Ordnung mit Paßstelle. Diese Gebäude haben nicht diesen langen Durchgang in der Nord-Süd-Richtung, sondern lediglich der dritte Stock ist insoweit durchbrochen von der Nordseite her bis zum südlich gelegenen Anwesen Holbeinstr. 12. Man erreicht das Gebäude von der Nordseite her und zwar über einen verglasten Zugang, an dem zwei Beamte - normalerweise Polizeihauptwache - sitzen, die dort Polizeidienst und Auskunftsdienst für die weiteren städtischen Dienststellen gaben. Die eigentlichen Detonationsorte lagen im vierten, und wie gesagt, im dritten Stockwerk. Im vierten Stock ... als hier mit Dachgeschoß bezeichnet, lag die Bombe im Bereich des Treppenaufganges. Wir haben hier das nördliche Teil des Gebäudes, und man erreicht den Zugang über eine dreifach abgestufte Steintreppe. Am oberen Treppenabsatz, von welchem aus die Türen zur Aktenstelle, zur kriminalpolizeilichen Beratungsstelle und Abstellräumen der Polizeidirektion führen nach Süden und Westen und nach Osten weitere Räume der Polizeidirektion untergebracht sind, unter anderem damals Lehrsaal, Funkstelle, und das K-Staatsschutz. Im allgemeinen Ablauf war dann gegen 12.15 Uhr die Bombe im Dachgeschoß explodiert. Durch die Wirkung wurden also die Türen im dortigen Bereich aus den Angeln gerissen, Splitterwirkung war in diesem gesamten Raum vorhanden. Bei Wahrnehmung dieser Explosion mit erheblicher Staub- und Schmutzentwicklung, befand sich unmittelbar [7633] am Treppengeländer am östlichen Absatz dieses Vorplatzes ein Loch in dieser Hohlblocksteindecke. Unmittelbar neben diesem Loch lag ein nicht detonierter Sprengkörper, der allerdings erst später als solcher erkannt wurde. Im weiteren Verlauf war zunächst die Anordnung ergangen, nachdem also die Beschäftigten kurz vor Feierabend aus den Zimmern geeilt waren, daß sich sämtliche Beschäftigte auf die Dienststellen zurückzubegeben hatten Und als die erste Aufregung sich zu legen begann, explodierte dann im dritten Stock auf dem südlichen Gebäudetrakt, Holbeinstr. 12 gegen 12.18 Uhr die zweite Bombe.

Vors.:

Ja, nur bevor Sie jetzt zum dritten kommen also, der vierte Stock entspricht Prinz-Regentenplatz ...

Zeuge Lutz:

Prinz-Regentenplatz 1.

Vors.:

... und ist das richtig, hat man das später als Tatort 1 geführt?

Zeuge Lu[tz]:

Richtig.

Vors.:

Weil es eben der zeitlichen Reihenfolge nach der erste Ort gewesen ist. Bitte.

Zeuge Lu[tz]:

Und der zweite Sprengkörper detonierte hier im Anwesen Hohlbeinstraße 12, das durch diesen langen Gang mit dem Gebäude Prinz-Regentenstraße 1 verbunden ist. Auf einem alten Aktenschrank, der in einer Mauernische im Bereich des Notausganges abgestellt war, war ein Sprengkörper unbekannter Herkunft detoniert, hatte eine massive Splitterwirkung nach Süden und in die Decke gesetzt, und die umliegenden, Fenster, Türen, etc. erheblich beschädigt.

Vors.:

Das war also der äußere und erste Befund. Sie sind nun, wie Sie sagten, eingesetzt worden, um offenbar die Ermittlungen hier zu führen. Ist es richtig, wenn man davon ausgeht, daß es Ihnen zunächst auf die Feststellung des äußeren Anscheins ankam und sodann auf die Sicherung vorhandener Spuren?

Zeuge Lu[tz]:

Richtig.

Vors.:

Waren Sie auch bei dieser Spurensicherung mit eingesetzt?

Zeuge Lu[tz]:

Ich war mit eingesetzt, als diese einzelnen Tatorte in Planquadrate eingeteilt, nach vorhandenen Splitterresten abgesucht wurden und die entsprechenden fotografischen Aufnahmen gemacht wurden.

Vors.:

So würde ich Sie also bitten, zunächst mal diesen äußeren Anschein, soweit Sie noch zu ergänzen haben, zu berichten, und dann die Arbeitsweise und Ergebnisse der Spurensuche, soweit Sie’s miterlebt haben, bekanntzugeben.

[7634] Zeuge Lu[tz]:

Vor Veränderung dieses Tatortbereiches wurden die beigenommenen Lichtbilder gefertigt, aus denen der Grad dieser Splitterwirkung und Beschädigungen hervorgeht. Diese Lichtbildmappe befindet sich bei den Akten.

Dem Zeugen werden die Lichtbilder aus O. 99 Bl. 64 bis 104 - der Text ist abgedeckt - zur Erläuterung übergeben.

Das Gericht nimmt die Lichtbilder gleichzeitig in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Zeuge Lu[tz]:

Es ist Bild Nr. 64. Es zeigt den Zustand ...

Vors.:

Seite 64 Nr. 1.

Zeuge Lu[tz]:

Seite 64 Bild Nr. 1. Es zeigt den Zustand im Bereich des dritten Stockwerkes, also unterhalb des eigentlichen Tatortes mit dem Zugang vom dritten Stock zum eigentlichen Detonationsort.

Vors.:

Um es für die Beteiligten klarzumachen, es handelt sich um die Detonation im vierten Stock, die offenbar durchgeschlagen hat durch die Decke, so daß auch Schutt und so weiter, nach unten in den dritten Stock gefallen ist und diese Spuren sind hier sichtbar.

Zeuge Lu[tz]:

Man sieht eine Durchschlagstelle an der Decke mit abgescherten Eisenstäben und teilweise heruntergefallenem Anschauungsmaterial, das oben im vierten Stock ursprünglich installiert war, wie dieses Schaubild über eine SEL-Überwachungsanlage, das hier auf der Treppe liegt ...

Vors.:

Sollten Sie bei irgendeinem Bild den Eindruck gewinnen, daß schon irgendetwas am ursprünglichen Zustand verändert worden wäre, so würde ich Sie bitten, darauf hinzuweisen. Soweit Sie nichts erwähnen, gehen wir also davon aus, es handelt sich um die Aufnahme eines unveränderten Zustandes.

Zeuge Lu[tz]:

Es ist jetzt das Lichtbild Nr. 2 Bl. 67 mir vorliegend, zeigt den gleichen Tatort, nur aus der südwestlichen Perspektive aufgenommen. Auf der Rückseite also Bl. 68 oder Seite 68 Lichtbild Nr. 3 zeigt den weiteren Aufgang. Alles noch unverändert, wie die Detonation die Spuren, beziehungsweise die Gegenstände heruntergewirbelt hat.

Lichtbild Nr. 4 zeigt diese herabgerissenen Mauerteile, in denen, wie sich später noch feststellen ließ, auch Splitter- [7635] teile lagen[fff] Lichtbild Nr. 5 auf Seite 71 zeigt eine Nahaufnahme über die nach unten vergrößerte Durchschlagstelle vom vierten Stock zum dritten Stock, immer noch Tatort 1.

Ende von Band 421.

[7636] Zeuge Lu[tz]:

Man sieht im weiteren Verlauf auf Lichtbild Nr. 6 den eigentlichen Zugang zum Explosionsort mit herausgerissenen Eisenteilen einer Alarmanlage, die dort auf dem Treppenabsatz gelandet waren. Lichtbild Nr. 7 auf Seite 72, zeigt eine Übersichtaufnahme aus östlicher Richtung auf den eigentlichen Explosionsort; das ist die Südseite dieses Vorplatzes. Man sieht deutlich linker Hand Ausblasungen und Schmauchspuren mit tiefen Einschlagstellen von Splittern. Geradeaus liegen Teile einer Alarmanlage, wie linker Hand in der Ecke ein Fils mit einer dortigen Tasche.

In Lichtbild 8, ist die eigentliche Detonationsstelle abgebildet. Man sieht neben einer herabgefallenen Marmorplatte, die nicht explodierte Rohrbombe. Daneben links Rahmenteile eines Schauobjektes der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle.

Lichtbild Nr. 9 zeigt den Explosionsort von Süden aus mit herumgewirbelten Teilen und den geborstenen Schränken der Reinemachefrauen, die auf dieser ostwärtigen Wand abgestellt waren.

Im weiteren Verlauf der Zustand der Alarmanlagen und sonstigen Schaueinrichtungen die dort durch Firmen usw. polizeilichen Beratungszwecken abgestellt waren.

Bild 10 weist wieder auf diese eigentliche Explosionsstelle hin - es ist noch auf dergleichen Seite - die umhergewirbelten Teile, sowie Einschlagsstellen im Bereich der Decke, die dort ein erhebliches Ausmaß erreichten.

Seite 76 eine Nahaufnahme in Lichtbild 11 über die Fundstelle der nicht gezündeten Bombe, dem Durchschlagsloch und dem Zustand dieser dortigen Geländermauer;

gleiches gilt für Lichtbild 12.

Seite 79 wiederum eine Nahaufnahme dieser Durchschlagsstelle in Lichtbild 13 und 14 eine Nahaufnahme der Rohrbombe, die nicht explodiert war. Die Rohrbombe war zu diesem Zeitpunkt kurz bewegt durch Angehörige, nachdem sie nicht direkt als solche erkannt war, war aber sofort, wieder, als Bedenken aufkamen, an dergleichen Stelle abgelegt, wo sie aufgehoben worden war. Wir haben jetzt im weiteren Verlauf auf Seite 80 die Darstellung dieser nicht detonierten Rohrbombe in Lichtbild 15 mit beigelegtem Meterstab.

Auf Lichtbild 16 sehen wir die Durchschlagstelle mit der [ggg] herabgefallenen Marmorplatte nebenan. Erkennbar: ein Durchmesser von ca. 25 - 27 cm in der Hohlblocksteindecke.

Ich habe nun das Blatt 83 zur Verfügung.

[7637] Im Lichtbild 17 zeigt sich nochmal diese Durchschlagöffnung mit Splitterwirkung an der auswärtigen Geländermauer, nachdem hier bereits abschnittweise dieser Explosionsschutt beiseite geräumt und bereits mit Handverlesen durchsucht wurde.

Auf Seite 84, die Lichtbilder 19 und 20, zeigen den übersichtlichen Abschnitt; wiederum diese Explosionsstelle.

Lichtbild 20 zeigt diese Einschlagstelle im Bereich der Decke, wo die Splitterwirkung massive Löcher setzte, sowie den Zustand der ostwärtigen Geländermauer mit senkrechter Rissebildung. Auf Seite 87, Lichtbild 21, das ist eine Aufnahme über die Einschlagstelle im Bereich der Decke.

Und Lichtbild 22 ist die gleiche Aufnahme, nur in anderer Richtung, aus Südosten aufgenommen.

Seite 88, Lichtbild 23 ist eine Übersichtaufnahme über die zerstörte Alarmlage mit herausgewirbelten Teilen aus dem Reinemachefrauenschrank.

Lichtbild 24, dieser Schrank in Nahaufnahme und das zerstörte Mauerecke da.

Seite 91, ist dieser Tatort aus der Nordwestecke aufgenommen. Er zeigt den Zustand eines Schaukastens. Er zeigt herausgerissene Türen im Bereich der Aktenstelle am südlichen Mauerabschnitt, und diese zerstörte SEL-Anlage, die also total zertrümmert wurde.

Lichtbild 26, auf dergleichen Seite, zeigt diese massiven Verrußungen und Ausblasungen, die unter diesem stuhlförmigen Absatz dieser Alarmanlage erfolgten und mit Splitter- und Schmauchspuren an der südlichen Mauer sich darstellten. Von der getroffenen Steckdose am oberen Rand des Bildes sieht man noch den Abdruck eines umhergewirbelten Beines dieser Alarmanlage, die[hhh] im rechten Winkel an der Mauer abgedrückt erscheint.

Wir haben dann Lichtbild Nr. 29 auf Seite 95 Ihrer Akten, und das zeigt den Zugang zur kriminalpolizeilichen Beratungsstelle mit dem großen Blechteil der Alarmanlage, und im südwestlichen Eck des Vorraumes, vor diesem stufenförmigen Alarmgerät, eine filzartige Decke aus braunem Stoff; in diesem Bereich lag auch der Rest einer Einkaufstasche.

Bild Nr. 30 zeigt eine massive Splitterspur auf dem südlichen Pfosten der Zugangstüre der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle, gesetzt durch ein Blech, das dort mit großer Wucht durch die Tür gepresst und das innere [iii] des Raumes geschleudert wurde.

[7638] Vors.:

Ich glaube, die Nummer 27/28, Seite 92, Herr Zeuge, ist von Ihnen übersehen worden.

Zeuge Lu[tz]:

Ja, möglicherweise, habe ich nicht umgeblättert, entschuldigen Sie.

Vors.:

Gut, wir wollen das noch nachholen.

Zeuge Lu[tz]:

Lichtbild 27, Seite 92, zeigt den Zustand dieser Südwestecke mit den zerfetzten Resten einer Einkaufstasche und dem bereits beschriebenen braunen Filztuch im Bereich des stufenförmigen Alarmmodells.

Lichtbild 28 zeigt den Zustand eines selbstgebastelten Schaukastens der Kriminalpolizei, dem auch mehrere Splitter ... hatten.

29, 30 brauche ich dann nicht mehr zu wiederholen.

Vors.:

Sind schon erledigt, danke.

Zeuge Lu[tz]:

Seite 96 Lichtbild 31 ist eine Nahaufnahme dieser markanten Schnittspur, die durch dieses Blechteil oberhalb des Schlosses gesetzt war.

Seite 99 Lichtbild Nr. 32. Wir sehen hier den Tatort aus der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle mit dem Blick in Richtung der nicht explodierten Rohrbombe.

Lichtbild 33 zeigt den Zustand innerhalb der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle. Die Türe ist nach innen geschleudert, der Stuhl unter den Schreibtisch geworfen worden und Blechteil von etwa 1 qm Größe liegt an dem westlichen Aktenschrank an.

Lichtbild Nr. 34 S. 100[jjj] zeigt wiederum den Zustand der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle. Zu vermerken bleibt, daß auf diesem Stuhl, der durch die Wucht der Explosion wenige Minuten vor der Detonation, der Kollege Heuschneider saß und ihm gegenüber zwei Beamte, - Anwärter des gehobenen Polizeidienstes - die[kkk] in die Öffentlichkeitsarbeit[lll] eingewiesen werden sollten.

Lichtbild Nr. 35 zeigt lediglich einen Blick auf eine Waffensammlung der Polizeidirektion, die dort als Anschauungsobjekt interessierten Besucher geboten wird.

Ich habe nun die Seite 103 und hier wiederum ist eine herausgerissene Türe dargestellt und zwar ist das eine Zugangstüre zu einem Lagerraum, in dem sich keine Personen zur Explosionszeit aufhielten. Man sieht auch hier, nahe des Bodens, massive Einschlagstellen noch von Splittern.

Seite 104 ist die nachfolgende Türe im Lichtbild 37 dargestellt, das ist die Türe im Bereich der Nordwestecke des Tatraumes.

[7639] Dem Zeugen wird noch ergänzend aus Ordner 99, Bl. 107 und 108 übergeben. Diese werden ebenfalls von Gericht in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Zeuge Lu[tz]:

107, Lichtbild Nr. 38, zeigt den Zugang zur kriminalpolizeilichen Aktenstelle. Nein, Entschuldigung, das ist die Nordwestecke. Das ist der Zugang zu diesen Lagerräumen, in denen sich keine Personen aufgehalten haben. Am linken Türpfosten - südlich - haben wir eine massive Einschlagsspur eines Metallteiles, das auch von der Alarmanlage herrühren dürfte. Der Stuhl wurde nachträglich irgendwie im Lichtbild 39 beigestellt, ich weiß nicht, weshalb.

Im Abschnitt Seite 108 haben wir eine Nahaufnahme über den Zustand einer Einkaufstasche, die zerfetzt im Bereich der Südwestecke lag, mit dem dort auch gleich gesicherten braunen Stofffilz.

Lichtbild Nr. 41 zeigt den Zustand dieser Tasche bei Auffindung.

Vors.:

Das war also eine Erläuterung der Lichtbilder zum Tatort 1,4. Stock, Prinzregenten Platz.

Dem Zeugen werden aus Ord. 99 die Lichtbilder Bl. 35 - 62 - der Text ist abgedeckt - mit der Bitte um Erläuterung übergeben.

Die Lichtbilder werden vom Gericht in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Zeuge Lu[tz]:

Lichtbild Nr. 1 auf Seite 35 zeigt den Durchgang in südlicher Richtung. Zu bemerken: um 12.15 Uhr während der ersten Detonation blieb die Uhr stehen über der Durchgangstüre, soweit ist eine zeitliche Eingrenzung auch so möglich. Es folgt im Anschluß an diesen Durchgang ein etwa 50 m langer Gang, der durch Feuertüren gesichert bis in das Anwesen[mmm] Hohlbeinstraße 12 reicht. Im Hintergrund ist eine weitere geöffnete Türe, linker Hand zu sehen, über welche die Mehrzahl der Beschäftigten fluchtartig das Gebäude verlassen konnten, nach dem der folgende Notausgang zunächst nicht passierbar erschien.

In der weiteren Folge in Lichtbild Nr. 2 haben wir einen Blick [7640] in den Gang, in welchem die eigentliche Bombe explodierte. Diese befand sich auf dem Ost-Westflügel des Anwesen Hohlbeinstraße 12 auf der Nordseite. Wir sehen hier beschädigte Fenster linker Hand, im weiteren Verlauf geöffnete Notausgangstüre nach links mit dem zerstreuten Schutt im Bereich des eigentlichen Explosionsherdes.

Lichtbild 3 auf Seite 38 zeigt lediglich diese beschädigten Fenster.

Lichtbild Nr. 4 auf Seite 39 ist eine Übersichtsaufnahme über den Zustand des Ganges nach Explosion in diesem Bereich, hinter dem Mauervorsprung, östlich der dortigen Ausgangstüren.

Lichtbild Nr. 5 zeigt die Einschlagsstellen im Bereich der Decke, die dort sehr massiv auftraten, sowie im Gangmitte und auf der südlichen Wand.

Seite 42, Lichtbild Nr. 6 zeigt den eigentlichen Detonationsort. Man sieht also massive Absprengungen von Verputz und Mauerwerk; auf der nördlichen Wand; Splittereinschläge im Bereich des westlich anschließenden Mauervorsprunges und insbesondere im Bereich der Decke mit ganz massiven Splitterspuren. Durch eine rote Linie ist die Schrankhöre von mir angedeutet worden, die betrug 204 cm bis zum Boden. Im Bereich der Mauer sind Teile des Ziegelwerks beschädigt und herausgerissen.

Lichtbild Nr. 7 auf der Rückseite, Nr. 43 zeigt eine Nahaufnahme über den Zustand des dort stehenden Schrankes, in welchem, neben alten abgelegten Akten auch bestimmte Einrichtungsgegenstände, wie Plastikkanister usw. der Kriminalpolizei gelagert waren.

Lichtbild Nr. 8 auf Seite 46 zeigt den Zustand des Detonationsortes vom Zimmer Nr. 337 aus in nördlicher Richtung. In diesem Bereich sieht man, daß auf Zimmer 337 die Türe nach der Explosion herausgerissen wurde, an den herausgerissenen Türkegeln und daß der Schrank also in sämtliche Bestandteile zerlegt ist.

Lichtbild Nr. 9, das ist dieser Explosionsort aus östlicher Sicht. Man sieht eine leicht verrückte Bank an der Nordseite, dazu weitere Einzelheiten über zerstörte Teile des Schrankes.

Seite 50, Lichtbild Nr. 10, in diesem Bereich stand der Schrank. Die Mauerecke hat eine Tiefe von 60 cm, die Schrankbreite und Höhe ist mit rotem unterbrochenem Strich angezeichnet. Zum Vergleich dazu, dieses zerstörte Brett, das dort in der Ecke aufgestellt ist.

-Die Angeklagte Meinhof erscheint wieder[nnn] um 11.53 Uhr im Sitzungssaal.-

[7641] Lichtbild Nr. 11 auf Seite 51 zeigt nun die massive Splitterwirkung im Bereich der südlichen Wand, die etwa oberhalb der Türrahmengrenze einsetzt und sich über die Decke hin nach Norden zu fortsetze.

Lichtbild 12, darunter, wiederum der Zustand am Boden vor dem zerstörten Schrank.

Seite 54, hier haben wir bereits in Lichtbild 13 Einzelheiten über den Inhalt des zerstörten Schrankes. Es sind dort alte Vordrucke, zerfetzte Akten und Holzreste zu. sehen.

Seite 55, Lichtbild Nr. 14 zeigt den Zustand innerhalb des Zimmers 337 mit hereingerissener Türe und einzelnen Holz- und Splitterteilen, die in diesen Raum drangen ...

Lichtbild Nr. 58 zeigt den Zustand des Zimmers 337, von Norden aus aufgenommen. Im Raum liegt die Türe. Der Raum war zur Explosionszeit nicht besetzt ...,

Die Angeklagte Meinhof verlässt[ooo] um 11.55 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Lu[tz]:

... bzw. die dort beschäftigten Beamten waren nicht an ihren Plätzen.

Lichtbild Nr. 59 zeigt den Zustand im danebenliegenden Zimmer 336. Die Türe ist bereits aufgehoben und wieder an die Wand gelehnt.

Seite 62, wir haben hier ein markantes Teil von der Bombe stammend - im Lichtbild 17 - mit Meterstab abfotografiert ist. Dieser Teil lag im ostwärtigen Abschnitt im Bereich der Süd-Ost-Ecke des Ganges, etwa gut 10 m vom Tatort entfernt.

Vors.:

Herr Zeuge, das war nun die äußere Beschreibung, hier unter Zuhilfenahme der Bilder. Sie haben erwähnt, Sie waren auch an der Spurensicherung beteiligt. Bitte, beschreiben Sie nun hier die Arbeitsweise, die Ergebnisse hinsichtlich besonders markanter Funde, wieder beginnend mit Tatort I.

Zeuge Lu[tz]:

Der Tatort I wurde von uns in[ppp] Planquadrate eingeteilt, die durchnummeriert wurden und skizzenmäßig vom Kollegen Eierle niedergelegt wurden. Wir haben dann diesen Planquadraten folgend, die sich also in Breite etwa diesen räumlichen Verhältnissen anschlossen, die dort liegenden Splitter und Holzteile etc. durchsucht, um dort in diesem Bereich alle relevanten Spuren zu sichern. Im Abschnitt [7642] wurden zum Beispiel, wurden also diese Metallsplitter mit Hand ausgesucht und in Plastiktüten verbracht.

Dem Zeugen wird die Skizze aus Ord. 99 Bl. 129[qqq] mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob diese Skizze die damalige Einteilung richtig wiedergibt.

Zeuge Lu[tz]:

Ja, das ist die Skizze wie sie vom Kollegen Eierle gefertigt wurde ...

Rechtsanwalt Oberwinder verlässt um 11.58 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Lu[tz]:

... und wie sie zur weiteren Durchsuchung herangezogen wurde.

Das Gericht nimmt die Skizze aus O. 99 B. 129 in Augenschein.
Die Verfahrensbeteiligten haben die Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Zeuge Lu[tz]:

Wir haben auf der Skizze noch vielleicht verzeichnet, als einzelne Teile, den nicht detonierten Sprengkörper. Wir haben ein Weckerteil im Abschnitt Nr. 8 und wir haben noch näher bezeichnet, eine Tasche mit Lecke im Abschnitt Nr. 3. Die weiteren Funde aus den einzelnen Abschnitten wurden in Plastiktüten verpackt, die Splitter insbesondere und mit kleinen Kärtchen versehen und dem Bayerischen Landeskriminalamt übergeben.

Vors.:

Kann man davon ausgehen, daß das was nun die Skizze auch wiedergibt, die einzelnen Fundstellen in Abschnitten von diesen von Ihnen erwähnten vier Funden, die markanten Funde gewesen sind?

Zeuge Lu[tz]:

Das waren die augenscheinlichen Funde, während wir dann weiter in Kleinarbeit Zentimeter für Zentimeter nach Splittern absuchten.

Vors.:

Und hat das noch zu irgendwelchen herausragenden Funden[rrr] geführt?

Zeuge Lu[tz]:

Das führte[sss] zur Auffindung von verschiedenen Splitterteilen, die je nach Fundort in verschiedene Tüten verpackt wurden, die im Einzelnen beschriftet wurden. Im Wesentlichen lagen kleine Splitter an, die etwa mehrere cm2 maximal erreichten.

Vors.:

Zu diesem Tatort I sind hier verschiedene Beweisstücke, die wir [7643] Ihnen gleich bei dieser Gelegenheit vorführen möchten.

Alle folgenden Asservate werden dem Zeugen mit der Frage vorgelegt, ob er diese Beweisstücke wiedererkennt und oh er etwas dazu erklären kann.

Dem Zeugen wird Ass. B 48 Pos. 1 (mehrere Stahlteile aus dem 3. Stock) vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Pos. 1. Es handelt sich um einen großen Stahlsplitter, der nach meinem Dafürhalten unterhalb der eigentlichen Detonationsstelle im 3. Stock lag, soweit mir der Splitter heute noch in Erinnerung ist. Es handelt sich um einen sehr großen Splitter, der offensichtlich durchgeschlagen hatte und im Schutt im 3. Stock vorgefunden wurde.

Vors.:

Ja, so daß er natürlich nicht erscheinen kann auf der Skizze 129.

Zeuge Lu[tz]:

Nein.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48 Pos. 2 (Stahlteile aus dem 3. Stock) vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Es sind hier weitere Splitter dargestellt, die offensichtlich nicht vom vierten Stock stammen, es müßten Splitter sein vom 3. Stock, nach dem diese Merkmale vorhanden sind, die letztlich auf die Preßluftflasche hindeuten, sind es Splitter aus dem 3. Stock.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 3 (Splitter vom Sprengkörper aus dem 3. Stock) vorgelegt.

[ttt]

Rechtsanwalt Oberwinder erscheint wieder um[uuu] 12.02 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Also gerade ..., es gibt diese Bezeichnung „3. Stock“ zu Irrtümern unter Umständen Anlaß; sie gehören zum Tatort I, also zur Detonationsstelle im 4. Stock[vvv], sind aber in der ...

Zeuge Lu[tz]:

Nein, dieser eine letzte Beutel, der gehört offensichtlich nicht zum ...

[7644] Vors.:

Das müssen Sie dann bezeichnen, weil die Bezeichnung „3. Stock“ für uns alleinig ...

Zeuge Lu[tz]:

Tatort II war dieser letzte Beutel mit diesen Punzierungen.

Vors.:

Kann man aber davon ausgehen, die übrigen, die Sie bisher gesehen haben, gehört zum Tatort I?

Zeuge Lu[tz]:

Dieser erste große Splitter zum Tatort I, der im 3. Stock lag.

Vors.:

Ja.

Zeuge Lu[tz]:

Es fällt mir heute schwer diese einzelnen Splitter noch zu identifizieren, ich kann die weiteren Splitter nach ihrer Form und Größe heute nicht mehr in dem Maße identifizieren. Ich habe sie damals verpackt in Plastikbeuteln sortiert, an die Auffindungsstelle abgegeben. Ich erkenne sie also heute nicht.

Richter Mai[er]

Können Sie sich möglicherweise erinnern, ob Splitter in Dieser Größe, in dieser Art, von Ihnen gefunden worden sind?

Zeuge Lu[tz]:

In dieser Art waren vorhanden. Die genauen Ablageorte müßte anhand unserer Aufzeichnungen vorhanden sein.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 4 (Splitter vom Sprengkörper aus dem 3. Stock) vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Wir haben hier einen Schraubverschluß, der stammt nun wiederum vom Tatort 3. Stock, also Tatort II, nicht Tatort I; mehr eine Verschlußkappe wie sie dort offensichtlich verwendet wurde mit einer Nippeldurchführung; also nicht mit dem Tatort I.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 5 (Uhrwerksteile aus dem 3. Stock) vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Wir haben hier ein Uhrwerk, wie es im 3. Stock, also am Tatort II aufgefunden wurde. Im 3. Stock gesichert, unterhalb des zerstörten Schrankes.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 6 - Litzen- und Zünderdrähte (3. Stock) - vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Wir haben hier Teile von Zündmechanismen, gesichert im 3. Stock, die zum Teil an dem gesicherten Batterierest zunächst [7645] anhingen, ihm offensichtlich entnommen wurden und weiter aufgefundene Bananensteckerteile im Bereich des 3. Stock, Also Tatort II.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 7 - Teile einer Batterie - vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Wir haben hier Batterieteile, Kohlereste und ähnliches aus dem Tatort II, 3. Stock.

Dem Zeugen wird das As B 48, Pos. 11 - Splitter mit Schweißnähten - vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Es handelt sich wieder um Splitterteile, die ich nun im Einzelnen nicht erkennen kann, ob sie vom 3. oder vom 4. Stock, also ob Tatort I oder II, stammen. Wir haben also so viele Splitter da gesichert, daß ich die einzelnen Splitter nicht identifizieren kann. Wir haben hier wieder Splitterteile, die also, nach der jetzigen Beschriftung vom 4. Stock stammen müßten und nun in diese Position einsortiert sind.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 12 - mehrere Splitter vom Sprengkörper im 4. Stock - vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Ja, das sind wieder diese rostigen Splitter, ziemlich großflächig wie wir sie im 4 Stock überwiegend gefunden haben.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 13 - verzinkte Teile von Gewindestutzen - vorgelegt.

Prof. Dr. Azzola verlässt um 12.07 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Lu[tz]:

Teile eines Gewindestutzens markiert mit „Augsburg, 4. Stock“, im einzelnen die Splitter, ich kann sie also lagemäßig heute, nach dem die Position verändert ist, nicht mehr genau lokalisieren.

Richter Mai[er]:

Aber Sie haben solche Gewindeteile vorgefunden?

Zeuge Lu[tz]:

Solche Gewindeteile habe ich auch gefunden, ja.

Richter Mai[er]:

Danke.

[7646] Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 14 - mehrere Teile einer verzinkten Sechskantschraube - vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Auch wieder Gewindeteile aus dem 4. Stock stammend.

Richter Mai[er]:

Könnte es sich dabei auch um Teile einer Schraube handeln, die hat natürlich auch Gewinde?

Zeuge Lu[tz]:

Ja, es sind hier Außenkanten vorhanden. Es könnte sich um eine Verschlußschraube oder ähnliches gehandelt haben.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 15 - Bügelgriffteile (Rundeisen), 4. Stock - vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Das sind eigenartig gekrümmte Splitter, die uns damals auffielen. Die lagen im 4. Stock auf die einzelnen Abschnitte verteilt.

Richter Mai[er]:

Sie können sich daran erinnern, daß so was im 4. Stock lag, diese gekrümmten ...?

Zeuge Lu[tz]:

So was lag im 4. Stock, diese so gebogenen rundlichen Splitter.

Richter Mai[er]:

Ein Rundeisen soll das sein.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 16 - mehrere Uhrenteile (4. Stock) - vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Wir haben hier einen ..., Teile eines Weckers, eines Zeitweckers, wie er unter der Nr. 8 im 4. Obergeschoß aufgefunden wurde und von Herrn Dr. Goll vom Bayrischen Landeskriminalamts an sich genommen wurde.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 18 - Teile einer Batterie - vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Verrußte Teile, die ich jetzt im Einzelnen nicht erkennen kann; offensichtlich Batteriereste vom 4. Stock stammend.

Richter Mai[er]:

4. Stock?

Zeuge Lutz:

4. Stock, Tatort I.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos 20 - zerfetzte Teile der rotbraunen Einkaufstasche (4. Stock) - vorgelegt.

[7647] Zeuge Lu[tz]:

Das sind die Reste dieser zerfetzten Einkaufstasche, wie wir sie gesichert und abfotografiert gesehen haben; das sind die Taschenstücke mit dieser Beschriftung, die wir ursprünglich also den Splitterteilen beigaben - diesen kleinen weißen Kärtchen - von uns gesichert.

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 24 - Uhrengehäuseteile mit Sprengstoffanhaftungen (4. Stock) - vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Das sind gelbe Plastikteile, deren Lage ich heute nicht mehr genau angeben kann; offensichtlich, ich weiß nicht mehr, im 3. oder 4. Stock, diese Möglichkeit muß ich offen lassen.

Richter Mai[er]:

Ja, es soll nach dem Asservatenverzeichnis, daß Sie ..., an dessen Herstellung Sie wohl nicht mitgewirkt haben, im 4. Stock gewesen sein ...

Zeuge Lu[tz]:

Im 4. Stock ist durchaus möglich.

Richter Mai[er]:

Sie haben keine besonderen ... mehr ...

Zeuge Lu[tz]:

Ob das nun Fehlspuren waren, wir haben da mehrere Sachen noch mitgesichert. Unmittelbar mit dem Sprenggeschehen haben wir die Sachen nicht direkt in Verbindung gebracht. Ich sehe nun, daß irgendwelche Anhaftungen dran sind ...

Dem Zeugen wird das Ass. B 48, Pos. 25 - Sprengkörper (Stahlrohr) - vorgelegt.

Zeuge Lu[tz]:

Hier handelt es sich um die deformierte, am Tatort I nicht explodierte Rohrbombe, die ich also nur aus sicherer Entfernung liegen sah, während die weiteren Kollegen, Kollege Eierle, die Lichtbilder zum Teil gefertigt hat, Kollege Hemm bei der Entschärfung dieser Bombe anwesend war. Ich befand mich dabei nicht mehr.

Vors.:

Da kann man aber dazu feststellen, daß der Zustand, wie Sie ihn hier vor sich haben, wohl nicht der ist, wie Sie ihn damals gesehen haben?

Zeuge Lu[tz]:

Nein, die Bombe war an einer Seite eingedellt, wie man auf den Lichtbildern sah. Sie ist jetzt also aufgeschnitten, sie war ursprünglich ...

Vors.:

Ja, sie war komplett noch.

Zeuge Lu[tz]:

Sie war komplett und deformiert ... war geschlossen, der Deckel war auf. Und in der weiteren Folge wurde die Bombe dann entschärft.

[7648] Dieses Asservat B 48 Pos. 25[www] - Rohrbombe - hat das Gericht und die Verfahrensbeteiligten bereits bei der Vernehmung des Zeugen Hoff in Augenschein genommen.

Das Gericht nahm alle Asservate, die dem Zeugen vorgelegt wurden, in Augenschein.

Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Richter Mai[er]:

Herr Lutz, ich hätte noch ein paar Fragen zur Ergänzung, bleiben wir gerade beim Tatort I. Sie haben vorhin anhand der Lichtbilder den Zustand[xxx] auch im Treppenhaus geschildert. Bis in welches Stockwerk im Treppenhaus reichten denn die Spuren, Splitterspuren oder was es auch immer sein mag?

Zeuge Lu[tz]:

Die Splitterspuren reichten vom Dachgeschoß über diese beiden Treppenabsätze bis zum 3. Stock. Es fielen aber auch Teile durch den gesamten Treppenschacht bis in das 1. Stockwerk, unter anderem eine Marmorplatte, die dort einen Stuhl durchschlug. Wir haben auch noch ein Splitterteil in Form eines messingfarbenen, zusammengerollten Gegenstandes dort gefunden. Die Splitterwirkung dort war nicht massiv, allerdings sind Schmutzreste, und auch insbesondere diese Abdeckplatte nach unten geschleudert worden.

Richter Mai[er]:

Ja, und ich glaube, Sie haben es schon erwähnt, aber um das noch klarzustellen: Am Tatort im 4. Stock, da war diese kriminalpolizeiliche Beratungsstelle, Beratungsstelle für wen?

Zeuge Lu[tz]:

Für die Allgemeinheit und auch für Polizeibedienstete. Es ist so, daß hier in Eigenarbeit zum Teil Anschauungsmaterialien geschaffen wurden, die zum Teil während der Ferienzeit, Schulklassen, während der üblichen Bürozeit für ratsuchende Bürger zur Verfügung gestellt werden, sei es nun, daß der einzelne an einer Alarmanlage interessiert ist, und Versicherungen die da Leute herschicken zur Beratung.

Richter Mai[er]:

Danke. Zum Tatort II im 3. Stock, da haben Sie anhand der Fotos schon geschildert, wie Splitterspuren im Gang sich ausgewirkt haben, Sie haben auch vereinzelt auf Zimmer hingewiesen, in denen die Türen herausgerissen waren. Jetzt können wir vielleicht anhand der Skizze, die Sie ja vor sich haben, Herr Lutz, ein paar einzelne Stellen nochmals durchgehen, und zwar würde mich interessieren Ihre Ermittlungen über die Belegung der Zimmer. Wenn ich es recht sehe, dann war ja der Explosionsort im Gang [7649] vor dem Zimmer Nr. 337, das ist wohl richtig ...

Zeuge Lu[tz]:

337 unmittelbar.

Richter Mai[er]:

Wie war nun das Zimmer 337 gelegt? Sie meinten vorhin, es sei zur Tatzeit nicht belegt gewesen.

Zeuge Lu[tz]:

Die Beamten befanden sich zur Explosionszeit nicht mehr im Zimmer. Es war so, daß durch diese 1. Explosion jeder rumrätselte, was nun passiert sein könnte. Ein Teil der Beamten hatte das Dienstzimmer verlassen, so Kollege Graf. Der Kollege Eck war in Richtung dieses Nord-Süd-Ganges gewandert, um nachzusehen, was im Einzelnen los war.

Richter Mai[er]:

Herr Lutz, ich ...

Zeuge Lu[tz]:

Ein Kollege hatte dienstfrei an dem Tag aus ...

Richter Mai[er]:

Herr Lutz, wenn ich es vielleicht abkürzen kann. Nach den Akten - das ist Ord. 99, Bl. 167 - hat ein Herr Eck oder soll ausgesagt haben, er habe sich in diesem Zimmer befunden, als es plötzlich wieder einen sehr starken Knall gab und die Tür hereinflog.

Zeuge Lu[tz]:

Ja, der Kollege Eck hat das ausgesagt und zwar war er kurzfristig in das Zimmer getreten im Bereich dieser Nord-West-Ecke. Es steht dort der Aktenschrank, wie wir aus dem Lichtbild gesehen hat, und nach seinen Angaben befand er sich hinter diesem Aktenschrank im Bereich des toten Winkels, ...

Richter Mai[er]:

Ja, der soll also zum Zeitpunkt der Detonation sich in diesem Zimmer ...

Zeuge Lu[tz]:

... im Zimmer, aber er saß nicht mehr am Tisch. So wollte ich das zum Ausdruck gebracht haben.

Richter Mai[er]:

... in einem toten Winkel. Und Sie sagten schon, daß die Türe ...

Zeuge Lu[tz]:

Die Türe wurde mit Wucht nach innen geschleudert. Und auch hierüber könnte der Kollege Eck nähere Aussagen machen.

Richter Mai[er]:

Und über ...

Zeuge Lu[tz]:

Über die eigentliche ...

Richter Mai[er]:

... im Innern des Zimmers, können Sie da was sagen?

Zeuge Lu[tz]:

Im Zimmer selbst waren die Fenster nach außen gedrückt. Ein größerer Metallsplitter lag in diesem Zimmer. Die Türe war durch die Splitterwirkung nicht durchschlagen. Sie ist aber ohne weiteres, wie wir feststellten, durch die Druckweiche zunächst ins Zimmer geschleudert worden, während Splitter nachfolgten, die möglicherweise über das Fenster auch noch ins Freie gelangt sind, aber wir [7650] haben[yyy] bloß einen massiven Splitter in etwa in Zimmermitte gefunden.

Richter Mai[er]:

Wie war es nun mit dem nebenanliegenden Zimmer, Nr. 336, wie war das belegt nach Ihren Ermittlungen?

Zeuge Lu[tz]:

336, in diesem Zimmer befanden sich der damalige Dienststellenleiter, Herr Adam und die Angestellte Enzensömmer. Diese Personen waren zunächst nach der ersten Explosion auch in Richtung Hauptgang gegangen. Herr Adam kehrte dann, nachdem er irgendwie von der[zzz] Polizeihauptwache zurückkehrte, in sein Zimmer zurück, und daraufhin erfolgte die Detonation.

Richter Mai[er]:

Und Sie sagten, glaube ich schon, daß es auch in diesem Zimmer die Türe hineingedrückt oder herausgerissen.

Zeuge Lu[tz]:

In diesem Zimmer hat es die Türe nach innen herausgerissen.

Richter Mai[er]:

Ja. Dann auf der anderen Seite des Zimmers 337, das Zimmer 338.

Zeuge Lu[tz]:

338, dieses Zimmer war belegt zur Explosionszeit mit Herrn Rosskopf und der Angestellten Hansmann ...

Richter Mai[er]:

Was haben Sie über Splitterwirkung dort festgestellt?

Zeuge Lu[tz]:

Ein massiver Splitter ist bei diesem Zimmer durch die Eingangstüre, und zwar den ostwärtigen Türpfosten gedrungen, und gelangte in Richtung des anschließenden Zimmers 339 bis zur Türe, wo dieser Splitter steckenblieb.

Richter Mai[er]:

Wie groß war dieser Splitter etwa?

Ende von Band 422

[7651] Zeuge Lutz:

Etwa ein gut qcm großer Splitter, der aber ein ziemlich großes Loch in den Türpfosten gerissen hat.

Richter Mai[er]:

Dann, wenn wir vor diesen Zimmern uns nochmals den Gang betrachten. Da war also der Schrank, den Sie uns schon geschildert haben, mit Akten angefüllt und daneben die Bank. Und wenn wir uns nun die Stelle betrachten - Türe zum Zimmer 338: In welcher Entfernung befand sich diese Türe in etwa von der Detonationsstelle Nr. II?

Zeuge Lutz:

Die Türe zum Zimmer 338 lag etwa, wenn ich hier die Eintragungen vergleichend heranziehe, 6,5 m ... 6 - 6,5 m entfernt.

Richter Mai[er]:

Entspricht das auch Ihrer Vorstellung? Nicht, daß Sie das nur aus der Skizze entnehmen - 6 - 6,5 m?

Zeuge Lutz:

Ja.

Richter Mai[er]:

Und nun, Herr Lutz, wenn sich vor dieser Türe im Flur Personen aufgehalten haben, von was konnten die denn alles getroffen werden?

Zeuge Lutz:

Ja, die konnten, wie die weiteren Zeugen aussagen werden, durch Splitterteile getroffen werden.

Richter Mai[er]:

Ja nun, das wissen wir ja nicht - Herr Lutz, Entschuldigung. Sie haben glücklicherweise Kenntnis vom Akteninhalt; aber was sie hier in der Hauptverhandlung aussagen werden, das ...

Zeuge Lutz:

Die konnten von Splittern, die hier vereinzelt ankamen, wie der eine, der da durch den Türpfosten drang und Richtung Durchgangstüre zu Zimmer 339 vordrang, die konnten durch Mauerteile getroffen werden, die herausgerissen wurden.

Richter Mai[er]:

Lagen auch an dieser Stelle vor der Tür 338 Mauerteile?

Zeuge Lutz:

Geringgradige Verputzbrocken in der Größe von einem Kieselstein.

Richter Mai[er]:

Hat man dort auch Metallteile gefunden?

Zeuge Lutz:

Aufgefunden haben wir in diesem Bereich noch weiter ostwärts diesen Batterieteil, der in diesem Abschnitt I lag. Metallteile lagen dort ganz vereinzelt. Also ich darf mich da noch anhand der Skizze bitte informieren, ob dort irgendwelche Metallteile gesichert wurden.

Metallteile waren überwiegend im Bereich dieser [aaaa] Planquadrate vorhanden. Größere Metallstücke waren es jedoch nicht.

[7652] Richter Mai[er]:

Sie meinen jetzt die Planquadrate vor Zimmer 337?

Zeuge Lutz:

Ja, richtig, nicht in den mit römischen Ziffern gekennzeichneten Abschnitten. Dort haben wir keine ...

Richter Mai[er]:

Also in den Planquadraten ... - entschuldigen Sie, Herr Lutz, wenn ich Sie unterbreche - die auf der Skizze

Ordner 99 Bl. 123 mit 1, 2, 3 und 4 und mit III

gekennzeichnet sind?

Zeuge Lutz:

Richtig. In den beiden ersten Abschnitten fanden[bbbb] wir lediglich diesen Batterieteil, der abfotografiert war und einzelne Mauerbrocken.

Richter Mai[er]:

Ich weiß nicht, hat Ihnen evtl. der Herr Nitzer gezeigt, an welcher Stelle er sich zum Zeitpunkt der Explosion befunden habe?

[cccc]

Zeuge Lutz:

Herr Nitzer befand sich nach seinen Angaben und nach Wahrnehmung der anderen Kollegen unmittelbar vor dieser Bank, die vor dem Fenster ostwärts des Explosionsherdes abgestellt war. Er hat seine Position mir mit einem Abstand von 2,35 m zum Schrank angegeben.

Richter Mai[er]:

Wäre das das Feld III oder 2 auf der Skizze?

Vors.:

Gemeint ist hier die Skizze, die Sie haben, nicht? Ich glaube, nicht die große. Sie könnten beide zwar benutzen.

Zeuge Lutz:

Die eine Skizze habe ich nicht zur Hand über den Tatort II. Es müßte am Rande dieses Feldes liegen.

Richter Mai[er]:

Und nun, Herr Lutz: Diese Stelle, gehen wir mal davon aus, die Ihnen von Herrn Nitzer gezeigt wurde, von was konnte man dort ... von welchen Splittern oder Trümmerteilen konnte man dort getroffen werden?

Zeuge Lutz:

Dort konnte man sowohl von Stahlsplittern als auch von herumfliegenden Teilen: Holzteile des Schrankes, Mauerteile etc. getroffen werden.

Dem Zeugen wird die Skizze aus Ordner 99 Bl. 127 vorgelegt.

Das Gericht nimmt die Skizze in Augenschein. Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

[7653] Richter Mai[er]:

Was meinen Sie mit Stahlsplittern? In welcher Größe waren Stahlsplitter etwa, die man dort gefunden hat?

Zeuge Lutz:

Die waren die kleineren Splitter, wie sie hier mit Punzierung usw. vorgefunden wurden, die aber überwiegend, muß ich betonen, auf Abschnitt I und II lagen.

Richter Mai[er]:

Ja, jetzt haben Sie die Skizze vor sich.

Zeuge Lutz:

Ja.

Richter Mai[er]:

Und wo befand sich der Herr Nitzer?

Zeuge Lutz:

Der Herr Nitzer dürfte sich, auf der V-Skizze schwer auszumachen, auf der westlichen Seite von Abschnitt III in Richtung Abschnitt I bzw. II befunden haben - etwa in Gangmitte, so wie er mir’s dargestellt hat.

Richter Mai[er]:

Dann, Herr Lutz, haben Sie noch Ermittlungen angestellt über die Höhe des Sachschadens - ziffernmäßig - über die Höhe des Sachschadens insgesamt in der Polizeidirektion?

Zeuge Lutz:

Der Sachschaden ist im einzelnen aufgeführt und betrug insgesamt 26.500,40 DM.

Richter Mai[er]:

Das ist Ihnen gemeldet worden ...

Zeuge Lutz:

... von den Schadensbetroffenen. Ich habe die Unterlagen eingesehen - die Rechnungen -, wie sie beim Brandversicherungsamt Augsburg abgegeben wurden, und ich verweise insoweit auf meine Aktenvormerkung.

Richter Mai[er]:

Das ist also ein Schaden, der bei Ihnen angemeldet wurde. Sie selber haben das nicht überprüft.

Haben Sie auch noch zusammenfassend Erhebungen angestellt über die Zahl der Verletzten, die es insgesamt gegeben hat?

Zeuge Lutz:

Ja, ich hab mich da an die Darstellung der Pol. Direktion gehalten. Ihr ist eine Zusammenfassung der ... über die 7 leichtverletzten Personen den Akten beigegeben. Es handelt sich im einzelnen um die Herren

Bischof, Blessing, Müller - die Angestellte Müller - sowie die Herren Bauer, Vogler und Kreisel und den Herrn Nitzer.

Richter Mai[er]:

Danke schön. Keine weiteren Fragen.

Vors.:

Nur noch zur Ergänzung:

Sie erwähnten für das Zimmer 338 den Herrn Roßkopf und die Angestellte Hansmann.

Könnte es sein, daß auch ein Polizeioberinspektor Vogel dort gewesen ist?

[7654] Zeuge Lutz:

Richtig. Herr Vogel ist üblicherweise in diesem Zimmer, befand sich aber zur Detonation nach seinen Angaben in Begleitung des Herrn Blessing auf dem Weg in Richtung Hauptgang, dürfte etwa zehn m westlich des Detonationsortes im Bereich mit Herrn Blessing nach Westen gegangen sein, als die Explosion im Rücken, im toten Winkel, erfolgte.

Vors.:

Und Sie erwähnten Herrn Heuschneider mit den zwei Anwärtern, wenn man’s so bezeichnen kann.

Könnten Sie nochmals näher beschreiben, an welcher Stelle die sich aufgehalten haben?

Zeuge Lutz:

Herr Heuschneider ist zweiter Mann in der besagten Stelle.

Vors.:

... normalerweise sich aufhalten hätten müssen?

Zeuge Lutz:

Normalerweise saßen diese drei Personen an dem Schreibtisch innerhalb der Beratungsstelle, wie auf dem Lichtbild dargestellt ist. Herr Heuschneider saß auf dem nördlichen Stuhl, während ihm gegenüber die Anwärter des gehobenen Polizeidienstes, Herr Messmer und Herr Rauh, saßen. Herr Heuschneider wurde zum damaligen Zeitpunkt weggerufen, bzw. er gibt an, er hätte sich kurz ein Getränk holen wollen und hatte es den beiden Anwärtern überlassen, sich selbst in der Beratungsstelle umzusehen. Herr Messmer entdeckte dann Darstellungen - nach seinen Angaben - von Falschgeld in einem Nebenraum, der durch einen freien Durchgang nach Süden zu erreichbar ist, und als die beiden - Herr Rauh und Herr Messmer - dort auch tätig waren und Herr Heuschneider sich zufällig nicht im Raum befand, explodierte die Bombe auf dem Vorplatz des 4. Stockwerkes Tatort I.

Vors.:

Herr Lutz, haben Sie Ihre heutige Vernehmung in irgendeiner Weise vorbereitet?

Zeuge Lutz:

Ja, ich habe insoweit meine eigenen Unterlagen eingesehen und ...

Vors.:

Was ist darunter zu verstehen unter den eigenen Unterlagen?

Zeuge Lutz:

Handskizzen und hier bei uns aufliegende Akten in dieser Form.

Vors.:

Das sind also Aktenteile, die damals entstanden sind aufgrund Ihrer eigenen Angaben und Bekundungen und Niederschriften?

Zeuge Lutz:

Ja.

Vors.:

Danke schön.

[7655] Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Bitte, Herr B. Anwalt Holland.

OStA Ho[lland]:

Herr Zeuge, zunächst eine allgemeine Frage:

Herr Zeuge, können Sie uns sagen, wo im Stadtgebiet von Augsburg sich der Gebäudekomplex der Polizeidirektion befindet? Liegt der Gebäudekomplex der Polizeidirektion also beispielsweise im Zentrum oder in einem Außenbezirk der Stadt?

Zeuge Lutz:

Der Gebäudekomplex der Polizeidirektion liegt im Zentrum, muß man sagen, wobei also Zentrum nicht mit Altstadt zu verstehen ist. Man erreicht das Pol. Präsidium bzw. die Pol. Direktion vom Hauptbahnhof aus in ostwärtiger Richtung über einen freien Platz, den sog. Prinzregentenplatz, und es führen nun Verkehrsstraßen - die Prinzregentenstraße in der Nordseite, an der Westseite die Burgmaierstraße als gesperrte Durchgangsstraße und in der Südseite die Hohlbeinstraße an dem Gebäudekomplex entlang.

OStA Ho[lland]:

Eine weitere Frage, Herr Zeuge, und zwar möchte ich dabei nochmals zurückgehen zum Detonationsort I bzw. zu den Räumlichkeiten der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle. Mich interessiert, wie weit diese Räumlichkeiten der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle von diesem Detonationsort I in etwa entfernt sind?

Zeuge Lutz:

Die sind nach den räumlichen Verhältnissen ca. 5 m von der Detonationsstelle entfernt.

OStA Ho[lland]:

Vielen Dank. Keine Fragen mehr.

Vors.:

Herr B. Anwalt Zeis.

OStA Ze[is].:

Eine Frage, Herr Lutz:

Haben Sie Feststellungen getroffen, wo sich der Herr Vogler befand oder ein Herr Vogler befand zum Zeitpunkt der Detonation?

Zeuge Lutz:

Herr Vogler stand vor dem Zimmer Nr. 338 und unterhielt sich dort mit dem aus dem Untergeschoß ankommenden Herrn Bauer, der über die erste Explosion den interessierten Leuten berichtete. Diese Leute standen zusammen vor dem Eingang des Zimmers 338, etwa in Gangmitte zum Detonationsort, zwischen 5 und 6,50 m entfernt.

OStA Ze[is]:

Danke. Keine weiteren Fragen mehr.

[7656] Vors.:

Der Herr RA Schnabel hat sich als nächster gemeldet.

Bitte schön.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, aufgrund welcher einzelnen Merkmale konnten Sie denn feststellen, daß diese kleinen Splitter von dieser Augsburger Detonation stammten und nicht etwa von einem Schrotthändler?

Zeuge Lutz:

Wir haben hier diese Splitterteile im einzelnen aufgelesen, haben uns selbst an Ort und Stelle über markante Zeichen wie Typenbezeichnungen, Einprägungen usw. erkundigt, und diese Splitter lagen eindeutig im Bereich des Schrankes bzw. vor dem Schrank gegenüber Zimmer 337.

RA Schn[abel]:

Woher wissen Sie, Herr Zeuge, daß diese Splitter, die Sie damals aufgelesen haben und bezeichnet haben und an denen Sie Merkmale feststellten, dieselben Splitter sind, die Ihnen heute vorgeführt wurden?

Zeuge Lutz

Von der Zahlengröße leite ich das ab, von der Art dieser Einprägungen und von der allgemeinen Beschaffenheit, wie wir sie damals vorgefunden haben.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, ich habe vorhin beobachtet, daß Sie Splitter identifizierten, ohne sie auch nur aus dem Beutel herauszunehmen.

Wie konnten Sie dann durch den Beutel durch Merkmale feststellen?

Zeuge Lutz:

Kann man ohne weiteres. Wenn Sie den Beutel zur Hand nehmen - der ist grade, was diese punzierten Zeichen betrifft, sehr durchsichtig.

RA Schn[abel]:

Dürfte ich Sie bitten, mal den Beutel 1 zu nehmen und mir die Punzierungen zu zeigen.

Zeuge Lutz:

1 war das nicht; es waren diese kleinen Teile.

RA Schn[abel]:

Ich habe „1“ jetzt gesagt, Herr Zeuge.

Dem Zeugen wird nochmals das Asservat B 48 Pos. 1 vorgelegt.

Zeuge Lutz:

Bei 1 haben wir hier diesen großen Splitter, der also augenfällig war und im 3. Stock unterhalb des Detonationsortes I lag. Also man kann den durch den Beutel - ich hab angespannt, so - einigermaßen erkennen.

[7657] Dem Zeugen wird nochmals das Asservat B 48 Pos. 2 vorgelegt.[dddd]

Sehen Sie, hier, so hab ich’s vorhin angespannt; Sie können hier die Nr. 4 und 6 bzw. ...

Richter Mai[er]:

Entschuldigung - welche Position ist das?

Zeuge Lutz:

Position Nr. 2, 3. Stock.

RA Schn[abel]:

Und was erkennen Sie da?

Zeuge Lutz:

Die Zahlen: die Zahl 4 und 6.

RA Schn[abel]:

Und die wußten Sie noch? Die hatten Sie noch in Erinnerung, die Zahlen 4 und 6?

Zeuge Lutz:

Nein, ich hab diese Zahlen und diese Kombinationen hier z. B. mit Buchstaben eindeutig in Erinnerung als diese Art von ...

RA Schn[abel]:

Ja, welche Buchstaben?

Zeuge Lutz:

Die eingeprägt waren nach der Größe.

RA Schn[abel]:

Ja, welche Buchstaben?

Zeuge Lutz:

Wir haben hier ein „S“ usw. ...

RA Schn[abel]:

Ja wo? Was „S“? Ich sehe nichts. Bitte zeigen Sie mir doch mal die Buchstaben, Herr Zeuge.

Ich erkenne Zahlen; Buchstaben hab ich keine gesehen.

Zeuge Lutz:

Zahlen und hier sehen Sie z. B. die Fragmente von Buchstaben.

RA Sch[nabel].:

Ja bitte, welcher Fragment ist denn das?

Zeuge Lutz:

P = Paula.

RA Schn[abel]:

Paula? Dann nehmen wir den doch mal raus, Herr Zeuge.

Zeuge Lutz:

... auf dem Kopf stehend.

Vors.:

Also ich bitte, Herr Rechtsanwalt, nicht daß es wieder zu einer Mahnung kommen muß, einen Zeugen so zu befragen, daß er nicht das Gefühl haben muß, er habe nun ...

RA Schn[abel]:

Ja nein, wenn [eeee] der Herr Zeuge mir sagt, er habe die Buchstaben ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich bitte Sie, Ihr Fragerecht in der üblichen Form auszuüben.

RA Schn[abel]:

Ja, bitte.

Also, jetzt wollen wir die „Paula“ mal angucken.

Ich bin ja nicht blind.

[7658] Zeuge Lutz

Ja, ich hab den einen Querstrich jetzt nicht gesehen, ich hab das als „P“ angesehen. Das ist ein „R“ tatsächlich.

RA Schn[abel]:

Aha - die „Paula“ ist ein „R“.

Zeuge Lutz:

Ja, ich weiß jetzt nicht, ob ich da jetzt ... ja, da ist die „Paula“. Das hab ich da vorhin auch noch gesehen.

RA Schn[abel]:

Das hatten Sie auch noch in Erinnerung, daß das damals ein „P“ war?

Zeuge Lutz:

Wir haben diese Splitter lagemäßig aufgesammelt, haben sie mit entsprechenden Markierungszeichen versehen, in Plastikbeutel verpackt und dem weiteren zuständigen LKA übergeben. Ich erinnere mich an diese Art der Beschriftung, über die Größe und Form der Buchstaben und Zahlen.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, woher wissen Sie, daß die einzelnen Splitter aus dem 3. oder 4. Stock sind?

Zeuge Lutz:

Wir haben sie getrennt eingesammelt - eigenhändig.

RA Schn[abel]:

Das ist ja keine Antwort auf meine Frage.

Woher wußten Sie, daß diese Splitter, die Ihnen heute vorgeführt wurden, aus dem 3. oder aus dem 4. Stock waren?

Zeuge Lutz:

Ja, die heute vorgeführten Splitter haben Sie in Ihrer Frage nicht erwähnt. Wenn Sie heute sagen, heute kann man anhand dieser Größe der Splitter ... der eine ist mir eindeutig bekannt; die weiteren sind markiert.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, war es nicht so, daß Sie den 3. und 4. Stock dadurch identifizierten, daß nämlich auf den Beuteln 3. und 4. Stock aufgezeichnet ist?

Zeuge Lutz:

Zum Teil.

RA Schn[abel]:

War es nicht so, Herr Zeuge, daß Sie die dem 3. und 4. Stock zuordnen konnten, bei denen auf dem Beutel 3. und 4. Stock steht und nicht zuordnen konnten Sie die, bei denen auf dem Beutel nichts steht; und das war Ihr „zum Teil“.

Stimmt das oder stimmt das nicht?

Zeuge Lutz:

Nicht in dieser Form.

RA Schn[abel]:

Wie dann bitte?

Zeuge Lutz:

Einzelne Splitter habe ich wiedererkannt, wie diese kleinen Splitter, also aus dem 3. Stock stammend[ffff]. Die größeren Splitter - da auf Pos. 1 hinweisend - ist mir eindeutig klar, daß dieser Splitter durchgeschlagen hatte und weitere Splitter sind auch der Form nach von mir im 3. oder im 4. Stock wahrgenommen worden.

[7659] RA Schn[abel]:

Und gewisse Splitter erkannten Sie nicht?

Zeuge Lutz:

Nicht.

RA Schn[abel]:

Und warum nicht? Weil es nicht aufgezeichnet war, Herr Zeuge.

Zeuge Lutz:

Bei der Vielzahl der Splitter ist es unmöglich, nach so langer Zeit die offensichtlich zu erkennen.

RA Schn[abel]:

Ja, das würde ich Ihnen sofort zustimmen. Deswegen wundert mich’s, wieso Sie diesen zweiten Beutel von oben rechts dann, der eine Unzahl von kleinen Splittern enthielt, aber identifizieren konnten, daß der aus dem 3. Stock stammt und diese ganze Splittermasse auch dort herstammt.

Zeuge Lutz:

Ich versteh jetzt nicht, welchen Beutel Sie eigentlich meinten?

RA Schn[abel]:

Den wir eben ausgepackt hatten.

Dem Zeugen wird nochmals das Asservat B 48 Pos. 2 vorgelegt.

Zeuge Lutz:

Den kleinen da? -

Weil eben diese Splitter diese markanten Einprägungen enthielten.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, Sie haben, als Sie vom Gericht befragt wurden, relativ spontan gesagt, daß diese Splitter aus dem 3. Stock stammten. Sie haben dann, als ich es Ihnen nochmals vorgelegt habe, gesagt, Sie erkennen es daran, daß dort ein „P“ ist. Dann haben wir es rausgenommen und haben dann zuerst mal ein „R“ festgestellt, nach längerem Suchen auch dieses „P“.

Haben Sie denn bei Ihrer Identifizierung zu Beginn dieses „P“ und dieses „R“ und diese Zahlen alle auch schon gesehen gehabt?

Zeuge Lutz:

Ich habe differenziert Zahlen gesehen, die in ihrer Form ... und Buchstaben, die in der Form und Größe denjenigen entsprachen, wie sie damals unmittelbar vor dem Schrank von uns gesichert wurden und wir heilfroh waren, daß wir irgendwelche Merkmale entdecken konnten damals ...

RA Schn[abel]:

Und diese Zahlen haben Sie gesehen durch den Beutel durch? Mehrere, ohne daß Sie ihn angesehen haben?

[7660] Vors.:

Also das hat der Herr Zeuge nun schon mehrfach beantwortet, Herr Rechtsanwalt. Er hat gesagt, es sei ein Klarsichtbeutel, d. h., man könne klar durchsehen. Wir haben’s gesehen.

RA Schn[abel]:

Nein, es ist kein Klarsichtbeutel, durch den man klar durchsehen kann. Da kann man sich überzeugen davon.

Vors.:

Der Herr Zeuge hat schon vorhin auf Ihre Frage die Antwort gegeben, daß er imstande gewesen sei, ohne Schwierigkeiten durch den Beutel hindurch diese Zahlen bzw. Ziffern zu erkennen.

RA Schn[abel]:

Hohes Gericht, dann möchte ich Sie bitten, selbst den Beutel vielleicht einmal in die Hand zu nehmen, um zu sehen, ob das ein Klarsichtbeutel ist.

Vors.:

Gut, das ist etwas anderes. Es ging ja nur darum, nicht ständig dieselbe Antwort von dem Herrn Zeugen zu erwarten.

Das Gericht nimmt den Plastikbeutel des Asservats B 48 Position 2 nochmals in Augenschein.

Der Vorsitzende stellt fest, daß es sich dem Augenschein nach um einen Klarsichtbeutel handelt.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Sonstige Fragen?

RA Schn[abel]:

Danke. Ich behalte mir vor, eine Erklärung am Ende abzugeben.

Vors.:

Herr RA Linke war der nächste, der sich gemeldet hat, dann Herr RA Schily.

RA Li[nke]:

Herr Zeuge, gab es im Gebäude der Pol. Direktion Augsburg irgendwelche Demonstrationsobjekte, die z. B. Ausstellungsstücke im Rahmen der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung sein konnten?

Zeuge Lutz:

Ja, diese Ausstellungsstücke standen im Bereich des 4. Stockwerkes.

RA Li[nke]:

Was waren das für Ausstellungsstücke?

Zeuge Lutz:

Es handelte sich im einzelnen um eine systematische Darstellung einer Alarmanlage. Diese Anlage war also schaumäßig auf dem ostwärtigen Absatz montiert.

[7661] Wir haben dann weiter an der Nordseite des Vorplatzes eine Rolladensicherung, einen Panzerschrank und eine weitere elektrische Alarmanlage demonstrativ aufgestellt gehabt. Im weiteren ist die Funktion einer Radarstrecke angedeutet entlang der westwärtigen Reihe von Zugängen und ein Schaukasten, der selbstgebastelt von der Kriminalpolizei an der westlichen Mauer aufgestellt war, dieser Glaskasten.

RA Li[nke]:

Sind diese Demonstrationsobjekte, z. B. die Alarmanlagen, unbeschädigt geblieben oder sind die beschädigt worden bei der Detonation?

Zeuge Lutz:

Die sind zerstört worden, was diese SEL-Anlage betraf. Die weitere Anlage im Bereich der Nordseite hatte nur einen kleinen Splitterschaden davongetragen. Schäden sind darüber nicht gemeldet worden, also Sachschäden.

RA Li[nke]:

Ist es dann nicht möglich, daß von den beschädigten Schaustücken, z. B. die Batterieteile oder die Teile eines Zeitweckers stammen, die Sie vorhin identifiziert haben?

Zeuge Lutz:

Diese Batterie ... diese zerstörte Alarmanlage war mit einer Naßbatterie ausgerüstet gewesen, die also beschädigt in diesem Bereich lag, in keiner Weise mit derartigen Pertrixbatterien, wie wir die Reste da vorgefunden haben.

RA Li[nke]:

Herr Zeuge, darf ich Ihnen dann Vorhalten, was ein Herr Adam im

Ordner 99 auf den Seiten 186 und 187

geschrieben hat - ich zitiere wörtlich:

„Im Detonationsbereich im 4. Stockwerk befanden sich mehrere Ausstellungsstücke von Alarmanlagen, so daß nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich unter den gesicherten Gegenständen auch solche befinden, die von einer der zerstörten Alarmanlage herrühren.“

Zeuge Lutz:

Es handelte sich, wenn ich die Frage beantworten darf oder vorne wegnehmen darf, es könnte sein, daß bei diesen Splittern irgendwelche Fremdspuren vorhanden waren, die möglicherweise von uns nicht als solche erkannt wurden. Wir haben alle Teile, die relevant erschienen, eingesammelt.

[7662] RA Li[nke]:

Ja, dann wäre es also denkbar, daß bei den Teilen, die Sie heute als, so will ich mal sagen, Fremdkörper identifiziert worden sind, doch Teile dabei waren, die von den Alarmanlagen stammen?

Zeuge Lutz:

Mit Ausnahme dieser Plastikreste, die ich heute nicht mehr ihrer Herkunft nach identifizieren kann, waren keine Alarmanlagenteile vorhanden. Was Metall betrifft: Diese waren alle in einem markanten Rot gehalten, und das Restliche war Holzpreßspan. Es handelt sich weiter um eine stuhlartige Unterkonstruktion, die wir nicht gesichert haben.

RA Li[nke]:

Ja, aber wie erklären Sie sich dann diesen Vermerk des Polizeibeamten - ich weiß nicht, was KA heißt, ob das Kriminalamtmann heißt oder was immer - wie erklären Sie sich dann diese Textstelle aus der Akte?

Zeuge Lutz:

Insoweit wurde von der Dienststelle, also KA 1, drauf hingewiesen, daß diese Spuren noch nicht aussortiert sind in Richtung auf Herkunft vom Sprengkörper oder von sonstigen durch Splittereinwirkung beschädigten Teilen.

RA Li[nke]:

Und Sie würden sagen, daß die Demonstrationsobjekte, die jetzt hier liegen, also die Asservate, die jetzt hier liegen, daß die aussortiert sind?

Zeuge Lutz:

Die sind aussortiert mit der Maßgabe, daß z. B. Bodenproben usw. heute hier nicht mehr aufliegen. Wo die Plastikteile herstammen, weiß ich nicht, sind also mehr ausgewertet.

RA Li[nke]:

Danke.

Vors.:

Herr RA Schily, bitte.

RA Schi[ly]:

Herr Zeuge, wie kommen Sie zu der Feststellung oder bzw. zu der Vorhersage, daß andere Zeugen in einer bestimmten Weise hier Bekundungen machen können?

Zeuge Lutz:

Ihre Frage bitte. Welche Zeugen meinen Sie?

RA Schi[ly]:

Ja, Sie erinnern sich, daß Sie hier auf Befragen durch den Herrn Beisitzer da die Äußerung gemacht haben, daß andere Zeugen sich ...

Zeuge Lutz:

Über den eigentlichen Standort. Ich hab die weiteren Zeugen gehört bzw. veranlaßt zu Stellungnahmen, und diese Stellungnahmen sind abgegeben worden. Die wurden durch mich an das LKA weitergeleitet, und aus diesem Inhalt weiß ich das.

[7663] RA Schi[ly]:

Aber aus der Tatsache, daß Sie mit den Ermittlungen befaßt waren und die Aussagen weitergeleitet haben, ja?

Zeuge Lutz:

Ja und aus meiner Sachkenntnis in diesem Verfahren.

RA Schi[ly]:

Oder haben Sie noch mit anderen Zeugen vor Ihrer heutigen Befragung gesprochen?

Zeuge Lutz:

Mit anderen Zeugen habe ich nicht gesprochen, die heute in diesem Bereich vorhanden wären.

RA Schi[ly]:

Nicht gesprochen?

Zeuge Lutz:

Wen meinen Sie mit: anderen Zeugen?

RA Schi[ly]:

Na, ich meine nur, weil die Zeugen, die Sie jetzt gemeint haben, die da Bekundungen noch machen können, haben Sie mit denen vorher nochmals gesprochen?

Zeuge Lutz:

Das sind Polizeikollegen - man unterhält sich über die Ladung allgemein -, und die Leute werden hier ihre Stellungnahmen bei Gericht abgeben. Ich hab also im Verfahren weiter nicht gesprochen; ich hab gesprochen mit den Leuten: Wann hast du deine Ladung; oder: Wir fahren dann nach Stuttgart - mehr wurde da nicht gesprochen.

RA Schi[ly]:

Nur über die Modalitäten der Hinfahrt, ja? Über den Inhalt dessen, was Sie ... was Gegenstand Ihrer Befragung sein könnte, darüber haben Sie nicht gesprochen?

Zeuge Lutz:

Darüber habe ich nichts gesprochen.

RA Schi[ly]:

Kein Sterbenswort?

Zeuge Lutz:

Nein.

RA Schi[ly]:

Sagen Sie:

Auf die Frage von Herrn B. Anwalt Zeis über den Standort von Herrn Vogler. Ist das eine eigene Wahrnehmung?

Zeuge Lutz:

Zu diesem Zeitpunkt war es keine eigene Wahrnehmung. Aber aufgrund meiner späteren Befragung und aufgrund dieser Stellungnahme des Herrn Vogler ist es aktenkundig, daß er in diesem Bereich war.

RA Schi[ly]:

Also das ist nicht Ihre eigene Wahrnehmung, sondern eine Wahrnehmung vom Hörensagen.

Zeuge Lutz:

Ich war, als die Detonation erfolgte, im Bereich des Zimmers 325, habe mich dann aber umgehend, nachdem[gggg] also dieser Knall erfolgte, in Richtung meiner damaligen Dienststelle [hhhh] begeben.

[7664] RA Schi[ly]:

Das hätten Sie eigentlich tunlichst gleich kenntlich machen sollen, Herr Zeuge, wenn ich mir den Hinweis erlauben darf.

Aber ich hab keine Fragen mehr.

Vors.:

Wenn sonst keine Fragen mehr an den Herrn Zeugen - ich sehe, nicht - können wir ihn vereidigen. Keine Bedenken.

Der Zeuge Lutz wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 12.47 Uhr vorläufig entlassen.

Wir setzen dann fort - ich muß leider schon bitten - um 14.15 Uhr. Soll jetzt eine Erklärung abgegeben werden noch, Herr RA Schnabel, zu dem Herrn Zeugen nach § 257 StPO?[30]

RA Schn[abel]:

Die kann ich ja dann wohl auch um 14.15 Uhr abgeben.

Vors.:

Das ist nicht so selbstverständlich, wie sie’s grade sagen. Es könnte ja sein, daß das Gericht beabsichtigt, den Zeugen ganz fertig zu machen und dann erst mit den Zeugen zu beginnen. Aber wenn Sie es wünschen, erst um 14.15 Uhr ...

RA Schn[abel]:

Doch. Das ist wohl wahrscheinlich nicht, denn der Zeuge wurde ja gar nicht entlassen insofern.

Vors.:

Das hat damit nichts zu tun. Der Zeuge ist entlassen; er ist nur für den Fall von Rückfragen da. Jedenfalls: Die Frage, wenn ich sie an Sie richte, ist nicht ...

RA Schn[abel]:

Mit Rücksicht auf die Kollegen gebe ich die Erklärung jetzt nicht ab.

Vors.:

Aber ich würde jetzt doch die Erklärung, Herr Rechtsanwalt, wenn Sie sie geben können, erbitten. Die Rücksicht auf die Kollegen ist nicht der Maßstab. Wenn Sie sie jetzt nicht abgeben können, dann bitte, dann werde ich Ihnen die Gelegenheit ...

RA Schn[abel]:

Herr Vorsitzender, für mich ist die Rücksicht auf die Kollegen der Maßstab. Ich gebe jetzt keine Erklärung.

Vors.:

Ja - Herr Rechtsanwalt, wir machen dann um 14.15 Uhr mit der Vernehmung der Zeugen weiter.

Pause von 12.48 Uhr bis 14.18 Uhr.

[7665] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.18 Uhr.

[iiii] Die RAe Oberwinder und Linke sind nicht mehr[jjjj] anwesend;

die Angeklagten sind weiterhin[kkkk] nicht anwesend.

Der Zeuge Hemm ist anwesend.

Vors.:

Können wir mit der Sitzung fortfahren, mit der Vernehmung des Herrn Zeugen?

Kein Widerspruch. Danke schön.

Der Zeuge Hemm macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Hemm:

Dietmar H e m m, 33 Jahre, verh.
Polizeioberkommissar b.d. Bereitschaftspolizei in Dachau;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Hemm, ist es richtig, wenn wir davon ausgehen, daß Sie nach der Explosion oder den Explosionen in der Polizeidirektion in Augsburg mit dem Tatortbefund befaßt waren?

RA Linke erscheint um 14.19 Uhr wieder[llll] im Sitzungssaal.

Zeuge Hemm:

Ja, ich war damals noch Ermittlungsbeamter bei der Polizeidirektion Augsburg bei der Kriminalpolizei.

Vors.:

Haben Sie damals auch die Spurensicherung mitvorgenommen?

Zeuge Hemm:

Jawohl, ich habe sie mitvorgenommen.

Vors.:

Bitte, wenn Sie uns hier schildern würden, was Sie an... wie Sie vorgegangen sind, wie das gehandhabt wurde und ob Sie noch einzelne markante Spuren, die Sie damals sicherstellen konnten, im Gedächtnis haben.

Zeuge Hemm:

Zunächst muß ich anführen, daß ich zur Zeit der Tat nicht im Haus war. Als ich von einer Dienstfahrt zurückkehrte, war die Tat bereits geschehen. Ich meldete mich bei meiner Dienststelle und wurde dort dann mit der Sachbearbeitung mitbeauftragt. Wir begannen mit der Spurensicherung am Nachmittag, [7666] und zwar in der 3. Etage.

Vors.:

Entschuldigung. Was ist bitte, Herr Bundesanwalt?

BA Dr. Wu[nder]:

Der Zeuge ist fast nicht zu verstehen. Dürfte ich ihn bitten, nahe ans Mikrophon ranzugehen.

Vors.:

Ziehen Sie sich den Stuhl ran - der ist beweglich -, damit Sie ganz gemütlich vor dem Mikrophon sitzen. Danke schön.

Zeuge Hemm:

Wir teilten den Raum im Flur im 3. Stock in verschiedene Abschnitte ein. Die Abschnitte waren größer, wo weniger Spuren lagen und wo kleinere Teile oder wo eine ziemliche Massierung von Teilen sichtbar war, waren die Abschnitte dementsprechend kleiner.

Wir haben die in den Abschnitten gesicherten Teile einzeln verpackt und gekennzeichnet. Dasselbe geschah dann am Samstagmorgen im Bereich, im 4. Stock, im Haus der Polizeidirektion. Wir haben dort im 4. Stock, den zweiten Tatort in der Pol.-Direktion gleichfalls wieder den Raum in bestimmte Abschnitte eingeteilt und dort dann auch die in den Abschnitten vorgefundenen Teile gesichert und gekennzeichnet.

Vors.:

In welcher Form ist diese Kennzeichnung erfolgt?

Zeuge Hemm:

Durch Kärtchen, durch Pappkärtchen, die wir in die jeweiligen Tüten mithineinsteckten.

Vors.:

Sind von diesen Kärtchen Duplikate erstellt worden, so daß Sie noch einen Beleg hatten?

Zeuge Hemm:

Ja, es wurde alles zweifach erstellt.

Dem Zeugen werden die Duplikate der Kärtchen - die im Originalordner 99 [mmmm] vor Bl. 28 abgeheftet sind - vorgelegt.

Ablichtungen dieser Kärtchen sind in Ordner 99 Bl 28 - 33 vorhanden.

Die Kärtchen werden in Augenschein genommen.

Ja, das sind die Duplikate der Kärtchen, gekennzeichnet mit meinem Namenszeichen: „He“.

Vors.:

Danke schön.

Diese Kärtchen befinden sich im Original... - also diese Durchschriften - im Originalordner vor Bl. 28.

Bitte, schildern Sie weiter.

[7667] Zeuge Hemm:

Die gesamten Gegenstände - getrennt verpackt - bezüglich, der beiden Tatorte im 3. Stock und dann im 4. Stock wurden am Morgen von mir dem Herrn Dr. Müller vom BKA zur weiteren Auswertung übergeben.

Vors.:

Haben Sie aus dem Gedächtnis noch einzelne markante Stücke, die gefunden wurden, möglicherweise sogar wo, an welcher Stelle ...?

Zeuge Hemm:

Einen markanteren größeren Metallsplitter fanden wir im 3. Stock, unmittelbar unterhalb des Loches, das nach der Explosion vom 4. zum 3. Stock runter entstanden war.

Vors.:

Das wäre also der Tatort I in der Prinzregentenstraße?

Zeuge Hemm:

In der Prinzregentenstraße, am Prinzregentenplatz 1 der Tatort I, jawohl.

Der Splitter gehörte aber augenscheinlich zum Tatort im 4. Stock, war aber durch das Loch in der Decke in den ... im Schmutz im 3. Stock gefunden worden.

Vors.:

Sonstige markante Teile?

Zeuge Hemm:

Weitere markante Teile war die zerfetzte Tasche, die[nnnn] im 4. Stock in der Süd-West-Ecke, in der Ecke unmittelbar bei der Türe zur Aktenstelle lag, und vor dieser Tasche lag ein größerer Filzteil, also so ’ne Art Filzdecke.

Vors.:

Sonst noch etwas, was als markant ...

Zeuge Hemm:

Im vorerwähnten Tatort, im 3. Stock, fanden wir noch eine Art Lederfetzen im Bereich dieses großen Metallsplitters auch im Schmutz. Also im 3. Stock, vermutlich herrührend vom 4. Stock.

Vors.:

Sie waren also offenbar speziell darauf eingestellt, Splitter zu sichern und Zerstörungen, die nicht zum Bestand des Gebäudes ursprünglich gehört haben.

Ist das richtig?

Zeuge Hemm:

Jawohl.

Vors.:

Sind von Ihnen irgendwelche Splitter gefunden worden, die Sie ihrer Art nach bestimmten Gegenständen zuordnen konnten?

Also Sie sprachen jetzt z. B. von einer Tasche; gut, das war ne Tasche von einem Filztuch oder vom Rest eines Filztuches. Sonstige ...

Zeuge Hemm:

Ja, im 3. Stock, also im Tatort, in dem zum Anwesen Hohlbeinstr. 12 gehörenden Teil, fanden wir auch Teile, die [7668] einer Batterie zuzuordnen waren, von denen man annehmen konnte, daß es sich früher um eine Batterie gehandelt hat. Im Hauptaufgang fand ich im 1. Stock, im Treppenabsatz, einen Messingteil oder ein größeres zusammengeknetetes Messingteil, das sich dann hinterher rausstellte, daß es sich um ein Schloßteil mit einem eingravierten Hahn handelte. Das wären die markanten Teile, an die ich mich noch erinnern kann.

Vors.:

Hatten Sie etwas damit zu tun, daß offenbar oder möglicherweise auch ein nichtexplodierter Sprengkörper gefunden worden ist?

Zeuge Hemm:

Ja, im 4. Stock fanden wir einen nichtexplodierten Sprengkörper vor, nahe des in der Wand befindlichen Loches.

Vors.:

Und der Zustand dieses Sprengkörpers?

Zeuge Hemm:

Der Sprengkörper war unversehrt, leicht verbeult und wurde ja dann zum Zwecke der Entschärfung beschossen und hatte hinterher Einschuß- bzw. Ausschußlöcher.

Vors.:

Wir werden Ihnen nachher noch einige Asservate vorlegen, ob Sie imstande sind, die wieder zu erkennen.

Haben Sie sich im Zusammenhang mit [oooo] den eingetretenen Personenschäden oder mit der möglichen Gefährdung von Personen auch in Ermittlungen eingeschaltet, und wenn ja, welche Feststellungen dabei getroffen?

Zeuge Hemm:

Ich kann mich nur noch erinnern, daß am selben Nachmittag der Kollege Nitzer über Schmerzen am Ohr und am Auge klagte und daß er dann zum Arzt gegangen ist.

Vors.:

... etwa in der Form, daß Sie festgestellt hätten, wie die Belegung der Zimmer gewesen ist in der Umgebung der Sprengstellen oder so. Waren Sie nicht beteiligt?

Zeuge Hemm:

Ich war eben zu dieser Tatzeit außerhalb unterwegs.

Aber unter Tags waren die Räume voll belegt, und es war ja kurz vor Dienstschluß, also daß sich die Kollegen in der Regel kurz vor Dienstschluß in den Räumen ja aufgehalten haben.

Vors.:

Aber Einzelheiten über die personelle Besetzung wissen Sie nicht?

Zeuge Hemm:

Nein. Wie ich kam, ist bereits alles raus, hatte alles bereits das Gebäude verlassen.

[7669] Dem Zeugen wird das Asservat B 48 Pos. 25
(Sprengkörper)
mit der Bitte vorgelegt, ob er etwas dazu erklären kann.

Das ist der im 4. Stock vorgefundene nichtdetonierte Sprengkörper - ich erkenne ihn an der Einschußstelle - der wurde von Herrn Dr. Suchenwirt vom LKA zwecks Entschärfung in meiner Anwesenheit beschossen.

Richter Mai[er]:

Danke schön.

Vors.:

Bitte schön, Herr Dr. Foth.

Richter Dr. Foth:

Sie erwähnten vorhin, daß also die Beschädigungen zum Teil von dieser Entschärfung herrührten, daß aber auch schon am Tatort Verbeulungen dagewesen sind.

Könnten Sie das näher erläutern?

Zeuge Hemm:

Ja. Hiermit meine ich diese Einbeulung ...

Richter Dr. Foth:

Am Tatort?

Zeuge Hemm:

... am Tatort. An die kann ich mich noch erinnern.

Richter Dr. Foth:

Und oben am Gewinde, da ist doch die Beschädigung, würden Sie die auf die Entschärfung zurückführen?

Wissen Sie, das Loch da oben am Gewinde.

Zeuge Hemm:

Ja, ich seh hier, also ich kann mich noch erinnern, daß die Kappe aufgeschraubt war, und es wurde dann zweimal draufgeschossen. Und ich kann mich nur an den unteren Einschuß erinnern.

Richter Dr. Foth:

Danke schön.

Vors.:

Herr Berichterstatter, bitte.

Richter Mai[er]:

Dann die Position 15 bitte.

Dem Zeugen wird das Asservat B 48 Pos. 15
(Bügelgriffteile - 4. Stock -)
mit der Bitte vorgelegt, ob er etwas dazu erklären kann.

Zeuge Hemm:

Ich kann mich nicht mehr erinnern, wo die Gegenstände aufgefunden worden sind, an welchem Tatort, also am Tatort I oder II.

Richter Mai[er]:

Ja, Sie wissen nicht, wo. Aber können Sie sich erinnern, daß überhaupt derartige Splitter gefunden wurden?

Zeuge Hemm:

Ich kann mich erinnern, daß derartige Splitter aufgefunden wurden; aber die genaue Form kann ich nicht mehr bezeichnen.

Richter Mai[er]:

Danke.

[7670] Dem Zeugen wird das Asservat B 48 Pos. 4
(Splitter)
mit der Bitte vorgelegt, ob er etwas dazu erklären kann.

Zeuge Hemm:

Ich kann mich erinnern, daß Splitter mit Anhaftung eines grünen Bandes aufgefunden worden sind, aber nicht mehr, ob nun im Tatort im 3. oder im 4. Stock.

Richter Mai[er]:

Danke schön.

Dem Zeugen wird das Asservat B 48 Pos. 2
(Stahlteile)
mit der Bitte vorgelegt, ob er etwas dazu erklären kann.

Zeuge Hemm:

Ich kann mich an solche Splitter erinnern, aber nicht mehr genau an diese.

Richter Mai[er]:

Ist irgend etwas Besonderes an diesen Splittern, was Ihnen auffällt?

Zeuge Hemm:

Ja, der Splitter ist hier bearbeitet, also geschliffen und angebohrt, aber ...

Richter Mai[er]:

Es sollen sich angeblich darauf Prägezeichen, Punzierungen befinden.

Können Sie sich an was Derartiges erinnern?

Zeuge Hemm:

Es wurden also Splitter gefunden, die also Prägezeichen, also eingehämmerte Buchstaben, aufwiesen. Aber da kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wo.

Richter Mai[er]:

Danke schön.

Vors.:

Sonstige Fragen? Beim Gericht seh ich, nicht.

Die Herrn der Bundesanwaltschaft?

Herr B. Anw. Dr. Wunder.

BA Dr.Wu[nder]:

Zwei kurze Fragen, Herr Zeuge:

Hatten Sie für die eigentliche Splittersicherung genügend Zeit, und wie lange hat die etwa gedauert?

Zeuge Hemm:

Die Splittersicherung hat gedauert von Freitagnachmittag bis in die Abendstunden und wurde dann am Samstagvormittag fortgesetzt und hat dann am Samstag auch wieder gedauert bis in die Nachtstunden, wobei wir in den Abendstunden am Samstag insbesondere dann mit der Verpackung der Karten und genau mit dem Absand ... die gesamten Gegenstände absandfertig machten.

[7671] Und am Sonntagvormittag waren wir wieder auf der Dienststelle, waren wir nochmals mit dem gesamten Komplex beschäftigt.

Ende von Band 423.

[7672] Vors.:

Weitere Fragen? Bitte, Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, bei den zweiten Splittern, die Ihnen vorgeführt wurden, haben Sie ausgesagt: „derartige Splitter wurden aufgefunden. An die genaue Form kann ich mich nicht mehr erinnern.“ An was können Sie sich dann erinnern? Beziehungsweise wenn Sie die Form nicht wissen, mittels welcher anderer Merkmale haben Sie dann diese Splitter, die Ihnen heute gezeigt wurden, identifiziert?

Zeuge Hemm:

Daß es eben solche Metallsplitter waren.

RA Schn[abel]:

Können Sie das etwas näher sagen. Was heißt solche. An die Form konnten Sie sich nicht erinnern. An was konnten Sie sich dann erinnern?

Zeuge Hemm:

Ich konnte mich eben auch an das Aussehen, beziehungsweise daß wir verformte Metallteile an beiden Tatorten vorgefunden haben, die in etwa das Aussehen hatten, wie die mir soeben vorgezeigten Teile.

RA Schn[abel]:

Könnte aber auch sein, daß diese Splitter, die Ihnen eben vorgeführt wurden, überhaupt von wo vollkommen anderes stammen?

Zeuge Hemm:

Ich kann mich nur bezüglich der bereits angeführten Gegenstände, die ich mit Sicherheit identifizieren konnte, festlegen.

RA Schn[abel]:

Das heißt also, bezüglich des zweiten Beutels, der Ihnen vorgeführt wurde, können Sie keine exakten Angaben machen? Und können sich auch nicht festlegen?

Zeuge Hemm:

Da kann ich mich nicht festlegen. Wir waren ja mehrere Beamte. Ich kann mich nur an diese bestimmten Teile erinnern, die ich persönlich gesichert habe. Wie vorher angeführt, im ersten Treppenabsatz und dann oben im vierten.

RA Schn[abel][pppp]:

Können Sie sich dann, also das Zweite wäre insofern dann nicht von Ihnen zu identifizieren, können Sie sich dann was das Dritte anbelangt darauf besinnen? Auf irgendwelche Buchstaben? Das ist ja auch nichts Besonderes. Oder könnten auch diese Splitter von irgendwoanders herstammen? Dort gibt es ja auch wohl Punzierungen[qqqq] und Buchstaben, bei Altmetallhändlern oder sonstwo.

Zeuge Hemm:

Ich weiß ja vom Gesamtverlauf der Ermittlungen, wir waren ja mehrere Personen, daß der eine Kollege solche Splitter gesichert hat, der andere solche. Da weiß ich ja vom Gespräch her, was er für Splitter gesichert hat. Aber [7673] ich weiß natürlich nicht, ob das genau die Splitter sind, die der Kollege zum Beispiel gesichert hat. Ich konnte mich nur immer auf die Gegenstände festlegen, die von mir gesichert worden sind.

RA Schn[abel]:

Also diese Splitter können Sie nicht sicher sagen, daß Sie sie gesichert haben?

Zeuge Hemm:

Nein, das kann ich nicht mit Sicherheit sagen.

RA Schn[abel]:

Danke.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Eine Ergänzungsfrage noch Herr Zeuge. Können Sie sich mengenmäßig etwa festlegen, daß es ungefähr so viele Splitter waren, wie hier insgesamt in diesen Plastikbeuteln aufgelegt sind? In etwa?

Zeuge Hemm:

Wenn ich mich zurückerinnere an den Sonntagvormittag vor der Übergabe, dann kam es mir sogar in etwa mehr vor. Wobei wir natürlich kleinere Beutel hatten und die Sachen also viel aufwendiger verpackt. Und also jedes einzelne Stück in einen einzelnen Beutel. Also war das mengenmäßig gesehen eine größere Menge, als wie wenn ich das jetzt hier auf der kleinen Fläche sehe.

BA Dr. Wu[nder]:

Danke.

Vors.:

Sonst sehe ich keine Fragen mehr. Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Einwendungen.

Der Zeuge Hemm wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 14.34 Uhr vorläufig entlassen.

Der Zeuge Finkbeiner erscheint um 14.35 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Finkbeiner, Werner,
50 Jahre alt, verh.,
Kriminalhauptkommissar beim Bayerischen Landeskriminalamt.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Finkbeiner, ist es richtig, daß Sie im Anschluß an die [7674] Explosion in der Polizeidirektion in Augsburg mit der Spurensichtung Ordnung der Spuren und auch mit der Beschreibung dieses Spurenmaterials zu tun hatten?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ich bekam 17 Tage nach dem Anschlag den ganzen Spurenkomplex von Augsburg übertragen und zwar zur Auswertung. Und gesichtet war dieser Spurenkomplex schon als er nur zur Auswertung und dann zur Zuordnung und dann, ich habe dann Bildtafeln erstattet, und das war meine Aufgabe.

Vors.:

Haben Sie nun zunächst, bevor diese Arbeit von Ihnen vollzogen werden konnte, diese Spuren geordnet, das Material?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Nein.

Vors.:

Oder eine Liste darüber erstellt, was Ihnen übergeben worden ist?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Eine Liste habe ich erstellt, das ist im Protokoll. Das habe ich hier.

Dem Zeugen KHK Finkbeiner wird aus Ordner 99, Blatt 26/27 vorgelegt, mit der Bitte zu erklären, ob dieses Verzeichnis von ihm stammt und ob es seine Unterschrift trägt.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, das ist meins.

Das Verzeichnis aus Ordner 99, Blatt 26/27 wird gem. § 249 StPO[31] verlesen.

Vors.:

Da Sie angegeben haben, daß Sie selber diese Liste erstellt haben, können Sie uns heute angeben, daß Sie die damals richtig und vollständig nach dem vorliegenden Material erstellt haben?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, und zwar nach Abschluß der Auswertung im Labor.

Vors.:

Sind das dann möglicherweise die Teile, die Sie von der Auswertung her für bedeutungsvoll angesehen haben?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Genau ja.

Vors.:

Herr Finkbeiner, dieses Vorgehen deutet daraufhin, daß Sie eine spezielle Sachkunde haben könnten[rrrr]. Ist das richtig?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Das ist richtig. Ich bin ... seit 1959, bearbeite ich zum weitaus überwiegenden Teil die Sprengstoffanschläge, die in Bayern angefallen sind. Ich kann sagen, durchweg [7675] alle größeren Anschläge, die habe ich bearbeitet. Und glaube auch hier eine Zuordnung treffen zu können.

Vors.:

So daß Sie uns, da Sie ja hier als Zeuge geladen sind, zumindest als ein sachverständiger Zeuge[32] zur Verfügung stehen. Sie haben das Spurenmaterial, wie Sie sagen, gesichtet und ausgewertet. Könnten Sie nun diesen Arbeitsvorgang und das, was Sie hier an Äußerlichkeiten dann feststellen konnten, beschreiben und in der Form wiedergeben?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja.

Vors.:

Insbesondere die, wollen wir mal sagen, daß die hervorstechendsten Spuren vielleicht uns angeben, in welchem Zustand Sie sie angetroffen haben und was Sie im einzelnen dabei festeilten?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ich bekam, als mir das übertragen wurde, war bereits im Labor, waren diese Spuren ausgebreitet und zwar nach Stockwerken geordnet. Und zum Teil, also zum weitaus überwiegenden Teil auch gekennzeichnet, wo diese Spuren aufgefunden worden sind. Und das war für mich die Grundlage, um dann diese Spuren eben diesen einzelnen Örtlichkeiten wirklich, also letzten Endes dann zuzuordnen. Und ich habe dann diese Spuren, die für mich, oder die ich als wesentlich angesehen habe, die habe ich dann fotografisch auch festgehalten. Habe sie beschrieben. Bin aber dann letzten Endes, wußte ich, daß das Bundeskriminalamt also das kriminaltechnische Institut des Bundeskriminalamtes ein Zentralgutachten erstatten wird. Das war zum damaligen Zeitpunkt schon bekannt. Und deswegen habe ich das wesentliche gemacht und habe dann diese Spuren so geordnet, wie sie in der Tabelle aufgeführt sind, dann abgegeben.

Vors.:

Ist Ihnen unter diesem Spurenmaterial auch, das müßte der Liste nach schon gleich zu bejahen sein, eine damals noch intakte, ein intakter Sprengkörper vorgelegen?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Intakt wäre er gewesen, wenn die Sprengkapsel noch enthalten gewesen wäre.

Vors.:

Also entschärft.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Die war entschärft.

Vors.:

Entschärft, aber sonst intakt?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Intakt auch nicht, weil der Sprengstoff bereits ent- [7676] nommen war.

Vors.:

Also restlos entschärft? Nicht nur durch die Sprengkapsel.

Zeuge Fin[kbeiner][ssss]:

Ja, es war nur noch die Hülle, die Sprengsatzhülle, also der Körper selbst, der war noch da.

Vors.:

Haben Sie nun selbst diesen Sprengkörper noch untersucht auf seine Zusammensetzung auf Einzelteile und wenn ja, können Sie uns beschreiben[tttt], wie dieser Sprengkörper nach Ihren Feststellungen damals konstruiert gewesen ist?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Das war, wenn ich ihn sehen könnte den Sprengkörper, dann könnte ich sagen, ob er das war.

Dem Zeugen wird das Asservat
- B 48. Pos.˘25 -
zu seinen Ausführungen vorgelegt.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, das war der Sprengkörper, den[uuuu] kenne ich hier oben an dem Verformungsmerkmal und an dem Durchschuß. Das hat mich damals etwas gewundert, daß hier diese Lappung, obwohl es ein Einschuß war, diese Lappung nach außen ging. Also das war für mich etwas Eigenartiges. Aber dann letztlich doch physikalisch zu erklären. Das war dieser Sprengkörper. Aber ich habe ihn natürlich nicht zersägt bekommen, sondern noch als Formstück mit dieser Eindellung, die der Sprengstoff selbst oder der Inhalt, so muß ich sagen, ich habe ja nicht festgestellt, ob es Sprengstoff war, der Inhalt dieses Körpers war bereits entnommen und die Verschlußkappe war auch gelöst.

Vors.:

Ja, könnten Sie nun noch irgendwelche Einzelteile aus dem Gedächtnis beschreiben, die Sie damals feststellen konnten, die auf die Konstruktion Rückschlüsse zulassen?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, als Einzelteile dieser kompakte Körper mit der Verschlußkappe und dann diese Durchlöcherung oben am Gewindeansatz und hier am Körper selber dieser Einschuß und dann diese Eindellung. Also so wie er eben hier vorliegt.

Vors.:

Sie haben ja vorhin selbst erwähnt, Sie hätten das Spurenmaterial auch beschrieben. Diese Beschreibung, wenn Sie uns die noch aus dem Gedächtnis wiedergeben könnten. Wo nicht, da würden wir dann versuchen Ihnen aus hier vorhandenen Unterlagen Erinnerungsstützen in Form von Vorhalten zu geben?

[7677] Zeuge Fin[kbeiner]:

Herr Vorsitzender, ich habe hier, in meinem Gutachten habe ich ja die Beschreibung festgehalten und genauso wie es war. Also wie ich es, ich habe es nicht auswendig gelernt.

Vors.:

Ja, Sie können das nicht mehr aus dem Gedächtnis sagen. Das sind also eigene Aufzeichnungen, die Sie damals gemacht haben?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Das sind die Aufzeichnungen, die ich selbst gemacht habe.

Vors.:

Sie können die zu Ihrer Aussage mitverwenden. Aber ich würde Sie bitten, nur das uns zu bekunden, was Ihnen anhand dessen, was Sie hier an Aufzeichnungen vorfinden, wieder einfällt. Also nicht nur das, was Sie hier einmal geschrieben haben wiedergeben, sondern nur das was, wieder Ihre eigene Erinnerung ist und durch die Verwendung solcher Aufschriebe werden kann?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja eben, daß der Körper so ausgesehen hat, wie er hier vorliegt.

Vors.:

Es kommt uns auf die Einzelteile ein bißchen an. Wie war ... zum Beispiel ist ja mit einer Sprengkapsel betrieben worden, wie hat die Zündung funktioniert usw. Wenn Sie das damals feststellen konnten, sollten Sie es uns schildern.

Zeuge Fin[kbeiner]:

In der Verschlußkappe war ein Loch enthalten und durch dieses, also ich kann natürlich nicht sagen, daß durch dieses Loch eine Sprengkapsel eingeführt war, weil die Sprengkapsel ja entnommen war. Ich hatte diesen Körper mit der Verschlußkappe und gesondert eine Sprengkapsel bekommen.

Vors.:

Also eine Sprengkapsel hatten Sie dazu. Und Ihnen war angegeben worden, die stamme aus diesem Sprengkörper?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Genau.

Vors.:

Und um was für eine Sprengkapsel hat es sich da gehandelt?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Das war eine elektrische Sprengkapsel mit, Aluminiumsprengkapsel, und zwar ein Millisekunden-Zünder, also meiner Erinnerung nach der Verzögerungsstufe 9. Unempfindlich und zwar von Troisdorf.

Vors.:

War noch erkennbar, wie diese Kapsel hier angebracht war, wie sie etwa befestigt gewesen ist?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Nein, die war lose beigelegen.

Vors.:

Haben Sie noch eine Vorstellung, wie die Drähte ausgesehen [7678] haben?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Grün, gelb, glaube ich.

Vors.:

Grün, gelb, das entspricht auch dem, was Sie damals gesagt haben. Wenn Sie jetzt den Sprengkörper so sehen. Abgesehen davon, daß er inzwischen zersägt ist und möglicherweise durch das Beschießen Verformungen eingetreten sind. Sind noch irgendwelche zusätzlichen Bestandteile, die hier nicht vorhanden sind, fest angebracht gewesen? Oder die hier jetzt lose sind? Also die Schraubenkappe scheint zum Sprengkörper zu gehören, die war wohl offen?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja.

Vors.:

War sonst noch irgendetwas angebracht?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Da kann ich mich jetzt nicht erinnern, also da müßte ich nachschauen.

Vors.:

Zum Beispiel ein Griff, womit ...

Zeuge Fin[kbeiner]:

Nein, hier war kein Griff ... halt doch, jetzt fällt es mir wieder ein, und zwar ein Bügel. Ein gebogenes Flacheisen. Es war angeschweißt und zwar fest angeschweißt an den Sprengkörper an der Oberkante. Da müßten aber die Schweißspuren noch erkennbar sein.

Vors.:

Haben Sie das Flacheisen damals vermessen?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Vermessen, ich glaube ja. Wenn ja, dann steht es drin im Gutachten.

Vors.:

Ja, in Ihrem Bericht. Das halte ich Ihnen aus Blatt 201 des Ordners 99 vor, heißt es in der zweiten Zeile von oben: Griff aus gebogenem Flacheisen von 15 mm Breite.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, wenn das so drin steht, dann stimmt es.

Vors.:

Gibt es sonst zu dem Sprengkörper irgendetwas zu erwähnen, was Sie von sich aus noch hier als wichtig oder interessant bei der Spurenbeschreibung ansehen würden?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, bei diesem Sprengkörper ist an sich interessant, daß er Ähnlichkeit hat mit den Rohrpumpen, die in München gezündet worden sind. Allerdings mit dem Unterschied ...

Vors.:

Ja, das sind also Vergleiche, die Sie hier jetzt im Augenblick nicht anstellen sollten, weil das überschreitet die Zeugenaufgabe. Sind zu diesem Sprengkörper noch spezielle Fragen.

Richter Ma[ier]:

Herr Finkbeiner, also Sie haben offenbar diese Rohrkörper hier nicht delaboriert?

[7679] Zeuge Fin[kbeiner]:

Nein.

Richter Ma[ier]:

Nun kommt in diesem Bericht, den Sie erwähnen, er befindet sich in den Akten Ordner 99, da heißt es auf Blatt 201: in dem Sprengkörper war eine grüngefärbte Sprengschnur eingeführt. An einem Ende war und so weiter. Woher wissen Sie das?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, die Sprengschnur die war ja beigelegen.

Richter Ma[ier]:

Ja, aber daß die eingeführt gewesen ist?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja nun, wir haben, das Gutachten ist von zwei Herren unterzeichnet worden. Der eine war der Herr Dr. Goll, der am Tatort war und der andere bin ich, der nur das Spurenmaterial bekommen hat, in dem Zustand wie ich es soeben beschrieben habe.

Richter Ma[ier]:

Das können Sie also aus eigener Wahrnehmung nicht sagen?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Nein, weil ich nicht ...

Richter Ma[ier]:

... Zündschnur etwa angebracht gewesen?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Nein, ich war nicht am Tatort und habe auch den Körper nicht delaboriert.

Richter Ma[ier]:

Nun sagen Sie, Sie haben auch soweit es sich um detonierte Sprengkörper handelt, ja versucht, das Spurenmaterial zu sortieren. Wie es etwa zusammengehören könnte. Was für Teile haben Sie denn da festgestellt? Bleiben wir gerade einmal im 4. Stock beim Tatort 1. Was haben Sie da sortieren können? Teile von welchen größeren Bestandteilen?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Im vierten Stock da waren Teile, ich fange mal von außen an. Es war von einer schwarzen Kunststofftasche so Kunstlederfragmente, die sehr stark zerfetzt waren. Dann waren Teile von einer braunen, so rotbraunen Skai-Tasche ...

Vors.:

Herr Finkbeiner, darf ich Sie im Augenblick bitten zunächst nochmals Einzelheiten. Ich wollte zunächst, und habe das ja auch so erklärt, Fragen zulassen zu diesem Sprengkörper selbst. Wenn also zu diesem speziell noch irgendwelche Fragen sind, bitte ich auch die übrigen Prozeßbeteiligten, damit es nicht alles in einem Aufwaschen nachher gefragt werden muß, wird sonst etwas kompliziert. Ich sehe aber, es werden keine Fragen gewünscht. Dann bitte ich Sie jetzt weiterfortzufahren, mit dem, was Sie auf die Frage des Herrn Berichterstatters gerade [7680] begonnen haben.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja dann Teile, eine ziemlich guterhaltene Tasche, rotbraune Tasche, bei der war das Bodenstück herausgelöst, zerfetzt war die, im unteren Teil war die zerfetzt und dann war noch ein Tuch in diesem Bereich vom 4. Stock, dann waren so Fragmente von einer, einem Körper, einem Metallkörper. Auch ziemlich stark zerrissen und momentan müßte ich jetzt in meiner Bildtafel nachschauen, dann könnte ich es ...

Richter Ma[ier]:

Haben Sie Uhrwerks- oder Batterieteile?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, Batterieteile habe ich gefunden. Ich habe es nicht gefunden, sondern in diesem Spurenbereich festgestellt, also das ist diese Tasche, dann sind diese Teile auf Bild 2, die ich habe sie ja selber auch fotografieren lassen. Ich war ja dabei, mit. Und diese Metallteile, da fiel mir besonders auf, daß sie Prägespuren hatten, also so, durch starken, also durch das Erscheinungsbild einer starken Druckeinwirkung von einem runden Gegenstand. Die waren ziemlich stark zerrissen, also mußten meiner Meinung nach mit dem Sprengkörper unmittelbar in Zusammenhang gebracht werden können. Dann die anderen Teile bestanden aus einem Metallteil, aus Metallteilen, die ein Schraubgewinde aufwiesen und dann hatte ich noch so Rundstabähnliche Fragmente gefunden, die ziemliche, die Zielspuren aufwiesen, also wo was darauf hindeutet, daß diese Teile getrennt worden sind durch starke Zugeinwirkung und da konnte ich auch Schweißnahtreste feststellen, an den Enden.

Richter Ma[ier]:

Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche. Haben Sie den Durchmesser dieser Rundeisen gemessen?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, das war der Maximaldurchmesser betrug 8 mm, meiner Erinnerung nach.

Richter Ma[ier]:

Und zum anderen Tatort im 3. Stockwerk. Was haben Sie da aussortieren können?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Da konnte ich, also ich gehe jetzt danach, wie diese Spuren gekennzeichnet waren, da waren mal zwei größere Fragmente von einem Metallteil, also Blechteil, und der war außen grau angestrichen und innen schwarz lackiert und waren noch so Klebebandreste, also an dem äußeren Teil feststellbar. Es fiel mir auf, daß diese Blechteile gebogen waren, also in einer leichten Biegung vorhanden waren. Ein Teil, der [7681] größere Teil, der hatte auch Schweißnähte, der wies Schweißnähte auf an einer Stelle und hatte den Rand eines Formstückes. Also irgendwie waren das Bearbeitungsmerkmale. Also [vvvv] stammten[wwww] nicht, waren keine unmittelbare Folge der Explosionseinwirkung, sondern meiner Meinung nach waren das die Bearbeitungsmerkmale. Hiervon abweichend Material, war eine größere Anzahl von kleineren Splittern festzustellen, [xxxx] die Buchstaben und Zahlen aufwiesen, und zwar eingeprägte Buchstaben und Zahlen, und die hatten aber, die waren insich nämlich auch noch zerrissen, also hatten handgranatensplitterförmiges Aussehen.

Vors.:

Ich möchte die Prozeßbeteiligten in dem Zusammenhang auf Blatt 208 hinweisen. Schon 207 enthält wohl die Teile, die der Herr Zeuge eben beschrieben hat. 208, Nr. 3 dürften wohl die Teile sein, mit den Prägungen, die Sie eben erwähnt haben.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Dann was mir besonders noch auffiel, das waren Teile, die meiner Meinung nach einem Flaschenkopf zugeordnet werden mußten den[yyyy] ganzen Bearbeitungs- und Verformungsmerkmalen nach. Das ist in Bild 5 dieser Bildtafel dargestellt.

Vors.:

Blatt 209, der hier vorliegenden Akten.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ich habe das dann so fotografieren lassen, damit man, wie ich[zzzz] es zuordnen mußte, dem Erscheinungsbild nach und so, daß hieraus auch die Abmessungen in etwa zu sehen sind. Also vom Flaschenkopf mit dieser Verschlußschraube und dann der Übergang zum Flaschenkörper. Dann weiter noch Fragmente mit einem Innengewinde, ja die werden, das Bild Nr. 8, die werden wohl noch hier dazugehören zu den Fragmenten, ein Bild 5, also das wären auch, wären wahrscheinlich noch Teile davon sein. Also ich bin der Meinung daß es Teile sind. Ich will aber diesem Zentralgutachten vom BKA nicht vorgreifen ...

Richter Ma[ier]:

Nein, nein, Sie sollten ja nur den Zustand beschreiben und das, was Sie dann aussortiert haben.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Was mir besonders noch auffiel, war ein Kunstlederfragment, das ist Bild 9. Und bemerkenswert war, daß hier im dritten Stock oder als 3. Stock bezeichnet nur dieses eine Kunstlederfragment vorhanden war. Und daß ... dieses Frag- [7682] ment stimmte aber im Aussehen und im Spurenbild völlig überein mit diesen schwarzen Kunstlederfragmenten aus dem 4. Stock.

Richter Ma[ier]:

Haben Sie auch hier nach Batterie- oder Uhrenteilen gesucht?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja. Dann waren hier, das sind die Bilder 10 und 11. Das sind diese Uhrwerksteile, die markantesten; und Bild 12, das sind dann so elektrische Kleinteile, B 12, 13 und 14.14 sind dann die Teile einer Batterie, eindeutig einer 50 Volt Batterie. Man konnte ja den Aufdruck noch lesen.

Richter Ma[ier]:

Herr Finkbeiner, sprachen Sie vorher von einer Flasche, wie kamen Sie dazu, daß das sich ursprünglich um eine Flasche gehandelt haben muß. Sie hatten da also Gewindeteile, die Sie einer Flasche zugeordnet haben. Hatten Sie irgendwelche Anhaltspunkte über die Größe dieser Flasche?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, und zwar auf Bild 3 habe ich dann diese Splitter, die mit diesen Prägezeichen versehen waren, also diesen Buchstaben und Zahlen, die habe ich versucht, irgendwie geordnet zu fotografieren, sind ja auch hier dargestellt. Und da kam ich zu dem Schluß, daß es sich um eine Preßluftflasche handeln mußte. Und zwar habe ich mich da in der Physik oben, bei uns im Sachgebiet für Physik erkundigt, und die haben dann auch, ich hatte dann Verbindung aufnehmen können, mit diesen Stellen, das ist die Firma Mannesmann, glaube ich. Ich hab dann, ... der habe ich dann Unterlagen bekommen, über diese Prägezeichen, die habe ich hier. Und demnach ist dieses eine Zeichen, und zwar das auf Bild 6 dargestellt ist, das sind Preßluftflaschen, die vor dem Jahre 1948 hergestellt worden sind.

Richter Ma[ier]:

Das haben Sie selbst ermittelt?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Die Auskunft habe ich erholt, also habe ich eingeholt.

Richter Ma[ier]:

Daß es sich um Preßluftflaschen handelt?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, und zwar bei diesen Firmen, weil mich interessiert hat, warum was, also rein kriminaltechnisch, um was für einen Gegenstand es sich hier wohl gehandelt hat.

Richter Ma[ier]:

Und wenn Sie das ermittelt haben, haben Sie dabei Anhaltspunkte gewonnen über die Größe der Flasche?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, und demnach mußte so meiner Abmessungen nach, also, wie ich es rekonstruieren konnte, hatte die Flasche einen Durchmesser von 8 cm und die Länge, die habe ich jetzt nicht mehr im Kopf, die steht aber ...

Richter Ma[ier]:

Im Ordner 99, Blatt 239, Das ist ein Nachtragsbe- [7683] richt. Da war von einer Länge von 20 cm die Rede.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, ich habe hier vom 31. Juli 73 habe ich noch eine Stellungnahme abgegeben, das ist dem Gericht bekannt. Und hier habe ich dann ausgeführt, daß die 8 cm Außendurchmesser meiner Meinung nach sein mußte und die Gesamtlänge 28 cm, mit Kappe.

Richter Ma[ier]:

Haben Sie irgendwelche Hinweise über das Volumen, den Inhalt?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, in etwa 1 Liter.

Richter Ma[ier]:

Ich weiß nicht, wir haben hier eine Flasche liegen, Herr Finkbeiner, ein angebliches Vergleichsstück, wer das erhoben hat? Waren das Sie?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Das Vergleichsstück, nein, das sehe ich zum ersten Mal.

Richter Ma[ier]:

Würde das denn dem entsprechen, was Sie ermittelt haben?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Dürfte ich es mal sehen.

Dem Zeugen wird eine 0,8 Liter-Gasflasche -Vorführstück- (Vergleichsstück, das keine Asservatennummer hat) vorgelegt.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ich hab jetzt natürlich keine Schieblehre dabei, daß ich das abmessen kann.

Dem Zeugen wird vom Vorsitzenden ein Lineal mit Zentimeter-Maß[aaaaa] übergeben, damit er den Außendurchmesser des Vorführstückes messen kann.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Aber wenn das 8 cm sind. Also so wie ich es sehe, es sind, glaube ich, 7 cm im Durchmesser. Nun, wir dürfen nicht vergessen, daß ja dieser Körper gedehnt worden ist, durch die Explosion und dadurch ja auch der Übergang vom Flaschenkopf zum Flaschenhals sich ja dadurch nach außen geweitet hatte. Also das sagt meiner Meinung nach nichts aus, diese Differenz oder wenn überhaupt, nun, das sind jetzt Schätzungswerte. Wenn eine Differenz bestanden hat, sagt das meiner Meinung nichts aus oder widerspricht diesem Befund nicht, denn ich bin ja davon ausgegangen, daß hier diese, also von dieser Form, von diesem Übergang vom Kopf zum Flaschenkörper.

Richter Ma[ier]:

Wenn ich Sie recht verstehe, Herr Finkbeiner, müßten nach den Gewindeteilen zu schließen, es eine Flasche in dieser Größenordnung gewesen sein?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Es könnte auch eine Flasche mit 0,8 Liter Volumen etwa gewesen sein.

[7684] Zeuge Fin[kbeiner]:

Wenn ich unterbrechen darf, ich sehe nämlich hier eine andere, da steht 1,6 Kilo also 1,69.

Richter Ma[ier]:

Das ist wohl das Leergewicht?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Leergewicht ja. Und bei mir steht aber 1, also meiner, so wie ich es deute 1,7.

Richter Ma[ier]:

Haben Sie nun unter den gesicherten Spuren irgendwelche Stücke gefunden, die den Verschluß dieser Gasflasche eventuell bilden konnten?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, das ist diese Verschlußkappe hier, die im Bild 7 dargestellt ist.

Vors.:

Ist nicht Bild 5 gemeint?

Zeuge Fin[kbeiner]:

7, das ist diese Verschlußschraube.

Vors.:

Ja, richtig.

Richter Ma[ier]:

Ist das eine Schraube, wie sie üblicherweise auf solchen Gasflaschen angebracht ist?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Den Informationen nach, die ich bekommen habe, von den einschlägigen Fachleuten ist das keine Schraube, die hier üblich ist, sondern die würden angeblich konisch zulaufen. Und die hatte[bbbbb] [ccccc] ein parallel verlaufendes Gewinde.

Richter Ma[ier]:

Danke.

Vors.:

Darf ich Sie noch zur Klarstellung auf dieses Bild 5 hinweisen, Blatt 209. Sind diese drei Stücke auch gefunden worden, die hier zu sehen sind?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, die habe ich bekommen.

Vors.:

Und ist es nun richtig, daß Sie versuchen, dieses Innengewinde, das hier sichtbar ist, auf dieselbe Höhe zu bringen, wie das Gewinde dieser oberen Verschlußkappe und daraus dann die Form der Flasche erkennen und wohl auch die Maße. [ddddd]

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja.

Vors.:

Also das Bild 5 ist das maßgebliche Bild dafür, wie Sie auf die Vermutung kamen, es handle sich um eine solche Flasche, die etwa annähernd[eeeee] so ausgesehen haben könnte?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, nicht nur Bild 5, sondern Bild 5 in Verbindung mit Bild 3 und 4.

Vors.:

Richtig ja. Das entspricht ja dann praktisch dem durch diese Gewindeteile angegebenen Maße. So ist das gemeint?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja.

Vors.:

Bitte weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht. Haben Sie sonstige Feststellungen getroffen, die hier im [7685] Zusammenhang für das Verfahren im Rahmen der Spurensicherung von Bedeutung sein könnten, also keine Schlußfolgerungen, sondern nur Feststellungen, die Sie im Zusammenhang mit Ihren Ermittlungen getroffen hätten? Oder ist jetzt alles berichtet?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Also vom ganzen Spurenkomplex?

Vors.:

Ja.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Also nun der 3. Stock, wie ich ihn bekommen hab, bezeichnet 3. Stock, mit dieser Flasche hier, dann der 4. Stock mit diesen Taschen und mit diesen Sprengkörperteilen und ich weiß nicht was noch im Raume steht ...

Vors.:

Nein, es ist nur die Gelegenheit für Sie, wenn noch irgendwas zu ergänzen wäre. Ich darf Sie vielleicht noch auf, wir haben es unter Blatt 217, ein Bild Nr. 5, es zeigt diesen Sprengkörper und zeigt auch wie der Griff ursprünglich angebracht gewesen sein müßte, wenn Sie sich dieses Bild mal besichtigen könnten.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, das ist das Bild Nr. 2. Wahrscheinlich.

Vors.:

Ja das Bild Nr. 2 ist genauso geeignet.

Zeuge Fin[kbeiner]:

Oder 5.

Vors.:

Bildnummer 2 von dem Sprengkörper oder Bild 5 gibt einen ganz speziellen Hinweis, wie das ausgesehen hat. Können Sie das aus der Erinnerung bestätigen?

Zeuge Fin[kbeiner]:

Ja, das kann ich bestätigen, das ist also 100%ig das Bild, wie ich es vor mir hatte, also wie ich den Körper vor mir hatte.

Vors.:

Das handelt sich hier um Blatt 215, Bildnummer 2 und 217, Bildnummer 5, zu dem sich der Herr Zeuge soeben geäußert hat. Sonstige Fragen? Ich sehe nicht. Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Einwendungen dagegen.

Der Zeuge Finkbeiner wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.06 Uhr entlassen.

Die Zeugen Lutz und Hemm werden endgültig[fffff] um 15.06 Uhr entlassen.

Der Zeuge Eierle erscheint um 15.07 Uhr.

[7686] Der Zeuge Eierle macht folgende Angaben zur Person:

Eierle, Heinz,
37 Jahre alt, verheirateter Kriminalobermeister,
Polizeidirektion Augsburg.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Erinnern Sie sich, daß es in der Polizeidirektion in Augsburg, im Jahre 72 zu Explosionen gekommen ist?

Zeuge Eie[rle]:

Richtig, ich war auf der Dienststelle anwesend.

Vors.:

Sie waren anwesend. Ist es richtig, daß Sie im Anschluß daran in Skizzen die Örtlichkeiten und auch bestimmte Arbeitsweisen festgehalten haben?

Zeuge Eie[rle]:

Richtig, wir haben zuerst den Tatort fotografiert und anschließend skizziert und dann die Schuttreste ausgesondert.

Vors.:

Dann bitte ich Sie zunächst, wenn Sie in der Dienststelle anwesend waren, zu sagen, wo sind Sie gewesen, in welchem Stockwerk? Wissen Sie das noch?

Zeuge Eie[rle]:

Ich bin gewesen auf meiner Dienststelle im 3. Stock, Zimmer 311. Das ist etwa 50 Meter von der Detonationsstelle entfernt.

Vors.:

Haben Sie von der Explosion selbst irgendetwas noch wahrgenommen?

Zeuge Eie[rle]:

Nein, wir sind nach der Detonation rausgegangen und haben eben die Staubwolken festgestellt.

Dem Zeugen Eierle wird aus Ordner 99, Blatt 127 und 129 mit der Bitte vorgelegt, ob es sich um die Skizzen handelt, die er hergestellt hat. Wenn ja, mit der Bitte um Erläuterung.

Zeuge Eie[rle]:

Das ist richtig, die Skizzen wurden von mir gefertigt.

Vors.:

Sind sie maßstabsgetreu?

Zeuge Eie[rle]:

Die Skizzen sind maßstabsgetreu.

Vors.:

Was diente Ihnen als Unterlage?

Zeuge Eie[rle]:

Wir haben den Tatort vermessen.

[7687] Vors.:

Selbst vermessen?

Zeuge Eie[rle]:

Ja.

Vors.:

Also nicht etwa nur übernommen aus einem anderen Plan?

Zeuge Eie[rle]:

Nein, diese Skizze wurde selbst vermessen.

Vors.:

Und nun bitte schildern Sie uns, was hier an Eintragungen vorhanden ist, was die Eintragungen bedeuten. Beginnend mit Blatt 127.

Zeuge Eie[rle]:

(zu Blatt 127) Es ist folgendes, wir wurden beauftragt, die Schuttreste nach vorhandenen eventuellen Splittern auszusortieren. Wir begannen im 3. Stock, Anwesen, Hohlbeinstr. 12. Wir haben den Flur in Abschnitte eingeteilt und begannen bei I, II bis III und haben den Abschnitt III wieder untergliedert in arabische Zahlen. Weil [ggggg] hier war die größte Ansammlung von Schutt und da haben wir eben diesen Abschnitt wieder unterteilt.

Die Gegenstände, das heißt die Splitter, die uns irgendwie verdächtig schienen, haben wir in Plastikbeutel verpackt und mit diesen Nummern, die hier auf der Skizze eingetragen sind, versehen.

Vors.:

Das würde also bedeuten, Sie haben von West nach Ost gearbeitet?

Zeuge Eie[rle]:

Richtig.

Vors.:

Und hier ist ja nun ganz auf der rechten Seite, also auf der östlichen Seite die Zahl 6 eingetragen. War das der Abschluß?

Zeuge Eie[rle]:

Das war der Abschluß ja.

Vors.:

Und wie weit reichten hier die Spuren noch herüber in dieser Etage? Weil die Begrenzung der 6 nach Osten zu nicht erkennbar ist?

Zeuge Eie[rle]:

Das geht hier vorne, wo die Skizze hier zu Ende ist, geht es nach Norden um die Ecke.

Vors.:

Ich sehe gerade, es ist ja umgekehrt. Ihr Nordpfeil zeigt nach unten, nicht wie üblich nach oben, also haben Sie nicht von West nach Ost, sondern umgekehrt von Ost nach West gearbeitet.

Zeuge Eie[rle]:

Richtig, wir haben von Ost nach West gearbeitet. Und der Block verläuft dann wieder von Süden nach Norden auf zur Prinzregentenstraße.

Vors.:

Und können Sie nun angeben, in diesem äußeren Bereich sei es I oder 6, sind dort noch Spuren sichtbar gewesen? Welcher [7688] Art waren die? Zum Beispiel auch in Richtung Splitterwirkung und dergleichen?

Zeuge Eie[rle]:

Da kann ich mich leider nicht festlegen, weil wir nur das ganze durchsortiert haben. Wir haben die Splitter rausgenommen, haben sie mit diesen Nummern versehen in Plastikbeutel verpackt.

Vors.:

Ja, nun zeigt sich das zum Beispiel, daß Planquadrat 1 in Ihrer Skizze größer erscheint, als 3 und 4, also 1 und 2 größer als 3 und 4. Entspricht das dem damaligen?

Zeuge Eie[rle]:

Das entspricht den Tatsachen und das wurde deshalb gemacht, weil hier[hhhhh] Splitteransammlung wahrscheinlich sehr wahrscheinlich sehr gering war.

Vors.:

Wie kamen Sie zu der Eintragung „Explosion“?

Zeuge Eie[rle]:

Das war eine Annahme von uns, daß es hier der Explosionsherd war. Hier war die größte Ansammlung, die Decke war abgebröckelt und am Boden war die größte Schuttansammlung.

Vors.:

Also anhand der Spuren?

Zeuge Eie[rle]:

Anhand der Spuren richtig.

Vors.:

Haben Sie die selbst gesehen dabei?

Zeuge Eie[rle]:

Ja, richtig.

Vors.:

Sind zu 127 Fragen? Ich sehe bei Gericht nicht. Die Herrn Bundesanwälte und Verteidiger? Desgleichen nicht. Dann bitte ich noch 129 anzusehen und dieselben Erklärungen abzugeben.

Zeuge Eie[rle]:

(zu Blatt[iiiii] 129) Die Skizze wurde im Prinzip genauso angefertigt, wie 127. Das ist das vierte Obergeschoß haben wir wiederum eingeteilt in Quadrate und mit Nummern versehen. Und hier haben wir begonnen bei 1 nummerisch rauf bis Ziffer 12. Die Quadrate 10, 11 und 12 erscheinen größer, sind auch größer. Und wurden deshalb so groß gemacht, weil hier nur geringe Splitter lagen.

Vors.:

Sie haben hier noch verschiedene Einträge, die offenbar besonders markante Teile, die man entdeckt hat wiedergeben. Nehmen Sie zum Beispiel oben im Planquadrat 3 oder im Quadrat 8, woher haben Sie diese Daten, haben Sie das selbst beobachtet, selbst vermessen?

Zeuge Eie[rle]:

Das habe ich selbst beobachtet. Ich war mit den beiden anderen Kollegen, Herr Hemm und Herr Lutz bei der Spurensuche am 13. morgens anwesend.

[7689] Vors.:

Sodaß also alle diese Eintragungen samt diesen Lageangaben aufgrund eigener Vermessungen und eigenen ... Besicht von Ihnen stammen?

Zeuge Eie[rle]:

Richtig, die wurden fotografiert und skizziert.

Vors.:

Sind hierzu noch irgendwelche Fragen? Ich sehe beim Gericht nicht. Die Herren Bundesanwälte und Verteidiger? Desgleichen nicht. Dann könnten wir den Herrn Zeugen auch auf seine Aussage vereidigen und entlassen.

Der Zeuge Eierle wird vorschriftsmäßig vereidigt und um 15.15 Uhr im allseitigen Einvernehmen entlassen.

Ende des Bandes 424.

[7690] Die Zeugen Nitzer, Kreisel und Bischof erscheinen um 15.15 Uhr im Sitzungssaal.

Die Zeugen Nitzer, Kreisel und Bischof werden gem. § 57 StPO belehrt.

Die Zeugen sind mit der Aufnahme ihrer Aussagen auf das Gerichtstonband einverstanden.

Die Zeugen Kreisel und Bischof werden um 15.16 Uhr in den Abstand verwiesen.

Vors.:

Ich bitte zunächst um Ihre Personalien.

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person

Zeuge Nitzer:

Robert Nitzer, 44 Jahre alt,
verh. Polizeihauptkommissar,
Augsburg, Polizeidirektion,
Verkehrspolizeiinspektion,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Nitzer, erinnern Sie sich daran, daß es im Mai 1972 in der Polizeidirektion Augsburg zu Explosionen gekommen ist?

Zeuge Nit[zer]:

Sehr gut, Herr Vorsitzender. Ich darf es vielleicht gleich schildern.

Vors.:

Ja, im Zusammenhang.

Zeuge Nit[zer]:

Ich saß mit Herrn Kreisel im Zimmer 344, das ist das letzte Zimmer in dem Gang. Es war etwa viertel nach Zwölf. Um halb eins Uhr war Dienstschluß. Wir hatten noch gearbeitet. Da tat es einen fürchterlichen Knall. Ich sagte zu Herrn Kreisel: „das war nun kein Schallknall mehr, da ist im Haus irgendwo was passiert.“ Nachdem im 4. Stock die Nachrichtenabteilung ist und mit Säuren usw. eventuell gearbeitet wird, das weiß ich nicht genau, ich bin kein Nachrichtenmensch, dachte ich, da ist etwas passiert. Sag zu Herrn Kreisel, da müssen wir raus und mal nachschauen. Als wir etwa vier [7691] Zimmer weiter kamen, etwa 2 ½ bis 3 m oder ungefähr 2 ½ m neben einem Schrank blieb ich stehen, weil mir der Kollege Bauer entgegen kam und sagte, im 4. Stock ist eine Bombe explodiert. Da blieb ich stehen und sagte zu Herrn Kreisel, der neben mir war, wie weit kann ich jetzt nicht mehr sagen, aber 2 m oder 3 oder 4 m sagte ich, „jetzt geht es bei uns auch los.“ In dem Moment knallte es neben mir, rechts neben meinem Ohr. Ich wußte nicht wo; ich sah nichts mehr; ich hörte nichts mehr; ich stand für mich in einer braunen Wolke, die vollkommen still war. Und ich hörte niemanden gehen, ich hörte überhaupt nichts mehr im Augenblick. Da sah ich einen hellen Fleck, ich bekam auch keine Luft mehr, mich hatte es zu Boden gedrückt, ich bin zumindestens mit Händen und Knien am Boden gewesen, hab’ nach Luft gerungen und bin dann auf diesen hellen Fleck zu, wie ich mich wieder aufrichten konnte. Dieser helle Fleck war ein Fenster. Ich versuchte das Fenster zu öffnen, war natürlich kein Glas mehr drin. Aber ich versuchte trotzdem an dem Hebel herum zu reißen und dann bin ich drauf gekommen, da ist ja gar kein Glas mehr drin. Da habe ich den Kopf heraus gehalten aus diesem Fenster, um Luft zu bekommen, denn von dem Mauer- und Ziegelwerk war alles so verstaubt, daß ich also gar nicht wußte, ich habe gar keine Orientierung mehr gehabt. Nachdem ich sah, das ist ein Fenster, ich konnte ja nicht rausspringen aus dem 3 Stock, habe ich mich umgewandt und konnte mich dann erinnern, wo ich war und daß da eine Türe sein muß. Und diese Türe war eingedrückt, wie ich dann festgestellt hab, die war am Boden gelegen. Über diese Türe bin ich hinweggelaufen, in das nächste Zimmer und dann sah ich dort irgend einen Beamten stehen. Ich kann nicht mehr sagen, wer das war. Von diesem Zimmer bin ich durch eine Durchgangstüre in ein anderes Zimmer gegangen und von dort aus konnte ich wieder sehen, daß der Notausgang offen war. Dann bin ich den Notausgang runter gegangen. Ich hatte meine Uniformjacke an, meine Hose, aber keine Mütze, weil wir die im Haus nicht tragen brauchen. Da bin ich runter gekommen und da haben die Leute gesagt: „Ist das ein Schutzmann? Um Gottes Willen wie schaut der Schutzmann aus.“ Ich war also vollkommen mit Staub [7692] und Dreck überschüttet. Ging dann um das Gebäude herum, bei der Ortskrankenkasse zur damaligen Hauptwache, hab gebeten daß ein Beamter, weil ich nicht mehr sehen konnte oder fast nichts sehen konnte, so muß ich sagen. Ich konnte im Augenblick nicht lesen, daß er mir eine Telefonnummer eines Augenarztes heraussucht und daß er die Nummer meiner Frau anwählt, daß ich meine Frau verständigen kann, daß ich etwas später komme. Und dann wurde ich zum Augenarzt gefahren und kam dann wieder zurück zu meiner Dienststelle. Ich hatte einen Schock davongetragen und bin unter diesem Schock mit meinem eigenen Pkw heimgefahren, was ich heute nie mehr tun würde oder damals auch nicht getan hätte, wenn ich nicht diesen Schock erlitten hätte und war dann zu Hause. Das war mein Erlebnis, wie ich es schildern kann, anderes weiß ich nicht.

Vors.:

Und welcher Art waren nun die Verletzungen, die bei Ihnen festgestellt wurden?

Zeuge Nit[zer]:

Die Verletzungen waren Hornhautverletzungen an beiden Augen. Das rechte Ohr hatte einen Trommelfellriß und in der Rückseite, hinten in den Kniekehlen, hatte ich leichte Hautverletzungen, die mir aber, das müssen Mikroteile gewesen sein, weil die Hose als solche nicht beschädigt war. Hinter mir stand nämlich ein Schrank und eine Bank. Und die sind bei der Detonation so ziemlich in kleine Teile zerlegt worden und es kann sein, daß da Mikroteile von Holzteilen oder was durchgestochen haben. Die Hose war nicht beschädigt, aber ich hatte leichte Verletzungen, die waren aber an und für sich unbedeutend.

Vors.:

Ja. Haben Sie irgendwie an der Dienstfähigkeit gelitten in der Zeit dann?

Zeuge Nit[zer]:

Wir hatten damals eine Dienststelle Verkehrsordnungswidrigkeiten Zentralstelle neu aufgebaut und waren nur wir zwei, Herr Kreisel und ich. Das zukünftige Personal kam erst später.

Vors.:

Nein, ich meine waren Sie krank, so daß Sie Ihren Dienst nicht versehen konnten?

Zeuge Nit[zer]:

Das muß ich aber voraus schicken, bloß warum. Ich wäre normalerweise krank gewesen. Ich war drei Tage krank. Ich bin dann am nächsten Tag, ich bin am Samstag nochmals zum Augen- [7693] arzt gegangen und am Montag nochmal zum Ohrenarzt und in der Folgezeit habe ich Dienst gemacht. Bin aber während der Zeit während ich Dienst geleistet habe, regelmäßig zum Ohrenarzt in Behandlung gegangen.

Vors.:

Hatten Sie noch irgendwelche Folgen?

Zeuge Nit[zer]:

Ja, ziemlich lange. Und wenn ich es ganz genau nehme, höre ich heute auf dem Ohr schlechter. Ich will aber meinem Dienstherr gegenüber deswegen nicht ... Ich bin Polizeidiensttauglich, Gott sei Dank.

Vors.:

Nun haben Sie eben erwähnt, Sie hätten vor diesem Schrank und einer Bank gestanden. Könnte es sein, daß das Fenster, nachdem Sie gleich nach dem Geschehen gestrebt haben, hinter dieser Bank gelegen hat, ursprünglich? War das dieses Gangfenster?

Zeuge Nit[zer]:

Das ist die Bank, die war unter dem Fenster gestanden.

Vors.:

Unter dem Fenster.

Zeuge Nit[zer]:

Direkt unter dem Fenster, unter dem Fenstersims, war die Bank gestanden.

Vors.:

Und können Sie nun anhand dieser Örtlichkeit, wie wir sie beschrieben haben, Ihren eigenen Standpunkt etwas noch lokalisieren.

Zeuge Nit[zer]:

Ich kann mich erinnern, daß ich, als ich getaumelt bin, über eine längliche Dose gestolpert bin. Im ersten Moment habe ich geglaubt, es sei nochmal eine Bombe da.

Wie sich später herausstellte, wie ich das Ding da liegen sah, ich bin ja noch einmal zurückgekommen dann von der Hauptwache, war es eine Art Spraydose.

Vors.:

Nein, es kommt jetzt auf Ihren Standpunkt an. Wenn Sie sich jetzt orientieren an dem Fenster, an dem Schrank, an der Bank, wie Sie ursprünglich gestanden hatten, wo standen Sie da?

Der Zeuge demonstriert seinen Standort anhand einiger im Sitzungssaal befindlichen Möbelstücke.

Vors.:

Gut. Sie haben das nun im einzelnen beschrieben, demonstriert anhand der hier vorhandenen Möbel. Wir legen Ihnen eine Skizze vor aus Blatt 125. Hier ist ein Eintrag schon drinne, deswegen ließ ich Sie jetzt zunächst beschreiben mit Ihrem [7694] Namen. Sie sollen es daraufhin überprüfen, ob dieser Eintrag stimmen kann.

Dem Zeugen wird jedoch zunächst die Skizze aus Ordner 99 Blatt 127 vorgelegt, mit der Bitte, durch ein Kreuz auf der Skizze zu kennzeichnen, wo sein Standort war.

Zeuge Nit[zer]:

Ich darf voraus schicken, daß ich aufgrund dieser Detonation und deshalb weil es mich zu Boden gedrückt hat, der Druck kam anscheinend von oben, daß ich vielleicht nicht so ganz genau sagen kann, wo. Denn ich habe daran nicht gedacht, mir zu merken, wo ich genau gestanden war.

Vors.:

Wir wollen ja nur versuchen, einen Annäherungswert zu kriegen.

Zeuge Nit[zer]:

Jetzt habe ich aber den Maßstab nicht ganz genau, Moment, 1:100. Ja, da war ich gestanden, doch. Weil ich die Bank gespürt hab, als sie mir in die Kniekehlen kam.

Der Vorsitzende stellt fest, daß der Zeuge das Kreuz in den Innenhof des Gebäudes der Skizze gemacht hat.

Daraufhin wird die Skizze dem Zeugen nochmals übergeben mit der Bitte, seinen Standort nochmals zu überprüfen.

Der Vorsitzende stellt nun fest, daß der Zeuge das Kreuz in die linke obere Ecke des Planquadrates 2 gesetzt hat.

Dem Zeugen wird die Skizze aus Ordner 99 Blatt 125 vorgelegt, mit der Bitte zu überprüfen, ob dort sein Standort richtig eingetragen ist.

Zeuge Nit[zer]:

Ja.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Berichterstatter, bitteschön.

Richter Ma[ier]:

Herr Nitzer, Sie sagen, der Herr Kreisel stand in Ihrer Nähe. Wer stand noch in Ihrer Nähe zum Zeitpunkt der Explosion?

Zeuge Nit[zer]:

Ich kann mich noch erinnern, daß etwas weiter weg mein Kollege Vogler stand und dann stand noch jemand, und das weiß ich nicht mehr, stand noch jemand in der Nähe des Zimmers der Geschäftsstelle, wenn ich mich nicht täusche ist es 335.

Richter Ma[ier]:

Ist es möglich, daß ein Herr Bauer in Ihrer Nähe stand?

[7695] Zeuge Nit[zer]:

Ja, der Herr Bauer kam mir entgegen, der war rechts von mir. Der kam mir entgegen und hatte gesagt, „bleibt da“, im 4. Stock ist eine Bombe explodiert.

Richter Ma[ier]:

Aus welcher Richtung kam der Herr Bauer Ihnen entgegen?

Zeuge Nit[zer]:

Von mir aus gesehen rechts. Er kam also von der Treppe her. Unsere Treppe war ja zugesperrt, der Ausgang zur Treppe, von der Haupttreppe.

Richter Ma[ier]:

Ist das die Treppe, die gegenüber dem Zimmer Nr. 336 liegt?

Zeuge Nit[zer]:

Nein, das ist die Treppe, die versperrt war, 336. Also der kam den langen Gang um die Ecke.

Richter Ma[ier]:

Also aus Richtung des Zimmers Nr. 338?

Zeuge Nit[zer]:

Ich hab die Zimmernummer nicht genau im Kopf. Das sind so viele Zimmer. Er kam jedenfalls vom Haupttreppenhaus her um die Ecke. Und als er um die Ecke kam und uns sah, sagte er dies, was ich vorher angegeben hatte.

Richter Ma[ier]:

Dankeschön.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Beim Gericht nicht. Die Herrn der Bundesanwaltschaft? Nein. Die Herrn Verteidiger? Bitte sehr Herr Bundesanwalt.

OStA Ho[lland]:

Herr Zeuge, eine kleine Erläuterung hätte ich gerne noch von Ihnen und zwar haben Sie vorhin geschildert, daß Sie, um sich aus der Gefahrenzone zu begeben, daß Sie da einen Notausgang oder Noteingang benutzt hätten. Und dann haben Sie betont, dieser Notausgang oder Noteingang sei offen gewesen. Ist das unbeabsichtigt erfolgt oder war das irgendwie von Ihnen betont. Ist dieser Notausgang sonst nicht offen?

Zeuge Nit[zer]:

Dieser Notausgang ist sonst versperrt, weil dieses Stockwerk, in dem ich Dienst geleistet habe, gehört nicht zum Hause der Polizeidirektion und aus wirtschaftlichen Gründen, Putzfrau usw., Lift, mußten wir den Aufgang unserer Polizeidirektion benutzen. Wir durften also diese Türe nicht benutzen. Als die Detonation bei uns, in unserem Stockwerk vorbei war und ich meinen Irrgang beendet hatte, da hatte irgend jemand die Türe aufgemacht, denn die war nicht von der Explosion durchgedrückt worden. Die war in den Angeln, die Türe. Und später allerdings und das nützt ja nichts, habe ich aber erfahren, daß jemand diese Türe aufgesperrt hat.

[7696] OStA Ho[lland]:

Aus Anlaß der Explosion.

Zeuge Nit[zer]:

Soviel ich, weiß, ja. Und zwar vielleicht aus Anlaß der Explosion im vierten Stock. Das kann ich nicht sagen.

OStA H[olland]:

Vielen Dank, Herr Nitzer.

Zeuge Nit[zer]:

Bitte sehr.

Vors.:

Sonst keine Fragen. Werden Anträge auf Vereidigung[jjjjj] des Herrn Zeugen gestellt? Ich sehe nicht. Dann können wir den Zeugen als Verletzten unbeeidigt lassen nach § 61[ Nr. ]2 StPO.[33]

Der Zeuge bleibt gem. § 61[ Abs. 2 ]StPO als Verletzter unbeeidigt und wird im allseitigen Einvernehmen um 15.30 Uhr entlassen.

Der Zeuge Kreisel erscheint um 15.31 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Ich darf Sie gleich um die Personalien bitten.

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person

Zeuge Kreisel:

Arno Kreisel, verh. Polizeihauptmeister, 52 Jahre alt,
Polizeidirektion Augsburg,
Sachgebiet: Verkehrsordnungswidrigkeiten,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Rechtsanwalt Schlaegel verläßt um 15.32 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Erinnern Sie sich noch an den Sprengstoffanschlag im Jahre 1972 auf die Polizeidirektion in Augsburg?

Zeuge Krei[sel]:

Jawohl.

Vors.:

Sind Sie selbst Zeuge dieses Vorgangs geworden und davon betroffen gewesen?

Zeuge Krei[sel]:

Jawohl.

Vors.:

Bitte schildern Sie, was Sie damals beobachten konnten.

Zeuge Krei[sel]:

Das war am 12. Mai und ich befand mich in meinem Dienst- [7697] zimmer und so gegen 12.15 Uhr vernahmen wir eine ganz erhebliche Detonation.

Vors.:

Sie sollten noch klar machen in welchem Stockwerk und in welchem ...

Zeuge Krei[sel]:

Im 3. Stock, im Zimmer 344.

Vors.:

Und in welchem Gebäude? Prinzregenten- oder Holbein-...?

Zeuge Krei[sel]:

Holbeinstraße.

Vors.:

Danke.

Zeuge Krei[sel]:

Und aufgrund von dem starken Knall sind wir aus dem Zimmer raus auf den Gang gelaufen. Da waren noch mehrere dort, die aus den Zimmern rausgegangen sind und da kam dann ein Kollege im Gang vorgelaufen und hat gesagt, im 4. Stock ist vermutlich eine Bombe geplatzt. Und dann etwa, ich weiß jetzt nicht mehr, 2 Minuten oder 3 Minuten nach dem ersten Knall macht es noch wieder einen unverschämteren Knall in unmittelbarer Nähe und da hab ich bloß gesehen, daß der Schrank verschwunden war, der dort im Eck gestanden ist. Und dann sind wir im ersten Moment wieder zurück in die Zimmer gelaufen, weil man vermutet hat, daß vielleicht nochmal so etwas platzt. Nach einigen Minuten sind wir dann wieder heraus aus den Zimmern und dann hat man gesehen, was eben passiert ist.

Vors.:

Und Sie selbst, haben Sie irgendwelche Schäden davon getragen?

Zeuge Krei[sel]:

Ich hab dann unmittelbar danach ein Rauschen im rechten Ohr verspürt und einen leichten Schmerz. Ich habe erst nichts darauf gegeben. Als es dann am nächsten Tag immer noch das gleiche war, bin ich dann zum Ohrenarzt und dann hat der festgestellt, daß ich eine traumatische Trommelfellperforation, also eine Triangel im rechten Ohr ...

Vors.:

Also geplatzt?

Zeuge Krei[sel]:

Gerissen, ja.

Vors.:

Und wie waren die Folgen dann davon?

Zeuge Krei[sel]:

Das hat ungefähr fast bis zu einem Jahr gedauert, bis das richtig wieder verheilt war.

Vors.:

Sind heute keine Folgen mehr vorhanden?

Zeuge Krei[sel]:

Ja also, manchmal wenn ich einen Druck verspür oder wenn ein bißchen Wasser reinkommt, dann spüre ich immer noch ein leichtes Ziehen.

Vors.:

Sonstige körperliche Schäden?

[7698] Zeuge Krei[sel]:

Nein, sonst habe ich keine gehabt.

Vors.:

Nun haben Sie den Schrank erwähnt, der da verschwunden gewesen sei. Können Sie uns in Metern ungefähr angeben, wie weit Sie von dem Schrank entfernt gewesen sind?

Zeuge Krei[sel]:

Das werden eventuell vier bis fünf Meter gewesen sein.

Vors.:

Und wer waren die übrigen, die noch bei Ihnen gestanden haben?

Zeuge Krei[sel]:

Ich weiß bloß noch, links von mir hat Kollege Vogler gestanden und so zwischen mir und dem Schrank hat der Herr Nitzer gestanden. Und in der Tür vom Geschäftszimmer, ich weiß jetzt allerdings nicht mehr genau, wer da drin stand, ich glaube der Herr Merk. Insgesamt waren es, wenn ich mich nicht irre, 5 Personen, die in dem Moment da gestanden sind.

Vors.:

Könnten Sie Ihren Standort anhand der Öffentlichkeit nun noch etwas näher schildern? Wenn wir also davon ausgehen, es war ein Schrank. Ist es richtig, daß da neben dem Schrank ein Fenster gewesen ist?

Zeuge Krei[sel]:

Ja.

Vors.:

Vor dem eine Bank gestanden hat?

Zeuge Krei[sel]:

Ja.

Vors.:

Und das sich dann anschloß in der Folge die Wand, die die Toiletten im Hause dann hinter sich hat.

Zeuge Krei[sel]:

Jawohl.

Vors.:

Und auf welcher Höhe sind Sie nun gestanden? Sind Sie schon bei der Mauer gewesen, die abgrenzt zu den Toiletten?

Zeuge Krei[sel]:

Ja, aber ich weiß nicht, ob auf der Skizze die Tür drauf ist zu dem Geschäftszimmer von uns. Und genau in der Höhe von der Tür ...

Vors.:

Das wäre die Nummer dreihundert...?

Zeuge Krei[sel]:

338

Vors.:

Ja richtig, 338. Genau auf der Höhe dieser Türe.

Zeuge Krei[sel]:

Ich habe direkt fast vor der Türe gestanden.

Vors.:

Ja. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht beim Gericht. Bitte Herr Bundesanwalt Holland.

OStA H[olland]:

Herr Kreisel, eine Frage: sagen Sie, wie weit ist es ungefähr von Ihrem Dienstzimmer bis zur Explosionsstelle auf diesem Schrank?

Zeuge Krei[sel]:

Das geht ums Eck rum. Das wären vielleicht 15 m.

OStA Ho[lland]:

Dankeschön.

Vors.:

Weitere Fragen? Ich sehe nicht. Wird ein Antrag auf Vereidigung [7699] des Zeugen gestellt?

BA Dr. W[under]:

Herr Vorsitzender, wir meinen nicht, daß grundsätzlich die Verletzten unbeeidigt bleiben sollten,[34] wenn die Aussagen des Zeugen über seine Verletzungen hinaus nicht von wesentlicher Bedeutung sind. Wenn aber das Geschehen im Großen und Ganzen noch geschildert wird, meinen wir, sollten wie bisher die Zeugen vereidigt werden!

Vors.:

Also Sie legen Wert auf die Vereidigung?

BA Dr. W[under]:

Ja.

Vors. (Nach geheimer Umfrage):

Der Zeuge wird vereidigt.

Der Zeuge Kreisel wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.38 Uhr entlassen.

Der Zeuge Bischof erscheint um 15.39 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Bitte Herr Bischof, zunächst bitte ich Sie um Ihre Personalien.

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person

Zeuge Bischof

Stefan Bischof, [Tag].[Monat].1934 geb.
wohnhaft in Königsbronn bei Augsburg, Schreiner,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft
.

Vors.:

Erinnern Sie sich noch daran, daß es im Mai 1972 in der Polizeidirektion in Augsburg zu Explosionen gekommen ist?

Zeuge Bi[schof]:

Ja.

Vors.:

Sind Sie Zeuge dieses Vorgangs geworden?

Zeuge Bi[schof]:

Ja, ich war unmittelbar daneben, neben der zweiten Explosion.

Vors.:

Bitte schildern Sie Ihre damals gemachten Beobachtungen nun ganz ohne weitere Fragen im Zusammenhang.

Zeuge Bi[schof]:

Ich bin damals mit dem Aufzug raufgefahren in den dritten Stock zu meinem Chef, zu Herrn Röder.

Vors.:

Nun muß ich doch dazwischen fragen, in welchem 3. Stock, von [7700] welchem Gebäude? Prinzregentenplatz oder Holbein-...?

Zeuge Bi[schof]:

Prinzregentenplatz, Polizeidirektion. Und bin zu meinem Chef ins Zimmer reingegangen. Und dann hat es einen furchtbaren Knall getan. Und dann haben wir die Tür aufgemacht, herausgeschaut, um die Ecke herum gelaufen und da ist uns eine Staubwolke entgegen gekommen. Ich bin dann zurück und habe Bescheid gesagt. Da sagte der Herr Röder zu mir, nehmen Sie einen Schlüssel und sperren Sie gleich den Notausgang auf wo zur AOK runter geht. Und ich nehm den Schlüssel und bin rausgegangen, vielleicht 3 oder 4 m weiter, und da hat es hinter mir geknallt. Ich wollte gerade um die Ecke herum gehen.

Vors.:

Und was haben Sie beobachten können oder was haben Sie sonst noch erlebt?

Zeuge Bi[schof]:

Da hat’s den Herrn Amtmann Wiedemann hat es auf den Boden hingehaut; er ist Kriegsversehrter; den hat es auf den Boden hingehaut und den habe ich dann aufgehoben; wahrscheinlich von dem Luftdruck; den habe ich aufgehoben. Und bin dann vorgelaufen und hab die Türe aufsperren wollen, dabei haben die anderen schon die Türe aufgerissen gehabt, weil die Staubwolke weiter vorgekommen ist.

Vors.:

Also Sie standen, wenn man Sie wohl richtig versteht, noch nicht unmittelbar im freien Raum zu dieser Explosionsstelle hin, sondern noch etwas hinter einer Ecke?

Zeuge Bi[schof]:

Ich war direkt in der Ecke drin gestanden, wo die zweite Explosion war - gegenüber -, die erste war ja im 4. Stock oben.

Vors.:

So daß Sie also nicht in der unmittelbaren Linie der Druckwelle gewesen sind, sondern Sie waren noch ein bißchen hinter der Ecke. Ist das richtig?

Zeuge Bi[schof]:

Von der ersten ja, aber von der zweiten hat es mich noch ein bißchen erwischt und zwar am rechten Trommelfell.

Vors.:

In welcher Form? Was ist passiert?

Zeuge Bi[schof]:

Da hat es arge Anschwellungen im Trommelfell.

Vors.:

Haben Sie ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen müssen?

Zeuge Bi[schof]:

Ja.

Vors.:

Und wie lange hat die gedauert?

Zeuge Bi[schof]:

Ich bin hingegangen zum Arzt. Der hat es sich angeschaut und hat mir ein bißchen Salbe rein und eingesprüht ein biß- [7701] chen und hat gesagt, „das wird schon wieder vergehen.“

Vors.:

Und ist es dann ohne Folge abgeklungen wieder?

Zeuge Bi[schof]:

Ja, ich hör ein bißchen schwerer und wahrscheinlich auf das hin, nehme ich an.

Vors.:

Haben Sie sonst irgend welche Beobachtungen über die Wirkung gemacht. Das was Sie jetzt schildern, dürfte wohl auf die Druckwelle zurück-zu-führen sein. Haben Sie irgendwie gesehen, daß da Brocken herum geflogen wären, wo Sie standen?

Zeuge Bi[schof]:

Wo ich gestanden bin nicht. Aber da wo die zweite Explosion war, da habe ich gesehen, wo die Trümmer herumgeflogen sind.

Vors.:

Ja nun, wo Sie gestanden haben. Sie haben ja, die erste Explosion war im 4. Stock.

Zeuge Bi[schof]:

Ja richtig.

Vors.:

Und die zweite Explosion?

Zeuge Bi[schof]:

Die war unmittelbar wo ich raus bin aus der Tür, vielleicht 1 ½ m oder 1 m daneben war die zweite Explosion, nur war ich schon ein Stückchen weiter nach vorne gelaufen.

Vors.:

Ja. Sie wollten nämlich zu dem ersten Ort marschieren, nicht?

Zeuge Bi[schof]:

Jawohl. Und da den Notausgang auftun.

Vors.:

Und dadurch sind Sie praktisch weiter weg gewesen, als Sie bei Ihrem normalen Aufenthalt sonst weg gewesen wären?

Zeuge Bi[schof]:

Richtig.

Vors.:

Und nun von der zweiten Explosion. Wo haben Sie noch bemerkt, daß da irgendwelche Brocken rumflogen. Und wenn, haben Sie feststellen können, um was für Brocken es sich gehandelt hat?

Zeuge Bi[schof]:

Ja, ich habe nur feststellen können, daß die von dem Schrank, wo da in der Ecke gestanden ist, und die Türstücke, wo Trümmer weggeflogen sind.

Vors.:

Aha. Haben Sie die an der Stelle, wo Sie gestanden hatten, später noch oder in diesem Bereich liegen sehen?

Zeuge Bi[schof]:

Nein, das war alles ein Stückchen weiter hinten, also um 3 oder 4 m weiter hinten.

Vors.:

In Richtung Schrank von Ihnen?

Zeuge Bi[schof]:

Richtung Schrank, jawohl.

Vors.:

Könnten Sie die Entfernung angeben in Metern, wie weit Sie etwa weg waren, Ihrer Meinung nach?

[7702] Zeuge Bi[schof]:

Ich war so ca. 4 m weit weg, 3 bis 4 m.

Vors.:

Von dem Schrank?

Zeuge Bi[schof]:

Ja.

Vors.:

Als es knallte?

Zeuge Bi[schof]:

Ja, oder vielleicht waren es auch 5 m, das ist möglich.

Vors.:

Wir wollen Ihnen nachher mal die Skizze vorlegen, aber Sie könnten uns vielleicht das noch, bevor Sie die Skizze sehen, beschreiben. Waren Sie schon an diesem Treppenaufgang vorbei?

Zeuge Bi[schof]:

Am Treppenaufgang?

Vors.:

Ja. Es ist ja, neben dem Schrank kommt ja eine Treppe hoch.

Waren Sie schon in der ganzen Breite an diesem Treppenaufgang vorbei?

Zeuge Bi[schof]:

Ja, da war ich schon vorbei.

Vors.:

Waren Sie auch schon vorbei an Zimmer 335?

Zeuge Bi[schof]:

Ja, da war ich schon vorbei.

Vors.:

Das war ja Ihr eigener Aufenthaltsort. Aber allein bis zum Zimmer 335 von dieser Stelle aus, müßte es, wenn der Plan der hier vorliegt und der maßstabsgetreu stimmt, doch deutlich weiter gewesen sein als 5 m. Nun haben Sie sich aber noch entfernt gehabt? Können Sie sich da täuschen in Ihrer Schätzung

Zeuge Bi[schof]:

Moment, ja, ich könnte mich täuschen. Der Schrank, stimmt, da sind ja zwei Türen rausgegangen und da dahinter war der Schrank gestanden, stimmt.

Vors.:

Wenn Sie das jetzt nochmals überdenken, wie weit würden Sie dann Ihre Entfernung geschätzt in Metern angeben?

Zeuge Bi[schof]:

Ca. 8 m.

Vors.:

Ca. 8 m. Gut.

Dem Zeugen wird die Skizze aus Ordner 99 Blatt 125 übergeben mit der Bitte, seinen damaligen Standort zu bezeichnen. Die Beschriftung ist abgedeckt.

Der Vorsitzende stellt fest, daß der Zeuge auf eine Stelle, die gegenüber von Zimmer 335 liegt, zeigt.

Zeuge Bi[schof]:

Vielleicht ein bißchen weiter vorne.

Vors.:

Sogar noch ein bißchen weiter zurück. Jetzt wenn Sie es sich in der Skizze ansehen wollten, dort ist Ihr Name eingetragen, noch ein Stück weiter entfernt. Stimmt das dann nicht, dieser Eintrag?

[7703] Zeuge Bi[schof]:

Mein Name ist eingetragen?

Vors.:

Ja, in der Ecke drin.

Zeuge Bi[schof]:

Nein, hier nicht.

Vors.:

Sie waren also noch weiter ...?

Zeuge Bi[schof]:

Ich war weiter zurück.

Vors.:

Also noch im Bereich von Zimmer 335?

Zeuge Bi[schof]:

Ja.

Vors.:

Es wären doch wohl auch dieser Skizze nach größere Entfernungen wohl. Da müßte man schon auf 10 m mindestens gehen.

Zeuge Bi[schof]:

Könnte auch sein. So genau habe ich das jetzt nicht mehr ... Ich bin schon längere Zeit aus der Polizeidirektion heraußen.

Vors.:

Sie haben in dem Zusammenhang das früher wohl etwas anders angegeben. Sie haben gesagt, das halte ich Ihnen aus Blatt 150 vor des Ordners 99. „Während der Detonation war ich, wie ausgeführt, eben im Begriffe die Ecke zum Ostflur, Holbeinstraße zu überwinden“, heißt es hier.

Zeuge Bi[schof]:

So weit war ich noch nicht, als es gekracht hat. Denn da vorne an der Ecke, wo Sie jetzt schildern, da ist der Amtmann Wiedemann hingefallen durch den Luftdruck. Und da habe ich dann den Mann aufgehoben.

Vors.:

Und in 149 sagten Sie zum selben Punkt: „Ich kam den Gang des dritten Stocks entlang gerade um die Ecke zum ostwärts verlaufenden Trakt. Etwa vor dem Hauptzugang des Direktorzimmers Nr. 333.“ Das würde eigentlich der Eintragung in der Skizze eher entsprechen. Wissen Sie es noch?

Zeuge Bi[schof]:

So genau kann ich mich da nicht mehr erinnern.

Vors.:

Sie können es nicht mehr genau sagen. Dankeschön.

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe beim Gericht nicht. Die Herrn der Bundesanwaltschaft? Keine Fragen mehr. Die Herrn Verteidiger? Nicht. Wir wollen dann den Herrn Zeugen vereidigen.

Der Zeuge Bischof wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.48 Uhr entlassen.

Vors.:

Wir haben morgen folgendes Programm vor uns. Die Zeugin Müller, dann den Zeugen Johann Bauer, der Zeuge Vogler ist [7704] entschuldigt und krank. Das ist schon früher bekannt gegeben. Dann der Zeuge Eck, die Zeugin E[...], habe ich heute früh bekannt gegeben, liegt im Krankenhaus. Dann kommt der Zeuge Rosskopf, Zeugin Hansmann und Eirenschmalz. Außerdem kommt die Zeugin Erna Hofberger morgens. Notwendig scheinen Ordner 99 und 101. Damit sind wir am Ende des Programms.

Morgen Fortsetzung um 9.00 Uhr.

Ende der Sitzung um 15.49 Uhr

Ende von Band 425


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[3] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[4] Anlage 1 zum Protokoll vom 9. März 1976: Bestellung des Rechtsanwalts Augst als Vertreter für Rechtsanwalt Eggler.

[5] Notwendigerweise Gegenstand der Hauptverhandlung ist alles, was der Beantwortung der Schuld- und Straffrage dient, d.h. der Tathergang, die Schuld der/des Angeklagten sowie die Höhe der Strafe, da nur solche Tatsachen zur Begründung des Urteils herangezogen werden dürfen, die (prozessordnungsgemäß) in die Hauptverhandlung eingeführt wurden (§ 261 StPO). Für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für die Haftmodalitäten liegt die gerichtliche Zuständigkeit zwar auch beim Gericht der Hauptsache (§ 126 Abs. 2 StPO); allerdings erfolgt eine Erörterung der Fragen üblicherweise außerhalb der Hauptverhandlung, weil sie zur Beantwortung der Schuld- und Straffrage nicht von Belang sind.

[6] Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit muss in diesem Stadium der Hauptverhandlung unverzüglich, also „ohne eine nicht durch die Sachlage begründete Verzögerung“ (BGH, Urt. v. 10.11.1967 - Az.: 4 StR 512/66, BGHSt 21, S. 334, 339) erfolgen; andernfalls wäre sie nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO wegen Verspätung als unzulässig zu verwerfen. Zulässig ist allerdings, zunächst noch abzuwarten, ob sich der Eindruck der Befangenheit verfestigt (OLG München, Beschl. v. 22.11.2006 - Az.: 4 St RR 182/06, NJW 2007, S. 449, 451).

[7] Der Grund, aus welchem Richter/innen abgelehnt werden, muss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt. Mittel der Glaubhaftmachung kann auch das Zeugnis des/der abgelehnten Richter/in sein (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO).

[8] Siegfried Buback war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Generalbundesanwalt und damit Leiter der Strafverfolgungsbehörde „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“, welche das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 GVG) ausübt (§ 142a Abs. 1 GVG).

[9] So Generalbundesanwalt Buback im Gespräch mit den Spiegel-Redakteuren Rolf Lamprecht und Hans-Wolfgang Sternsdoff (Der Spiegel, Ausgabe 8/1976 vom 16.2.1976, S. 30, 34).

[10] Holger Meins war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Da der Senat ab Erhebung der öffentlichen Klage für Entscheidungen über die Haftbedingungen zuständig war (§ 126 Abs. 2 StPO), machten die Angeklagten u.a. den Senat, insbesondere aber den Vorsitzenden Dr. Prinzing verantwortlich für seinen Tod (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.).

[11] Die Verteidigung rügte die Besetzung des Gerichts, insbesondere die Besetzung der Position des Vorsitzenden mit Dr. Prinzing und äußerte die Vermutung, dieser sei durch die Staatsschutzbehörden ausgewählt worden, um das Verfahren in Stammheim zu führen; die eigentlich besetzte - allerdings wohl nicht mit dem geeigneten Kandidaten - Stelle sei dafür eigens freigeschaffen worden. Siehe hierzu den Antrag des Rechtsanwalts Schily auf Einstellung des Verfahrens (Anlage 2 zum Protokoll vom 5.6.1975, S. 123 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 2. Verhandlungstag), sowie die Ablehnung des Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit am 7. Verhandlungstag (Teil II der Anlage 1 zum Protokoll vom 19.6.1975, S. 44 ff. der Anlage). Zur dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden Dr. Prinzing s. S. 681 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, ebenfalls 7. Verhandlungstag.

[12] Markante Einschnitte in die Situation der Verteidigung lagen insbesondere in dem (allerdings durch den 1. Strafsenat des OLG Stuttgart beschlossenen) Ausschluss der Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele noch vor Beginn der Hauptverhandlung auf Grundlage des neu geschaffenen § 138a StPO wegen des Verdachtes der Tatbeteiligung (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 156 ff.), dem Ausschluss der Rechtsanwälte Golzem, Köncke und Spangenberg im November 1975 wegen des - ebenfalls vor Prozessbeginn eingeführten - Verbots der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO; OLG Stuttgart, Beschl. vom 4.11.1975 - Az.: 2 StE 1/74, NJW 1976, S. 157; s. dazu auch die Kritik der Verteidigung am 43. Verhandlungstag, S. 3320 f., 3338 ff., 3354 ff. und 3394 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung), sowie der Rücknahme der Bestellung des Rechtsanwalts von Plottnitz als Pflichtverteidiger des Angeklagten Raspe nur drei Tage später (die Verfügung vom 7.11.1975 ist abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 70 ff.; s. hierzu auch die auf diese Verfügung gestützte und am 43. Verhandlungstag im Namen des Angeklagten Raspe von Rechtsanwalt Mairgünther vorgetragene Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit, S. 3308 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[13] Nach § 231a StPO kann die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Angeklagten fortgeführt werden, wenn diese noch nicht zur Anklage vernommen wurden, sie sich vorsätzlich und schuldhaft in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit versetzt haben und das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält. Die Norm wurde durch das Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) eingeführt. Sie war Bestandteil weiterer strafprozessualer Reformen, durch welche die Rechte der Angeklagten sowie der Verteidigung erheblich eingeschränkt wurden (Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 72 ff.). Da viele der Vorschriften im Hinblick auf das anstehende Stammheimer Verfahren beschlossen wurden, wurden sie u.a. als „lex RAF“ kritisiert (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 132 ff.). Bereits vor dem Inkrafttreten der neuen Norm war eine solche Vorgehensweise zumindest für den Zeitraum nach Vernehmung der Angeklagten zur Sache (§ 243 Abs. 5 StPO) zulässig, da das eigenmächtige Versetzen in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit mit dem eigenmächtigen Entfernen der Angeklagten aus der Hauptverhandlung gleichgesetzt wurde (so BGH, Urt. v. 22.4.1952 - Az.: 1 StR 622/51, BGHSt 2, S. 300, 304). Für diesen Fall galt schon damals § 231 Abs. 2 StPO, der die Fortsetzung der Hauptverhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglichte. Die Einführung des § 231a StPO führte nur insofern zu einer Verschärfung der Rechtslage, als dass die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten nun bereits vor Abschluss der Vernehmung zur Sache möglich wurde. Für die Zeit danach ist auch heute noch § 231 Abs. 2 StPO anwendbar (Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 231 Rn. 16 und § 231a Rn. 1 f., 10; Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 231 Rn. 17 ff.).

[14] Da die vollständige Verhandlungsfähigkeit - d.h. die Fähigkeit, „in und außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen“ (BGH, Beschl. v. 08.02.1995 - Az.: 5 StR 434/94, BGHSt 41, S. 16, 18) - der Angeklagten durch die Verteidigung seit Beginn der Hauptverhandlung immer wieder bestritten wurde, beauftragte das Gericht mit Beschluss vom 18.7.1975 eine Kommission aus Sachverständigen verschiedener Fachrichtungen mit der Begutachtung der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten (der Beschluss selbst ist nicht im Protokoll enthalten, vgl. aber den ergänzenden Beschluss in Anlage 2 zum Protokoll vom 29.7.1975, S. 1570 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 20. Verhandlungstag; zur Chronologie der Beauftragungen der verschiedenen Gutachter s. die Ausführungen des Rechtsanwalts von Plottnitz am 26. Verhandlungstag, S. 2093 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Die abschließenden Gutachten, die am 39. Verhandlungstag bekannt gegeben wurden, legten eine zeitlich beschränkte Verhandlungsfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nahe. Die Gutachten sind im Protokoll nicht enthalten. Auszüge finden sich in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 207 ff., sowie Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 117 ff. Dem lässt sich entnehmen, dass die Internisten Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Schröder von einer eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit von drei Stunden pro Tag ausgingen, wobei kürzere Pausen nicht mit einzubeziehen seien (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 208). Am 40. Verhandlungstag verkündete der Vorsitzende Dr. Prinzing schließlich den Senatsbeschluss, wonach die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten fortgesetzt werde (s. Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag). Der BGH bestätigte diese Entscheidung mit Beschluss vom 22.10.1975, wies allerdings darauf hin, dass die Angeklagten nicht davon abgehalten werden dürften, freiwillig weiter an der Hauptverhandlung teilzunehmen (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 STE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[15] Neben den in Fn. 12 genannten Verteidigern könnten gemeint sein: Rechtsreferendar Dr. Temming, der ab dem 41. Verhandlungstag als amtlicher Vertreter der Rechtsanwältin Becker auftrat; aus den Diskussionen am 43. Verhandlungstag geht hervor, dass das Landgericht Stuttgart die amtliche Bestellung als allgemeiner Vertreter von Rechtsanwältin Becker aufgehoben haben dürfte (S. 3318, 3340, 3356 des Protokolls der Hauptverhandlung). Ähnliches dürfte auch in Bezug auf den Rechtsreferendar Düx, amtl. Vertreter von Rechtsanwalt von Plottnitz, geschehen sein, wobei dies lediglich angedeutet wird (S. 3340 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 43. Verhandlungstag). Die Rechtsanwältin Becker wurde zwar nicht von der weiteren Mitwirkung im Verfahren ausgeschlossen, allerdings wurde ihre Bestellung als Pflichtverteidigerin Verfügung vom 17.10.1975 zurückgenommen (vgl. S. 3146 des Protokolls der Hauptverhandlung, 41. Verhandlungstag), wobei die Gründe für die Entpflichtung nicht aus dem Protokoll hervorgehen. Die Zurücknahme der Beiordnung des Rechtsanwalts Riedel (für die Angeklagte Meinhof) erfolgte schließlich auf eigenen Antrag (s. S. 5179 des Protokolls der Hauptverhandlung, 57. Verhandlungstag). Die wenigsten dieser Entscheidungen (nämlich ausschließlich die Entpflichtungen) wurden unmittelbar durch den Vorsitzenden Dr. Prinzing getroffen. Die Ausschlüsse nach § 146 StPO (Fn. 12) erfolgten immerhin unter seiner Mitwirkung durch den 2. Strafsenat des OLG Stuttgart.

[16] Ehrengerichtsverfahren (heute: anwaltsgerichtliche Verfahren) können im Falle einer Verletzung berufsrechtlicher Pflichten von Anwält/innen durch die Staatsanwaltschaft vor speziellen Anwaltsgerichten, früher „Ehrengerichte“ eingeleitet werden (§ 121 BRAO). Diese können verschiedene Maßnahmen gegen den Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin verhängen; diese reichen - je nach Schwere des Verstoßes - von einer Warnung (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) bis zum Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO a.F.; heute: § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO). Gegen die Verteidiger/innen in den RAF-Prozessen wurden zahlreiche solcher Ehrengerichtsverfahren eingeleitet (s. dazu etwa das Interview mit von Plottnitz, in Diewald-Kerkmann/Holtey [Hrsg.], Zwischen den Fronten, 2013, S. 91, 95 f.; s. auch die Dokumentation von Ehrengerichtsverfahren von Spangenberg, Kritische Justiz 1976, S. 202).

[17] Die Zurücknahme der Bestellung als Pflichtverteidiger/in (Entpflichtung) war ausdrücklich nur für den Fall vorgesehen, dass demnächst ein/e andere/r Verteidiger/in gewählt wird und diese/r die Wahl annimmt (§ 143 StPO a.F.; heute: § 143a Abs. 1 Satz 1 StPO). Überwiegend wurde aber angenommen, dass die Zurücknahme der Bestellung auch über diesen Fall hinaus aus einem wichtigen Grund zulässig ist (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 244). Als wichtiger Grund wurde auch die grobe Pflichtverletzung nach voriger Abmahnung gesehen; bloßes prozessordnungswidriges oder unzweckmäßiges Verhalten reicht hingegen nicht aus, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, die ordnungsgemäße Erfüllung der Verteidigungspflichten zu überwachen (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 25 ff.; s. auch Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 143 Anm. 3). Seit dem 13.12.2019 enthält § 143a Abs. 2 Nr. 3 StPO (eingeführt durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128) ausdrücklich die Möglichkeit der Entpflichtung, wenn „aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung des Beschuldigten gewährleistet ist“. Darunter fällt nun auch der Fall der groben Pflichtverletzung (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 26). Im Laufe der Hauptverhandlung wurden mit Ausnahme des Rechtsanwalts Schily alle beigeordneten Vertrauensverteidiger/innen wieder entpflichtet (Rechtsanwalt Riedel allerdings auf eigenen Antrag, Fn. 15).

[18] Zum Erfordernis der Unverzüglichkeit s. bereits Fn. 6.

[19] Verfügung: Frist zur Stellungnahme und voraussichtliche Fortsetzung der Hauptverhandlung.

[20] Dienstliche Äußerung des Vorsitzenden Dr. Prinzing.

[21] Stellungnahme des Prof. Azzola zur dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden Dr. Prinzing.

[22] Eine Gegenvorstellung ist ein Rechtsbehelf, der zwar nicht in der Strafprozessordnung vorgesehen, allerdings in Rechtsprechung und Literatur überwiegend anerkannt ist. Sie beinhaltet die formlose Aufforderung, über eine getroffene Entscheidung erneut zu befinden und die Entscheidung aufzuheben oder abzuändern (Hoch, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafprozessordnung, 4. Aufl. 2020, Vor §§ 296 ff. Rn. 39 ff.).

[23] Gegenvorstellungen sind grundsätzlich nur zulässig, wenn das Gericht auch befugt wäre, die eigene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben, so z.B. in den Fällen, in denen eine ordentliche Beschwerde zulässig wäre (die Abänderungsbefugnis ergibt sich für diesen Fall aus § 306 Abs. 2 StPO). Da die Beschwerde gegen Beschlüsse des OLG in erster Instanz in der Regel ausgeschlossen ist (§ 304 Abs. 4 Satz 2 StPO), kommt auch eine Gegenvorstellung in diesen Fällen grundsätzlich nicht in Betracht. Ausnahmen sollen aber für Fälle gelten, in denen eine Grundrechtsverletzung (auch in Form der Verletzung rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht wird (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 59. Aufl. 2016, Vor § 296 Rn. 25) oder die Beseitigung groben prozessualen Unrechts anders nicht behoben werden kann (Allgayer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 296 Rn. 14). Diese Ausnahmen sind durchaus umstritten (ablehnend etwa Allgayer, a.a.O. Rn. 15).

[24] Anlage 2 vom Protokoll vom 9.3.1976: Senatsbeschluss (Zurückweisung der Ablehnung als unbegründet).

[25] Abgelehnte Richter/innen können bei der Entscheidung über die Begründetheit der sie selbst betreffenden Ablehnung nicht mitwirken (§ 27 Abs. 1 StPO).

[26] Über die Ablehnung eines Mitglieds des erkennenden Spruchkörpers entscheidet das Gericht in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung (§ 27 Abs. 2 StPO), d.h. im Falle eines OLG-Senats mit drei Berufsrichter/innen (§ 122 Abs. 1 GVG).

[27] Außerhalb der Hauptverhandlung entscheiden die Senate der Oberlandesgerichte in der Besetzung von drei Mitgliedern (§ 122 Abs. 1 GVG).

[28] Die Ablehnung ist nach § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO als unzulässig zu verwerfen, wenn „durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen“.

[29] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).

[30] Der Verteidigung ist auf Verlangen - ebenso wie der Staatsanwaltschaft - nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[31] Urkunden wurden zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 Satz 1 StPO a.F.). Heute ist zu diesem Grundsatz eine weitere Möglichkeit des Urkundenbeweises hinzugetreten: Anstelle der Verlesung kann die Urkunde in einigen Fällen mittels Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt werden (§ 249 Abs. 2 StPO), was eine Ausnahme zum sonst im Strengbeweis geltenden Mündlichkeitsgrundsatz darstellt (Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, Einl. Rn. 185, 189).

[32] Die Aufgabe von Zeug/innen ist es, eine persönliche Wahrnehmung über einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang zu bekunden (BGH, Urt. v. 12.3.1969 - Az.: 2 StR 33/69, BGHSt 22, S. 347, 348), wobei es nur auf Tatsachen ankommt. Dazu gehören auch sog. innere Tatsachen, wie die eigene Überzeugung, bestimmte Motive etc. (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Vor § 48 Rn. 2). Im Unterschied dazu vermitteln Sachverständige Sachkunde oder wenden diese bei der Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts an. Bei der Bekundung von Tatsachen ist zu unterscheiden: Wurde die bekundete Tatsache im Rahmen eines behördlichen Auftrages aufgrund der besonderen Sachkunde wahrgenommen, fällt auch die Tatsachenbekundung in den Aufgabenbereich der Sachverständigen. Wurde die Tatsache hingegen ohne Auftrag, aber dennoch aufgrund einer gewissen Sachkunde wahrgenommen, sind die Regeln für den Zeugenbeweis anwendbar (sog. sachverständiger Zeuge, § 85 StPO; s. zur Abgrenzung Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 85 Rn. 2 f.).

[33] Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung sah § 59 StPO a.F. die Vereidigung von Zeug/innen noch als Regelfall vor, wenn nicht ein Vereidigungsverbot (§ 60 StPO a.F.) vorlag. Nach § 61 StPO a.F. konnte das Gericht zudem in Ausnahmefällen von der Vereidigung absehen. Diese Möglichkeit bestand auch bei Zeug/innen, die als Verletzte der Straftat galten (§ 61 Nr. 2 StPO a.F.).

[34] Hinter § 61 Nr. 2 StPO a.F. stand die Erwägung, dass Verletzte oftmals gegen Beschuldigte voreingenommen sein könnten (Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 61 Anm. 5). Durch die Ausnahmemöglichkeit sollte verhindert werden, dass Verletzte durch diese vorbelastete Beziehung zur beschuldigten Person einem höheren Risiko des strafbaren Meineids ausgesetzt werden. Stand eine hierdurch beeinflusste unwahre Aussage allerdings nicht zu befürchten, so war die Vereidigung in der Regel durchzuführen (Kohlhaas, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 1, 22. Aufl. 1971, § 61 Anm. 1 lit. b cc).


[a] Handschriftlich ersetzt: KOI durch KHK

[b] Handschriftlich eingefügt: POK

[c] Handschriftlich ersetzt: KOI durch KOK

[d] Handschriftlich ersetzt: Bestellungsurkunde durch Bestallungsurkunde

[e] Maschinell eingefügt: die es,

[f] Handschriftlich eingefügt: dann

[g] Handschriftlich durchgestrichen: das

[h] Maschinell eingefügt: will

[i] Maschinell ersetzt: Freter ist durch Schäfers ich

[j] Maschinell ersetzt: Herrn durch an

[k] Maschinell ersetzt: ... durch daran ist

[l] Handschriftlich ersetzt: Lügen, Manipulationen durch Lügenmanipulationen

[m] Handschriftlich ersetzt: aus durch ob

[n] Handschriftlich eingefügt: durch

[o] Maschinell ersetzt: und durch im

[p] Handschriftlich eingefügt: der

[q] Handschriftlich ersetzt: Untersuchungstatsachen durch Untersuchung von Tatsachen

[r] Maschinell ersetzt: ... durch getürkten

[s] Maschinell durchgestrichen: Struktur

[t] Maschinell ersetzt: ... durch Rekonstruktion

[u] Maschinell durchgestrichen: entziehen

[v] Handschriftlich eingefügt: hier

[w] Handschriftlich eingefügt: Jetzt

[x] Handschriftlich ersetzt: an diesen durch in diesem

[y] Handschriftlich ersetzt: beziehe durch bezieht

[z] Handschriftlich eingefügt: er

[aa] Handschriftlich ergänzt: sich

[bb] Maschinell durchgestrichen: von

[cc] Handschriftlich ersetzt: Das durch Es

[dd] Handschriftlich durchgestrichen: man

[ee] Maschinell ersetzt: anwesend durch nunmehr auch anwesend

[ff] Maschinell eingefügt: wieder

[gg] Maschinell eingefügt: wie inzwischen

[hh] Maschinell eingefügt: wird

[ii] Maschinell ersetzt: gesagt durch gesagt: „Ich habe dies

[jj] Maschinell eingefügt: er

[kk] Maschinell ersetzt: gegen durch der Ihnen

[ll] Maschinell ersetzt: Mai. durch Dr.Foth.

[mm] Handschriftlich ergänzt: der

[nn] Maschinell durchgestrichen: derselben

[oo] Maschinell ersetzt: ... durch ihn über

[pp] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[qq] Maschinell eingefügt: mit

[rr] Handschriftlich ergänzt: diesen

[ss] Maschinell durchgestrichen: Angekl.Baa.

[tt] Maschinell durchgestrichen: also

[uu] Maschinell durchgestrichen: wir

[vv] Maschinell eingefügt: die

[ww] Handschriftlich ergänzt: darum

[xx] Handschriftlich durchgestrichen: und

[yy] Maschinell durchgestrichen: sich

[zz] Maschinell ersetzt: ... durch insgesamt

[aaa] Maschinell ergänzt: verweise

[bbb] Maschinell eingefügt: mehr

[ccc] Maschinell ersetzt: im durch wieder im

[ddd] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[eee] Maschinell eingefügt: so

[fff] Handschriftlich ergänzt: lagen

[ggg] Maschinell durchgestrichen: dafür

[hhh] Handschriftlich eingefügt: die

[iii] Maschinell durchgestrichen: Raumes

[jjj] Maschinell eingefügt: S. 100

[kkk] Handschriftlich eingefügt: die

[lll] Handschriftlich ersetzt: der öffentlichen Arbeit durch die Öffentlichkeitsarbeit

[mmm] Handschriftlich ersetzt: anwesend durch Anwesen

[nnn] Maschinell eingefügt: wieder

[ooo] Maschinell eingefügt: verlässt

[ppp] Handschriftlich eingefügt: in

[qqq] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch 129

[rrr] Handschriftlich ergänzt: Funden

[sss] Handschriftlich ergänzt: führte

[ttt] Maschinell durchgestrichen: Zg. Lu.:

[uuu] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[vvv] Maschinell ersetzt: Stück durch Stock

[www] Maschinell eingefügt: B 48 Pos. 25

[xxx] Maschinell ergänzt: Zustand

[yyy] Handschriftlich eingefügt: haben

[zzz] Handschriftlich eingefügt: der

[aaaa] Maschinell durchgestrichen: blauen

[bbbb] Maschinell ersetzt: haben durch fanden

[cccc] Maschinell durchgestrichen: Ri Mai

[dddd] Handschriftlich von unten eingefügt: Dem Zeugen wird nochmals das Asservat B 48 Pos. 2 vorgelegt.

[eeee] Maschinell durchgestrichen: ein Zeuge

[ffff] Handschriftlich ergänzt: stammend

[gggg] Maschinell ersetzt: umgesehen, nachdem durch umgehend, nachdem

[hhhh] Maschinell durchgestrichen: dieser Knall erfolgte

[iiii] Handschriftlich durchgestrichen: Prof.Dr. Azzola und

[jjjj] Maschinell eingefügt: mehr

[kkkk] Maschinell ersetzt: ebenfalls durch weiterhin

[llll] Maschinell eingefügt: wieder

[mmmm] Maschinell durchgestrichen: vorgelegt

[nnnn] Maschinell eingefügt: die

[oooo] Maschinell durchgestrichen: die

[pppp] Handschriftlich ersetzt: Schi. durch Schn.

[qqqq] Maschinell ersetzt: Punktsicherungen durch Punzierungen

[rrrr] Handschriftlich eingefügt: könnten

[ssss] Maschinell ersetzt: Lin. durch Fin.

[tttt] Maschinell ersetzt: Bescheid geben durch beschreiben

[uuuu] Handschriftlich durchgestrichen: denn

[vvvv] Handschriftlich durchgestrichen: es

[wwww] Handschriftlich ergänzt: stammten

[xxxx] Handschriftlich durchgestrichen: und

[yyyy] Maschinell ersetzt: im durch den

[zzzz] Maschinell eingefügt: ich

[aaaaa] Handschriftlich eingefügt: mit Zentimeter-Maß

[bbbbb] Handschriftlich ergänzt: hatte

[ccccc] Handschriftlich durchgestrichen: er

[ddddd] Maschinell durchgestrichen: Also

[eeeee] Maschinell ersetzt: ... durch annähernd

[fffff] Maschinell ersetzt: ebenfalls durch endgültig

[ggggg] Maschinell durchgestrichen: er

[hhhhh] Maschinell ersetzt: jede durch hier

[iiiii] Maschinell eingefügt: Blatt

[jjjjj] Handschriftlich durchgestrichen: Verteidigung