3. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 10. Juni 1975, 9.08 Uhr



[172] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 10. Juni 1975, 9.08 Uhr

(3. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte waren anwesend:

Just. Ass. z. .A. Clemens, Just. Ass. z. A. Scholze.

Sämtliche Angeklagte mit ihren Verteidigern (wie am 1. Verhandlungstag) waren anwesend.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort, nach unserem Terminsplan wie es vorgesehen war. Wir kommen heute, wenn keine Anträge zuvor gestellt werden sollen, zur Vernehmung zur Person.[1]

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Baader bat mich, daß er eine Erklärung abzugeben hat.

Vors.:

Zu welchen Punkten.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Da müssen Sie Herrn Baader fragen!

Vors.:

Herr Baader bitte.

Angekl. B[aader]:

Mehr zur Frage meines Verteidigers. Also Sie haben eine dreiviertel Stunde zugestanden, für ein Gespräch, das ein Mandat begründen soll, in einem Verfahren, auf das die Bundesanwaltschaft sich drei Jahre vorbereitet hat. Das war natürlich nicht möglich. Ich müßte also mit dem Verteidiger Heldmann, der sich bereit hält, jedenfalls nochmals sprechen. Das heißt, eine ganze Reihe von Gesprächen führen.

Vors.:

Das können sie jederzeit.

Angekl. B[aader]:

Ja, ja.

[173] Vors.:

Bloß nicht während der Verhandlung.

Angekl. B[aader]:

Ich hab ja nicht gesagt, daß ich das Gespräch mit ihm während der Verhandlung führen will, sondern ich wollte beantragen, daß Sie die Verhandlung unterbrechen, bis die Gespräche geführt sind. Und wenn wir da zustande gekommen sind, das würde ich sagen, ja zumindest heute vormittag. Denn ich konnte ihn erst gestern unmittelbar bevor die Anstalt die[a] Türen zugemacht hat, konnte ich mit ihm sprechen eine dreiviertel Stunde. Und das ist natürlich zuwenig.

Vors.:

Herr Baader, Sie haben bereits durch meine Verfügung vom 3. Februar dieses Jahres die Mitteilung bekommen, daß für bestimmte Anwälte aufgrund der neuen Gesetzeslage insoweit Gefahren bestünden, also aus Rechtsgründen ihr Verbleiben im Verfahren nicht mehr gesichert sei.[2]

Angekl. B[aader]:

Was soll ich daraus schließen. Das ist eine Entscheidung, die also erst später gefallen ist, präzisiert haben. Daraus sollte ich also schließen, sozusagen nach dieser Andeutung, daß diese Verteidiger ausgeschlossen werden.

Vors.:

Sie haben dann selbst erlebt, wie der eine und andere Ihrer Verteidiger ausgeschlossen wurde.[3]

Angekl. B[aader]:

Das hab ich erlebt.

Vors.:

Und Sie hatten seit diesem Zeitpunkt eigentlich die Gelegenheit, sich nach neuen Wahlverteidigern umzusehen. Sie haben das Recht, drei Wahlverteidiger zu haben, nach dem Gesetze,[4] jederzeit sich danach umzusehen.

Angekl. B[aader]:

Ja das würde ich eigentlich für eine Infamie halten, wie Sie das hier darstellen. Sie wissen genau, daß der letzte Verteidiger eine Woche vor Beginn der Haupt- [174] verhandlung ausgeschlossen worden ist.

Vors.:

Herr Baader, Sie haben insgesamt, wir haben es nachgezählt, im Verfahren 26 Verteidiger gehabt, die irgendwann mal ...

Angekl. B[aader]:

Nie, das ist einfach Unsinn. Sie wissen genau, wenn ein Verteidiger aus einer Sozietät legitimiert ist für einen von uns, dann ist doch damit nicht zwangsläufig die ganze Sozietät unser Verteidiger.

Vors.:

So war es damals.

Angekl. B[aader]:

Das wissen Sie genau. Und so kommen diese idiotischen Zahlen zustande.

Vors.:

Ja, Herr Baader, eines lassen Sie sich sagen. Ich setze mich mit Ihnen nicht auseinander, wenn Sie in dieser Tonart sprechen. Weder Unsinn noch Idiotie und dergleichen nehmen wir hier hin.

Angekl. B[aader]:

Aber warum versuchen Sie denn hier permanent, diesen ganzen demagogischen Dreck hier aufzuräumen. Sie wissen genau, daß ich nie mehr als 8 Verteidiger gehabt habe. Da kommen Sie hier mit Zahlen, wie 34, an.

Vors.:

Und jeder dieser 8, wenns bloß waren, wären jetzt zu rufen gewesen. Er hätte sich möglicherweise, wenn die ...

Angekl. B[aader]:

Das ist nicht der Fall, denn Sie wissen, daß nach diesem Gesetz, daß ein Verteidiger nur ein Mandanten in diesem Verfahren verteidigen kann, ja auch sozusagen die[b] Verteidiger aufgeteilt werden mußten, auf vier Angeklagte.[5] Also ist das schon mal falsch. Die Verteidiger, die überhaupt verfügbar waren, für uns, für dieses Verfahren, bzw. verfügbar geblieben sind, die sitzen hier.

[175] Vors.:

Aber es sind noch einige Verteidiger, die sich vorbereitet haben, auf das Verfahren, mit denen Sie hatten sprechen können. Aber es geht nicht um das. Ich kann Ihre Verteidiger nicht persönlich aufteilen. Es bleibt dabei, daß sie längere Zeit die Gelegenheit gehabt hätten, sich darum zu bemühen, nachdem sie merkten, daß die Ausschlußgesetze für Ihre bestellten Verteidiger zu Gefahrenquellen wurden, daß Sie da nach einem Verteidiger Ausschau gehalten hätten. Es ist nicht notwendig, daß Sie jetzt damit erst während dieser ersten Verhandlungstage begonnen haben. Es ist keine Möglichkeit gegeben, heute zu unterbrechen aus diesem Grunde.

Angekl. B[aader]:

Sie meinen grundsätzlich, daß bei den Schwierigkeiten, die es überhaupt gibt, bei diesem Verfahren Verteidiger zu finden, nach der Diffamierung und der Hetze, der sie ausgesetzt sind. Daß man also sozusagen präventiv, bevor überhaupt der Ausschuß verkündet ist, obwohl er auch ganz überstürzt durchgezogen wurde, man sich Verteidiger sozusagen schon in Vorbereitung halten soll.

Vors.:

Gar nicht. Ich bin aber der Meinung, daß Sie Wochen vor dem Beginn dieser Hauptverhandlung die Gelegenheit gehabt hätten, sich um Verteidiger zu bemühen, nachdem Sie die Gefahren sahen.

Angekl. B[aader]:

Aber ich hatte drei Verteidiger. Ich weise darauf nochmals ausdrücklich hin. Bis eine Woche vor Beginn der Hauptverhandlung habe ich Verteidiger gehabt. Sie sind ausgeschlossen worden.

Vors.:

Sie haben jetzt Herrn Feldmann angesprochen. Sie haben zwei weitere Herrn benannt. Das wäre schon früher möglich gewesen, Herr Baader. Heute wird deswegen nicht unterbrochen.

RA Sch[ily]:

... Herr Prinzing, heißt der Kollege nicht Feldmann. Im übrigen möchte ich doch erklären, daß es[c] ja gar keine ge- [176] setzliche Grundlage dafür gibt, daß hier ein Verteidigergespräch rationiert wird. Wo gibt’s denn so was? Nicht wahr, daß wir einfach auf dreiviertel Stunden ein Verteidigergespräch beschränken.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, wen vertreten Sie, ... Herr Rechtsanwalt, Augenblick bitte, wen vertreten Sie jetzt?

RA Sch[ily]:

Wenn Sie ja mir gestatten, daß ich also zu Ende spreche ...

Vors.:

Nein, Herr Rechtsanwalt, ich möchte wissen, wen Sie im Augenblick vertreten.

RA Sch[ily]:

Das sollte doch bekannt sein, daß ich Frau Ensslin vertrete. Das steht ja in den Akten.

Vors.:

Im Augenblick war das Gespräch mit Herrn Baader.

Und Sie haben die Gepflogenheit, das ist uns schon länger aufgefallen, wir haben es bisher hingenommen, sich das Wort zu nehmen, wann es Ihnen behagt. Aber das ist nicht der Sinn einer Hauptverhandlung.

RA Sch[ily]:

Naja, sicherlich habe ich ja das Recht, hier auch Ausführungen als Verteidiger zu machen.

Vors.:

Für wen?

RA Sch[ily]:

Für Frau Ensslin. Und das tue ich. Und ich meine, daß ich auch dadurch das Recht habe, zur allgemeinen Rechtskenntnissen beizusteuern und da meine ich, daß es dazugehört, zu sagen, daß man ein Verteidigergespräch nicht auf dreiviertel Stunden rationieren kann. Sie haben ja die Freundlichkeit besessen, mir ein Gespräch zu ermöglichen von einer Stunde. Sogar aufgeteilt auf zwei Zeitpunkte, also zweimal eine halbe Stunde. Erst recht verstehe ich nicht, das haben Sie mir ja nicht gestattet als Verteidiger von Herrn Baader, der ich ja nicht sein kann, nach den gesetzlichen Bestimmungen, sondern als normaler [177] Besucher, wobei Sie dann die Überwachung haben entfallen lassen. Aber wenn ich eine Stunde reden kann, dann verstehe ich erst recht nicht, warum Herr Heldmann nur eine dreiviertel Stunde reden kann. Da hat Herr Baader doch vollkommen recht, nichtwahr, daß man sagt, bei einem Verfahren dieses Umfanges, ist es vollkommen unerklärlich, warum dieses Gespräch mit dem Kollegen Heldmann auf dreiviertel Stunden beschränkt wird. Das müßte doch mal vom Gericht plausibel gemacht werden.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich stelle fest, daß keine Gelegenheit ausgelassen wird, das, was hier geschieht, in Zweifel zu ziehen und zwar in ein schlechtes Licht zu setzen. Tatsache ist, daß man Ihnen die Gelegenheit gegeben hat, Herrn Baader zu beraten, rechtsanwaltschaftlich, obwohl Sie nicht Verteidiger sind. Herr Rechtsanwalt Heldmann war zu dem Zeitpunkt, als er jetzt Herrn Baader besuchte, keineswegs Verteidiger. Es sollte nur ein Gespräch geführt werden, ob er bereit wäre, als Verteidiger einzuspringen. Dazu ist die dreiviertel Stunde, üblicherweise ist die Besuchszeit, es richtet sich ja das nach der Untersuchungshaft-Vollzugsordnung, eine viertel bzw. eine halbe Stunde, Die Besuchszeit von einer dreiviertel Stunde festgesetzt worden. In dem Moment, wo sich Herr Rechtsanwalt Heldmann bereit findet, als Verteidiger hier einzutreten, hat er jederzeit Gelegenheit, außerhalb der Hauptverhandlung natürlich, sich weiter mit Herrn Baader zu unterhalten.

Außerdem wird er auch jederzeit Gelegenheit bekommen, solche Gespräche, die sich nur um die Frage der Übernahme drehen, jederzeit zu wiederholen.

RA Sch[ily]:

Aber Herr Vorsitzender, ich weiß nicht ...

Vors.:

Darf ich jetzt bitten, daß wir diesen Punkt abbrechen, Herr Rechtsanwalt, es hat Herr Baader den Antrag gestellt, zu unterbrechen, damit er jetzt, heute vormittag [178] sich weiter mit Herrn Rechtsanwalt Heldmann unterhalten kann. Ich habe gesagt, deswegen wird nicht unterbrochen. Wenn diese Maßnahme beanstandet wird, dann gibts dazu den gesetzlichen Weg.[6] Sonst fahren wir fort.

RA Sch[ily]:

Herr Vorsitzender, vielleicht ist es aber doch von Interesse, was, Moment, in anderen Gebieten für eine ...

(Vors. und RA Sch[ily] sprechen durcheinander)

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, für wen sprechen Sie?

RA Sch[ily]:

... dieses Gericht dann doch vielleicht in irgendeiner Weise zu fördern ...

Vors.:

Für wen Sie jetzt sprechen, Herr Rechtsanwalt?

RA Sch[ily]:

Ich spreche für Frau Ensslin, und ich will Ihnen berichten von der Praxis in Berlin. Da ist es selbstverständlich, wenn ich einen Sprechschein bekomme, dann bekomme ich als erstes Kontaktmöglichkeit mit meinem Mandanten, dem zukünftigen Mandanten. Und dann ist es eine Selbstverständlichkeit, wenn ich diesen ersten Sprechschein in der [d] Untersuchungshaftanstalt Moabit abgebe, dann habe ich noch kein Mandat, dann kann ich einen Tag lang sprechen, solange es mir beliebt.

Vors.:

Gut.

RA Sch[ily]:

Und wenn es ein Prozeß ist von größerem Umfang, dann werde ich vielleicht auch länger brauchen als dreiviertel Stunde.

Vors.:

Wir nehmen das zur Kenntnis. Ja.

RA Sch[ily]:

Und es ist mir unverständlich, wie Sie hier eine andere Praxis in Stuttgart-Stammheim entwickeln wollen. Aber das, wie gesagt, fügt sich in das Bild ein, das negative [179] von dem Sie selber gesprochen haben. Aber das negative Bild das zeichnen nicht wir, sondern da sind Sie in eigener Tätigkeit ...

Vors.:

Es ist in Ordnung, Herr Rechtsanwalt. Und jetzt, wenn Sie vielleicht noch hinzufügen wollten, was das mit der Verteidigung von Frau Ensslin zu tun gehabt hat.

RA Sch[ily]:

Das hat sicherlich was damit zu tun, denn Sie wissen ja selber, daß hier die Verteidigung untereinander eine gewisse Beziehung hat, da sagen Sie ja wiederum in Ihren früheren Erkenntnissen, nichtwahr, daß das eine Einheit darstellt, das Verfahren. Und jetzt an dieser Stelle wiederum wollen Sie die säuberliche Trennung.

Ich versteh Sie da überhaupt nicht mehr.

Vors.:

Ich komm nicht mit, was Sie sagen. Wir haben nie mehr von der Einheit und Blockverteidigung gesprochen. Aber wir wollen damit dieses Gespräch abbrechen.

Herr Baader, bitte.

Angekl. B[aader]:

Wir haben zehn Minuten darüber gesprochen, am letzten Verhandlungstag, haben Sie hier zehn Minuten darüber gesprochen. Da haben Sie angeboten, als eine ganz eigenartige Figur sozusagen, daß die vier Verteidiger, die hier sitzen, mich so etwas noch mitverteidigen können. Das war Ihre Formulierung.

(Vors. und Angekl. B[aader] sprechen durcheinander).

Vors.:

Ich bin nicht bereit, ständig zu wiederholen, Herr Baader, um was es ging.

Angekl. B[aader]:

Ich habe zunächst hier zu beantragen, über das, was Sie also jetzt hier so zunächst ausgesprochen haben einen Gerichtsbeschluß.

Vors.:

Wollen die Herrn von der Bundesanwaltschaft Stellung nehmen. Es ist also jetzt gerichtliche Entscheidung beantragt gegen meine ...

[180] BA Dr. W[under]:

Die Bundesanwaltschaft kann nicht anders Stellung nehmen als am letzten Sitzungstag. Der Herr Baader hat zwei Pflichtverteidiger, die Ihm einmal aus Fürsorgegründen und zum anderen auch zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet wurden.[7] Er ist damit hinreichend verteidigt. Wenn er sich dieser Herren nicht bedienen will, ist es seine Sache. Für eine Unterbrechung besteht nicht der geringste Anlaß.

Angekl. B[aader]:

Naja, dazu habe ich nochmals festzustellen und immer wieder festzustellen, daß diese Verteidiger dort drüben mich nicht verteidigen können.[8] Mich nicht vertreten, mit mir nie gesprochen haben und mich auch nie sprechen werden.

Vors.:

Um in Zukunft Ordnung reinzubekommen, insbesondere wegen des Protokolles, bitte ich die Lautsprecher zu bedienen auf meine Anweisung. Sonst kommen wir hier nie zu einer klaren Verhandlung.

Nach geheimer Umfrage verkündet der Vorsitzende den B e s c h l u ß :

Das Gericht hat soeben nach geheimer Umfrage beschlossen, daß die Hauptverhandlung nicht unterbrochen wird.

Wir kommen damit ... Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, bitte.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich habe auf diesen Beschluß hin zu beantragen, zunächst mal die Hauptverhandlung für etwa 15 Minuten zu unterbrechen. Die Tatsache, daß der Senat hier es offenkundig darauf anlegt, einem der Gefangenen, die Versuche eines der Gefangenen sich eines Verteidigers seines Vertrauens und seiner Wahl zu bedienen, offen zu torpedieren, gibt Anlaß für alle übrigen Verteidiger der übrigen Gefangenen, sich darüber zu beraten und die jetzt eingetretene prozessuale Situation zu erörtern.

Vors.:

Zum sachlichen Inhalt Ihrer Ausführung will ich nicht Stellung nehmen. Aber als Vorsitzender sage ich, es wird nicht unterbrochen.

[181] RA Sch[ily]:

... um eine halbe Stunde.

Vors.:

Mit welcher Begründung, Herr Rechtsanwalt.

RA Sch[ily]:

Aufgrund dies eben nach geheimer Beratung[9] zustandegekommenen Entscheidung des Senats.

Vors.:

Sollte das nun eine Maßnahme sein, die Sie beanstanden?

RA Sch[ily]:

Ich weiß noch nicht, zu welcher Entscheidung wir kommen. Aber ich bitte jetzt, aufgrund dieser Entscheidung, die der Senat soeben getroffen hat, um eine Pause von einer halben Stunde.

RA R[iedel]:

Herr Vorsitzender, ich bitte ebenfalls um eine Pause von einer halben Stunde. Wir sind es ja mittlerweile gewohnt, daß der Senat hier Anträge schneller ablehnt, als sie gestellt werden können. Aber daß quasi als Begründung Bezug genommen wird auf eine geheime Beratung, gibt doch Anlaß, auch für uns noch mal darüber Klarheit zu verschaffen, ob das als geheime Beratung angesehen werden kann, was da auch am Richtertisch Platz findet.

RA Sch[ily]:

Ja das war ja keine Beratung. Es hieß ja geheime Umfrage. Nach geheimer Umfrage, hatte ich doch richtig gehört.

Vors.:

Ja. Sie haben richtig gehört. Es wird nicht unterbrochen.

RA Sch[ily]:

Sie verweigern die Pause?

Vors.:

Ja.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, Ihnen ist doch gewiß bekannt, daß nach der Strafprozeßordnung bestimmte Anträge gegebenenfalls unverzüglich zu stellen sind.[10] Die beantragte Unterbrechung zur Beratung darüber, ob ein solcher Antrag zu stellen ist, darf grundsätzlich nicht verwehrt werden. Also ich möchte doch noch mal dem Senat zu bedenken geben, daß hier [182] eine Korrektur der jetzigen Verfügung notwendig ist.

Vors.:

Nein. Wir haben soeben mit der Hauptverhandlung erst begonnen. Es besteht nach meiner Auffassung, soweit habe ich die Verhandlungsleitung, kein Grund, die Hauptverhandlung jetzt zu unterbrechen, auch nicht mit der Begründung, die Sie eben andeuten. Sie haben die Möglichkeit, diese Maßnahme zu beanstanden und eine Gerichtsentscheidung zu veranlassen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Dann beanstande ich zunächst diese Maßnahme und bitte um Gerichtsbeschluß.

Vors.:

Der Senat hat soeben nach geheimer Umfrage beschlossen:

Es wird die Verhandlung nicht unterbrochen.

RA Sch[ily]:

Herr Vorsitzender, wir prüfen oder ich prüfe, bzw. wir, die Kollegin Becker und ich, im Hinblick auf die Entscheidung, Anträge zu stellen nach § 24 der Strafprozeßordnung.[11] Dazu bitte ich um eine Pause bis 10 Uhr, zur Prüfung dieser Frage.

Vors.:

Es ist doch soeben, Herr Rechtsanwalt Schily, dieselbe Begründung, nicht ganz so klar, etwas verschlüsselt von Herrn Rechtsanwalt von Plottnitz gegeben worden. Sie ist bereits eingeflossen und die Entscheidung, die wir hier getroffen haben. Es gibt nirgends ein Recht, das Sie beanspruchen könnten, zwecks Stellung von Ablehnungsanträgen Pausen zu erzwingen. Sie können sie beantragen. Das Gericht ist nicht verpflichtet diesen Anträgen zu folgen.

RA Sch[ily]:

Wissen Sie, man lernt ja hier sehr viel dazu. Und ich finde es also interessant, daß Pausen grundsätzlich, vielleicht können wir das dann, dann können wir uns dann darauf einstellen, Herr Vorsitzender, daß offenbar Pausen nur für die Bundesanwaltschaft vorgesehen sind. Das können wir ja dann mal zur Kenntnis nehmen. Wir lernen dazu.

[183] Vors.:

Es ist jedenfalls bisher veranlaßt worden, durch Sie, daß die Bundesanwaltschaft zu Stellungnahmen Zeit brauchte. Ihre Anträge waren ja vorbereitet.

RA Sch[ily]:

Ja sicherlich.

Vors.:

Da bedurfte es keiner Zeit mehr. Das ist doch eine ganz logische Abfolge gewesen.

RA Sch[ily]:

Ja sicherlich. Wir sind natürlich auch nicht immer darauf vorbereitet, was das Gericht in geheimer Umfrage hier uns kund tut. Da sind mitunter für uns Überraschungen drin. Das geben wir offen zu.

(Vors. und RA Sch[ily] sprechen durcheinander).

Vors.:

Es ist also abgelehnt, daß hier ...

RA Sch[ily]:

Aber Pausen gibt’s für die Verteidigung nicht. Gut, das nehmen wir auch zur Kenntnis.

Vors.:

Wir kommen damit zur Vernehmung zur Person.

Frau Rechtsanwältin Becker.

RA’in B[ecker]:

Wir stellen den Antrag, die Bestellung der Rechtsanwälte Manfred Künzel und Ernst Eggler[12] als Pflichtverteidiger für Gudrun Ensslin aufzuheben.

„Rechtsanwältin Becker verliest nunmehr die Begründung aus Anlage 1. Anlage 1 wird zu den Akten genommen.“

Dr. Foth während der Begründung:

Frau Rechtsanwältin, meinen Sie Herrn Künzel oder Herrn Linke. Sie haben bis jetzt drei Anwälte benannt.

RA’in B[ecker]:

Ich weiß, aber ich habe hier die Praxis, wie diese Anwälte ausgesucht wurden, dargestellt und da gehören nicht nur die beiden dazu, die hier von Frau Ensslin als Zwangsverteidiger[13] abgelehnt werden.

[184-192][14] [193] Vors.:

Ich gehe davon aus, daß dieser Antrag schriftlich übergeben wird, so daß wir ihn hier haben. Zunächst eine Frage, warum berufen Sie sich auf Glaubhaftmachung durch meine eigene Äußerung, in einer Sache, über die ich selbst zu entscheiden haben werde.

RA’in B[ecker]:

Wir sind davon ausgegangen, daß Sie die Gespräche auch mitgeführt haben und deshalb ...

Vors.:

Aber ich muß doch selbst darüber entscheiden, über diesen Antrag. Der richtet sich ja doch mal zunächst an den Vorsitzenden.

RA Sch[ily]:

Ja, Herr Vorsitzender, das bleibt Ihnen ja unbenommen, daraus prozessuale Konsequenzen zu ziehen.

Vors.:

Gut.

RA Sch[ily]:

Das bleibt Ihnen unbenommen. Im übrigen möchte ich kurz zwei Dinge dazu ergänzen. Vielleicht zunächst einmal aufnehmen aus Ihren heute eingangs abgegebenen Erklärungen, indem Sie ein bißchen kritisch darauf eingegangen sind, warum denn nun eigentlich nicht die eingearbeiteten Verteidiger da noch tätig geblieben sind. Ich nehme an, daß Sie da zum Beispiel Herrn Preuss meinen. Aber die Frage geht doch an Sie eigentlich zurück. Warum haben Sie eigentlich Herr Preuss nicht beigeordnet an Stelle der Herren die uns gegenübersitzen. Und die zweite Bemerkung die ich zu machen habe, ...

Vors.:

Darf ich vielleicht, da Sie gerade eine Pause einstellen, um zu überlegen, gleich diesen Punkt beantworten. Herr Preuss war beigeordnet als Pflichtverteidiger, wurde aber dann von den Angeklagten als die Neubenennung der Verteidiger aufgrund der neuen Gesetze erfolgen mußte,[15] nicht mehr benannt.

[194] RA Sch[ily]:

Das mag ja sein. Da hätte ja einmal eine Rückfrage erfolgen können. Es ist ja an sich so üblich. Jedenfalls wir kennen das in Berlin so. Wie gesagt, Stammheimer Landrecht war mir bisher noch nicht so geläufig.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich weiß ...

RA Sch[ily]:

Aber nun weiter die Frage. Ich habe hier das Protokoll bekommen und da fällt mir auf, wissen Sie, ich sehe das ganz nüchtern, aber immerhin es gibt manchmal auch so Dinge, die im äußeren einen Ausdruck geben, bestimmter innerer Haltungen. Und ich habe das Protokoll hier bekommen über den ersten Verhandlungstag und da fiel mir auf, die Reihenfolge der Nennung der Pflichtverteidiger, und ich würde doch das Gericht einmal bitten, da ja der Herr Vorsitzender für das Protokoll eine Verantwortung trägt, wie eigentlich diese Reihenfolge zustande kommt. Es fällt mir da auf, daß die Kollegen da gegenüber jeweils immer an die erste Stelle gerückt werden. Ich mein, das mag ein Zufall sein, daß es immer bei allen Angeklagten so ist, mag auch ein Zufall sein, aber ich hätte eine Erklärung gerne für diesen Zufall.

Vors.:

Sie wollen eine Erklärung dazu, wie der Kopf des Protokolls aussieht.

RA Sch[ily]:

Ja, warum die Verteidiger, die mir gegenübersitzen,[16] da jeweils an die erste Stelle kommen.

Vors.:

Die Schreibkraft, die dieses Protokoll hergestellt hat und den Kopf hergestellt hat, hat diese Anordnung getroffen, die hab nicht ich getroffen. Im übrigen werden Sie bemerkt haben, bei der Benennung der anwesenden Herren Rechtsanwälte ist es genau umgekehrt. Ich habe mit Ihnen begonnen.

RA Sch[ily]:

Das ist richtig. Ich wollte nur wissen, vielleicht ist das ein reiner Zufall dann ...

[195] Vors.:

Es ist ein Zufall.

RA Sch[ily]:

Es ist also ein Zufall. Ja, gut.

Vors.:

Ein mir entgangener Zufall. Aber ich hätte wahrscheinlich auch nichts geändert dran.

Herr von Plottnitz.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich habe mich zunächst der Begründung anzuschließen, die die Kollegin Becker hier gegeben hat, und für den Herrn Raspe zu beantragen:

Die Rechtsanwälte Grigat und Schlaegel zu entpflichten.

Ich kann eigentlich mit einem Satz nur ergänzen, was bereits gesagt worden ist, die Bestellung dieser Zwangsverteidiger dient nicht der Verteidigung der Gefangenen, sie ist eine Behinderung und eine sehr gravierende Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte der Gefangenen.[17] Eine Behinderung, die sich einfügt, in das Bild, das sich uns seit heute früh bietet, daß man nämlich offensichtlich versucht, durch verfahrensleitende Anordnung die Verteidiger des Vertrauens daran zu hindern, überhaupt sich noch Gedanken zu machen über Anträge der Notwendigkeit die[e] sich aus der unmittelbaren Verfahrenssituation ergibt.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Riedel, bitte.

RA R[iedel]:

Ich beantrage für Frau Meinhof

die bestellten Verteidiger König und Linke zu entpflichten

und beziehe mich zur Begründung auf das von der Kollegin Becker vorgetragene.

Vors.:

Das ist nun ein langer schriftlicher Antrag.

Herr Baader, bitte.

Angekl. B[aader]:

Naja, ich schließ mich dem Antrag sozusagen auch an, [196] die Verteidiger, die für mich bestellt sind, hier die Zwangsverteidiger, zu entpflichten.

Vors.:

Ich gehe davon aus, daß dazu Stellung genommen werden soll. Zumindest von Seiten der Bundesanwaltschaft. Die Herrn Verteidiger werden auch Stellung nehmen wollen.

Da es sich um einen langen schriftlichen Antrag handelt, würde Gelegenheit gegeben sein, den zunächst mal nochmals in Ruhe durchzulesen oder sind Sie bereit gleich Stellungnahme abzugeben.

Herr Rechtsanwalt Linke, bitte.

RA L[inke]:

Die geliebten Verteidiger, ja das ist Linke, die ...

(Zwischenruf von Angekl. B[aader])

Angekl. B[aader]:

„Halt die Schnauze, Linke.“

Vors.:

Herr Baader, noch ein paar solcher Bemerkungen und das würde zu Maßnahmen zwingen, die wir gar nicht wünschen.

Wir wollen ja, daß Sie hier bei der Verhandlung dabei sind.

(Zwischenrufe)

Vors.:

Sie werden es nicht verhindern können, daß die bestellten Verteidiger ... Stellen Sie bitte mal zunächst das Mikrofon von Herrn Baader ab.

Herr Baader, Sie werden es nicht verhindern können, daß hier die Rechtsanwälte, die für Sie bestellt sind, zu Wort kommen. Und wenn Sie sich geordnet zu Wort melden, dann werden Sie das Mikrofon bekommen. Aber geordnet ist es nicht, wenn Sie mit derartigen Ausdrücken aufwarten.

Herr Rechtsanwalt Linke, bitte.

RA L[inke]:

Wir sind es doch gewöhnt, daß Anträge in vervielfältigter Fassung vorgelegt worden sind. Ich bin also der Meinung, daß wir auch von diesem Antrag von Frau Becker eine Vervielfältigung bekommen müßten. Er ist so lang, daß man beim besten Willen nicht behalten konnte, was darin gesagt worden ist.

[197] Vors.:

Frage an Frau Rechtsanwältin Becker. Gibt es Duplikate dieses Antrages?

RA’in B[ecker]:

Nein.

Vors.:

Nicht. Dann werden wir die sofort herstellen lassen, allseits verteilen und wie lange glauben Sie, daß Sie Zeit benötigen, um sich dazu zu äußern.

RA L[inke]:

Eine halbe Stunde vielleicht.

Vors.:

Eine halbe Stunde. Herr Rechtsanwalt Künzel. Mikrofon bitte für Herrn Rechtsanwalt Künzel

RA K[ünzel]:

Zunächst meine Bitte an das Protokoll, in Zukunft immer den Herrn Schily und die Frau Becker an erster Stelle aufzuführen. Dann eine Bemerkung zu dem Antrag der Sprecherin des Kollektivs. An sich genügt der Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.10.1964 2 BvR 629/64[18] vorne, auch 64 zu der Frage der Antragsberechtigung der Sprecherin des Kollektivs und der betroffenen Angeklagten selbst, der Hinweis auf die Unzulässigkeit des Antrags. Nun zwingt mich aber die Art und Weise des Vortrags und die Behauptung, die hier aufgestellt werden, nun doch noch aus standesrechtlichen Gründen einige Bemerkungen zu sagen. Einmal, ich habe noch nie ...

(Zwischenrufe)

Angekl. E[nsslin]:

„Du sprichst nicht für mich!“

RA K[ünzel]:

Ich spreche nicht zur Frau Ensslin, in gar keiner Weise.

Weil ich Sie ...

(Zwischenrufe)

Angekl. Baader:

„Sie haben einfach die Fresse zu halten!“

Vors.:

Herr Baader ich glaube nicht, daß Sie im Augenblick das Wort haben.

RA K[ünzel]:

Ich nehme ... Herr Baader, mit Ihnen unterhalte ich mich doch im Augenblick gar nicht. Ich nehme ...

[198] Vors.:

Herr Rechtsanwalt, darf ich ganz kurz mich mit Herrn Baader auseinandersetzen.

(Zwischenrufe, unverständlich)

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Riedel, ich glaube im Augenblick wäre es vielleicht wichtiger, daß Sie vielleicht, wenn Sie schon vor Herr Baader sitzen, anstatt sich jetzt hierher zu wenden, ihm mal sagen könnten, daß er sich möglichst geordnet benehmen soll.

(Reden im Hintergrund, unverständlich)

Vors.:

Das ist keine Frage des Disziplinierens. Ich meine in dieser Beziehung ist keine standesrechtliche Pflicht bei Ihnen[f] gegeben, sich so zu enthalten. Tatsache ist, Herr Baader, wenn Sie mit anhören wollen, was hier in der Verhandlung ...

(Zwischenruf von Frau Ensslin, unverständlich, da nicht über Mikrofonanlage gesprochen).

Vors.:

Frau Ensslin, Augenblick, Frau Ensslin ...

Angekl. E[nsslin]:

(Redet im Hintergrund, unverständlich).

Vors.:

Sehen Sie, das ist eine ganz eigenartige Auffassung, Frau Ensslin.

Angekl. E[nsslin]:

Quatschen Sie nichts weg ...

Vors.:

Ich will nichts wegquatschen. Aber Tatsache ist, daß Sie niemand anders reden lassen wollen. Möglicherweise jemand, der nun andere Ansichten vertritt. Dann hören Sie doch einmal in Ruhe zu. Dann können Sie sich dazu äußern.

(Zwischenrufe im Saal, unverständlich, da wiederum nicht über Mikrofon gesprochen wurde).

Vors.:

Also ich muß Sie jetzt darauf hinweisen, daß das Gericht ... Herr Baader, nehmen Sie es bitte zur Kenntnis. Ich bin befugt Ihnen zu sagen, daß das Gericht bei solch einem [199] Verhalten gezwungen sein könnte, die Verhandlung zunächst mal ohne Sie fortzusetzen.[19] Das wäre uns sehr unlieb. Herr Rechtsanwalt, die Frage ist folgende.

(Angekl. Baader spricht im Hintergrund weiter, es ist aber unverständlich, da es nicht über das Mikrofon geht).

Vors.:

Herr Baader, Sie haben im Augenblick jetzt nicht das Wort und spielen Sie sich nicht so auf. Es hat gar keinen Wert.

(Zwischenrufe)

Sämtliche Angeklagten springen auf, drängen aus ihrer Sitzbank und müssen von Justizwachtmeistern gehindert werden, den Saal eigenmächtig zu verlassen. Es entsteht laute Unruhe und tätliches Gedränge in der Bank der Angeklagten.

Vors.:

Augenblick, nein, nein, es gibt keinen Auszug hier.

Es gibt keinen Auszug hier.

(Angekl. Baader spricht wiederum ohne Mikrofon, daher unverständlich).

Vors.:

Herr Baader, das ist eine andere Frage. Tatsache bleibt, daß die Verteidiger, die Sie jetzt im Augenblick so angreifen, das Recht haben, zu einem Antrag der von Ihrer Seite, d. h. von den von Ihnen mit dem Vertrauen versehenen Anwälten gestellt worden ist, sich zu äußern. Dieses Recht werden Sie diesen Anwälten nicht nehmen können. Sie sind nicht imstande, Anträge von Ihrer Seite kommen zu lassen und der Gegenseite die Möglichkeit zu nehmen, sich dazu auch nur zu äußern.

RA. K[ünzel]:

Nein, jetzt möchte ich meine Erklärung zu Ende abgeben

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Künzel, ...

(Zwischenrufe der Angeklagten, unverständlich).

Vors.:

Ja, wir werden die Wahl dann treffen. Aber ich mache folgenden Vorschlag.

RA Sch[ily]:

Ich bitte um eine halbe Stunde Pause, und den Angeklagten zu gestatten, während der Pause zusammengeschlossen zu werden.

[200] Vors.:

Herr Rechtsanwalt zunächst mal geht die Frage an Sie, Herr Rechtsanwalt Künzel.

Ist es notwendig, da ja nachher doch Erklärungen abgegeben werden sollen, zu diesen Anträgen jetzt diese Erklärung abzugeben.

RA K[ünzel]:

Ich werde nachher keine Erklärung mehr abgeben. Ich möchte jetzt und ich brauche keine halbe Stunde Vorbereitung. Ich nehme jetzt zu dem Stellung, was hier behauptet wird.

Reg. Dir. Widera:

Und das ist schon deswegen selbstverständlich, weil Herr Schily ja auch unentwegt spricht.

RA K[ünzel]:

Darf ich noch zweierlei bemerken.

RA Sch[ily]:

... zu standesrechtlichen Fragen Stellung nehmen will.

Vors.:

Das Recht steht ihm zu, Herr Rechtsanwalt. Also der Antrag ...

RA Sch[ily]:

Moment, Sie haben doch immer gesagt, für wen sprechen sie? Das haben Sie doch immer mir gesagt. Das haben Sie mir heute morgen vorgehalten. Mehrfach haben Sie mich gefragt, für wen sprechen Sie hier. Und nun, wenn der Herr Kollege Künzel erklärt, er spricht gar nicht für Frau Ensslin, sondern für sich oder für wen immer, ich weiß ja nicht fürs abstrakte Standesrecht, da gehts nun wieder andersrum.

RA K[ünzel]:

Herr Schily, darf ich Ihnen das erläutern. Der Verteidiger hat ja im Prozeß seine eigene Stellung. Und er spricht Kraft eigenen Rechts nicht Kraft Worterlaubnis irgendeines Angeklagten. Nichtwahr.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, Sie haben den Antrag gestellt, eine halbe Stunde Pause zu machen. Im Augenblick sind wir dazu nicht veranlaßt. Wir wollen jetzt sehen, [201] wie sich die Angeklagten weiterhin aufführen. Ich stelle also zu Protokoll fest, daß die Angeklagten versuchen, durch Rufen zu verhindern, daß sich Herr Rechtsanwalt Künzel hier äußern kann.

RA K[ünzel]:

Ich verstehe es eigentlich nicht. Der Herr Bundesanwalt darf doch auch sprechen, dann müssen Sie doch dem sogenannten Hilfsbeamten des Herrn Bundesanwalt auch die Möglichkeit geben zu reden.

Angekl. E[nsslin]:

... was wollen Sie eigentlich noch.

Vors.:

Frau Ensslin!

Angekl. E[nsslin]:

Was wollen Sie eigentlich noch hören.

Vors.:

Wenn Sie jetzt weiter stören, wie gesagt, dann werden wir uns zurückziehen und uns überlegen, welche Maßnahmen wir gegen Sie zu treffen haben.

(Zwischenruf von Angekl. E[nsslin] unverständlich).

Vors.:

Sie wollen gestört haben hier. Bitte, Frau Meinhof, wollen Sie sich auch irgendwie dazu äußern? Bitte.

(Angekl. M[einhof] spricht, aber ohne Mikrofon, daher unverständlich).

Vors.:

Gut, das ist ja nun eine andere Frage. Aber bis jetzt haben Sie noch nicht die Forderung gestellt, daß Sie aus der Hauptverhandlung entlassen werden, was es natürlich nicht gibt.

(Angekl. M[einhof] spricht wiederum ohne Mikrofon, daher unverständlich).

Vors.:

Wollen Sie nicht wenigstens zuhören, was hier geäußert wird. Wollen Sie auch nicht haben.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich bitte also zunächst um das Wort. Ich habe ...

Vors.:

Darf ich zunächst mal bitten, daß sich die Angeklagten bevor jetzt die Verhandlung weitergeht, setzen oder [202] wollen Sie sich auch in dieser Beziehung weigern?

RA v[on ]P[lottnitz]:

Man kennt auch keine Regelung, daß Angeklagte gezwungen werden könnten, während der Hauptverhandlung zu sitzen.

Vors.:

Nein, ich wollte den Angeklagten die Gelegenheit geben. Es ist ganz selbstverständlich, daß hier im Rahmen der Sicherheitsvorkehrungen die getroffen sind, das Sitzen der Angeklagten wichtig ist. Die Angeklagten haben sich jetzt zu setzen.

RA Sch[ily]:

Stehen ist ein Sicherheitsrisiko?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, man braucht wohl nicht zu überlegen, was daraus werden kann. So vernünftig müßten Sie auch sein.

Ich bitte die Angeklagten, jetzt wieder Platz zu nehmen.

RA Sch[ily]:

Also ich weiß nicht, ganz früher habe ich immer vor Gericht gestanden ...

Vors.:

Ich bitte die Angeklagten wieder Platz zu nehmen.

Bitte nehmen Sie wieder Platz. Ich bitte auch die Herrn, die als Begleiter da sind, wieder Ihren Platz einzunehmen.

Angekl. B[aader]:

Wir nehmen natürlich jetzt nicht Platz. Das heißt, es ist sehr einfach. Wir haben doch gesagt, Sie haben die Wahl, entweder wir bleiben hier oder wir müssen mit Gewalt erzwingen, daß Sie uns hier rausschaffen lassen. Oder diese Zwangsverteidiger da drüben, halten die Schnauze.

Vors.:

Gut. Dann dürfen Sie sich das zunächst mal im Stehen anhören.

Herr Rechtsanwalt Künzel.

RA K[ünzel]:

Ich habe nun alles Verständnis dafür, daß nach den [203] gehabten Erfahrungen die Angeklagten selbst uns als Zwangsverteidiger abqualifizieren. Daß dies nun auch die Sprecher des Kollektivs tun, das ist im hohen Maße bedauerlich, nichtwahr. Herr Schily hat gesagt, es gäbe nun einen ganz konkreten ...

(Gerede im Hintergrund, unverständlich).

Vors.:

Dann wollen Sie sich bitte nach rückwärts wenden, und um Ruhe bitten.

RA K[ünzel]:

Herr Schily hat gemeint, es gibt einen ganz konkreten und richtigen Sachverhalt richtig wieder.

Angekl. B[aader]:

Ja verdammt noch mal, bringt uns jetzt raus hier.

Reg. Dir. Widera:

Die Bundesanwaltschaft beantragt ...

Vors.:

Ja, Augenblick.

Wir unterbrechen die Sitzung kurz, um uns die Maßnahmen hier gegen die Angeklagten zu überlegen. Die Angeklagten können hierbleiben.

Das Gericht zog sich um 9.55 Uhr zur Beratung zurück.

Nach Wiedereintritt um 10.00 Uhr wurde [g] die Sitzung fortgesetzt:

Vors.:

Ich bitte Platz zu nehmen. Herr Baader, wir wollen nochmals feststellen, daß Sie versucht haben, durch Dazwischenrufen, durch Verhindern der Worterteilung, Herrn Rechtsanwalt Künzel das Wort abzuschneiden. Sie haben dabei auch beleidigende Äußerungen verwendet. Bei Fortsetzung eines solchen Verhaltens wäre das Gericht gezwungen, Ihre Ausschließung für diesen Teil der Hauptverhandlung zu beschließen. Sie können sich dazu äußern. Sie können aber auch dazu schweigen und ab jetzt geordnet benehmen. Herr Raspe, Herr Baader ist am Wort, er war angesprochen.

[204] Angekl. R[aspe]:

Ich sage, das hängt davon ab, und das haben wir auch mehrfach gesagt, ...

Vors.:

Herr Raspe, wir sind jetzt bei Herrn Baader, Herr Baader war angesprochen.

Angekl. R[aspe]:

Das interessiert mich nicht.

Vors.:

Sie waren im Augenblick ganz ruhig gewesen ...

Angekl. R[aspe]:

Das hängt davon ab, und das haben wir mehrfach gesagt, ob wir hierbleiben ...

Vors:

Herr Baader hat jetzt das Wort, Herr Raspe.

Angekl. R[aspe]:

Ob diese Typen da drüben reden oder nicht. Und solange dort drüben geredet wird ...

Vors.:

Es hat zunächst mal Herr Baader die Frage zu beantworten, Herr Raspe, zunächst mal ist jetzt Herr Baader dran, um die Frage zu beantworten ...

Angekl. B[aader]:

Was machen Sie denn hier für ein Quatsch.

Vors.:

Wollen Sie sich dazu äußern.

Angekl. B[aader]:

Sie wissen doch genau, daß jeder von uns für jeden anderen sprechen kann. Und daß das immer so war und daß das so ist, das wissen Sie genau. Also versuchen Sie doch nicht durch Ihre albernen Versuche uns hier auseinanderzudividieren. Er kann für mich antworten, und ich kann auch für ihn antworten. So einfach ist das.

Vors.:

Entweder Sie wollen antworten, oder nicht.

Angekl. B[aader]:

Ich stelle das jetzt noch einmal klar. Sie wollen doch eine Antwort von mir. Der Punkt ist nochmal, solange [205] diese Zwangsverteidiger da drüben hier sprechen, uns aufgezwungen und gegen unseren Willen, solange werden wir stören. Und für diesen Teil, das heißt, so lange Sie sprechen, würde ich Ihnen dann auch vorschlagen, damit nicht diese Szenen hier, diese albernen, zustande kommen, also diese Rangeleien und Quälereien hier, uns für den Teil der Hauptverhandlung jeweils auszuschließen.

Vors.:

Sie sagen also, sie werden ...

Angekl. E[nsslin]:

Und damit Sie dieses Wir auch verstehen, wenn diese Schweine dort drüben, nochmals die Schnauze aufmachen ...

Vors.:

Wen haben Sie jetzt gemeint, mit der Schnauze.

Angekl. E[nsslin]:

Geht es genau um diese Frage. Entweder Sie oder wir.

Vors.:

Wir nehmen also zur Kenntnis, Sie wollen, Herr Baader, um Sie dreht sich’s im Augenblick, für den Fall, daß der Zwangsverteidiger, wie Sie ihn bezeichnen, nochmals sich zu Wort meldet, weiterhin stören.

Wollen die Herren Rechtsanwälte sich auch dazu äußern, zu der Frage, daß für die Fortsetzung dieses Verhaltens ein Ausschluß angedroht ist.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich habe zunächst mal hier erneut den Antrag zu stellen, uns eine halbe Stunde Gelegenheit zu geben, um gemeinsam mit den Mandanten die jetzig eingetretene Situation zu beraten.

Vors.:

Nein, dem wird nicht stattgegeben.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Das ist ein unmöglicher Zustand, daß wir nicht diese Gelegenheit erhalten.

Vors.:

Das wäre nochmals schöner, wenn Sie hier einen solchen Zustand, d. h. in dem Falle die Angeklagten, provozieren, daß dann anschließend auch noch eine Pause verlangt werden müßte, um darüber zu beraten.

[206] RA v[on ]P[lottnitz]:

Entschuldigung, provoziert wird allenfalls von denjenigen, die als Zwangsverteidiger von den Mandanten bezeichnet werden und sich dennoch hier das Recht herausnehmen, Erklärungen abzugeben.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, darüber wollen wir uns nicht weiter heute unterhalten, wir werden auf dieses Thema sicher noch zurückkommen.

Will sich die Bundesanwaltschaft im Zusammenhang mit dem ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, Sie haben den Antrag abgelehnt, ich bitte um eine Gerichtsentscheidung.

Ich habe eine Pause beantragt.

Reg. Dir. W[idera]:

Die Bundesanwaltschaft beantragt wegen der dauernden Störungen und wegen der Ankündigung, weiter zu stören, solange die Herren Pflichtverteidiger sprechen, für diese Dauer die Angeklagten aus dem Saal zu entfernen.

RA Sch[ily]:

Ich schließ mich auch der Bitte des Kollegen von Plottnitz an, obwohl ich mittlerweile den Eindruck habe, daß wie gesagt Pausenanträge von uns überhaupt gar nicht mehr zur Kenntnis genommen werden. Ich schließ mich der Bitte an, denn das ist eigentlich doch auch wiederum, ich darf auch an Berliner Gepflogenheiten erinnern, wenn eine, wenn da irgendwie eine Situation eintritt, die vielleicht auch einmal mit den Mandanten zu besprechen ist, daß man das vielleicht nicht coram publico und auch nicht vielleicht in fünf Minuten, sondern vielleicht in einer halben Stunde tun muß. Wie gesagt, deshalb auch zunächst einmal die Bitte, der Antrag, mit den Mandanten über die jetzt eingetretene Situation sprechen zu können, innerhalb von einer Pause von einer halben Stunde.

Reg. Dir. W[idera]:

Die Bundesanwaltschaft tritt diesem Antrag entgegen.

Und ich frage Herrn Rechtsanwalt Schily, ist es in Berlin nicht üblich, wenn ein Antrag durch ein Verteidiger gestellt ist, daß ein anderer Verteidiger, der angesprochen [207] ist, dazu Stellung nehmen kann. Und daß man ihm nicht die Ruhe vergönnt, dann auch aussprechen zu dürfen.

RA Sch[ily]:

Herr Bundesanwalt, sicherlich wird jedem Prozeßbeteiligten, auch in Berliner Verfahren, das Recht gegeben, sich zu äußern. Nur, wie gesagt, um das zu prüfen und um diese Frage zu erörtern, wird dann vielleicht auch eine Pause gewährt. Und das ist das Entscheidende.

Vors.:

Das ist interessant, was Sie jetzt sagen. Herr Rechtsanwalt, wenn Sie uns hier sagen, daß Sie die Pause mit mindestens ... dazu benützen wollen, mit den Angeklagten über die Frage zu sprechen, daß die Herrn Verteidiger, die sich zu Wort gemeldet haben auch zu Wort kommen, dann wäre das ein Gesichtspunkt, der uns veranlassen könnte, Ihnen die Pause zu bewilligen.

RA Sch[ily]:

Herr Vorsitzender, also das finde ich allmählich, entschuldigen Sie wenn ich das ein bißchen salopp sage, auch „Berliner Slang“ vielleicht, allmählich ein bißchen witzig, daß Sie also eine Pause nur dann gewähren wollen, unter bestimmten Auflagen, was wir sprechen. Wie wollen Sie denn überhaupt diese Auflage dann kontrollieren. Die Verteidigerüberwachung ist jedenfalls offiziell noch nicht über die Bühne. Das kommt vielleicht noch.

Vors.:

Noch, Herr Rechtsanwalt, vertraue ich auf Ihr Wort, wenn Sie sagen, wir tun das.

RA Sch[ily]:

Was heißt noch, was heißt noch, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Nun weil Sie sich selber so in Zweifel ziehen. Wenn Sie mir sagen, ich will das tun, ich vertraue noch darauf.

RA Sch[ily]:

Wie gesagt, ich stelle den Antrag, Herr Vorsitzender, aber ich nehme keine Auflagen entgegen, was ich in der Pause bespreche.

RA v[on ]P[lottnitz]:

... strafbar machen könnten. Sie können uns doch schließlich hier nicht zum Parteiverrat auffordern, daß wir Ihnen [208] vorab immer sagen, was wir mit den Mandanten zu erörtern gedenken.

Vors.:

Kurzum, die Pause wird also nicht dem Interesse, das das Gericht an der weiteren Anwesenheit der Angeklagten hat, dienen soll.

RA Sch[ily]:

Herr Vorsitzender, habe ich mich eigentlich nicht klar, ich dachte immer, aber vielleicht bin ich im Irrtum, ich drücke mich klar aus. Ich habe gesagt, das ist eine Situation entstanden, in der Sie darüber beraten, ob eine Ausschließung der Angeklagten zu diesem Teil der Verhandlung erforderlich ist oder nicht. Daß ist diese Frage entstanden, durch das Verhalten der Herren Anwälte uns gegenüber und durch Erklärungen unserer Mandanten. Da ist eine Kontroverse entstanden. Ich sehe es als meine ureigenste Aufgabe als Verteidiger an, in einer solchen Kontroverse den Mandanten zu beraten, welche Konsequenzen oder was immer sich daraus ergeben können, und wie vielleicht die richtige Entscheidung lautet und was immer. Und wenn ich da um eine Pause bitte, um das einmal, weil das vielleicht auch die erste Situation in diesem Prozeß ist, wo sich diese Frage stellt, dann weiß ich eigentlich nicht, warum uns eigentlich eine Pause nicht gewährt wird. Aber wie gesagt, das ist Stammheimer Landrecht.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich glaube ich darf Ihnen das zurückgeben. Ein bißchen witzig ist das auch, was Sie erzählen, wenn Sie glauben, daß die Situation durch die Herren Rechtsanwälte Ihnen gegenüber entstanden sei. Irgendwo müssen Sie die Maßstäbe schon richtig setzen.

RA Sch[ily]:

Ein Kausalzusammenhang ist doch zumindestens vorhanden.

Vors.:

Es kommt immer darauf an, wer hier die wichtigste und die erste Ursache möglich setzt.

Herr Rechtsanwalt, wir wollen uns klar darüber sein, so wie Sie sich im Augenblick äußern, könnte das Gespräch, das in der Pause geführt wird, dem Interesse dienen, das das Gericht am weiteren Verbleiben der Angeklagten im Gerichtsaal hat. [209] Und unter diesem Aspekt, da wir Ihnen einräumen, daß das zum ersten Mal nun eintritt, daß wir hier vor der Frage eines möglichen Ausschlusses stehen, wollen wir bereit sein, diese Pause anzusetzen. Wie lange meinen Sie, dazu zu brauchen.

RA Sch[ily]:

Ja wissen Sie, ich wäre ja jetzt schon fertig, wenn wir nicht so lange geredet hätten.

Vors.:

Da mag sein. Aber wir wollten wissen, was die Pause mit sich bringen soll.

RA Sch[ily]:

Aber eine halbe Stunde. Ich würde sagen, jetzt ist es viertel nach Zehn, bis viertel[h] vor Elf. Wobei ich allerdings davon ausgehe, daß Sie[i] die Möglichkeit gewähren, daß also gemeinsam besprochen werden darf, um das abzukürzen. Denn sonst wird’s ja schwierig.

Angekl. E[nsslin]:

Also Prinzing, Sie entgehen dieser Entscheidung nicht. Entweder die oder wir. Und wenn Sie von Interesse, daß das Gericht an der Anwesenheit der Angeklagten hat, quatschen, bitte.

Vors.:

Wir werden also nun, nachdem das besprochen ist, diese Pause einlegen, wie gesagt, das Gericht unterstellt dabei, daß tatsächlich die Fragen auch besprochen werden, die uns hier interessieren. Aber soviel Frau Ensslin, um Ihnen die Antwort zu geben, ist sicher. Wenn die Entscheidung erzwungen wird. Sie sind vorgewarnt worden, Sie hatten jetzt Gelegenheit sich zu äußern. Bis jetzt ist noch nichts anderes gekommen, als daß Sie sagen, wir werden weiter stören, wenn die anderen Anwälte reden. Und das Gericht wird selbstverständlich nicht davon Abstand nehmen.

Angekl. B[aader]:

Ich würde sagen, bevor Sie uns warnen ...

Vors.:

Vor dem Ausschluß, Herr Baader, das ist gesetzlich notwendig, daß das geschieht, drum mache ich das. Wir werden in der Pause auch diese Anträge, die jetzt gestellt worden sind, vervielfältigen, die dazu gleich benutzen, daß die [210] technischen Dinge gleich erledigt werden können.

Das wollen wir jetzt nicht tun. Wir wollen doch jetzt in die Pause eintreten. Sonst verlieren wir nämlich die Zeit bis dreiviertel Elf Uhr.

Bis dreiviertel Elf Uhr ist jetzt die Sitzung unterbrochen, und es wird eine Pause gemacht. Die Angeklagten können gemeinschaftlich beraten werden.

Pause von 10.15 Uhr bis 10.50 Uhr.

Ende von Band 7

[211] Fortsetzung der Verhandlung um 10.50 Uhr, in der gleichen Besetzung.

Vors.:

Wir setzen die Verhandlung, nachdem alles anwesend ist, fort, und zwar hat nach wie vor das Wort Herr Rechtsanwalt Künzel.

(Zwischenruf einer Angeklagten)

RA Künzel:

Herr Rechtsanwalt Schily hat mir vorher an der Stelle nicht mehr zuhören wollen, und der Hinweis auf Berliner Bräuche, als ich gesagt habe, ich ...

RA R[iedel]:

Meine Mandantin möchte auch noch etwas sagen ...

Angekl. M[einhof]:

... nochmal, entweder oder ... die Zwangsverteidiger halten die Schnauze, oder wir werden ...

Vors.:

Gut. Wir haben jetzt ...

Angekl. M[einhof]:

... das Gerede der Figuren anzuhören, dann stellt das genau das dar, um was für ein Verhältnis es sich dabei handelt, daß uns diese Verteidiger aufgezwungen worden sind, Zwangsverteidiger sind.

Vors:

Es ist festzustellen, daß Sie erneut stören, daß Sie mit beleidigenden Ausdrücken, es ist vorhin das Wort Schwein gefallen, es ist von Schnauze geredet worden, von Quatsch usw. und so fort, fortsetzen. Das Gericht erwägt jetzt, Sie für die Dauer der Erklärungen[j] derjenigen Rechtsanwälte, gegen die sich die Entpflichtungsanträge richten, vom Verfahren auszuschließen. Sie haben die Möglichkeit, sich dazu zu äußern.

Herr Raspe.

Angekl. R[aspe]:

Ja.

[212] Vors.:

Herr Baader.

Angekl. B[aader]:

Schließen Sie mich aus. Das ist eben in der Erklärung gesagt worden ...

Vors.:

Ja, ja.

Angekl. B[aader]:

Ich stelle jetzt also nochmal fest. Es ist Ihnen wichtiger, nochmal diese grundsätzliche Frage ...

Vors.:

Sie haben jetzt die Möglichkeit, sich zu der Frage des Ausschlusses zu äußern.

Angekl. B[aader]:

Ja, lassen Sie mich doch reden. Diese grundsätzliche Frage der Subjektstellung des Angeklagten, das ist ja sozusagen Kernpunkt dieses Verfahrens und der Gesetzgebung um dieses Verfahren. Dazu stellen wir also[k] einfach nochmal fest, daß es Ihnen wichtiger ist, die Zwangsverteidiger im Saal zu haben, als die Angeklagten. Das ist wesentlich und zu den Zwangsverteidigern haben wir zu sagen ... Also die Zwangsverteidiger haben da sozusagen, aufzufordern, sofern Sie sich als Organe der Rechtspflege verstehen. Ja, daß Sie in dieser Funktion, sozusagen schweigend abtreten, denn das ist auch die einzige Möglichkeit, diese Funktion wahrzunehmen. Denn sollten, sie hierbleiben, verhindern sie sozusagen, den Fortgang der Verhandlung mit den Angeklagten.

Vors.:

Frau Ensslin bitte.

Angekl. Ensslin:

Der letzte Punkt, ja.

Vors.:

Frau Meinhof.

Sie haben das gesagt. Sie wollten wahrscheinlich auf das Bezug nehmen, was Sie eingangs sagten.

[213] Angekl. M[einhof]:

... wenn Sie hier ... bestätigen Sie direkt, genau das.

Vors.:

Sie werden jetzt das Wort haben, die Herren Rechtsanwälte, und Sie haben erklärt, für diesen Fall werden Sie hier stören. Wollen sich die Herrn Verteidiger auf der linken Seite äußern?

Nicht.

Die Bundesanwaltschaft hat Antrag schon gestellt?

Reg. Dir. Widera:

Und wiederholt ihn jetzt.

Vors.:

Ja.

Das Gericht hat nach geheimer Umfrage beschlossen:

Die Angeklagten Baader, Ensslin, Meinhof und Raspe sind für Dauer der Äußerungsmöglichkeiten für die Rechtsanwälte, gegen die sich der Entpflichtungsantrag richtet, vom Verfahren auszuschließen.

Ich bitte die Angeklagten abzuführen.

RA R[iedel]:

Herr Vorsitzender, ich beantrage für meine Mandantin ...

Vors.:

Darf ich zuerst mal bitten, daß das, was gerade gesagt worden ist, ausgeführt wird.

Ich habe gebeten, daß die Angeklagten abgeführt werden sollen, solange werden Sie mit weiteren Ausführungen vielleicht zuwarten können.

- Die Angeklagten werden hierauf um 10.55 Uhr aus dem Sitzungssaal abgeführt.

Vors.:

Jetzt bitte, Herr Rechtsanwalt.

RA R[iedel]:

Ich beantrage, daß die Gelegenheit jetzt wahrgenommen werden kann, für meine Mandantin, zusammen mit den[l] andern zu sprechen.

Vors.:

Nein. Jetzt hat zunächst mal die Seite der Anwälte, die ich schon mehrfach jetzt angesprochen habe, die Gelegenheit, [214] sich zu äußern, Herr Rechtsanwalt.

RA R[iedel]:

Herr Vorsitzender, Sie haben mich vielleicht mißverstanden ... ich beantrage ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Riedel, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß Sie jetzt das Wort nicht haben.

RA R[iedel]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Künzel.

RA R[iedel]:

... ich beantrage auch nicht, daß wir jetzt mit den Mandanten sprechen dürfen, sondern ich beantrage, daß in dieser Zeit, in der die Mandanten ausgeschlossen sind, die Gelegenheit gegeben wird, daß sie zusammen sprechen können, nicht wahr.

Vors.:

Die Angeklagten?

RA R[iedel]:

Natürlich die Angeklagten.

Vors.:

Ich bin überzeugt, daß die Angeklagten jetzt während der weiteren Ausführungen zunächst zurückgebracht werden, denn es wird einige Zeit in Anspruch nehmen, bis wir die Angeklagten hier im Saale wieder vorführen lassen können. Das geschieht wahrscheinlich noch heute. Über diesen Antrag kann ich jetzt nicht befinden. Zunächst hat jetzt Herr Rechtsanwalt Künzel das Wort.

RA R[iedel]:

Dann beantrage ich wieder diese Umfrage, nicht wahr, am Tisch zu veranstalten.

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Das Gericht hat mit Mehrheit beschlossen,

daß jetzt kein Umschluß gewährt wird.

[215] Bitte Herr Rechtsanwalt Künzel.

RA K[ünzel]:

Indem die Herren Kollegen, des Vertrauens der Angeklagten das Wort Zwangsverteidiger blindlings wiederholen, ist dazu nun folgende Bemerkung notwendig.

Die Zivilprozeßordnung kennt keine Verteidiger mit größeren und geringeren Rechte. Wir haben nur Verteidiger und diese Verteidiger sind nach dem Gesetz verpflichtet, hier mitzuwirken ...

Beisitzender Richter Dr. Foth:

Sie meinen die Strafprozeßordnung, Herr Rechtsanwalt Künzel ...?

RA K[ünzel]:

Sicher. Nun gibt es ... sicherlich ist richtig, daß das Vertrauen einer der Pfeiler ist, auf dem die Verteidigung beruht. Der andere aber ist die absolute Unabhängigkeit, die absolute Freiheit jedermann gegenüber. Nicht wahr, solange Sie sich nun nicht von Äußerungen wie der, daß die Verteidigerstrategie von den Gefangenen bestimmt werden, oder von Äußerungen wie der, daß der Anwalt der Aktivist der progressiven und revolutionären Tendenz der Geschichte ist, solange sie dazu nichts sagen, meine ich, daß wir jedenfalls, das Moment der absoluten Unabhängigkeit den Mandanten gegenüber in höherem Maß erfüllen. Und zu dieser Freiheit noch dies, Frau Becker. Ich habe noch mit keiner Person der Bundesanwaltschaft oder des Gerichts über diese Verteidigerbestellung ein Gespräch geführt. Ich fühle mich absolut unabhängig dem Herrn Prinzing gegenüber und dem Herrn Bundesanwalt gegenüber und würde mich von keiner dieser Personen zu einer Marionette machen lassen. Nehmen Sie doch das bitte zur Kenntnis. Ich verkenne nicht, daß die Verteidigung, auch das eine Moment enthalten muß, daß sie einheitlich, einheitlich operiert. Daß das nicht geschieht, haben nicht wir zu vertreten. Ich habe Ihnen das [216] Angebot einer kollegialen Zusammenarbeit gemacht. Sie haben es ausgeschlagen, nicht wahr? Und werde demnächst ein Buch lesen, „Deutschland deine Strafverteidiger“, und wenn das ein ziemliches trauriges Buch wird, dann liegt’s nicht unbedingt an uns.

Zum sachlichen Inhalt, aber dieses Antrags noch einmal ein Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, und ich meine, daß wir dann zur Prozeßordnung übergehen können. Das eine noch Herr Schily, nicht wahr, Zwangsverteidiger haben Sie gesagt, gibt einen konkreten Sachverhalt richtig wieder, wenn Sie so weitermachen, für mich, denn, daß wir uns hier einen ziemlich großen Zwang antun müssen, um so schweigend dem zuzusehen, was Sie hier machen, an prozessualen, pausenlosen Anträgen am laufenden Band. Ob das dem Kollektiv dient, weiß ich nicht. Daß es der Person, für die ich Beistand bin, möglicherweise schadet, da bin ich mir eigentlich sicher.

Vors.:

Danke. Will einer der weiteren Herrn Rechtsanwälte, die von dem Antrag betroffen sind, sich äußern?

Herr Rechtsanwalt Linke bitte.

Bitte Mikrophon für Herrn Rechtsanwalt Linke.

RA Linke:

Ich habe nicht die Absicht, nachdem ich am ersten Sitzungstage mit einer obskuren Kollegialität in Verbindung gebracht worden bin, rechtfertigende Erklärungen, über meine Bestellung zum Pflichtverteidiger abzugeben. Keine solchen Erklärungen, die durch einen Antrag der ausgewählten Verteidiger provoziert werden sollen, der eigentlich kein prozessualer Antrag ist. Ich möchte trotzdem etwas zu dieser Ausarbeitung sagen. Generell, daß der sachliche Inhalt, in den Einzelheiten und in der Gesamtheit, falsch ist. In diesem Antrag werde ich, ein „erprobter Zwangsverteidiger“ genannt und das wird folgendermaßen kolportiert. Ich darf im Wort- [217] laut, zwei Passagen zitieren.

Es wird gesagt, ich hätte in einem, genauer gesagt in zwei Verfahren, gegen das Sozialistische Patientenkollektiv verteidigt. Und ich hätte damals, jetzt zitiere ich „durchaus zur Zufriedenheit der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft und der Staatsschutzkammer des Landgerichts Karlsruhe gearbeitet und bewiesen, daß ich in der Lage war, die mir zugedachte entpolitisierende Funktion, als Verteidiger des Vertrauens der Staatsschutzbehörden und der Staatsschutzgerichte zu spielen“. Es heißt dann weiter in diesem Antrag, den Zwangsverteidigern, sei die Rolle zugedacht, im Rahmen der Vernichtungsstrategie gegen die Gefangenen aus der RAF die Zerschlagung der Verteidigung zu kaschieren, das Verfahren zu entpolitisieren und dadurch ihr Auftreten im Prozeß (verbessert sich) und durch[m] ihr Auftreten im Prozeß, den Anschein zu erwecken, als könne eine Verteidigung gemäß rechtsstaatlichen Normen und gemäß den internationalen Konventionen, zum Schutze der Menschenrechte noch stattfinden. Ich möchte Frau Becker, die dieses (verbessert sich) diese Ausarbeitung unterschrieben hat, auf folgendes aufmerksam machen:

In den beiden Prozessen, gegen das Sozialistische Patientenkollektiv war nicht ein einziger, der ausgewählten Verteidiger vom Verfahren ausgeschlossen. Aber alle, darunter Herr Rechtsanwalt Eberhardt Becker und Herr Rechtsanwalt Dr. Croissant, haben sich von dem Verfahren, selbst ausgeschlossen, indem sie einfach nicht erschienen sind. Und ich bin es gewesen, der mitten in dem Strafverfahren gegen Carmen Roll[20] zwei Briefe, eingeschrieben mit Rückschein an Herrn Rechtsanwalt Eberhardt Becker und an Herrn Rechtsanwalt Dr. Croissant geschrieben habe, und sie aufgefordert habe, ihre Pflicht als gewählte Verteidiger in diesem Verfahren wahrzunehmen. Und erst aufgrund dieser beiden Briefe haben es die beiden Herren für nötig gefunden, in der Hauptverhandlung zu erscheinen und ein Gastspiel von drei Tagen zu [218] geben. Das wollte ich sagen, wenn man uns vorwirft, mitzuwirken, daß der Ausschluß der Verteidiger kaschiert wird. Eine weitere Erklärung habe ich nicht abzugeben.

Vors.:

Danke. Sind jetzt weitere Erklärungen beabsichtigt zu dem Antrag oder sollen die erst später gestellt werden?

Ich gebe es Ihnen völlig anheim. Es hängt vielleicht auch ein bißchen davon ab, wie sich die Bundesanwaltschaft verhalten will. Wollen Sie gleich Stellungnahme abgeben?

Reg. Dir. Widera:

Ja, das können wir tun.

Vors.:

Gut, dann würde ich zunächst einmal bitten, daß Sie ...

Reg. Dir. W[idera]:

Ja. Die Bundesanwaltschaft beantragt,

den Antrag der Rechtsanwälte des Vertrauens und des Angeklagten Baader, die Pflichtverteidiger, hier zu meiner Rechten, zu entbinden, abzulehnen.

Zur Begründung führe ich folgendes an:

Die Bestellung der Pflichtverteidiger entspricht dem Gesetz und den auch in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.[21] Die Begründungen der Anträge der Rechtsanwälte Becker, Schily, Riedel und v[on] Plottnitz sowie den Angeklagten Baader und Ensslin sprechen für sich selbst. Die Angeklagten und die eben genannten Verteidiger reden davon, die Pflichtverteidiger hätten nicht das Vertrauen der Angeklagten.

Vors.:

Herr Bundesanwalt, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Es ist mir in der Tat entgangen, daß wir die Angeklagten nur für die Erklärungszeit der Verteidiger, die vom Antrag betroffen sind, ausgeschlossen haben. Wir wollen nicht den Versuch versäumen, während Ihrer Stellungnahme die Angeklagten zuhören zu lassen.

Reg. Dir. W[idera]:

Selbstverständlich. Ich bin bereit, nochmal zu wiederholen.

[219] Vors.:

Es wird also die Frage sein, sind die Angeklagten vorführbar. Sind sie in den Zellen?

Wie lange wird das dauern?

Zwei Minuten?

Zwischenfrage an die Herrn Rechtsanwälte, wollen Sie jetzt noch irgendwelche Erklärungen voraus abgeben?

Nicht. Dann warten wir solange.

RA Sch[ily]:

... die Frage der Protokollierung, ob eigentlich die Begründung ...

Vors.:

Bitte vorführen.

RA Sch[ily]:

... die Sie gegeben haben, für die Ablehnung des Antrages vom Kollegen Riedel, wo Sie gesagt haben, „mit Mehrheit“ abgelehnt, nach geheimer Umfrage, ob das auch im Protokoll erscheint?

Vors.:

Da bin ich sicher überzeugt.

RA Sch[ily]:

Nicht daß ...[n] Diese Erklärungen kommen auch auf das Tonband ... wenn Sie Begründungen vornehmen, weil nämlich, wenn ich das richtig jetzt im Kopf habe, beispielsweise einmal die Begründung eines Beschlusses dann im Protokoll dann nicht erscheint.

Vors.:

Das müßten Sie falsch im Kopf haben, Herr Rechtsanwalt.

Ich kann mir das nur so denken, daß ich durch irgendwelche Zwischenrufen oder sonst was unterbrochen worden wäre.

Dann entsteht der Wortsalat, aber das wäre dann im Protokoll gekennzeichnet.

RA Sch[ily]:

Nein, ich meine am ersten Verhandlungstag, aber vielleicht täusche ich mich. Also am ersten Verhandlungstag ...

Vors.:

Mit Sicherheit.

[220] RA Sch[ily]:

... wo die Begründung - ja - für die Vertagung, ob da also nicht womöglich doch etwas untergangen ist im Protokoll.

Vors.:

Nein. Es steht Ihnen also jederzeit die Kontrollmöglichkeit durch Abhören des Bandes ...

RA Sch[ily]:

Gut, wir könnten das nochmal vielleicht dann feststellen, ja?

Vors.:

... zur Verfügung. Ich sichere Ihnen zu, daß es vollständig ist.

(RA Schily und der Vorsitzende reden durcheinander)

RA Sch[ily]:

Aber jedenfalls, das ist, diese Erklärung „mit Mehrheit“, das ist ins Protokoll aufgenommen worden ja?

Vors.:

Mit Sicherheit.

RA Sch[ily]:

Ja? Dankeschön.

Vors.:

Bitteschön.

- Die Angeklagten werden um 11.10 Uhr wieder in den Saal geführt -

Vors.:

Ich gebe Ihnen Gelegenheit Platz zu nehmen. Zwingen will ich Sie nicht dazu. Die von Ihnen mit dem Antrag, sie wieder zu entpflichten, betroffenen Anwälten, haben sich zum Teil geäußert. Herr Rechtsanwalt Künzel verwahrt sich dagegen, daß er von Ihnen als Zwangsverteidiger bezeichnet wird. Er hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er im übrigen, weder mit dem Gerichtsvorsitzenden noch mit der Bundesanwaltschaft vor seiner Bestellung Kontakt gehabt habe und daß keiner, der beim Gericht hier mitwirkt, oder bei der Bundesanwaltschaft, im Stande sei, ihn zur Marionette in diesem Verfahren zu machen. Herr Rechtsanwalt Linke hat mitgeteilt, daß er die [221] Erfahrung gemacht habe, während des Roll-Prozesses insbesondere, daß die gewählten Verteidiger nicht erschienen sind, erst auf sein Schreiben hin bereit waren, zu kommen, und zwar ganze drei Tage, und dann wieder dem Verfahren ferngeblieben sind. Auch er verwahrt sich im übrigen dagegen, daß es so dargestellt würde, als wäre er vom Gericht oder der Bundesanwaltschaft in irgendeiner Form abhängig.

[o]

RA Sch[ily]:

Carmen Roll?

Herr Vorsitzender, nochmal zu der Frage der Protokollierung, damit (verbessert sich) wir hatten ja in der vorigen Verhandlung nochmal kurz über diese Frage gesprochen, damit nun nicht ewig Anträge nach § 273[ StPO][22] kommen. Zur Absicherung der Belange der Verteidigung, meine ich, sollte man sich vielleicht doch auf folgende Formel dann einigen, daß der Vorsitzende gemäß § 273[ StPO] anordnet, daß der gesamte Inhalt der Hauptverhandlung protokolliert wird. Denn das ist ja praktisch faktisch so.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es ist so für den Einzelfall. Können wir da die Notwendigkeit feststellen, einen Vorgang festzuhalten, ich meine, dann, wenn Sie glauben, daß irgend etwas nicht festgehalten ist, haben Sie die Gelegenheit, darum zu bitten, daß wir das Band zurücklaufen lassen. Sie können das abhören und dann wird sich die Frage erneut stellen, nachdem Sie es auf dem Bande haben, damit auch die Kontrolle dann haben, später, ob alles vollständig und richtig abgeschrieben ist. Denn wir lassen ja das Band für einige Tage liegen. Ob es dann wirklich notwendig ist, einen Antrag nach § 273[ StPO] zu stellen? Also ich meine, Ihre Rechte werden wirklich durch dieses Verfahren maximal gewahrt.

RA Sch[ily]:

Ja, aber wir machen doch nicht praktisch nichts anderes, als [222] daß wir wörtlich protokollieren, den gesamten Inhalt der Hauptverhandlung. Insofern stelle ich den Antrag,

daß Sie anordnen, daß der gesamte Inhalt der Hauptverhandlung gemäß § 273[ StPO] wörtlich protokolliert wird.

Vors.:

Wie Sie wissen, steht im § 273[ StPO] die Vorschrift, um diesen Passagen zu genügen, daß dann das jeweils verlesen werden müßte. Wir können ja nicht am Schluß des Tages, oder dann zu irgendeinem anderen Zeitpunkt, unser Protokoll verlesen, um das gemäß § 273[ StPO] in Ordnung zu bringen.

RA Sch[ily]:

Ja, dann müssen wir uns aber dann wahrscheinlich doch auf eine Verfahrensweise einigen, das wieder zurückzuspulen, und daß dann vorher angeordnet wird, und daß dann insoweit die Formalien, dann eingehalten werden. Sonst werden wir uns da wahrscheinlich nicht einig werden.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es ist doch ganz einfach: Wenn wir hier von Ihnen den Wunsch hören, daß etwas wörtlich zu Protokoll kommt, lassen wir zurücklaufen. Sie hören sich das an, ob das so darauf ist und Sie müssen sich dann allerdings zunächst mal darauf verlassen, daß das korrekt geschrieben wird. Die Kontrolle haben Sie dann, wenn das Protokoll ausgehändigt wird. Und ich werde Ihnen dann jeweils die Frage stellen müssen: Warum glauben Sie über das hinaus, daß es erforderlich ist, es[p] noch festzuhalten? Und das müßten Sie dann im Einzelfall begründen. Denn wenn es schon festgehalten ist und damit doch die Gewähr besteht, daß das wieder im Protokoll erscheint, dann bedarf es wohl des Verfahrens nach § 273[ StPO] nicht.

(RA Schily redet etwas dazwischen)

Vors.:

Die Rechte, die Sie daraus herleiten wollen für weitergehende Anträge, sind auch aus diesem Protokoll herzuleiten. Sie haben ja den Text.

RA Sch[ily]:

Ja, ich stell’ das vorläufig zurück, ja?

Vors.:

Gut. Den Angeklagten zur Unterrichtung. Es hat jetzt die [223] Bundesanwaltschaft das Wort, um sich zu diesen Anträgen, auf Entpflichtung der Pflichtverteidiger, die Sie heut’ früh genannt haben, zu äußern.

Bitte sehr.

Reg. Dir. W[idera]:

Ich stelle also, erneut für die Bundesanwaltschaft, den von dem Herrn Vorsitzenden eben wiederholten Antrag, abzulehnen. Ich habe bereits gesagt, daß die Bestellung der Pflichtverteidiger dem Gesetz entspricht und auch den in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Ich hab weiter schon gesagt, daß die Begründung der Anträge der Rechtsanwälte Becker, Schily, Riedel und v[on] Plottnitz und die Begründung, die die Angeklagten Baader und Ensslin gegeben haben, für sich selbst sprechen. Die Angeklagten und die eben genannten Verteidiger reden davon, die Pflichtverteidiger hätten nicht das Vertrauen der Angeklagten. Andererseits bezeichnen die Angeklagten die Pflichtverteidiger als Schweine, die ihre Fresse oder ihre Schnauze zu halten hatten. Das ist genau der Ton, den sie ihren dort sitzenden Anwälten gegenüber, außerhalb der Hauptverhandlung, nachweisbar, wiederholt angeschlagen haben. Sie haben sie - jedenfalls schriftlich immer wieder - als Schweine, Säue, Arschlöcher, Lappen und abgefuckte Jungs bezeichnet. Das können sich die Anwälte des Vertrauens, nicht aber die Anwälte, die Pflichtverteidiger bieten lassen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß der Vorsitzende in einem Großverfahren informatorische Gespräche mit bekannten Strafverteidigern führt, um abzuklären, ob sie zu einer ordnungsgemäßen Verteidigung bereit und mit Rücksicht auf sonstige berufliche Belastungen dazu auch in der Lage sind. Das ist den Angeklagten und den Verteidigern ihres Vertrauens in einem gegen den Vorsitzenden vor Beginn der Hauptverhandlung gerichteten Ablehnungsverfahren hinreichend deutlich gemacht worden. Wenn trotzdem eine Begründung, wie vorhin von Rechtsanwältin Becker verlesen gegeben wird, dann liegt es auf der Hand, daß hier nichts [224] anderes geschehen soll, daß hier nichts anderes gemacht werden soll, als Stimmung. In dieser Hauptverhandlung geht es aber nicht darum, jemanden zu entpolitisieren. Das ist hier kein politischer Prozeß. Dieser Prozeß dient dazu, die von der Bundesanwaltschaft erhobenen Vorwürfe, wie sie der Anklage zu entnehmen sind, durch ein unabhängiges Gericht, überprüfen zu lassen. Hieran mitzuwirken, sind die Pflichtverteidiger als unabhängige Organe der Rechtspflege gemäß Ihrer dem Gesetz entsprechenden Berufung bereit. Weiterer Voraussetzungen für eine Pflichtverteidigerbestellung bedarf es in diesem Verfahren genausowenig wie in jedem anderen Strafverfahren. Aber gerade das heutige Verhalten, der Angeklagten und der Verteidiger ihres Vertrauens, zeigt, wie notwendig es gewesen ist, Rechtsanwälte, die sich dem Gesetz und der Verfassung verpflichtet fühlen, als Pflichtverteidiger zu bestellen. Das ist die Begründung zu unserem Antrag.

Vors.:

Danke. Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on] P[lottnitz]:

Dazu eine Stellungnahme. Der Herr Regierungsdirektor Widera, hat gemeint, dieses Verfahren sei kein politischer Prozeß. Dazu ist festzustellen, der Traum, die Hoffnung der Bundesanwaltschaft und offensichtlich auch des Senats, daß dieses Verfahren kein politischer Prozeß ist, der war schon in der Vergangenheit nicht so einzulösen und zu erfüllen und er wird auch in diesem Verfahren nicht einzulösen und zu erfüllen sein. Wir werden dazu noch mehr sagen, zu einem späteren Zeitpunkt.

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Rechtsanwalt v[on] Plottnitz, die Themen, dieses Verfahrens ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Ich bitte, mich nicht zu unterbrechen, Herr Regierungsdirektor Widera, ich habe Sie auch nicht unterbrochen. Sie haben nachher Gelegenheit, dazu was zu sagen.

Zur zweiten Frage, die spielte ja schon mal, glaub ich, am ersten Sitzungstag eine Rolle. Deswegen mal hier klipp und klar eins.

[225] Ob ein Mandant uns als Arschloch, Lappen oder dergleichen bezeichnet, oder wir einen Mandanten mit ähnlichen Ausdrücken belegen, sei es innerhalb oder außerhalb der Hauptverhandlung, das geht nur uns und die Mandanten was an.

Das geht keinen[q] Bundesanwalt was an, und das geht auch kein Gericht was an, um das erst mal hier[r] klipp und klar festzustellen. Als nächstes zu dem, was der Rechtsanwalt Künzel hier erklärt hat. Der Rechtsanwalt Künzel hat zunächst mal das Stichwort von der absoluten Unabhängigkeit des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten geäußert. Er hat bezeichnender Weise kein Wort verloren, ebenso wie die Bundesanwaltschaft selbst kein Wort verlor, zum konstituierenden Moment jeder Verteidigung überhaupt, nämlich vom Interesse desjenigen der verteidigt werden soll. Davon war und ist nicht die Rede gewesen, bisher auf dieser Seite der Verfahrensbeteiligten. Unabhängigkeit des Rechtsanwalts ist und kann nur bestehen, soweit es geht um die übrigen Verfahrensbeteiligten, nämlich um die Strafverfolgungsbehörden bzw. die Gerichte. Sie kann nicht bestehen, sie kann nicht bestehen, von den Mandanten. Ein Verteidiger ist gebunden an das Interesse seines Mandanten zur Verteidigung. Er ist natürlich verpflichtet auch entgegenzunehmen, das was sich der Mandant selbst, als dieses Interesse vorstellt. Das als erstes. Deswegen ist von dem Herrn Baader, alles was dazu zu sagen ist, bereits gesagt worden. Sie können, wenn Sie so wollen, das, was zum bürgerlichen Anwaltsethos gehört, hier nur dadurch einlösen, daß sie in der Tat darauf verzichten, die Stellung, die Ihnen zugedacht ist, hier auszuüben. Darüber hinaus ist gesagt worden das Stichwort „Kollegialität“. Ich kann nur wiederholen, was wir darüber hinaus, was wir dazu schon mal gesagt haben. Eine Kollegialität, der die Interessen der Mandanten, die wir hier vertreten, zum Opfer fällt, die werden wir hier nicht praktizieren. Der letzte Punkt, der angesprochen worden ist von dem Kollegen Künzel. Er hat hier, ich würde fast sagen, die Unverfrorenheit gehabt, anzudeuten, daß das, was wir hier als Verteidigungskonzept bislang im Rahmen der Stellung von [226] Anträgen zu erkennen gegeben haben, daß wir damit den Interessen der Mandanten nicht nützen, sondern schaden würden. Das ist nun in der Tat, das zeigt, das was Sie hier, was Ihnen zugedacht ist und auch was Sie hier vorhaben. Wir legen es nicht darauf an, hier friedliche, friedliche Zustände, im Zusammenhang, mit den übrigen Verfahrensbeteiligten herzustellen. Wir vertreten die Interessen der Mandanten.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, bevor ich Herrn Rechtsanwalt Schily gleich das Wort gebe. Mir fiel nur dieses Stichwort auf, es sei den Herrn Verteidiger etwas zugedacht. Sollten Sie damit den Senat meinen, so weise ich das selbstverständlich als grobe Entgleisung zurück.

Herr Rechtsanwalt Schily, bitte sehr.

RA Sch[ily]:

Ja, in der Stellungnahme der Bundesanwaltschaft muß man ja nun wieder feststellen, daß die gleiche Methode angewandt wird, die offenbar auch von anderen Verfahrensbeteiligten, anzuwenden gewünscht wird, daß man nämlich solche ominösen Schriftstücke, die in strafbarer Form, vor diesem Prozeß veröffentlicht worden sind, schon vorweg hier versucht in irgendeiner Weise in die Hauptverhandlung einzuführen. Und ich habe nicht die Absicht, dieser Methode zu folgen und mich also auf solche Dinge einzulassen. Aber wissen Sie, Herr Regierungsdirektor Widera, Sie machen daraus offenbar eine Affäre. Aus der Verwendung von Ausdrücken, wie Sie sie genannt haben. Wissen Sie, da hört sich das ja alles so sehr schön an und hier im Saale wird, also von Ihnen sicherlich nicht zu erwarten sein, daß Sie solche Ausdrücke hier verwenden. Aber das ist ja doch mitunter auch nur Kulisse, denn wenn Sie mal an den alten Artikel, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zurückdenken, wo beschrieben wurde, es war wohl ein hohes Regierungsmitglied, oder eine Person aus der Fraktion der SPD, das[s] in Richtung der Bundesverfassungsrichter, von „Arschlöchern in Karlsruhe“ gesprochen haben soll. Darüber gab es doch mal einen Leitartikel, in der Frankfurter Allge- [227] meinen Zeitung, dann weiß ich nicht, ob also diese Bemerkungen hier so furchtbar von Belang sind. Das also zu diesen, zu dieser, zu dem Vokabular, was Sie meinen, was eine Bedeutung haben soll. Aber viel wichtiger erscheint mir, und das liegt in der Tat auf Ihrer Linie, davon gehe ich aus. Es entspricht auch Ihrem Auftrag, daß Sie sagen, hier handelt es sich nicht um einen politischen Prozeß. Und da stellen wir ja eben, ja doch, nicht zu unserer Überraschung, sondern wir finden das bestätigt, fest, daß das haargenau die Linie ist, die die Kollegen uns gegenüber, vertreten. Und daß es sich aber hier um einen politischen Prozeß handelt, Herr Regierungsdirektor Widera, das beweisen Sie uns doch jeden Tag hier. Jeden Tag, mit jeder Maßnahme, die Sie treffen und mit jedem Gesetz, das Sie eigens für diesen Prozeß schaffen und wenn wir schon bei Ihnen kein Gehör finden, dann findet vielleicht doch eine Bundesverfassungsrichterin bei Ihnen Gehör. Die jetzt jüngst auf dem rechtspolitischen Kongreß erklärt hat, das sei äußerst bedenklich, daß für diesen Prozeß hier Gesetze geschaffen[23] werden. Das ist doch der Fall. Und wenn hier keine Pausen mehr, das ist an sich ein lächerlicher Vorgang, vielleicht für Sie, aber das geht an die Substanz der Verteidigung und da geht es an die Substanz der Tatsache, daß eben eine Verteidigung, das Vorhandensein, die Möglichkeit einer Verteidigung überhaupt, ein konstituierendes Element eines Strafprozesses ist. Und wenn Sie da immer weiter die Linie zurückdrängen ... sind wir ja noch nicht an den Grenzen des Rechtsstaates angelangt. Ich weiß ja gar nicht mehr[t], in welchem Niemandsland wir da eigentlich landen sollen. Da muß man sich doch mal fragen, ist das kein politischer Prozeß? Gerade das sind doch politische Überlegungen, hier, was hier im Prozeß geschieht, das wird in Bonn entschieden. Das wird doch in Bonn entschieden, und der Herr Vogel[24] stellt sich einen Tag hin und sagt - nein, wir haben eine Lücke im Gesetz - und dann wird, paar Tage später gesagt, nein nein, ist doch [228] keine Lücke und Auslegungsmonopol des Gerichts. Und wenn irgend etwas hier im Prozeß nicht so läuft, wie man sich in Bonn das denkt, ja dann wird eilig ein Gesetz eingebracht. Das ist doch, das sind doch die Tatsachen, Herr Bundesanwalt, Herr Regierungsdirektor Widera. Und Ihr Titel, wie gesagt, der paßt sich eigentlich auch sehr gut hier ein. Das ist doch ... da können Sie von Stimmung reden! Ja was heißt Stimmung in solchen Zusammenhang? Was ist hier für ’ne Stimmung? Die Stimmung der Unterdrückung, die ist hier vorhanden!

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Vorsitzender ...

Vors. (zu RA Schily):

Sie sind am Ende, wie mir scheint.

(Gelächter im Saal)

RA Sch[ily]:

Jawohl!

Vors.:

Bitte im Saal ... Ich meine. Sie können teilnehmen, aber ich würde Sie sehr bitten, mehr als Zuhören kann ich Ihnen nicht zubilligen.

Herr Regierungsdirektor.

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Vorsitzender, ich bin eben mehrmals angesprochen worden, ich wollte an sich etwas sagen dazu, das von hier aus dem Saal heraus Gesetze geschaffen würden, wie Herr Rechtsanwalt Schily soeben zunächst begann. Ich wollte etwas dazu sagen, was die Themen dieses Verfahrens sind, die sind ja in der Anklage nachzulesen. Ich erspare mir das alles nach den letzten Worten von Herr Rechtsanwalt Schily, die ihn schlicht und deutlich bezeichnen.

Vors.:

Das Gericht wird nun eine Pause einlegen, ich muß mir diese Entscheidung überlegen. Wir werden um 14.00 Uhr die Sitzung fortsetzen.

- Unterbrechung der Sitzung um 11.25 Uhr -

Ende von Band 8

[229] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.05 Uhr in derselben Besetzung wie am Ende der Vormittagssitzung.

Vors.:

Auf den heute früh gestellten Antrag ist folgende Verfügung zu verkünden:

Der Antrag auf Rücknahme der Bestellung der Pflichtverteidiger Schwarz, Schnabel, Künzel, Eggler, König, Linke, Schlaegel und Grigat wird abgelehnt.

Mit dem Antrag geraten wir in die zentrale Problematik der Frage der Verteidigung in diesem Verfahren, und dies macht es notwendig, darzustellen, wie sich bisher die Maßnahmen, die Verteidigung betreffend, abgespielt haben. Dabei ist als Ausgangspunkt anzusehen der in der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz, daß neben Wahlverteidigern, im Falle eines entsprechenden Bedürfnisses, auch Pflichtverteidigerbestellungen vorgenommen werden können. Diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof letztmals ausgesprochen in einer Entscheidung NJW 1973, Seite 1985, wo es heißt: Zeichnet sich die Gefahr ab, daß der Verteidiger die zur reibungslosen Durchführung der Hauptverhandlung erforderlichen Maßnahmen nicht treffen kann oder nicht treffen will, so darf das Gericht neben dem Wahlverteidiger einen Pflichtverteidiger bestellen, um damit den reibungslosen Fortgang des Verfahrens zu sichern.[25]

Auf dieser Basis fußte der Antrag des Generalbundesanwalts vom 25.6.1974, mit dem beantragt wurde,

den oben genannten Angeschuldigten, das sind also unsere jetzt Angeklagten, je zwei Pflichtverteidiger in der Form beizuordnen, daß jeweils der eine Pflichtverteidiger aus dem Kreise der bestellten Wahlverteidiger und der andere aus dem Kreise der übrigen bei den Oberlandesgerichten in Stuttgart und oder Karlsruhe [230] tätigen Rechtsanwälte ausgewählt wird.

Auf Grund dieses Antrages habe ich die damals vorhandenen Wahlverteidiger angeschrieben, ihnen mitgeteilt, daß der Generalbundesanwalt beantragt habe, für jeden der Angeschuldigten zwei Pflichtverteidiger zu bestellen und daß ich beabsichtige, dem zu entsprechen.

Es heißt weiter: Deshalb wäre ich dankbar, wenn mir bis zum 19.7.1974 mitgeteilt werden würde, ob bei den Wahlverteidigern Bereitschaft für eine Pflichtverteidigung vorhanden ist. Wenn ja, bitte ich um entsprechende Vorschläge. Daraufhin wurde seitens der Wahlverteidiger gemeinschaftlich der Vorschlag gemacht und gleichzeitig als Antrag gestellt,

10 bisherige Wahlverteidiger zu Pflichtverteidigern zu bestellen.

D. h. also, damals lebte der Mitbeschuldigte Meins[26] noch, für jeden der Beschuldigten, damals Beschuldigten, je zwei Anwälte aus dem Kreise der gewählten Verteidiger. Am 29.4.74 habe ich folgendermaßen entschieden:

Der Generalbundesanwalt hat beantragt,

jedem der Angeschuldigten zwei Pflichtverteidiger zu bestellen. Auch die Angeschuldigten haben nach Besprechung mit ihren Verteidigern am 24.7.74 den Antrag gestellt, ihnen namentlich benannte Pflichtverteidiger, von denen jeder jeden der Angeschuldigten verteidigen soll, beizuordnen.

Angesichts der starken Beanspruchung der einzelnen Verteidiger durch das Verfahrener scheint es sachgerecht, jedem der Angeschuldigten mehr als nur einen Anwalt beizuordnen.

Es heißt dann weiter in dieser Verfügung:

Aus dem Kreis der bisherigen Wahlverteidiger werden Rechtsanwältin Becker und die Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold, Dr. Preuss, Schily, Ströbele zu Pflichtverteidigern bestellt und zwar, da gegenwärtig keine Kollisionsgefahr ersichtlich [231] ist, jeder dieser Pflichtverteidiger antragsgemäß für jeden Angeschuldigten.[27]

Darüberhinaus werden als Pflichtverteidiger beigeordnet, es werden dann aufgeführt die Herren Rechtsanwälte Schwarz, König, Eggler, Schnabel und Schlägel.

Es heißt dann noch abschließend:

Dem Antrag der Angeschuldigten jeweils für jeden von ihnen insgesamt 10 der bisherigen Wahlverteidiger als Anwälte ihres Vertrauens zu Pflichtverteidigern zu bestellen, ist durch die komplexe Beiordnung von 6 bisherigen Wahlverteidigern weitgehend Rechnung getragen. Die bisherigen Erfahrungen in einschlägigen Verfahren, ...

Hier war gedacht an die im Antrag des Generalbundesanwalts mitgeteilten Prozesse, in denen Verteidiger, die gewählt waren, dann nicht aufgetreten sind. Wir haben ein eindrucksvolles Beispiel heut früh gehört aus dem Vortrag eines der Herrn Verteidiger, die hier entpflichtet werden sollen nach dem Willen der Angeklagten.

Also: Diese bisherigen Erfahrungen machen es jedoch erforderlich, den Angeschuldigten auch noch je einen weiteren Anwalt aus dem Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart als Pflichtverteidiger beizuordnen. (§ 142 Abs. 1 StPO).

Die Zulässigkeit dieser Maßnahme folgt aus der in der Rechtsprechung anerkannten Pflicht zur prozessualen Vorsorge.

Sie dient dem Interesse der Allgemeinheit an einem gesicherten Verfahrensablauf. Es ist hinzuzufügen, daß diese Handhabung auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt ist, so zum Beispiel in Band 9 Seite 36.[28]

Gegen diese Verfügung hat Herr Rechtsanwalt von Plottnitz am 16., nein am 29.7., oder kurz danach Gegenvorstellung erhoben. Es war ursprünglich eine Beschwerde, die aber nicht zulässig ist gegen Beschlüsse oder Verfügungen dieser Art.[29] Sie wurde als Gegenvorstellung[30] behandelt. Und in dieser Gegenvorstellung machte Rechtsanwalt v[on ]P[lottnitz] deutlich, daß nach Auffassung der [232] Angeklagten die Beiordnung von Pflichtverteidigern sich auch nur auf Verteidiger erstrecken könne, die das Vertrauen der Angeklagten genossen. Daraufhin habe ich am 16. Oktober 1974 geantwortet. In diesem Schreiben heißt es unter anderem: 1. Den Angeschuldigten stehen, wie gesagt, es bezieht sich natürlich alles auf den Zeitpunkt 16. Oktober jetzt, den Angeschuldigten stehen 25 gewählte Verteidiger zur Seite. Sie haben deshalb keinen gesetzlichen Anspruch auf gerichtlich bestellte Verteidiger (§ 141 Abs. 1 StPO). Wenn Ihnen gleichwohl ungeachtet fortbestehender Wahlmandate sechs Anwälte als Pflichtverteidiger beigeordnet wurden, so ist der Forderung nach Verteidigern des eigenen Vertrauens Genüge getan. 2. Der Grundsatz des Verteidigers des Vertrauens läßt sich, wenn wie hier nicht ohne Verteidiger verhandelt werden kann, nicht so absolut anwenden, wie Sie dies fordern. Sonst konnten sich Angeklagte mit der einfachen Erklärung, kein Vertrauen mehr zu haben, jeden Verteidigers entledigen, und damit die Hauptverhandlung zu jedem Zeitpunkt „platzen“ lassen. Eine Vielzahl unserer Strafprozesse brauchte man dann erst gar nicht zu beginnen. Dem kann in Fallen notwendiger Verteidigung nur durch die Beiordnung von Pflichtverteidigern begegnet werden, die, ihrer Berufspflicht folgend, notfalls auch gegen den Willen der Angeklagten als Verteidiger auftreten. 3. Als Vorsitzender muß ich alles tun, um den Ablauf der Hauptverhandlung zu sichern, daraus folgt, daß ich für stete Präsenz der Verteidigung zu sorgen habe. Risse diese Präsenz zu irgendeinem Zeitpunkt der Hauptverhandlung ab, so müßte diese, möglicherweise nach sehr langer Dauer, abgebrochen und wiederholt[31] werden. Welche technischen Schwierigkeiten, welche finanziellen Belastungen des Steuerzahlers[32] und vor allem welche rechtlichen Bedenken wegen der weiteren Dauer der Untersuchungshaft daraus erwüchsen, bedarf ebensowenig einer Begründung wie die Forderung, daß eine solche Situation eben deshalb vermieden werden muß. Es besteht daher, vorbehaltlich der Zulassung der Anklage, in dem bevorstehenden Großverfahren das unabweisbare Bedürfnis, mit der Bestellung von Pflichtverteidigern auch das Ziel der Sicherung des Verfahrens zu verfolgen. Dem könnte mit der alleinigen Bestellung bisheriger Wahlverteidiger [u] nicht ausreichend [233] Rechnung getragen werden. Das wird nun im folgenden begründet: a) Ihren eigenen, wie auch den Äußerungen anderer Wahlverteidiger ist die Auffassung zu entnehmen, daß das Vertrauen des Mandanten auch bei Pflichtverteidigungen unabdingbare Voraussetzung sein müßte. Das läßt befürchten, daß Sie und andere Wahlverteidiger trotz gerichtlicher Bestellung, selbst um den Preis einer „geplatzten“ Hauptverhandlung, nicht mehr auftreten, wenn die Angeschuldigten das Vertrauensverhältnis für gestört erklärten. Diese Befürchtung ist ernst zu nehmen. Hat doch der Angeschuldigte Baader erklärt, es wird zitiert aus dem Antrag des Generalbundesanwalts vom 25. Juni 1974, Seite 4: „Die Angeschuldigten würden im Falle bestimmter ihnen nicht genehmer gerichtlicher Maßnahmen allen Verteidigern das Mandat entziehen.“ Im übrigen ist es tatsächlich schon zu solchen Mandatsentziehungen gekommen, und es haben auch einige der hier tätigen Verteidiger, darunter ein gerichtlich bestellter, wegen mißliebiger Gerichtsentscheidungen mit der Möglichkeit von Mandatsniederlegungen gedroht. b) Im Karlsruher Prozeß gegen Mitglieder des sozialistischen Patientenkollektivs[33] und im Berliner Verfahren gegen Brigitte Mohnhaupt[34] blieben Rechtsanwälte, die auch im vorliegenden Verfahren verteidigen, der Hauptverhandlung kurzfristig ohne stichhaltige Gründe fern (nur die Bestellung von Pflichtverteidigern, die gegen den Willen der Angeklagten auftraten, ermöglichte die Durchführung der Verfahren). Wir haben heute früh gehört, daß sich die Situation im Verfahren gegen Carmen Roll[35] nicht anders darstellte. c) Einer der auf Antrag bestellten Pflichtverteidiger erzwang in einem Stuttgarter Verfahren durch gezielte Mandatsniederlegung den Abbruch einer Hauptverhandlung. d) Einige der bestellten Anwälte des Vertrauens standen oder stehen in Verdacht, ihre Verteidigerrechte zum Austausch von Mitteilungen und Instruktionen der Angeschuldigten mißbraucht und so den Bestrebungen nach Fortsetzung des gewaltsamen Kampfes gegen die staatliche Ordnung und der Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts der RAF „gedient“ zu haben. e) Einer der Wahlverteidiger, es kann jetzt gesagt werden, es war Rechtsanwalt Becker[36], ist im Zusammenhang mit der Fahndung nach RAF-Mitgliedern festgenommen worden und befindet sich noch in [234] Untersuchungshaft, f) Ein anderer, hier handelt es sich um Rechtsanwalt Lang[37], ist am Tage der gegen ihn gerichteten Hauptverhandlung mit einer Erklärung, die Übereinstimmung mit Zielen und Methoden der RAF verrät, untergetaucht. g) Bezeichnenderweise ist heute früh im Antrag nur diese Ziffer, also ein kleiner Einzelpunkt zitiert worden aus dieser Verfügung. Also g) Schließlich machen sich einige der gewählten Verteidiger, darunter[v] auch solche, die inzwischen antragsgemäß zu Pflichtverteidigern bestellt worden sind in Wort und Schrift die Terminologie radikaler rechtsstaatfeindlicher Extremisten zu eigen, mit der zur Zeit eine Kampagne gegen die Justiz vor allem auch gegen das bevorstehende Verfahren in der Öffentlichkeit geführt wird. Hier ist insbesondere an Ausdrücke wie Isolationsfolter, Vernichtungshaft, Gehirnwäsche und dergleichen mehr zu denken. Die Gesamtumstände decken die Möglichkeit auf, daß zumindest ein Teil der gewählten Verteidiger bereit sein könnte, sich den Wünschen der Angeschuldigten stärker unterzuordnen, als es mit der Rolle eines Verteidigers vereinbar ist. Aus meiner Verantwortung für das Verfahren heraus muß ich angesichts dessen davon ausgehen, daß die ausschließliche Bestellung bisheriger Wahlverteidiger zu Pflichtverteidigern die stete Präsenz der Verteidigung nicht ausreichend verbürgen kann. Diese Besorgnis müssen alle Verteidiger, weil sie[w] sich als Block verstanden wissen wollen, gegen sich gelten lassen, auch wenn sie in der Person der einzelnen Verteidiger keineswegs gleichstark begründet, im Einzelfall möglicherweise sogar unbegründet ist. Der Umfang der Vorbereitungen für das Verfahren läßt es nicht zu, abzuwarten, ob die notwendige Verteidigung tatsächlich zum taktischen Mittel umgemünzt werden soll. Denn geschähe dies kurz vor oder in der Hauptverhandlung, so wäre die Hinzuziehung eines neuen Verteidigers in der kurzen Zeit, während der das Verfahren unterbrochen werden kann, nicht mehr möglich. Eine Wiederholung der Verhandlung wäre unvermeidlich. Daher muß es bei der getroffenen Verfügung bleiben. Die Verantwortung trifft die Wahlverteidiger, die sich durch die obige keineswegs lückenlose Aufzählung angesprochen fühlen müssen. Namen anzuführen versage ich mir. Ihre Auffassung, meine Verfügung verletze die Fürsorgepflicht gegenüber den Angeschuldigten, ist mir angesichts des unbehinderten Fortbestehens von [235] 19 Wahlmandaten und der gerichtlichen Bestellung von 6 Verteidigern des Vertrauens, unverständlich. Die Pflichten eines Vorsitzenden können sich nicht allein in der Fürsorge für die Angeschuldigten erschöpfen.

Am 1.1.1975 sind dann neue strafprozessuale Vorschriften über die Verteidigung in Kraft getreten,[38] es gab von da an nur noch die Singular-Verteidigung, also keine Blockverteidigung,[39] um bei diesen Begriffen zu bleiben. Außerdem wurde die Zahl der Verteidiger auf 3 pro Angeklagten beschränkt.[40] Das veranlaßte das Gericht, die Anwälte des Vertrauens anzuschreiben und zu fragen, welcher Angeklagte nun welchen Verteidiger wünsche und wer zu Pflichtverteidigern bestellt werden soll. In der Stellungnahme wurden die Anwälte, die zunächst zu Pflichtverteidigern bestellt werden sollten und die weiteren, die als[x] Wahlverteidiger dann in Betracht kamen benannt, darunter, ich möchte das nochmals betonen, weil heute früh der Name von Herrn Rechtsanwalt Dr. Preuss genannt worden ist, dieser Rechtsanwalt nicht. Außerdem wurde in dieser Stellungnahme derselbe Antrag wie heute gestellt, nämlich auch die Entpflichtung der bisherigen Pflichtverteidiger, die nicht von den Angeklagten benannt worden waren. Am 3. Februar 1975 habe ich darauf wie folgt verfügt: 1. Die Bestellung der Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele wird aufgehoben. Außer den schon beigeordneten Rechtsanwälten Schwarz, Eggler, König und Schlaegel werden noch zu Verteidigern bestellt: Für Baader Rechtsanwälte Siegfried Haag und Schnabel, für Meinhof Rechtsanwalt Riedel, für Ensslin Rechtsanwalt Schily und Rechtsanwältin Becker, für Raspe Rechtsanwalt von Plottnitz. 3. Der Antrag, die Bestellung der Pflichtverteidiger, die nicht von den Angeschuldigten benannt worden sind, zurückzunehmen, wird abgelehnt. Zunächst zu Punkt 1 der Nichtwiederbestellung der 3 Anwälte Croissant, Groenewold und Ströbele zu Pflichtverteidigern. Hierzu habe ich ausgeführt: Gegen die Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele ist schon mehrfach in Beschlüssen des Bundesgerichtshofs und des Senats der Verdacht der Tatbeteiligung ausgesprochen worden. Deshalb läßt sich nicht ausschließen, daß sie von den Bestimmungen über den Ausschluß von Verteidigern im Strafverfahren betroffen werden könnten. Die pflichtgemässe Fürsorge für die Angeschuldigten und das Verfahren verbieten es, Verteidiger zu bestellen, [236] deren Verbleiben im Verfahren rechtlich nicht gesichert ist. Um es zu verdeutlichen: Es ging nicht darum, diese Rechtsanwälte vom Verfahren etwa fernzuhalten, diese Möglichkeit hätte gar nicht bestanden. Sie sind und konnten sofort wieder als Wahlverteidiger auftreten, es hat sich nur verboten, sie wiederum als Pflichtverteidiger einzustellen, denn der Pflichtverteidiger muß ja auch, wie bereits dargelegt, die stete Präsenz im Verfahren gewährleisten können, und bei Verteidigern, deren Verbleiben rechtlich nicht gesichert ist, wäre diese Forderung nicht erfüllbar gewesen. Gegen diesen Punkt 1 meiner Verfügung hat Herr Rechtsanwalt Dr. Croissant und haben die Angeklagten Verfassungsbeschwerde eingelegt. Diese Verfassungsbeschwerde ist am 8. April 1975 vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden.[41] Aus der eingehenden Begründung braucht nur darauf hingewiesen zu werden, daß das Bundesverfassungsgericht unter anderem ausführt: Es verletzt die Beschwerdeführer nicht in ihren Grundrechten, daß der Vorsitzende des Prozeßgerichts die Bestellung des Beschwerdeführers zu 1, das ist also Dr. Croissant, als Pflichtverteidiger aufgehoben hat. Dies beeinträchtigt Dr. Croissant nicht in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung, das wird näher begründet. Dann heißt es 2., die angegriffene Maßnahme verletzt die Beschwerdeführer zu 2 und 5, das sind die Angeklagten, nicht in ihrem Anspruch auf ein faires Verfahren. Die[y] Maßnahme enthalte auch keinen unzulässigen Eingriff in ihre Handlungsfreiheit und verstoße schließlich auch nicht gegen das Willkürverbot, und dazu speziell sagt das Bundesverfassungsgericht: Die Begründung der angegriffenen Verfügung läßt keinen Verstoß gegen das Willkürverbot erkennen. Sie ist sachgemäß und hält sich im Rahmen der Berücksichtigung des prozessualen Fürsorgezwecks, der für die Pflichtverteidigung kennzeichnend ist. Als wichtiger Grund für die Abberufung des bestellten Verteidigers kommt jeder Umstand in Frage, der den Zweck der Pflichtverteidigung, dem Beschuldigten einen geeigneten Beistand zu sichern und den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu gewährleisten, ernsthaft gefährdet, und hier rechnet dann das Bundesverfassungsgericht auch solche Tatsachen unter die Umstände, die eine solche Abberufung möglich machen, die sich aus den Ausschlußmöglichkeiten gegen Verteidiger ergeben.

[237] Zu dem damals gestellten Antrag, die nicht von den Angeklagten benannten Pflichtverteidiger abzuberufen, wurde in der Verfügung vom 3. Februar folgendes gesagt: Zur Zurücknahme der Bestellung der Pflichtverteidiger, die nicht auf Vorschlag der Angeschuldigten bestellt worden sind, besteht kein Anlaß, da sich an den für Bestellung maßgeblichen, in der Verfügung vom 29.7.74 und dem als Anlage beigefügten Schreiben des Vorsitzenden vom 16.10.74 an Rechtsanwalt von Plottnitz im einzelnen dargelegten Gründen nichts geändert hat. Diese Gründe haben sich im Gegenteil verstärkt. Inzwischen sind nämlich weitere Fälle bekannt geworden, in denen hier tätige Verteidiger des Vertrauens in der Hauptverhandlung ferngeblieben oder zwar erschienen sind, aber nicht verteidigt haben. Das gilt für ein Verfahren in Karlsruhe, Achterrath[42], und in Tübingen, Schier[43]. Aus Beschlagnahme des Schriftwechsels zwischen Angeschuldigten und Verteidigern ihres Vertrauens ergeben sich überdies weitere Anhaltspunkte für die Besorgnis, diese Verteidiger verfügten nicht mehr über die vom Gesetz vorausgesetzte Unabhängigkeit gegenüber ihren Mandanten. Solche Anhaltspunkte sind zum einen der sonst zwischen Anwalt und Angeschuldigten unübliche Befehlston (Zitat „Endlich mal verbindliche Härte du Lappen“) zum anderen Beschimpfungen (Zitate „Du bist doch ne wirkliche Sau“, „Ihr habt doch wohl den Arsch offen“, „Ihr seid wieder mal nur Schweine“) die sich die Verteidiger offenbar gefallen lassen. Inzwischen hat sich nun die Besorgnis, daß die Verteidiger des Vertrauens zu irgendeinem Zeitpunkt nicht mehr zur Verfügung stehen könnten, bestätigt, wobei wir nicht darüber zu befinden haben, ob das nun in der Person jedes einzelnen Verteidigers des Vertrauens anzunehmen ist. Zunächst ist aus Gründen, die mit Sicherheit nicht der Senat zu vertreten hat, festzustellen, daß Baader über keinen Verteidiger seines Vertrauens mehr verfügt. Drei von diesen Verteidigern des Vertrauens mußten wegen des dringenden Verdachtes der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung ausgeschlossen werden.[44] Es liegt nicht am Senat, daß die Gesetzesgrundlagen dafür erst zu einem relativ späten [238] Zeitpunkt geschaffen worden sind. Der vierte dieser Vertrauensanwälte geriet in den gleichen Verdacht und ist seit Anfang Mai dieses Jahres unter diesem Verdacht flüchtig.[45] Wir können also feststellen, daß ohne die beigeordneten Verteidiger, die nicht von den Angeklagten benannt worden sind, es schon heute unmöglich wäre, das Strafverfahren gegen Andreas Baader durchzuführen, weil das Gesetz die Anwesenheit von Verteidigern zwingend vorschreibt.[46] Das Verbleiben dieser Anwälte des Vertrauens muß auch deshalb als nicht ausreichend gesichert angesehen werden, weil in dieser Richtung bestimmte Absichtserklärungen deuten, die aus den Reihen dieser Anwälte kommen oder zumindest deuten konnten. Hier ist daran zu erinnern, daß am 25.3.1975 diese Rechtsanwälte eine Pressekonferenz veranstaltet haben, in der der[z] inzwischen ausgeschlossene Rechtsanwalt Ströbele gesagt hat, laut Pressemeldungen, daß die Verteidiger des Vertrauens für den Fall eines Verteidigerausschlusses in der Hauptverhandlung nicht auftreten würden. Das ist damals zum Anlaß genommen worden, um die Angeklagten anzuschreiben. Es ist ihnen gesagt worden, wie die Situation aussieht auf Grund dieser Pressekonferenz und mitgeteilt worden, das zwingt zu Überlegungen ob ihnen nicht, wie schon bei Herrn Baader geschehen, ein weiterer vom Gericht ausgewählter Rechtsanwalt beigeordnet werden muß. Sie haben Gelegenheit sich hierzu bis zum 12.4.75 zu äußern. Am 18. April, 6 Tage später, nach Ablauf dieser Frist habe ich verfügt, daß für die Angeklagten Ensslin, Meinhof und Raspe zusätzliche Pflichtverteidiger bestellt werden, und zwar Rechtsanwalt Karl-Heinz Linke für die Angeklagte Meinhof, Rechtsanwalt Manfred Künzel für die Angeklagte Ensslin und Rechtsanwalt Peter Grigat für den Angeklagten Raspe.

In dieser Verfügung heißt es: Am 25.3.1975 veranstaltete ein Teil der Verteidiger, die das Vertrauen der Angeklagten haben, eine Pressekonferenz. Laut Pressemitteilung, z.B. Frankfurter Allgemeine vom 26.3.1975, wurde dabei unter anderem erklärt: Es werde im Falle des Ausschlusses eines der bisher tätigen Anwälte keine Verteidigung, nur einen [239] Phantomprozeß ohne Verteidiger und ohne Angeklagte geben.

Das bisherige Verhalten der Verteidiger des Vertrauens zwingt zu der Annahme, daß diese Erklärungen in ihrer aller Namen abgegeben wurden. Es muß damit gerechnet werden, daß die Verteidiger des Vertrauens im Verfahren von vornherein ausbleiben, oder früher oder später im Laufe des Verfahrens ihre Verteidigung niederlegen konnten. Die Erklärungen sind so entschieden, daß selbst das Verbleiben der von den Angeklagten benannten Pflichtverteidiger nicht als hinreichend gesichert angesehen werden kann. Es wird dann darauf hingewiesen, daß die Angeklagten trotz der Aufforderung zur Stellungnahme die Ungewißheit hinsichtlich ihrer Verteidigung durch die von ihnen benannten Anwälte nicht ausgeräumt hätten. Lediglich die Angeklagte Ensslin ließ durch ihre Verteidigerin mitteilen, eine Stellungnahme werde nicht abgegeben. Die beiden übrigen betroffenen Angeklagten äußerten sich nicht. Träte, wie demgemäß zu befürchten bleibt der Fall ein, daß sämtliche Verteidiger des Vertrauens nicht mehr verteidigten, so läge die Verteidigung allein in den Händen der nicht von den Angeklagten benannten Pflichtverteidiger. Dann hätte nur noch Baader zwei Pflichtverteidiger, den übrigen Angeklagten verbliebe je nur ein Verteidiger.

Es liegt auf der Hand, daß ein Verteidiger im vorliegenden Verfahren die notwendige stete Präsenz der Verteidigung nicht verbürgen kann, da in einem unvorhergesehenen Hinderungsfall, z.B. Krankheit müßte das Verfahren, soweit der betroffene Anwalt allein verteidigte unterbrochen und unter Umständen sogar wiederholt werden. Diese Gefahr kann nicht hingenommen werden. Zur Sicherung des Verfahrensablaufes war daher den Angeklagten, die unter den aufgezeigten Umständen nur einen Verteidiger hätten, je einen zusätzlichen Verteidiger beizuordnen. Das Gericht hat, um das noch erläuternd hinzuzufügen, sich möglichst zurückgehalten bei der Beiordnung von den nicht benannten, von den Angeklagten nicht[aa] benannten Pflichtverteidigern, um hier nicht ein Übergewicht zu schaffen, obwohl sich schon früher die Überlegung aufdrängte, ob es ausreichen würde, je- [240] weils nur einen dieser Pflichtverteidiger zu bestellen. Es liegt nicht am Gericht, daß erst am 25.3.1975 durch diese Ankündigung, man werde möglicherweise im Verfahren nicht auftreten die Notwendigkeit geschaffen wurde sofort nun zu reagieren und zusätzliche Pflichtverteidiger, die die Angeklagten nicht benannt haben, beizuordnen, um den Verfahrensablauf zu sichern. Aber auch von seiten der Angeklagten liegen in dieser Richtung bedenkliche Absichtserklärungen vor. Ich zitiere aus dem Ausschließungsbeschluß betreffend den Rechtsanwalt Groenewold des 1. Strafsenates. Hier heißt es: Mit der Stellung des Verteidigers als unabhängigen Organ der Rechtspflege ist es nicht zu vereinbaren, daß dem Verteidiger die Art der Prozeßführung von Mitgliedern der kriminellen Vereinigung vorgeschrieben wird Wie dies aus programmatischen Erklärungen des Angeklagten Baader und anderer Mitangeklagter hervorgeht. Baader am 16.1.74: 1. Die Gefangenen bestimmen, und zwar kollektiv, über das „INFO“[47] oder anderes die Prozeßstrategie. Wenn sie, das heißt also die Gefangenen, es für richtig halten, legen die Verteidiger demonstrativ die Verteidigung im Prozeß nieder, auch wenn das bedeutet, daß ihnen die Kosten aufgehängt werden. Dem hat er zugestimmt, gemeint unter er ist einer der Verteidiger des Vertrauens. Unter Ziffer 3 dieser Erklärung. Der Schutz, die Verteidigung der Gefangenen läuft in erster Linie über den außerprozessualen Job der Anwälte. Mobilisierung, Kampagne und das Überlebens-Programm, „INFO“, Kommunikation, kollektive Schulung, Information. Ich zitiere ferner aus dem Ausschlußbeschluß betreffend den Rechtsanwalt Ströbele, wiederum erlassen vom 1. Senat. Hier heißt es: Während in einem weiteren Schriftstück dieser Art, nämlich die Anlage 41 der Antragsschrift, die Prozeßstrategie und die Forderungen, die die Rädelsführer der[bb] Vereinigung an ihre Verteidiger stellen, mehrfach wie folgt festgelegt sind: 1. Die Gefangenen bestimmen die Prozeßstrategie und zwar kollektiv. 2. Auch wenn das bedeutet, daß bei bestimmten Entwicklungen die Anwälte kollektiv [241] die Verteidigung für unmöglich erklären und rausgehen. Diese Möglichkeiten legen wir vorher in der Diskussion mit allen Anwälten, die verteidigen werden, fest. 3. Alle Anwälte, die Besuche machen[cc] und verteidigen, arbeiten an dem „INFO“ mit, das heißt füttern und verteilen es. Im übrigen bringt dieses Zirkular, so heißt es hier weiter in dem Zitat, zum Ausdruck, daß der Verteidiger, der sich nicht an dieses Programm hält, das Mandat verliert. Diese Darlegungen decken auf, daß das Verbleiben der Anwälte, die nicht von den Angeklagten benannt worden sind, als Pflichtverteidiger nach wie vor erforderlich ist, so daß kein Grund bestand, dem heute früh gestellten Antrag stattzugeben. Wir haben Anlaß hinzuzufügen, daß es sich dabei, was das Gericht ganz bewußt so eingerichtet hat, um Verteidiger handelt, die nach der Erfahrung und Kenntnis des Gerichts mit diesen Verteidigern völlig selbständige Organe der Rechtspflege sind, in keiner Weise vom Gericht abhängig, und es besteht für uns nicht der leiseste Grund, ernst zu nehmen, daß sie in irgendeiner Form von der Bundesanwaltschaft abhängig sein können. Es sind Verteidiger, deren Qualifikation außer Zweifel steht, und wir meinen und wollen das auch sagen, daß es hoch anzuerkennen ist, daß sich diese Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege trotz der zu erwartenden und nun auch eingetretenen Angriffe ihrer Berufspflicht entsprechend bereit gefunden haben, Pflichtverteidiger in diesem Verfahren zu sein, denn die Befolgung von Pflichtverteidigerbestellungen gehört zu den Berufspflichten der Anwaltschaft. Die Rügen, die Rügen, die wegen der selbstverständlich notwendigen vorbereitenden Gespräche mit diesen Anwälten erhoben worden sind, die dahingehen, daß vertrauliche geheimgehaltene Gespräche geführt worden seien, waren bereits Gegenstand eines Ablehnungsgesuches gegen den Vorsitzenden des Gerichts. Sie sind bereits als unbegründet zurückgewiesen worden. Es besteht kein Anlaß, das nochmals aufzuwärmen.

Herr Baader, jetzt bitte, Sie wollten etwas [242] sagen.

Angekl. B[aader]:

Ich habe nur gerade festgestellt, daß einer dieser qualifizierten Verteidiger eingeschlafen war, wie schon häufiger in dem Verfahren.

Vors.:

Herr Baader, sind Sie sich dessen sicher was sie gerade sagen?

Angekl. B[aader]:

Ja, man kann das beobachten. Er sitzt in der zweiten Reihe, es ist der zweite von links.

Vors.:

Ich habe heute früh das Publikum gebeten, ich mache auch noch einmal jetzt darauf aufmerksam: Wir haben nichts dagegen, daß sie innerlich am Verfahren Anteil nehmen.

Aber sie haben nur das Recht zuzuhören. Wir wollen weder Beifalls-, noch Heiterkeits- noch Mißfallensausbrüche hier haben von Seiten des Publikums. Bitte richten sie sich danach.

Wenn keine Anträge mehr gestellt werden, dann kamen wir jetzt wie vorgesehen ... Herr Rechtsanwalt von Plottnitz

RA v[on ]P[lottnitz]:

Also um in der Sprache der Bundesanwaltschaft zu sprechen, die Verteidigung hegt gegen das, was Inhalt des soeben begründeten Beschlusses, bzw. der soeben begründeten Verfügung war, erhebliche Rechtsbedenken und bitte deshalb um sich weiterhin schlüssig zu werden um eine Pause von 30 Minuten.

Vors.:

Ich sehe keine Veranlassung dazu. Herr RA. v[on ]P[lottnitz], es kann nicht so weiter gemacht werden wie das sich heute frühe anzeigt, daß jedesmal, wenn das Gericht irgend etwas verkündet oder bekanntgibt oder sonst äußert, sich daran die Forderung der Verteidigung knüpft, eine Pause zu bekommen, damit man beraten kann über das was geschehen ist. Das ist in keinem Verfahren üblich und wird auch hier nicht eingeführt.

[243] RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr V. es kann aber auch nicht so weitergehen, daß wenn die Bundesanwaltschaft erhebliche Bedenken gegen dies oder jenes äußert, daß der Senat von sich gibt, sofort eine Pause gewährt wird, während falls es umgekehrt bei der Verteidigung der Fall ist, ist es nicht Fall (verbessert sich) nicht geschieht.

Vors.:

Ich versichere Ihnen, wenn seitens der Bundesanwaltschaft Anträge gestellt werden, wie heute früh von Ihnen, dann werden Sie im zum Zwecke der Stellungnahme genau dieselben Pausen eingeräumt bekommen wie die Bundesanwaltschaft. Ich versuchte es heute früh schon klarzumachen. Sie hatten doch einen vorbereiteten Antrag gebracht. Da muß es doch das Recht sein der übrigen Beteiligten den nun mal richtig zu kennen und sich dazu zu äußern. Ich weiß nicht ob Ihr Kollege v[on ]P[lottnitz] schon zu Ende ist oder hat er ...

RA Sch[ily]:

... zugehört, was der Kollege v[on ]P[lottnitz] gesagt hat, er hat gesagt, um[dd] im Sprachgebrauch der Bundesanwaltschaft zu bleiben, haben wir erhebliche Rechtsbedenken gegen den soeben verkündeten Beschluß, und wenn sie sich an den 1. Verhandlungstag erinnern wollen, da hat dieser Senat einen Beschluß verkündet, demgegenüber dann Herr Bundesanwalt Dr. Wunder erklärt hat, daß ... spontan erklärt hat, daß dagegen erhebliche Rechtsbedenken seitens der Bundesanwaltschaft bestehen[48] und man zum Zwecke der Ausarbeitung einer Gegenvorstellung um eine Pause bitte, und wenn Sie Ihr Gedächtnis weiterhin bemühen wollen, dann werden Sie sich vielleicht erinnern, daß dieser, diesem Antrag entsprochen wurde. Wenn Sie jetzt erklären, daß das ein Privileg der Bundesanwaltschaft ist, bitteschön, dann nehmen wir das zur Kenntnis. Dann reiht sich das weiter in den Rahmen der Maßnahmen ein, die wir nun hier in 3 Verhandlungstagen kennengelernt haben.

Vors:

Herr RA es ist merkwürdig, daß Sie Prämissen setzen, die nicht [244] zutreffen und dann schon mit dem argumentieren. Kein Mensch hat gesagt, daß das ein ...

RA Sch[ily]:

Habe ich denn, habe ich da irgendeine Prämisse jetzt falsch angegeben, war es so mit der Bundesanwaltschaft oder war es so nicht.

Vors.:

Sie haben die Prämisse gesetzt, daß die Bundesanwaltschaft ein Privileg hätte sich zu Rechtsbedenken, die sie habe, eine Pause zu erbitten.

RA Sch[ily]:

Bisher ist das die Praxis ja.

Vors.:

Das war bis jetzt nur einmal ...

RA Sch[ily]:

Jetzt wollte ich nur sehen, ob das die Praxis ist, oder ob das sozusagen eine Leitlinie für den gesamten Prozeß auch in Zukunft sein wird.

Vors.:

Es ist keine Praxis, es ist nur so, daß die Anträge, die da zu stellen waren auf Grund einer völlig neuen Rechtslage, auf Grund eines völlig neuen Gesetzes zu erarbeiten waren, wogegen das was im Augenblick bekanntgegeben worden ist, Ihnen längst bekannt ist. Eine Problematik, die längst durchgesprochen worden ist, die mehrfach Gegenstand von Anträgen der Verteidigung gewesen ist, so daß ich nicht recht einsehe, welche längeren Vorbereitungen sie jetzt benötigen, um dieselben Bedenken möglicherweise wieder vorzutragen, oder haben Sie neue Gesichtspunkte gefunden aus diesem Vortrag, der lediglich Ihnen längst bekannte ...

RA Sch[ily]:

Das wollen wir ja nun gerade in der Pause feststellen, ob wir Ihnen noch neue Gesichtspunkte, vielleicht haben wir auch gar nichts mehr vorzutragen, auch das wäre denkbar. Nich. Daß also sozusagen die Sache hier ausdiskutiert ist. Aber daß wir eine Pause auch einmal bekommen dürfen, das meine ich, sollte [245] eine Selbstverständlichkeit sein, bisher war mir das immer eine Selbstverständlichkeit, aber offenbar, wie gesagt, gilt das nur für die Bundesanwaltschaft und dann mochte ich das nur ausdrücklich erklärt wissen, wenn das so ist.

Vors.:

So ist es nicht ...

RA Sch[ily]:

Im übrigen ist das so, so neu ist war das ja eigentlich auch nicht mehr, also, war immerhin fünf Monate alt.

Vors.:

Herr RA., ich weiß nicht wie[ee] oft der Antrag auf Pause heute schon gestellt worden ist. Gehört das auch dazu, daß das Verfahren hier ständig durch Pausen durchsetzt wird und Sie dann erklären, das sei allgemein üblich? Ich glaube, daß ich über prozessuale Erfahrungen verfüge, die so lang sind wie die Ihren. Ich habe diese Übung noch nirgends kennengelernt.

RA Sch[ily]:

Nein, ich bitte auch nicht um Pausen aus irgendeinem so zu sagen laufend um Pausen, nur es gibt manchmal in der Tat Situationen, in denen um Pausen gebeten muß. Bisher waren wir ja gar nicht diejenigen, die um Pausen gebeten haben, wenn Sie das mal feststellen wollen. Bisher ist immer von der Gegenseite um Pausen gebeten worden. Ich habe es allerdings mit Verblüffung, sage ich Ihnen, festgestellt, wenn ich ankündige, wir wollen prüfen, ob wir[ff] einen Antrag nach § 24[ StPO][49] stellen wollen, daß uns dafür keine Pause gewährt wird. Das ist interessant. Ich habe in meiner langjährigen Prozeßerfahrung allerdings noch nie kennengelernt eine solche Praxis. Das spricht für sich.

Vors.:

Ja, ja Sie haben uns ja heute früh des öfteren dargetan, daß Sie Berliner Erfahrungen haben. Sie scheinen ...

RA Sch[ily]:

Ich habe auch westdeutsche Erfahrungen.

Vors.:

... in westdeutschen Erfahrungen nicht so bewandert zu sein.

[246] RA Sch[ily]:

Habe ich noch nie.

Vors.:

Will die Bundesanwaltschaft dazu Stellung nehmen. Herr RA. v[on ]P[lottnitz].

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Sie sagen der Sachverhalt sei seit langem bekannt, selbstverständlich und auch einfach gelagert. Wäre ...

Vors.:

Das habe ich nicht gesagt.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Also selbstverständlich und seit langem bekannt, und zwar allen Verfahrensbeteiligten ...

Vors.:

Selbstverständlich habe ich auch nicht gesagt. Ich sagte lediglich bekannt.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Das habe ich so in Erinnerung. Gut, dann also lassen wir es bei dem Wort bekannt, wäre dem so, dann bedürfte es ja wohl kaum einer 40 minütigen Begründung durch den Senat, wenn dem wenn der auch der Senat in Wahrheit davon ausgegangen wär, daß das hier alles schon bekannt sei.

Vors.:

Die 40 minütige Begründung, die Sie erwähnen, war dazu notwendig, um den Gang der Dinge im Rahmen der Maßnahmen betreffend die Verteidigung etwas zu verdeutlichen. Das ist noch nie in der Hauptverhandlung oder sonst irgendwo dargestellt worden. Im übrigen haben Sie das doch durch Ihren Antrag herausgefordert. Es ist nicht eine Sache, die das Gericht von sich aus zu tun wünschte. Darf ich vielleicht dazu bemerken, wir haben um das Gefühl seitens des Herrn Verteidigers Herr RA Sch[ily] nicht weiter zu verstärken, daß unter Umständen die Bundesanwaltschaft mit leichterer Hand eine Pause genehmigt bekomme, durchaus keine solche Bedenken, eine kurze Pause einzulegen. Es ist eine Rechtsmaterie, über die man sich unterhalten kann; warum sollte man die Pause dann nicht doch noch gewähren. Wird es seitens der Bundesanwaltschaft gewährt.

[247] BA Dr. W[under]:

Ohne Bedenken.

Vors.:

Ohne Bedenken, dann machen wir die Pause, wie lange soll sie sein. Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Sch[ily]:

Der Kollege von Plottnitz erklärt.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Wenn es sich ergibt, daß wir die Pause nicht in der Länge benötigen, werden wir sie verständigen.

Vors.:

Darf ich fragen, hat sich heute früh irgendeine Schwierigkeit daraus ergeben, daß wir die Möglichkeit gaben, daß sämtliche Anwälte sich auch im Beisein der Angeklagten über Fragen beraten haben.

RA Sch[ily]:

Nein, nein.

Vors.:

Gab es keine Schwierigkeiten. Läßt sich das technisch bei Ihnen, so wie die Bedingungen hier in den Vorführzellen sind, durchführen.

RA R[iedel]:

Ja, es wäre natürlich günstiger, Herr Vorsitzender, wenn das, wenn noch ein anderer Raum zur Verfügung gestellt werden konnte, weil die Zellen einfach zu eng sind und sofern ist es schwierig.

Vors.:

Na ja, da wäre ja notfalls der Gang noch eine Möglichkeit.

RA R[iedel]:

Nein, unser Zimmer, das Verteidigerberatungszimmer ist natürlich viel günstiger.

Vors.:

Nein, das wird wohl nicht zu machen sein.

RA R[iedel]:

Heißt das, daß wir uns in der kommenden Pause auch wieder in der Form wie heute früh beraten können.

[248] [Vors.:]

Wird das ausdrücklich gewünscht.

RA Sch[ily]:

Ja.

RA R[iedel]:

Das halte ich dann, das wäre ...

RA Sch[ily]:

... dient der Abkürzung der Pause.

Vors.:

Gut, Fortsetzung 15.15 Uhr.

Pause von 14.45 Uhr bis 15. 20 Uhr.

Ende des Bandes 9.

[249] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 15.20 Uhr.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Herr Rechtsanwalt v[on] Plottnitz.

RA v[on] P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, zu der Erklärung, zu der Begründung der Verfügung, die wir soeben von Ihnen gehört haben, ist von uns aus folgendes festzustellen:

Wir sehen in dieser Begründung den Versuch, Ursache und Wirkung zu verkehren. Zwangsverteidiger wurden vom Vorsitzenden des Senats nicht deshalb bestellt, weil Verteidiger des Vertrauens entweder nicht bereit gewesen wären, oder nicht in der Lage gewesen wären, die Gefangenen zu verteidigen, oder weil die Verteidigung in einer Weise erfolgte, die mit den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland etwa nicht in Einklang stünde. Die Zwangsverteidigerbestellung erfolgte allein und ausschließlich deshalb und im Rahmen eines koordinierten Versuchs, eines Versuchs, der sehr weit zurückgeht, eine freie Verteidigung dieses Verfahrens auszuschalten, unmöglich zu machen, zu demontieren. Ihrer eigenen Begründung ist zu entnehmen, daß Sie Zwangsverteidiger bestellt haben, zu einer Zeit, als ein Ausschlußgesetz noch nicht mal existierte[50] und Ausschlußverfahren folglich gar nicht eingeleitet worden waren. Das heißt also, bereits im Juli des Jahres 1974 wurden Verteidiger bestellt, die ersichtlich nicht das Vertrauen der Gefangenen hatten, gegen den Willen der Gefangenen, gegen das Interesse der Gefangenen, gegen das erklärte Interesse der Gefangenen. Das ist das Eine. Das zweite, in Ihrer Verfügung beziehen Sie sich im Zusammenhang mit der Erwägung von Ausschließungsverfahren und möglichen Ausschließungsgründen auf Zitate, auf Zitate, die wie wir es sehen, aus dem, völlig aus dem Zusammenhang gerissen worden sind. Die sich beziehen auf Schriftstücke, die Gegenstand des Ermittlungsmaterials hier sind, die von Ihnen als zutreffend und über jeden Zweifel [250] erhaben, hier vor Beginn der Beweisaufnahme verlesen und gewürdigt worden sind. Als drittes. Wir haben auf keiner Pressekonferenz erklärt, daß wir an dieser Hauptverhandlung nicht teilnehmen werden, wenn auch nur ein Verteidiger ausgeschlossen wird. Wir haben erklärt, und das läßt sich im Zweifelsfall schriftlich nachreichen, wir haben erklärt, daß wir in dieser Hauptverhandlung nicht verteidigen können, wenn es an den minimalen Verteidigungsvoraussetzungen fehlt. Es ist unsere Verpflichtung, eine solche Erklärung abzugeben, wenn wir die Möglichkeit in einer freien Verteidigung, in einem derartigen Verfahren gefährdet sehen. Schließlich haben Sie zitiert, ein Satz aus einem Ausschließungsbeschluß des Nachbarsenates, in dem es heißt, es bestünde hier die Gefahr, daß die Prozeßstrategie von Mitgliedern einer kriminellen Vereinigung, und zwar im Befehlstone, bestimmt werde. Ein solcher Satz impliziert eigentlich die Zumutung von uns anzunehmen, daß nicht mal wir mehr die Unschuldsvermutung ernst nehmen, die sich aus der Menschenrechtskonvention ergibt,[51] daß wir also die Mandanten, als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung ansehen. Das sind die Mandanten nicht, die Mandanten sind Angeklagte, angeklagt unter anderen des Vorwurfs der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung. Da wir uns, das können wir nun nochmals feststellen, allein und ausschließlich am Interesse der Mandanten zu orientieren haben, daß wir natürlich auch Vorstellung der Mandanten zur Kenntnis nehmen und unsere Vorstellung, zu einem Verteidigungskonzept mit den Gefangenen abstimmen, versteht sich von selbst. Der Senat kann sicher sein, daß wir sehr wohl wissen, was unsere Aufgaben als Anwälte sind und daß wir uns auch daran halten.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ist das eine Gegenvorstellung, oder was war das?

[251] RA v[on] P[lottnitz]:

Nein. Wir haben uns in der Beratungspause entschlossen, eine Gegenvorstellung nicht zu erheben.

Vors.:

Also eine normale Erklärung?

Ich will nur auf zwei Punkte eingehen ... Das ist richtig, daß im Juli die Bestellung schon erfolgt ist. Damals waren genügend Beispielsfälle vorhanden, daß gewählte Verteidiger, damals handelte es sich ja noch weitgehend[gg] um gewählte Verteidiger, nicht bereit waren, in den Verfahren entsprechend zu verteidigen. Sie haben heute früh gehört, daß drei Herrn, die damals zum Kreise der Vertrauensanwälte gehörten, auf diese Weise sogar dann trotz der Aufforderung des zum Pflichtverteidiger bestellen Anwalts, nur drei Tage ausgeharrt haben, im Verfahren. Wenn Sie sich auf das Interesse der Angeklagten beziehen, im Punkte Verteidigung, so muß ich Sie leider darauf hinweisen, daß eben jene Zitate aus den Ausschlußbeschlüssen, die Möglichkeit zulassen, es so zu verstehen, daß das Interesse der Angeklagten dahingeht, durch entsprechende Vertrauensentzugserklärung und dergleichen möglicherweise mit der Verteidigung ein taktisches Mittel zu betreiben. Und wenn Sie beanstanden, daß die Zitate nicht vollständig sind, dann räume ich Ihnen das lediglich bei Anlage 41 ein. Die haben wir nicht vollständig zitiert, obwohl darin sehr interessante Sätze stehen, die auch anwesende Verteidiger betreffen könnten. Wir wollen’s aber deswegen nicht zitieren, weil das nicht verbürgt ist durch die Nachkontrolle des 1. Senats. Ich habe nicht gesagt, daß das beweismäßig hier verwertet oder gewürdigt werden würde. Ich habe schlicht und einfach zitiert, aus diesen Beschlüssen, das ist das gute Recht, das werden Sie niemanden abschneiden können. Im übrigen, die Menschenrechtskonvention verlangt, daß das Verfahren, das Gericht hat sich daran gehalten, möglichst zügig durchgeführt wird.[52] Es ist ein Widerspruch in sich, wenn wir nicht - auf diesem Grundsatz fußend - bemüht wären, dafür zu sorgen, dass man mit dem [252] Mittel der notwendigen Verteidigung nicht, um es ganz deutlich zu sagen, das Verfahren sabotieren kann, was ja nun in diesen Schriften anklingt.

RA v[on] P[lottnitz]:

Die Ausschließungs... In den Ausschließungsverfahren wurde nichts geklärt. Diese Ausschließungsverfahren sind, bis auf eine Ausnahme soweit ich weiß, noch nicht einmal rechtskräftig. In den Ausschließungsverfahren wurde im Rahmen einer Kabinettsjustiz, hinter verschlossenen Türen, unter Ausschluß jeder Öffentlichkeit, verhandelt und die Ausschließungsverfahren sehen nicht ein[hh] Streng-beweisverfahren[53] vor, wie es für eine Hauptverhandlung im Strafprozeß der Fall ist. Deswegen kann man sich auf diese Ausschließungsverfahren auch in keinem Punkt auch nur stützen.

Vors.:

Doch man kann sich, und zwar weil es sich um Unterlagen handelt, die in Zellen beschlagnahmt worden sind, wobei sich das Gericht, der 1. Strafsenat, offenbar davon die Gewißheit verschafft hat, daß sie echt sind. Aber ich glaube damit konnten wir den Punkt ...

RA Sch[ily]:

Ich möchte etwas ergänzen ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Sch[ily]:

... aber zunächst darf ich mal feststellen, daß da offenbar so eine Art Kollektivhaftung praktiziert wird für die Anwälte. Das ist wiederum von Interesse, daß das so stattfindet und wenn hier gesprochen worden ist von dem Stichwort Vertrauen, dann darf ich doch daran erinnern, daß es sogar die Verpflichtung eines Verteidigers, der gerichtlich bestellt worden ist, unter bestimmten Umständen sein kann, seine Entbindung zu beantragen.[54] Das sollte ja bekannt sein, daß, wenn das Vertrauensverhältnis nicht besteht, aus Gründen, die dann darzulegen sind, dann kann die Entbindung und muß beantragt werden. Das ist doch der Fall. Man kann doch hier nicht etwa aus der Tatsache, daß das eintreten könnte, irgendwelche Folgerung ziehen. Aber ich glaube es ist müßig, darüber nun hier noch weiter sich zu verbreiten, nachdem der Senat [253] offenbar, und deshalb verzichten wir auch auf eine Gegenvorstellung, nicht bereit ist, hier die Normen der Menschenrechtskonvention und unserer Verfassung hier bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, das ist eine kühne Behauptung. Welche Norm der Menschenrechtskonvention sehen Sie verletzt?

RA Sch[ily]:

Art. 6 der Menschenrechtskonvention.[55]

Vors.:

Dieses Recht, das dieser Artikel gibt, ist niemanden beschnitten worden.

Angekl. B[aader]:

Doch mir.

Vors.:

Nein, es ist Ihnen nicht[ii] beschnitten worden. Sie konnten jederzeit sich einen Anwalt des Vertrauens suchen. Sie dürfen es auch jetzt tun. Es ist ein Irrtum, anzunehmen, daß wir Ihnen einen Anwalt des Vertrauens verschaffen könnten.

Angekl. B[aader]:

Ja Moment ich kann nicht ... ja so.

Das ist doch falsch. Man kann doch einfach feststellen, daß Ihre gesamten Dispositionen so aussehen, daß es objektiv nicht möglich ist. Sie haben eine ¾ Stunde, für ein Verfahren, das von der Bundesanwaltschaft drei Jahre vorbereitet und verschleppt worden ist, haben Sie 45 Minuten Gesprächszeit zugestanden, mit einem Anwalt. Das ist doch der Punkt, um den’s geht.

Vors.:

Sie kriegen weiter Gelegenheit, wann Sie wollen.

Angekl. B[aader]:

Und Sie erwarten jetzt, Sie erwarten jetzt, daß in diesen 45 Minuten sozusagen festgelegt werden, also die gesamte Verteidigungsstrategie, d. h. unsere Vorstellung zur Verteidigung, mit diesem Anwalt zu besprechen sind, und andererseits wieder die Vorstellung, die dieser Anwalt hat, mit mir ausgetauscht werden kann. Das ist ausgeschlossen, das wissen Sie auch. Aber das ist auch[jj] gar nicht, also das würde ich auch [254] für wichtig halten. Sie haben doch vorhin festgestellt, daß Sie allein auf der Befürchtung, wir könnten uns aus taktischen Gründen, was immer das in Ihrem Kopf ist, der Verteidiger entledigen. Aus diesen Gründen verhindert Sie sozusagen, also aus dieser Befürchtung heraus, verhindern Sie zunächst mal, daß überhaupt ein Verteidiger (verbessert sich) Mandantsverhältnis oder eine Verteidigung zustandekommen kann. Das ist doch die Situation hier im Moment. Und ich hab also einfach nochmal zu erklären hier, warum wir, nachdem Sie wirklich die Unverschämtheit hatten zu sagen, wir würden uns hier aufspielen, angesichts der gebrechlichen Bemühungen, überhaupt zu einer Verteidigung zu kommen gegen den Apparat der psychologischen Kriegsführung, der gesamten reaktionären Mobilisierung um dieses Verfahren, der Sondergesetzgebung und schließlich Ihrem eigenen brutalen Umgang mit Ihren eigenen Gesetzen, nochmals zu begründen. Trotz, obwohl uns klar ist, daß diese gesamten impertinenten Argumentationen natürlich ambivalent sind. Denn wir akzeptieren selbstverständlich die Gesetze des bürgerlichen Status des Kapitals nicht. Aber wenn Sie damit Fußball spielen, wer soll sie dann, wer soll sie dann überhaupt noch ernst nehmen. Wir beharren auf der juristischen Widerspruchsebene, weil es wichtig ist, genau an ihr, die Zersetzung des gesamten ideologischen Begründungszusammenhangs des bürgerlichen Rechtsstaats zu vermitteln. Und weil in der Darstellung dieses Widerspruchs wahrscheinlich die einzige Chance liegt, unsere Inhalte, die revolutionäre Politik, in dem geschlossenen System imperialistischer Propaganda um diesen Prozeß, und damit ist gemeint, die Demagogie der Bundesanwaltschaft, ihre direkte Steuerung der Repression dieses Verfahrens über die Medien, das total abhängige Gericht, die in ihrer Strukturenfälschung, gezielte Manipulation der Berichterstattung, transparent zu machen. Es ist möglich, falls es möglich ist, weil der Prozeß den Widerspruch, der für die Selbstverstellung der Staatsmacht verfügbar machen soll, nicht lösen kann. Weder in der unbeholfenen Konstruktion, die Widera hier nochmal bringen mußte, die das Delikt schon explizit-politisch absolut setzen will, um seine Begründung im Verfall des Systems, das er als Faschist zu propagieren hat, zu entgehen. Noch als der explizit-politische Prozeß, der dieses Ver- [255] fahren schon in den Folgen des brutalen Pragmatismus, der dem Gericht, der Bundesanwaltschaft und der Regierung das Urteil, zu dem er kommen soll, zu erleichtern hat, erleichtern muß. Nachdem das Instrumentarium, das ganz richtig davon ausgeht, daß jeder Prozeß gegen revolutionäre Politik mehr Widersprüche aufgreift, als er lösen will, der Isolation, der Zerstörung einer Verteidigungskonzeption durch Ausschlußgesetzgebung, Ausschluß, Kriminalisierung der Verteidigung und willkürliche Beschlagnahme der Manuskripte der Gefangenen. Und schließlich das Gesetz, daß die Verhandlung ohne Angeklagten ermöglicht,[56] zu spät kam, oder, gegenüber dem Widerstand der Gefangenen und ihre Verteidiger, versagt hat. Was ich sagen will, ist einfach. Geplant war und das können wir belegen, gegenüber den Risiken des öffentlichen Prozesses, in dem die Politik der Stadtguerilla erklärt werden kann, ein Prozeß mit gebrochenen oder psychiatrisierten Gefangenen, oder ein Prozeß ohne Angeklagte. Wer sich gewundert hat, wieso das Gesetz zum Verteidigerausschluß[kk] und zum Prozeß ohne Angeklagte Lücken hat, wie es heißt. Hier ist genau deutlich und hier liegt auch der Grund warum wir um Wahlverteidiger kämpfen, zu kämpfen haben, obwohl sie praktisch gegenüber diesem Senat keine Interventionsmöglichkeit haben und selbstverständlich an der Verurteilung[ll] nichts ändern werden.

Das Gesetz ist schlüssig, nur mit einem Zweck bis jetzt. Der Anhörungstermin, in dem festzustellen ist, daß die Angeklagten, wie es heißt, sich selbst verhandlungsunfähig gemacht haben, ist nicht öffentlich, d.h. er läßt sich sozusagen reduzieren und einem rein administrativen Akt, er ist ein rein administrative Akt. Die Wahlverteidiger sind auszuschließen, und sie werden ausgeschlossen werden und sie werden in der Entwicklung unserer gesamten Politik, zunehmend ausgeschlossen werden. Die Pflichtverteidiger sind Instrumente der Anklage und am Tisch, so war das in Stammheim bei diesem Anhörungstermin der Bundesanwaltschaft, sitzt der Psychiater. Wir sagen jetzt aufgrund unserer Erfahrung, damit sind die legalen Voraussetzungen für Folter geschaffen, in dem der letzte [256] minimale Rest öffentlicher Kontrolle im Verfahren beseitigt ist. Und dafür gibt es auch ein Beispiel inzwischen und einen Beweis. Vor einer Woche wurde Manfred Grashof, bei einer Zwangsuntersuchung, die seine Verhandlungsfähigkeit[57] für diesen nichtöffentlichen Anhörungstermin, der eigens seine eigentliche Verhandlungsfähigkeit wiederum feststellen soll, verhandlungsunfähig gemacht.[58] Er hat Schädel- und eine Wirbelverletzung ...

Vors.:

Herr Baader ...

Angekl. B[aader]:

Ja, lassen Sie mich ausreden.

Vors.:

Nein.

Angekl. B[aader]:

d.h. als ein Aspekt ... Lassen Sie mich doch zu Ende kommen.

Vors.:

Abstellen. Ja.

Herr Baader, Sie haben die Gelegenheit gehabt, sich hier in einer Weise zu erklären, zu Ihrer Verteidigersituation, die die volle Geduld des Gerichts voraussetzt. Die werden Sie auch bekommen. Aber Sie haben keine Möglichkeit, jetzt in diesem Verfahrenstadium, Erklärungen abzugeben,[59] die nun wie Sie meinen, Ihre Politik darlegt. Zu der Politik gehört es auch, die Psychiatrierung und was Sie alles erzählen von Grashof hier einzuführen.

(Angeklagter Baader spricht trotz Abdrehens des Mikrofons weiter)

Vors.:

Sie haben keine Möglichkeit hier mit Erfahrungen, die Sie aus anderen Prozessen, oder von anderen Beschuldigten herleiten, zu operieren. Wir haben’s mit Ihnen zu tun, und auf das sollten Sie sich beschränken.

RA Sch[ily]:

Aber Herr Prinzing, Sie operieren doch in Ihren Beschluß selber auch mit Erfahrungen, die angeblich andere Gerichte mit anderen Anwälten gemacht haben. Nicht wahr? Da geht es [257] wieder, das ist doch möglich.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, wenn ich ...

Angekl. B[aader]:

... aber Herr Prinzing ...

Vors.:

Nein, Herr Baader, lassen Sie mich jetzt Herrn Rechtsanwalt Schily antworten.

Herr Rechtsanwalt, es war die Frage ohnehin, ob hier nicht der Angeklagte an der Prozeßordnung vorbeiredet. Sie müssen wissen, daß die Bestimmung des § 257[ StPO] geändert ist.[60] Das heißt, Erklärungen sind dann abzugeben, wenn wir in der Beweisaufnahme sind. Hier jetzt ständig mir Erklärungen zu kommen, ist nur ein Entgegenkommen des Gerichts und nur wenn ich feststelle, daß die Angeklagten dann ausschweifen in einer Weise, die über den Prozeßzweck, nämlich ein zügiges Verfahren durchzuführen, hinausgeht und zwar gemäß der Menschenrechtskonvention, ein zügiges Verfahren, auf das jeder Angeklagte Anspruch hat, dann bin ich verpflichtet, einzuschreiten. Das ist soeben geschehen, als nun diese Erklärungen hergebracht werden aus Erfahrungen mit Manfred Grashof. Der Angeklagte hat ..., (Baader spricht dazwischen) weil das Gericht hier Geduld aufbringt, die Möglichkeit, seine Verteidigungssituation zu beleuchten, aber nichts Weiteres.

Angekl. B[aader]:

Ja Moment, ich verstehe das überhaupt nicht, jetzt lassen Sie mich, das doch einfach mal erklären. Das ist doch sehr einfach. Das ist ein Beispiel gewesen, wie Sie vorhin nur ausschließlich mit Beispielen, mit einer ganzen Kette von Beispielen operiert haben. Und ich habe das gerade gehört, dann betrachten Sie das eben als eine Gegenvorstellung, was ich hier mache. Und außerdem betrifft das explizit auch meine Verteidigungssituation und meine Verteidigungssituation wiederum betrifft die Verteidigungssituation alle anderen Gefangenen, in diesem Zusammenhang. Das heißt aller Gefangener aus der RAF.

Vors.:

Herr Baader, ich ...

[258] Angekl. B[aader]:

Aber ich werde den Satz schön ...

Vors.:

Sind Sie jetzt am Ende, oder ...

Angekl.:

Nein, ich bin nicht am Ende, d. h.

Vors.:

Dann machen Sie sich jetzt bitte soweit erklärlich, oder verständlich, daß wir wissen, wann Sie zu Ende kommen.

Angekl. B[aader]:

Ja, das ist sehr kurz, das ist auch[mm] sehr einfach, d. h. jetzt ein Aspekt. Naja, Sie haben offensichtlich überhaupt nicht zugehört, oder das was ich sage, ist Ihnen nicht verständlich, dann sollten Sie mich vielleicht darauf hinweisen, denn Sie sollen es vielleicht auch immerhin verstehen. Das heißt als ein Aspekt, der bisher ganz natürlich überhaupt nicht begriffen ist. Der Widerspruch, oder die Dialektik politischer Verfahren, kann ohne die Schutzfunktion der Wahlverteidiger, sicher nicht gelöst, aber doch verschoben werden, in den vorjustiziablen. Bereich des Staatsschutzes, wo er Öffentlichkeit nicht mehr zu fürchten hat. Wo der Prozeß geführt wird, in der diskreten Vernichtung des Gefangenen in Isolationstrakten und in den Gehirnwäschedispositionen der Bundesanwaltschaft und der Sicherungsgruppe[61]. Und die einzige Garantie, der einzige Schutz dagegen, die einzige Möglichkeit sich überhaupt gegen diesen Prozeß zu wehren, hangt an den Wahlverteidigern, das ist eine Selbstverständlichkeit. Deswegen lassen wir uns hier, in diesem Zusammenhang auf die immanenten juristischen Argumentationen und überhaupt auf die gesamte juristische Widerspruchsebene ein, obwohl sie, wie ich gesagt hab, eigentlich nicht unsere Sache sind, und auch eigentlich nicht unser Interesse sind, weil wie ganz richtig erkannt worden ist, sie in diesem Verfahren völlig sekundär sind.

Vors.:

Gut.

Angekl. B[aader]:

Ich hab aber jetzt zu beantragen nochmal,

[259] was den Verteidiger Heldmann anbetrifft:

Der wird morgen früh um 8.00 Uhr hier sein, daß Sie ihm 1 Stunde Sprechzeit genehmigen, bevor das Mandat sozusagen zustande gekommen ist und daß Sie, damit überhaupt ein Verteidiger, der für mich sprechen kann, hier im Verfahren ist, das Verfahren solange unterbrechen.

Vors.:

Gut. Zunächst zu Ihrer Gegenvorstellung. Sie ergibt keinen Anlaß an der Verfügung, die vorher verkündet worden ist, irgend etwas zu ändern. Ich mochte nur sagen, wenn Sie meinen, es sei hier in unserem Kopfe die Besorgnis entstanden, daß Sie versuchen könnten, sich der Verteidiger zu entledigen, wie Sie sich selbst ausdrückten, dann scheinen Sie übersehen zu haben, daß das schriftlich festliegt und in den Zellen ja wohl entdeckt worden ist, und wenn ich mich nicht irre, in der Ihren.

Das zweite. Seit dem 3. Februar 1975, wissen Sie durch die Verfügung, daß Ihnen die Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele nicht mehr mit Sicherheit zur Verfügung stehen konnten. Es ist angedeutet worden, daß hier rechtliche Schwierigkeiten bestünden. Seit Anfang Mai ist Herr Rechtsanwalt Haag nicht mehr greifbar. Seit diesem Zeitpunkt, hatten Sie die Möglichkeit, [nn] was Sie plötzlich während des Beginns der Hauptverhandlung erledigen wollen,- sich um einen Wahlverteidiger zu bemühen und das Gericht hätte selbstverständlich entsprechenden Anträgen Raum gegeben. Sie werden dadurch, daß Sie jetzt mit Herrn Heldmann Gespräche führen, ob er bereit ist, Ihre Verteidigung zu übernehmen, nicht den Ablauf der Hauptverhandlung unterbrechen oder beeinflussen können. Sie bekommen außerhalb der Hauptverhandlung jede Möglichkeit, sich mit ihm zu unterhalten.

Bitte.

Angekl. B[aader]:

Naja, das ist nun wirklich das Beispiel einer falschen Darstellung, wie Sie’s gebracht haben, ich würde sagen einer demagogischen Verzerrung. Sie sagen, es sind rechtliche [260] Schwierigkeiten aufgetreten. Ja, dann würde ich doch mal sagen, daß diese rechtlichen Schwierigkeiten durch Gesetzgebung aufgetreten sind, in einem Zeitraum, in dem das Mandatsverhältnis bestand und in dem diese Verteidiger sich auf die Verteidigung hier vorbereitet haben. Das sind also die sogenannten rechtlichen Schwierigkeiten, von denen Sie sprechen. Eine Sondergesetzgebung[62] zum Ausschluß dieser drei Verteidiger. Und die andere Sache ist, daß das, was Sie da so sagen, aus meiner Zelle, wenn Sie sich nicht irren usw., naja und dazu fällt mir absolut nichts ein. Tatsache ist, daß natürlich eine ganze Menge der Überlegungen, die Gefangene im Zusammenhang dieses Verfahrens und andere Verfahrens zu Papier gebracht worden sind, daß die regelmäßig, in ganz regelmäßigen Abständen beschlagnahmt worden sind und nie zurückgegeben worden sind.

Ja, das mag sein. Aber das, woraus Sie glaub zitiert haben, also wenn ich mich da richtig erinnere, das liegt glaube ich 2 ½ Jahre zurück. Denn Sie wissen ja, die Untersuchungshaft bzw. die Vorbereitung des Verfahrens hat 3 Jahre gedauert. Und in diesem Zeitraum haben sich ganz selbstverständlich natürlich auch[oo] unsere Vorstellungen gelegentlich mal verändert, wie sich die Situation verändert hat. Und dann ist zu sagen, daß Sie, in allem, was Sie da sagen, eigentlich wirklich ziemlich plump den Ausschluß, also den Zeitpunkt des Ausschlusses dauernd umschiffen. Die Sache ist einfach die, das Buback[63], nach einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung gesagt hat, auf die Klage ...

Vors.:

Herr Baader ...

Angekl. B[aader]:

... lassen Sie mich doch ausreden.

auf die Klage ...

Vors.:

Herr Baader ...

Angekl. B[aader]:

... auf die Klage, daß die ...

Vors.:

Herr Baader, was soll das jetzt wieder werden.

(Der Vorsitzende und Angekl. Baader reden durcheinander)

[261] Angekl. B[aader]:

Ja, was ich damit sagen will, ist ganz einfach, daß die Bundesanwaltschaft die Taktik verfolgt hat ...

Vors.:

Sie geben ...

Angekl. B[aader]:

... die die Verteidigung, die vorbereitete Verteidigung, unmittelbar vor Prozeß ausschließen wollte.

Vors.:

Sie geben hier laufend Erklärungen ab. Wollen Sie irgendeinen Antrag stellen und ihn begründen?

Angekl. B[aader]:

Ja, inwiefern denn[pp] laufend? Ich habe Sie gefragt, kann ich Ihnen antworten? Und Sie haben gesagt ja. Und jetzt antworte ich Ihnen. Und Sie geben auch laufend Erklärungen ab, das muß man doch mal festhalten ...

Vors.:

Ich habe Ihnen geantwortet.

Angekl. B[aader]:

Ja, und zwar mit explizit falschen Tatsachenbehauptungen.

Vors.:

Ich darf Ihnen empfehlen ...

Angekl. B[aader]:

Ich hab außerdem einen Antrag auf Unterbrechung gestellt und ich begründe Ihnen[qq] insofern nochmal die Notwendigkeit dieses Antrages. Sie sind dem entgegengetreten, in dem Sie gesagt haben, ich hätte die Möglichkeit gehabt, mir Verteidiger zu beschaffen. Ich sage dagegen, daß ich diese Möglichkeit nicht hatte. Die Kriminalisierung von Haag fand statt, glaub ich, fünf Tage vor Eröffnung der Hauptverhandlung.

Vors.:

Was verstehen Sie unter dieser Kriminalisierung?

Angekl. B[aader]:

Ich verstehe darunter eine Konstruktion der Bundesanwaltschaft, wie man das vermutlich kennt, mit falschen Zeugen, mit offensichtlich nicht beweisbaren Verdachtsargumentationen [262] mit einer gleichlaufenden Pressekampagne ...

Vors.:

Sie meinen also, daß die Beschaffung von Waffen, die nicht dem ... entspricht ..., (Angekl. Baader spricht dazwischen) wenn die verfolgt wird, dann ist das[rr] eine Kriminalisierung.

RA Sch[ily]:

Aber Herr Vorsitzender ...

Angekl. B[aader]:

Ich wollte sagen, daß ...

RA Sch[ily]:

... haben Sie das eben gehört?

Vors.:

So habe ich es sehr wohl verstanden, daß Herr Rechtsanwalt Haag kriminalisiert worden wäre.

Angekl. B[aader]:

... momentmal ich soll also zu Ihnen gesagt haben, die Beschaffung von Waffen sei eine Kriminalisierung?

Vors.:

Nein. Sie sagen Rechtsanwalt Haag sei kriminalisiert worden und wir wissen, und darüber haben wir ja kürzlich gesprochen, daß ihm der Vorwurf gemacht wird, er habe Waffen beschafft.

Angekl. B[aader]:

Ja, aber Sie können doch momentmal, also ich verstehe das nicht, weil ich diesen ganzen Ramsch hier wirklich sehr schlecht verstehe. Aber Sie machen da aus einer Behauptung, aus einem sogenannten Verdacht, der offensichtlich für einen Haftbefehl nicht ausgereicht hat zunächst[64], daraus machen Sie eine Tatsache. Das ist doch ein ganz erstaunlicher ... Ich bezweifle das Haag für[ss] irgendjemand, ich kenne Haag, also ich würde sagen, ich nehme an, ich würde davon wissen ...

Vors.:

Es besteht ein Haftbefehl wegen dringenden Verdachts.

Angekl. B[aader]:

... und ich sicher, ich bin absolut sicher, daß er sowas nicht getan hat ...

Vors.:

Gut, das ist Ihre Überzeugung.

[263] Angekl. B[aader]:

... weil das weder seinem individuellen-politischen Prozeß, noch überhaupt seiner ganzen Selbstkonzeption entspricht.

Vors.:

Aber Sie müssen doch jemanden das Recht zugestehen, wenn ...

Angekl. B[aader]:

Die Tatsache ist, daß Haag ...

Vors.:

Herr Baader ...

Angekl. B[aader]:

... kriminalisiert werden sollte ...

Vors.:

Herr Baader ...

Abstellen, abstellen bei Herrn Baader.

Herr Baader, wenn Sie solche Vorgänge erfahren, als Ermittlungsbehörde, dann müssen Sie selbstverständlich diese Dinge verfolgen und dann können Sie doch nicht behaupten, das sei eine willkürliche Kriminalisierung, die Verfolgung von Straftaten und möglichen Straftaten, das ist doch selbstverständlich Aufgabe der Ermittlungsbehörde.

(Angekl. Baader spricht, trotz abgestellten Mikrofons)

Angekl. B[aader]:

... darauf antworten?

Vors.:

Ja bitte.

Angekl. B[aader]:

Nein, die Frage ist doch nicht, also das ist ... Sie wissen doch wie einfach das ist. Also Sie wissen doch wie einfach es ist, in dieser ganzen Grauzone, oder in diesem ganzen Dunkelbereich von Verfassungsschutzleuten und neuerdings vielleicht auch Kronzeugen und Provokateuren, wie ungeheuer einfach das ist. Das hat sich ja auch[tt] hundertmal erwiesen, einen Zeugen zu fabrizieren, bzw. einen[uu] Zeugen ranzuziehen. Aber wichtig war doch wohl auch, und ich glaube das war wohl[vv] auch ein Anlaß, daß kein Haftbefehl zustandekommen konnte, daß dieser Zeuge gar nicht auftreten konnte. Er wurde noch nicht mal namentlich benannt. Der Zeuge, auf den diese ganze Belastung gestützt ist, dieser gesamte Verdacht. Niemand weiß, wie der heißt. Er trat in der Verhandlung zum Haft- [264] befehl bei Haag überhaupt nicht auf. Und die Tatsache war, also daß Haag da raus kam, aus dieser Verhandlung, wußte, daß die Beschwerdeinstanz der dritte Strafsenat[65] ist, von dem man weiß, daß er ein explizit-antikommunistischer Senat ist und man damit rechnen mußte ...

Vors.:

Können Sie jetzt zur Sache kommen, zu Ihrem Antrag?

Angekl. B[aader]:

... daß er in Haft kommt und wie die Bedingungen und in diesem Verfahren oder im Zusammenhang dieses Verfahren, der Hetze sind, blieb ihm keine andere Möglichkeit, als unterzutauchen. Und dazu würde ich sagen, das nenne ich Kriminalisierung. Und sie wurde notwendig, weil Haag wirklich mit ziemlicher Akribie, darauf geachtet hat, daß keine Ausschlußgründe vorhanden waren, gegen ihn. Er mußte aus diesem Verfahren hier entfernt werden, weil er ein Verteidiger war, der sich vorbereitet hatte. Das ist wichtig und das ist überhaupt, das ist doch, ach ist doch unheimlich einfach, es ist die Tatsache, daß, die Bundesanwaltschaft die Verteidiger hier fürchtet. Sie fürchtet die zitierte politische Verteidigung, die sie als eine ...

Naja, genauso ist es. Das ist der eigentliche und ein ganz wesentlicher Hintergrund, der gesamten Ausschließungsverfahren.

Vors.:

Das hat also jetzt ...

Angekl. B[aader]:

Und das haben Sie auch selbst, das haben Sie auch selbst sozusagen zugegeben, wenn wir also permanent von der zügigen Abwicklung des Verfahrens sprechen, dann sprechen Sie einfach nur von dem Zug, mit dem Sie möglichst schnell zu einer Verurteilung kommen wollen. Und mit dem Sie die Bedingung dieser Anklage, die Bedingungen[ww], die überhaupt dieses ganze[xx] Verfahren zustande gebracht haben, mit dem Sie die vom Tische wischen können. Wir legen aber Wert darauf, und auch die Verteidigung legt Wert darauf, daß genau das in [265] das Verfahren hier eingebracht wird und wenn das nicht möglich ist, ist auch unsere Anwesenheit hier für uns total funktionslos. Das habe ich Ihnen schon erklärt.

Vors.:

Ja, Herr Baader. Das war also die Begründung Ihres Antrags, daß Sie morgen früh eine Stunde Besprechungszeit mit Herrn Rechtsanwalt Heldmann haben wollen.

Angekl. B[aader]:

Und bis dahin zu unterbrechen.

Vors.:

Das heißt, bis dahin zu unterbrechen.

Angekl. B[aader]:

Also bis ich mit Heldmann ... Ich weiß, Sie haben das ja auch so ...

Vors.:

Jetzt Schluß zu machen, meinen Sie damit?

Angekl. B[aader]:

Ich muß ja mit ... Ich muß, erstens, muß ich feststellen, ob Heldmann ein Anwalt ist, mit dem ich übereinstimme im Zusammenhang der Verteidigung hier, und auf der anderen Seite muß auch Heldmann sich vermutlich klar darüber werden, ob er mich verteidigen will ...

Vors.:

Sind Sie sich sicher, daß Herr Heldmann ...

Angekl. B[aader]:

... und das kann man in 45 Minuten nicht.

Vors.:

Ist Herr Rechtsanwalt Heldmann hier?

RA Sch[ily]:

Ich kann Ihnen erklären, daß ich heute mit Herrn Heldmann telefoniert habe, daß er heute abend hier eintreffen wird in jedem Falle und steht morgen um 8.00 Uhr zur Verfügung.

Vors.:

Darf ich die Herrn von der Anstalt fragen, wann beginnt die Besuchszeit normalerweise?

Herr Bubeck, ließ es sich machen, um 8.00 Uhr noch?

Hier gleich.

[266] RA Sch[ily]:

Gemeint war an sich 8.00 Uhr morgens, aber wenns abends ist, ist es genausogut.

Vors.:

Nein, nein morgens, morgen früh. Und bis 8.45 Uhr, denn dann muß Ja der Angeklagte zur Verfügung (verbessert sich) zur Vorführung ... Würde das gehen?

RA Sch[ily]:

Ja, oder hier.

Vors.:

Also wenn es hier im Hause gemacht ...

RA Sch[ily]:

Hier?

Vors.:

... wär’s für uns kein solches Problem, dann könnten wir sagen, Besprechungszeit bis zum Beginn der Hauptverhandlung. So daß es ihnen eben noch, zur Vorführung reicht.

RA Sch[ily]:

Ja, das ist vielleicht, am besten, weil ich[yy] hatte das heute auch so vereinbart mit der Haftanstalt. Ich hatte ja eine ½ Stunde noch, bis dann Herr Baader um ...

Angekl. B[aader]:

Ja, wo’s abgehört wird, das ist ziemlich gleichgültig.

Vors.:

Gut. Da heute doch nichts Entscheidendes mehr[zz] wohl zu erwarten ist und wir in der Sache nicht mehr weiterkommen, dann werden wir jetzt die Sitzung abbrechen. Herr Baader hat morgen früh Gelegenheit, von 8.00 Uhr bis zum Zeitpunkt der Vorführung, den Herrn Rechtsanwalt Heldmann zu sprechen. Herr Rechtsanwalt v[on] Plottnitz.

RA von P[lottnitz]:

... einen kurzen Antrag stellen, der hier sich auf[aaa] die Sitzung übermorgen betrifft. Und zwar möchte ich den Antrag stellen für den Herrn Raspe

den Termin zur Hauptverhandlung vom 12. Juni 1975 abzusetzen.

[267] Zur Begründung ganz[bbb] kurz folgendes.

Ich will Sie nicht mehr weiter strapazieren.

Dem Kollegen Groenewold hat seine Tätigkeiten in diesem Verfahren ja nicht nur ein Ausschließungsverfahren eingebracht, sondern inzwischen auch ein Antrag auf Erteilung eines vorläufigen Vertretungsverbotes. Auf gut deutsch also einen Antrag auf Erteilung eines Berufsverbotes. Ich bin einer der Verteidiger des Kollegen Groenewold in dieser Sache. Termin zur Hauptverhandlung vor dem Ehrengericht[66], vor dem zuständigen in Hamburg, steht übermorgen, es ist relativ kurz terminiert worden, übermorgen 9.00 Uhr in Hamburg an. Mit Rücksicht auf diesen Termin und mit Rücksicht darauf, daß es immerhin in diesem Termin geht um die Existenz des Kollegen Groenewold, die berufliche Existenz des Kollegen Groenewold, möchte ich bitten, den Termin in dieser Sache hier im hiesigen Verfahren aufzuheben und statt dessen in der nächsten Woche weiterzumachen.

Vors.:

Sie werden von vornherein unterstellt haben, daß ich Ihnen antworte, daß Herr Raspe auch am kommenden Donnerstag, wenn Sie nicht da sind, verteidigt ist.

RA v[on] P[lottnitz]:

Ich dachte, Herr Vorsitzender, es sei nunmehr, nach, diesen Erörterungen des heutigen Tages klar, daß sich Herr Raspe durch die Rechtsanwälte Grigat und Schlaegel, nicht verteidigt fühlt.

Vors.:

Und ich glaube [ccc] , daß meine Verfügung klar gemacht hat, daß wir der Auffassung sind, da es sich um eine vollgültige Verteidigung handelt. Wir sind selbst sehr unglücklich darüber, daß die Möglichkeit offenbar von Seiten des Herrn Raspe nicht besteht, sich mit den Anwälten, die bereit sind, ihn voll zu vertreten mit[ddd] allen Pflichten die sie haben ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich habe den Antrag gestellt.

[268] Vors.:

Wir werden morgen, d. h. ich gebe Ihnen morgen dazu dann eine Entscheidung bekannt. Dann ist damit die Sitzung für heute geschlossen.

- Ende der Sitzung um 15.50 Uhr. -

Ende Band 10


[1] Die Hauptverhandlung beginnt nach dem Aufruf der Sache und Feststellung der Anwesenheit mit der Vernehmung der Angeklagten zur Person, an die sich die Verlesung der Anklage (heute außerdem: Mitteilung über ggf. stattgefundene Erörterungen) sowie die Vernehmung der Angeklagten zur Sache anschließen. Hierauf folgt die Beweisaufnahme (§§ 243, 244 StPO). Das Verfahrensstadium zwischen dem Aufruf der Sache und der Vernehmung zur Person ist nicht geregelt und nimmt üblicherweise nur wenig Raum ein. In diesem Verfahren allerdings fand die Vernehmung zur Person sowie die Verlesung der Anklageschrift erst am 26. Verhandlungstag statt.

[2] Mit dieser Verfügung hob der Vorsitzende Dr. Prinzing die Bestellung der Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele als Pflichtverteidiger von Andreas Baader auf, da nicht auszuschließen sei, „daß sie von den Bestimmungen über den Ausschluß von Verteidigern im Strafverfahren betroffen werden könnten“ (s.u., S. 235 des Protokolls der Hauptverhandlung). Die in Bezug genommenen Bestimmungen sind die §§ 138a ff. StPO, welche erst kurz vor Beginn der Hauptverhandlung in Kraft getreten waren und erstmals den Ausschluss von Verteidiger/innen u.a. wegen des Verdachts der Tatbeteiligung (§ 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO) ermöglichten.

[3] Zwischen dem 22. April und dem 13. Mai 1975 wurden die Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele schließlich auf Grundlage des § 138a StPO wegen des Verdachts der Tatbeteiligung (Unterstützung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB) von der Mitwirkung im Verfahren ausgeschlossen; zudem wurden strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 156 ff., S. 537 ff.: s. auch die angehängte Chronik in Dreßen [Hrsg.], Politische Prozesse ohne Verteidigung?, 1976, S. 104 f.).

[4] Mit dem Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) wurde mit Wirkung zum 1.1.1975 u.a. eine Beschränkung der Zahl der Wahlverteidiger/innen auf drei eingeführt (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO).

[5] Das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) wurde ebenfalls durch das Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20.12.1974 (BGBl. I, S. 3686) mit Wirkung zum 1. Januar 1975 eingeführt. Dies hatte zur Folge, dass die zuvor zugelassene Blockverteidigung - die gemeinsame Verteidigung aller Angeklagten durch mehrere Verteidiger/innen - unzulässig wurde und die Verteidigung neu sortiert werden musste. Jede/r Verteidiger/in durfte fortan nur noch eine/n Angeklagte/n vertreten.

[6] Sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden können als unzulässig beanstandet werden (§ 238 Abs. 2 StPO). Über die Beanstandung entscheidet sodann das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung.

[7] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Auch zuvor gewählte Verteidiger/innen können als Pflichtverteidiger/innen bestellt werden. Für einige der sog. Vertrauensverteidiger/innen war dies geschehen, und zwar: Rechtsanwalt Schily und Rechtsanwältin Becker für die Angeklagte Ensslin, Rechtsanwalt Riedel für die Angeklagte Meinhof und Rechtsanwalt von Plottnitz für den Angeklagten Raspe. Zusätzlich wurden ihnen je zwei Verteidiger (gegen ihren Willen) durch das Gericht zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet.

[8] Die Angeklagten lehnten die von ihnen sog. Zwangsverteidiger vehement ab und weigerten sich, mit ihnen zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[9] Vorgaben über die Beratung und Abstimmung in einem Kollegialgericht finden sich in den §§ 192 ff. GVG. Die Art und Weise der Abstimmung ist allerdings nicht näher geregelt. Nach § 194 Abs. 1 GVG sammelt der/die Vorsitzende die Stimmen; § 193 Abs. 1 GVG schreibt zudem vor, dass außer den zur Entscheidung berufenen Personen (mit wenigen Ausnahmen, etwa im Rahmen der Ausbildung) niemand bei der Beratung und Abstimmung zugegen sein darf. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Beratung stets in einem hierfür vorgesehenen Beratungszimmer stattzufinden hat. In einfachen Fällen ist auch die Beratung im Sitzungssaal möglich, solange das Beratungsgeheimnis (durch Flüstern o.ä.) gewahrt werden kann (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 193 GVG Rn. 4).

[10] Gemeint ist die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit: Diese ist gem. § 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO „unverzüglich“, also „ohne eine nicht durch die Sachlage begründete Verzögerung“ (BGH, Urt. v. 10.11.1967 - Az.: 4 StR 512/66, BGHSt 21, S. 334, 339) vorzubringen; dies galt allerdings erst ab dem Zeitpunkt der Vernehmung der Angeklagten zur Sache (§ 25 Abs. 1 Satz 1 StPO a.F.; heute: ab dem Zeitpunkt der Vernehmung der Angeklagten über ihre persönlichen Verhältnisse. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 [BGBl. I, S. 2121] wurde die Vorgabe der Unverzüglichkeit allerdings weiter ausgeweitet, § 25 Abs. 1 Satz 2 StPO). Da dieses Stadium am 3. Verhandlungstag noch nicht erreicht war, hätte ein Ablehnungsantrag auch ohne diese Einschränkung gestellt werden können. Eine zeitliche Vorgabe ergibt sich allerdings auch für die erste Phase aus der sog. Konzentrationsmaxime, nach der alle Ablehnungsgründe gleichzeitig vorzutragen sind (§ 25 Abs. 1 Satz 2 StPO a.F.; heute: Satz 3). Geschieht dies nicht, ist das Vorbringen, das sich auf solche Gründe stützt, die zum Zeitpunkt des letzten Ablehnungsgesuchs bereits vorgelegen haben, aber nicht zur Begründung herangezogen wurden, wegen Verspätung nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen.

[11] Gemäß § 24 Abs. 1 StPO können Richter/innen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters/einer Richterin zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).

[12] Die Rechtsanwälte Künzel und Eggler wurden der Angeklagten Ensslin gegen ihren Willen vom Gericht als Pflichtverteidiger zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet.

[13] „Zwangsverteidiger“ ist kein offizieller Begriff. Er wurde von den Angeklagten in Abgrenzung zu den sog. Vertrauensverteidiger/innen verwendet, um ihr Verhältnis zu den ihnen gegen ihren Willen beigeordneten Verteidigern zu beschreiben.

[14] Anlage 1 zum Protokoll vom 10.06.1975: Antrag der Rechtsanwältin Becker auf Aufhebung der Bestellung der Rechtsanwälte Schwarz, Schnabel, Künzel, Eggler, König, Linke, Schlaegel und Grigat.

[15] Mit Wirkung zum 1.1.1975 traten zahlreiche Änderungen der Strafprozessordnung in Kraft, die auch die Verteidigung betrafen, darunter die Beschränkung auf drei Wahlverteidiger/innen pro Beschuldigte/n (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO), das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) sowie die erstmalige Möglichkeit des Verteidiger/innenausschlusses (§ 138a StPO). S. zu den Auswirkungen auf die Situation der Verteidigung auch die Ausführungen des Vorsitzenden Dr. Prinzing ab S. 229 des Protokolls der Hauptverhandlung.

[16] Die zwei „Lager“ der Verteidigung - die Vertreter/innen der Vertrauensverteidigung auf der einen, die von den Angeklagten sog. Zwangsverteidiger auf der anderen Seite - wurden auch räumlich sichtbar: Während die Vertrauensverteidigung bei den Angeklagten Platz nehmen konnte, saßen die von den Angeklagten abgelehnten Verteidiger ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Saales, neben den Vertretern der Bundesanwaltschaft (s. auch die Skizze in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 185).

[17] Auch in der Literatur war diese Vorgehensweise - die Beiordnung von Pflichtverteidiger/innen gegen den Willen der Angeklagten neben vorhandenen (Wahl-)Verteidiger/innen - lange umstritten (s. dazu Thomas/Kämpfer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 141 Rn. 6). Die Rechtsprechung ließ diese sog. Sicherungsverteidigung zu (BVerfG, Beschl. v. 28.3.1984 - Az.: 2 BvR 275/83, BVerfGE 66, S. 313, 321; BGH, Urt. v. 11.12.1952 - Az.: 3 StR 396/51, BGHSt 3, S. 395, 398; s. auch EGMR, Urt. v. 25.9.1992 - Az.: 62/1991/314/385, EuGRZ 1992, S. 542, 545 f.). Erst mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2128) wurde hierfür in § 144 StPO auch eine gesetzliche Regelung geschaffen.

[18] Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit diesen Angaben ist nicht ermittelbar.

[19] § 177 GVG eröffnet die Möglichkeit, Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer zu entfernen. Nach § 231b Abs. 1 StPO kann die Hauptverhandlung sodann in Abwesenheit der Angeklagten fortgeführt werden, wenn das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält und solange weitere schwerwiegende Störungen zu befürchten sind.

[20] Carmen Roll war Teil des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK). Nach einem Schusswechsel mit der Polizei infolge einer Verkehrskontrolle bei Heidelberg und den anschließenden verstärkten Ermittlungen der Polizei gegen das SPK ging sie in die Illegalität zur RAF. Am 2. März 1972 wurde sie in Augsburg wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verhaftet und am 23. Juli 1973 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 80 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 761 f. Anm. 60).

[21] Gegen den Widerruf seiner Bestellung als Pflichtverteidiger (s. Fn. 2) erhob Rechtsanwalt Dr. Croissant Verfassungsbeschwerde. Das Bundesverfassungsgericht, das die Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 8.4.1975 verwarf, führte in der Entscheidung u.a. zur Rolle der Pflichtverteidigung aus: „Vielmehr besteht ihr Zweck ausschließlich darin, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, daß der Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen (§ 140 StPO) rechtskundigen Beistand erhält und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird [...]. Dieser Zweckbestimmung entspricht es, daß die Auswahl des Pflichtverteidigers Sache des Gerichtsvorsitzenden ist (§§ 141, 142 StPO), der nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, ohne daß der Anwalt, der die Verteidigung führen will, seine Beiordnung durchsetzen könnte“ (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242).

[22] Die Anfertigung eines Wortprotokolls ist in deutschen Strafverfahren unüblich. Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO lediglich dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Sie wird durch den/die Vorsitzende/n auf Antrag oder von Amts wegen angeordnet; die protokollierte Stelle ist im Anschluss zu verlesen. Das Verhältnis der wörtlichen Protokollierung gem. § 273 Abs. 3 StPO zum ständig mitlaufenden Tonband sorgte für manche Diskussionen (so etwa am 31. Verhandlungstag, S. 2495 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[23] Um die „Terroristenprozesse“ der 1970er Jahre rankte sich eine ganze Reihe von Strafrechts- und Strafverfahrensreformen. Am 1. Januar 1975 traten das Erste Strafverfahrensreformgesetz vom 9. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3393) sowie das Ergänzungsgesetz hierzu vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) in Kraft. Neben dem Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) und der Möglichkeit des Verteidiger/innenausschlusses (§ 138a StPO), wurden u.a. auch die Beschränkung auf drei Wahlverteidiger/innen pro Beschuldigte/n (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO) sowie die Möglichkeit, den Prozess im Falle vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführter Verhandlungsunfähigkeit bis zum Abschluss der Vernehmung der Angeklagten zur Sache auch in ihrer Abwesenheit durchzuführen (§ 231a StPO), eingeführt. Da viele der Vorschriften im Hinblick auf das anstehende Stammheimer Verfahren beschlossen wurden, wurden sie u.a. als „lex RAF“ kritisiert (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 132 ff.). Während des Verfahrens folgten das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Bundesrechtsanwaltsordnung und des Strafvollzugsgesetzes vom 18. August 1976 (BGBl. I, S. 2181), sowie das Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 30. September 1977 (BGBl. I, S. 1877; sog. Kontaktsperregesetz). Nach Beendigung des Verfahrens traten schließlich noch das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung vom 14. April 1978 (BGBl. I, S. 497), sowie das Strafverfahrensänderungsgesetzt 1979 vom 5. Oktober 1978 (BGBl. I, S. 1645) in Kraft.

[24] Hans-Jochen Vogel (SPD) war von 1974 bis 1981 Bundesminister der Justiz.

[25] BGH, Urt. v. 17.7.1973 - Az.: 1 StR 61/73.

[26] Holger Meins war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Für seinen Tod machten die Angeklagten staatliche Akteure, u.a. den Vorsitzenden Dr. Prinzing sowie die Bundesanwaltschaft verantwortlich (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.).

[27] Zu diesem Zeitpunkt war das Verbot der Mehrfachverteidigung noch nicht in Kraft. § 146 Abs. 1 StPO a.F. lautete: „Die Verteidigung mehrerer Beschuldigter kann, sofern dies der Aufgabe der Verteidigung nicht widerstreitet, durch einen gemeinschaftlichen Verteidiger geführt werden.“ Die durch das Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 eingeführte Neufassung des § 146 StPO lautete: „Die Verteidigung mehrerer Beschuldigter durch einen gemeinschaftlichen Verteidiger ist unzulässig.“ Heute lautet § 146 StPO nach zwischenzeitlichen Anpassungen des zu Auslegungsschwierigkeiten führenden Wortlautes: „Ein Verteidiger kann nicht gleichzeitig mehrere derselben Tat Beschuldigte verteidigen. In einem Verfahren kann er auch nicht gleichzeitig mehrere verschiedener Taten Beschuldigte verteidigen.“

[28] Mit Beschluss vom 16.12.1958 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Angeklagte keinen Anspruch auf die Bestellung des/der vorgeschlagenen Verteidiger/in haben; in der Regel sei es aber geboten, den/die Verteidiger/in des Vertrauens zu bestellen, wenn nicht besondere Gründe dagegen sprächen (BVerfG, Beschl. v. 16.12.1958 - Az.: 1 BvR 449/555, BVerfGE 9, S. 36).

[29] Gegen gerichtliche Beschlüsse und Verfügungen ist grundsätzlich das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft (§ 304 StPO). Ist - wie hier - das Oberlandesgericht erstinstanzlich zuständig, ist die Zulässigkeit der Beschwerde allerdings bis auf wenige Ausnahmen ausgeschlossen (§ 304 Abs. 4 Satz 2 StPO). Erst durch das Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2129) wurde mit Wirkung zum 13.12.2019 die Entscheidung über die Bestellung von Pflichtverteidiger/innen bzw. ihre Aufhebung in diesen Ausnahmekatalog aufgenommen (§ 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO).

[30] Eine Gegenvorstellung ist ein Rechtsbehelf, der zwar nicht in der Strafprozessordnung vorgesehen, allerdings in Rechtsprechung und Literatur überwiegend anerkannt ist. Sie beinhaltet die formlose Aufforderung, über eine getroffene Entscheidung erneut zu befinden und die Entscheidung aufzuheben oder abzuändern (Hoch, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafprozessordnung, 4. Aufl. 2020, Vor §§ 296 ff. Rn. 39 ff.).

[31] In dem hier vorliegenden Fall der notwendigen Verteidigung (Fn. 7) darf die Hauptverhandlung gegen unverteidigte Angeklagte nicht fortgeführt werden. Bleiben Verteidiger/innen aus, so kann der/die Vorsitzende zwar eine/n andere/n Verteidiger/in bestellen (§ 145 Abs. 1 Satz 1 StPO); hierfür durfte die Hauptverhandlung aber gem. § 229 Abs. 1 StPO a.F. für maximal zehn Tage (heute: drei Wochen) unterbrochen werden. Bei Überschreitung der Frist (durch eine längere Unterbrechung oder Aussetzung der Hauptverhandlung) hätte mit der Hauptverhandlung von neuem begonnen werden müssen (§ 229 Abs. 3 Satz 1 StPO a.F.; heute: § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO). Die Aussetzung kann zudem erforderlich werden, wenn der/die neu bestellte Verteidiger/in erklärt, dass die verbleibende Zeit zur Vorbereitung der Verteidigung nicht ausreiche (§ 145 Abs. 3 StPO); auch in diesem Fall hätte mit der Hauptverhandlung von neuem begonnen werden müssen (s. zu den grundlegenden Unterschieden zwischen Aussetzung und Unterbrechung auch Arnoldi, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 228 Rn. 3 ff.).

[32] Da die Beiordnung dem öffentlichen Interesse dient, dafür zu sorgen, dass Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhalten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242), hat sie u.a. zur Folge, dass der/die beigeordnete Verteidiger/in einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse erhält (damals § 97 BRAGO, inzwischen ersetzt durch § 45 Abs. 3 RVG).

[33] Das Sozialistische Patientenkollektiv (SPK) war eine 1970 gegründete Gruppe von Patient/innen des Heidelberger Arztes Wolfgang Huber. Das SPK übte Kritik an zeitgenössischen Psychiatrieformen und einer als krankmachend empfundenen kapitalistischen Gesellschaft. Dagegen setzte die Gruppe auf antiautoritäre Therapien und Forderungen nach einer revolutionären Umgestaltung der Gesellschaft. Im Sommer 1971 wurden acht Mitglieder des SPK unter dem Verdacht der RAF-Unterstützung und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verhaftet. Ab November 1972 folgten Prozesse u.a. wegen Sprengstoffherstellung und Urkundenfälschung. Besondere Bekanntheit erlangte das SPK darüber hinaus durch den Übertritt einiger seiner Mitglieder in die Reihen der RAF (Brink, in Weinhauer/Requate/Haupt [Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 134, 137 f.; Forsbach, Die 68er und die Medizin, 2011, S. 90 ff.).

[34] Bevor Brigitte Mohnhaupt ab Frühjahr 1971 zur ersten RAF-Generation in den Untergrund ging, war sie bereits in verschiedenen linken Organisationsformen in München wie den Tupamaros und der Kommune Wacker Einstein vernetzt. Innerhalb der RAF konzentrierte sie sich gemeinsam mit Bernhard Braun auf Aktivitäten in Berlin, wo sie im Juni 1972 zusammen verhaftet wurden. Am 30.8.1974 wurde sie vom Landgericht Berlin wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und unerlaubtem Waffenbesitz zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Einen Teil ihrer Haftstrafe verbrachte sie zusammen mit den Stammheimer Gefangenen. Diese Nähe zu den führenden Mitgliedern ließ sie nach ihrer Entlassung im Februar 1977 selbst zu einer Führungsperson der zweiten RAF-Generation aufsteigen. Als solche war sie auch für die Gewalttaten während des sogenannten Deutschen Herbstes 1977 mitverantwortlich. Bis zu ihrer erneuten Festnahme 1982 war sie an weiteren Aktionen der Gruppe beteiligt. Sie blieb bis zum Jahr 2007 in Haft (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 92 ff.; Sturm, in Weinhauer/Requate/Haupt[Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 99, 100., 105, 111 f., 118 f.; Wunschik, Baader-Meinhofs Kinder, 1997, S. 196 f., 248 ff., S. 367 ff.).

[35] S. Fn. 20.

[36] Rechtsanwalt Eberhard Becker ging Ende 1973 in den Untergrund und schloss sich der RAF an. Am 4. Februar 1974 wurde er zusammen mit Christa Eckes, Helmut Pohl und Ilse Stachowiak in Hamburg verhaftet. Das LG Hamburg verurteilt ihn am 28. September 1976 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren und sechs Monaten (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 116, 122; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 835; Reinecke, Ströbele, 2016, S. 198).

[37] Rechtsanwalt Jörg Lang wurde im Juli 1972 wegen des Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verhaftet. Er saß vier Monate in Untersuchungshaft, bevor er wieder entlassen wurde. Bevor die Hauptverhandlung gegen ihn eröffnet werden konnte, tauchte er im Jahr 1974 unter (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 71 f.; s. auch die dort in Kapitel V En. 4, S. 569 ff. abgedruckte Presseerklärung). Erst nachdem die Vorwürfe gegen ihn verjährt waren, reiste er - wohl aus dem Libanon - wieder zurück in die Bundesrepublik ein (DER SPIEGEL Ausgabe 26/1982 vom 28.6.1982, S. 78).

[38] S. Fn. 23.

[39] Als Blockverteidigung wurde die vorher zugelassene gemeinsame Verteidigung mehrerer Beschuldigter bezeichnet. Seit Einführung des Verbots der Mehrfachverteidigung ist nur noch eine abgestimmte Verteidigung zulässig, bei der zwar eine gemeinsame Verteidigungsstrategie entwickelt werden kann, jede/r Verteidiger/in aber nur eine/n Angeklagte/n vertreten darf (s. dazu OLG Düsseldorf, Beschl. vom 20.8.2002 - Az. 1 Ws 318/02, NJW 2002, S. 3267 ff.).

[40] Dies betrifft nur die Wahlverteidigung, § 137 Abs. 1 Satz 2 StPO (s. bereits Fn. 4).

[41] BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238.

[42] Axel Achterrath war Mitangeklagter im Strafverfahren gegen Wolfgang Huber, dem führenden Kopf des Sozialistischen Patientenkollektivs (s. dazu bereits Fn. 33). Ihnen wurde u.a. die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Die Angeklagten wurden nach Störungen vom Verfahren ausgeschlossen; ihre Verteidiger Eberhard Becker, Kurt Groenewold, Ottmar Bergmann und Rainer Demski blieben dem Verfahren in der Folgezeit ebenfalls fern. Die vom Gericht bestellten Pflichtverteidiger wurden von den Angeklagten abgelehnt (vgl. die Angaben unter https://www.kurt-groenewold.de/der-spk-prozess-karlsruhe/, zuletzt abgerufen am 23.09.2021).

[43] Hierzu liegen keine verlässlichen Informationen vor. Es könnte sich um Ilse Scheer handeln, eine österreichische Schauspielerin und Dramaturgin, die zeitweilig in Tübingen inszenierte und spielte. Sie pflegte Kontakte zur örtlichen linken Szene, wie Berichte aus lokalen Publikationen nahelegen. Über ein Gerichtsverfahren ist jedoch nichts bekannt.

[44] S. bereits Fn. 3.

[45] Gemeint ist Rechtsanwalt Siegfried Haag, der verdächtigt wurde, Tatmittel für das Stockholm-Attentat beschafft zu haben. Wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung wurde er vorläufig festgenommen, seine Kanzlei- und Wohnräume wurden durchsucht. Der beim Bundesgerichtshof beantragte Haftbefehl wurde zunächst abgelehnt. Als er im Beschwerdeverfahren schließlich erteilt wurde, war Haag bereits untergetaucht und hatte sich der RAF angeschlossen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 212 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 69; s. auch die Presseerklärung Haags in Anlage 1 zum Protokoll vom 21.5.1975, S. 12 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag).

[46] S. bereits Fn. 7.

[47] Das INFO war ein Informations- und Kommunikationssystem, das einen Austausch von Rundbriefen, Zeitungsartikeln etc. unter den inhaftierten RAF-Mitgliedern ermöglichte. Über die Verteidigerpost, die im Vergleich zu anderer Post vollzugsrechtlich privilegiert ist (§§ 97 Abs. 1 Nr. 1, 148 StPO), konnte Material ohne vorherige Zensur ausgetauscht werden. Den Rechtsanwälten Ströbele, Groenewold und Dr. Croissant wurde später vorgeworfen, durch die Beteiligung am „Info-System“ dazu beigetragen zu haben, dass die inhaftierten RAF-Mitglieder auch aus der Haft heraus ihre kriminelle Vereinigung hätten fortführen können. Dabei ging es nicht um das INFO an sich, sondern um die Weiterleitung ganz bestimmter Unterlagen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 521 ff.; s. auch die Interviews mit K. Groenewold und H.-C. Ströbele, in Diewald-Kerkmann/Holtey [Hrsg.], Zwischen den Fronten, 2013, S. 49, 58 f., 70 f. sowie S. 121, 132 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 52).

[48] So Bundesanwalt Dr. Wunder auf S. 50 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag; s. auch den Antrag der Bundesanwaltschaft in Anlage 5 vom selben Tag, S. 65 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung.

[49] Gemäß § 24 Abs. 1 StPO können Richter/innen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

[50] Die Möglichkeit, Verteidiger/innen wegen des Verdachts der Tatbeteiligung von der Mitwirkung im Strafverfahren auszuschließen, wurde erst mit dem Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) eingeführt. Die Vorschriften waren erforderlich geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht den vorigen Ausschluss des Rechtsanwalts Schily mangels Rechtsgrundlage für verfassungswidrig erklärt hatte (BVerfG, Beschl. v. 14.2.1973 - Az.: 2 BvR 667/72, BVerfGE 34, S. 293 ff.). Die neu eingeführte Vorschrift § 138a StPO hatte vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand (BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschl. v. 4.7.1975 - Az.: 2 BvR 482/75, NJW 1975, S. 2341). Zum Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens s. die Ausführungen des Rechtsanwalts Dr. Heldmann am 11. Verhandlungstag, S. 837 f. des Protokolls der Hauptverhandlung.

[51] Die Unschuldsvermutung ist in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankert: „Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“ Sie wird auch aus dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitet, wodurch ihr auch Verfassungsrang zukommt (BVerfG, Beschl. v. 26.3.1987 - Az.: 2 BvR 589/79, BVerfGE 74, S. 358, 370).

[52] Art. 6 EMRK enthält das Recht auf ein faires Verfahren. Dazu gehört u.a. der Anspruch, dass eine Strafanklage innerhalb angemessener Frist verhandelt wird (Abs. 1 Satz 1). Hierdurch soll erreicht werden, dass das Strafverfahren ohne vermeidbare Verzögerungen durchgeführt wird, damit Angeklagte den belastenden Auswirkungen eines gegen sie gerichteten Strafverfahrens nicht unnötig lang ausgesetzt werden. Befindet sich eine Person in Untersuchungshaft, erlangt der Beschleunigungsgrundsatz eine noch größere Bedeutung (Gaede, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, Art. 6 EMRK Rn. 361 f.)

[53] Das im Strafverfahren vorgesehene Strengbeweisverfahren (auch „förmliche Beweisaufnahme“) ist in den §§ 244 bis 256 StPO geregelt. Es findet Anwendung zum Beweis aller Tatsachen, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe, und zeichnet sich u.a. durch eine Beschränkung auf bestimmte Beweismittel (Zeugenbeweis, Sachverständigenbeweis, Urkundenbeweis und Inaugenscheinnahme) aus. Die Tatsachen müssen zudem Eingang in die Hauptverhandlung gefunden haben (§ 261 StPO) und grundsätzlich mündlich vorgetragen und erörtert worden sein (sog. Mündlichkeitsprinzip, s. dazu Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 261 Rn. 7).

[54] Eine rechtliche Pflicht von Verteidiger/innen, die Entpflichtung zu beantragen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die Zurücknahme der Bestellung als Pflichtverteidiger/in (Entpflichtung) war ausdrücklich auch nur für den Fall vorgesehen, dass demnächst ein/e andere/r Verteidiger/in gewählt wird und diese/r die Wahl annimmt (§ 143 StPO a.F.; heute: § 143a Abs. 1 Satz 1 StPO). Überwiegend wurde aber angenommen, dass die Zurücknahme der Bestellung auch über diesen Fall hinaus aus einem wichtigen Grund zulässig ist (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 244), so etwa im Falle eines zerstörten Vertrauensverhältnisses (BT-Drs. 19/13829, S. 48; aus der älteren Kommentarliteratur s. Dünnebier in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 1, 22. Aufl. 1971, § 143 Anm. 4; Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 143 Anm. 3; heute explizit geregelt in § 143a Abs. 2 Nr. 3 StPO). Hieraus lässt sich indes keine Verpflichtung ableiten, eine Entbindung auch zu beantragen. Auch die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) statuiert eine solche Pflicht des Verteidigers/der Verteidigerin nicht. Die §§ 49 Abs. 2, 48 Abs. 2 BRAO gegeben Verteidiger/innen wiederum nur das Recht, einen Antrag auf Aufhebung der Beiordnung zu stellen (sofern ein wichtiger Grund vorliegt). Inwieweit sich aus den genannten Vorschriften auch ein Anspruch des/der Beschuldigten auf Aufhebung der Beiordnung ergibt wird nicht einheitlich beantwortet (Nöker, in Weyland [Hrsg.], Bundesrechtanwaltsordnung, 10. Aufl., 2020, § 48, Rn. 22). Die erwähnte Verpflichtung, die Entbindung zu beantragen, kann im Falle eines gestörten Vertrauensverhältnisses allerdings berufsethischer Natur sein (näher dazu von Stetten,in Widmaier/Müller/Schlothauer [Hrsg.], Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 2. Aufl. 2014, § 16 Rn. 73).

[55] Art. 6 EMRK enthält das Recht auf ein faires Verfahren. Dazu gehören u.a. der Anspruch auf den gesetzlichen Richter, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Gerichts, die Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens und der Verkündung des Urteils (Abs. 1), die Unschuldsvermutung (Abs. 2) sowie einige grundlegende Verteidigungsrechte (Abs. 3), darunter das Recht, sich von einem/einer Verteidiger/in der Wahl vertreten zu lassen (Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK).

[56] Mit dem Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) wurden zwei Ausschlusstatbestände eingeführt, die die Fortsetzung der Hauptverhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglichten: im Falle vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführter Verhandlungsunfähigkeit (§ 231a StPO), sowie im Falle ordnungswidrigen Benehmens (§ 231b StPO). Der zeitweise Ausschluss wegen ordnungswidrigen Benehmens war allerdings bereits zuvor möglich nach § 247 Abs. 2 StPO a.F. Auch das Hineinversetzen in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit wurde durch die Rechtsprechung mit dem eigenmächtigen Entfernen des/der Angeklagten nach § 231 Abs. 2 StPO gleichgesetzt (BGH, Urt. v. 22.04.1952 - Az.: 1 StR 622/51, BGHSt 2, S. 300, 304), wodurch eine Verhandlung in Abwesenheit zumindest für den Zeitraum nach Vernehmung der Angeklagten zur Sache (§ 243 Abs. 4 StPO a.F.; heute: Abs. 5) möglich war. Durch die Einführung der §§ 231a und b StPO wurde diese Rechtslage weiter verschärft, da nun ein Ausschluss nach § 231a StPO auch bis zum Abschluss der Vernehmung zur Sache ermöglicht wurde. Für den Zeitraum nach Vernehmung zur Sache gilt auch heute weiterhin § 231 Abs. 2 StPO (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 231 Rn. 17 ff.).

[57] Verhandlungsfähigkeit ist die Fähigkeit „in und außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen“ (BGH, Beschl. v. 8.2.1995 - Az.: 5 StR 434/94, BGHSt 41, S. 16, 18). Die Verhandlungsunfähigkeit bildet ein vorübergehendes oder dauerndes Verfahrenshindernis (§§ 205, 206a StPO).

[58] Manfred Grashof war Mitglied der RAF. Bei seiner Festnahme am 2. März 1972 wurde er im Rahmen eines Schusswechsels, bei dem er einen Polizeibeamten erschoss, selbst schwer verletzt. Mit der „Zwangsuntersuchung“ bezieht sich Baader wohl auf eine Untersuchung seiner Verhandlungsfähigkeit (s. dazu Baader auf S. 1557 des Protokolls der Hauptverhandlung, 19. Verhandlungstag). Am 15. Verhandlungstag trug Baader weiter vor, Grashof habe hierdurch eine Schädelverletzung sowie vermutlich eine Wirbelverletzung davongetragen (S. 1210 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[59] Die Hauptverhandlung befindet sich in diesem Zeitpunkt im Stadium zwischen der Feststellung der Anwesenheit und der Vernehmung der Angeklagten zur Person (§ 243 Abs. 1 und 2 StPO). Erklärungen der Angeklagten sind erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen, nämlich zum einen bei der Vernehmung der Angeklagten zur Sache (§ 243 Abs. 4 StPO a.F.; heute: § 243 Abs. 5 StPO), zum anderen im Stadium der Beweisaufnahme (§ 244 StPO), für die § 257 Abs. 1 StPO beweismittelbezogene Erklärungsrechte vorsieht.

[60] § 257 StPO wurde durch das Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) geändert. § 257 StPO a.F. enthielt zwar ein in zeitlicher Hinsicht beschränktes Erklärungsrecht der Angeklagten („Nach der Vernehmung eines jeden Zeugen, Sachverständigen oder Mitangeklagten sowie nach der Verlesung eines jeden Schriftstücks [...]“), inhaltlich war es jedoch unbeschränkt. Durch die Ergänzung des Wortes „dazu“ („ob er dazu etwas zu erklären habe“) im neuen § 257 Abs. 1 StPO wurde es auch inhaltlich auf eine Erklärung zu den vorangegangenen Beweismitteln beschränkt.

[61] Die Sicherungsgruppe ist eine Abteilung des Bundeskriminalamtes. Die SoKo B/M (Sonderkommission Baader/Meinhof) wurde 1971 als Teil der Sicherungsgruppe für Ermittlungen eingerichtet, die die RAF betrafen (Klaus, Sie nannten mich Familienbulle, 2008, S. 23).

[62] S. bereits Fn. 39.

[63] Siegfried Buback war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Generalbundesanwalt und damit Leiter der Strafverfolgungsbehörde „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“, welche das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 GVG) ausübt (§ 142a Abs. 1 GVG).

[64] Nachdem Siegfried Haag zunächst vorläufig festgenommen worden war, wurde der Erlass eines Haftbefehls durch den Bundesgerichtshof zunächst abgelehnt. Als er im Beschwerdeverfahren schließlich erteilt wurde, war Haag bereits untergetaucht und hatte sich der RAF angeschlossen (s. bereits Fn. 45). Der Verdachtsgrad, der für den Erlass eines Haftbefehls erforderlich ist, ist der sog. dringende Tatverdacht (§§ 112 Abs. 1, 114 StPO). Dieser erfordert eine große Wahrscheinlichkeit, dass die verdächtige Person die jeweilige Tat begangen hat, sowie dass keine Rechtfertigungs- Entschuldigungs- oder Strafausschließungsgründe vorliegen, mithin eine große Wahrscheinlichkeit einer späteren Verurteilung. Die Prognose ist zum Zeitpunkt des jeweiligen Standes der Ermittlungen zu treffen (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 112 Rn. 5 f.).

[65] Der 3. Strafsenat des BGH war nach dem Geschäftsverteilungsplan u.a. zuständig für Beschwerden gegen Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte (Bundesanzeiger 1975, Beilage 10/75 zu Nr. 46, S. 4), sodass die Angeklagten bereits mit ihm bekannt waren; so hatte der 3. Strafsenat etwa sämtliche Beschwerden gegen die Verteidigerausschlüsse verworfen.

[66] Ehrengerichtsverfahren (heute: anwaltsgerichtliche Verfahren) können im Falle einer Verletzung berufsrechtlicher Pflichten von Anwält/innen durch die Staatsanwaltschaft vor speziellen Anwaltsgerichten, früher „Ehrengerichte“ eingeleitet werden (§ 121 BRAO). Diese können verschiedene Maßnahmen gegen den Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin verhängen; diese reichen - je nach Schwere des Verstoßes - von einer Warnung (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) bis zum Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO a.F.; heute: § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO).


[a] Maschinell eingefügt: die

[b] Maschinell eingefügt: die

[c] Maschinell eingefügt: es

[d] Maschinell durchgestrichen: Vollzugsanstalt

[e] Maschinell eingefügt: die

[f] Handschriftlich ergänzt: Ihnen

[g] Maschinell durchgestrichen: folgendes verkündet:

[h] Maschinell ersetzt: fünf durch viertel

[i] Maschinell eingefügt: Sie

[j] Maschinell ergänzt: Erklärungen

[k] Maschinell eingefügt: also

[l] Maschinell eingefügt: den

[m] Maschinell eingefügt: durch

[n] Maschinell eingefügt: Nicht, daß ...

[o] Handschriftlich durchgestrichen: ... Carmen Roll Prozeß

[p] Handschriftlich eingefügt: es

[q] Handschriftlich ergänzt: keinen

[r] Maschinell eingefügt: hier

[s] Handschriftlich eingefügt: das

[t] Maschinell eingefügt: mehr

[u] Handschriftlich durchgestrichen: (Text unleserlich)

[v] Maschinell eingefügt: darunter

[w] Handschriftlich eingefügt: sie

[x] Maschinell eingefügt: die als

[y] Handschriftlich eingefügt: Die

[z] Handschriftlich eingefügt: der

[aa] Handschriftlich eingefügt: nicht

[bb] Handschriftlich ersetzt: zur durch der

[cc] Maschinell ergänzt: machen

[dd] Handschriftlich eingefügt: um

[ee] Handschriftlich eingefügt: wie

[ff] Handschriftlich eingefügt: wir

[gg] Maschinell eingefügt: weitgehend

[hh] Maschinell eingefügt: ein

[ii] Handschriftlich eingefügt: nicht

[jj] Maschinell eingefügt: auch

[kk] Handschriftlich ergänzt: Verteidigerausschluß

[ll] Handschriftlich ersetzt: Verurteilt durch Verurteilung

[mm] Maschinell eingefügt: auch

[nn] Handschriftlich durchgestrichen: daß,

[oo] Maschinell eingefügt: natürlich auch

[pp] Maschinell eingefügt: denn

[qq] Handschriftlich ergänzt: Ihnen

[rr] Handschriftlich eingefügt: das

[ss] Maschinell eingefügt: für

[tt] Maschinell eingefügt: auch

[uu] Handschriftlich ersetzt: an durch einen

[vv] Maschinell eingefügt: wohl

[ww] Handschriftlich ergänzt: Bedingungen

[xx] Handschriftlich durchgestrichen: ganzen

[yy] Handschriftlich ersetzt: ist durch ich

[zz] Maschinell eingefügt: mehr

[aaa] Maschinell eingefügt: sich auf

[bbb] Maschinell eingefügt: ganz

[ccc] Maschinell durchgestrichen: (Text unleserlich)

[ddd] Maschinell eingefügt: mit