20. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 29. Juli 1975, 9.05 Uhr



[1564] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 29. Juli 1975, 9.05 Uhr

(20. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte waren anwesend:

Just. Sekr. Janetzko

Just. Ass. z. A. Clemens

Die Angeklagten waren anwesend mit ihren Verteidigern: Rechtsanwälte Becker, Dr. Heldmann, Riedel, von Plottnitz, Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel, König und Grigat.

Vors.:

Ich bitte Platz zu nehmen.

Wir setzen die Sitzung fort.

Herr Rechtsanwalt Linke hat sich entschuldigt, er wird etwas später kommen.

Herr Rechtsanwalt ...

RA’in B[ecker]:

Herr Schily kommt auch etwas später.

Vors.:

... Dankeschön. Auch Herr Rechtsanwalt Schily ist also damit entschuldigt.

Wir haben zunächst einige Entscheidungen bekanntzugeben.

(Zwischenruf vom Angeklagten Baader)

Herr Baader, jetzt sind zunächst einige Entscheidungen bekanntzugeben, die werden auch bekanntgegeben. Zunächst ist die wichtigste die des Bundesverfassungsgerichtes vom 23. Juli 1975.

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann hat nach der Ablehnung seines Antrags, die Verhandlung auf 10 Tage zwecks der „für diese Verteidigung notwendigen Vorbereitungsgespräche“ zu unterbrechen,[1] hier am 11. Juni 1975 erklärt, er wolle vom Bundesverfassungsgericht klären lassen, ob [a] „eine derartige absolute Miß- [1565] achtung von Verteidigerrechten mit dem Restbestand unserer Verfassung vereinbar sei.“ Schon in der in der Sitzung vom 16. Juli 1975 bekanntgegebenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, betreffend eine Verfassungsbeschwerde Herrn Baaders, war sinngemäß gesagt worden, von einer Behinderung der Verteidigung des Angeklagten Baader könne in diesem Zusammenhang keine Rede sein, da Baader durch die vom Gericht bestellten Pflichtverteidiger[2] nach den strafprozessualen Vorschriften als ordnungsgemäß verteidigt gelte.[3]

Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht die von Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann wegen der Nichtgewährung der 10-tägigen Unterbrechung in eigenem Namen eingelegte Verfassungsbeschwerde wie folgt beschieden:

Der Vorsitzende verliest die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus Anlage 1 zum Protokoll (soweit durch Eckklammer gekennzeichnet).

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde als Anlage 1 zum Protokoll genommen.

Diese Entscheidung hat für unser Verfahren große Bedeutung, denn einmal wird durch sie die Auffassung des Senats gestützt, daß es zur Sicherung des Verfahrens zulässig war, Pflichtverteidiger auch gegen den Willen der Angeklagten zu bestellen[4] und zugleich, daß mit dieser Bestellung die gesetzlich vorgeschriebene Verteidigung gewährleistet ist. Und zum andern ist klargestellt, daß die begehrte 10-tägige Unterbrechung aus sachgerechten Gründen abgelehnt worden ist.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, bitte haben Sie Verständnis dafür, ich möchte jetzt alle Entscheidungen, die anstehen, verkünden.

Wir haben ...

RA Dr. H[eldmann]: (Anfang nicht verständlich)

... verkündet, sondern Sie haben eine Entscheidung ...

Vors.:

... bekanntgegeben ...

RA Dr. H[eldmann]:

... eines fremden Gerichts vorgelesen und darauf möchte ich [1566-1568][5] [1569] erwidern.

Vors.:

Ich habe Anlaß jetzt zunächst die Beschlüsse, die der Senat gefaßt hat, geschlossen bekanntzugeben. Sie haben nachher die Möglichkeit zu allem Stellung zu nehmen.

Wir haben nunmehr den neuerlichen Beschluß, betreffend die Untersuchung der Angeklagten, bekanntzugeben.

Die Angeklagten haben hinsichtlich der im Beschluß des Senats vom 18.11.1975 aufgeführten psychiatrischen Sachverständigen Gegenvorstellung bzw. einen Gegenantrag gestellt. Hierzu hat der Senat gestern beschlossen. Die Entscheidung wird bekanntgegeben.

Der Vorsitzende verliest den Beschluß vom 28.7.1975.

Der Beschluß ist in Ausfertigung dem Protokoll als Anlage 2 beigefügt (betr. Prof. Dr. Rasch).

Vors. (Anfang nicht verständlich):

... nichts zu tun hat, mit der Frage, ob ein Angeklagter einen Arzt eigener Wahl zuziehen kann. Nach der Untersuchungshaftvollzugsordnung ist der Anstaltsarzt grundsätzlich zuständig.[6] Die von den Herrn Verteidigern zitierte, zitierten einheitlichen Mindestgrundsätze der UNO für die Behandlung der Gefangenen, aus denen mehr oder weniger Ansprüche hergeleitet werden sollen, sind Empfehlungen.[7] Es handelt sich bei ihnen weder um geltendes Recht noch auch nur um eine Verpflichtungserklärung für die Mitgliedsländer. In der Entschließung vom 31.7.1957 wurde lediglich erklärt, die einzelnen Regierungen sollten die Empfehlungen wohlwollend prüfen. Das hat eine Rückfrage des Senats bei den zuständigen Stellen ergeben. Frau Meinhof hat erneut die Beiziehung des Prof. Teuns beantragt. Hierzu lautet der gestrige Beschluß des Senats:

Der Vorsitzende verliest den Beschluß vom 28.7.1975.

Der Beschluß ist in Ausfertigung dem Protokoll als Anlage 3 beigefügt (betr. Dr. Teuns).

[1570-1572][8] [1573-1574][9] [1575] Vors.: (Anfang nicht verständlich)

... sind weitere Anträge gestellt gewesen, betreffend Protokollabzüge für die Angeklagten, Mikrophonanlage und Protokollkorrekturen. Sie sind in erster Linie vom Angeklagten Raspe und Herrn Rechtsanwalt von Plottnitz gestellt worden. Es sind hierzu Entschließungen ergangen, ich würde aber gerne mit Ihnen das mal in einer kurzen Sitzungspause im Einzelnen besprechen, was geschehen ist. Das braucht nicht Gegenstand hier der Hauptverhandlung[10] zu sein. Die Polizei ist darauf hingewiesen, daß nach der sitzungspolizeilichen Verfügung die Mitnahme von normalen Bleistiften und Papier in die Sitzung nicht verboten ist. Das war auch Gegenstand einer Erörterung in der letzten Sitzung. Und schließlich noch ein technischer Hinweis. Herr Rechtsanwalt Riedel, Sie haben wegen der kommenden Woche, vom 5.-8.8., die Anregung gegeben, am Dienstag nicht zu verhandeln und dafür Mittwoch, Donnerstag, Freitag, um den 3-Tagesrhythmus zu wahren, aber nicht 4 Tage hier reinzubringen. Nun ist es so, wir benötigen diesen Freitag als Aufarbeitstag, da ja dann die folgende Woche für alle Beteiligten eine Spanne zur Erholung werden soll. Wir können also nicht bis zur letzten Stunde vor dieser Pause verhandeln. Es muß also am Dienstag begonnen werden, und der Senat sieht vor, es wird verhandelt Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und aus Gründen der Sicherung der 10-Tagesfrist[11] am Freitag eine kurze, vielleicht einstündige Verhandlung ... Hier ist selbstverständlich möglich, daß sich die Herrn Verteidiger entsprechend einrichten und vielleicht nicht alle gleichzeitig erscheinen müssen. Es soll sich also am Freitag mehr oder weniger nur um eine Verhandlung zur Fristsicherung handeln.

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie hatten um’s Wort gebeten, bitte.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Vorsitzender, es ist hier nicht der Platz, und das ist auch nicht meine Kompetenz, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu kommentieren. Nur ich meine nicht, daß sich aufgrund dieser Entscheidung nun Triumph etwa auf den Bänken [1576] des ... der Bundesanwaltschaft und des Senats ausbreiten sollte, denn das Bundesverfassungsgericht hat hier einmal mehr bestätigt, daß es von seinen früheren Entscheidungen nichts mehr wissen will, hat die Freiheit der Verteidigung wie es hier heißt, dem gerichtlichen Terminplan untergeordnet und damit das Grundrecht der Freiheit der Verteidigung für Verteidiger und insbesondere für den Angeklagten untergebuttert unter gerichtliche Terminierung. Das heißt, stillschweigend suspendiert. Ich sagte, daß es sich in Widerspruch zu früheren Entscheidungen gesetzt hat. Sie haben ja, und auch ich habe es natürlich nicht, meine Verfassungsbeschwerden mit Ihren Begründungen hier verlesen, sonst kämen diese Widersprüche deutlich zum Ausdruck.

Das Verfassungsgericht hat das Kunststück fertiggebracht ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, wir sagten ja, wir wollen nicht im Einzelnen jetzt die Entscheidung kommentieren. Sie ist bekanntgegeben worden und auf die Bedeutung für dieses Verfahren hingewiesen worden war. Es sollte nicht der Anlaß sein ...

RA Dr. H[eldmann]:

Gut.

Vors.:

... Sie können ja in jeder Fachzeitschrift, oder sonst wo Sie wollen, sich mit der Kritik gegen das Bundesverfassungsgericht wenden, aber hier, glaube ich, ist in der Tat ...

RA Dr. H[eldmann]:

Gut.

Vors.:

... nicht der Ort.

RA Dr. H[eldmann]:

Wenn Sie meinten, Sie wollen hier in der öffentlichen Verhandlung das, was das Bundesverfassungsgericht hier zum Besten gegeben hat, unwidersprochen durchlaufen lassen, bitte dann aber wenigstens eine kurze Antwort auf Ihren eigenen Kommentar zu dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nämlich sinngemäß, dies alles habe der Senat ja bestens erkannt.

[1577] Vors.:

Das war nicht der Sinn der Sache ...

RA Dr. H[eldmann]:

War nicht der Sinn der Sache ...

Vors.:

... es waren zwei ganz konkrete Punkte ...

RA Dr. H[eldmann]:

Vielleicht, vielleicht konnte es mißverständlich, wenn es nicht Ihre Absicht sozusagen gewesen ist, mißverständlich aufgefaßt werden. So ist es natürlich nicht, denn die Revisionsrügen hat das Bundesverfassungsgericht ja nicht behandelt ...

Vors.:

Gut, aber auch das scheint ...

RA Dr. H[eldmann]:

... und es hat, aber ...

Vors.:

... jetzt ein starker Vorwurf zu sein, wir wollen jetzt nicht ...

RA Dr. H[eldmann]:

Warum unterbrechen Sie mich dauernd, Herr Vorsitzender?

... die jetzt nicht behandelt und in der Baader-Entscheidung, die Sie vorige Woche hier vorgelesen haben, im vollen Wortlaut, hat das Bundesverfassungsgericht ja ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Revisionsrüge nicht gehört werde, wenn auch mit der unglaublichen Begründung, zunächst mal möge der Angeklagte bei offen greifbarer Revisionsrüge 1 ½ Jahre hier verhandeln, dann seine Revisionsinstanz durchstehen und dann erneut hier vor das Tatgericht ziehen.[12] Soweit zum Bundesverfassungsgericht, da[b] Sie mehr hier nicht hören wollen.

Zum zweiten, erlauben Sie kurz zu Ihrer Psychiaterentscheidung zwei Bemerkungen ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, da ist nun der Senat nicht mehr willens, das neuerlich aufgreifen zu lassen. Die Entscheidung ist ergangen. Sie haben zunächst mal unsere Liste bekommen, Sie hatten Gelegenheit sich zu der Liste zu äußern, dann ist ein Beschluß des Senats am 18.7. ergangen. Sie hatten Gelegenheit [1578] gegen diesen Beschluß mit Gegenvorstellung, Gegenanträgen, die Hälfte mindestens der letzten Sitzung, auszufüllen. Wir haben jetzt eine neuerliche Entscheidung getroffen, eine abschließende aufgrund Ihrer Gegenvorstellung, Gegenanträge. Wir beabsichtigen nicht, das heute - das habe ich im übrigen zum Schluß der letzten Sitzung auch gesagt - wieder zum Gegenstand der Verhandlung zu machen.

RA Dr. H[eldmann]:

Gut, 2 Punkte dann bitte. Erstens, Sie haben außerhalb Ihrer Beschlußbegründung, d. h. nach Verlesen Ihres Beschlusses selbst einen Kommentar angefügt, nämlich, auf der Verteidigerbank habe sich wohl das Mißverständnis ausgebreitet, die Mindestgründe der UNO stellten, die wir mehrfach zitiert haben, stellten lediglich eine Unverbindlichkeit dar. So ist es nicht. Diese Mindestgrundsätze der UNO stellen Mindestkonsens der zivilisierten Staaten über Behandlung von Gefangenen dar und sind folglich, so haben wir bisher angenommen, auch in der Bundesrepublik zu beachten.

2. Sie haben damit die Gefangenen vor ihrer Beschlußfassung hier die Möglichkeit dazu Stellung zu nehmen, diese aufgefordert, Stellung zu nehmen, und zwar mit einer Befristung bis gestern 15.00 Uhr ...

Vors.:

11.00 Uhr.

RA Dr. H[eldmann]:

... die ... 11.00 Uhr. Nur haben die Angeklagten ihre Aufforderung zur Stellungnahme bis 11.00 Uhr erst gestern um 16.00 Uhr erhalten und darum bitte ich unter Hinweis auf § 33a[ StPO][13] nun diese Stellungnahme der Gefangenen, der Angeklagten, nachzuholen.

Vors.:

Nein, auch das nicht und zwar deswegen, weil ich ausdrücklich zum Schluß der letzten Sitzung erklärt habe, es werde am Dienstag über die Frage der Sachverständigen hier nicht mehr verhandelt. Der Senat habe alles, und ist bereit auch gewesen, alles entgegen zu nehmen, was gesagt, zu sagen ist von Ihrer Seite. Daß die Angeklagten dann, was ich damals, [1579] als ich das erklärt habe, nicht wissen konnte, einen erneuten Umschluß beantragen würde zwecks Besprechung der Arztfrage, das kam für mich völlig überraschend. Er wurde genehmigt; und nur mit Rücksicht darauf, weil dieser Umschluß ja dann keinen Sinn gehabt hätte, wenn da nicht irgendwelche Früchte dann hervorgegangen wären, habe ich gesagt, jetzt könnt ihr nochmals dazu Stellung nehmen. Aber das war nicht ein Recht etwa auf weitere Erklärungen, das hat geendet mit dem Schluß der letzten Sitzung. Ausdrücklich hier[c] erklärt, und bei dieser Entscheidung bleibt es auch.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Vorsitzender, Sie haben eben selbst gesagt, Sie haben den Gefangenen eine Erklärungsfrist eingeräumt, das bedeutet, daß Sie also ein Erklärungsrecht dem Senat gegenüber hatten, und nunmehr negieren Sie es im Nachhinein, in dem Sie sagten, es kommt darauf überhaupt nicht an. Deswegen rüge ich, daß den Gefangenen, den Angeklagten, durch die verspätete Zustellung, nämlich um 7 Stunden verspätete Zustellung, ihrer Aufforderung gegenüber dem Senat Stellung zu nehmen, die Möglichkeit des Gehörs genommen worden ist.

Vors.:

Wir werden zunächst mal die Zustellungsfrage dann außerhalb der Hauptverhandlung überprüfen und außerdem, Herr Rechtsanwalt, es besteht jederzeit die Möglichkeit weitere Gegenvorstellungen[14] einzulegen, aber nicht hier in der Sitzung. Wir wollen jetzt mit diesem Thema, nachdem der Beschluß ergangen ist, die Sitzung nicht weiterbelasten. Jederzeit, außerhalb der Hauptverhandlung, ist der Senat bereit, Gegenvorstellungen anzuhören, sich damit zu befassen. Das ist ganz selbstverständlich.

RA Dr. H[eldmann]:

Gut. Ich will das letzte Wort dann ... Gegenvorstellungen außerhalb der Hauptverhandlung ziehen die Sache natürlich hinaus. Nur, Herr Vorsitzender, eines vermisse ich, daß der Senat mit nicht einem einzigen Wort auf unsere sachlichen und aus Publikationen belegten Einwendungen gegen die von uns abgelehnten beiden psychiatrischen Sachverständigen einge- [1580] gangen ist, nicht mit einem einzigen Wort.

Vors.:

Schön. Wir können damit in der Sitzung fortfahren.

Herr Baader, ich möchte jetzt beginnen, Sie zu Ihrer Person zu vernehmen.[15]

RA v[on] P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt ...

RA v[on] P[lottnitz]:

... darf ich zuvor um das Wort bitten?

Vors.:

Bitte.

RA v[on] P[lottnitz]:

Ich glaube ...

Vors.:

Wird ein Antrag gestellt? Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, wird ein Antrag gestellt?

RA v[on] P[lottnitz]:

Herr Baader wollte offensichtlich einen Antrag stellen.

Vors.:

Sie baten doch jetzt im Augenblick um das Wort.

RA v[on] P[lottnitz]:

Ja, ich ziehe die Wortmeldung zurück, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Herr Baader, wir kommen jetzt dazu, Sie zur Person zu vernehmen, hoffe ich?

Angekl. B[aader]:

Das heißt mal, ich würde sagen, Sie sollten es vielleicht, das sollte man vielleicht doch richtig mal sagen, nicht so eilig damit haben, zu Person ...

Vors.:

Herr Baader, wir kommen jetzt zur Vernehmung zur Person ...

Angekl. B[aader]:

Hören Sie doch mal zu ... zur Person ... Sie kommen jetzt ganz sicher nicht zur Vernehmung zur Person.

[1581] Vors.:

Haben Sie einen Antrag zu stellen?

Angekl. B[aader]:

Ich habe auch einen Antrag zu stellen, aber ich habe ...

Vors.:

Dann erklären Sie zunächst, welchen Antrag ...

Angekl. B[aader]:

Verdammt, dann lassen Sie mich doch ausreden.

Vors.:

... Sie stellen wollen. Nein, ich lasse Sie nicht ausreden.

Angekl. B[aader]:

Sie lassen einen doch auch nicht mal halbe Sätze reden hier.

Vors.:

Herr Baader, Sie sollen erklären, welchen Antrag Sie stellen wollen, dann wollen wir sehen, ob er zulässig ist.

Angekl. B[aader]:

Ja, dann lassen Sie mich doch gefälligst reden, damit ich Ihnen das erklären kann.

Vors.:

Bitte, fangen Sie mit dem Antrag an. Eine Begründung, die können Sie ja hinterherschicken dann.

Angekl. B[aader]:

Ich habe zunächst eine Gegenvorstellung gegen Ihren Beschluß bezüglich der Bestellung der Sachverständigen.

Vors.:

Wird nicht angenommen. Ich habe Ihnen gesagt, das Thema ist abgeschlossen hier. Der Senat kann nicht endlos Gegenvorstellungen entgegennehmen und tut es auch nicht.

Angekl. B[aader]:

Was heißt denn endlos?

Vors.:

Sie kriegen dazu das Wort nicht.

Angekl. B[aader]:

Es hat, es hat keinen Zusammenhang, noch keinen ...

Vors.:

Es gibt keine Gegenvorstellung mehr gegen diesen Beschluß.

[1582] RA Dr. H[eldmann]:

Das haben Sie doch eben selber gesagt.

Vors.:

Außerhalb der Hauptverhandlung.

RA Dr. H[eldmann]:

Ja also, außerhalb der Hauptverhandlung.

Vors.:

Außerhalb der Hauptverhandlung.

Angekl. B[aader]:

Naja, darin zeigt sich doch nur die Tendenz, daß Sie ...

Vors.:

Gut, haben Sie sonst einen Antrag, Herr Baader?

Angekl. B[aader]:

... öffentlich ... Ich bin noch nicht fertig. Daß Sie öffentlich relevante Zusammenhänge ...

Vors.:

Herr Baader, zum Thema Sachverständiger ...

Angekl. B[aader]:

... und Gegenvorstellungen der Angeklagten ...

Vors.:

... reden Sie jetzt nicht.

Bitte das Wort klar mal abzustellen.

Herr Baader, Sie haben die Möglichkeit einen Antrag zu stellen, wenn Sie einen haben, und ihn zu begründen, jederzeit.

Zu den Sachverständigen sprechen wir hier im Saale nicht mehr.

Kann ich jetzt zur Personenvernehmung kommen, oder ist beabsichtigt noch irgendeinen Antrag zu stellen?

RA v[on] P[lottnitz]: (vereinzelt nicht verständlich)

... zunächst noch eine Anregung und zwar ...

[1583] Vors.:

Bitte, das ist zu leise.

RA v[on] P[lottnitz]:

... und zwar rege ich an im Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Beginn der Sitzung auch bekanntzugeben die Tatsache, daß eine durchaus staatsbejahende Person, nämlich der Innen..., der Staatssekretär im Bundesinnenministerium im Zusammenhang mit den neueren Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Meldung der Frankfurter Rundschau ...

Vors.:

Also Kommentierungen aus der Frankfurter Rundschau oder sonstigen Zeitungen ...

RA v[on] P[lottnitz]:

... Herr Vorsitzender, Sie sagen, es ist relevant. Lassen Sie mich doch mal ausreden ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, nein nein ...

RA v[on] P[lottnitz]:

... was soll das denn. Sie können mich doch nicht hier einfach unterbrechen. Es dauert wirklich nur eine Minute ...

Vors.:

Das ist doch nichts anderes, als daß Sie jetzt sachfremde Gründe einführen wollen, um gegen irgendwelche Propaganda zu machen ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, Propaganda machen ...

Vors.:

... und alles gegen das Bundesverfassungsgericht.

RA v[on] P[lottnitz]:

Sie sagen, das ist relevant für dieses Verfahrens...

Vors.:

Sie haben hier die Entscheidung gehört, wenn Sie eine andere Entscheidung haben, die sich mit dem Bundesverfassungsgericht befaßt oder sonst irgend etwas oder von mir aus eine wissenschaftliche Abhandlung ja, aber Kommentierungen und Äußerungen aus Zeitungen können wir hier nicht entgegennehmen.

[1584] RA v[on] P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, die Strafprozeßordnung sieht auch nicht die Bekanntgabe von ...

Vors.:

Die Anregung ...

RA v[on] P[lottnitz]:

... Entscheidungen anderer Gerichte[d] vor in einer Hauptverhandlung wie dieser, das wissen Sie genau ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt ...

RA v[on] P[lottnitz]:

... solange Sie hier solche Entscheidungen bekanntgeben, und das Stichwort Propaganda mag da durchaus geeignet für sein, müssen Sie sich’s auch gefallen lassen, daß wir zumindest mit zwei Sätzen was darauf antworten.

Vors.:

Also diese Fragen, die hier vom Bundesverfassungsgericht entschieden worden sind, haben hier eine solche Bedeutung erlangt gehabt und haben ein solches Echo in der Öffentlichkeit ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Richtig, richtig deswegen will ich ja was dazu sagen, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Sie wollen nichts zu der Entscheidung sagen, sondern Sie wollen zitieren.

RA v[on] P[lottnitz]:

Ich will was zu dieser Entscheidung sagen.

Vors.:

Nein ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Doch.

Vors.:

... Sie wollen zitieren was ein Staatssekretär, wie Sie’s gerade ankündigten, gesagt habe zur Verfassungsrechtsprechung ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Richtig, es ist nämlich sehr relevant.

[1585] Vors.:

... das hat mit der Entscheidung nichts zu tun.

RA v[on] P[lottnitz]:

Es ist sehr relevant, ob ein Staatssekretär selbst auf den Gedanken kommt, zu unterscheiden zwischen verfassungsgerichtlicher und verfassungsrechtlicher Argumentation.[16]

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, lesen Sie im Spiegel nach, da steht es auch schon, der Satz ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Na sehen Sie, sehen Sie ...

Vors.:

Ich darf Ihnen sagen, dazu haben Sie jetzt nicht das Wort. Bitte nehmen Sie es zur Kenntnis. Wird ein Antrag gestellt, oder können wir jetzt mit der Personenvernehmung beginnen?

RA v[on] P[lottnitz]:

Mit der Personenvernehmung können wir nicht beginnen. Zunächst hat der Kollege Heldmann, soweit ich weiß, einen Antrag zu stellen.

RA Dr. H[eldmann]:

Ja, es ist da richtig unterschieden worden zwischen der verfassungsrechtlichen und der verfassungsgerichtlichen Argumentation ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, soviel ich weiß, wollen Sie einen Antrag stellen ...

RA Dr. H[eldmann]:

... der ... verfassung ...

Vors.:

Sie wollten einen Antrag stellen.

RA Dr. H[eldmann]:

Es kann nicht oft genug gesagt werden, auch in, gerade in diesem Gerichtssaal.

(nicht verständlicher Zwischenruf des Angekl. Baader)[e]

Vors.:

Herr Baader, wenn Sie weiterhin im Saal hier glauben, immer [1586] zwischenrufen zu können, dann wird das Konsequenzen haben, in dem Sie nämlich ausgeschlossen werden.[17]

Angekl. R[aspe]:

Ach hör doch auf.

Angekl. B[aader]:

Lassen Sie doch mal die Sätze zu Ende reden.

Vors.:

Ich lasse Sätze dann zu Ende reden, wenn Sie prozessual zulässig sind. Hier war nicht von Kommentierung die Rede, sondern von einem Antrag.

Angekl. B[aader]:

Das wissen Sie schon beim ersten Wort, ob ein Satz prozessual zulässig ist, ja?

Vors.:

Ja, ich wußte, daß Sie zu den Sachverständigen reden wollten. Ich habe erklärt, dazu wird jetzt nicht mehr gesprochen. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, bitte.

RA Dr. H[eldmann]:

Antrag der Verteidigung

die Hauptverhandlung auszusetzen, bis zum Vorliegen des Gutachtens über die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten.

Begründung:

Dafür findet in der Sachverständigenaussage des Herrn Prof. Rauschke[18] und zwar Blatt 1149 der Tonbandprotokolle, wo Herr Rauschke davon ausgegangen ist, als er eine Verhandlungsfähigkeit nicht ausgeschlossen hatte, daß der Senat Ärzte beauftragen wird, das ist geschehen. Und daß diese Untersuchungen etwa innerhalb von 2 Wochen stattfinden wird und diese Interimszeit, davon bin ich bei meiner Beurteilung ausgegangen. „Selbst wenn es 3 Wochen sind, würde sich daran nichts ändern“.

Prof. Rauschke hat diese Sachverständigenäußerungen vor diesem Senat getan, am 8. Juli 1975 in der Vormittagssitzung, also genau heute vor 3 Wochen. Er hat damit gesagt, mein Urteil, daß ich an der Verhandlungsunfähigkeit [1587] nicht erkennen kann, bemißt sich auf 2 maximal 3 Wochen. Diese 3 Wochen sind um, d. h. da Verhandlungsfähigkeit, und zwar unbeschränkte Verhandlungsfähigkeit, Verfahrensvoraussetzung ist,[19] ist nach jener Sachverständigenäußerung die prozessuale Möglichkeit nicht mehr gegeben, ohne ein etwa positives Gutachten der Sachverständigenkommission nunmehr in der Verhandlung fortzufahren.

Vors.:

Will die Bundesanwaltschaft Stellung nehmen?

RA v[on ]Plottnitz:

Dürfen wir uns anschließen?

Vors.:

Ich glaube, wenn nun alle Angeklagten sich anschließen, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann sprach zwar für die Verteidigung. Ich dachte, es sei schon stillschweigend übergegangen, aber bitte.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Es wäre ja schön, Herr Vorsitzender, wenn das so stillschweigend hier sonst auch gehen würde, aber da ja sonst gefragt wird immer, für wen hier wer spricht.

Vors.:

Es wär für uns der Antrag Anregung genug gewesen, auch wenn er nur für Herrn Baader gestellt gewesen wäre.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Also ich habe mich zunächst mal für den Herrn Raspe diesem Antrag anzuschließen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Riedel.

RA R[iedel]:

Ich schließe mich ebenfalls für die Mandantin Ulrike Meinhof an.

Vors.:

Frau Rechtsanwältin Becker.

RA’in B[ecker]:

Ich schließe mich für Frau Ensslin an.

Vors.:

Jetzt bitte die Bundesanwaltschaft.

[1588] Reg. Dir. W[idera]:

Die Bundesanwaltschaft ist der Auffassung, daß dieser Antrag deswegen gestellt wird hier, weil man es verhindern will, weiterhin den nächsten Schritt, der prozessual vorgesehen ist, gehen zu können. Der Sachverständige Dr. Henck, der als Gefängnisarzt über 1 Jahr die Angeklagten beobachtet hat, hat keinen Anhaltspunkt für auch nur zeitweilige Verhandlungsunfähigkeit gefunden.[20] Schon der Laie, eines Arztes bedarf es gar nicht, kann der Laie, der hier die Angeklagten über die vielen Verhandlungstage gesehen hat, feststellen, daß sich vom Äußeren und vom Verhalten her bei den Angeklagten nichts geändert hat. Es sind nach wie vor keine Anhaltspunkte für Verhandlungsunfähigkeit ersichtlich. Der Antrag wird deshalb zurückzuweisen sein.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. H[eldmann]:

Wo die Bundesanwaltschaft sagt, die Verteidigung habe ein solchen Antrag gestellt, damit hier prozessual nicht weitergearbeitet werden kann, gibt die Verteidigung zurück. Die Bundesanwaltschaft hat so erwidert, damit sie mit verhandlungsunfähigen Angeklagten weiterverhandeln kann.

2. Unrichtig ist, daß Herr Henck bei seiner Aussage, bei seiner anfänglich unbestimmten Aussage, geblieben wäre, nämlich er bejahte unbeschränkte Verhandlungsunfähigkeit.

Er ist nicht dabei geblieben, das läßt sich in den Protokollen exakt nachlesen, und insoweit habe ich den Sachverständigen Henck am vergangenen Donnerstag in meinem Antrag ausführlich mit Hinweis auf die Protokollseiten zitiert.

3. Auch der Laie erkennte, so der Herr Bundesanwalt, daß diese Angeklagten verhandlungsfähig seien. Ich gebe zurück, auch der Laie erkennt, daß diese Angeklagten nicht verhandlungsfähig sind. Jedenfalls nicht in dem Umfang, dem zeitlichen Umfang, in dem das Gericht das unterstellt hat. Und wenn Sie andere Laien als sich, als medizinischen Laien hören wollen, dann brauchten Sie nur während der letzten Wochen und [1589] Monate, ich komme darauf, weil der Senat es sich zur Gewohnheit werden lassen, aus Presse und Rundfunk zu zitieren, dann hätten Sie nur die Zeitungsberichte über diese Verhandlung aufmerksam verfolgen müssen, dann hätten Sie erkennen können, daß Laien, nämlich Berichterstatter, die zumindest den gleichen, insoweit den gleichen Sachverstand haben wie Sie, Herr Bundesanwalt Widera, die Verhandlungsfähigkeit den Gestalten und Gesichtern der Angeklagten abgelesen haben.

Herr Baader möchte selbst darauf erwidern.

Vors.:

Zunächst hat die Bundesanwaltschaft sich nochmals gemeldet.

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Rechtsanwalt Heldmann, wenigstens sich selbst sollten Sie nicht widersprechen. Sie haben doch selbst erklärt, und mehrere Ihrer Mitverteidiger haben sich dem angeschlossen, daß es bei zeitlicher Verhandlungsunfähigkeit überhaupt nur allenfalls um Nachmittage geht und insbesondere gemeint sei, der Nachmittag des dritten Tages.

Vors.:

Herr Baader.

Angekl. B[aader]:

Lassen Sie Herrn Heldmann darauf nochmal antworten.

Vors.:

Sie hatten sich gemeldet, sowie ich das weiß.

Angekl. B[aader]:

Naja, das ist natürlich falsch.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, ich wäre dankbar darüber, wenn die Wortverteilungen[f] so wie Sie von Ihnen jetzt angegeben worden sind, in Zukunft auch eingehalten werden. Ich habe also die Erfahrung, daß jedes Mal, wenn es heißt, bitte dem und dem das Wort zu erteilen, ich tu das, dann will zunächst ein anderer wieder das Wort. Wir müssen schon etwas mehr Klarheit reinbekommen. Bitte, Herr Dr. Heldmann.

[1590] RA Dr. H[eldmann]:

Einen Satz lediglich, Herr Bundesanwalt. Blatt 1149 des Protokolls, dort finden Sie die Äußerungen des Prof. Rauschke, der hier als Sachverständiger vernommen worden ist, so daß es Ihres Laienurteils nicht mehr bedarf, nämlich Verhandlungsfähigkeit zu bejahen, bis 2 maximal 3 Wochen, ausgesprochen am 8. Juli dieses Jahres.

Vors.:

Herr Baader.

Angekl. B[aader]:

Naja, das ist natürlich falsch, also es ist nie davon geredet worden, daß Verhandlungsfähigkeit - unfähigkeit bestenfalls am dritten Tag, nachmittags vorliegt. Das ist doch falsch, das ist doch feststellbar falsch, für uns feststellbar falsch. Das ist auch falsch, daß sich der Zustand der Gefangenen nicht verschlechtert hätte in der Zeit. Nach unseren Feststellungen hat sich der Zustand verschlechtert. Ich nehme an, sogar nach den, den Feststellungen zu dem Henck, der Anstaltsarzt, in der Lage ist, nach seinem Augenschein hat sich der Zustand der Gefangenen verschlechtert. Zum Beispiel hat sich das Gewicht weiter verringert, aber das ist, glaube ich, gar nicht der Punkt hier. Der Punkt ist die Behauptung, die wirklich infame Behauptung, wir bzw. die Verteidigung würde den Versuch machen, den Prozeß zu verschleppen. Tatsache ist, daß die Bundesanwaltschaft seit 3 ½ Jahren dieses Verfahren verschleppt. Und Tatsache ist, daß die Bundesanwaltschaft jetzt sich noch etwas wird gedulden müssen, bis zur Person gekommen wird, nachdem sie 3 Jahre zur Person gekommen ist, in dem Versuch, ihr tatsächlich durch Gehirnwäsche, das heißt durch Folter, jede Kontur zu nehmen.

Vors.:

Herr Baader, bleiben Sie sachlich und bleiben Sie vor allen Dingen bei der Sache.

Angekl. B[aader]:

Ich würde mal sagen, Prinzing, Prinzing ...

[1591] Vors.:

Herr Baader, wenn Sie weiterhin ...

Angekl. B[aader]:

Prinzing, wenn Sie so weitermachen ...

- Um 9.46 erschien Rechtsanwalt Linke. -

Vors.:

... fortfahren, darf ich Sie ... Bitte Herrn Baader das Wort abzustellen. Ich habe Sie schon mal darauf hingewiesen, auch wenn das als kleinlich verstanden wird, daß die beharrliche Verweigerung der Anrede „Herr“, die unter zivilisierten Menschen üblich ist, in einem Gerichtssaal als Beleidigung verstanden werden muß. Wenn Sie sich daran nicht halten, werden Sie die Konsequenzen tragen müssen. Bitte halten Sie die Formen ein. Auch Sie sind für mich der „Herr“ Baader.

Bitte das Wort wieder für Herrn Baader.

Angekl. B[aader]:

Naja, da stelle ich doch mal fest, daß nach dem Protokoll Sie mich grundsätzlich mit Baader ansprechen. Das kann im Protokoll feststellen ...

Vors.:

Na, Herr Baader.

Angekl. B[aader]:

... Sie verlangen also, daß ich zu Ihnen Prinzing „Herr“ sage, nachdem Sie zu mir Baader sagen. Na, das lehne ich ab. Das ist sehr einfach und ...

Vors.:

Wenn Sie es ablehnen wollen, Herr Baader, dann tragen Sie die Konsequenzen. Im übrigen ist es absolut unwahr, wenn Sie behaupten, ich würde Sie nicht ständig mit „Herr“ anreden.

Angekl. B[aader]:

Naja, dann lesen Sie doch, dann lesen Sie doch bitte das Protokoll.

Vors.:

Ja, ich lese das Protokoll.

Angekl. B[aader]:

Es gibt da ... Warten Sie bitte, dann suchen wir die Stellen raus.

[1592] Vors.:

Herr Baader, bitte zur Verhandlungsfähigkeit wollten Sie sich äußern.

Angekl. B[aader]:

Ja, wir können Ihnen das natürlich auch außerhalb der Hauptverhandlung nachreichen. Aber ich würde Ihnen doch empfehlen ...

Vors.:

Außerhalb der Hauptverhandlung? Der Senat wird jetzt entscheiden über diesen Antrag.

Angekl. B[aader]:

Ich würde Ihnen doch ... Nein zu der Frage der Anrede - sehr einfach -

Vors.:

Jetzt bitte zur Verhandlungsfähigkeit.

Angekl. B[aader]:

Also, ich stelle nochmal fest, der Zustand der Gefangenen hat sich verschlechtert, das Gewicht hat sich verringert und die Gefangenen sind ihrer eigenen Einschätzung nach, also wir sind unserer Einschätzung nach, nach wie vor nicht verhandlungsfähig in der Definition, die Sie selbst in dem Brief Prof. Müller[21] gegenüber gebraucht haben. Das heißt, daß wir fähig sind, ausreichend fähig sind, uns in- und außerhalb der Hauptverhandlung zu diesem Verfahren zu äußern. Ich meine, das Ganze ist natürlich sowieso obskur, weil Sie ja jede Gelegenheit wahrnehmen, um zu verhindern, daß wir uns zu diesem Verfahren äußern durch nackte Repression. Also für Sie natürlich die Tatsache, ob wir in der Lage sind, uns in diesem Verfahren zu artikulieren, gar nicht die Relevanz haben kann. Also ob wir nach medizinischen Kriterien in der Lage sind, denn Sie verhindern es ja permanent durch offenen Zwang, daß wir hier Argumentationen entwickeln. Aber es ist eben auch so, daß nach Ihrer eigenen Bestimmung Prof. Müller gegenüber, wir nicht in der Lage sind, uns ausreichend auf die Verhandlung vorzubereiten, außerhalb der Hauptverhandlung, und daß wir in der Hauptverhandlung nicht in der Lage sind, nach unserer Vorstellung, wie dieses Verfahren zu führen ist, Argumentationen zu entwickeln.

[1593] Vors.:

Gut. Der Senat wird sich dann kurz zur Beratung zurückziehen. Ich bitte die Angeklagten im Saal zu lassen.

- Der Senat zog sich um 9.47 Uhr zur Beratung zurück -

Ende Band 63

[1594] Nach Wiedereintritt des Senats um 10.13 Uhr wurde die Hauptverhandlung wie folgt fortgesetzt.

- Rechtsanwalt Schily [g] ist nunmehr auch anwesend. -

Vors.:

Wir sind vollzählig. Der Senat hat folgenden Beschluß gefaßt:

Der Antrag, die Hauptverhandlung wegen der behaupteten Verhandlungsunfähigkeit der Angeklagten auszusetzen, wird abgelehnt.

Gründe:

Das Gericht hat schon in seiner früheren Entscheidung zum Ausdruck gebracht, daß es die Angeklagten für verhandlungsfähig hält. Beide Sachverständigen haben diese Auffassung bestätigt. Hieran hat sich nichts geändert. Sämtliche Angeklagten haben deutlich bewiesen, daß Sie imstande sind, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise auszuführen. Die Untersuchung der Angeklagten ist unter anderem auf Empfehlung der gehörten Ärzte angeordnet worden, um den von den Angeklagten behaupteten Beschwerden nachzugehen. Zu einer solchen Empfehlung und Anordnung konnten sich Ärzte und Gericht um so mehr veranlaßt sehen, als die Angeklagten seit dem Hungerstreik[22] nicht mehr ärztlich untersucht worden sind. - Es muß richtig heißen, ich berichtige, seit Beendigung des Hungerstreiks. - Soweit Professor Dr. Rauschke bei seiner Beurteilung von einer möglichen Zeit von drei Wochen bis zum Abschluß der Untersuchungen ausging, ergibt der Zusammenhang seiner Aussage, daß diese Zeitvorstellung unverbindlich war. Wir können nunmehr weiterfahren.

Herr Rechtsanwalt Riedel.

RA R[iedel]:

Ich habe eine technische Hilfskraft zur Verfügung und ich möchte Sie bitten zu gestatten, daß Sie hier vorne Platz nehmen kann, damit ...

Vors.:

Ist es Frau Silberhorn.

RA R[iedel]:

Ja

Vors.:

Ist ja schon genehmigt gewesen.

[1595] Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich habe dann für Herrn Raspe ein Antrag zu stellen. Zuvor aber noch eine Äußerung zu dem, was inzwischen zum zweiten Mal von Seiten der Bundesanwaltschaft anklang und zwar im Zusammenhang mit der Ungeduld darüber, daß man hier noch nicht dazu kommt, die Gefangenen zur Person zu vernehmen. Es mag ja durchaus manchem so scheinen, daß dies Verfahren zuweilen einen Charakter gewinnt, der dazu führen könnte, daß es, um es etwas salopp auszudrücken, der Justiz gleichsam im Halse stecken bleibt. Nur wenn dem so ist, wenn es das gibt, was der Vorsitzende hier genannt hat, eine merkwürdige Zwischenphase, dann nicht, weil es hier an irgend[h] einer Obstruktion interessierte Verteidiger gibt, sondern dann deshalb, weil dies Verfahren in einer Weise aufgebläht und präpariert worden ist, durch entsprechende spezielle legislative[23] und exekutive Maßnahmen, die eben hier ein derartiges Ringen der Verteidigung um rechtsstaatliche Mindestvoraussetzungen erforderlich machen. Das muß man hier mal sagen ...

Vors.:

Ich bitte zum Antrag zu kommen, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz. Wir haben keine Zeit jetzt die Erklärungen abzugeben ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich halte es für unerträglich, wie sehr Sie hier dazu übergehen, jede Äußerung der Verteidigung inzwischen und der Gefangenen zu zensieren ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich unterbreche Sie nicht und ich habe den Anspruch darauf, daß Sie mich auch nicht unterbrechen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es ist unerträglich, wie Sie sich aufführen. Ich habe die Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, daß Sie Anträge stellen können, aber Sie haben nicht das Recht, ständig die Verhandlungsführung des Vorsitzenden in der Weise zu erschweren, daß Sie dann unter der Behauptung, Sie wollten einen Antrag stellen, dann mit der Erklärung kommen, zu denen hier kein Raum ist. Sie haben kein Recht, Erklärungen abzugeben. Ich habe Ihnen das Wort erteilt, um Ihren Antrag zu stellen. Wenn Sie solche Erklärungen im Rahmen einer Antragsbegründung unterbringen können, dann kann daran niemand etwas aussetzen. Aber [1596] Sie haben kein Recht zu Erklärungen. Bitte stellen Sie jetzt Ihren Antrag.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, dazu möchte ...

RA Dr. H[eldmann]:

Ich vermisse, daß Sie solche Zurechtweisungen nicht auf der Bank der Bundesanwaltschaft ...

Vors.:

Ich habe Ihnen das Wort nicht erteilt, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann. Bitte, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, stellen Sie jetzt Ihren Antrag.

RA Dr. H[eldmann]:

... denn hier war es eine Erwiderung dorthin.

Vors.:

Ich kenne diese Replik. Ja, jetzt kommt diese stereotype Replik, die bin ich gewohnt. Ich geh nicht darauf ein. Bitte, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, stellen Sie Ihren Antrag.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Weil Sie hier die Art und Weise, wie ich mich hier aufführe, so haben Sie wohl wörtlich gesagt, kritisiert haben ...

Vors.:

Sie haben mich mit dem Wort kritisiert.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Sie haben mich mit dem Wort „aufführen“, mit der Verwendung des Wortes „aufführen“, kritisiert. Sie scheinen hier offensichtlich der Auffassung zu sein, daß es manchmal Gegenstand der Hauptverhandlung sei, hier die Frage zu entscheiden, welcher Verteidiger ab nächster Woche in ein Erziehungsheim[i] gehöre. Derlei ist ja von Ihnen schon manchmal hier angedeutet worden. Da war die Rede von „unglücklicher Art“ und „aufführen“. Aber das ist nicht Gegenstand der Hauptverhandlung hier, um darüber Klarheit zu schaffen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, wir haben uns ja damals verständigt, daß wir beiderseits froh sein können, daß wir nicht im Verhältnis von Ausbildender und Ausbilder[j] bestehen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Das wissen[k] die Götter, ja.

[1597] Ich habe jetzt folgenden Antrag für den Herrn Raspe zu stellen und zwar hat der Antrag folgenden Wortlaut:

In dem Verfahren gegen Andreas Baader u.a., hier Jan-Carl Raspe, folgt das Aktenzeichen, lehnt der Gefangene Raspe

1. den Vorsitzenden Richter Dr. Prinzing,

2. die beisitzenden Richter Dr. Foth, Maier, Breucker, und Dr. Berroth wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

(Gelächter im Saal)

Dieser Antrag wird, Herr Vorsitzender ... es ist eine Heiterkeit im Saal. Sie sind sonst dazu übergegangen, das zu rügen, wenn Heiterkeit im Saal war.

Vors.:

Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie mich in der Verhandlungsführung einmal unterstützend darauf aufmerksam machen, aber bitte beobachten Sie das in Zukunft mal vollkommen neutral. Ich bin bereit bei den ersten leisen Äußerungen einer Mißfallens- oder Zustimmungskundgebung zu schweigen, das hinzunehmen. Ich nehme an, daß das Publikum von sich aus begreift, daß es dazu kein Recht hat. Wenn es gravierender wird oder sich wiederholt, dann greife ich ein. So habe ich es bisher immer gehandhabt. Ich bitte, das auch mal zur Kenntnis zu nehmen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Dieses Ablehnungsgesuch wird wie folgt begründet:

Rechtsanwalt von Plottnitz verlas die ersten 11 Seiten der Begründung des Antrags aus Anlage 4 zum Protokoll.

- Oberstaatsanwalt Zeis verließ in der Zeit von 10.24 Uhr bis 10.28 Uhr den Sitzungssaal -

[1598] RA v[on ]P[lottnitz]:

Dieses Ablehnungsgesuch ist im übrigen auf weitere Tatsachen zu stützen, die in der heutigen Hauptverhandlung bekanntgeworden sind. Zum einen ist das Ablehnungsgesuch zu stützen auf die Tatsache, daß der Begründung des Beschlusses zufolge, mit dem heute, in der heutigen Sitzung die Zuziehung des Sachverständigen Teuns abgelehnt wurde, dieser Sachverständige nach Auffassung der abgelehnten Richter deshalb im hohen Ausmaß parteilich erscheint, weil er eine Protestresolution gegen die Absicht mit unterschrieben hat, im Falle der Gefangenen Meinhof eine Zwangsnarkotisierung vorzunehmen.[24] Was dem Sachverständigen Teuns in diesem Zusammenhang vorgeworfen wird, ist nichts anderes, als daß er in seiner Verantwortung als Arzt gehandelt hat und protestiert hat. Denn in der Tat ist der Versuch, eine Zwangsnarkose bei einem Gefangenen vorzunehmen, bzw. eine Untersuchung, die ohne Zwangsnarkose nicht möglich ist, in der Tat erinnert ein solcher Versuch an die Praktiken aus der schlimmsten Zeit der deutschen Geschichte, nämlich aus der Zeit eines NS-Regime. Einen solchen Arzt also mit dieser Begründung als parteilich anzusehen, - ob man ihn mit einer anderen Begründung als parteilich ansehen kann, das hat hier dahin gestellt zu bleiben, - aber mit dieser Begründung als parteilich anzusehen zeigt, daß die abgelehnten Richter wiederum einmal mehr allein daran interessiert sind, hier Vorwürfe gegen die Haftbedingungen der Gefangenen sozusagen öffentlicher Erörterung zu entziehen und sich selbst daran zu beteiligen. Die Vorwürfe selbst dort, wo ihre offenkundige Begründetheit und Berechtigung unübersehbar ist, zurückzuweisen. Das ist der eine Aspekt, auf den dies Ablehnungsgesuch sich stützt. Der zweite Aspekt ist die Tatsache, daß die abgelehnten Richter, obwohl die Verteidigung der Gefangenen Baader und Ensslin in überaus detaillierte Weise hier Bedenken vorgetragen haben gegen die fachliche Orientierung der Sachverständigen Mende und Ehrhardt, an beiden Sachverständigen festgehalten haben. Und zwar durch den Beschluß, den wir heute früh gehört haben. Das ist übrigens eine Tatsache, die sich richtet dann gegen die abgelehnten Richter Dr. Prinzing, Foth und Maier. Soweit ich gesehen hab, dieser Beschluß nur von den dreien unterschrieben worden ist. Die Verteidigung hat am letzten Sitzungstag detailliert vorgetragen, warum die Sachverständigen Mende und Ehrhardt gar nicht aufgrund ihrer fachlichen Orientierung in der Lage sein können, den [1599] Zusammenhang von etwa sozialer Isolation und gesundheitlicher Schwächung wahrzunehmen, weil ihr Krankheitsbegriff soziale Faktoren für Krankheitsverursachung von vornherein ausblendet. Die Tatsache, daß die abgelehnten Richter, soweit Sie an dieser Entscheidung beteiligt waren, an diesen beiden Sachverständigen festhalten, wenn Sie auch die Zuziehung eines weiteren Sachverständigen, nämlich des Sachverständigen Rasch verfügt haben, zeigt Ihre Absicht, entweder eine gutachterliche Äußerung, die den Zusammenhang der gegenwärtigen Haftbedingungen und des gegenwärtigen gesundheitlichen Zustands der Gefangenen öffentlich gutachterlich darstellen würde zu verhindern, oder zumindest unter der Voraussetzung, daß etwa der Sachverständige Dr. Rasch zu solchen Ergebnissen kommen würde - eine solche gutachterliche Äußerung durch entsprechende Äußerungen der beiden anderen Sachverständigen, die wie gesagt aufgrund ihrer Orientierung nie zu solchen Ergebnissen kommen könnten, neutralisieren zu können. Das heißt, die abgelehnten Richter wollen verhindern, daß öffentlich der Zusammenhang von Isolation und gesundheitlicher Schwächung bekannt wird und Sie wollen verhindern, daß Sie durch entsprechende gutachterliche Äußerungen gezwungen werden könnten, entweder die Haftbedingungen zu ändern und zwar dergestalt zu ändern, daß die Sonderabteilung im 7. Stock[25] aufzulösen wären, in der Tat vorzunehmen wäre, die Integration der Gefangenen in den normalen Vollzug. Oder daß öffentlich von Seiten der Richter, sollten Sie sich weigern das zu tun, gesagt werden müßte, die gesundheitlichen Belange der Gefangenen interessieren hier nicht bei der Regelung von Ihren Haftbedingungen. Das sind die Tatsachen, auf die von der Verteidigung des Gefangenen Raspe das Ablehnungsgesuch gestützt wird. Herr Raspe selbst hat die Absicht, das Ablehnungsgesuch selbst noch zu ergänzen und zwar auch mit Vorgängen, die sich auf die heutige Sitzung beziehen. Ich bitte Ihm dazu die Möglichkeit einer 25 minütigen- oder halbstündigen Pause einzuräumen.

Vors.:

Zunächst darf ich fragen, haben Sie Ihren Antrag wenigstens entwurfmäßig, so daß man das beieinander hat.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Entwurfmäßig ja.

Vors.:

Dürfen wir das benützen, fotokopieren lassen. Sie kriegen den Entwurf sofort wieder zurück. Herr Bietz sind Sie so freundlich.

[1600] - RA. v[on ]Plottnitz übergibt seinen Antrag dem Senat, um diesen Fotokopieren zu lassen. Die Fotokopie wurde als Anlage 4 zum Protokoll genommen. -[l]

Herr Raspe, Sie haben jetzt Gelegenheit sich dazu zu äußern.

Eine Pause ist nicht vorgesehen dafür.

RA v[on] P[lottnitz]:

Dann bitte ich insoweit um eine Senatsentscheidung.[26] Ich hatte beantragt, dem Herr Raspe eine Pause zur Vorbereitung einer weiteren ergänzenden Begründung des Ablehnungsgesuchs zu geben.

(Nach geheimer Umfrage) Vors.:

Der Senat billigt meine Entscheidung, daß keine Pause eingeräumt wird. Der Antrag ist ausführlich begründet worden. Herr Raspe kann ergänzen.

Herr Raspe, Sie haben das Wort.

Angekl. R[aspe]:

Ja, ich stell das gleich zuvor mal fest, daß die Bundesanwaltschaft zu jeder Gelegenheit, die Sie benennt und zu jedem Grund, den Sie hier anführt, Pausen bekommen. Und daß also der Senat jetzt eben hier genau das wieder verhindert hat, nämlich die Pause zu benutzen ...

Vors.:

Herr Raspe, darf ich Sie gleich korrigieren. Die Bundesanwaltschaft bekommt nicht zum Stellen von eigenen Anträgen irgendeine Pause. Sie sind doch jetzt gerade dabei, einen eigenen Antrag zu stellen. Das ist etwas anderes, wenn Sie erwidern wollen.

Da kann es unter Umständen notwendig sein, Ihnen eine Überlegungszeit einzuräumen, nicht bei eigenen Anträgen.

Angekl. R[aspe]:

Es ist eben sehr klar gesagt worden, wozu ich diese Pause haben wollte. Ich wollte diesen Antrag in der Begründung ergänzen.

Vors.:

Ja Sie dürfen es ja jetzt.

Angekl. R[aspe]:

Durch Ergänzen im Hinblick auf die Punkte, die der Senat heute früh durch seine Beschlüsse hier verkündet hat ...

Vors.:

Es wird wesentlich der Gegenstand vom 16.7., Herr Raspe, vom 16.7. zum Anlaß für dieses heutige Ablehnungsgesuch gemacht. Und dazu konnten Sie sich seit dem 16.7. auch bekannt machen.[27]

Angekl. R[aspe]:

Der Punkt ist nur, daß ich sämtliche Gründe einbeziehen wollte. [1601-1626][28] [1627] Das war der Grund für die beantragte Pause.

Vors.:

Sie haben jetzt Gelegenheit zu reden, wenn nicht, dann fahren wir fort. Dann wird die Bundesanwaltschaft Gelegenheit bekommen, zu dem Antrag Stellung zu nehmen.

Angekl. R[aspe]:

Nein, nein. Also als zusätzliche Begründung zur Ablehnung des Senats. Und zwar ist das, was der Senat, was Prinzing hier versuchen, seither als Instrument des Staatsschutz in dieses Verfahren geschoben worden ist ...

Vors.:

Herr Raspe, ich verwarne Sie gleich jetzt in diesem Zusammenhang. Sie laufen wieder Gefahr, daß ich Ihnen, wenn Sie in dieser Tonart fortfahren, daß Wort entzogen werden wird.

Mäßigen Sie sich, halten Sie sich ...

Angekl. R[aspe]:

Werden Sie sich noch einmal daran erinnern ...

Vors.:

Nein, Sie brauchen mich nicht an irgend etwas zu erinnern ...

Angekl. R[aspe]:

Daß diese Ablehnung Sie und den Senat betrifft.

Vors.:

Das macht nichts aus. Ich habe immer noch für diese Entscheidungen, die notwendig sind, nämlich auch bei ungebührlichem Verhalten das Wort zu entziehen, das Recht. Das werde ich auch ausüben, wenn Sie sich nicht daran halten.

Angekl. R[aspe]:

Das heißt mit anderen Worten erklären Sie hiermit, daß Sie also auch noch die Begründung und die Formulierung der Ablehnung des Senats zensieren wollen.

Vors.:

Es wird nichts zensiert. Sie sollen sich an die ordentlichen Formen halten, die vor einem Gericht notwendig sind und die hier auch gewahrt werden müssen.

Angekl. R[aspe]:

Ich stell das auf jeden Fall noch einmal ausdrücklich fest, daß Sie also auch noch in Ihrer Zensurpraxis soweit gehen, daß Sie also Begründungen, Formulierungen von Ablehnungsanträgen darin einbeziehen, gegen sich selbst, ja und gegen den [1628] Senat. Ich wiederhol das noch einmal.

Vors.:

Aber nicht in dieser Form wenns geht, sonst entziehe ich Ihnen das Wort.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Nun lassen Sie ihn doch bitte mal ausreden.

Vors.:

Ich sage nochmals[m], er wiederholt. Ich lasse derartige Ausführungen hier nicht mehr zu. Darüber müssen wir uns Klarheit verschaffen, Herr Rechtsanwalt. Und ich bitte Sie nochmals im Interesse Ihres Mandanten, versuchen Sie mäßigend einzuwirken. Ich bitte das. Das ist ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Es besteht überhaupt kein Anlaß, mäßigend einzuwirken. Er macht sein Recht geltend, die Richter dieses Senats abzulehnen. Dabei geht natürlich schon der Grundsatz der Wahrnehmung der berechtigten Interessen soweit, daß es den abgelehnten Richter verwehrt ist, hier zensierend einzugreifen. Ich habe schon einmal gesagt, die abgelehnten Richter können jederzeit in so einem Fall, also wenn Sie meinen, daß damit strafbare Handlungen oder irgendwas verbunden sind, entsprechende Protokollfeststellung treffen.

Vors.:

Schön. Ich lasse keine Beleidigungen zu. Auch wenn Sie die Prozeßordnung in einer anderen Weise auslegen.

Herr Raspe bitte.

Angekl. R[aspe]:

Ja ich möchte jetzt dann noch einmal konkret wissen, weil ich also natürlich Interesse daran hab, daß Sie mich nicht jeden halben Satz unterbrechen, wollte ich mal zu diesem Punkt konkret wissen, was der unmittelbare Anlaß Ihrer Unterbrechung war. Welchen Punkt Sie beanstanden.

Vors.:

Nein, Sie haben jetzt die Möglichkeit sich weiter zu äußern.

Angekl. R[aspe]:

Welchen Punkt Sie eben jetzt beanstandet haben.

Ja. ich will diese Möglichkeit wahrnehmen und ich werd sie wahrnehmen.

Vors.:

Sie haben mich[n] zu einem Element des Staatsschutzes und zu irgend einer, zum Funktionär und wo der hingeschoben worden sei, [1629] und dergleichen, erklärt, und ich bin nicht mehr bereit, diese Feststellungen, die Sie hier immer treffen wollen, weiterhinzunehmen und anzuerkennen, daß die nicht beleidigend sind.

Angekl. R[aspe]:

Das heißt, Sie zensieren die Formulierung und die inhaltliche Begründung der Ablehnung. Das ist es doch. Das ist meine Begründung dafür. Die können Sie hier nicht mit formalen, mit irgendwelchen formalen Mätzchen vom Tisch fegen, mich unterbrechen. Denn das ist die Begründung dafür, daß ich diesen Senat ablehne.

Vors.:

Ja. Fahren Sie jetzt fort mit Ihrer Begründung.

Angekl. R[aspe]:

Ich bleibe dabei und wiederhole das. Ich muß dabei bleiben und muß es wiederholen. Es ist auch notwendig.

Vors.:

Nein, Sie müssen es nicht.

Angekl. R[aspe]:

Sie können mich auch daran nicht hindern. Es ist ein Ablehnungsgesuch gegen den Senat und gegen Sie. Aus diesem präzisen Grund, weil ich davon fest überzeugt bin und weil ich das begründe in diesem Zusammenhang, daß es so ist. Daß dieser Senat im Zusammenhang des Erlaß der Haftbedingungen, im Zusammenhang der Festschreibung dieser Haftbedingungen über drei Jahre hinaus, daß der Senat darin präzise sich erweist, als ein Instrument des Staatsschutz. Das ist der Grund. Sie können mich in dem Punkt nicht unterbrechen. Jedenfalls, wenn Sie’s tun, indem Sie also hier den Knopf abdrehen, den Ton wieder einmal abstellen, naja, dann produzieren Sie eben auch auf dieser Ebene dann[o] noch mal einen[p] sehr scharfen Widerspruch. Ich habe gesagt, daß dieser Versuch in sich unmöglich ist und zwar aus zwei Gründen, aus zwei Zusammenhängen heraus.

1. Der Senat und der Richter Prinzing versuchen, das in der Struktur der staatlichen Mobilisierung und im konkreten Plan von Regierung und Bundesanwaltschaft entwickelte Vernichtungsinteresse gegen die oppositionelle Strategie der Stadtguerillas, das Vernichtungsinteresse, das die Counter-Taktik hier in uns personalisiert hat. Sie versuchen es durchzusetzen in seiner Verfügung über uns und damit das endlich mal gesagt wird, durchzu- [1630] setzen auch als Richtlinien für die Behandlung von 50 anderen politischen Gefangenen, in anderen Gefängnissen und in anderen Verfahren. So in dieser Funktion für die Staatsschutzstrategie ist zu begreifen, daß der Senat die Isolation trotz des Zustands der Gefangenen, nicht aufgehoben, sondern in diesem Beschluß ausdrücklich perfektioniert hat.

Ende von Band 64

[1631] Angekl. R[aspe]:

So erklärt sich, daß er seit seiner Zuständigkeit,[29] das sind also ungefähr seit 1 ½ Jahren, die Untersuchung und Behandlung durch andere als Vollzugsärzte verhindert hatte, selbst als die konkrete Alternative der Tod eines Gefangenen war und so ist zu begreifen, was er in der Formulierung, in dem Beschluß jetzt: weitere Änderungen der Haftbedingungen werden nicht angeordnet, oder an einer anderen Stelle des Beschlusses in der Begründung: ein weiterer Umgang mit anderen Gefangenen kommt nicht in Betracht wobei es sich also nur darum drehte, um den Umschluß und um Tischtennis, d. h. konkret, es kommt kein Umgang mit anderen Gefangenen in Betracht, d. h. konkret, die Fortdauer der Isolation wird angeordnet - so ist es zu begreifen, was[q] er in dieser Formulierung für die Dauer seiner Zuständigkeit, d. h. mindestens noch für 3 Jahre, beschlossen hat. Und so ist auch die Ankündigung zu begreifen in diesem Beschluß, je 2 Gefangene von der sozialen Interaktion, wie sie im Gefängnis möglich ist, vollkommen isoliert, wegen einem leeren Stockwerk, die Ankündigung 2 Gefangene in einer Zelle zusammenzusperren. Der Senat weiß auch, weil es hier schon gesagt worden ist, wiederholt, daß die Wirkung der Isolation nach 3 Jahren durch die Konstellation von nur 2 Gefangenen kulminieren müssen. Er hat sich Untersuchungen darüber aus dem beschlagnahmten Verteidigermaterial verschafft, und öffentlich ist inzwischen, daß der Senat sich der Folgen seiner Beschlüsse bewußt ist. Sie sind hier im Zustand der Gefangenen sozusagen präsent. Das heißt, die Richter kennen das gesamte wissenschaftliche Material, sie kennen die[r] ganzen detaillierten Untersuchungen, die bei den Anwälten beschlagnahmt worden sind und in dieser Kenntnis ankern die Maßnahmen des Senats. Ich habe gesagt, daß der Versuch hier in sich unmöglich ist aus zwei Gründen. Der zweite besteht darin, daß das Gericht versuchen muß, und das ist ein besonderer Job dieses Sondergerichts, die psychische und physische Vernichtung der Gefangenen durch Isolation, also durch Haftbedingungen, die hier keine rechtliche Basis hat, solange die Todesstrafe abgeschafft ist, also durch den Rechtsbruch, hier explizit[s] der[t] Verfassung der Menschenrechtskonvention und der Strafprozeßordnung, das Gericht muß versuchen, den Rechtsbruch explizit wie Recht [1632] aussehen zu lassen. Das hat zu so widersprüchlichen Begründungen, zu so widersprüchlichen Bemühungen geführt, wie die Tatsache, die Isolation zu bestreiten, also der monotonen Lüge in diesem Verfahren seit 2 Jahren, und als Gegensatz dazu den[u] Versuch, sie über eine wahnhaft wuchernde Rationalisierung durch eine Sicherheitsmystik zu rechtfertigen, das heißt, ja, das heißt zu rechtfertigen und zu bestreiten, gleichzeitig. Zwischen diesen beiden Argumentationen gibt es in diesem Wahnsystem auch noch Vermittlungen, so z. B. der Einfall, der Feststellung des Zustands der Gefangenen und damit der Feststellung seiner Ursache in den Haftbedingungen zu entgehen, indem die Untersuchung durch unabhängige Ärzte als Sicherheitsrisiko abgelehnt wird. Das heißt, nicht mal eine mögliche Absicht, der Plan, die Subjektivität des Gefangenen sind ein Sicherheitsrisiko, sondern ein Zustand, Folter und ihre Wirkung, den er als Folge der totalen Verfügung über ihn erleidet.

Oder anders, die Sicherheitslage ist nichts dem Gefangenen äußerliches mehr, sie wird in ihn hineinverlegt und dort soll das Problem gelöst werden, indem er gebrochen oder vernichtet wird. Das ist nicht übertrieben; es ist Ausdruck einer Struktur, die sich immer offener in allen gesellschaftlichen Bereichen durchsetzt, in den gesteuerten Prozessen der Massenkommunikation, den Programmkampagnen, der innerstaatlichen Feinderklärung, in der Militarisierung der Innenpolitik, im Spitzelwesen, dem Wucher der Polizei- und Staatsschutzmaschine, der polizeilichen Durchdringung aller Lebensbereiche, den Sondergesetzen, dem Polizeigesetz usw. Es ist auch konkret nicht übertrieben, wenn Andreas hier gesagt hat, die Verfügung, die Isolation hier nicht aufzuheben für die nächsten 3 Jahre Untersuchungshaft, ist ein Todesurteil, hat er da [v] ... eine wesentliche Tatsache noch rausgelassen, vielleicht weil er annahm, daß es dazu nicht kommt, nämlich die Tatsache, die Tatsache, daß in Bruchsal[30] für die Zeit nach der Untersuchungshaft[w], aber schon vor dem Urteil, ein Trakt gebaut worden ist, der[x] schalltot ist. Ein Trakt mit Zellen, mit Doppeltüren, mit schallschluckender Isolation zwischen den Außenwänden aus Hartbeton, Überwachung [1633] durch Videosystem, Panzerglas etc.

Ein Trakt, der natürlich von der gesamten übrigen Anstalt Bruchsal vollkommen getrennt ist, vollkommen abgetrennt ist. Darin ist, und nach dem Perfektionismus, der hier in diesem Kasten sichtbar wird, darin ist der Vollzug des Urteils, das Prinzing und dieser Senat hier irgendwann ausspucken werden, geplant, dann natürlich ohne Jede Öffentlichkeit. Wir haben die Baupläne, die Berichte von Gefangenen, die an dem Ding gebaut haben, und die[y] ministeriellen Anordnungen, die daran gebaut haben und die ministeriellen Anordnungen kennen, und wir geben sie in den nächsten Tagen, falls sie nicht beschlagnahmt worden sind, zu den Akten. Durch Prinzing erklärt es der Senat selbst, ich wiederhole das noch einmal, weil es ist nicht deutlicher zu sagen, aus dem Beschluß des Senats: Je nach der Intensität der Haftzwecke sind die Haftbedingungen, denen der einzelne Untersuchungsgefangene unterworfen ist, in vielfältiger Weise abgestuft, Seite 13-85[z]. Und dieser Bestimmung entsprechen die Anordnungen des Senats; Am Ziel, die Gefangenen zu vernichten, uns verteidigungsunfähig zu machen, ist die Intensität des Haftzwecks ausgerichtet, die Intensität der Maßnahme, die hier vollzogen wird. Und dazu noch ein weiteres Beispiel: Die ohnehin undurchsichtige Wand, und zwar oben aus dem siebenten Stock, ein konkretes Beispiel. Die ohnehin undurchsichtige Wand, die zwischen dem Vorraum des Trakts und dem Treppenhaus besteht, und zwar ist es eine Wand aus Glasbausteinen, durch die man in Umrissen sehen kann. Wenn also dort hinter ein Mensch die Treppe rauf und runter geht. Man kann ihn nicht erkennen, man kann also sozusagen durch diese Glasbausteine nur schemenhaft erkennen, daß dort jemand langgeht. Aber man kann also die Person nicht erkennen, kein Gesicht, man kann sich nicht verständigen, also es gibt keine Möglichkeit zu rufen. Das ist alles ausgeschlossen. Es ist tatsächlich sozusagen wie, es ist sichtbar, wenn man vor dieser Wand steht, daß dort hinten eben im konkreten Fall ne Person langläuft, die Treppe raufgeht oder runtergeht. Und im Zusammenhang der Anordnung des Senats jetzt, der Anordnung in diesem Beschluß zuzulassen, daß wir Tischtennis spielen können, die Schlagzeilen gemacht hat, genau deswegen, weil sie natürlich niemand mit Folter assoziiert, das haben wir schon mal gesagt. Und was also eine Anordnung ist, [1634] in der Praxis, zu der wir überhaupt aufgrund unseres Zustands nicht in der Lage sind, zu der es aber so ist, daß wir sie jedenfalls, die Möglichkeit, benutzen, uns auf den Fußboden für diese Stunde zu setzen. Im Zusammenhang dieser Anordnung ist also in diesem Vorraum des Trakts so ein Tisch aufgebaut worden, und dadurch entsteht also die Situation, daß wir da, daß wir das beobachten können und sehen konnten, was sich dort abgespielt hat. Da werden nämlich die Gefangenen, die auf’s Dach gehen, in diesen Käfig geführt werden, zur Hofstunde, die gehen dort diese Treppe rauf und runter. Und in der Stunde, in der wir dort gesessen haben und uns unterhalten haben, war es so, daß also genauso eine, das ist also genau das, was ich vorhin beschrieben habe.

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender, die Bundesanwaltschaft bittet ums Wort.

Vors.:

Herr Raspe, Augenblick bitte.

Angekl. R[aspe]:

Nein, ich will jetzt zu Ende ...wickeln. Das ist ein sehr konkretes Beispiel.

Vors.:

Wenn etwa von[aa] der Bundesanwaltschaft irgendein Antrag gestellt werden soll, der sich direkt auf die Ausführungen des Herrn Raspe bezieht, dann muß dazu jetzt Gelegenheit sein.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich beantrage, der Bundesanwaltschaft nicht das Wort zu erteilen.

Angekl. R[aspe]:

Das ist ein konkreter Teil ...

Vors.:

Um was handelt es sich, wegen des Antrags.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich beantrage ...

RA v[on ]P[lottnitz] und OStA Zeis reden durcheinander.

Unverständlich.

OStA Zeis:

... schon fortwährend nicht zur Sache spricht und sein Rederecht dazu mißbraucht, um ...

Vors.:

Wollen Sie ...

OStA. Zeis,[bb] RAe v[on ]P[lottnitz] und Dr. H[eldmann] reden unverständlich durcheinander.

[1635] Vors.:

... das ist eine treffliche Redeschlacht, die Sie beide hier führen, aber ich würde vorschlagen, das Protokoll abzustellen, es hat keinen Sinn, es kommt ja sowieso doch nicht drauf, nicht wahr. Jetzt wollen wir das mal der Reihenfolge nach hören. Die Bundesanwaltschaft will also reklamieren gegen das, daß Herr Raspe nicht zur Sache spricht.

RAe. und Angekl. reden unverständlich durcheinander.

RA He[ldmann]:

Bitte Protokoll wieder anstellen.

Vors.:

Ich sehe, daß es schon wieder läuft inzwischen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich hatte beantragt, der Bundesanwaltschaft gar nicht erst das Wort zu erteilen, bis daß Herr Raspe seine Ausführungen beendet hat.

Vors.:

Ich bin der Überzeugung, wir sollten Herrn Raspe zu Ende reden zu lassen. Ich sehe, Sie wollten in dieser Richtung reklamieren, aber es bringt nicht viel, lassen wir ihn vollends zu Ende reden, wir wissen ja schon, es dauert etwa zwanzig Minuten.

Angekl. R[aspe]:

Na ja Zeis, es ist einfach sehr deutlich, daß Sie hier die Hauptfunktion übernehmen, in dem Augenblick, wo Prinzing das nicht tut.

RAe. reden unverständlich durcheinander

In dem Augenblick machen sie das.

Vors.:

Jetzt darf ich zunächst mal um Ruhe bitten, also daß die Herren Verteidiger ... Nein, er hat im Augenblick das Wort nicht, weil im Augenblick die Bundesanwaltschaft den Antrag gestellt hat, daß sie das Wort bekommt. Ist es denn jetzt wichtig, daß Sie das Wort erhalten, wenn wir hier schon zu [1636] erkennen geben, daß wir wohl wünschen, daß Herr Raspe zu Ende reden kann, Herr Bundesanwalt.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich beantrage erneut,[cc] der Bundesanwaltschaft nicht das Wort zu erteilen.

Vors.:

So, dann erteile ich es ihr jetzt hiermit.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Dann beanstande ich diese Maßnahme beim Senat.

Vors.: (Nach geheimer Umfrage)

Zu einer kurzen Äußerung erhalten Sie das Wort.

OStA Z[eis]:

Die Bundesanwaltschaft beantragt, dem Angeklagten Raspe das Wort zu entziehen ...

Protokollführer:

Herr Bundesanwalt, bitte das Mikrophon einschalten.

OStA Z[eis]:

Die Bundesanwaltschaft beantragte, dem Angeklagten Raspe[dd] das Wort zu entziehen. Er mißbraucht es zu einer Prozeßverschleppung, er bringt seit mindestens 10 Minuten nichts mehr, was zur Sache auch nur im weitesten Sinn gehören könnte.

Vors.:

Herr Raspe betrachten Sie es als eine Mahnung, reden Sie jetzt weiter.

RA Dr. H[eldmann]:

Spricht die Bundesanwaltschaft etwa Mahnungen aus?

Angekl. R[aspe] und RAe. v[on ]P[lottnitz] und H[eldmann] reden unverständlich durcheinander.

Vors.:

Ich hätte jetzt die Möglichkeit, aufgrund dieses Antrags eine Entscheidung zu treffen. Ich übernehme das, indem ich Herrn, das, was gerade gesagt worden ist, indem ich Herrn Raspe, das als Mahnung weitergebe, er möge sich möglichst bei der Sache halten. Bitte, Sie haben jetzt weiter das Wort Herr Raspe.

Angekl. R[aspe]:

Ich stelle dann hier den Antrag, genau wie die Bundesanwaltschaft, die in diesem Zusammenhang herein den Antrag, den Senat anzuweisen, weil das also unmittelbar wichtig ist, kann er darüber auch beschließen, er soll die Bundesanwaltschaft anweisen, konkret Zeis, daß die Erklärungen, die er eben ab- [1637] gegeben hat, nämlich, daß er diese Erklärungen bitte inhaltlich nachweisen soll, daß ich hier inhaltlich begründen soll, aus dem, was ich gesagt habe, ich hätte 10 Minuten an der Sache vorbeigeredet, 1.), und 2. das stelle eine Prozeßverschleppung dar. Ich stelle also den Antrag, die Bundesanwaltschaft ...

Vors.:

Es ist kein zulässiger Antrag, wir haben keine Anweisung an die Bundesanwaltschaft zu erteilen. Sie haben weiter das Wort.

Angekl. R[aspe]:

... Ja genau, umgekehrt läuft das permanent und Sie transportieren das, das machen Sie hier sehr deutlich.

Vors.:

Herr Raspe, Sie haben jetzt weiterhin das Wort, bitte fahren Sie fort.

Angekl. R[aspe]:

Ja, ich stelle also noch einmal fest, Sie haben also nicht das Recht ...

Vors.:

Herr Raspe, wenn Sie jetzt nicht fortfahren, dann werde ich Ihnen das Wort entziehen müssen.

Angekl. R[aspe]:

Jetzt, was heißt, wenn Sie nicht fortfahren ...

Vors.:

Sie sind jetzt bei der Begründung ihres Zusatzantrages.

Angekl. R[aspe]:

Sie haben mich unterbrochen, indem [ee] Sie also der Bundesanwaltschaft die Möglichkeit gegeben haben.

Vors.:

Ich habe Sie nicht unterbrochen ...

Angekl. R[aspe]:

Natürlich haben Sie das gemacht.

Vors.:

Ich gebe Ihnen jetzt die Gelegenheit fortzufahren.

Angekl. R[aspe]:

Na ja, das Protokoll abstellen lassen, daß es nicht draufkommt.

[1638] Vors.:

Ich gebe Ihnen jetzt die Gelegenheit fortzufahren. Wenn Sie nicht ...

Angekl. R[aspe]:

Ich fahre fort.

Vors.:

... mit Ihrer Begründung fortfahren, nichtwahr, dann kennen Sie die Konsequenzen.

Angekl. R[aspe]:

Wenn Sie und die Bundesanwaltschaft hier neue Zusammenhänge einbringen, dann ist es einfach notwendig, daß ich darauf konkret eingehe. Das ist doch wohl der Punkt hier. Ich habe das also, ich wiederhole das noch einmal, und da Sie also das nicht weitergeben und sich weigern, obwohl es also umgekehrt permanent der Fall ist, die Bundesanwaltschaft also ständig Weisungen an den Senat erteilt[ff], die der Senat ausführt, stelle ich das hier nur kurz fest in diesem Zusammenhang und fahre dann sofort auch fort. Ich stelle es also nur fest kurz, daß es also sehr auffällig ist ...

Vors.:

Ja, Sie haben das jetzt mehrfach festgestellt und ich ...

Angekl. R[aspe]:

Nein ...

Vors.:

... geben Ihnen jetzt zum letzten Mal Gelegenheit fortzufahren.

Angekl. R[aspe]:

... daß bisher nur die Gefangenen ...

Vors.:

Ich gebe Ihnen jetzt zum letzten Mal Gelegenheit ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Es ist doch sehr auffällig ... [gg]

Vors.:[hh]

Herr RA v[on ]P[lottnitz], Ihr Verhalten ist unmöglich, daß Sie ständig dazwischenrein brüllen, das geht für einen Anwalt nicht.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Die Bundesanwaltschaft brüllt hier dazwischen ...[ii]

Mehrere RAe. reden unverständlich durcheinander.

Vors.:

Die Anwaltschaft, die Bundesanwaltschaft hat, wenn sie glaubt, einen Antrag stellen zu müssen, daß Äußerungen nicht mehr zur Sache gehören, das Recht, sich zu äußern.

[1639] RA v[on ]P[lottnitz]:

... von Herrn Raspe hier mal ein Ablehnungsgesuch begründen zu können und nicht immer von Ihnen unterbrochen ...

Vors.:

Im Gegensatz ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

... dafür bin ich hier, da könnte ich eigentlich nach Hause gehen.

Vors.:

Im Gegensatz zu Ihnen und Ihrem Benehmen hat die Bundesanwaltschaft beim Vorsitzenden um das Wort gebeten, Sie haben das in keinem Fall getan, sondern dazwischenrein gebrüllt.

Angekl. R[aspe]:

Sie unterbrechen hier andauernd.

Vors.:

Ich rüge Sie jetzt ausdrücklich wegen Ihres Verhaltens.

RA Dr. H[eldmann] unverständlich.

Vors.:

Sie haben das Wort jetzt überhaupt nicht, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, wollen Sie das Wort haben, dann können Sie es bekommen. Bitte, was wollen Sie sagen.

RA Dr. H[eldmann]:

Ich möchte das richtig stellen, Herr Vorsitzender, was Sie eben gesagt haben, Herr Kollege v[on ]P[lotttnitz] hat als Verteidiger ein unmittelbares Recht, einen prozessualen Anspruch darauf, das Wort seines Mandanten zu verteidigen gegen Störungsversuche der Bundesanwaltschaft ...

Vors.:

Es ist gut, daß Herr v[on ]P[lottnitz] ihn Ihnen einen Verteidiger findet. Ich sage es nochmals, daß ich dieses Verhalten rüge. So kann ich die Verhandlung nicht führen, indem die Herren Verteidiger sich nicht einmal an die Verhandlungsführung halten wollen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Nach welcher Vorschrift der Strafprozeßordnung rügen Sie mich hier.

Vors.:

Das kann ich Ihnen genau sagen, auf welchen Grund, auf Grund welcher Vorschrift; auf Grund von[jj] § 238[ StPO], wonach ich die Verhandlungsleitung habe, die mir unmöglich gemacht wird durch derartig[kk] undiszipliniertes Verhalten wie Sie insbesondere, Herr RA v[on ]P[lottnitz], [1640] das immer wieder hier vorweisen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

... § 238[ StPO] gibt Ihnen nicht das Recht, irgendeinen Verteidigerverhalten zu rügen. Ich darf noch einmal daran erinnern, wenn Sie ...

Vors.:

Lesen Sie im Kommentar nach ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Wenn Sie meinen ...

Vors.:

Jetzt hat Herr Raspe das Wort.

RA v[on ]P[lottnitz]:

... hier was zu rügen bitte ich um entsprechende Schritte bei der zuständigen Standesorganisation[31] von mir.

Vors.:

Herr Raspe, fahren Sie fort.

Angekl. R[aspe]:

Ich stelle das noch einmal fest ...

Vors.:

Herr Raspe, Sie haben keine Gelegenheit dazu, wenn Sie jetzt nicht in der Sache fortfahren, entziehe ich Ihnen das Wort.

Angekl. R[aspe]:

Na ja schön. Ich bin also bei diesem Beispiel gewesen, daß es natürlich im Gegensatz zu dem, was die Bundesanwaltschaft erklärt hat, unmittelbar an der Sache, das ist ein sehr konkretes Beispiel für die Praxis der Isolation. Es ist jedenfalls so, daß durch[ll] die Anstalt veranlaßt worden ist, daß diese Wand weiß gestrichen wird und zwar um zu verhindern, daß also, daß diese Umrisse von Menschen von anderen Gefangenen während sie also zum Hof gehen, daß noch[mm] diese Umrisse durch uns, also daß wir die sehen können. Dabei sage ich noch einmal: Es ist also ausgeschlossen, daß ein Kontakt stattfinden kann durch diese Wand, es ist also ausgeschlossen, daß man sich erkennen kann, also daß das völlig ausgeschlossen ist, das einzige was dort war, daß man also schemenhaft erkennen konnte, dort laufen andere Menschen lang und zwar Gefangene, das konnte man erkennen, soviel. Und das genau, das genau ist also ein konkretes [1641] Beispiel für sensorische Deprivation. Das ist genau diese Form, die also hier mit einer ungeheuren Perfektion durchgezogen wird, sowie also zum Beispiel in diesem konkreten Punkt der Trakt, und sei es also auch nur für wöchentlich 1 Stunde um diesen winzigen Bereich erweitert wird, wird eben sofort die Isolation ebenfalls um diesen Bereich erweitert, ausgedehnt, perfektioniert. Und das ist genau gemeint, wenn wir sagen z. B. im Zusammenhang der Isolation im Trakt, daß es also eine Isolation von 2 Gefangenen ist, jeweils, und daß die Isolation tatsächlich perfekt ist, das[nn] ist hermetisch abgeriegelt ist[oo] von dem gesamten übrigen Gefängnis.

Vors.:

Sie scheinen zu Ende zu sein.

Angekl. R[aspe]:

Nein, Moment. Weil der Senat und weil Prinzing, dieses Staatsschutzgericht ihre vollständige Abhängigkeit, was sich eben wirklich sehr schlagend gezeigt hat, indem die Bundesanwaltschaft dem Senat Anweisungen gegeben hat, die der Richter Prinzing ...

Vors.:

Kommen Sie mal zur Sache.

Angekl. R[aspe]:

... durchzudringen in ungeheurer ...

Vors.:

Kommen Sie zur Sache.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Es ist doch unmöglich, wie Sie Herrn Raspe unterbrechen. Herr Raspe unterbricht Sie doch auch nicht.

Vors.:

Er wiederholt die Feststellung, die er schon zum wiederholten Male getroffen hat[pp], jetzt zum fünften Male. Herr Rechtsanwalt, ich werde nicht ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

... über das Ablehnungsgesuch zu entscheiden.

Vors.:

So, meinen Sie, ich habe unnötige Längen und Wiederholungen hier zu vermeiden, dafür habe ich zu sorgen, daß das nicht [1642] weitergeht.

Angekl. R[aspe]:

Hören Sie mal zu.

Vors.:

Herr Raspe, ich höre jetzt nicht zu, wollen Sie in Ihrer Begründung fortfahren ...

Angekl. R[aspe]:

Ich fahre in der Begründung fort und das ist ein unmittelbarer Teil der Begründung, weil ...

Vors.:

Sie haben diese Feststellung nicht zum fünften Mal zu wiederholen.

Angekl. R[aspe]:

... es darum geht, im Zusammenhang der Anordnung der Haftbedingungen geht es darum, nachzuweisen, daß dieses Gericht abhängig ist von der Bundesanwaltschaft.

Vors.:

Ja ja.

Angekl. R[aspe]:

Ja, ja, und Sie ...

Vors.:

Jetzt fahren Sie fort in Ihrer Begründung.

Angekl. R[aspe]:

... demonstriert, indem Sie hier also die Empfehlung. Sie haben es eben präzise demonstriert hier, indem Sie Ihre ...

Vors.:

Herr Raspe, ich entziehe Ihnen damit wegen ständiger Wiederholung von Dingen, die nicht zur Sache gehören und nur Angriffe auf das Gericht sind, das Wort. Will die Bundesanwaltschaft sogleich Stellung nehmen zu dem Ablehnungsantrag.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, darf ich vielleicht zu der Wortentziehung ...

Vors.:

Nein, jetzt erteile ich das Wort der Bundesanwaltschaft zur Stellungnahme, bitte Herr ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich beantrage ...

... ich beantrage, die Wortentziehung, und ich erkläre zur Wortentziehung, es ist ein beispielloser Vorgang, daß ein Angeklagter daran gehindert wird, beim Gericht die Gründe zu unterbreiten, die ihn dazu veranlassen, bestimmte Richter abzulehnen. Es ist ein beispielloser Vorgang.

[1643] BA Dr. W[under]:

Die Ablehnung als offensichtlich ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

... der Senat entschieden, was ist denn hier eigentlich, wird hier nicht mehr ...

Vors.:

Einen Augenblick, die Bundesanwaltschaft hat wohl das Recht, auch wenn Sie noch so heftig jetzt im Augenblick argumentieren, zu Ihrem Antrag dem Senat gegenüber Stellung zu nehmen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Nein, die Bundesanwaltschaft (verbessert sich). Ich habe zunächst mal und Herr Raspe hat einen Anspruch darauf zu hören, ob ihm das Wort definitiv ...

Vors.:

Ja, Sie haben meine Maßnahme, daß ich ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

... oder ob er Gelegenheit erhalt, sich hier weiter zu äußern zu seinem Ablehnungsgesuch.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Sie haben meine Maßnahme, daß Herr Raspe das Wort nicht mehr weiter haben kann, weil er ständig das Wort mißbraucht zu Abschweifungen, beanstandet. Dazu kann die Bundesanwaltschaft Stellung nehmen. Bitte.

BA Dr. W[under]:

Ich beantrage, die Ablehnung als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Vors.:

Ja, Augenblick, nicht zum Ablehnungsantrag, es geht jetzt um die ...

RA. v[on ]P[lottnitz] redet unverständlich dazwischen.

Vors.:[qq]

... Herr Bundesanwalt, wir haben uns offenbar mißverstanden.

Es geht darum, daß im Augenblick meine Wortentziehung gegenüber Herr Raspe beanstandet wird. Wollen Sie dazu Stellung nehmen.

BA Dr. W[under]:

Dazu möchte ich keine Stellung nehmen, ich meine aber wir sind doch jetzt schon so weit, daß von uns.

[1644] Vors.: (Nach geheimer Umfrage)

Der Senat hat beschlossen: Es bleibt beim Wortentzug. Herr Raspe ist genügend oft abgemahnt worden und ist trotzdem immer wieder abgeschweift. Jetzt bitte ich die Bundesanwaltschaft, Stellung zu nehmen, zum Ablehnungsantrag.

BA Dr. W[under]:

Ich beantrage die Ablehnung als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Es fragt sich, ob der Antrag nicht schon aus § 26a Abs. 1 Ziff. 3 der StPO[32] als unzulässig zu verwerfen ist, denn vordergründig dient auch dieser Antrag nur der Prozeßverzögerung. Ein Mehrheitsbeschluß kann auf diese Weise niemals zur Ablehnung einzelner mitwirkender Richter gemacht werden, deshalb ist der Antrag offensichtlich unbegründet. Er erschöpft sich in Wiederholungen mehrfach vorgetragener abstrakter Behauptungen zu der Isolation, ohne darzutun, über welche gesundheitliche Zustände und Schaden die einzelnen Angeklagten konkret klagen. Der Senat hat ausführlich abgewogen in seinem Beschluß und, ohne Befangenheit erkennen zu lassen, dargetan, daß von Isolation keine Rede sein kann. Nach dem Motto, Herr Raspe wie hätten Sie es gerne, konnte und kann der nur dem Gesetz und Gewissen verpflichtete Senat nicht entscheiden. Nichts anderes gilt für den Ablehnungsgrund, Dr. Teuns sei zu Unrecht als Sachverständiger abgelehnt worden, und zu Unrecht sei an den Sachverständigen Professor Ehrhardt und Mende festgehalten worden. Wer hier das Entgegenkommen des Senats übersieht, das darin liegt, daß zusätzlich auf Wunsch der Verteidigung Dr. Rasch bestellt wurde, vermeidet es geflissentlich, objektive Maßstäbe gelten zu lassen. Wer außerdem wie Herr Raspe, über Staatsschutzbehörden so spricht, als handele es sich dabei um die Gestapo oder um Mafia, der will ganz einfach nicht wahrhaben, daß unsere Staatsschutzbehörden zu nichts anderem als dazu berufen sind, die Bevölkerung vor Terroristen, Bombenlegern und Revoluzzern zu schützen unter [rr] Einsatz ihres Lebens, das verdient Anerkennung. Und dem Angeklagten Raspe steht es auch in einem Ablehnungsgesuch nicht zu, diese Behörden herabzuwürdigen. Ich stelle außerdem den Antrag, das Verfahren gegen den Angeklagten Raspe abzutrennen, im übrigen Weiterverhandlung.[33] Ich bin der Auffassung, [1645] daß das eine unaufschiebbare Prozeßhandlung[34] darstellt.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt v[on ]P[lottnitz] bitte.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich habe zunächst einmal, bevor ich auf das eingehe, was die Bundesanwaltschaft erklärt, für den Herrn Raspe das gestellte Ablehnungsgesuch ausdrücklich auch auf die Tatsache zu stützen, soweit sich die Ablehnung richtet gegen den Vorsitzenden Richter Dr. Prinzing und die übrigen genannten Richter, auf die Tatsache zu stützen, daß dem Herrn Raspe hier das Wort entzogen worden ist, als er dabei war, die Gründe, die ihn zur Ablehnung der Mitglieder des Senats bewogen haben, vorzutragen. Diese Entscheidung des Gerichts läuft praktisch darauf hinaus, dem Herrn Raspe das Recht zu bestreiten, Richter hier wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Ich habe vorhin schon gesagt, es ist ein beispielloser Vorgang, wenn in der Art und Weise hier Erklärungen von Gefangenen, selbst dort, wo sie explizit die Parteilichkeit und die, bzw. die Unparteilichkeit, und[ss] die Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richter in Frage stellen, daß sie daran gehindert werden, in dieser Weise vorzugehen. Man bestreitet offensichtlich den Gefangenen hier das Recht, sich um Richter zu kümmern[tt], von denen sie eine unparteiliche und unvoreingenommene Würdigung ihrer Person und ihres Verhaltens zu erwarten haben. Soweit es geht um die Stellungnahme der Bundesanwaltschaft, will ich mich nur zu einem Punkt äußern. Soweit beantragt worden ist, die Abtrennung des Verfahrens gegen den Gefangenen Raspe, und das Ganze noch bezeichnet worden ist als eine unaufschiebbare Maßnahme, so meine ich, daß die Bundesanwaltschaft aber auch nicht das Geringste vorgetragen hat dafür, warum es sich bei der beantragten Abtrennung um eine unaufschiebbare Maßnahme handeln soll. Ich beantrage:

Den Antrag der Bundesanwaltschaft auf Abtrennung zurückzuweisen.

Vors.:

Sie wollen weiter erwidern, bitte, Herr Bundesanwalt.

[1646] Reg. Dir. W[idera]:

Nur zu dem einen Punkt. Wir haben nichts gesagt, warum diese Maßnahme unaufschiebbar ist, weil dieser Grund auf der Hand liegt. Der Prozeß muß weitergehen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily, an sich ist ein Antrag ausdrücklich für Herrn Raspe gestellt und von Herrn Raspe mitbegründet, wollen Sie sich anschließen.

RA Sch[ily]:

Ich will mich nicht anschließen, aber vielleicht haben Sie festgestellt, daß die Bundesanwaltschaft einen Antrag gestellt hat, der sämtliche vier Angeklagten betrifft.

Vors.:

Die Abtrennung, ja.

RA Sch[ily]:

Ja, und deshalb verstehe ich den tiefen Seufzer eigentlich nicht, wenn ich mich zu Wort melde.

Vors.:

Bitte, führen Sie aus, was Sie auf dem Herzen haben.

RA Sch[ily]:

Also, ob das was mit dem Herzen zu tun hat, ist eine andere Frage. Ich meine nur, daß überhaupt nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vorhanden ist, hier von einer unaufschiebbaren Maßnahme zu sprechen, die eine Abtrennung, wie die Abtrennung in der Sicht der Bundesanwaltschaft verstanden werden soll. Und wenn der Herr Regierungsdirektor Widera, wenn ich ihn recht verstanden habe, so mit einem kurzen Satz meinte erklären zu müssen, das Verfahren wird zu fördern sein, müsse gefördert werden, dann kann ich nur sagen, aus der Sicht der Verteidigung glaube ich, daß eine Abtrennung das Gegenteil einer Förderung des Verfahrens bewirken würde, im Gegenteil eine Komplikation des Verfahrens zur Folge haben würde. Insofern, schon aus diesem Grunde, ist der Antrag der Bundesanwaltschaft unbegründet, abgesehen davon, daß die Verteidigung die Auffassung vertritt, daß es sich nicht um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, zu der der Senat, dessen sämtliche Mitglieder ja zur Zeit durch Herrn Raspe abgelehnt sind, noch befugt sein könnte. Im übrigen darf ich doch im Zusammenhang, weil es[uu] ja das Rede- [1647] recht sämtlicher Angeklagter und sämtlicher Verteidiger betrifft, darauf hinweisen, daß ein Ablehnungsgesuch vom Begriff her, vom Begriff her, immer einen Angriff, wenn Sie so wollen, gegen den abgelehnten Richter darstellt. Das heißt, der Ablehnende zieht die Unvoreingenommenheit des Richters in Frage. Und wenn durch eine Intervention der Anklagebehörde ein Angeklagter unterbrochen wird und dadurch vielleicht sogar veranlaßt wird, auch eine Wiederholung vorzunehmen, dann kann das unter gar keinen Umständen die Entziehung des Rederechts rechtfertigen. Im übrigen, wenn wir einmal die Protokolle lesen würden, und Sie würden mal Ihre eigenen Ausführungen daraufhin überprüfen und die der Bundesanwaltschaft, dann werden Sie sehr schnell feststellen, daß auch dort durchaus Wiederholungen vorkommen, die mitunter auch ihren guten Sinn haben, nämlich für eine logische und flüssige Darstellung Sorge zu tragen. Insofern ist die heutige Wortentziehung ein eklatanter Rechtsverstoß, ein Verstoß gegen elementare prozessuale Rechte des Angeklagten.

Vors.:

Schön. Im Hinblick auf ... Ich möchte jetzt, da wir abgelehnt sind und wohl keine eiligen Handlungen mehr ersichtlich sind ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich bitte noch einmal, dem Herrn Raspe das Wort zu erteilen. Das was er zu sagen hat, den Antrag den er zu stellen hat, bezieht sich unmittelbar auf das, was von der Bundesanwaltschaft beantragt wurde.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Herr Raspe hat fünfmal dieselbe Stelle wiederholt, nicht etwa zum Verständnis der Beteiligten, sondern offensichtlich, um hier zu provozieren. Und aus diesem Grunde ist ihm das Wort entzogen worden. Angriffe auf das Gericht wären im Zusammenhang mit dem Ablehnungsantrag, solange sie sich in einer erträglichen Form halten, sind selbstverständlich - und hier hat Herr Rechtsanwalt Schily vollkommen Recht, mir[vv] rennt er offene Türen ein - niemals ein Grund, das Wort zu entziehen. Deswegen kann ich Herrn Raspe [1648] das Wort jetzt nicht mehr geben. Wir müssen im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit in Betracht ziehen, daß wir ja ohnehin unter Umständen dienstliche Erklärungen abgeben müssen, wir müssen uns ja die Frage überlegen, ob tatsächlich unzulässig oder nicht. Das heißt, wir werden bis 12.00 Uhr die eventuellen dienstlichen Erklärungen abgeben, eventuell. Herr RA Dr. H[eldmann], ist es notwendig, im Verfahrensgang jetzt, bitte.

RA Dr. H[eldmann]:

Ja ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich bitte zu entschuldigen Herr Kollege ... bitte zuvor um Mitteilung, ob dem Herrn Raspe jetzt ad infinitum das Recht, hier sich zu Ablehnungsgesuchen, zu Anträgen der Bundesanwaltschaft zu äußern, genommen sein soll.

Vors.:

Im Rahmen dieser Begründung des Ablehnungsgesuches ist ihm das Wort entzogen worden.

Angekl. R[aspe]:

Das ist eine Knebelung ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Ja, aber, er wollte sich äußern zur Abtrennungsfrage. Die Bundesanwaltschaft hat z. B. beantragt ...

Vors.:

Da wir ja im Augenblick keine Entscheidung in dieser Richtung treffen, ich habe es bereits angedeutet, ich wußte nicht, daß er sich dazu äußern will, scheint mir dies schon überholt zu sein. Herr RA. Dr. H[eldmann]

RA Dr. H[eldmann]:

Eine Frage, ist der Antrag auf Abtrennung für den Senat bereits erledigt, ja dann brauche ich ...

Vors.:

Wir entscheiden darüber jetzt nicht, sondern wir geben jetzt bekannt, daß die Sitzung ab jetzt unterbrochen wird. Ich bitte die Verfahrensbeteiligten um 12.00 Uhr wieder hier zu sein, eventuell zur Entgegennahme unserer Stellungnahme, unserer dienstlichen Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch. Im übrigen kann ich nur vorsorglich darum bitten, da ich nicht weiß, wie das Verfahren nun im einzelnen weiterläuft, wie das mit den Richtern bestellt ist, die über das Ablehnungsgesuch [1649] zu entscheiden haben, wann die greifbar sind, wie rasch sie entscheiden, aus vorsorglichen Gründen um 14.30 Uhr wieder hier im Saal anwesend zu sein, auch die Angeklagten zu diesem Zeitpunkt vorzuführen. Ob es dann weitergehen kann, wird sich zeigen.

Die Hauptverhandlung wurde um 11.36 Uhr unterbrochen.

Ende des Bandes 65.

[1650][35] [1651] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 16.46 Uhr

Bundesanwalt Dr. Wunder und Regierungsdirektor Widera waren nicht mehr[ww] anwesend.

Die Rechtsanwälte Schnabel, Schlaegel und König waren nicht mehr[xx] anwesend.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung, wie ich sehe in ausreichender Besetzung, fort und zwar zur Verkündung des Beschlusses der auf den Ablehnungsantrag von heute früh ergangen ist. Der Beschluß lautet:

- Der Vorsitzende verkündete den Beschluß vorn 29. Juli 1975 aus Anlage 5. Der Beschluß ist dem Protokoll als Anlage 5 beigefügt. -

Vors.:

Nun hatten wir vor, da heute das Verhandlungsprogramm wieder nicht ausgefüllt war, durch die Sitzung, sondern durch Entscheidungen außerhalb der Sitzung, noch zu verhandeln. Es ist aber festzustellen, daß die Zeit durch eine Verzögerung, die auch beim erkennenden Senat in dieser Sache mit gelegen hat, es bedurfte einiger technischer Vorbereitungen, um sich in die Materie einzuarbeiten und diesen Beschluß abzusetzen, die Zeit also aus Gründen vorgerückt ist, die keinesfalls zu Lasten irgendwelcher sonstiger Prozeßbeteiligter gehen. Mit Rücksicht darauf, wird die Sitzung heute nicht mehr fortgesetzt Wir fahren morgen früh um 9.00 Uhr fort. Der Antrag von Ihnen, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, die Sitzung zu schließen, ist damit überholt. Fortsetzung morgen früh.

-Siehe Anlage 6 zum Protokoll-

Ende der Sitzung 16.56 Uhr

Ende von Band 66

[1652-1655][36] [1656][37]


[1] Nachdem Andreas Baader zu Beginn der Hauptverhandlung ohne Verteidiger/in seines Vertrauens dastand (s. hierzu S. 838 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 11. Verhandlungstag), übernahm ab dem 4. Verhandlungstag Rechtsanwalt Dr. Heldmann die Verteidigung Baaders. Hierzu beantragte er eine zehntägige Unterbrechung der Hauptverhandlung, um sich in die umfangreichen Akten des Verfahrens einzuarbeiten (S. 274 des Protokolls der Hauptverhandlung, 4. Verhandlungstag). Der Antrag wurde abgelehnt (S. 292 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung; s. auch die hiergegen gerichtete Gegenvorstellung des Rechtsanwalts Dr. Heldmann auf S. 837 ff., 11. Verhandlungstag).

[2] Den Angeklagten wurden je zwei Verteidiger (gegen ihren Willen) durch das Gericht zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet. Zwischen der Vertrauensverteidigung und dem Senat bestand allerdings Uneinigkeit darüber, ob die Verteidigung durch sie auch ordnungsgemäß sei (s. dazu bereits die Diskussionen am 1. Verhandlungstag, S. 90 ff., sowie den Entpflichtungsantrag der Rechtsanwältin Becker in Anlage 1 zum Protokoll vom 10.06.1975, S. 184 ff., 3. Verhandlungstag). Die Angeklagten lehnten die von ihnen sog. Zwangsverteidiger vehement ab und weigerten sich, mit ihnen zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[3] Auch Andreas Baader hatte gegen die Ablehnung der zehntägigen Unterbrechung Verfassungsbeschwerde erhoben. Diese wurde allerdings nicht zur Entscheidung angenommen; die Zulässigkeit wurde aufgrund eines fehlenden dringenden schutzwürdigen Interesses verneint (Anlage 1 zum Protokoll vom 16. Juli 1975, 17. Verhandlungstag, S. 1342).

[4] In der Literatur war diese Vorgehensweise - die Beiordnung von Pflichtverteidiger/innen gegen den Willen der Angeklagten neben vorhandenen (Wahl-)Verteidiger/innen - lange umstritten (s. dazu Thomas/Kämpfer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 141 Rn. 6). Die Rechtsprechung ließ diese sog. Sicherungsverteidigung zu (BVerfG, Beschl. v. 28.3.1984 - Az.: 2 BvR 275/83, BVerfGE 66, S. 313, 321; BGH, Urt. v. 11.12.1952 - Az.: 3 StR 396/51, BGHSt 3, S. 395, 398; s. auch EGMR, Urt. v. 25.9.1992 - Az.: 62/1991/314/385, EuGRZ 1992, S. 542, 545 f.). Erst mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2128) wurde hierfür in § 144 StPO auch eine gesetzliche Regelung geschaffen.

[5] Anlage 1 zum Protokoll vom 29.07.1975: BVerfG, Beschl. v. 23.7.1975 - Az.: 2 BvR 557/75 (Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde des Rechtsanwalts Dr. Heldmann gegen die Ablehnung einer zehntägigen Unterbrechung der Hauptverhandlung).

[6] Nr. 56 Abs. 1 der Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO) lautet: „Der Gefangene wird vom Anstaltsarzt gesundheitlich betreut. Mit Zustimmung des Richters und nach Anhören des Anstaltsarztes kann dem Gefangenen gestattet werden, auf eigene Kosten einen beratenden Arzt hinzuzuziehen.“ Bei der UVollzO handelt es sich nicht um ein förmliches Gesetz, sondern um eine Verwaltungsvorschrift des Bundes zur Ausgestaltung der Untersuchungshaft, die sich an die Leitungen der Haftanstalten richtet. Für Gerichte ist sie nicht bindend (BVerfG, Beschl. v. 19.2.1963 - Az.: 1 BvR 610/62, BVerfGE 15, S. 288, 294). Ihr kommt mittlerweile keine Bedeutung mehr zu, seit durch das Föderalismusreformgesetz vom 28.8.2006 (BGBl. I, S. 2034) die Gesetzgebungskompetenz für den Untersuchungshaftvollzug den Ländern übertragen wurde und diese sämtlich von ihrer Ersetzungskompetenz (Art. 125a Abs. 1 GG) Gebrauch gemacht haben.

[7] Die „Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen“ der Vereinten Nationen von 19757/77 sehen in Nr. 91 vor: „Untersuchungsgefangenen ist auf begründeten Antrag zu gestatten, sich von ihrem eigenen Arzt oder Zahnarzt besuchen und behandeln zu lassen, wenn sie die anfallenden Kosten tragen können.“ Dieser Grundsatz ist auch in der revidierten Fassung von 2015 (sog. Mandela-Rules) in Nr. 118 enthalten. Verbindlich sind diese Resolutionen der VN-Generalversammlung nicht, da diese lediglich Empfehlungen aussprechen kann (Art. 9 ff. der Charta der Vereinten Nationen).

[8] Anlage 2 zum Protokoll vom 29.07.1975: Senatsbeschluss: Zuziehung von Prof. Dr. Rasch als Facharzt für die psychiatrische Untersuchung.

[9] Anlage 3 zum Protokoll vom 29.07.1975: Senatsbeschluss: Ablehnung der Beiziehung von Prof. Teuns als Sachverständigen.

[10] Notwendigerweise Gegenstand der Hauptverhandlung ist alles, was der Beantwortung der Schuld- und Straffrage dient, d.h. der Tathergang, die Schuld der/des Angeklagten sowie die Höhe der Strafe, da nur solche Tatsachen zur Begründung des Urteils herangezogen werden dürfen, die (prozessordnungsgemäß) in die Hauptverhandlung eingeführt wurden (§ 261 StPO).

[11] Nach § 229 Abs. 1 StPO a.F. durfte die Verhandlung grundsätzlich nur für maximal zehn Tage unterbrochen werden (heute: drei Wochen), im Falle von zehn vorher stattgefundenen Verhandlungstagen aber immerhin einmal auch für 30 Tage (§ 229 Abs. 2 Satz 1 StPO a.F.). Bei Überschreitung der Frist hätte mit der Hauptverhandlung von neuem begonnen werden müssen (§ 229 Abs. 3 StPO a.F.).

[12] Die Revision ist ein Rechtsmittel gegen Urteile, mit welchem Rechtsfehler, d.h. die Nicht- oder Falschanwendung einer Rechtsnorm, gerügt werden können (§ 337 StPO). Hat eine Revision Erfolg, so wird die angefochtene Entscheidung - ggf. auch nur teilweise - aufgehoben (§ 353 Abs. 1 StPO) und, falls das Revisionsgericht nicht ausnahmsweise selbst entscheiden kann, an einen anderen Spruchkörper desselben Gerichts, oder an ein anderes Gericht gleicher Ordnung zur neuen Verhandlung zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 StPO). Für eine begründete Revision muss in der Regel dargelegt werden, dass das Urteil gerade auf dem gerügten Rechtsfehler beruht („relative Revisionsgründe“), dass also nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei korrekter Anwendung der Rechtsnorm eine andere Entscheidung ergangen wäre (Gericke, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 337 Rn. 33 ff.). Anders ist dies bei den absoluten Revisionsgründen, die in § 338 StPO aufgezählt sind. Die dort genannten Fehler gelten als so schwerwiegend, dass das Urteil stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen ist. Nach § 338 Nr. 8 StPO liegt ein solcher absoluter Revisionsgrund vor, „wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.“ Ob dieser Revisionsgrund angesichts der Formulierung „in einem für die Entscheidung wesentlichen Grund“ tatsächlich als absoluter Revisionsgrund einzuordnen ist, wird allerdings bezweifelt (s. dazu Gericke, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 338 Rn. 101 m.w.N.)..

[13] § 33a Satz 1 StPO a.F. lautete: „Hat das Gericht in einem Beschluß zum Nachteil eines Beteiligten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen er noch nicht gehört worden ist, und steht ihm gegen den Beschluß keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, so hat es, sofern der Nachteil noch besteht, von Amts wegen oder auf Antrag die Anhörung nachzuholen und auf einen Antrag zu entscheiden.“ Im Unterschied dazu bestimmt der heutige § 33a Satz 1 StPO bei Verletzung des rechtlichen Gehörs die Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorigen Stand, d.h. dass das Verfahren in die Lage zurückversetzt wird, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand.

[14] Eine Gegenvorstellung ist ein Rechtsbehelf, der zwar nicht in der Strafprozessordnung vorgesehen, allerdings in Rechtsprechung und Literatur überwiegend anerkannt ist. Sie beinhaltet die formlose Aufforderung, über eine getroffene Entscheidung erneut zu befinden und die Entscheidung aufzuheben oder abzuändern (Hoch, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafprozessordnung, 4. Aufl. 2020, Vor §§ 296 ff. Rn. 39 ff.).

[15] Die Hauptverhandlung beginnt nach dem Aufruf der Sache und Feststellung der Anwesenheit mit der Vernehmung der Angeklagten zur Person, an die sich die Verlesung der Anklage (heute außerdem: Mitteilung über ggf. stattgefundene Erörterungen) sowie die Vernehmung der Angeklagten zur Sache anschließen. Hierauf folgt die Beweisaufnahme (§§ 243, 244 StPO). Aufgrund vorrangiger Anträge fand die Vernehmung zur Person sowie die Verlesung der Anklage erst am 26. Verhandlungstag statt.

[16] „Verfassungsgerichtliche Argumentation“ bezeichnet die Argumentation durch das Bundesverfassungsgericht, während „verfassungsrechtliche Argumentation“ eine Argumentation auf Grundlage des Verfassungsrechts beschreibt. Die Differenzierung kann wertungsneutral zur Unterscheidung verschiedener Interpret/innen von Verfassungsrecht dienen, da verfassungsrechtliche Erwägungen neben dem Bundesverfassungsgericht z.B. auch in der Wissenschaft angestellt werden. Rechtsanwalt von Plottnitz scheint allerdings eher Kritik an der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dergestalt zu äußern, dass sich die Argumentation des Gerichts nicht auf eine verfassungsrechtliche Grundlage stützen könne, sondern verfassungsfremde Erwägungen anstelle.

[17] § 177 GVG eröffnet die Möglichkeit, Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer zu entfernen. Nach § 231b Abs. 1 StPO kann die Hauptverhandlung sodann in Abwesenheit der Angeklagten fortgeführt werden, wenn das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält und solange weitere schwerwiegende Störungen zu befürchten sind.

[18] Prof. Dr. Rauschke war Leiter des Instituts für Rechtsmedizin am Gesundheitsamt der Stadt Stuttgart und beauftragt worden, zur Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten Stellung zu nehmen. Zur Vernehmung des Prof. Dr. Rauschke s. S. 1102 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung (14. Verhandlungstag).

[19] Verhandlungsfähigkeit ist die Fähigkeit „in und außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen“ (BGH, Beschl. v. 8.2.1995 - Az.: 5 StR 434/94, BGHSt 41, S. 16, 18). Die Verhandlungsunfähigkeit bildet ein vorübergehendes oder dauerndes Verfahrenshindernis (§§ 205, 206a StPO). Eingeschränkter Verhandlungsfähigkeit kann durch die Anordnung besonderer Maßnahmen (ärztliche Unterstützung, Einlegung von Erholungspausen o.ä.) begegnet werden (s. dazu auch Rechtsanwalt Dr. Heldmann auf S. 1255 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 15. Verhandlungstag). Bei vorsätzlicher und schuldhafter Herbeiführung der Verhandlungsunfähigkeit kann die Hauptverhandlung in Abwesenheit des/der Angeklagten durchgeführt werden (§ 231a StPO).

[20] Der Anstaltsarzt Dr. Henck wurde als erster Sachverständiger zur Frage der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten angehört. Zur Vernehmung des Herrn Dr. Henck s. S. 357 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung (5. Verhandlungstag), S. 937 ff. (12. Verhandlungstag) und S. 1725 ff. (21. Verhandlungstag). Eine Untersuchung durch ihn, ebenso wie durch Prof. Dr. Rauschke, lehnten die Angeklagten ab.

[21] Prof. Dr. Müller wurde als Gutachter für internistische Untersuchungen zur Begutachtung der Gesundheit der Gefangenen und ihrer (ggf. beeinträchtigten) Verhandlungsfähigkeit bestellt.

[22] Von September 1974 bis Februar 1975 führten insgesamt 40 Gefangene, darunter die Angeklagten, den insgesamt dritten und längsten Hungerstreik durch, um gegen die Haftbedingungen zu protestieren, die sie als Isolationsfolter bezeichneten (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117; die Hungerstreikerklärung ist abgedruckt in Komitees gegen Folter an politischen Gefangenen in der BRD, Der Kampf gegen die Vernichtungshaft, S. 14 ff.; s. zu den Haftbedingungen Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff., insbesondere 103 ff. zum Vorwurf der Isolationsfolter; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 270 ff.). RAF-Mitglied und ursprünglich ebenfalls Beschuldigter im Stammheimer Verfahren Holger Meins überlebte ihn nicht: Im November 1974 starb er an den Folgen der Mangelernährung (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 58).

[23] Am 1. Januar 1975 traten das Erste Strafverfahrensreformgesetz vom 9. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3393) sowie das Ergänzungsgesetz hierzu vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) in Kraft. Hierdurch wurden u.a. die Möglichkeit des Verteidiger/innenausschlusses (§ 138a StPO), die Beschränkung auf drei Wahlverteidiger/innen pro Beschuldigte/n (§ 137 Abs. 1 S. 2 StPO), das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO), sowie die Möglichkeit, den Prozess im Falle vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführter Verhandlungsunfähigkeit bis zum Abschluss der Vernehmung der Angeklagten zur Sache auch in ihrer Abwesenheit durchzuführen (§ 231a StPO), eingeführt. Durch diese und weitere Reformen während der Hauptverhandlung wurden die Rechte der Angeklagten sowie der Verteidigung erheblich eingeschränkt (Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 72 ff.). Da viele der Vorschriften im Hinblick auf das anstehende Stammheimer Verfahren beschlossen wurden, wurden sie u.a. als „lex RAF“ kritisiert (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 132 ff.). Weitere Reformen folgten während des Verfahrens sowie kurz nach dessen Ende. Sie sind überwiegend noch heute in Kraft.

[24] Mit Beschluss vom 13.7.1973 gab der Untersuchungsrichter am BGH Knoblich dem Antrag der Bundesanwaltschaft statt, Ulrike Meinhof - notfalls gegen ihren Willen unter Anwendung von Narkose - auf ihre Zurechnungsfähigkeit während der Tatzeit untersuchen zu lassen. Hintergrund war, dass sie sich 1962 aufgrund eines gutartigen Tumors einer Gehirnoperation unterziehen musste, sodass der Verdacht einer Beeinträchtigung durch einen Tumor aufkam. Zu den genehmigten Behandlungen zählten Röntgenaufnahmen und eine Szintigraphie des Gehirns. In einem offenen Brief wandten sich 70 Ärzte und Medizinalassistenten direkt an den Richter am BGH Knoblich mit der Aufforderung, diesen Beschluss aufzuheben (der Brief ist abgedruckt in Komitees gegen Folter an politischen Gefangenen in der BRD, Der Kampf gegen die Vernichtungshaft, S. 133 f.). Dies geschah schließlich auch auf Antrag der Bundesanwaltschaft, allerdings mit der Begründung, die Untersuchung sei aufgrund neuer Erkenntnisse überflüssig geworden (so Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 115 f.; s. dazu auch Ulrike Meinhof am 19. Verhandlungstag, S. 1541 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[25] Im siebten Stock der JVA Stuttgart-Stammheim befanden sich die Haftzellen der Angeklagten (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 127 ff.).

[26] Sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden können als unzulässig beanstandet werden (§ 238 Abs. 2 StPO). Über die Beanstandung entscheidet sodann das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung.

[27] Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 StPO a.F. (heute: Abs. 1 Satz 3) sind alle Ablehnungsgründe gleichzeitig vorzubringen (sog. Konzentrationsmaxime). Geschieht dies nicht, ist das Vorbringen, das sich auf solche Gründe stützt, die zum Zeitpunkt des letzten Ablehnungsgesuchs bereits vorgelegen haben, aber nicht zur Begründung herangezogen wurden, wegen Verspätung als unzulässig zu verwerfen (§ 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO).

[28] Anlage 4 zum Protokoll vom 29.07.1975: Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing sowie der beisitzenden Richter Dr. Foth, Maier, Breucker und Dr. Berroth wegen Besorgnis der Befangenheit durch den Angeklagten Raspe.

[29] Der Senat war ab dem Zeitpunkt der Erhebung der öffentlichen Klage als Gericht der Hauptsache auch zuständig für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für Entscheidungen über die Haftbedingungen (§ 126 Abs. 2 StPO).

[30] Rechtsanwalt Schily trug am 29. Verhandlungstag vor, es gebe Hinweise darauf, dass in Bruchsal isolierte Zellen für die spätere Vollstreckung der lebenslangen Haftstrafen der Angeklagten fertiggestellt worden seien (S. 2341 des Protokolls der Hauptverhandlung). Dies sei ein Hinweis darauf, dass das Urteil gegen die Angeklagten bereits zu diesem Zeitpunkt feststehe, was eine Verletzung der Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK sei (S. 2342 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[31] Erlangt die Rechtsanwaltskammer Kenntnis über berufsrechtliche Pflichtverletzungen von Anwält/innen, so kann sie entweder - falls die Schuld nur gering ist - selbst eine Rüge aussprechen (§ 74 Bundesrechtsanwaltsordnung [BRAO]), oder bei der Staatsanwaltschaft die Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens (früher „Ehrengerichtsverfahren“) beantragen (§ 122 BRAO). Durch Einreichen einer Anschuldigungsschrift bei dem zuständigen Anwaltsgericht kann diese das Verfahren einleiten (§ 121 BRAO). Das Gericht kann verschiedene Maßnahmen gegen den Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin verhängen; diese reichen - je nach Schwere des Verstoßes - von einer Warnung (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) bis zum Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO a.F.; heute: § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO).

[32] § 26a Abs. 1 StPO benennt die Fälle, in denen eine Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist, nämlich bei Verspätung der Ablehnung (Nr. 1), wenn ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb einer bestimmten Frist benannt wird (Nr. 2) sowie wenn durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen (Nr. 3).

[33] Verbundene Verfahren können nach § 4 Abs. 1 Var. 1 StPO auch nach Eröffnung der Hauptverhandlung auf Antrag oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluss getrennt werden, wenn dies zweckmäßig ist (vgl. § 2 Abs. 2 StPO). Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn sich im Hinblick auf eine/n Mitangeklagte/n besondere Verfahrensverzögerungen ergeben.

[34] Eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit hatte nach damaliger Rechtslage zur Folge, dass der/die abgelehnte Richter/in vorläufig amtsunfähig wurde und damit ab dem Zeitpunkt der Ablehnung nicht mehr an Entscheidungen mitwirken durfte; eine Ausnahme galt nur für unaufschiebbare Handlungen (§ 29 StPO a.F.). Unaufschiebbar ist eine Handlung dann, wenn sie wegen ihrer Dringlichkeit nicht aufgeschoben werden kann, bis ein/e Ersatzrichter/in eintritt (BGH, Beschl. v. 3.4.2003 - Az.: 4 StR 506/02, BGHSt 48, S. 264, 265; BGH, Urt. v. 14.2.2002 - Az.: 4 StR 272/01, NStZ 2002, S. 429, 430). Nachdem zwischenzeitliche Gesetzesänderungen weitere Mitwirkungsmöglichkeiten u.a. bei in der Hauptverhandlung gestellten Ablehnungen ermöglichten, wurde das Verfahren nach einer Ablehnung durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2121) grundlegend neu geregelt. Nach § 29 Abs. 1 StPO sind zwar weiterhin nur unaufschiebbare Handlungen gestattet; die Hauptverhandlung wird aber nach § 29 Abs. 2 Satz 1 StPO gesetzlich als unaufschiebbar eingeordnet. Bis zur Entscheidung über die Ablehnung (Frist: zwei Wochen, Abs. 3) findet diese nun unter Mitwirkung des/der abgelehnten Richter/in statt. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, ist der seit Anbringung des Ablehnungsgesuchs durchgeführte Teil der Hauptverhandlung zu wiederholen, es sei denn, dies ist nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand möglich (Abs. 4).

[35] Dienstliche Äußerungen der Senatsmitglieder zur Ablehnung durch den Angeklagten Raspe.

[36] Anlage 5 zum Protokoll vom 29.07.1975: Senatsbeschluss: Zurückweisung der Ablehnungen als unbegründet.

[37] Anlage 6 zum Protokoll vom 29.07.1975: Antrag des Rechtsanwalts von Plottnitz auf Schließung und Vertagung der Hauptverhandlung.


[a] Handschriftlich durchgestrichen: Zitat

[b] Handschriftlich durchgestrichen: daß

[c] Handschriftlich eingefügt: hier

[d] Handschriftlich ergänzt: Gerichte

[e] Maschinell eingefügt: (nicht verständlicher Zwischenruf des Angekl. Baader)

[f] Handschriftlich ergänzt: Wortverteilungen

[g] Maschinell durchgestrichen: war anwesend

[h] Handschriftlich eingefügt: irgend

[i] Handschriftlich ersetzt: Entziehungsheim durch Erziehungsheim

[j] Handschriftlich ersetzt: Ausbildend durch Ausbilder

[k] Handschriftlich ersetzt: weisen durch wissen

[l] Maschinell eingefügt: - RA.v.Plottnitz übergibt seinen Antrag dem Senat, um diesen Fotokopieren zu lassen. Die Fotokopie wurde als Anlage 4 zum Protokoll genommen. -

[m] Handschriftlich ergänzt: nochmals

[n] Handschriftlich ersetzt: nicht durch mich

[o] Handschriftlich eingefügt: dann

[p] Handschriftlich ergänzt: einen

[q] Handschriftlich ersetzt: daß durch was

[r] Maschinell eingefügt: die

[s] Handschriftlich durchgestrichen: expliziter

[t] Handschriftlich eingefügt: der

[u] Handschriftlich ersetzt: dem durch den

[v] Handschriftlich durchgestrichen: vermuten

[w] Handschriftlich ergänzt: Untersuchungshaft

[x] Handschriftlich eingefügt: der

[y] Handschriftlich ersetzt: den durch die

[z] Handschriftlich durchgestrichen: 985

[aa] Maschinell eingefügt: von

[bb] Handschriftlich eingefügt: Zeis,

[cc] Handschriftlich eingefügt: erneut,

[dd] Maschinell eingefügt: dem Angeklagten Raspe

[ee] Handschriftlich durchgestrichen: die

[ff] Handschriftlich durchgestrichen: verteilt

[gg] Maschinell eingefügt: RA.v.P.: Es ist doch sehr auffällig...

[hh] Handschriftlich eingefügt: V.:

[ii] Maschinell ersetzt: ... durch brüllt hier dazwischen...

[jj] Handschriftlich eingefügt: von

[kk] Handschriftlich durchgestrichen: derartige

[ll] Handschriftlich eingefügt: durch

[mm] Handschriftlich eingefügt: noch

[nn] Handschriftlich ersetzt: Es durch das

[oo] Handschriftlich eingefügt: ist

[pp] Handschriftlich ersetzt: habe durch hat

[qq] Handschriftlich eingefügt: V.:

[rr] Handschriftlich durchgestrichen: der

[ss] Handschriftlich eingefügt: und

[tt] Handschriftlich durchgestrichen: bekümmern

[uu] Handschriftlich eingefügt: es

[vv] Handschriftlich ersetzt: nur durch mir

[ww] Maschinell eingefügt: mehr

[xx] Maschinell eingefügt: mehr