174. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 20. Januar 1977 um 9.05 Uhr


Anlagen


[13208] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 20. Januar 1977 um 9.05 Uhr

174. Verhandlungstag

Gericht und Bundesanwaltschaft - mit Ausnahme von Reg. Dir. Widera - erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. Ass. Clemens und

Just. Ass. Scholze.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind erschienen:

Rechtsanwälte Dr. Heldmann, Weidenhammer, Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel und Grigat.

Beim Eintreten des Gerichts bleiben mehrere Zuschauer auf der rechten Seite - vom Richtertisch aus gesehen - sitzen.

Vors.:

Ich muß Sie darauf hinweisen: Wenn Sie sonstige Haltungen zeigen würde, die erkennen lassen, daß Sie hier das Gericht mißachten wollen, dann würde das dazu führen, daß Sie zumindest von der Verhandlung ausgeschlossen werden müßten.

Die Sitzung wird fortgesetzt.

Der Senat ist wieder amtsfähig,[2] da die Ablehnungsanträge vom 18. Januar 1977 als unbegründet verworfen worden sind. Die Prozeßbeteiligten haben, davon gehe ich aus, inzwischen die Ausfertigung bekommen.

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann hat mitteilen lassen, daß er Anträge zu stellen beabsichtigt. Sie haben das Wort.

[13209] RA Dr. He[ldmann]:

Herr Baader lehnt den Vorsitzenden Richter Dr. Prinzing wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

Gründe:

Der abgelehnte Richter hat mit einem der Verteidiger in diesem Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung Kontakt aufgenommen, um mit ihm über in der Hauptverhandlung gestellte Anträge, zumindest jedoch über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag zu sprechen. Im Verlauf dieses Gesprächs hat der abgelehnte Richter sinngemäß folgendes geäußert:

1. Es mache einen Unterschied aus, ob ein Ablehnungsgesuch von dieser oder von jener Seite der Verteidigerbänke[3] gestellt werde.

2. Den Ablehnungsanträgen lägen ohnehin nur die Vorstellungen der antragstellenden Verteidiger zugrunde.

3. Hingegen käme es den Angeklagten doch auf Ablehnungsgründe gar nicht an.

Glaubhaftmachung:[4] Dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters.

Damit hat der abgelehnte Richter erneut seine Befangenheit gegenüber den Angeklagten und auch in seinem Verhältnis zu deren Verteidigern offenbart. Seine Äußerungen begründen die Besorgnis seiner Befangenheit gegenüber dem Angeklagten Baader auch insoweit,

a) daß der abgelehnte Richter Anträge der von den Angeklagten gewählten Verteidiger gegenüber denen der anderen Verteidiger von vornherein geringer bewertet und - sind es Ablehnungsanträge Unabhängiger - von ihrem Inhalt als zumindest unbegründigt würdigt; dem entspricht im übrigen seine Praxis, diesen für Ablehnungsanträge ganz regelmäßig jegliche Pause zu verweigern, wo an anderer Stelle, gegenüber einem Anderen, antragsgemäß Pause gewährt hat

- Glaubhaftmachung insoweit Tonbandniederschriften -,

und

[13210] b) daß der abgelehnte Richter für die Angeklagten eine Besorgnis der Befangenheit von vornherein ausschließt - beziehe also auf Punkt 3 des Tatbestands - von vornherein ausschließt, was zu der bekannten Folge führt, daß die Bestimmungen der Strafprozeßordnung über die Richterablehnung in diesem Verfahren nach Richterermessen als unanwendbar behandelt werden.

Das ist ungesetzlich, das weiß - wie jeder Jurist - auch der abgelehnte Richter.

Schließlich: Diesen Ablehnungsantrag hat Herr Baader heute[5] zur Kenntnis bekommen, was ich hiermit anwaltlich versichere.

Vors.:

Weitere Wortmeldungen zur Antragstellung?

Herr Rechtsanwalt Künzel.

RA Kü[nzel]:

Ich bitte mir einen Durchschlag dieses Ablehnungsantrags, der offenbar schriftlich vorliegt, zukommen zu lassen. Und ich bitte dann für den Fall, daß es zu einer dienstlichen Erklärung des abgelehnten Richters kommt, ausreichend Zeit zu gewähren, um dazu Stellung zu nehmen.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Vorsitzender, ich hätte nur eine Frage noch: Kann vielleicht Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann sagen, wann dieses Gespräch stattgefunden hatten soll, etwa vielleicht, damit wir’s ...?

Vors.:

Vielleicht kann ich helfen.

(zu RA Dr. Heldmann) Wissen Sie’s, wann das Gespräch stattgefunden hat?

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, ich beziehe mich auch insoweit auf Ihre dienstliche Äußerung: Hat es stattgefunden, hat es nicht stattgefunden.

Vors.:

Ich bitte die Prozeßbeteiligten, um 10.00 Uhr wieder anwesend zu sein; es wird dann bekanntgegeben, wie es weitergeht.

Die Hauptverhandlung wird um 9.11 Uhr unterbrochen.

Ende des Bandes 781.

[13211-13212][6] [13213-13215][7] [13216][8] [13217-13219][9] [13220][10] [13221-13222][11] [13223-13225][12] [13226-13234][13] [13235-13237][14] [13238][15] [13239-13242][16] [13243-13244][17] [13245-13246][18] [13247-13248][19] [13249-13250][20] [13251-13254][21] [13255][22] [13256-13258][23]

[13259] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 16.45 Uhr

Der Senat ist nunmehr in folgender Besetzung anwesend:

Richter am OLG Dr. Foth - als Vorsitzender

Richter am OLG Maier

Richter am OLG Dr. Berroth

Richter am OLG Dr. Breucker

Richter am OLG Vötsch - als beisitzende Richter

Richter am OLG Dr. Nerlich

Richter am OLG Meinhold

Richter am OLG Freuer - als Ergänzungsrichter

Die Bundesanwaltschaft ist wie folgt anwesend:

Bundesanwalt Dr. Wunder

Oberstaatsanwalt Zeis

Oberstaatsanwalt Holland

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. Ass. Clemens

Just. Ass. Scholze.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.

Als deren Verteidiger sind anwesend: Rechtsanwälte Schily, Dr. Heldmann, Weidenhammer, Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz und Grigat.

Vors.:

Die Sitzung wird fortgesetzt.

Ich habe folgenden Beschluß zu verkünden, der außerhalb der Hauptverhandlung gefaßt wurde:

Der Vorsitzende verliest den Beschluß vom 20. Januar 1977.

Der Beschluß wird als Anlage 1 zu Protokoll genommen.

[13260] Dieser Beschluß hat zur Folge, daß - wie Sie sehen - ich auf diesem Stuhle Platz genommen habe.

Als erster Ergänzungsrichter[24] ist Herr Richter am Oberlandesgericht Vötsch nachgerückt.

Sodann habe ich die Frage zu stellen, ob irgendwelche Anträge zu stellen sind?

RA Schi[ly]:

Ich bitte zunächst um eine Pause von 10 Minuten.

Vors.:

Ja, ich sehe an sich nicht recht ein, zu welchem Behufe?

RA Schi[ly]:

Zur Vorbereitung weiterer Anträge.

Vors.:

Ja, ich meine, zur Vorbereitung weiterer Anträge, sollen das Beweisanträge sein?

RA Schi[ly]:

Beweisanträge, ja.

Vors.:

Beweisanträge, ja.

RA Schi[ly]:

Ich habe die an sich schriftlich; ich würde sie aber gerne nochmal ganz kurz erörtern.

Vors.:

In der Tat, wir machen um 17.00 Uhr weiter.

RA Schi[ly]:

Dankeschön.

Pause von 16.47 Uhr bis 17.02 Uhr

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung:

Rechtsanwalt Schlaegel ist nunmehr auch wieder anwesend.

Rechtsanwälte Dr. Heldmann, Weidenhammer, Eggler und Grigat sind nicht mehr anwesend.

Vors.:

Bitte, Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

Rechtsanwalt Schily verliest nunmehr den[a] aus Anlage 2 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben und dem[b] Protokoll in Ablichtung beigefügt wird.

Rechtsanwalt Schily verliest nunmehr aus Anlage 3 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben und dem[c] Protokoll in Ablichtung beigefügt wird.

Rechtsanwalt Schily verliest nunmehr aus Anlage 4 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben und dem Protokoll in Ablichtung beigefügt wird.

[13261-13262][25] [13263-13265][26] [13266-13267][27] [13268-13269][28] [13270] Im übrigen zu Protokoll möchte ich den Antrag stellen zu dem gleichen Beweisthema, wie Herrn Dr. Corves auch

Herrn Generalbundesanwalt Buback

als Zeugen zu vernehmen.

Rechtsanwalt Schily verliest nunmehr den aus Anlage 5 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben und dem Protokoll in Ablichtung beigefügt wird.

Rechtsanwalt Schily verliest nunmehr den aus Anlage 6 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben und dem Protokoll in Ablichtung beigefügt wird.

Rechtsanwalt Schily verliest nunmehr den aus Anlage 7 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben und dem Protokoll in Ablichtung beigefügt wird.

Im übrigen darf ich aber ankündigen, daß ich nunmehr erneut die Zeugen Opitz und Petersen auf einen mit dem Herrn Vorsitzenden zu vereinbarenden Verhandlungstermin laden werde.

Im übrigen darf ich ankündigen, daß evtl. noch ein zusätzlicher Beweisantrag, betreffend Herrn Bundesanwalt Dr. Krüger gestellt werden wird, sobald ich eine Stellungnahme des Herrn Generalbundesanwalts hinsichtlich der Erteilung einer ergänzenden Aussagegenehmigung[29] vorliegen habe. Ich habe mich an den Herrn Generalbundesanwalt gewandt, und ich habe aus dem Protokoll festgestellt, daß Herr Bundesanwalt Dr. Wunder auch über dieses Schreiben unterrichtet ist und ich hoffe, daß ich auf dieses Schreiben auch demnächst eine Antwort erhalten werde.

Vors.:

Will irgend jemand zu diesen Anträgen irgendwelche Stellungnahmen abgeben oder sonstige Anträge stellen?

Nicht.

Ja, wie ich sehe, sind unter diesen Zeugen die meisten von einer Aussagegenehmigung abhängig; das wird ... erfahrungsgemäß wirft das Zweifel auf, wie schnell das gehen wird.

[13271] Wir werden uns kurz zurückziehen und wegen der Fortsetzung der Hauptverhandlung uns Gedanken machen.

Eine Frage nur: Herr Rechtsanwalt Schily, haben Sie wegen der Aussagegenehmigungen Opitz und Petersen schon[d] etwas Zusätzliches gehört, von der zuständigen Stelle?

RA Schi[ly]:

Ja, es wurde mir seinerzeit mitgeteilt, daß eine Aussagegenehmigung erteilt worden sei, eine erweiterte, und das wurde mir auch seinerzeit bestätigt, als die beiden Herren hier anwesend waren; die beiden Herren haben mir allerdings gesagt, die enthalte auch immer noch einige Beschränkungen. Ich habe sie persönlich nicht ...

Vors.:

Sie haben sie nicht.

RA Schi[ly]:

... und der Herr Heinze hat sie wohl hierhergeschickt, nach meiner Kenntnis.

Vors.:

Ja. Ich meine ...

RA Schi[ly]:

Aber das müßte ich vielleicht nochmal auf Ihrer Geschäftsstelle dahin[e] feststellen.

Vors.:

Wenn das so ist, ist zu überlegen[f], ob man nicht einen ziemlich nahen Termin nehmen kann[g].

Wie gesagt, wir werden uns kurz darüber unterhalten.

Ich bitte in 10 Minuten wieder anwesend zu sein.

Pause von 17.14 Uhr bis 17.25 Uhr

Vors.:

Ich habe zunächst noch nachzutragen, daß Herr Rechtsanwalt Eggler sich entschuldigt hat ab 16.45 Uhr; Herr Rechtsanwalt Grigat ebenfalls.

Die Hauptverhandlung wird am nächsten Dienstag, 10.00 Uhr fortgesetzt[h]. Wir werden bemüht sein, Herrn Mordhorst als Zeugen beizubringen.

Außerdem, Herr Rechtsanwalt Schily, stelle ich Ihnen anheim, die Zeugen Opitz und Petersen auch auf Dienstag, ab 10.00 Uhr zu präsentieren. Es wird möglicherweise rätlich sein, die in Gang gebrachte Ladung oder in Gang zu bringende Ladung diesen beiden Herrn schon telefonisch voranzukündigen. Es hat sich ja das letzte Mal gezeigt, daß die Herren an sich ziemlich kurzfristig zur Verfügung standen ...

RA Schi[ly]:

Ja, ich werde Herrn Heinze ...[i]

Vors.:

... aber es wird sinnvoll sein, weil das Wochenende ist dazwischen, [13272-13273][30] [13274-13275][31] [13276-13277][32] [13278] wenn das telefonisch vorangekündigt wird, daß sie also nicht vielleicht am Montag dann, am Abend erst davon Kenntnis erhalten.

RA Schi[ly]:

Ja, ich werde Herrn Heinze morgen anrufen. Und die Ladung kann allerdings frühestens Montag zugestellt werden, weil es über den Gerichtsvollzieher[33] ...

Vors.:

Die Ladung wird natürlich etwas länger brauchen.

RA Schi[ly]:

Darf ich fragen, ob die Erweiterung der Aussagegenehmigung bei der Geschäftsstelle vorliegt?

Vors.:

Wir haben bis jetzt, soweit ich es[j] sehe, nichts; ich habe es jetzt nicht nachgeprüft. Ich glaube, wir haben es nicht bekommen.

RA Schi[ly]:

Ich werde Herrn Heinze morgen nochmal darauf ansprechen.

Vors.:

Also jedenfalls alle Beteiligten sollen sich bitte auf diese drei Zeugen einstellen, aber auch auf eine etwaige Fortsetzung am Mittwoch und Donnerstag. Wir wissen ja nicht, wie sich die Beweisaufnahme dann in ihrer Ausdehnung weitergestaltet.

Also Fortsetzung Dienstag, 10.00 Uhr.

Damit ist die Verhandlung geschlossen.

Ende des 174. Verhandlungstag um 17.27 Uhr

Ende Band 782


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 – Az.: 1 StE 1/74 – StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] Eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit hatte nach damaliger Rechtslage zur Folge, dass der/die abgelehnte Richter/in vorläufig amtsunfähig wurde und damit ab dem Zeitpunkt der Ablehnung nicht mehr an Entscheidungen mitwirken durfte; eine Ausnahme galt nur für unaufschiebbare Handlungen (§ 29 StPO a.F.). Unaufschiebbar ist eine Handlung dann, wenn sie wegen ihrer Dringlichkeit nicht aufgeschoben werden kann, bis ein/e Ersatzrichter/in eintritt (BGH, Beschl. v. 3.4.2003 – Az.: 4 StR 506/02, BGHSt 48, S. 264, 265; BGH, Urteil vom 14.2.2002 – Az.: 4 StR 272/01, NStZ 2002, S. 429, 430). Nachdem zwischenzeitliche Gesetzesänderungen weitere Mitwirkungsmöglichkeiten u.a. bei in der Hauptverhandlung gestellten Ablehnungen ermöglichten, wurde das Verfahren nach einer Ablehnung durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2121) grundlegend neu geregelt. Nach § 29 Abs. 1 StPO sind zwar weiterhin nur unaufschiebbare Handlungen gestattet; die Hauptverhandlung wird aber nach § 29 Abs. 2 Satz 1 StPO gesetzlich als unaufschiebbar eingeordnet. Bis zur Entscheidung über die Ablehnung (Frist: zwei Wochen, Abs. 3) findet diese nun unter Mitwirkung des/der abgelehnten Richter/in statt. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, ist der seit Anbringung des Ablehnungsgesuchs durchgeführte Teil der Hauptverhandlung zu wiederholen, es sei denn, dies ist nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand möglich (Abs. 4).

[3] Die Verteidigung bestand aus zwei „Lagern“: Zum einen den Vertrauensverteidiger/innen, die von den Angeklagten ursprünglich frei gewählt (§§ 137, 138 StPO) und ihnen z.T. als Pflichtverteidiger/innen beigeordnet worden waren (§ 141 StPO); zum anderen den von den Angeklagten sog. Zwangsverteidigern, die ihnen durch das Gericht gegen ihren Willen zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet worden waren. Diese Zweiteilung wurde auch räumlich sichtbar: Während die Vertrauensverteidigung bei den Angeklagten Platz nehmen konnte, saßen die von den Angeklagten abgelehnten Verteidiger ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Saales, neben den Vertretern der Bundesanwaltschaft (s. auch die Skizze in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 185).

[4] Der Grund, aus welchem Richter/innen abgelehnt werden, muss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt. Mittel der Glaubhaftmachung kann auch das Zeugnis des/der abgelehnten Richter/in sein (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO).

[5] Der Zeitpunkt der Kenntnis ist deshalb von Bedeutung, da die Ablehnung von Richter/innen in diesem Stadium der Hauptverhandlung unverzüglich, also „ohne eine nicht durch die Sachlage begründete Verzögerung“ (BGH, Urt. v. 10.11.1967 – Az.: 4 StR 512/66, BGHSt 21, S. 334, 339) vorgebracht werden muss; andernfalls wäre sie nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO wegen Verspätung als unzulässig zu verwerfen. Zulässig ist allerdings, zunächst noch abzuwarten, ob sich der Eindruck der Befangenheit verfestigt (OLG München, Beschl. v. 22. 11. 2006 – Az.: 4 St RR 182/06, NJW 2007, S. 449, 451).

[6] Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing durch die Angeklagte Ensslin vom 19.1.1977.

[7] Telegramm des Rechtsanwalts Schily vom 20.1.1977 (Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit).

[8] Anschluss des Angeklagten Raspe an die Ablehnung vom 20.1.1977.

[9] Dienstliche Erklärung des Vorsitzenden Dr. Prinzing vom 20.1.1977.

[10] Notiz des Just. Ass. Scholze (Aushändigung der dienstlichen Erklärung an Verteidigung und Bundesanwaltschaft).

[11] Stellungnahme der Bundesanwaltschaft vom 20.1.1977.

[12] Stellungnahme des Rechtsanwalts Künzel vom 20.1.1977.

[13] Stellungnahme des Rechtsanwalts Schily vom 20.1.1977.

[14] Stellungnahme des Rechtsanwalts Dr. Heldmann vom 20.1.1977.

[15] Verfügungen/Notizen zu Ablichtungen und Eingang der Erklärungen und Stellungnahmen.

[16] Stellungnahme des Rechtsanwalts Weidenhammer vom 20.1.1977.

[17] Ergänzung der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden Dr. Prinzing vom 20.1.1977.

[18] Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing durch den Angeklagten Raspe vom 20.1.1977.

[19] Stellungnahme des Rechtsanwalts Schily zur anwaltlichen Erklärung des Rechtsanwalts Künzel vom 20.1.1977.

[20] Stellungnahme des Rechtsanwalts Dr. Heldmann zur anwaltlichen Erklärung des Rechtsanwalts Künzel, sowie ergänzende Begründung der Ablehnung vom 20.1.1977.

[21] Ergänzende Begründung der Ablehnung des Rechtsanwalts Schily vom 20.1.1977.

[22] Stellungnahme des Rechtsanwalts Künzel vom 20.1.1977.

[23] Stellungnahme des Rechtsanwalts Schily zur zweiten anwaltlichen Erklärung des Rechtsanwalts Künzel vom 20.1.1977.

[24] Nach § 192 Abs. 2 GVG kann der/die Vorsitzende bei Verhandlungen längerer Dauer die Zuziehung von Ergänzungsrichter/innen anordnen, die der Verhandlung beiwohnen und im Falle der Verhinderung eines/einer Richter/in für diese/n einzutreten haben. Stehen in einem solchen Verhinderungsfall keine Ergänzungsrichter/innen zur Verfügung, die der Hauptverhandlung von Beginn an beigewohnt haben, so muss die Verhandlung wiederholt werden. Dies folgt aus § 226 Abs. 1 StPO („Die Hauptverhandlung erfolgt in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen sowie der Staatsanwaltschaft und eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle“). Werden Ergänzungsrichter/innen eingesetzt, die nicht an der gesamten Hauptverhandlung teilgenommen haben, ist dies zudem ein absoluter Revisionsgrund i.S.d. § 338 Nr. 1 StPO (vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts) und führt zur Aufhebung des Urteils (BGH, Urt. v. 12.7.2001 – Az.: 4 StR 550/00; NJW 2001, S. 3062; Arnoldi, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 226 Rn. 11; Gmel, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 226 Rn. 4). Mit der nun erfolgreichen Ablehnung des ehem. Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit ist ein solcher Verhinderungsfall eingetreten.

[25] Anlage 1 zum Protokoll vom 20. Januar 1977: Senatsbeschluss vom 20.01.1977 (Ablehnung des Vorsitzenden Richters Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit).

[26] Anlage 2 zum Protokoll vom 20. Januar 1977: Antrag des Rechtsanwalts Schily auf Vernehmung des Bundesanwalts Kaul sowie des Präsidenten des BKA Herold als Zeugen.

[27] Anlage 3 zum Protokoll vom 20. Januar 1977: Antrag des Rechtsanwalts Schily auf Vernehmung von Herrn Mordhorst als Zeugen.

[28] Anlage 4 zum Protokoll vom 20. Januar 1977: Antrag des Rechtsanwalts Schily auf Beiziehung von Akten des Verwaltungsgerichts Köln in der Sache Ensslin ./. BRD und Verlesung eines Vermerks daraus.

[29] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[30] Anlage 5 zum Protokoll vom 20. Januar 1977: Antrag des Rechtsanwalts Schily auf Vernehmung des Präsidenten des BKA Herold als Zeugen.

[31] Anlage 6 zum Protokoll vom 20. Januar 1977: Antrag des Rechtsanwalts Schily auf Vernehmung der Polizeibeamten Burkart und Ludwig als Zeugen.

[32] Anlage 7 zum Protokoll vom 20. Januar 1977: Antrag des Rechtsanwalts Schily auf Vernehmung des Kommandeurs im BGS Wegener als Zeugen.

[33] Lehnt der/die Vorsitzende die Ladung einer Person ab, so können Angeklagte die Person selbst unmittelbar laden (§ 220 Abs. 1 StPO). In diesem Fall ist mit der Zustellung der Ladung der/die Gerichtsvollzieher/in zu beauftragen (§ 38 StPO). Für diese „präsenten Beweismittel“ enthielt § 245 StPO a.F. im Vergleich zu absenten Beweismitteln nur sehr eingeschränkte Ablehnungsgründe; die Ablehnung präsenter Beweismittel war nur möglich, wenn die Beweiserhebung unzulässig war oder nur zum Zwecke der Prozessverschleppung beantragt wurde. Für präsente Beweismittel bestand daher eine verstärkte Beweiserhebungspflicht des Gerichts (Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 245 Anm. 1). Inzwischen wurde die Erstreckung der Beweisaufnahme auf präsente Beweismittel von einem vorherigen Beweisantrag abgängig gemacht, welcher in seinen Ablehnungsgründen denen für absente Beweismittel weiter angenähert wurde (§ 245 Abs. 2 StPO).


[a] Handschriftlich eingefügt: den

[b] Maschinell eingefügt: dem

[c] Maschinell eingefügt: dem

[d] Maschinell eingefügt: schon

[e] Maschinell ersetzt: sein und durch dahin

[f] Maschinell ersetzt: erwägen durch überlegen

[g] Maschinell ersetzt: können durch kann

[h] Maschinell ergänzt: fortgesetzt

[i] Maschinell ersetzt: ... durch Herrn Heinze ...

[j] Maschinell eingefügt: es