73. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 5. Februar 1976 um 9.19 Uhr



[6623] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 5. Februar 1976[a] um 9.19 Uhr

(73. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen - mit Ausnahme von OStA Holland - in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. Ass. Clemens

Just. Ass. z. A. Scholze

Die Angeklagten Raspe und Meinhof sind anwesend[1] mit ihren Verteidigern:

Prof. Dr. Azzola, RA Becker, (als amtl. bestellter Vertreter von RA Schily), RAe Dr. Heldmann, v[on] Plottnitz, Dr. Augst (als amtl. bestellter Vertreter von RA Eggler), Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel, König, RA Weber (als Vertreter von RA Linke) und RA Grigat.

Als Zeuge ist anwesend:

Dierk Hoff, vorgeführt aus der Untersuchungshaft.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Die Verteidigung ist gewährleistet. Ich darf zunächst einige technische Hinweise geben. Ich muß zunächst klären noch, Herr Rechtsanwalt Linke wird heute vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Weber, Vertretung ist angekündigt worden, ihr wird zugestimmt. Wir haben die Zeugen Borchardt und Dengler umladen müssen, das gilt für die nächste Woche. Der Zeuge Borchardt war geladen auf den 12. Februar und mußte umgeladen werden auf den 11. Februar. Das ist also vom Donnerstag auf den Mittwoch. Er wird also am 11. Februar um 14.00 Uhr erscheinen. Der Zeuge Dengler war geladen auf den 11. Februar, Mittwoch, und erscheint nun, weil er am Mittwoch verhindert ist, am Dienstag, 10. Februar, [6624] 14.00 Uhr. Herr Rechtsanwalt Becker.

RA Be[cker]:

Würden Sie gerade bitte nochmal bekannt geben, wie das Programm heute dann im weiteren Ablauf aussieht?

Vors.:

Das müssen wir jetzt mal abwarten wie, ja nun, heute sind ja keine Zeugen geladen.

RA Be[cker]:

Sind keine weiteren?

Vors.:

Wir haben heute diesen Tag ausdrücklich offen gelassen, um die für möglich gehaltenen Erklärungen nach [§ ]257[ StPO][2] entgegenzunehmen. Heute sind keine Zeugen geladen.

RA Be[cker]:

Sind keine Zeugen geladen?

Vors.:

Keine.

RA Be[cker]:

Das heißt, wenn ich das dann richtig verstehe, ist dann, nächsten Dienstag fängt das dann mit der Zeugin Siemsen an?

Vors.:

Nein nein, da waren Sie nicht anwesend. Das ist aber längst bekannt gegeben.

OStA Holland erscheint um 9.20 Uhr im Sitzungssaal.

Die Zeugen vom 4. und 5. Februar sind umgeschoben worden auf den 4. und 5. März und es läuft am nächsten Dienstag genau so weiter, wie es im ursprünglichen Terminplan angegeben ist mit den Zeugen Hallburger, Körber und so weiter, das heißt, nächster Dienstag ist nach unserem Beweisprogramm der letzte Tag zur Beweisaufnahme jetzt vorläufig der Frankfurter Anschläge, und es würde am Mittwoch dann der Komplex Heidelberg beginnen. Jetzt ist nur vorgezogen der Zeuge Dengler, der wird also[b] am Dienstag dann um einen Tag verfrüht gehört werden. Der Herr Zeuge Hoff ist wieder anwesend.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Eine Frage, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Bitte.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich meine, ich hätte mir mal notiert, daß Sie bei der Ankündigung des Zeitpunktes, zu dem der Zeuge Hoff gehört werden soll, außer dem Zeugen Freter auch noch den Zeugen Holzhauer genannt haben, als einen der beiden, die gehört werden sollten.

Vors.:

Nur auf Abruf. Dieser Abruf ist nicht notwendig geworden. Die Zeugen sind deswegen auch nicht erschienen. Danach ausdrücklich [6625] erkundigt hat sich Herr Rechtsanwalt Schily, dem ich das bestätigt habe, daß beide Zeugen, sowohl der Bundesrichter Kuhn, wie auch Herr Holzhauer nicht abgerufen werden. Herr Professor.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Dr. Prinzing, nachdem ich[c] gestern nicht von Ihnen Gelegenheit bekam, mich zum „bösen Willen“[3] noch einmal zu äußern, möchte ich Sie bitten, mir nunmehr hierzu Gelegenheit zu geben.

Vors.:

Wollen wir doch vielleicht jetzt zunächst mal die Frage aufgreifen, ob der Herr Zeuge noch befragt werden soll. Das Ganze ist gestern im Zusammenhang mit den Äußerungen, Herr Professor, zu dem Ablehnungsgesuch geschehen; darüber ist entschieden. Wir wollen also möglichst vermeiden, daß wir die Dinge nachholzen. Wir hätten auch oft von uns aus das Bedürfnis, zu manchen Äußerungen noch etwas zusätzliches hinzuzufügen. Aber wir beschneiden’s auch; Entscheidung! Und dann ist es aus.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Dr. Prinzing. Ich habe gestern, sowohl unmittelbar im Anschluß an diese Aussage um das Wort gebeten, es nicht bekommen. Ich habe dann gegen Ende der Sitzung mich sehr sittsam wiederum zu Wort gemeldet, Sie haben das nicht zur Kenntnis genommen. Ich verzichte im Augenblick auf eine Erklärung hierzu wegen der anstehenden Vernehmung des Zeugen Hoff. Ich bitte aber, mir Gelegenheit zu geben zu der Sache zu sprechen, wenn das abgeschlossen ist.

Vors.:

Ich muß mir das also nochmals überlegen. Es kommt natürlich darauf an, ob nicht die Erklärungen nach [§ ]257[ StPO], wie gestern angekündigt wurde, heute abgegeben werden. Aber Herr Professor, jetzt braucht nicht darüber entschieden zu werden. Ich hab’s zur Kenntnis genommen. Bloß bitte ich Sie also grundsätzlich nochmal zu überlegen, ob über abgeschlossene Dinge noch irgendwelche Worte hier verloren werden sollen. Also ich möchte es möglichst vermeiden, sonst müßten auch die übrigen Prozeßbeteiligten später das Recht bekommen, sich hierzu zu äußern. Und das ist also, das wäre eine gefährliche Entwicklung. Nun Herr Dr. Heldmann.

[6626] RA Dr. He[ldmann]:

Es ruhen bei Ihnen weiterhin zwei Anträge von mir.

Erstens, Herrn Baader zur Gegenüberstellung mit Herrn Hoff hierher zu bitten und zweitens, Herrn Baader hier dann heute Gelegenheit zu seiner Erklärung nach [§ ]257[ StPO] zu geben.

Vors.:

Die Entscheidung bezüglich des Anwesenheitsrechts während der Vernehmung des Herrn Zeugen[4] ist bereits gefallen. Das scheinen Sie überhört zu haben. Hinsichtlich der Erklärungsmöglichkeit nach [§ ]257[ StPO] bin ich mir jetzt nicht ganz sicher. Aber wir werden, bevor die Erklärungen abgegeben werden, jedenfalls eine Pause haben, die Gelegenheit gibt, das zu überprüfen, notfalls die Entscheidung auch bekannt zu geben, wenn sie noch nicht bekannt gegeben sein sollte.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie meinen damit sicher auch eine Pause, damit Herr Baader ... diese Erklärungen abfassen kann?

Vors.:

Wenn ... naja.

Angekl. Ra[spe]:

Sag es doch gleich.

Angekl. Meinh[of]:

Ja, sagen Sie mal was dazu.

Angekl. Ra[spe]:

Was denn nun?

Vors.:

Jetzt ist Gelegenheit gegeben, Fragen an den Herrn Zeugen zu stellen.

Zeuge Hoff:

Herr Vorsitzender, ich möchte eine Erklärung abgeben.

Vors.:

Herr Zeuge.

Zeuge Hoff:

Mein Anwalt ist heute nicht erschienen und ich möchte von meinem Recht Gebrauch machen, keine Aussage zu machen. Ich beziehe mich auf eine Entscheidung vom Bundesgerichtshof, daß ich zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens auf anwaltlichen Schutz einen Anspruch habe. Außerdem berufe ich mich [d] auf § 55[ StPO],[5] daß ich nicht verpflichtet bin, Aussagen zu machen als Beschuldigter. Zum späteren Zeitpunkt, wenn mein Anwalt da ist, also an einem anderen Tag, bin ich jederzeit bereit, Aussagen[e] zu machen.

Vors.:

Herr Hoff, das ist gestern schon durch Ihren Herrn Anwalt dem Gericht mitgeteilt worden, daß Sie sich so einstellen würden. Ich möchte Sie bloß auf den Unterschied aufmerksam machen: Soweit Sie sich auf das Verfassungsgericht[6] berufen, wäre das in der [6627] Tat, wenn es einen Rechtsgrund abgibt, darüber wäre jedenfalls zu entscheiden, ein Recht zu sagen, ich mache generell keine Aussagen. Soweit Sie sich auf § 55[ StPO] stützen, der Ihnen kein Zeugnisverweigerungsrecht gibt, sondern nur die Möglichkeit, auf einzelne Fragen die Auskunft zu verweigern, würde der Gang der Dinge so sein, daß Sie zwar die Fragen sich stellen lassen müssten und dann jeweils auf die einzelne Frage erklären müßten, ich mache keine Angaben gemäß § 55[ StPO].[7] Verstehen Sie, das ist der einzige Unterschied.

Zeuge Hoff:

Ich versteh das. Ich bin da nicht mit gebildet. Aber ich möchte sagen, ich mache, werde heute keine Aussagen machen.

Vors.:

Sie wollen also keine Frage, die an Sie gerichtet ist, beantworten

Zeuge Hoff:

Richtig, ja.

Vors.:

Die Herren Verteidiger.

RA Be[cker]:

Ich bitte, den Herrn Zeugen doch dahingehend zu belehren, daß die Nichtanwesenheit seines Rechtsanwaltes ihm hier ein Zeugnisverweigerungsrecht oder ein Aussageverweigerungsrecht nicht gibt,[8] und daß wir hier jetzt also mit den Fragen trotz allem beginnen können.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich bin mir in dieser Rechtsfrage nicht so sicher, wie Sie das zu sein scheinen. Das wäre eine Frage, die jetzt zu entscheiden wäre, ob der Zeuge veranlasst werden kann, Aussagen, sich zumindest Fragen stellen zu lassen, und ob er zu beschränken ist auf die Möglichkeit, nach [§ ]55[ StPO] zu reagieren. Das ist richtig. Stellen Sie diesen Antrag ausdrücklich, daß der Zeuge veranlasst wird, sich Fragen stellen zu lassen und sich allenfalls auf § 55[ StPO] zu beziehen?

RA Be[cker]:

Also ich würde ... daß wir uns gerade nochmal beraten können fünf Minuten, bitten?

Vors.:

Das ist eine neue Rechtsfrage, die in der Tat durch ... ich weiß nicht, haben Sie diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Hand?

RA Dr. He[ldmann]:

Hab ich zur Hand, ja.[f]

Vors.:

Gut wir machen Pause. Herr Hoff, Sie warten[g] solange freundlicherweise im Zeugenzimmer. Ihre Erklärung steht fest, die Sie abgegeben haben. Wir brauchen Sie vorderhand nicht, wenn Sie im Zeugenzimmer warten.

Angekl. Ra[spe]:

Entscheiden Sie doch[h] mal jetzt.

[6628] Vors.:

Gut. Wir machen eine Pause. Sie geben uns Bescheid, wann Sie soweit sind.

Angekl. Meinh[of]:

Was ist denn mit dem Erklärungsrecht von Andreas?

Pause von 9.28 Uhr bis 9.43 Uhr

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung um 9.43 Uhr ist der Zeuge Hoff nicht mehr anwesend[i].

RA Künzel ist nicht mehr anwesend[j].

Die Angeklagten sind nicht anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Wollen sich die Herren Verteidiger äußern? Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Wir möchten, bitte. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gibt jedem Zeugen in jedem Stadium der Beweisaufnahme zweifellos den Anspruch, sich von einem Verteidiger begleiten und auch beraten zu lassen. Es mag insbesondere auch gelten, wenn der Zeuge zugleich Beschuldigter ist, wie in unserem Fall.

Der Angeklagte Raspe erscheint um 9.44 Uhr wieder[k] im Sitzungssaal.

Jedenfalls wäre aber die Auslegung, die der Zeuge sich hier vorstellt, irrig, daß diese Zeugenvernehmung sozusagen eine notwendige ... eine Verteidigung notwendig machte. Folglich kann nach unserer Auffassung der Zeuge sich auf die bekannte Entscheidung des Verfassungsgerichts sich nicht beziehen. Ein anderes ist jedoch, daß der Zeuge hier bereits klipp und klar gesagt hat, ohne meinen Verteidiger sehe ich mich außer Stande, hier die Rolle, die ich hier spielen soll, zu spielen und ...

RA Künzel erscheint um 9.44 Uhr wieder[l] im Sitzungssaal.

Die Angeklagte Meinhof erscheint ebenfalls wieder[m] um 9.44 Uhr im Sitzungssaal.

Richter Foth[n]:

Das hat er nicht gesagt, klipp und klar.

RA Dr. He[ldmann]:

Verzeihen Sie, ich ...

Vors.:

Das ist Ihre Umdeutung dessen, was der Zeuge gesagt hat.

[6629] RA Dr. He[ldmann]:

Sehr richtig. Ich pflege meine eigenen Worte zu wählen ...

Vors.:

Ja, aber nun dürfen Sie ihn nicht zitieren, sozusagen.

RA Dr. He[ldmann]:

Wie Sie wissen, ich habe die Aussage des Zeugen in ihrem Kern, so wie wir sie auffassen mußten, wiedergegeben. Wo also das Gericht trotz der eindeutigen Äußerungen des Zeugen der Auffassung ist, die Zeugenaussagen, die er grundsätzlich hier verweigern will, zu erzwingen zu können, liegt diese Aufgabe beim Gericht. Wir aber sehen ja voraus, daß der Zeuge sich bei allen Fragen, wie bereits angekündigt, auf ein Aussageverweigerungsrecht oder auf den Beistand seines Verteidigers zu berufen gedenkt, beantragen deswegen, Unterbrechung der Zeugenaussage, bis Verteidiger Steinacker wieder zur Verfügung steht.

Vors.:

Herr Professor.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ich bin abweichend[o] der Meinung, daß dem Zeugen Hoff das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Seite steht und zwar[p] deshalb, weil bei dem Schwergewicht der Anschuldigungen, die gegenüber dem Zeugen Hoff jedenfalls noch im Raum stehen und bei der offenkundigen Bereitschaft aller Beteiligten, unverzüglich zur Aussage zu schreiten, sobald die Anwesenheit des Verteidigers sichergestellt ist, das in Rede stehende Urteil so aus ... aus grundsätzlichen Erwägungen verteidigerfreundlich auszulegen ist. Aus diesem Grunde beantrage ich ebenfalls,

die Einvernahme des Zeugen Hoff zu unterbrechen und unverzüglich fortzusetzen, sobald die Anwesenheit des Verteidigers Steinacker sichergestellt ist.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich möchte mich dem Antrag anschließen[q], [r] mit einer Modifikation allerdings. Ich beantrage

die Vernehmung des Zeugen Hoff jetzt zu unterbrechen und fortzusetzen am kommenden Dienstag, das heißt, also insoweit auch den ursprünglich vorgesehenen Ladungsplan zu ändern.

[6630] Ich darf ergänzend dazu noch einen Beweisantrag stellen, der zum gleichen Komplex gehört, und zwar beantrage ich zum Beweis dafür, daß der Zeuge Dierk Hoff den Inhalt seiner Aussage in der Hauptverhandlung, sowohl vor Beginn seiner Aussage, als auch während der Durchführung seiner Vernehmung, mit Ermittlungsbeamten des Bundeskriminalamts besprochen hat und hierdurch in seiner Aussage beeinflußt wurde, die Zeugen Ruckmich, Pohl, Schäfer und Ratzey, sämtliche vom Bundeskriminalamt, und über die Anschrift des Bundeskriminalamtes zu laden, zu hören. Auch insoweit beantrage ich, diese Zeugen zum kommenden Dienstag zu laden und gegebenenfalls Gelegenheit zu geben, das, was sie zu sagen haben, gegenüberzustellen dem, was der Zeuge Hoff dazu zu sagen hat.

Vors.:

Wollen die Herren Verteidiger zur Rechten? Herr Rechtsanwalt Becker.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich schließe mich dem Antrag vom Kollegen Heldmann in der Modifikation, die der[s] Kollege von Plottnitz hier angebracht hat, an. Zur Bundesverfassungsgerichtsentscheidung ist ganz klar zu sagen, daß ein Aussageverweigerungsrecht sich daraus nicht ergibt, sondern daß lediglich ein Präsenzrecht des Verteidigers da ist. Aber im Grunde ein gleiches Präsenzrecht, wie das Recht, das man als Beschuldigter hat, sich durch einen Verteidiger vertreten zu lassen. Aber nicht im Sinne einer notwendigen Verteidigung,[9] sondern daß man dieses Recht hat, wobei es ja nun Entscheidungen zuhauf gibt, daß, wenn man sich diesen Verteidiger für den bestimmten Tag nicht sichern kann, das zu Lasten des Beschuldigten, beziehungsweise des Zeugen oder desjenigen, der sich vertreten lassen will, geht, aber keine Form der notwendigen Verteidigung, notwendigen Vertretung hier ist. Das gleiche gilt auch hier für den Zeugen Hoff, das heißt, aus der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung selbst kann er nichts herleiten. Die Terminschwierigkeiten von Herrn Steinacker sind keine Gründe, die hier dazu führen, daß ein Zeuge zu einem Aussageverweigerungsrecht kommt. Er kann sich, und das ist eigentlich auch sonst bei der Verteidigung, wenn Terminschwierigkeiten bestehen, der Unterstützung[t] eines [6631] anderen Verteidigers bedienen. Er kann das auch vorausplanen. Er kann also durchaus sich jemand anders wählen. De facto ist es natürlich so, und insofern stimme ich dem Kollegen Heldmann vollkommen zu, daß hier der Zeuge Hoff in der Funktion, in der er hier ist, sich dieses Verteidigers und nur dieses Verteidigers, bedienen muß, um diese - Sie werden das wieder beanstanden - Rolle, die er hier zu spielen hat, zwar nicht aus eigenem Antriebe, hier weiter zu spielen. Ich bin also der Meinung, daß wir zwar den ganzen Tag hier eine Frage nach der anderen ihm vorlegen könnten, und er nur ein Recht hätte aus [§ ]55 Strafprozeßordnung, hier von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, aber ich bin auch der Meinung, daß nach dieser Erklärung, die ja sehr eindeutig war, wir auf dieses „Spielchen“, sozusagen, verzichten können, einfach aus Zeit- und Ökonomiegründen, und daß aber ganz klar sein muß, daß hier diese Vernehmung nicht abgeschlossen ist, daß keine Erklärungen zu dieser Vernehmung abgegeben werden können, und daß der Zeuge hier weiter, wenn er dazu wieder in der Lage ist, instandgesetzt ist, hier weiter vernommen werden muß, und zwar in einer Form, die auch in einem zeitlichen Zusammenhang zu der jetzigen Vernehmung steht. Deswegen halte ich’s auch für begründet, hier diese Vernehmung dann am nächsten Dienstag fortzusetzen, weil eine solche Vernehmung eines Zeugen sich ja[u] nun nicht immer bruchstückweise über verschiedene Wochen hinziehen darf.

Mehrere Prozeßbeteiligte reden unverständlich

Vors.:

... Ja, ich weiß, aber ich möchte den Herren Verteidigern zuerst die Möglichkeit geben ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, darf ich vorher um das Wort für Herrn Raspe bitten?

Vors.:

Nein, ich möchte zuerst in der ...

Angekl. Ra[spe]:

Ich will mich dem anschließen.

Vors.:

... Rechtsfrage die Herren Verteidiger jetzt fragen, wollen Sie auch Ausführungen machen? Nicht. Bitte jetzt, Herr Raspe.

[6632] Angekl. Ra[spe]:

Also erstmal möcht ich wissen, was Sie in der Pause entschieden haben, hinsichtlich der Zulassung von Andreas hier zu einer Erklärung.

Vors.:

Sie sollen sich jetzt zunächst zu dem, was Ihre Herrn Verteidiger jetzt besprochen haben, äußern.

Angekl. Ra[spe]:

Also das darf ich jetzt wieder nicht, schieben Sie wieder weg, gut, um mal festzustellen, daß Sie jetzt also seit, ich weiß nicht, gestern nachmittag machen. Ja, zweitens möchte ich mich also diesen Anträgen, [v] diesen Beweisanträgen anschließen, weil wir das für richtig halten, daß in diesem Sumpf noch etwas gerührt wird und drittens, da Sie die Anträge, die Vernehmung von Hoff zu unterbrechen, sowieso ablehnen, erklären wir jedenfalls, daß wir an ihn noch Fragen haben und zwar jetzt, heute.

Angekl. Meinh[of]:

Also wir, das sind wir beide.

Vors.:

Ich habe aus der Erklärung, glaub ich von Herrn Rechtsanwalt Becker, entnommen, daß für den Fall, daß eine Unterbrechung der Vernehmung des Zeugen Hoff, so wie Sie’s bezeichnen, hier in’s Auge gefasst würde, eine Erklärung nach [§ ]257[ StPO] ohnedies nicht in Betracht käme.

RA Dr. He[ldmann]:

Erst nach Abschluß ...

Vors.:

Ja eben, eben, dann bedarf es ja auch der Entscheidung über den Antrag nicht ... [w] ...

RA Dr. He[ldmann]:

Welchen Antrag bitte?

[x]

Vors.:

... zuzulassen ...

Sie hatten ja den Antrag gestellt, Herrn Baader zuzulassen zwecks Erklärung nach [§ ]257[ StPO].

RA Be[cker]:

Das ist ja nur ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ich bitte, doch Herrn Baader zu billigen, daß er eine solche Erklärung vorbereiten möchte.

Vors.:

Gut, dann werde ich Ihnen die Entscheidung, die der Senat zur Klarstellung gefasst hat, er ist der Überzeugung, daß das gestern schon in der Entscheidung beinhaltet war, bekannt... folgenden Beschluß bekanntgeben:

[6633] Der Antrag, den Angeklagten Baader zur Erklärung nach § 257[ StPO] zuzulassen, wird abgelehnt. Es bleibt, wie schon gestern entschieden, beim Ausschluß und der Feststellung, daß seine Anwesenheit derzeit nicht unerlässlichist.[10]

RA Be[cker][y]:

Ist da eine Begründung bei dem Beschluß dabei?

Angekl. Ra[spe]:

Begründung gibt’s nicht oder wie?

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender?

Vors.:

Die Gründe sind gestern bekannt gegeben worden.

RA Dr. He[ldmann]:

... Nein.

Vors.:

Im übrigen liegt[z] die Begründung klar in der Aussage, daß das Gericht die Anwesenheit derzeit nicht für unerlässlich ansieht. Ich darf jetzt die Bundesanwaltschaft bitten, wollen Sie sich zu den gestellten Anträgen und Anregungen äußern?

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich bitte ... ich bitte zunächst Mal ums Wort. Ich möchte gerne feststellen, daß Sie ganz klar gestern keine Begründung dazu abgegeben haben, weil Sie den Beschluß gar nicht verkündet haben und insofern auch keine Begründung ...

Vors.:

Dieselbe Begründung wie heute. Darf ich jetzt die Bundesanwaltschaft bitten.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, verzeihen Sie, arbeiten Sie jetzt mit Generalbegründungen.

Vors.:

Darf ich Sie jetzt endlich bitten, sich an die Ordnung zu halten.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, wenn Sie hier ...

Vors.:

Ich gebe[aa] jetzt das Wort der Bundesanwaltschaft. Herr Bundesanwalt Wunder.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, ich bitte um’s Wort zunächst.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender!

Vors.:

Ich bitte jetzt, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

... RA[bb] von Plottnitz am Dienstag fortzufahren, könnte unter anderen Umständen durchaus erwogen werden, wenn der Zeuge Hoff nicht in der nächsten Woche in Hamburg[11] benötigt würde, der Termin ist ja allgemein bekanntgegeben, so kann diese Vernehmung, falls ihre Fortführung für unerlässlich [6634] gehalten wird, eben erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich bitte um kurze Erwiderung.

Vors.:

Bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Die Vernehmung des Beschuldigten Hoff als Zeuge in Hamburg hätte bereits am 19. stattfinden sollen. Das ist nicht gegangen. Wenn der Zeuge hier in der nächsten Woche gebraucht werden wird, kann er nicht in Hamburg aussagen. Und wichtiger, vordringlich, zumindest schon aus Gründen der Prozeßökonomie, aber auch insbesondere aus Gründen der Aufklärungspflicht ist es, die Aussage des Zeugen an einem [cc] Gerichtsort im Zusammenhang zu bewirken. Folglich hat Stammheim Präferenz.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja, ich möchte auch kurz drauf erwidern. Herr Bundesanwalt Dr. Wunder: In der Tat, es gibt keinen Rechtssatz in der Strafprozeßordnung der besagt, der Zeuge Hoff kann in Stammheim nicht vernommen werden, wenn er in Hamburg vernommen werden muß. Das Entscheidende ist doch, daß hier die Vernehmung des Zeugen bereits über mehrere Tage hinweg begonnen wurde, daß offensichtlich unter allen Verfahrensbeteiligten ein Konsensus darüber besteht, daß die Vernehmung nicht abgeschlossen ist, insbesondere nicht abgeschlossen ist, nachdem gestern der Zeuge Freter gehört worden ist und eine Reihe von Bekundungen gemacht hat, zu denen der Zeuge Hoff seinerseits zu befragen ist. Und bei dieser Situation ist es in der Tat so, daß das Hamburger Gericht da keinen Anspruch drauf erheben könnte, an seinem Ladungsplan festzuhalten. Das Hamburger Gericht hat zurückzustehen, weil vordringlich der Zeuge Hoff hier gebraucht wird. Im übrigen darf ich also für den Fall, daß der Senat sich der Auffassung der Bundesanwaltschaft anschließen sollte, ergänzend beantragen, also hilfsweise dann beantragen, die Fortsetzung der Hauptverhandlung in Stammheim so lange zu unterbrechen, bis der Zeuge Hoff hier zur Verfügung steht und seine Vernehmung fortgesetzt werden kann.

Vors.:

Das Gericht wird ... Herr Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, gleichzeitig bitte ich, Gegenvorstellung[dd][12] ...

Vors.:

Nein, ich lasse keine Gegenvorstellungen jetzt mehr zu ...

[6635] RA Dr. He[ldmann]:

Ja dann müssen Sie ... Herr Vorsitzender ...

Vors.:

... wir wollen dieses Rechtsinstitut hier nicht überstrapazieren.

RA Dr. He[ldmann]:

Das tun wir seit schon[ee] langem nicht. Das Rechtsinstitut wurde solange nicht strapaziert, als die Bundesanwaltschaft sich seiner bediente ...

Vors.:

Ich darf jetzt darauf hinweisen, daß Sie sich lange genug dieses Instituts auch bedient haben[ff]. Das ist längst aufgewogen ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ich erinnere mich, Herr Vorsitzender ...

Vors.:

... jetzt wird nicht mehr drüber debattiert. Die Bundesanwaltschaft hatte jetzt zuletzt das Wort gehabt. Haben Sie noch irgend etwas zu diesen Ausführungen zu sagen?

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, ich habe zu Ihren Ausführungen etwas zu sagen und zwar folgendes, daß es sicher ...

Vors.:

Nein, dann, wir setzen die Sitzung ...

RA Dr. He[ldmann]:

... nicht angängig ist, ...

[gg]

Prof. Dr. Azz[ola]:

Frau Meinhof bittet um’s Wort.

RA Dr. He[ldmann]:

Moment, Moment, jetzt bin ich dran. Beschlüsse zu verkünden, ohne sie zu begründen, das ist ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip.[13]

Vors.:

Hören Sie Herr Professor ... ich kann nicht gleichzeitig ständig rumgucken und sehen, nicht wahr. Ich muß auch noch andere Dinge tun. Sie brauchen das nicht in dem verärgerten Ton zu sagen. Was will Frau Meinhof? Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, ich gebe Ihnen jetzt das Wort ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe jetzt das Wort.

Vors.:

... zu Ausführungen, die sich mit mir im Augenblick befassen oder mit der Gegenvorstellung nicht[hh] mehr das Wort.

RA Dr. He[ldmann]:

Nicht mit Ihnen, Herr Dr. Prinzing, sondern mit dem Senat.

Vors.:

Ja, aber ich habe Ihnen gesagt, jetzt gibt’s allenfalls noch die Möglichkeit, sich zu der Frage der Unterbrechung zu äußern. Wenn die Frau Meinhof ...

RA Dr. He[ldmann]:

Jetzt gibt’s allenfalls noch die Möglichkeit, zu Rechtswidrigkeiten Ihrer Beschlußverkündung sich zu äußern.

[6636] Vors.:

Wir machen jetzt eine Pause, halb elf Uhr ist Fortsetzung.

Angekl. Meinh[of]:

Nein nein, ich habe mich zu Wort gemeldet, ich habe noch was zu sagen.

Pause von 9.58 Uhr bis 10.45 Uhr

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.45 Uhr waren die Angeklagten Ensslin und Raspe anwesend.

Die Angeklagte Meinhof ist nicht mehr anwesend.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Ich hatte den Eindruck, daß Frau Meinhof vorher nicht zu Wort kommen konnte. Herr Professor, Sie hatten sich für sie gemeldet. Es ist dann dadurch, daß wir in die Pause gehen mußten, ist es nicht möglich gewesen, also Frau Meinhof hätte jetzt Gelegenheit, wenn sie sich noch zu der Frage der Unterbrechung äußern will oder ist das hinfällig geworden?

Herr Raspe.

Angekl. Ra[spe]:

Ja das bezog sich nochmal darauf, daß wir auf jeden Fall die Absicht haben, Hoff heute noch Fragen zu stellen. Das war der entscheidende Punkt.

Vors.:

Das war ja aber gesagt schon.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, um es nochmal zu betonen.

Vors.:

Will nun Frau Meinhof die Erklärung noch abgeben oder ist es damit erledigt?

Angekl. Ra[spe]:

Das ist damit erledigt.

Vors.: (nach geheimer Beratung)

Ich gebe dann den vom Senat zunächst vorberatenen, jetzt aufgrund dieser zusätzlichen Erklärung erneut beschlossenen Beschluß bekannt:

1. Der Zeuge Hoff wird heute nicht weiter vernommen.

2. Eine erneute Vorladung des Zeugen bleibt vorbehalten.

3. Das Verfahren nimmt am Dienstag, 10. Februar 1976 mit der Anhörung der im Terminplan benannten Zeugen seinen Fortgang. Gründe: Der Zeuge Hoff ist heute ohne seinen terminlich verhinderten Rechtsbeistand erschienen. Er hat erklärt, sich in dessen Abwesenheit nicht vernehmen zu lassen und auf jeden Fall das Auskunftsverweigerungrecht des § 55 der Strafprozeßordnung in Anspruch zu nehmen. Die Verteidigung [6637] hält daher die Vernehmung des Zeugen heute für untunlich.

Dem ist im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bd. 38 S. 105 und die mögliche Berufung auf § 55 StPO umso mehr beizupflichten, als der Zeuge sich bereiterklärt hat, zu einem späteren Zeitpunkt in Anwesenheit seines Rechtsbeistandes Fragen zu beantworten. Den Zeugen, wie die Verteidigung dies beantragt, schon am Dienstag zu hören oder jedenfalls die Hauptverhandlung bis zur erneuten Vernehmung zu unterbrechen ist nicht angezeigt. Der Zeuge ist für die kommende Woche vor die Schwurgerichtskammer in Hamburg geladen, steht also hier nicht zur Verfügung. Zu erwägen bleibt auch, ob nicht, gegebenenfalls wann, weitere von den Verteidigern beantragte Beweiserhebungen zweckmäßigerweise vor einer erneuten Ladung des Zeugen Hoff durchzuführen sind. Es ist kein Grund ersichtlich, bis dahin nicht mit dem vorgesehenen Beweisprogramm fortzufahren. Die Verteidigung wird dadurch nicht beeinträchtigt. Sie kann Fragen, die sie möglicherweise aufgrund der Vernehmung des Zeugen Freter stellen will, auch später anbringen. In allen sonstigen Punkten war die Vernehmung ohnedies abgeschlossen, vorbehaltlich solcher Fragen, die sich aus weiteren Beweiserhebungen ergeben könnten.

Es bleibt den Angeklagten - das gehört nicht mehr zu der Begründung des Beschlusses - unbenommen[ii], zu den abgeschlossenen Vernehmungen, zu der Vernehmung des Zeugen Hoff gem. § 257[ StPO] Stellung zu nehmen. Das gilt selbstverständlich für alle anderen Prozeßbeteiligten auch. Auch natürlich zu der Anhörung des Zeugen Freter. Darf ich zunächst die Frage stellen an die Prozeßbeteiligten, werden solche Erklärungen abgegeben, Herr Bundes...

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich bitte um’s Wort.[jj]

RA Dr. He[ldmann]:

Darf ich zunächst die Frage stellen ...

RA Be[cker]:

Nein.

Vors.:

Warum nicht?

RA Be[cker]:

Darf ich’s begründen?

Vors.:

Ja, bitte.

RA Be[cker]:

Der Antrag, den ich gestellt habe und der auch von Herrn Raspe und Frau Meinhof nachher in einem Hilfsantrag ergänzt [6638] hat ... ergänzt worden ist, lautete auf Unterbrechung und Fortsetzung der Vernehmung des Zeugen Hoff, hilfsweise, falls diesem Antrag nicht stattgegeben wird, jetzt mit der Vernehmung des Zeugen Hoff fortzufahren. Der Beschluß, den das Gericht jetzt verkündet hat, geht offensichtlich davon aus, daß ihm nur ein Aussageverweigerungsrecht nach [§ ]55 Strafprozeßordnung zusteht, nicht ein Aussageverweigerungsrecht wegen der Nichtanwesenheit seines Anwalts. Insofern kommt meines Erachtens der Hilfsantrag hier zum Tragen, daß nämlich meine Mandantin, die auch deswegen jetzt hier hochgekommen ist, jetzt in die Lage versetzt wird, ergänzende Fragen dem Zeugen Hoff zu stellen. Das entspricht dem Antrag. Wenn der Unterbrechungsantrag abgelehnt worden ist in dieser Form, dann muß jetzt meines Erachtens meiner Mandantin das Recht eingeräumt werden, bevor überhaupt gefragt wird, ob die Bundesanwaltschaft Erklärungen nach [§ ]257[ StPO] abzugeben gewillt ist, muß meiner Mandantin das Recht gegeben werden, hier ergänzende Fragen an den Zeugen Hoff zu stellen.

Vors.:

Der Hilfsantrag, wie sie ihn nochmals skizziert haben, ist mitentschieden. Der Tenor ist ganz klar: „Der Zeuge Hoff wird heute nicht weiter vernommen“ ...

Angekl. Enssl[in]:

Moment, kann ich vielleicht noch dazu was sagen.

Vors.:

... „Eine erneute Vorladung bleibt vorbehalten“. Das Verfahren nimmt am Dienstag seinen normalen Fortgang.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender.

Angekl. Enssl[in]:

Lehnen Sie ab, daß ich das mit begründe. Ich hab mich gemeldet ...

Vors.:

Ich lehne das nicht ab. Aber ich habe jetzt drauf hingewiesen: Es ist entschieden. Es bedarf also jetzt keiner weiteren Begründung mehr. Dieser Antrag, auch in der Form des Hilfsantrags ist mitentschieden durch den eben verkündeten Beschluß.

Angekl. Enssl[in]:

Sie versuchen es immer wieder ...

Vors.:

Ich gebe also dazu jetzt keine Möglichkeit ...

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender.

Vors.:

... wenn Sie einen anderen Antrag stellen wollen, aber ... § ...

[6639] Angekl. Enssl[in]:

Sie müssen mir die Möglichkeit einräumen, die Begründung zu konkretisieren.

Vors.:

Frau Ensslin, ich kann Sie eben nur verwarnen. Sie können sich nicht in dieser Form hier durchsetzen. Es ist gänzlich unmöglich, denn das Verfahren ist in diesem Punkte durch einen Beschluß ganz klar entschieden. Es nimmt am Dienstag seinen normalen Fortgang und der Zeuge Hoff wird heute nicht mehr vernommen aus den angegebenen Gründen.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, meine Mandantin möchte zu diesem Beschluß, der meines Erachtens so konkret in diesem Punkt nicht entschieden worden ist, eine Gegenvorstellung anbringen und sie gerade begründen.

Vors.:

Nein, wir lassen die Gegenvorstellung nicht zu.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, dann bitte ich meiner Mandantin das Wort zu erteilen.

Vors.:

Ich möchte jetzt zunächst die Frage an die Angeklagten stellen, ob sie eine Erklärung abgeben wollen zu dem abgeschlossenen Teil der Vernehmung ...

RA Be[cker]:

Es gibt keinen abgeschlossenen Teil der Vernehmung ...

Vors.:

... selbstverständlich, es ist ...

RA Be[cker]:

... das Erklärungsrecht nach [§ ]257[ StPO] ist ganz klar dann, wenn die Vernehmung abgeschlossen ist, aber nicht abgeschlossene Teile einer Vernehmung.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Becker, nun hören Sie doch bitte vielleicht mal zu, bevor Sie immer mir dann gleich in das Wort fallen. Es ist so, daß die Angeklagten die Möglichkeit haben, sich zu erklären zu dem abgeschlossenen Teil der Vernehmung. Es ist gestern verfügt worden, daß der Zeuge entlassen wird, daß er unbeeidigt bleibt. Bis dahin ist jetzt die Möglichkeit gegeben, Erklärungen abzugeben. Es bleibt selbstverständlich bei einer erneuten Anhörung des Herrn Zeugen die Möglichkeit, dann aus dieser erneuten Anhörung heraus dieses Recht von [§ ]257[ StPO] nochmals in Anspruch zu nehmen. Deswegen bitte ich aber jetzt zunächst die Frage beantwortet zu bekommen, wird zu dieser Vernehmung des Zeugen Hoff, die heute nicht fortgesetzt wird, nach [§ ]257[ StPO] eine Erklärung abgegeben?

[6640] RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich möchte noch eine ...

Angekl. Enssl[in]:

Ich hab unmittelbar zur Begründung Ihres Beschlusses noch was zu sagen.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Nein.

Angekl. Enssl[in]:

... hinfällig insofern wir dem Zeuge heut ... jetzt unmittelbar ...

Vors.:

Sie haben jetzt nicht ... Sie haben jetzt nicht ...

Angekl. Enssl[in]:

... Fragen zu Haftbedingungen stellen wollen, wo überhaupt nicht ersichtlich ist ...

Vors.:

Frau Ensslin ...

Angekl. Enssl[in]:

... wie ein Gefangener ohne seinen Anwalt ... beantworten können dürfte.

Vors.:

Ich darf Sie jetzt bitten, daß Sie nicht weiter stören, Sie kennen die Folgen.

Angekl. Enssl[in]:

Das ist der Punkt dabei. Es gibt keinen Gefangenen, der seinen Anwalt braucht, um Fragen nach Haftbedingungen zu beantworten.

Vors.:

Frau Ensslin! Ich verwarne Sie jetzt zum letzten Mal, daß Sie still sind.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich habe noch eine Frage hierzu.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Becker.

RA Be[cker]:

Ist Ihr Beschluß so zu interpretieren, daß es eines erneuten Beweisantrages bedarf, damit der Zeuge Hoff hier geladen wird?

Vors.:

Nein, so ist er nicht zu interpretieren.

RA Be[cker]:

Er wird also auch nicht entlassen?

Vors.:

Der Zeuge Hoff ist gestern schon entlassen worden. Wir haben gestern nur noch ihn zurückgehalten für die Frage, ob heute im Anschluß an die Vernehmung Freter noch Fragen sich ergeben. Nachdem der Zeuge heute nicht vernommen werden kann aus den von Ihnen selbst mitgestützten Gründen, die das Gericht durchaus überzeugt haben, im Zusammenhang mit seinem Weigerungsrecht nach [§ ]55[ StPO], wird er heute vollends entlassen.

Der Zeuge Hoff wird um 10.55 Uhr entlassen.

Über den Zeitpunkt, eventuellen Zeitpunkt einer [6641] neuen Vernehmung des Zeugen Hoff wird selbstverständlich beschlossen.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Eine Frage. Wenn der Zeuge gestern entlassen worden ist, wie kam es dann ... auf dem Zeugenstuhl saß?

Vors.:

Ich hab es doch gestern deutlich genug gemacht.

RA Dr. He[ldmann]:

Und haben Sie die Prozeßbeteiligten gefragt, ob gegen Entlassung Einwendungen[14] bestehen?

Vors.:

Ich habe ihn gestern entlassen und habe gesagt, es ist nur noch im Hinblick auf die Anwesenheit von Herrn Rechtsanwalt Steinacker notwendig zu klären, ob heute weitere Fragen an ihn gestellt werden müßten ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Stimmt überhaupt nicht ...

RA Be[cker]:

Stimmt doch gar nicht ...

Angekl. Ra[spe]:

Heute morgen haben Sie was ganz anderes erklärt.

Vors.:

Ich habe gestern gesagt, er bleibt hier für den Fall, daß Fragen an Ihn im Anschluß an die Vernehmung Freter zu stellen sind.

Mehrere Prozeßbeteiligte rufen unverständlich durcheinander.

Angekl. En[sslin]:

Das ist doch ganz durchsichtig, die Konstruktion, die Sie hier anbieten. Gestern abend fällt Steinacker ein, daß er morgen einen Termin hat und so weiter. Das ist absolut durchsichtig.

Vors.:

Bitte.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Frau Ensslin hat trotz Ihrer Verwarnung, Ihrer letzten Verwarnung, sich wiederum erheblich nicht an die Verfahrensordnung gehalten, aus dem Rahmen gefallen, und deswegen stelle ich den Antrag:

Frau Ensslin für Februar vom weiteren Verfahren auszuschließen.

Angekl. Raspe und Ensslin:

(unverständlich)

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich möchte dazu Stellung nehmen.

Vors.:

Bitte, Herr Rechtsanwalt Becker.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich halte den Antrag von Herrn Bundesanwalt oder beziehungsweise Oberregierungsrat, Regierungsrat, Regierungsdirektor ...

[6642] Vors.:

Ich bitte Sie, also in dieser Form sich vielleicht etwas weniger ...

RA Be[cker]:

Ich hab mich ja bemüht, langsam zu dem Titel vorzustoßen, der der richtige ist. Aber es ist ja nun schwierig. Ich halte den für unbegründet. Meine Mandantin hat hier Stellung genommen hierzu. Ich halte das für vollkommen begründet, dieses Verhalten, anlässlich der Tatsache, daß erstens gestern abend von einer Entlassung nicht die Rede war, entgegen dem, was heute hier gesagt worden ist. Ich halte sie weiterhin deshalb für begründet, weil hier von uns ganz - habe ich Ihre Aufmerksamkeit oder wollen Sie mit Herrn Dr. Foth sprechen?

Vors.:

Sie haben die Aufmerksamkeit.

RA Be[cker]:

Ich warte lieber. Weiterhin deshalb, weil hier heute morgen von uns dieser Antrag deshalb gestellt worden ist, wir haben gesagt, unterbrechen, bis Rechtsanwalt Steinacker nächste Woche da ist oder aber Fragen heute stellen. Diese Hilfskonstruktion ist hier angebracht worden. Meine Mandantin hat sich hierzu gemeldet, hat hierzu was gesagt. Ich finde das vollkommen verständlich; es passiert hier sehr häufig. Meine Mandantin verfügt nicht über eine spezielle Einschaltmöglichkeit, wird auch nicht in der Weise derart freundlich und zuvorkommend mit dem Mikrofon bedient, daß sie hier zu Wort kommen will. Ich meine, daß auch sowas immer dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegt - den gibt es aber bei der Bundesanwaltschaft überhaupt nicht - und ich meine deswegen, daß dieser Antrag ganz klar zurückzuweisen ist, weil er eigentlich aus dem Verhalten meiner Mandantin, daß Sie sich nämlich hier zu Wort gemeldet hat und drei, vier Sätze ohne Mikrofon gesprochen hat, überhaupt nicht begründet ist. Aber ich immer die Erfahrung gemacht habe, daß zu Anfang eines Monates wirklich an den Haaren herbeigezogenen Anlässen hier Ausschlußanträge seitens der Bundesanwaltschaft gestellt werden mit dem Ziele, dann den ganzen Monat mit einem Angeklagten weniger zu verbringen. Und das Ziel dabei ist durchsichtig. Offensichtlich ist der Bundesanwaltschaft die Anwesenheit von Angeklagten hier in diesem Verfahren unangenehm. Das kann man ja an verschiedenen Anträgen in diesem Verfahren [6643] hier schon sehen. Meine Mandantin bittet um’s Wort.

Vors.:

Bitte.

Angekl. Enssl[in]:

Der Herr Regierungsdirektor Widera hat die Formulierung gebraucht, ich fiele, ich sei aus dem Rahmen gefallen. Das ist natürlich insofern richtig, als der Rahmen, aus dem ich falle, wenn ich hier auf ein Recht bestehe, der dieses Verfahrens ist, der Gesetzlosigkeit, der absoluten Willkür und Gezieltheit und Durchkonstruiertheit. Man muß sich das mal ansehen von gestern Abend an. Es fällt also abends, fällt Steinacker ein, daß er am anderen Tag einen Termin hat, von dem er ganz sicher den ganzen Tag über natürlich wußte. Es fällt ihm ein, um Prinzing das Argument in die Hand zu drücken, das er braucht, um Hoff abzusetzen für heute, weil gestern der Tag ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, zum Verfahren.

Vors.:

Bitte, Sie wollen offenbar die Ausführung beanstanden, ich ...

Angekl. Enssl[in]:

... nach ihren Kalkülen hätte abspielen müssen ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich möchte lediglich ...

RA Becker:

(unverständlich)

Vors.:

Nein, ich gebe, wenn es sich um eine Verfahrensbeanstandung das Wort dazu.

Rechtsanwalt Becker spricht unverständlich, da ohne Mikrofon.

Vors.:

Bitte?

RA Be[cker]:

... bin der Meinung ...

Vors.:

Ist das denn eigentlich notwendig, daß Sie ...

Angekl. Enssl[in]:

... und der Punkt, um es nochmal zu betonen, dafür wäre jetzt gewesen, Hoff um die Haftbedingungen zu fragen ...

Vors.:

Sind Sie eigentlich jetzt wieder willens, das Verfahren in diese alte, aufgeregte Phase reinzubringen, indem Sie ständig sich ...

RA Be[cker]:

... ganz klar bei Herrn Regierungsdirektor Widera.

Vors.:

... ständig sich einmischen. Wenn ich jetzt das Wort der Bundesanwaltschaft erteile, weil sie eine Verfahrensrüge anbringen will, das heißt, offenbar Ausführung beanstanden will, das hat dann den Vorrang ...

RA Be[cker]:

Ich nehme an, daß es sich ...

Vors.:

... das geht ja bei Ihnen genauso.

[6644] RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich nehme an, daß es sich doch nur darum handelt, daß meine Mandantin im Wortfluß Ihren akademischen Titel und Ihre Funktion hier nicht beachtet hat.

Vors.:

Was Sie annehmen, Herr Rechtsanwalt, in Ehren. Aber wir sollten doch anhören, was dazu gesagt werden soll.

RA Be[cker]:

... nicht beachtet hat. Ich bin der Meinung ...

Vors.:

Ich habe der Bundesanwaltschaft das Wort erteilt.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, es ist der Antrag gestellt, Herr Vorsitzender ...

RA Dr. He[ldmann]:

Zum Verfahren, zum Verfahren ...

Vors.:

... es ist jetzt gerade ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

... es ist der Antrag gestellt, Frau Ensslin für einen Monat vom Verfahren auszuschließen. Frau Ensslin spricht nicht zum Thema. Das wollte ich sagen und bitten ...

Angekl. Enssl[in]:

Ja das begründen Sie doch mal.

Reg. Dir. Wi[dera]:

... darauf hinzuwirken, daß Sie zum Thema spricht.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender ich möchte ...

Angekl. Enssl[in]:

Das begründen Sie doch mal.

RA Dr. He[ldmann]:

... Herrn Regierungsdirektor Widera zu rügen ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, was wollten Sie jetzt?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich bitte Sie, den Herrn Regierungsdirektor Widera zu rügen, weil er mit reiner Polemik eine sachliche Ausführung der Angeklagten Ensslin unterbrochen hat.

Vors.:

Er hat seine Ansicht kundgetan. Ich habe nicht erkannt, daß das eine reine Polemik gewesen sei.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender ...

RA Dr. He[ldmann]:

... auch nicht zugehört.

Vors.:

... habe also auch keinen Grund etwas zu rügen.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich bitte die Bemerkungen von Herrn Regierungsdirektor Widera zuvor zu fragen, zu welchem Behufe sie hergestellt werden, die Bemerkungen, und ihm dann, wenn sie nicht zur Sache gehören, wie hier offensichtlich, das Wort zu entziehen.

Angekl. Enssl[in]:

Ja, was Widera klar macht, ist die Brisanz der Haftbedingungen, ganz klar, welcher Zusammenhang da jetzt gegeben ist.

Vors.:

Was wollen Sie jetzt noch zu dem Antrag, Sie auszuschließen, äußern, Frau Ensslin? Bitte halten Sie sich aber an diesen Antragsgegenstand.

[6645] Angekl. Enssl[in]:

Ja, ich vollende die Konstruktion, ich sag, wie das zusammenhängt, daß Sie gerade diese Fragen, die wir spezifisch heute unmittelbar im Anschluß an das, was gestern klar geworden ist hier, und wie das gestern gelaufen ist, zum Punkt gebracht hätten. Das ist genau das, was hier verhindert werden soll. Und natürlich hören Sie ab. Wir haben das hier nicht auf den Tisch gelegt und gesagt, das wollen wir fragen, aber das ist geschenkt. Sie hören ab und wußten genau, was heute morgen Sache hier gewesen wäre, Haftbedingungen.

RA Be[cker]:

Ich möchte noch eine ...

Angekl. Enssl[in]:

Haftbedingungen, die einen Gefangenen produzieren, der tatsächlich nicht mehr aussagen kann, ohne Anwalt, wo der Anwalt die Rolle des Vernehmungsbeamten spielt und der Vernehmungsbeamte die Rolle des Folterers und so weiter. Da blicken Sie natürlich durch.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Becker.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich will nur nochmal darauf hinweisen: Es gibt einen inhaltlichen Anlaß, weswegen hier ohne Mikrofon gesprochen worden ist. Hat meine Mandantin hier sehr deutlich gemacht. Vier Sätze hier ohne Mikrofon zu sprechen als Ausschlußantrag für einen ganzen Monat zu nehmen, widerspricht der Verhältnismäßigkeit in jedem Falle ...

Vors.:

Ja, das ist schon gesagt, Herr Rechtsanwalt.

RA Be[cker]:

Ich wiederhole mich auch gerne nochmal da, weil das offensichtlich ja doch hier betont werden muß, widerspricht der Verhältnismäßigkeit in jedem Falle. Es ist meines Erachtens dabei zu berücksichtigen, daß es sich um fundamentales Recht jedes Angeklagten handelt, hier im Verfahren teilzunehmen, Fragen zu stellen, gerade auch an einem so brisanten Punkt, wie der Vernehmung des Zeugen Hoff, der hier als Belastungszeuge hier eingeführt worden ist, als Kronzeuge. Und ich meine, daß der Antrag der Bundesanwaltschaft ja auch nur zu begreifen ist in der konkreten Situation, wo heute Herrn Hoff Fragen gestellt werden sollen, und wo hier die Leute, die ihm Fragen stellen wollen, die für Herrn Hoff [6646] offensichtlich, wie die Bundesanwaltschaft das richtig voraussieht, unangenehm sein werden, daß die hier ihr Fragerecht im Wege des Ausschlusses entzogen erhalten sollen. Der Antrag ist vollkommen unbegründet.

Vors.:

Wir wollen jetzt eine Pause dazu machen. Herr Rechtsanwalt, wir wollen ja über die Frage zuerst entscheiden ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja, ich wollte auch mal Stellung nehmen.

Vors.:

Nein, ich gebe Ihnen dazu jetzt das Wort nicht, denn Sie sind ja nicht betroffen. Für Herrn Raspe ist kein Antrag gestellt worden.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Natürlich bin ich betroffen ...

Vors.:

Nein, Sie sind nicht betroffen.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, darf ich kurz begründen, warum ich meine, betroffen zu sein.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Dr. Prinzing, Herr Dr. Prinzing, das Abräumen der Vertei...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Augenblick mal, darf ich mal aussprechen. Es ist doch unübersehbar, daß gerade zu Beginn eines Monates jeder Gefangene hier damit zu rechnen hat, daß unter Vorwänden sein Ausschluß beantragt wird. Deswegen ist es aus der Sicht auch jedes Gefangenen begründet und berechtigt, wenn zu solchen Ausschlußanträgen Stellung genommen wird.

Vors.:

Ja, also diese Ausführungen, Herr Rechtsanwalt, bestätigen meine Auffassung, daß Sie nicht betroffen sind. Das kann nicht die Rede sein, was Sie gesagt haben ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja, Herr Vorsitzender ...

Vors.:

... ich bedauere, Ihnen das Wort nicht erteilen zu können. Die Beteiligten, die betroffen sind, haben das Wort gehabt. Wir ziehen uns zurück. Ich bitte, in einer Viertelstunde wieder anwesend zu sein.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender!

Prof. Dr. Azz[ola]:

Wir sind erst betroffen, wenn die alle abgeräumt sind.

Der Senat zog sich um 11.05 Uhr zur Beratung zurück.

Ende von Band 363.

[6647] Nach Wiedereintritt des Senats um 11.20 Uhr wird die Hauptverhandlung wie folgt fortgesetzt:

Professor Dr. Azzola ist nicht mehr anwesend[kk].

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Der Senat beläßt es bei einer allerdings letzten Verwarnung von Frau Ensslin für den heutigen Tag, weil wir in der gegenwärtigen Prozeßsituation unter Abwägung aller Umstände der Meinung sind, daß der Ausschluß nicht jetzt schon zwingend erforderlich ist. Aber bei einer Wiederholung, Frau Ensslin, gäbe es keine Möglichkeit mehr, um diese Folgen herumzukommen, denn die Anlässe, die die Bundesanwaltschaft zum Anlaß eines Antrags genommen hat, waren durchaus berechtigt und begründet. Ich bitte jetzt um Antwort, ob Erklärungen abgegeben werden sollen von den Angeklagten zu der Vernehmung des Zeugen Hoff und des Zeugen Freter.

Bitteschön, Herr Rechtsanwalt Becker.

RA Be[cker]:

Meine Mandantin ist bereit eine Erklärung abzugeben, wobei davon ausgegangen wird, daß die Vernehmung des Zeugen Hoff noch nicht abgeschlossen ist, entsprechend dem, was wir hier vorgetragen haben, und was der Senat auch verklausuliert, hier, seit gestern Abend, in modifizierten Formen bestätigt hat.

Vors.:

Bitte, Frau Ensslin, Sie haben die Gelegenheit.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, darf ich kurz ums Wort bitten?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, bitte.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Die gleiche Feststellung gilt auch für Herrn Raspe. Er beabsichtigt ebenfalls eine Erklärung abzugeben, geht aber auch davon aus, daß die Vernehmung des Herrn Hoff noch nicht abgeschlossen ist.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Baader stellt seine Erklärungen bis nach Abschluß der Vernehmung des Herrn Hoff zurück.

Vors.:

Herr Raspe wollen Sie beginnen, bitte.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ich.

[6648] Zu Hoff zunächst, bzw. eine Erklärung zu Hoff, ist dann Sache, wenn seine von Prinzing gezielt unterbrochene Vernehmung durch Ihre Fortsetzung rekonstruiert sein wird.

Professor Dr. Azzola erscheint wieder um[ll] 11.23 Uhr im Sitzungssaal.

Angekl. R[aspe]:

Zu Freter, und das hängt unmittelbar zusammen, insofern Herr Freter, Unternehmen Steinacker der Rahmen und die Ummantelung sichtbar wird, in der Hoff sitzt. Die Konstruktion, von der er umstellt ist und aus der dann seine Erzählung her, das Produkt sind, ist allgemein so viel zu sagen. Also wenn gestern und in den Tagen davor, wie also in der ganzen Staatsschutzveranstaltung, die Prinzing hier bemüht, als Beweisaufnahme zu tarnen versucht, etwas sichtbar geworden ist, dann die vollständige Manipulation dieses Verfahrens auf allen Ebenen, daß Sie jedes Detail nach dem Fahrplan, den Buback[15], also die Bundesanwaltschaft und Herold[16], das Bundeskriminalamt, festgelegt haben und laufend kontrollieren, programmiert. Das heißt, eine Erklärung zur total von der Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt konditionierten und strukturierten Aussage Hoffs, kann nur das Bild der Inszenierung sein, aus der sie möglich ist und deswegen ist das also eine Erklärung konkret zu Freter - und in diesem Bild, das Skelett der Staatsschutzmaschine sichtbar machen, die diese Produktionen auswirft. Diese Maschine arbeitet schon längst nach dem Prinzip integrierter Fehlerkorrekturen, und das Feedback-System wird sichtbar an den Bullen hinter der Mauer hier, der also Hoff verhört und seine Aussagen geformt hat und ihn also in den Prozeßpausen wieder aufrüstet und wieder aufrichtet. Die seltenen Ausschußproduktionen dieser Maschinerie, wie Freter z.B., werden dann sofort korrigiert. Das ist die Ebene der Staatsschutzöffentlichkeit, das sind Bubacks Leute in den Medien, die dann z.B. den Tag gestern so zusammenfassen: „Fest steht, daß Hoff im Auftrag von Baader, Raspe und Meins Bomben gebaut hat“. Das war also die Konklusion im ZDF beispielsweise. Und dazu ist also[mm] auch [6649] noch ein anderes, weiteres Beispiel zu bringen. Es ist jetzt bekannt geworden, daß die englische Nachrichtenagentur Reuter und das von CIA benutzt wurde, um gezielte Propagandameldungen in angesehene Zeitungen zu lancieren. Dieses System funktioniert so, daß jede CIA-Station ein oder mehrere Journalisten bezahlt, die einen regelrechten Vertrag mit dem CIA abschließen. Sie liefern dafür als authentische Meldung getarnte CIA-Nachrichten an Agenturen und große Zeitungen. Konkret sieht das so aus, jetzt ein Beispiel, daß hier ein Bericht angefertigt worden ist von einem Journalisten, ein Prozeßbericht, sehr umfangreich. Dieser Bericht ist abgegeben worden an die Redaktion und an die Agentur, und ist in der Redaktion, bzw. in der Agentur so zusammengestrichen worden, daß dann der propagandistische Zweck im folgenden Abschnitt deutlich wird als eine gezielte Fälschung. Da steht also dann zu lesen: „Eine Sekretärin und ihre Tochter glauben, Andreas Baader kurz nach dem Anschlag beim Verlassen des Geländes gesehen zu haben. Drei Tage nach dem Anschlag ging der Presse ein Brief zu, indem sich die RAF für die Tat verantwortlich erklärte“. Das erscheint als Prozeßbericht eines Tages, an dem diese Sekretärin und ihre Tochter, also diese beiden Zeugen, überhaupt nicht aufgetreten sind, hier, und an einem Prozeßtag, an dem von denen überhaupt nicht die Rede war. Auf diese Weise wird in den Medien ein bestimmtes Bild, eine bestimmte Struktur, und damit eine gezielte Sache reingefälscht, die identisch ist mit dem, was sich also auch an der Vermarktung dessen, was also Hoff hier gesagt hat, zeigt, nämlich dem, daß also seit etwa sechs Monaten diese Behauptung gezielt verbreitet wird: Auftraggeber sei Andreas. Und das ist also eine gezielte Belastung, obwohl deutlich geworden ist, in dieser Befragung hier, daß Hoff das nie gesagt hat. Genau diese Tatsache aber erscheint nirgends, wird also auch überhaupt nicht rezipiert, wird[nn] nicht zur Kenntnis genommen. Und auch daran wird sichtbar, daß es im Grunde genommen völlig absurd ist, überhaupt zu so einem Zeugen wie Hoff eine Erklärung abzugeben. Weiter, die Tatsache z.B. - ich wiederhole es noch einmal - die Tatsache, daß Hoff gestern, weil er das gestern noch einmal erklärt hat, er habe nie behauptet, die Person sei einer seiner Auftraggeber gewesen, die er nach BKA-Regie [6650] in fünf Sekunden, solange hatte er Zeit dafür, jedes Bild der Mappe, die ihm Freter vorgeblättert haben, als Andreas zu identifizieren hatte, wird, weil sie eben nicht in dieses Programm paßt, hier[oo] beiseite geschoben, und dann nach den Beispielen, die wir eben genannt haben und nach der Struktur, die uns sichtbar wird, in dieser staatsschutzgesteuerten Vermarktung der Sache, den Medien der Öffentlichkeit ins Gegenteil verkehrt. Aber das ist auch logisch, wie sich an der Strukturierung der Erzählung Hoffs gezeigt hat. Wo irgendein Punkt nicht in die Konzeption paßt, da läuft es eben als ein unerheblicher Fehler in der Konditionierung und Strukturierung der ganzen Sache. Und die Instanzen, über die diese Konditionierung und Strukturierung läuft, sehen etwa so aus: Da ist also erstens die Bundesanwaltschaft hier. Wunder, Zeis, Widera, Holland, sie[pp] kontrollieren die Sache, und sie steuern das Gericht, seine Bewegungen. Zum Beispiel Pausen für Hoff, Unterbrechungen, wenn wir oder die Anwälte reden, Ausschlüsse der Gefangenen, wesentlich der Ausschluß von Andreas, wenn sie in einer abgefeimten Sache Struktur und Funktionen transparent machen. Instrumente dieser Steuerung des Gerichts sind der unsichtbare Wink, den nur Prinzing wahrnimmt, oder wenn er ausfällt, weil er nicht kapiert, Foth, die Heuchelei, wenn der dienstälteste Bundesanwalt z.B. einen anderen vor Angriffen schützt, also die Geste, mit der das zu offensichtliche Gegenteil verschmiert werden soll. Die offene Bedrohung der Anwälte mit Ehrengerichtsverfahren[17] und Ausschluß,[18] wirtschaftlicher Ruin, Entpflichtung,[19] Strafverfahren, Kriminalisierung,[20] also in neun Monaten sind hier 12 Anwälte ausgeschlossen[21] worden. Und diese Bedrohung erfüllt dann ihren Zweck in der Agonie der Verteidigung. Die Sache ...

Vors.:

Herr Raspe, also bei aller Geduld ...

Angekl. R[aspe]:

Moment, Moment, ...

Vors.:

... die das Gericht für Sie aufbringt, bitte ich Sie, doch zur Sache möglichst wieder zurückzukehren. Es geht um Erklärungen zu der Aussage des Zeugen Freter und Hoff. Sie entfernen sich ja immer mehr. Also es ist schon jetzt im Grunde genommen auch nicht die Spur des Zusammenhangs mehr zu erkennen. Wir haben Geduld bis jetzt bewiesen. Aber das hat [6651] natürlich auch seine Grenzen. Also bitte, kehren Sie jetzt zum Gegenstand dessen zurück, was Sie jetzt prozeßual tun dürfen und können.

Angekl. R[aspe]:

Die Sache läuft wesentlich über Zeis, über die kombinierten Verdächtigungen und Lügen der Staatsschutzdossiers, die er hier in die Veranstaltung spuckt. Freter, Pohl, Schäfer, Radzey, Ruckmich, also die BKA-Gruppe, die Hoff betreut, wie er das nennt, und die als Vorführbeamten fungieren, wie Prinzing das nennt, und die nach Freters Aussage gestern, sich die Vernehmung von Hoff so aufteilen, daß jeder von ihnen behaupten kann, nicht über das informiert zu sein - was natürlich Quatsch ist - was der andere macht. Ihre Funktion hier ist, und das ist an Freter sichtbar geworden, die Aussage von Hoff entlang dem Muster der richterlichen Vernehmung zurecht zu kneten. Und zu diesem Zweck sitzt ständig einer von ihnen hinter der Mauer und hört zu, um dann vor und nach der Verhandlung und vor allem in den dafür gezielt eingelegten Pausen, Hoffs Fassade wieder in die beabsichtigte Form zu drücken. Als Beispiel, gestern Vormittag, das wiederhole ich noch einmal: Die plötzliche Pause Prinzings, als Hoff nicht mehr weiter wußte, und dann in den 10 Minuten von Schröder notdürftig wieder aufgerichtet wurde. Und als das bekannt wurde, hat Prinzing dazu auch klar seine Meinung erklärt, er habe das Arrangement zwar nicht gekannt, was auch klar ist, denn es geht ihn nach der Festlegung seiner Funktion durch die Bundesanwaltschaft auch nichts an. Er hält es aber für rechtens, weil Vorführbeamte in der Nähe sein müßten. Wohingegen die Tatsache eben ist, daß das, daß sie sämtliche Funktionen übernehmen, die des Vorführbeamten und die des Vernehmers. Die Funktionen dieser BKA-Gruppe sind offensichtlich verteilt. Freter war, weil er wahrscheinlich als Zeuge auftreten würde, nicht im Raum. Pohl, als Freters Vorgesetzter, überwacht die ganze Sache. Er lobt Hoff. Und natürlich weiß Freter nicht, ob er im Raum war. Er hat also erklärt, es sei möglich, d.h., er war sicher drin. Schröder hört zu oder Schäfer, und er knetet mit Freter, den er informiert, Hoff in den Pausen. Und der wird natürlich von Prinzing nicht als Zeuge geladen, weil das [6652] nicht im Programm steht. Und dann ist da noch Steinacker, von dem Hoff gesagt hat, er sei hier wegen psychologischer Betreuung, als er gefragt worden ist, warum Steinacker ständig dort vorne sitzt. Das ist ungefähr ... mit Steinacker vervollständigt sich dieses Bild, denn er hat ganz offensichtlich die Funktion der Vermittlung von Informationen zwischen BKA, den Vernehmern und Hoff. Und er ist in dieser Funktion ganz klar, und das ist also auch in seinem Auftritt hier sichtbar geworden, übernimmt er also gezielt die Rolle dessen, der die Aussagen von Hoff in den Punkten, in denen das BKA das nicht kann oder nicht will, zurechtrückt.

Vors.:

Frau Ensslin, Sie können jetzt das Wort ergreifen.

Angekl. R[aspe]:

Moment.

Angekl. E[nsslin]:

Ja zur Verdeutlichung der Situation von Hoff, in der er hier war ist, da will ich mal ein Stück von einem Buch „Amnesty International“ vorlesen über Manipulation. Das auch als Kommentar zu der Figur Steinacker, zu seiner Funktion: Um den Übergang von der subakuten chronischen Streßreaktion herbeizuführen, beginnt der Vernehmungsbeamte, und es kann nicht nur der Vernehmungsbeamte sein, es ist jede Person, die mit einem Isolierten in Kontakt kommt, mit der systematischen Schwächung des Gefangenen. Dies ist ein Teil der klassischen Manipulation, die in der Untersuchung von Biedermann über den Korea-Krieg beschrieben wurde. Biedermann war wesentlich an der Zerstörung des Mythos beteiligt, daß die Chinesen geheimnisvolle oder magische Mittel zur Gehirnwäsche der alliierten Kriegsgefangenen verwendet hätten. Zusammen mit Hallo, Farber und Vest und anderen, klassifizierte er Manipulationstechniken nach einem als DDD, Dependency, Debility, Dread d.h., Abhängigkeit, Erschöpfung und Schrecken, bezeichneten Schema. Zu jener Zeit verbot der Verhaltenskodex für Kriegsgefangene ausdrücklich jede Kommunikation mit dem Feind, abgesehen von den Angaben über Name, Rang, Nummer und Geburtsdatum, die von der Genfer Konvention gefordert wurden.[22] Dennoch war es den chinesischen Verhörern ohne Anwendung übermäßiger physischer Brutalität gelungen, Geständnisse zu erhalten, die wenigstens ebenso absurd waren, wie die, die[qq] vom [6653] KGB für seine Schauprozesse in den dreißiger Jahren[23] erzwungen wurden. Indem er die elementaren Prinzipien der Konditionierungstheorie anwendete, konnte Biedermann aufzeigen, daß unter den physischen, sozialen und emotionalen Bedingungen, die durch DDD erzeugt werden, Gehorsam als eine natürliche Konsequenz menschlichen Verhaltens betrachtet werden kann. Die folgende Darstellung des DDD-Schemas zeigt, wie Belastungsmuster manipuliert werden können und manipuliert werden. Das Opfer wird paradoxerweise von seinem Folterer total abhängig. Die einzige Person, die ihm Erleichterungen verschaffen kann, ist der Vernehmungsbeamte, der Folterer, bzw., um das nochmal zu sagen, jede Person, mit der[rr] der Isolierte in Kontakt kommt. Und in der künstlich erzeugten abnormen Umgebung, wo Deprivation und Belastung zur Norm werden und andere menschliche Kontakte fehlen, wird das Opfer von seinem[ss] Peiniger[tt] als einzige Hilfsquelle abhängig. Durch gelegentliche unvorhergesehene Ruhepausen, in denen der Vernehmungsbeamte für kurze Zeit zum mitfühlenden Zuhörer wird, fühlt das Opfer sich ihm verpflichtet. Das also auch als Kommentar zu der Erklärung, die Hoff heute morgen heruntergespult hat.

Vors.:

Herr Raspe, wollen Sie fortfahren.

Angekl. R[aspe]:

Ja, ich will nur kurz abschließend etwas sagen.

Also zu Steinacker, als der einzigen Hilfsquelle und der Tatsache, nachdem Hoff heute morgen erklärt hat, er würde hier nicht auftreten ohne Steinacker, ist das einfach noch einmal zu sagen. Daß also Freter, daß also diese Struktur, die zwischen dieser Gruppe des Bundeskriminalamts, dem Gericht, [uu] der Bundesanwaltschaft und Steinacker besteht, daß in der Mitte dieser Umstellung wirklich Hoff sitzt. Und das Produkt, das dann hier also als Zeugenaussage vermarktet wird und behauptet wird, der Handel ist, der zwischen diesen verschiedenen Instanzen abgeschlossen worden ist. Und in dem Augenblick, in dem eben[vv] einer davon ausfällt, Steinacker, läuft das nicht mehr. Da fehlt also für Hoff eine der Hilfsquellen, und wird die Sache einfach hier abgesetzt und unterbrochen, fertig.

Vors.:

Haben die Herrn Verteidiger oder die Bundesanwaltschaft die [6654] Absicht Erklärungen abzugeben?

BA Dr. W[under]:

Die Bundesanwaltschaft, ja.

Vors.:

Sind Sie damit einverstanden, daß wir, um den Zusammenhang zu wahren, Herrn Professor Azzola, zunächst mal die Verteidigerseite zu Wort kommen lassen. Ich kann die Reihenfolge frei wählen, aber es ist zweckmäßig.

BA Dr. W[under]:

Aber selbstverständlich.

Prof. Dr. Az[zola]:

Bitteschön, Herr Dr. Wunder ...

Vors.:

Nein, nein, Sie sind ja jetzt gerade auf der Verteidigerseite ohnehin am Wort gewesen, auch in Form der Angeklagten. Bitte, Herr Professor.

Prof. Dr. Az[zola]:

Herr Dr. Prinzing zunächst eine Frage, kann ich jetzt oder soll ich später auf den bösen Willen zu sprechen kommen?

Vors.:

Herr Professor, ich hatte gedacht, daß das, was ich Ihnen heute früh zu diesem Punkte gesagt hatte, zu neuen Überlegungen geführt hätte. Es ist nicht zweckmäßig. Ich würde Sie also bitten, das generell zu unterlassen. Hier ist nicht der Ort, um Dinge, die entschieden sind, dann nachträglich nochmals in der Öffentlichkeit auszubreiten.

Prof. Dr. Az[zola]:

Herr Dr. Prinzing, als der böse Wille fiel, habe ich mich bemüht zu Wort zu melden und meine Rüge zu bitten, mehrfach. Das ist nicht dazu gekommen. Ich bin der Meinung, daß ich einen Rechtsanspruch habe, diese Rüge jederzeit nachträglich anzumelden, denn über die Rüge ist noch nicht entschieden.

Vors.:

Es ist aber eine Verkennung Ihres Rechtsanspruches. Sie haben keinen. Wenn eine Wertung ausgesprochen wird auf Seiten eines Prozeßbeteiligten, der selbst nur erwidert auf Anträge der Verteidigung, steht Ihnen selbstverständlich nicht ein Erwiderungsrecht zu. Das kann gegeben werden, wenn neue Fakten und[ww] dergleichen kommen. Aber es geht natürlich nicht, daß, wenn solche Wertungen kommen, das grundsätzlich zu neuen Erörterungen führen könnte. Ich bitte Sie jetzt aber um die Erklärung, Herr Professor.

Prof. Dr. Az[zola]:

Beleidigungen, Herr Dr. Prinzing, sind erwiderungsfrei?

[6655] Vors.:

Nein, das sind sie nicht. Es war auch keine Beleidigung gestern gedacht gewesen.

BA Dr. W[under]:

Herr Vorsitzender, darf ich einen Vorschlag machen, daß der Herr Professor Azzola das Erscheinen des Protokolls abwartet. Dann glaube ich kann er genau nachlesen, wie meine Worte gefallen sind, und in Bezug auf wen der böse Wille ausgesprochen wurde.

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich habs verstanden, Herr Dr. Wunder. Ich werde aber auf das Protokoll warten. In der Zwischenzeit erlaube ich mir aus der Einleitung zu Kants Metaphysik der Sitten, sowohl Herrn Dr. Wunder als auch zur Verfügung des Gerichts etwas über die Bedeutung des bösen Willens Sachkundiges zugehen zu lassen.

Vors.:

Aber ich kann es Ihnen jetzt nicht erlauben. Das tut mir leid. Jetzt sind wir bei den Erklärungen nach § 257[ StPO].

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich wollt ja nur fragen, ob ich darf. Ich habe zur Kenntnis genommen, ich darf nicht.

Vors.:

Darf ich Sie jetzt fragen, haben Sie jetzt zu § 257[ StPO] ... Dann bitte ich zunächst Mal ...

Prof. Dr. Az[zola]:

Es war ja nur eine Frage von mir, Herr Dr. Prinzing, ob in diesem Rahmen das andere, ich habe zur Kenntnis genommen, das andere geht nicht. Es war von Gewalt die Rede aus Anlaß der Vernehmung des Zeugen Hoff. Gewalt, die bewiesen werden soll durch Gegenstände, um die es in der Aussage des Zeugen Hoff ging, und die vor unseren Augen ausgebreitet waren. Diese Gegenstände sind in Proportion zu setzen zu der gigantischen Vernichtungsmaschinerie des Imperialismus, wie sie beispielhaft und grandios in Vietnam[24] zum Einsatz kam, z.B. 10 Milliarden Kilogramm Sprengstoff in den fünf Kriegsjahren von 1966 bis 1971. Diese 10 Milliarden sollte man auch einmal versuchen zur Darstellung zu bringen. Diese Gewalt und dieser Terror müssen in[xx] das Zentrum dieses Verfahrens gestellt werden. Denn hiergegen richtet sich der Kampf der RAF. Das heißt, das sind die Ursachen und Bedingungen, unter denen die RAF entstand, nach eigenem Verständnis entstehen mußte. Also es ging gerade nicht um Gewalt um der Gewalt Willen, nicht um Gewaltanwendung, um sich zu bereichern oder aus anderen [6656] Gesichtspunkten, die im Rahmen des [§ ]211[ StGB][25] eine Rolle spielen könnten, sondern um eine Bereitschaft zum Kampf, zum Einsatz der eigenen Person, des eigenen Lebens und es hat solche Tote gegeben, für die Befreiung und damit die[yy] Freiheit anderer. Es ging also um die Herstellung einer eindeutigen Moral. Gegen die Moral der Sieger, die immer doppelbödig ist, und als doppelbödige Moral immer eine einfache Unmoral.

Vors.:

Dann darf ich jetzt der Bundesanwaltschaft das Wort erteilen. Bitte, Herr Dr. Wunder.

BA Dr. W[under]:

Eine Würdigung des Inhalts der Aussage Hoffs im einzelnen soll nicht erfolgen, weil damit dem Plädoyer vorgegriffen würde. In einer Zusammenfassung ist aber von unserer Seite aus festzustellen, daß der Zeuge Hoff, ohne sich in Widersprüche zu verwickeln, ungewöhnlich sichere Aussagen gemacht hat. Die Genauigkeit seiner Aussagen überrascht nicht. Gründe dafür hat der Zeuge Hoff bereits selbst und zwar meines Erachtens überzeugend dargelegt. Ich wiederhole sie nicht. Es ist aber darüber hinaus auch eine Lebenserfahrung, daß sich Vorgänge von außergewöhnlicher Bedeutung jedenfalls dann tief in die Erinnerung eines Menschen eingraben, wenn die betreffende Person sonst keine ähnlich wichtigen Erlebnisse hatte. So ist es hier. Von einer gesteuerten Aussage, von einer manipulierten, von einem gekauften Zeugen zu sprechen, ist abwegig und ein törichter und untauglicher Versuch. Die Aussage gewährt einen tiefen Einblick in die Aktivitäten der Gruppe und in die Gruppenhierarchie. Später wird man darauf zurückkommen. Nach dieser Zeugenvernehmung wird sich jeder mehr oder weniger an diesem Verfahren Beteiligte ein entsprechendes Bild darüber machen, ob unter anderem angesichts der Begrüßung Hoffs durch den Angeklagten Raspe oder durch die Art der Befragung durch die Angeklagten Baader, Ensslin und Meinhof, Hoff für die Angeklagten ein Bekannter oder ein Unbekannter war, und ob die Angeklagten für ihn die Auftraggeber waren oder nicht. Die Konsequenzen liegen auf der Hand. Eigentlich wartet man bis jetzt vergeblich auf eine Erklärung der Angeklagten, zumindest über diese Art der Bekanntschaft. Dies allerdings erforderte etwas Mut. Es war trotz verständlicher Versuche nicht möglich, die Kernaussage des Zeugen zu erschüttern.

[6657] Angekl. Ensslin (laut dazwischenrufend):

Sie wollen sagen, daß Sie uns nach 3 Jahren Isolation, noch immer nicht zum Geständnis gebracht haben.

Vors.:

Frau Ensslin! Verzeihen Sie bitte ...

BA Dr. W[under]:

Auch die Fragen zum Randgeschehen ...

Vors.:

Herr Bundesanwalt Dr. Wunder, verzeihen Sie, darf ich geschwind unterbrechen. Frau Ensslin, Sie sind verwarnt worden, Sie haben jetzt wieder unterbrochen ohne irgendeinen Anlaß. Ich muß Sie jetzt fragen, haben Sie irgend etwas dazu zu sagen, wenn sich der Senat Gedanken darüber macht, ob Sie auszuschließen sind.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, haben Sie jetzt die Bundesanwaltschaft angeregt, nochmal einen Antrag zu stellen!

Vors.:

Frau Ensslin, Sie haben jetzt das Wort ...

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ...

Vors.:

Auf das lasse ich mich nicht ein. Ich habe Ihnen da keine Frage zu beantworten. Wenn Sie glauben, daß irgend etwas rechtlich nicht in Ordnung sei, dann können Sie in irgendeiner Form rügen.

RA Be[cker]:

Nein, ich habe es akustisch nicht verstanden, weil Sie ja Herrn Dr. Wunder ins Wort gefallen sind.

Vors.:

Es bedarf keines Antrags dazu. Als ich dazu einmal der Bundesanwaltschaft Gelegenheit gab, da haben Sie es genau umgedreht. Sie waren damals noch nicht dabei. Aber jetzt möchte ich Frau Ensslin ...

RA Be[cker]:

Ich kenne die Stelle. Ich wollte nur wissen, ob das ein Wiederholungs...

Vors.:

Frau Ensslin wollen Sie ... lassen Sie mich jetzt bitte Frau Ensslin fragen. Sie hat jetzt das rechtliche Gehör und Sie haben nicht weiter das Wort.

RA Be[cker]:

Ich habe das rechtliche Gehör für Frau Ensslin in einem solchen Fall auch. Das wissen Sie genau.

Vors.:

Nein, Sie haben es jetzt im Augenblick nur zu der Frage zum Ausschluß. Zu der Frage können Sie sich äußern. Aber zu sonst nichts. Bitteschön.

RA Be[cker]:

Was tun Sie denn anders. Was fragen Sie denn anders, Herr Dr. Prinzing?

Angekl. E[nsslin]:

Ja die Formulierungen von Wunder, würde ich sagen, sind wirklich eine außergewöhnlich deutliche Bestätigung [6658] dessen, was wir versucht haben, hier zu vermitteln und klarzumachen. Und ich würde ihm sagen, es ist unerträglich, daß hier in aller Ruhe sozusagen und in einer Logik, die wirklich darauf rausläuft, daß während draußen die Sonne scheint, die Bundesanwaltschaft sagt, hier regnets. Das ist die Logik, die ich unerträglich finde und die unerträglich ist. Deshalb habe ich unterbrochen. Was formuliert wurde von Wunder ist tatsächlich das, daß er sich darüber wundert, dieser Heuchler, daß wir nach dreieinhalb Jahren Isolation immer noch nicht so weit sind, hier bei jeder Gelegenheit, nur weil ein Pappzeuge auftaucht, ein Geständnis abzulegen.

Vors.:

Frau Ensslin, ich möchte Sie jetzt bitten. Sie haben die Gelegenheit zur Sache zu kommen. Jetzt wird nicht weiter eine Erklärung von Ihnen abgefordert, sondern Sie sollen sich äußern zu der Frage, ob Sie wegen Ungebührs ausgeschlossen werden müssen.

Angekl. E[nsslin]:

Ich lehne das ab. Das war nicht Ungebühr.

Vors.:

Sie lehnen es ab. Herr Rechtsanwalt Becker.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, Anlaß der Ausführungen meiner Mandantin ...

Vors.:

Ausführungen? Ich darf hinweisen darauf. Wir empfinden es als einen Zwischenruf und vielleicht wollen Sie sich zu dieser Frage äußern.

RA Be[cker]:

Ich sehe auch einen Zwischenruf als eine Ausführung an. Aber das ist meines Erachtens also ... wir wollen uns nicht in die philologischen Bereiche hier begeben. Die Aussage von Dr. Wunder, die zu dem Zwischenruf meiner Mandantin geführt hat, war die, daß er hier plötzlich ein Geständnis haben wollte. Und das hat meine Mandantin verständlicher Weise, nachdem was alles mit ihr, meines Erachtens, veranstaltet worden ist, hier sofort zurückgewiesen. Wenn in einer Erklärung plötzlich hier meine Mandantin angesprochen wird, von Herrn Dr. Wunder, und das hat meine Mandantin in dieser Aussage hier gesehen, daß Sie dann sofort darauf antwortet und dieses Ansinnen zurückweist, mehr war es nicht gewesen, ist meines Erachtens erstens für Herr Wunder zu seiner Information sehr dienlich, damit er nämlich gleich weiß, daß hier sein Ansinnen zurück- [6659] gewiesen wird, kein angebliches Geständnis oder sonst was hier von meiner Mandantin zum Tragen kommt. Und ich bin der Meinung, daß er jetzt seine Ausführungen sehr gut fortsetzen kann, meine Mandantin hierbleiben kann, weil er inzwischen weiß, daß das, was er von meiner Mandantin begehrt, ihm von meiner Mandantin nicht gewährt wird.

Vors.:

Die Bundesanwaltschaft, bitte sehr.

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Vorsitzender, Frau Ensslin hat die Gelegenheit, das Wort zur Ausführung, wie in dem Beschluß vorhin schon gesagt wurde, dazu benutzt, Beleidigungen auszusprechen. Ich bitte deshalb, ihren Ausschluß auch darauf zu stützen, daß sie hier einen Vertreter der Bundesanwaltschaft einen Heuchler genannt hat.

Vors.:

Ich bitte um Verständnis, wir ziehen uns zurück. Es tut mir leid, daß Ihre Ausführungen unterbrochen werden. Sie können ja nachher nochmals aufgegriffen werden. Fünf Minuten Pause.

Der Senat zog sich um 11.56 Uhr zur Beratung zurück.

Nach Wiedereintritt des Senats um 12.03 Uhr wird die Hauptverhandlung wie folgt fortgesetzt.

Vors.:

Ich bitte Platz zu nehmen.

Der Senat hat beschlossen:

Die Angeklagte Ensslin wird bis zum Ende des Monats Februar 1976 von der Verhandlung ausgeschlossen.

Sie hat trotz häufiger und eindringlicher Abmahnungen wegen vorausgegangener Störungen die Erklärung der Bundesanwaltschaft lautstark unterbrochen und die Verhandlung damit empfindlich gestört. Außerdem hat sie das rechtliche Gehör dazu benutzt, einen Prozeßbeteiligten als Heuchler zu bezeichnen.

Die Angeklagte Ensslin wird um 12.04 Uhr aus dem Saal geführt.

Nach dem bisherigen Verhalten der Angeklagten und der [6660] Fruchtlosigkeit früherer Ausschließungen, sind Wiederholungen zu befürchten, die einen Ausschluß bis Ende des Monats erfordern. Ihre weitere Anwesenheit im Verfahren ist nicht unerläßlich.

Die Bundesanwaltschaft hat das Wort ...

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, zu dem Beschluß der gegen meine Mandantin ...

Vors.:

Ich gebe Ihnen jetzt kein Wort dazu. Die Bundesanwaltschaft hat das Wort. Bitte, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. W[under]:

Ich beschränke mich auf eine Wiederholung des letzten Satzes, den ich vorgetragen hatte.

Eigentlich wartet man bis jetzt vergeblich auf eine Erklärung der Angeklagten, zumindest über diese Bekanntschaft. Dies allerdings erforderte etwas Mut. Aufschlußreich ist auch, daß die Angeklagten keine Fragen zu der hier hauptsächlich, ja eigentlich allein interessierenden Herstellung der Mordwerkzeuge gestellt haben. Es war trotz verständlicher Versuche nicht möglich, die Kernaussage des Zeugen zu erschüttern. Auch die Fragen zum Randgeschehen, zur Entwicklung der Vernehmungen des Zeugen, hat er beantwortet. Antworten auf Fragen allerdings, die nur andere Personen beantworten können, aber in sein Wissen gestellt werden, etwa ob Gesprächsvermerke abgelegt worden sind, können natürlich von ihm nicht erwartet werden. Zur Aussage des Zeugen Freter, zur Frage der Behandlung Hoff durch die Beamten des Bundeskriminalamts, nehme ich erst Stellung, nach Abschluß dieses gesamten Komplexes. Ich weise aber darauf hin, daß es nicht die geringsten Anhaltspunkte für irgendwelche Pflichtverletzungen in diesem Kreis der Beamtenschaft gibt. Ob die Aussage Hoffs möglicherweise bewirkt, daß nicht mehr alle Beweismittel, die an sich für den zunächst mehr mit Indizien zu führenden Prozeß vorgesehen waren, benötigt werden, läßt sich noch nicht übersehen. Abschließend möchte ich aber sagen, daß der Zeuge Hoff zwar die Sachaufklärung erheblich erleichtert hat. Keineswegs ist es aber so, daß er eine Beweisführung der Bundesanwaltschaft erst ermöglicht hat. Danke.

Vors.:

Wir sind damit heute am Ende des Sitzungsprogramms. Herr Rechtsanwalt von Plottnitz?

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ursprünglich hatte ich und ich habe [6661] es immer noch nicht die Absicht, vor dem Abschluß der Vernehmung des Zeugen Hoff eine Erklärung nach § 257[ StPO] abzugeben. Eine kurze Erwiderung trotzdem auf das, was Herr Bundesanwalt Dr. Wunder gesagt hat.

Vors.:

Nein, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, das ist im Gesetz nicht vorgesehen, es wird auch nicht zugelassen. Das sind Erklärungen, die jeder Prozeßbeteiligte für sich abgibt. Hier gibt es keine Erklärung dazu und keine Erwiderung. Das mögen Sie bitte, wenn Sie es mir nicht glauben, im Kommentar nachlesen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich glaube es Ihnen. Dann bitte ich trotzdem um die Gelegenheit, einen Satz zu sagen, einen Satz dazu.

Vors.:

Wenn das nicht zum Präjudiz wird für zukünftige Fälle ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Es soll nicht zum Präjudiz werden ...

BA Dr. W[under]:

Herr Vorsitzender, das ist eine Erwiderung, die gegen das Gesetz laufen würde. Ich erhebe ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, es ist in der Tat so, wir reißen hiermit ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ja aber hat die Bundesanwaltschaft Angst vor einem Satz. Sie scheint eine sehr große Angst zu haben.

Vors.:

Auch nicht jetzt im Zusammenhang mit der Erklärung der Bundesanwaltschaft. Es sind hier gesetzlich keine Erwiderungen zugelassen. Jeder Prozeßbeteiligte hat aus gutem Grunde ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich finde es interessant, daß Sie ja zunächst auch wohl keine Bedenken hatten, hier einen Satz dazu zuzulassen, daß die Bundesanwaltschaft aber überhaupt große Angst davor zu haben ... Aber wie gesagt, Herr Dr. Wunder, ganz kurz ...

Vors.:

Ich möchte jetzt feststellen ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

... zur Frage von widerspruchsfreien und ungewöhnlich genauen Angaben. Man kann auch Märchen widerspruchsfrei und ungewöhnlich genau erzählen.

Vors.:

Ich möchte jetzt feststellen, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, Sie sollten jetzt nicht fortfahren und versuchen, diesen Satz auf diese Weise unterzubringen. Es ist schlechterdings unmöglich geworden mit dem Betragen, das Sie heute wieder hier aufgeführt haben - das möchte ich abschließend feststellen - [6662] eine geordnete Verhandlung durchzuführen. Wenn das für die Zukunft so werden würde, dann wird das zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Es ist nicht mehr möglich Sie, geordnet, wie es bisher zeitweilig geschehen ist, daran zu gewöhnen, daß Wortmeldungen erforderlich sind und daß, wenn ich dann darum bitte, mit Ausführungen nicht fortzufahren, Sie auch wirklich vom Worte zu trennen. Sondern Sie scheinen es sich wieder angewöhnen zu wollen, weiter zu schreien. Und das geht auf keinen Fall. Wir setzen die Sitzung ...

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich habe eine Wortmeldung. Ich hab gar kein Erklärungsrecht bisher gekriegt, Herr Kollege Heldmann auch nicht.

Vors.:

Zu was wollen Sie sich erklären?

RA Dr. H[eldmann]:

Zu § 257[ StPO].

Der Angeklagte Raspe verläßt um 12.09 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Sie hatten doch vorhin ausdrücklich erklärt, Sie wollten erst nach der, d.h., Herr Baader stelle die Erklärung zurück.

RA Dr. H[eldmann]:

Ja, Herr Baader.

Vors.:

Und jetzt wollen Sie trotzdem erklären.

Herr Rechtsanwalt, bitteschön.

RA Dr. H[eldmann]:

Für die Verteidigung, und ich denke, nicht nur für die Verteidigung. Ich gebe jetzt eine Erklärung nach [§ ]257 II[ StPO],[26] die Erklärung zu dem bisher hier abgelaufenen Teil dieser Vernehmung des Herrn Hoff. Die Erklärung des Herrn Baader nach [§ ]257[ StPO], wie auch meine eigene nach [§ ]257 II[ StPO] wird erfolgen dann, wenn die Vernehmung des Herrn Hoff als Zeugen abgeschlossen ist. Aber zur Richtigstellung oder des Eindrucks, der hier erweckt werden soll mit einer Aussage eines Zeugen, den als manipuliert zu erkennen, nicht schwerfällt, vielleicht wenige Hinweise, ohne diese Thematik auch nur annähernd heute erschöpfen zu wollen, auch nicht annähernd. Nämlich das Gericht darauf hingewiesen, daß Vernehmungsbeamte des BKA, die für Herrn Hoff zuständig sind, sich im Saal befinden, fragt Herr Hoff, ob er hier einen erkenne. Herr Hoff dreht sich nicht einmal um, weil er genau weiß, und nicht nur der Herr Hoff, daß dieser Vernehmungsbe- [6663] amte hier hinter der Mauer steht und jedes Wort der Aussage Hoff und jede Frage mithört, um dann anschließend in die Tarnkappe des Vorführbeamten zu schlüpfen und den Herr Hoff hinüber zu führen, und für seine weitere Vernehmung, sagen wir es mal freundlich umschrieben, fit zu machen.

Professor Dr. Azzola verläßt um 12.11 Uhr den Sitzungssaal.

RA Dr. H[eldmann]:

Es fällt der Bundesanwaltschaft auch gar nichts dazu ein, daß Herr Hoff als Mittäter der Angeklagten festgenommen worden ist, und wie wir gestern das in der Aussage Freter gehört haben, Herrn Hoff vorgeworfen worden ist, nämlich Sprengkörper hergestellt zu haben in Kenntnis ihres Verwendungszwecks. Und da wundert sich nicht nur der Jurist, ich denke, jedem Laien geht hier auf, wie da manipuliert wird, daß niemals in dem Verfahren gegen Hoff als Beschuldigten der § 211[ StGB], etwa Beihilfe zum Mord,[27] auch nur ein einziges Mal aufgetaucht wäre. Das wissen wir doch alle. Das ist ein Stück der Manipulation eines Kronzeugen, den es nach dem Gesetz nicht gibt,[28] und der seine Belobung, das sehen wir, das spüren wir, das wissen wir, schon in der Tasche hat. Und Freundin Bonny, vom Gericht[zz] in den Personenstand der Verlobten befördert, beschuldigt - es war gestern, Herr Dr. Breucker, Sie erinnern sich sicher - in den Personenstand der Verlobten befördert, beschuldigt der gleichen Mittäterschaft, wie der sogenannte Zeuge Hoff hier, die ist ins Abseits geraten. Die Vernehmungsbeamten, so Sachbearbeiter Freter, sagen hier, man glaubt es kaum, ja konkret sind unsere Ermittlungen ja noch nicht beendet, aber die gesamten Akten liegen bei der Bundesanwaltschaft. Und wo die Beschuldigte Sorenson, Bonny Sorenson sich aufhält, das wissen zwar manche Leute, aber das wird getarnt. Da liegt für jeden offen, was hier mit einem Zeugen angestellt worden ist und weiter angestellt werden soll, und wo die Belohnung steckt. Sie haben das Institut des praktisch straffrei ausgehenden Kronzeugen hier, ohne daß das Gesetz dafür etwas vorsehe, schon prakti- [6664] ziert. Wir sind dabei es zu tun. Und was sich hier als Zeuge dann, als Hauptbelastungszeuge, als die Wende im Stammheim-Prozeß anbietet und von Ihnen angeboten wird, ist ein Abklatsch von Zeugenbeweis.

Vors.:

Ich glaube, wir sind damit endgültig jetzt am Ende des heutigen Sitzungsprogrammes. Wir setzen am Dienstag um 9.00 Uhr fort. Es sind vorgesehen die Zeugen Hallburger, Körper, Hack, Sachverständigen Windhaber, Stefan, Wollny und Schmidt. Der Sachverständige Stefan ist umgeladen auf den 19.2., fällt also an diesem Tag weg. Dafür erscheint der Zeuge Dengler, wie heute früh schon bekannt gegeben. Um 9.00 Uhr Fortsetzung am Dienstag.

Ende der Sitzung 12.15 Uhr

Ende von Band 364

Siegel des Oberlandesgerichts Stuttgart am 27. Februar 1978 zur Anfertigung von Fotokopien gelöst.

Am 6. März 1978 nach Prüfung und Versiegelung wieder geschlossen.

Karlsruhe, den 6. März 1978


[1] Andreas Baader wurde am 70. Verhandlungstag wegen ordnungswidrigen Benehmens nach § 177 GVG i.V.m. § 231b Abs. 1 StPO bis zum Ende des Monats Februar von der Hauptverhandlung ausgeschlossen (S. 6268 f. des Protokolls der Hauptverhandlung). Die Angeklagte Ensslin hätte an der Hauptverhandlung teilnehmen können. Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] Nach § 257 Abs. 1 StPO sollen Angeklagte u.a. nach jeder Zeugenvernehmung befragt werden, ob sie etwas dazu erklären wollen. Auf Verlangen ist auch der Verteidigung sowie der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zu einer solchen Erklärung zu geben (§ 257 Abs. 2 StPO).

[3] Bundesanwalt Dr. Wunder hatte sich am vorigen Verhandlungstag zu einer u.a. von Ulrike Meinhof vorgebrachten Ablehnung der Mitglieder des 2. Strafsenats wie folgt geäußert:: „Die von Frau Meinhof vorgetragenen Vorwürfe sind heute erstmals derart absurd und derart böswillig, daß es sich verbietet, mit Argumenten näher darauf einzugehen“ (S. 6614 des Protokolls der Hauptverhandlung, 72. Verhandlungstag). Prof. Azzola hatte bereits im Anschluss an die Äußerung vergeblich versucht, das Wort hierzu zu erhalten.

[4] Die Hauptverhandlung kann gem. § 231b Abs. 1 StPO in Abwesenheit der nach § 177 GVG aus dem Sitzungszimmer entfernten Angeklagten fortgeführt werden, wenn das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält und solange weitere schwerwiegende Störungen zu befürchten sind. Dem unmittelbar nach dem Ausschluss des Angeklagten Baader gestellten Antrag, ihn für die Dauer der Vernehmung des Zeugen Hoff die Anwesenheit zu gestatten, entgegnete der Vorsitzende Dr. Prinzing: „Nein, es ist im Augenblick vom Senat beschlossen worden, daß die Anwesenheit nicht notwendig ist“ (S. 6269 des Protokolls der Hauptverhandlung). Die am 72. Verhandlungstag gestellten Anträge der Angeklagten Raspe und Meinhof, nicht weiter zu verhandeln, bis der Angeklagte Baader wieder zugelassen wird (S. 6494 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung), wurde durch den Senat mit der Begründung abgelehnt, die Anwesenheit des Angeklagten Baader erscheine weiterhin nicht unerlässlich (S. 6507 des Protokolls der Hauptverhandlung, 72. Verhandlungstag).

[5] Nach § 55 Abs. 1 StPO steht Zeug/innen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn sie sich selbst oder ihre Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) durch die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.

[6] 1974 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das Recht auf ein faires Verfahren verlange, Zeug/innen grundsätzlich das Recht zuzugestehen, einen Rechtsbeistand des Vertrauens zur Vernehmung hinzuzuziehen, wenn sie es für die Wahrnehmung ihrer prozessualen Befugnisse erforderlich hielten. Insbesondere die Lage derjenigen Zeug/innen, die sich durch ihre Aussage der eigenen Strafverfolgung aussetzen könnten, sei mit der Lage von Beschuldigten in einem Strafverfahren vergleichbar (BVerfG, Beschl. v. 8.10.1974 - Az.: 2 BvR 747/73, BVerfGE 38, S. 105, 112 ff.). Inzwischen ist dieses Recht gesetzlich in § 68b StPO verankert.

[7] Ausnahmsweise kann sich das Recht aus § 55 StPO, die Auskunft auf einzelne Fragen zu verweigern, zu einem umfassenden Auskunftsverweigerungsrecht verdichten, wenn der gesamte Inhalt der Aussage die Gefahr einer Strafverfolgung begründen würde; dies kann insbesondere bei Beteiligten an den angeklagten Straftaten (bzw. bei an der Beteiligung Verdächtigen) der Fall sein (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 55 Rn. 2; BGH, Beschl. v. 11.6.2002 - Az.: 2 StE 7/01 - 6 StB 12/02, NStZ 2002, S. 607; s. auch bereits BGH, Urt. v. 15.1.1957 - Az.: 5 StR 390/56, BGHSt 10, S. 104, 105).

[8] Die Frage war zum damaligen Zeitpunkt in Literatur und Rechtsprechung noch unbeantwortet. Inzwischen wird angenommen, dass die Verhinderung des Beistands dem/der Zeug/in grundsätzlich nicht das Recht gibt, der Verhandlung fernzubleiben, oder die Aussage zu verweigern (Schmitt, in Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 68b Rn. 4; KG Berlin, Beschl. v. 16.9.1998 - Az.: 2 AR 128/98 - 4 Ws 189/98, 2 AR 128/98, 4 Ws 189/98, BeckRS 1998, 15232). Zum Teil wird angenommen, das Gericht sei durch den Grundsatz des fairen Verfahrens dazu angehalten, bei der Terminierung auf die Möglichkeiten des Zeugenbeistands Rücksicht zu nehmen (Krehl, NStZ 1990, S. 192, 193). Dem wird allerdings, gerade in Haftsachen, der Anspruch der inhaftierten Angeklagten auf die beschleunigte Durchführung des Verfahrens entgegengehalten (KG Berlin a.a.O.; Maier, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 68b Rn. 39).

[9] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Gegen nicht verteidigte Beschuldigte kann in diesen Fällen nicht verhandelt werden (vgl. § 145 StPO).

[10] Nach § 231b Abs. 1 StPO kann die Hauptverhandlung in Abwesenheit der wegen ordnungswidrigen Benehmens ausgeschlossenen (§ 177 GVG) Angeklagten fortgeführt werden, wenn das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält und solange zu befürchten ist, dass ihre Anwesenheit den Ablauf der Hauptverhandlung in schwerwiegender Weise beeinträchtigen würde.

[11] Am 30. Juni 1975 begann das Verfahren gegen Irmgard Möller und Gerhard Müller vor dem Landgericht Hamburg. Die Anklagevorwürfe betrafen u.a. das Geschehen um die versuchte Festnahme des RAF-Mitglieds Margrit Schiller, in deren Verlauf ein Polizeibeamter erschossen, ein weiterer verletzt wurde. Der getötete Polizeibeamter Norbert Schmid war das erste Todesopfer der RAF. Der genaue Tatvorgang, insbesondere die Täterschaft, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Irmgard Möller wurde später mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von viereinhalb Jahren, Gerhard Müller u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zum Mord, Beteiligung an Bombenanschlägen und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29).

[12] Eine Gegenvorstellung ist ein Rechtsbehelf, der zwar nicht in der Strafprozessordnung vorgesehen, allerdings in Rechtsprechung und Literatur überwiegend anerkannt ist. Sie beinhaltet die formlose Aufforderung, über eine getroffene Entscheidung erneut zu befinden und die Entscheidung aufzuheben oder abzuändern (Hoch, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafprozessordnung, 4. Aufl. 2020, Vor §§ 296 ff. Rn. 39 ff.). Gegenvorstellungen sind grundsätzlich nur zulässig, wenn das Gericht auch befugt wäre, die eigene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben, so z.B. in den Fällen, in denen eine ordentliche Beschwerde zulässig wäre (die Abänderungsbefugnis ergibt sich für diesen Fall aus § 306 Abs. 2 StPO). Da die Beschwerde gegen Beschlüsse des OLG in erster Instanz in der Regel ausgeschlossen ist (§ 304 Abs. 4 Satz 2 StPO), kommt auch eine Gegenvorstellung in diesen Fällen grundsätzlich nicht in Betracht. Ausnahmen sollen aber für Fälle gelten, in denen eine Grundrechtsverletzung (auch in Form der Verletzung rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht wird (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Vor § 296 Rn. 25) oder die Beseitigung groben prozessualen Unrechts anders nicht behoben werden kann (Allgayer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 296 Rn. 14). Diese Ausnahmen sind durchaus umstritten (ablehnend etwa Allgayer, a.a.O. Rn. 15).

[13] § 34 StPO bestimmt, dass Entscheidungen, mit denen Anträge abgelehnt werden, zu begründen sind. Hierdurch soll den anfechtungsberechtigten Personen ermöglicht werden, über das weitere prozessuale Vorgehen zu entscheiden (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 304 Rn. 1). Die Begründungspflicht sichert den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (Pieroth, in Jarass/Pieroth [Begr.], Grundgesetz, 16. Aufl. 2020, Art. 103 Rn. 32), welcher wiederum eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) ist. Die fehlende (oder unzureichende) Begründung eines gerichtlichen Beschlusses stellt in der Regel einen Aufhebungsgrund dar (BGH, Beschl. v. 7.11.2002 - Az.: 2 BJs 27/02 5 StB 16/2, NStZ 2003, S. 273, 274). Dies gilt aber nur, soweit der Beschluss überhaupt anfechtbar ist. Die Beschwerde, die grundsätzlich gegen Beschlüsse und Verfügungen des Gerichts statthaft ist, ist für Entscheidungen des OLG in erster Instanz allerdings bis auf wenige Ausnahmen ausgeschlossen (§ 304 Abs. 4 Satz 2 StPO).

[14] Mit der Entlassung (§ 248 Satz 1 StPO) erlischt auch das Fragerecht (§ 240 StPO) der Prozessbeteiligten, die vorher dazu anzuhören sind (zur Anwendung des § 248 Satz 2 StPO auf alle Prozessbeteiligten, denen ein Fragerecht zusteht s. Diemer, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 248 Rn. 3). Eine erneute Befragung kann - falls das Gericht nicht von Amts wegen eine Ladung vornimmt - nur mittels Beweisantrag erreicht werden (Ciernak/Niehaus, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 248 Rn. 4 ff.).

[15] Siegfried Buback war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Generalbundesanwalt und damit Leiter der Strafverfolgungsbehörde „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“, welche das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 GVG) ausübt (§ 142a Abs. 1 GVG).

[16] Horst Herold war von 1971 bis 1981 Präsident des Bundeskriminalamtes (s. die vorangestellte Vita in Bundeskriminalamt [Hrsg.], Festschrift für Horst Herold zum 75. Geburtstag, 1998, S. 15, 17).

[17] Ehrengerichtsverfahren (heute: anwaltsgerichtliche Verfahren) können im Falle einer Verletzung berufsrechtlicher Pflichten von Anwält/innen durch die Staatsanwaltschaft vor speziellen Anwaltsgerichten, früher „Ehrengerichte“ eingeleitet werden (§ 121 BRAO). Diese können verschiedene Maßnahmen gegen den Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin verhängen; diese reichen - je nach Schwere des Verstoßes - von einer Warnung (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) bis zum Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO a.F.; heute: § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO). Gegen die Verteidiger/innen in den RAF-Prozessen wurden zahlreiche solcher Ehrengerichtsverfahren eingeleitet (s. dazu etwa das Interview mit von Plottnitz, in Diewald-Kerkmann/Holtey [Hrsg.], Zwischen den Fronten, 2013, S. 91, 95 f.; s. auch die Dokumentation von Ehrengerichtsverfahren von Spangenberg, Kritische Justiz 1976, S. 202).

[18] Noch vor Beginn der Hauptverhandlung wurden die damaligen Verteidiger Baaders, die Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele, auf Grundlage des neu geschaffenen § 138a StPO wegen des Verdachtes der Tatbeteiligung - Unterstützung der kriminellen Vereinigung RAF - durch den hierfür zuständigen 1 Strafsenat des OLG Stuttgart ausgeschlossen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 156 ff.). Durch den 2. Strafsenat des OLG Stuttgart ausgeschlossen wurden schließlich die Rechtsanwälte Golzem, Köncke und Spangenberg aufgrund des (ebenfalls neu eingeführten) Verbots der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO), da diese in einem Parallelverfahren vor dem LG Kaiserslautern die dort Angeklagten Grashof, Grundmann und Jünschke vertraten (der Beschluss des 2. Strafsenats ist abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 44 ff.; diese weite Auslegung des § 146 StPO war Anlass für einige Diskussionen, s. dazu die Kritik der Verteidigung am 43. Verhandlungstag, S. 3320 f., 3338 ff., 3354 ff. und 3394 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[19] Die Zurücknahme der Bestellung als Pflichtverteidiger/in (Entpflichtung) war ausdrücklich nur für den Fall vorgesehen, dass demnächst ein/e andere/r Verteidiger/in gewählt wird und diese/r die Wahl annimmt (§ 143 StPO a.F.; heute: § 143a Abs. 1 Satz 1 StPO). Überwiegend wurde aber angenommen, dass die Zurücknahme der Bestellung auch über diesen Fall hinaus aus einem wichtigen Grund zulässig ist (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 244), so etwa im Falle eines zerstörten Vertrauensverhältnisses (heute § 143a Abs. 2 Nr. 3 StPO) oder grober Pflichtverletzungen (s. bereits Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 143 Anm. 3). Mit Verfügung vom 7.11.1975 wurde die Bestellung des Rechtsanwalts von Plottnitz zum Pflichtverteidiger für Jan-Carl Raspe aufgehoben (die Verfügung ist abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 70 ff.). S. hierzu auch die auf diese Verfügung gestützte und am 43. Verhandlungstag im Namen des Angeklagten Raspe von Rechtsanwalt Mairgünther vorgetragene Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit (S. 3308 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Die Bestellung der Rechtsanwältin Becker zur Pflichtverteidigerin der Angeklagten Ensslin wurde mit Verfügung vom 17.10.1975 aufgebhoben (s. S. 3146 des Protokolls der Hauptverhandlung, 41. Verhandlungstag), wobei die Gründe für die Entpflichtung nicht aus dem Protokoll hervorgehen. Die Bestellung des Rechtsanwalts Riedel, der der Angeklagten Meinhof beigeordnet war, wurde schließlich auf eigenen Antrag aufgehoben (s. S. 5179 des Protokolls der Hauptverhandlung, 57. Verhandlungstag).

[20] Gegen die vom Verfahren ausgeschlossenen Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele wurden Ermittlungsverfahren wegen der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet. Am 23. Juni 1975 wurden die Kanzleiräume der Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele sowie der Rechtsanwältin Becker durchsucht. Rechtsanwältin Becker wurde einen halben Tag festgehalten und schließlich wieder entlassen, Dr. Croissant und Ströbele wurden verhaftet (s. hierzu die Ausführungen des Rechtsanwalts Dr. Heldmann am 9. Verhandlungstag, S. 748 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, und der Rechtsanwältin Becker, S. 754 f. des Protokolls). Rechtsanwalt Siegfried Haag wurde wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung vorläufig festgenommen, seine Kanzlei- und Wohnräume wurden durchsucht. Der beim Bundesgerichtshof beantragte Haftbefehl wurde zunächst abgelehnt. Als er im Beschwerdeverfahren schließlich erteilt wurde, war Haag bereits untergetaucht und hatte sich der RAF angeschlossen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 212 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 69; s. auch die Presseerklärung Haags in Anlage 1 zum Protokoll vom 21.5.1975, S. 12 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag).

[21] Neben den sechs ausgeschlossenen Rechtsanwälten (Fn. 20) und den drei Entpflichtungen (Fn. 19) könnten insbesondere die Referendare Dr. Temming und Düx gemeint sein. Rechtsreferendar Dr. Temming trat ab dem 41. Verhandlungstag als amtlicher Vertreter der Rechtsanwältin Becker auf; aus den Diskussionen am 43. Verhandlungstag geht hervor, dass das Landgericht Stuttgart die amtliche Bestellung als allgemeiner Vertreter von Rechtsanwältin Becker aufgehoben haben dürfte (S. 3318, 3340, 3356 des Protokolls der Hauptverhandlung). Ähnliches dürfte auch in Bezug auf den Rechtsreferendar Düx, amtl. Vertreter von Rechtsanwalt von Plottnitz, geschehen sein, wobei dies lediglich angedeutet wird (S. 3340 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 43. Verhandlungstag).

[22] Gem. Art. 17 des Genfer Abkommens vom 12.8.1949 über die Behandlung der Kriegsgefangenen (GA III) sind Kriegsgefangene auf Befragen hin nur zur Nennung des Namens, Vornamens und Grades, des Geburtsdatums und der Matrikelnummer oder, wenn diese fehlt, einer anderen gleichwertigen Angabe verpflichtet.

[23] Im Zuge der von dem sowjetischen Diktator Josef Stalin angeordneten politischen „Säuberungen“ fanden zwischen 1936 und 1938 die sog. vier Moskauer Schauprozesse gegen ehemalige Spitzenfunktionäre statt. Ihnen wurde Verschwörung gegen den sowjetischen Staat, Mord und Sabotage vorgeworfen. Die Beweiserbringung der Anklage stützte sich auf „Geständnisse“ der Angeklagten, die u.a. durch Folter erzwungen wurden (Bayerlein, in Bayerlein/Weber/Drabkin/Galkin [Hrsg.], Deutschland, Russland, Komintern, 2013, S. 225, 353 ff., 368 ff.; Schramm, in Ders. [Hrsg.], Handbuch der Geschichte Russlands, Band 3 2. Halbband, 1992, S. 782, 838 ff.).

[24] Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und mit dem Ziel, die Ausbreitung des Kommunismus in Südostasien einzudämmen, führten die USA in Vietnam von 1964 bis 1973 einen Luft- und Bodenkrieg gegen die südvietnamesische Befreiungsfront und nordvietnamesische Truppen. Trotz wachsender Proteste in der amerikanischen Bevölkerung und entgegen den Einschätzungen und Warnungen hochrangiger Berater, entschieden sich mehrere US-Präsidenten für die Fortsetzung der Kämpfe. Während dieses Krieges griff das US-amerikanische Militär auf Methoden zurück, die darauf ausgerichtet waren, möglichst viele Gegner/innen auszuschalten und deren Strukturen zu zerschlagen (Fischer, Die USA im Vietnamkrieg, 2009, S. 104 ff.; Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 83 ff.; 126 ff.; 144 ff.; 187 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 56 ff.). Bereits wenige Monate nach ihrem Kriegseintritt begann die US-amerikanische Luftwaffe am 2. März 1965 mit der Bombardierung von Zielen in Nordvietnam. Die Operation trug den Namen „Rolling Thunder“ und endete erst nach mehr als drei Jahren am 31. Oktober 1968. Obwohl die Amerikaner mit mehr als 300.000 Einsätzen zahlreiche infrastrukturelle Zerstörungen anrichteten und ca. 50.000 Menschen töteten, scheiterten sie mit ihrem Vorhaben, Nordvietnam zur Aufgabe zu zwingen (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 118 ff.). Später wurden im Rahmen der „Operation Linebacker“ allein innerhalb von sechs Monaten Bombenangriffe im Umfang von 155.000 Tonnen geflogen (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 205 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 72 f.). Kurz bevor sich die USA Ende Januar 1973 offiziell aus dem Vietnamkrieg zurückzogen, versuchte Präsident Nixon mit einer erneut beispiellosen Bombardierung von Hanoi und Hai Phong, der „Operation Linebacker II“ bzw. dem „Weihnachtsbombardement“, noch einmal die Stärke des amerikanischen Militärs zu demonstrieren und den von ihm gegenüber Saigon ausgesprochenen Beistandsgarantien nach Abzug amerikanischer Bodentruppen Nachdruck zu verleihen (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 205 ff.; Greiner, Krieg ohne Fronten, 2007, S. 72 f.).

[25] Der Tatbestand des Mordes (§ 211 StGB) enthält sog. Mordmerkmale, die die vorsätzliche Tötung eines Menschen nicht mehr nur als Totschlag, sondern als Mord qualifizieren. So ist etwa wegen Mordes strafbar, wer „aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen“ einen Menschen tötet. Die „sonstigen niedrigen Beweggründe“ stellen dabei eine Generalklausel für höchststrafwürdige Tötungsbeweggründe dar. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein solcher Tötungsbeweggrund niedrig, der nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe steht, und deshalb besonders verwerflich und verachtenswert ist (BGH, Urt. v. 25.7.1952 - Az.: 1 StR 272/52, BGHSt 3, S. 132, 133).

[26] § 257 Abs. 2 StPO gibt der Verteidigung neben den Angeklagten auf Verlangen ein eigenes Erklärungsrecht.

[27] § 211 StGB enthält den Straftatbestand des Mordes, d.h. der Tötung einer Person bei gleichzeitigem Vorliegen eines sog. Mordmerkmals, darunter die Tötung einer Person mit „gemeingefährlichen Mitteln“. Dies sind Mittel, die geeignet sind, in der konkreten Tatsituation eine größere Zahl von Personen an Leib und Leben zu gefährden, weil die Ausdehnung der Gefahr für den/die Täter/in nicht beherrschbar ist (BGH, Urt. v. 13.2.1985 - Az.: 3 StR 525/84, NJW 1985, S. 1477, 1478). Dazu kann auch der Einsatz von Sprengkörpern gehören. Die Beteiligung an einer Straftat in Form der Beihilfe (§ 27 StGB) setzt neben einem objektiven Hilfeleisten (was im Falle der Herstellung der Bomben zu bejahen ist), auch Vorsatz sowohl in Bezug auf die Haupttat, als auch in Bezug auf das Hilfeleisten, voraus. Die schwächste Form des Vorsatzes ist der sog. bedingte Vorsatz (dolus eventualis; auch: Eventualvorsatz), der nach überwiegender Auffassung voraussetzt, dass der/die Täter/in die Verwirklichung des Tatbestandes durch seine/ihre Handlung jedenfalls für möglich hält und sich damit abfindet (zu den im Einzelnen durchaus umstrittenen Voraussetzungen s. auch BGH, Urt. v. 22.4.1955 - Az.: 5 StR 35/55, NJW 1955, S. 1688, 1690; Puppe, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen [Hrsg.], Strafgesetzbuch, 5. Aufl. 2017, § 15 Rn. 31 ff.; Roxin/Greco, Strafrecht Allgemeiner Teil Band 1, 5. Aufl. 2020, § 12 Rn. 21 ff.).

[28] Die Schaffung einer speziellen gesetzlichen Kronzeugenregelung wurde zum damaligen Zeitpunkt zwar diskutiert, erfolgte aber zunächst nicht. Während bereits mit Gesetz vom 28.7.1981 (BGBl. I, S. 681) eine Kronzeugenregelung für Betäubungsmitteldelikte geschaffen wurde (§ 31 BtMG), geschah dies erst 1989 auch für terroristische Straftaten (BGBl. I, S. 1059, S. 1061). Diese Regelung trat jedoch zum 1.12.1999 wieder außer Kraft. Erst seit dem 1.9.2009 gibt es im deutschen Strafrecht mit § 46b StGB eine allgemeine Kronzeugenregelung (eingeführt durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz vom 29.7.2009, BGBl. I, S. 2288).


[a] Handschriftlich ersetzt: 1975 durch 1976

[b] Maschinell eingefügt: wird also

[c] Handschriftlich ersetzt: ist durch ich

[d] Maschinell durchgestrichen: nach

[e] Handschriftlich ergänzt: Aussagen

[f] Maschinell durch * eingefügt: RA Dr. He.: Hab ich zur Hand, ja.

[g] Handschriftlich ergänzt: warten

[h] Handschriftlich ersetzt: noch durch doch

[i] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend

[j] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend

[k] Maschinell eingefügt: wieder

[l] Maschinell eingefügt: wieder

[m] Maschinell eingefügt: wieder

[n] Handschriftlich ersetzt: Ri.Mai durch Ri.Foth

[o] Maschinell ersetzt: ... durch abweichend

[p] Handschriftlich eingefügt: zwar

[q] Maschinell ersetzt: ... durch möchte mich dem Antrag anschließen,

[r] Maschinell durchgestrichen: an,

[s] Handschriftlich eingefügt: der

[t] Handschriftlich ersetzt: der Rechtsprechung durch der Unterstützung

[u] Handschriftlich ersetzt: sicher durch sich ja

[v] Handschriftlich durchgestrichen: von

[w] Maschinell durchgestrichen: zuzulassen

[x] Maschinell durchgestrichen: Mehrere Prozessbeteiligte reden unverständlich durcheinander.

[y] Maschinell ersetzt: v.Pl. durch Be.

[z] Maschinell ersetzt: Überblick durch Im übrigen liegt

[aa] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch Ich gebe

[bb] Handschriftlich eingefügt: RA

[cc] Maschinell durchgestrichen: Ort

[dd] Handschriftlich durchgestrichen: Gegenvorstellungen

[ee] Maschinell eingefügt: schon

[ff] Handschriftlich ergänzt: haben

[gg] Maschinell durchgestrichen: Prof. Dr. Azzola spricht unverständlich dazwischen

[hh] Maschinell ersetzt: ... durch nicht

[ii] Handschriftlich ersetzt: ungenommen durch unbenommen

[jj] Maschinell durch * eingefügt: RA.Be.: Herr Vorsitzender, ich bitte um’s Wort.

[kk] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend

[ll] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[mm] Handschriftlich ersetzt: soll es durch ist also

[nn] Handschriftlich eingefügt: wird

[oo] Handschriftlich eingefügt: hier

[pp] Handschriftlich eingefügt: sie

[qq] Handschriftlich eingefügt: die

[rr] Handschriftlich ersetzt: dem durch der

[ss] Handschriftlich ersetzt: seinen durch seinem

[tt] Handschriftlich durchgestrichen: Peinigern

[uu] Handschriftlich durchgestrichen: und

[vv] Handschriftlich eingefügt: eben

[ww] Handschriftlich eingefügt: und

[xx] Handschriftlich eingefügt: in

[yy] Handschriftlich eingefügt: die

[zz] Handschriftlich eingefügt: vom Gericht