97. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 6. April 1976, um 9.10 Uhr



[8652] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 6. April 1976, um 9.10 Uhr

97. Verhandlungstag

Gericht und Bundesanwaltschaft - mit Ausnahme von Oberstaatsanwalt Holland - erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend: JAss. Clemens,
JAss. z.A. Scholze

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind erschienen:
Rechtsanwälte Künzel, Schnabel, Schwarz, RA’in Zuber (als Vertreterin von Rechtsanwalt König), Linke und Grigat.

Als Zeugen sind erschienen: Klaus Sandermann
Horst Goldbaum
Günter Pelzing
KHK Dieter Boieck

Vors.:

Ich bitte um Entschuldigung, daß wir uns verspätet haben. Es hing daran, daß ein Fahrzeug nicht richtig zufahren konnte. Wir haben zunächst folgendes bekannt zu geben: Daß am 21.4.1976 auch der Zeuge Georg Hoffmann, der auf den 22.4.1970 geladen war, gehört werden wird. Er mußte vorgezogen werden um einen Tag, Georg Hoffmann. Und für heute Nachmittag ist Herr Rainer Schlegelmilch als Zeuge vorgesehen gewesen. Da ist die Ladung schiefgelaufen. Er steht uns also heute Mittag auf jeden Fall nicht zur Verfügung.

Wir haben heute früh die Herren ... Herr Rechtsanwalt Eggler hat sich entschuldigt für die ersten Stunden Herr Sandermann, Herr Goldbaum - Herr Asendorf inzwischen gekommen? Sehe ich nicht, fehlt noch Herr Pelzing und Herr Boieck.

Die Zeugen Sandermann, Goldbaum, Pelzing und Boieck werden gem. § 57 StPO[2] belehrt.

Die Zeugen Sandermann, Goldbaum, Pelzing und Boieck erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[3]

[8653] Die Zeugen Sandermann, Goldbaum und Boieck werden um 9.13 Uhr in Abstand verwiesen.

Vors.:

Herr Pelzing, darf ich Sie nochmals um die Angaben Ihrer Personalien bitten?

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person:

Zeuge Pelzing

Günter Pelzing, 45 Jahre alt,
verh., wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg, wohnh. Bodelshausen, Kreis Tübingen, [Anschrift],

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Pelzing, ist es richtig, daß Sie nach dem Anschlag in Karlsruhe, Stichwort „Bundesrichter Buddenberg“, mit der Spurensicherung und auch Ordnung der Spuren beauftragt gewesen sind?

Zeuge Pel[zing]:

Ich bin rausgerufen worden. Ich bin da mit einem Fahrer vom Landeskriminalamt, ich weiß nicht mehr, mit wem ich gefahren bin, am Tatort angekommen, und da waren schon die meisten Spuren gesichert. Ich hab da noch lediglich insofern Anweisungen gegeben, daß ich gesagt habe, also bitte guckt noch einmal nach, ob auch wirklich alles da ist. Es wurde mir dann gezeigt, wo sie alles gesichert haben, u.a. aus einer Türfüllung oder aus einer Türe heraus. Also es waren große Abstände berücksichtigt worden, und daraufhin habe ich gesagt, gut also, dann ist alles in Ordnung.

Vors.:

Würde das zunächst heißen, daß Sie die gesicherten Spuren lediglich übernommen haben?

Zeuge Pel[zing]:

Ich habe die gesicherten Spuren am Anfang übernommen, aber dann kam Herr Müller, Herr Krapp und Herr Schlörer vom Bundeskriminalamt. Die kamen damals von dem Anschlag in Augsburg, glaube ich, war es. Und da drehte es sich damals schon wieder um den § 3 BKA-Gesetz.[4] Ich wollte nämlich den Wagen von Herrn Buddenberg zum Landeskriminalamt überführen lassen. Und wie es sich dann herausstellte, das Bundeskriminalamt übernimmt, da habe ich gesagt, da kann man es auch direkt zum Bundeskriminalamt führen und muß nicht indirekt übers Landeskriminalamt gehen.

Vors.:

So daß Sie für die Spuren, die Ihnen übergeben worden sind, nur eine [8654] Durchgangsstation gewesen waren.

Zeuge Pel[zing]:

Ich war lediglich eine Durchgangsstation und kenne noch nicht mal sämtliche Spuren dem Anblick nach.

Vors.:

Haben Sie eine bestimmte Art von Spuren damals besonders verfolgt?

Zeuge Pel[zing]:

Es war auffällig, ein Kabelschuh, ein oder zwei Kabelschuhe, und dann war für mich noch auffällig ein kleinerer Magnet.

Vors.:

Wir werden nachher Ihnen Gelegenheit geben, die hier vorliegenden Asservate anzusehen, ob Sie Einzelstücke wieder erkennen. Die Frage ging dahin, ist es richtig, daß Sie vorzüglich nach den Spuren gesucht haben, die Hinweise auf den verwendeten Sprengkörper geben konnten?

Zeuge Pel[zing]:

Sprengstoff? Nein.

Vors.:

Sprengkörper?

Zeuge Pel[zing]:

Ich habe in diesem Sinne überhaupt keine Spuren gesucht, sondern die waren schon gesichert worden. Und ich bin rausgerufen worden dazu, ich sollte ja zuerst die Untersuchungen durchführen, beim Landeskriminalamt. Und wurde rausgerufen zu dem Zwecke, festzustellen, ob jetzt wirklich alles gesichert ist oder nicht oder ob ich noch etwas besonderes haben wolle.

Vors.:

Nun es liegt hier ein Bericht vor, in dem verschiedentlich die Rede davon ist, daß Sie die Spurensuche aufgenommen hätten. Freilich dann mit dem Hinweis, daß Sie die Spuren weitergegeben haben, soweit sie gefunden wurden. Aber demnach sollen Sie z.B. auch mitgewirkt haben, sich umzusehen, wie der Zündkörper funktioniert haben könnte am Fahrzeug. Trifft das zu?

Zeuge Pel[zing]:

Ja das stimmt. Deswegen der Begriff Kabelschuh.

Vors.:

Wenn Sie uns das schildern könnten, was Sie da feststellten[a], am Fahrzeug selbst am Tatort.

Zeuge Pel[zing]:

Also am Fahrzeug selbst stellte ich fest, daß der Sprengkörper unter dem Fahrzeug detoniert sein muß. Es war praktisch aufgerissen das Fahrzeug. Auch innen drin, die Sitze waren sehr stark beschädigt. In den Sitzen selbst habe ich nicht nach Splittern gesucht, weil das Fahrzeug ja überführt wurde oder überführt werden sollte. Und ich habe mir auch angesehen, wo der Sprengkörper gewesen sein muß. Er muß also etwas mehr links als von der Mitte des Fahrzeugs gewesen sein, an der Eindellung auf dem Boden. Wir haben uns auch damals Gedanken gemacht, da war Herr Müller schon dabei ...

Vors.:

Vielleicht wäre es besser, Herr Pelzing, weil Sie ja hier im Rahmen einer Zeugenaussage die Fakten angeben sollen, wenn Sie eben sagen, [8655] wo Sie die Vertiefungen etwa, wie Sie sagen, in der Straße gesehen haben, wo vielleicht die markanten Beschädigungen am Fahrzeug gewesen sind, wenn es überhaupt Sie damals besonders interessiert hat.

Zeuge Pel[zing]:

Die markante Beschädigung am Fahrzeug war praktisch ungefähr in der Mitte. Allerdings war, so wie ich mich erinnern kann, der Fahrersitz besonders beschädigt, stärker als der Beifahrersitz. Soweit ich mich entsinnen kann.

Vors.:

Jedenfalls die Kabelleitung selbst, die haben Sie noch Original am Fahrzeug erkennen können oder ist das falsch verstanden?

Zeuge Pel[zing]:

Nein, also eine direkte Zuführung zu einem Sprengkörper - der ja nicht mehr da war, er war ja zerlegt - es war nicht festzustellen; aber es war festzustellen, daß hier an diesem Fahrzeug Fremdleitungen angebracht worden waren.

Der Zeuge besichtigt die vor ihm ausgebreiteten Asservate B 50 12/9 Pos. 1-58, mit Ausnahme von Pos. 42, mit der Bitte, ob er einzelne markante Stücke wieder erkennt.

Der Zeuge besichtigt das Asservat B 50 12/9 Pos. 58 und erklärt:

Zeuge Pel[zing]:

Das ist B 50 12/9/58, das sind die Kabelschuhe mit den Leitungen.

Der Zeuge besichtigt das Asservat B 50 12/9 Pos. 53.1 und erklärt:

Zeuge Pel[zing]:

Hier handelt es sich um einen Teil eines Magneten.

Der Zeuge besichtigt das Asservat B 50 12/9 Pos. 51 1-4 und erklärt:

Zeuge Pel[zing]:

Ebenfalls Teil eines Magneten.

Rechtsanwalt Pfaff (als Vertreter von RA Dr. Heldmann)[b] erscheint um 9.20 Uhr im Sitzungssaal

Rechtsanwalt Herzberg (als ministeriell bestallter Vertreter von Rechtsanwalt Schlaegel) erscheint um 9.20 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge besichtigt das Asservat B 50 12/9 Pos. 52 und erklärt:

Zeuge Pel[zing]:

Ebenfalls Magnet.

[8656] Der Zeuge besichtigt das Asservat B 50 12/9/41 und erklärt:

Zeuge Pel[zing]:

Vermutlich Teil eines Bügels.

Sonst kann ich nichts erkennen. Allerdings muß ich dazu sagen, ich habe auch nicht alle Splitter genau angesehen ...

Vors.:

Das ist verständlich. Könnten Sie mal die Nr. 40 sich noch speziell heraussuchen, die Ihnen vielleicht jetzt gerade beim Überschauen nicht so aufgefallen sein mag, ob Sie damit irgend etwas anfangen können.

Der Zeuge besichtigt das Asservat B 50 12/9/40 und erklärt:

Zeuge Pel[zing]:

Ich könnte mir vorstellen, daß es Teile[c] eines Bügels waren.

Aber ich hab es nicht in Erinnerung, daß ich es gesehen habe.

Vors.:

Danke. Jetzt haben Sie das Material insgesamt gesehen. Herr Pelzing, Sie sind derjenige gewesen, dem man die schon gesicherten Spuren übergeben hat. Sie haben sie dann weiter gegeben. War das Material, daß man Ihnen übergeben hat, in dieser Form damals auch vorgelegen. Können Sie also sagen, es handelte sich auch damals um solches Material. Teile davon haben Sie ja im einzelnen jetzt schon bezeichnet.

Zeuge Pel[zing]:

Das ja. Aber ob es genauso verpackt war, das wage ich zu bezweifeln. Das glaube ich auch nicht.

Vors.:

Es geht nur um das Material.

Zeuge Pel[zing]:

Ob es zusammen war, das weiß ich auch nicht. Auf jeden Fall, ich habe mir verschiedene Sachen angesehen, die ich jetzt wieder erkannt habe.

Vors.:

Ja, dankeschön. Wenn weitere Fragen an Herrn Pelzing sind? Herr Berichterstatter, bitte?

Richter Ma[ier]:

Herr Pelzing, Sie sagten gerade, Sie wissen nicht mehr, ob es so verpackt war. Wie war es denn verpackt und gekennzeichnet?

Zeuge Pel[zing]:

Soweit ich mich erinnern kann, war es damals einerseits in so braunen Tüten drin, also praktisch die normalen Asservatentüten. Es können allerdings auch Plastiktüten dabei gewesen sein. Ich kann mich ehrlich gesagt, nicht mehr richtig daran erinnern.

Richter Ma[ier]:

Und waren diese Tüten irgendwie gekennzeichnet?

Zeuge Pel[zing]:

Die waren gekennzeichnet. Und zwar waren die gekennzeichnet nach einem Plan, wo man das Material gefunden hat.

Richter Ma[ier]:

Verstehe ich Sie da recht, daß also Nummern[d] angebracht waren, so- [8657] wohl auf dem Plan, wie auf den Tüten?

Zeuge Pel[zing]:

Richtig.

Richter Ma[ier]:

Können Sie uns noch in etwa sagen, wieviel Tüten das waren?

Zeuge Pel[zing]:

Kann ich nicht mehr.

Richter Ma[ier]:

Das sollen im Ganzen 51 Tüten gewesen sein.

Zeuge Pel[zing]:

Das weiß ich nicht mehr.

Richter Ma[ier]:

Wissen Sie nicht mehr, dankeschön.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Bundesanwalt Widera, bittesehr.

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Pelzing, trotz Rückfrage durch den Herrn Vorsitzenden habe ich wahrscheinlich aus akustischen Gründen nicht verstanden, wo waren die markanten Beschädigungen am Fahrzeug? Fahrersitz- oder Beifahrersitznähe?

Zeuge Pel[zing]:

Es war ca. in der Mitte des Fahrzeuges, und soweit ich mich entsinnen kann, war der Beifahrersitz bei weitem mehr beschädigt als der Fahrersitz und zwar richtig von unten durchschlagen.

Reg. Dir. W[idera]:

Dankesehr.

Vors.:

Weitere Fragen? Ich sehe nicht. Herr Pelzing, Sie haben hier schon einen Eid abgelegt. Wenn Sie die Richtigkeit, Wahrheit der heutigen Aussage unter Bezugnahme auf diesen geleisteten Eid versichern, dann gilt das als neue Vereidigung.

Der Zeuge Pelzing[e] versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO) und wird im allseitigen Einvernehmen um 9.25 Uhr entlassen.

Der Zeuge Sandermann erscheint um 9.25 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Zunächst darf ich um Ihre Personalien bitten.

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person:

Zeuge Sandermann

Klaus-Dieter Sandermann, 32 Jahre alt, Ingenieur. (Heizung), wohnh. Karlsruhe, [Anschrift],

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Sandermann, erinnern Sie sich, daß im Jahre 1972, Mitte 72, einmal eine Fernsehsendung gekommen ist, die eine Festnahmeaktion in Frankfurt wiedergab?

[8658] Zeuge San[dermann]:

Ja.

Vors.:

Wissen Sie noch, wer damals festgenommen worden ist?

Zeuge San[dermann]:

Im Detail, das ist, glaube ich, seinerzeit gewesen, einmal Baader und Co. ...

Vors.:

Wir haben dann schon ein Stichwort, um die Aktion näher gekennzeichnet zu haben. Haben Sie im Zusammenhang mit dieser Festnahmeaktion irgendetwas beobachtet, was Ihnen dann aufgefallen ist und was Ihnen mitteilungswert erschien.

Zeuge San[dermann]:

Ich habe mich aufgrund dessen gemeldet, daß mir ... seinerzeit bei der Festnahme [f] in der Presse das Bild von dem Porsche veröffentlicht worden und wurden Zeugenaussagen gesucht, wer den Wagen eventuell irgendwann und wo mal gesehen hat. Daraufhin habe ich angerufen bei der Polizei in Karlsruhe und habe mich gemeldet, daß ich an irgendeinem Tag, ich weiß das Datum nicht mehr, wo ich zusammen mit Herrn Goldbaum morgens um 10 Minuten vor 7 oder 10 Minuten nach 7, das kann ich nicht genau sagen, wann das war - da müßte man im Protokoll nachschauen - nach Frankfurt gefahren sind, weil wir dort eine Baustelle hatten und haben dort die chemischen Institute gemacht von der Universität Frankfurt. Und der Herr Goldbaum macht Klimaanlagen, und ich Heizung und Lüftung. Und auf der Fahrt nach Frankfurt hin, haben wir auf Höhe von Mannheim, d.h. Bruchsal-Mannheim, hat uns ein Porsche überholt, also in der Farbe - aubergine -[g] so blau-rot. Und dringesessen hat ein Mann und eine Dame. Beide schwarz, die Frau lange Haare. Mir persönlich ist es deswegen nicht[h] stutzig vorgekommen, sondern, weil wir zur gleichen Zeit auch in Konstanz eine Baustelle haben. Wir haben dort auch die Universität in Konstanz gemacht zur gleichen Zeit. Und wenn wir dort Bauleitung machen mußten oder wir mußten zum Uni-Bauamt, ist das immer eine Mords-Fahrerei gewesen, weil man nur bis Laar-Offenburg die Autobahn fahren kann, und da muß man über die Landstraßen, über die Berge da rüber. Wenn man da ein paar Holzlaster vor sich hat, dauert das normal eine Ewigkeit bis man in Konstanz ist. Und daraufhin habe ich gesagt, also wenn die jetzt schon hier, in Karlsruhe vorbei sind, also Mannheim, müssen die verdammt früh aufgestanden sein. Das war also nur, was mir da aufgefallen ist, nicht aufgefallen, deswegen diskutiert. Ich hätte es vielleicht gar nicht wahrgenommen, wenn wir nicht gleichzeitig zufällig in Konstanz auch eine größere Baustelle gehabt hätten. Und meines Wissens, kurz vor dem Darmstadter-Kreuz, ist ein Unfall gewesen, d.h. ein größerer Stau und dann haben wir den Wagen, weil wir rechts gefahren sind, noch mal überholt in einem lang- [8659] samen Tempo, weil die ganze linke Spur gestoppt war; die stand.

Da habe ich bloß noch die Bemerkung gemacht: Trotz dem schnellen Wagen sind die jetzt auch nicht weiter gekommen, wie wir. Und das ist alles gewesen, und mehr kann ich dazu nicht sagen.

Vors.:

Also der Wagen ist Ihnen hinlänglich lang im Blickfeld gewesen, damit Sie überhaupt einigermaßen brauchbare Beobachtungen machen konnten.

Zeuge San[dermann]:

Ja zumal, weil ich nicht gefahren bin, und mir seinerzeit, ja, wenn man nichts zu tun hat und so, dann schaut man sich sowieso andere Autos etwas an, hauptsächlich einen Porsche, als junger Mensch. Und das war für mich, mehr kann ich dazu effektiv nicht sagen.

Vors.:

Nun sagten Sie wiederholt, daß für Sie das Stichwort Konstanz eine bestimmte Rolle spielte, wegen der Fahrzeit, die Sie sich vorgestellt haben. Darf man daraus schließen, daß das Fahrzeug als Konstanzer Fahrzeug gekennzeichnet war?

Zeuge San[dermann]:

Es war Konstanzer Fahrzeug also 100 %ig. Und auch die Buchstaben, die Ziffernfolge „CU“ also ist mir todsicher, weil also Konstanz, wie ich das so im Hören aufgefaßt habe, klar ist, dagegen die Zahl 90 seinerzeit, die es sein sollte, kann ich mich nicht, also 100 %ig festlegen, und möchte dazu keine Äußerung geben. Genau, wie seinerzeit wurde mir die Frage gestellt, ob ich das D-Schild hinten beobachtet hätte. Da muß ich dazu auch passen, weil ich darauf effektiv nicht geachtet habe darauf, und so kann ich nichts dazu sagen.

Vors.:

Also sicher sind Sie sich noch des KN-CU und der Farbe?

Zeuge San[dermann]:

Ganz genau und der Farbe. In der Farbe gingen[i] also wir, der Herr Goldbaum und ich, wir sind jetzt ein Jahr oder bald eineinhalb Jahre nicht mehr zusammen, dann drüber diskutiert haben, wo wir den Wagen nicht gesehen hatten. Da hat der eine gesagt, ja gut der Wagen aus Konstanz, das wußte er auch, aber er sagte, er geht mehr also ins bläuliche rein, und ich war damals der Meinung, der geht mehr ins rötliche rein. Wir waren aber uns hinterher, wo wir das Fahrzeug gesehen haben, also dann waren wir beide der Meinung, also fest davon überzeugt, daß wir beide dieselbe Farbe gemeint haben, bloß verschieden also ausgedrückt. Weil es so eine Art Fliederfarben war und so. Das kann man schlecht definieren. Der eine sagt, es wäre rot, der andere sagte, es geht ins bläuliche.

[8660] Vors.:

Herr Sandermann, nun Ihnen ist zwar das Fahrzeug aufgefallen, Stichwort Konstanz, andererseits haben Sie das Fahrzeug nachher nochmals überholt und festgestellt, vielleicht mit einer gewissen Genugtuung, auch der schnellere Wagen kommt nicht schneller voran. Das alles wäre an sich noch kein Grund, daß man sich nun z.B. das Kennzeichen eines Fahrzeugs merken würde. Ist es richtig, wenn man davon ausgeht, daß das Kennzeichen in Ihr Gedächtnis eigentlich wieder zurückgekehrt ist, durch die Fernsehsendung oder hätten Sie das Kennzeichen von sich aus im Kopf behalten?

Zeuge San[dermann]:

... das hätte ich von mir aus im Kopf behalten. Das hängt vermutlich damit zusammen, daß ich also beruflich fast nur mit Zahlen und dergleichen zu tun habe, und aus dem Grunde mag das vielleicht also sein oder ... Weil ich allgemein auch Telefonnummern, alles was es ist, sehr gut behalte und so.

Vors.:

Ja. Es ist nämlich so, Sie haben in Ihrer Vernehmung, wenn die Vernehmung richtig protokolliert worden ist vom 2.6.1972, das halte ich Ihnen aus dem Ordner 69 Blatt 154 vor, sollen Sie folgendes gesagt haben: „Bevor ich am vergangenen Donnerstag die Festnahme der oben genannten im Fernsehen gesehen habe, hätte ich auf direktes Befragen die Buchstaben und Ziffern nach der Stadtbezeichnung nicht nennen können. Als ich jedoch den Porsche im Fernsehen sah, wußte ich genau, daß mir dieses Fahrzeug mit diesem Kennzeichen schon einmal aufgefallen war.“ Aus dieser Passage heraus begründe ich die Frage an Sie.

Zeuge San[dermann]:

Das Gesamte müßte ich jetzt im Zusammenhang hören. Das müssen Sie jetzt anders sehen. Das hat damit nichts zu tun. Man muß den Wagen als Gesamtes sehen jetzt meinetwegen. In dem Moment, wo ich auf das Gesamte meinetwegen dann angesprochen wurde oder, wie dort, durch das Fernsehen, dann fällt es einem natürlich, wie man so schön sagt, glasklar, also wie Schuppen wieder von den Augen. Das ist klar, daß ich, wenn ich keinen Bezug zu dem Wagen hab, wenn danach nicht gefragt wird usw. ja, daß man es zwar in sich vielleicht speichert, aber man trägt es nicht so mit sich rum, daß man jederzeit sagen könnte, das war der Wagen, das war der Wagen. So sehe ich es, daß es so zu verstehen war, meinerseits damals.

Vors.:

Das ist eine Erklärung und vielleicht habe ich meine Frage falsch gestellt gehabt. Sie ging nicht dahin, daß ich das angezweifelt habe, daß es Ihr Wissen war, diese Buchstabenfolge, sondern ob Sie damals schon auf der Straße einen Anlaß gesehen haben könnten, sich dieses Kennzeichen nun speziell zu merken.

[8661] Zeuge San[dermann]:

Nein, habe ich keinen Anlaß gesehen. Den Anlaß besteht nur darin, daß wir eben zur gleichen Zeit in Konstanz eine Baustelle hatten, und daß ich persönlich, ich bin ein Spätaufsteher, um das mal so zu sagen, es gab immer viel Ärger, ich komme also schlecht morgens raus, wenn wir früh irgendwo hin müssen, und vielleicht deswegen, daß die eben schon länger unterwegs sein mußten. Das waren meine Gedanken, und das hatte ich auch gesagt gehabt.

Vors.:

Nun ist Ihnen später ein Fahrzeug gezeigt worden, von dem Sie annehmen konnten, es habe sich um dieses Fahrzeug gehandelt?

Zeuge San[dermann]:

Ja, genau.

Vors.:

Bitte, wenn Sie uns das schildern wollen, wann das geschehen ist und ...

Zeuge San[dermann]:

Den Tag kann ich wiederum nicht sagen. Es müßte dann auch der 2.6. gewesen sein, wo wir in Wiesbaden gewesen sind und beim Bundeskriminalamt, wo dann auf dem Garagenplatz, der dort neben dem damaligen Neubau sich[j] befand, eben dieser Wagen mit noch zwei anderen untergestellt gewesen ist, und wir uns hinsichtlich also der Farbe, oder ich mich hinsichtlich der Farbe 100 %ig zugestimmt habe, daß es eben diese Farbe gewesen ist, und auch daß die Nummern, d.h. die Buchstaben, also Konstanz „KN - CU“ 100 %ig also der Wagen war, den ich seinerzeit ein paar Tage vorher auf der Autobahn also gesehen hatte.

Vors.:

So daß also diese Gegenüberstellung sozusagen mit dem Wagen bei Ihnen zu dem sicheren Schluß geführt hat, das ist das Fahrzeug, das Sie damals auf der Autobahn gesehen haben. Diese Vorführung des Wagens soll geschehen sein ...

Zeuge San[dermann]:

Ja nun, wenn Sie sagen, ich kann nicht[k] 100 %ig sagen, daß ist dann der Wagen gewesen ist. Ich habe mich 100 %ig festgelegt auf die Buchstaben, aber nicht 100 %ig auf die Zahl 90, ja. Ich mein, ich bin mir da zwar auch sicher, aber weil ich mir da eben nicht 100 %ig sicher bin, kann ich dazu nicht mein „ja“ sagen.

Vors.:

Ja. Ich habe also das nicht objektiv gemeint, sondern Sie selbst haben so, wie ich Sie gerade verstanden habe, zum Ausdruck gebracht, ich persönlich hatte die Überzeugung, es ist derselbe Wagen. Natürlich läßt es sich nicht objektiv angeben, weil Sie ja keine individuellen Merkmale an der Karosserie hatten, außer der Farbe ...

Ist es so richtig verstanden?

Zeuge San[dermann]:

Ja, so ist es richtig verstanden worden.

Vors.:

Sie sind zwar überzeugt, aber ich mein, Sie können es nicht belegen.

[8662] Zeuge San[dermann]:

Genau.

Vors.:

Aber Nummer und Farbe stimmten, mit Ausnahme der Zahl, die konnten Sie also ...

Zeuge San[dermann]:

Die kann ich also nicht 100 %ig sagen. Ich wußte nur, daß es Konstanz CU gewesen ist.

Vors.:

Nun haben Sie erwähnt, zwei Insassen in dem Fahrzeug. Können Sie zu den Insassen nähere Angaben machen?

Zeuge San[dermann]:

Nein, ich kann nur dazu Angaben machen, daß beide also schwarzhaarig gewesen sind und daß die Frau eben lange Haare hatte. Ansonsten nichts. Und daß sie also jünger waren, d.h. so in meinem Alter seinerzeit, von 25 bis 30 rauf, so ausgedrückt.

Vors.:

Sie hatten in Ihrer früheren Vernehmung, das ergibt sich aus Blatt 154 die Altersstufe mal zwischen 30 und 40 bezeichnet. Ich weiß nicht, ob das Sie so angegeben haben, ob das falsch verstanden worden ist.

Zeuge San[dermann]:

Kann ich mich nicht daran entsinnen, daß ich 30 bis 40 gesagt habe. Könnte ich gesagt haben, aber könnte ich jetzt genauso gut sagen, sagen wir 25 bis 35. Also ich kann mich da nicht festlegen, weil man sich auf die Personen ja gar nicht konzentriert hat. Weil man ja keinen Bezug zu den Personen hat, die in einem anderen Auto sitzen.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Berichterstatter, bitte.

Richter Ma[ier]:

Herr Sandermann, Sie sagten gerade eben, nannten Sie das Datum 2.6., meinen Sie damit das Datum, wo Sie zur Polizei gegangen sind?

Zeuge San[dermann]:

Nein, das Datum habe ich aufgegriffen hier vom Vorsitzenden oder sonst was, weil er zitierte aus dem Protokoll vom 2.6. Und daraufhin habe ich nur gesagt, ich muß den Wagen dann auch gesehen haben, also identifiziert haben am 2.6. Wenn das Protokoll vom 2.6. seinerzeit war, dann war auch die Besichtigung am 2.6.

Richter Ma[ier]:

Wissen Sie noch, wieviel Tage nach dieser Fernsehsendung, in der dieser Wagen gezeigt wurde, Sie zur Polizei gegangen sind?

Zeuge San[dermann]:

Das war am nächsten Tag oder am übernächsten Tag.

Richter Ma[ier]:

Und können Sie sich jetzt zurückerinnern, wie lange lag dieser Vorfall auf der Autobahn zurück, gerechnet von der Vernehmung bei der Polizei?

Zeuge San[dermann]:

Das kann ich jetzt nach diesen Jahren hier nicht genau sagen, auf den Tag.

Richter Ma[ier]:

Waren das Wochen oder Monate?

Zeuge San[dermann]:

Es sind Wochen gewesen, Monate waren es auf keinen Fall.

Richter Ma[ier]:

Können es etwa zwei Wochen gewesen sein, Mitte Mai?

[8663] Zeuge San[dermann]:

Ich habe mich mit der ganzen Sache also überhaupt nicht mehr beschäftigt und auch nicht mehr, seitdem ich die Ladung bekommen habe. Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen.

Richter Ma[ier]:

Herr Sandermann, folgendes. Sie haben, daran werden Sie sich erinnern können, bei der Polizei eine Vernehmung gehabt. Darüber wurde ein schriftliches Protokoll aufgenommen. Ist es richtig?

Zeuge San[dermann]:

Ja.[l]

[Richter Maier:]

Nachdem Sie sich auch auf Vorhalt an das Datum nicht mehr erinnern können, hören Sie bitte zu.

Gem. § 253 StPO[5] wird aus dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll -Ordner 69 Blatt 153- der Kopf des Protokolls bis „folgendes an:“, sowie der zweite Absatz und der erste Satz des dritten Absatzes wie folgt verlesen:

„Am 15.5.1972 fuhren Horst Goldbaum, wohnh. Karlsruhe, [Anschrift], und ich nach Frankfurt. Die Fahrt führten wir mit einem Geschäfts-Pkw durch.

Wir fuhren gegen 7.10 Uhr weg und es dürfte gegen 7.30 Uhr gewesen sein, als wir auf der BAB zwischen Bruchsal und Heidelberg von einem Pkw der Marke Porsche überholt wurden.“

Richter Ma[ier]:

Können Sie heute noch so viel sagen, ob Sie damals am 2.6. bei dieser Vernehmung, daß angegeben haben, was Sie seinerzeit in Erinnerung hatten und damals richtig war?

Zeuge San[dermann]:

Ja, das war richtig, weil wir ja Baustellenbuch geführt haben. Wir konnten uns theoretisch gar nicht irren. Weil wir ja nicht jeden Tag nach Frankfurt fahren.

Richter Ma[ier]:

Hatten Sie damals anhand dieses Baustellentagebuchs dieses Datum rekonstruiert?

Zeuge San[dermann]:

Ganz genau. Wir haben es rekonstruiert[m], wann das war, welcher Tag, wann wir eben nach Frankfurt gefahren sind. Und das war eben der Tag genau, den wir seinerzeit angegeben hatten.

Richter Ma[ier]:

Dankeschön.

Vors.:

Weitere Fragen? Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Sandermann, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie schon im Zeitpunkt der Vernehmung durch die Polizei sich zwar an die Buchstaben des Kennzeichens, nicht aber an die Ziffern sicher erinnern konnten?

Zeuge San[dermann]:

Ja, das ist richtig, ja. Das heißt, ich habe immer gesagt, daß ich mich [n] 100 %ig auf die Buchstaben also entsinnen kann, und dafür auch einstehen kann, aber nicht 100 %ig für die Zahl, d.h. für die Ziffern.

[8664] Reg. Dir. W[idera]:

Die Vernehmung läßt es nicht so erkennen. Ich will Ihnen mal aus dem Ordner 69 Blatt 153, 154, 157 folgendes vorhalten. Da heißt es zu dem Kennzeichen: „Der Porsche hatte das Kennzeichen KN-CU 90“, und sonst nichts dazu. Dann in derselben Vernehmung auf Seite 154:

„Ich persönlich bin davon überzeugt, daß es sich um den Porsche KN-CU 90 gehandelt hat, der in Frankfurt bei der Festnahme des Baader und Meins sichergestellt wurde.“ Und später nach der Besichtigung des Wagens heißt es: „Ich bin mir sicher, daß an dem von mir beschriebener Fahrzeug ein Kennzeichen mit Konstanzer Nummer war und zwar KN-CU 90“.

Zeuge San[dermann]:

Ja, das ist richtig, was Sie sagen. Das kann zum damaligen Zeitpunkt auch vollkommen richtig gewesen sein. Denn bloß, wenn ich jetzt hier gefragt werde, ich sehe das so, ich sage das, was ich jetzt, heute, meine noch und dergleichen, und wie ich das heute sehe, meinetwegen. Ich kann heute nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, daß es zu dem damaligen Zeitpunkt, es sind ja jetzt immerhin schon fast 4 Jahre her, eben diese Buchstaben und diese Ziffern gewesen sind. Währenddessen ich die Buchstaben noch 100 %ig weiß. Ich wüßte jetzt von hier aus noch, daß also die KN-CU 90 ist und um welchen Wagen es sich also handelt usw., das ist klar. Aber ich kann heute nicht mehr mit absoluter Sicherheit sagen, daß ich seinerzeit meinetwegen, wie soll ich sagen, 100 %ig das und das gesehen habe, in dieser Reihenfolge. Das ist vielleicht jetzt schlecht ausgedrückt, aber ...

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Sandermann, umgekehrt heißt es, daß, wenn Sie damals keinerlei Vorbehalte auch hinsichtlich der Ziffer gemacht haben, daß Sie sich damals auch an die Ziffer genau erinnerten?

Zeuge San[dermann]:

Ja, das ist richtig, genau das will ich damit zum Ausdruck bringen.

Reg. Dir. W[idera]:

Vielen Dank.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.

Der Zeuge Sandermann bleibt bis zur später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.

Der Zeuge Goldbaum erscheint um 9.43 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Zunächst bitte ich Sie um Ihre Personalien?

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person:

[8665] Zeuge Goldbaum

Horst Goldbaum, 42 Jahre, alt,
Ingenieur, wohnh. Karlsruhe,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Es dreht sich hier um einen Pkw Porsche. Wir haben schon erfahren, daß Sie mit Herrn Sandermann zusammen gefahren seien und unter diesem Stichwort „Pkw-Porsche“. Frage: Haben Sie Beobachtungen[o] gemacht, die hier für das Gericht interessant sein könnten im Jahre 1972?

Zeuge Gol[dbaum]:

Wir haben einen Porsche mit einer, ich würde sagen, Auberginefarbe, hat uns auf der Fahrt von Karlsruhe nach Frankfurt während eines Staus überholt.

Vors.:

Das ist an sich ein alltäglicher Vorgang. Wieso hat dieser Vorgang später irgendwelche Bedeutung erlangt?

Zeuge Gol[dbaum]:

Es begann damit, daß zu uns zwei Kriminalbeamte zu uns ins Büro kamen. Und während des Gespräches wurde ich dann daran erinnert, daß also bei dieser Fahrt dieser Porsche uns überholte. Bis dahin hatte ich diesem Überholen auch keine Bedeutung beigemessen und hatte auch diesen Vorfall vergessen. Und wir wurden daraufhin zur Besichtigung des in Frankfurt sichergestellten Fahrzeugs nach Wiesbaden gebracht. Und dort wurde uns also ein ähnlich farbiges Fahrzeug gezeigt und ich konnte nur sagen, daß also die Farbe schon übereinstimmt mit dem Porsche, den wir also an diesem Morgen dort bei der Fahrt gesehen haben.

Vors.:

Das wäre dann aber nicht ähnlich, sondern gleichfarbig, wenn es übereinstimmt.

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja, wir hatten dann dort doch noch kleine Meinungsverschiedenheit, weil der Herr Sandermann wohl meinte, er wäre mehr ins rötliche und ich war der Meinung, es war doch etwas blauer. Dazu muß ich sagen, daß wir den Porsche ja morgens bei Tageslicht gesehen haben, und dieses Fahrzeug dort ja in einem geschlossenen Raum stand, wobei der Farbton selbstverständlich etwas variieren konnte.

Vors.:

Es kommt nur auf Ihren persönlichen Eindruck an, nicht auf das Gespräch mit Herrn Sandermann, abgesehen davon, daß man ja beim Farbensehen[p] differieren kann. Hatten Sie den Eindruck, daß es sich um ein gleichfarbiges Fahrzeug handelte?

Zeuge Gol[dbaum]:

Also von der Grundfarbe her schon. Nur war ich eben der Meinung, daß also der Farbton an sich etwas abwich.

[8666] Zeuge Gol[dbaum]:

Das hatte ich, glaube ich, auch zum Protokoll gegeben, daß ich dachte, der wäre wohl ein bißchen etwas ins bläulichere.

Vors.:

Ja also einen anderen Stich, wie man sagt.

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja, so würde ich es nennen.

Vors.:

Das Kennzeichen besagte Ihnen nichts?

Zeuge Gol[dbaum]:

Nein, nein.

Vors.:

Von vornherein nicht?

Zeuge Gol[dbaum]:

Nein, ich habe auf das Kennzeichen nicht geachtet, weil ich unseren Wagen fuhr und auf meinen Vordermann achtete. Wir waren in einer Kolonne.

Vors.:

Ist es so gewesen, daß Ihnen der Wagen außer dem Überholen sonst noch bei irgend einem Anlaß an dem Tage aufgefallen ist?

Zeuge Gol[dbaum]:

Nein, nein.

Vors.:

Ist es nicht so gewesen, daß man, nachdem Sie überholt worden sind, später diesem Fahrzeug nochmals begegnete[q]?

Zeuge Gol[dbaum]:

Wir hatten darüber gesprochen und ich sagte, glaube ich, daß man also bei solchen Stauungen auf der Autobahn also mit einem schnelleren Auto anscheinend auch nicht schneller wegkommt.

Vors.:

Würde das also bedeuten, daß man ihn wegen eines Staus später noch einmal gesehen hat?

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja, ja, es könnte sein.

Vors.:

Nun, wann ist das gewesen?

Zeuge Gol[dbaum]:

Es war im Herbst 72.

Vors.:

Was war im Herbst 72?

Zeuge Gol[dbaum]:

Diese Fahrt von Karlsruhe nach Frankfurt.

Vors.:

Woran orientieren Sie sich, wenn Sie jetzt auf den Herbst lossteuern?

Zeuge Gol[dbaum]:

Zu dieser Zeit war der Herr Sandermann noch in unserem Büro tätig, und er hat unser Büro im November 72 verlassen.

Vors.:

Könnten Sie das noch mit irgend einer bestimmten Baustelle in Verbindung bringen, die man aufsuchen wollte?

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja, wir haben also dort Planungen in Frankfurt ausgeführt. Und, soviel ich weiß, habe ich den Herrn Sandermann nach Frankfurt gebracht, und ich bin nach Darmstadt gefahren.

Vors.:

Und wenn ich Sie jetzt dazu an diesen Frankfurter Auftrag nochmals erinnere natürlich zieht sich der sicher über Monate hin, das ist ja logisch -. Würden Sie dann bei der Zeitangabe Herbst bleiben [r] oder wäre das auch zu einem anderen Zeitpunkt?

Zeuge Gol[dbaum]:

Also nach meinen Überlegungen müßte es der Herbst 72 gewesen sein.

[8667] Oberstaatsanwalt Holland erscheint um 9.48 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Eine andere Frage. Erinnern Sie sich an eine Festnahmeaktion in Frankfurt im Jahre 72?

Zeuge Gol[dbaum]:

Also diese Festnahme, bei dem der Porsche vor der Tür stand, im Fernsehen, wurde der übertragen.

Vors.:

Haben Sie diese Fernsehsendung auch gesehen?

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja.

Vors.:

Erinnern Sie sich also an dieses Ereignis?

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja.

Vors.:

War diese Fahrt vor diesem Ereignis oder hinterher?

Zeuge Gol[dbaum]:

Unsere Fahrt war davor.

Vors.:

Davor, zwangsläufig, denn ...

Zeuge Gol[dbaum]:

Daraufhin wurde ja wohl der Herr Sandermann aufmerksam und hatte sich gemeldet.

Vors.:

Die Festnahme hat am 1. Juni 1972 stattgefunden.

Da müssen Sie sich also mit dem Herbst getäuscht haben?

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja, ja.

Vors.:

Wenn ich Ihnen jetzt dieses Datum 1. Juni 72 sage und Sie versuchen sich daran zu orientieren, könnten Sie dann heute noch sich etwas näher festlegen, wie lange zuvor diese Fahrt stattgefunden haben muß?

Zeuge Gol[dbaum]:

Nein, nein.

Vors.:

Nicht mehr. Auch nicht im groben Bereich, ob es sich um Wochen oder Monate [s] gehandelt hat?

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja es wird wohl Wochen ich schätze so vielleicht zwischen 6-8 Wochen vorher gewesen sein.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie gefragt worden sind, zunächst mal telefonisch oder telefonische Auskunft der Polizei gegeben haben?

Zeuge Gol[dbaum]:

Also ich nicht, nein.

Vors.:

Hier liegt ein Protokoll vor, das vom 5. Juni 1972 stammt, nach dem angegebenen Datum, Blatt 156 des Ordners 69. Und hier heißt es: Der verheiratete Ingenieur Horst Goldbaum gibt auf telefonische Anfrage folgendes an ... Und dann kommt die Aussage. Ein Herr Wenner soll Sie da angerufen haben?

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja, das war wohl auch der Herr, der uns dann nach Wiesbaden begleitet hat.

Vors.:

Ja, richtig.

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja es kann nur so sein, daß wir dort ... Ja er hat sich sicher- [8668] lich angemeldet, daß er uns also im Büro besuche. Und das kann natürlich sein, daß er da noch ein paar Fragen hatte, die ich gleich am Telefon beantwortete. Aber so direkt kann ich mich also nicht erinnern, daß er nur um Beantwortung der Fragen angerufen hat, sondern er hat wahrscheinlich dann gleich mit uns einen Termin verabredet.

Gem. § 253 StPO wird aus dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll -Ordner 69, Blatt 156- der Kopf des Vernehmungsprotokolls und der nachstehende Text wie folgt verlesen:

„Es ist richtig, daß ich am 15.5.1972 mit Herrn Sandermann nach Frankfurt fuhr. Ich kann mich noch genau erinnern, daß uns auf dieser Fahrt ein Porsche deshalb Besonders auffiel, weil er eine nicht alltägliche Farbe hatte. Es handelte sich um eine dunkelblaue Metallic-Lackierung, die sehr stark ins Violette überging.“

Vors.:

Nun die Frage an Sie, wenn solche Aussagen, als die Ihren hier wiedergegeben sind, haben Sie sich damals bemüht, der Polizei gegenüber die Wahrheit zu bekunden, wie Sie sie damals noch im Gedächtnis hatten.

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja, Ja.

Vors.:

Und auch hinsichtlich des Datums?

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja.

Vors.:

Kann man davon ausgehen, daß Sie damals das Datum noch im Kopfe hatten?

Zeuge Gol[dbaum]:

Zu der Zeit sicherlich, ja.

Vors.:

Es differierte ja nur um wenige Tage, um wenige Wochen ...

Zeuge Gol[dbaum]:

Dann war ein Besprechungstermin an diesem Tag, und da konnte ich mich dann sicher daran erinnern.

Vors.:

Hatten Sie auch möglicherweise irgendwelche Hilfsmittel, um das Datum zu rekonstruieren, durch Ihren Beruf?

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja, ja. Also wir führen ein Beschäftigungsbuch, in dem also diese Fahrten eingetragen werden.

Vors.:

Könnte es sein, daß Sie sich anhand dieses Beschäftigungsbuches über das Datum Gewißheit verschafft haben, bevor Sie der Polizei Auskunft gaben?

Zeuge Gol[dbaum]:

Das kann sein.

Vors.:

Sie wissen es aber nicht genau.

Zeuge Gol[dbaum]:

Nein, das liegt immer offen auf dem Schreibtisch. Und da kann sein, [8669] daß ich also nachgesehen hab, wann wir, an welchem Tag wir oder ob wir an diesem Tag nach Frankfurt fuhren.

Vors.:

Können Sie zu den Insassen irgend etwas mitteilen?

Zeuge Gol[dbaum]:

Nein, nein.

Vors.:

Überhaupt nichts?

Zeuge Gol[dbaum]:

Nein.

Vors.:

Auch nicht mal die Zahl, wieviel Insassen?

Zeuge Gol[dbaum]:

Nein. Also ich sah nur, wie die Autos an einem auf der Autobahn vorbei fahren, und habe mich also auf den Verkehr vor mir konzentriert.

Vors.:

Es war nun bei Ihrer Aussage ersichtlich, daß Sie offensichtlich weniger Augenmerk auf den Wagen gerichtet haben, Sie haben die Gründe schon erklärt. Könnten Sie heute noch sagen, wo dieser Überholvorgang stattgefunden hat?

Zeuge Gol[dbaum]:

Nein. Das war damals schon eine Streitfrage. Ich war also der Meinung, daß es vor Bruchsal war und der Herr Sandermann ...

Vors.:

In Richtung, vor Bruchsal?

Zeuge Gol[dbaum]:

Auf jeden Fall in Richtung Frankfurt. Es ist wohl allerdings weiter nördlich gewesen.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Berichterstatter, bitte.

Richter Ma[ier]:

Sie waren der Fahrzeuglenker?

Zeuge Gol[dbaum]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Danke.

Vors.:

Weitere Fragen sehe ich nicht bei der Bundesanwaltschaft. Auch bei den Herrn Verteidigern nicht.

Der Zeuge Goldbaum bleibt bis zu der später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.

Vors.:

Ist Herr Asendorf inzwischen gekommen? - Dann würde ich bitten, daß man jetzt Herrn Asendorf noch hereinschickt.

Ende von Band 484

[8670] Der inzwischen erschienene Zeuge Heinz Asendorf erscheint um 9.55 Uhr in Sitzungssaal.

Der Zeuge Heinz Asendorf wird gem. § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge Asendorf erklärt sich mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge Asendorf macht folgende Angaben zur Person:

Heinz Asendorf,
51 Jahre alt,
Diplomingenieur,
Karlsruhe.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Besagt Ihnen ein Kennzeichen KN - CU irgendetwas?

In der Buchstabenfolge. Ich möchte also die Zahlen zunächst mal nicht benennen. Können Sie mit dieser Buchstabenfolge eines Kraftfahrzeugkennzeichens irgendetwas anfangen?

Zeuge As[endorf]:

Ja.

Vors.:

Bitte, wenn Sie uns schildern wollen, in welchen Zusammenhang Ihnen dieses Kennzeichen oder diese Buchstaben aufgefallen ist.

Zeuge As[endorf]:

Die Reihenfolge ist etwas anders, da ich also erst den Lila Porsche gesehen habe, und dann das Kennzeichen angesehen habe.

Vors.:

Ja, das ist der Zusammenhang, den Sie selbst uns nun schildern wollen, bitte. Was Sie da für Beobachtungen im Zusammenhang mit diesem Kennzeichen gemacht haben.

Zeuge As[endorf]:

Ja, ich habe nur einen Lila Porsche in der Stephanienstraße in Karlsruhe gesehen.

Vors.:

Lila. Ist das eine präzise Bezeichnung oder ist es lilaartig oder farbig gewesen?

Zeuge As[endorf]:

Das ist eine präzise Bezeichnung für den Porsche in der Ausführung.

Vors.:

Ist Ihnen die Farbe aubergine ein Begriff?

Zeuge As[endorf]:

Ja.

[8671] Vors.:

Würden Sie einen Unterschied machen zwischen lila und aubergine?

Zeuge As[endorf]:

In diesem Fall nicht.

Vors.:

Also das könnte man auch als auberginefarbig bezeichnen.

Die Straße hieß Stephanie ...

Zeuge As[endorf]:

Stephanienstraße.

Vors.:

Stefanienstraße in Karlsruhe. Und dieser Porsche hatte der dieses Kennzeichen mit diesen Buchstaben?

Zeuge As[endorf]:

An die zweite Reihe KN auf jeden Fall.

Vors.:

Also Konstanzer Kennzeichen das könnten Sie sagen?

Zeuge As[endorf]:

Ja.

Vors.:

Und jetzt die Folge CU?

Zeuge As[endorf]:

Ich weiß nicht mehr genau, was ich damals zu Protokoll gegeben habe.

Vors.:

Ich kann es Ihnen vorhalten, daß Sie damals, wenn Ihre Aussage richtig protokolliert worden sein sollte, laut Blatt 171 des Ordners 69, die Folge CU noch wüßten und auch noch eine Zahl.

Zeuge As[endorf]:

Die weiß ich auch nicht mehr. Ich habe also damals der Aussage keine besondere Bedeutung beigemessen.

Vors.:

Es soll sich um eine 9 gehandelt haben? Weitere Zahlen wissen Sie nicht mehr?

Zeuge As[endorf]:

Nein.

Vors.:

Kann man davon ausgehen, daß Sie damals bei der Polizei das Kennzeichen, so wie Sie es im Gedächtnis hatten, wahrheitsgemäß angegeben haben, und Sie können das heute also im einzelnen nicht mehr belegen?

Zeuge As[endorf]:

Nein.

Vors.:

Nein. Dann möchte ich gem. § 253[ StPO] auf Blatt 171 des Ordners 69 die entsprechende Passage vorlesen, sie lautet ...

Das heißt, bevor ich dann das verlese, weil wir den Zusammenhang beim Verlesen wahren wollen, doch noch einige Fragen. Wir wollen das ein bißchen zeitlich eingrenzen.

Sie sagten also, Sie haben den Porsche dort gesehen?

Zeuge As[endorf]:

Ja.

Vors.:

Könnten Sie heute noch angeben, wann das gewesen ist?

Zeuge As[endorf]:

Nein.

Vors.:

Überhaupt keine Erinnerungen mehr?

Zeuge As[endorf]:

Nein.

Vors.:

Erinnern Sie sich noch daran, daß es in Karlsruhe zu einem [8672] Sprengstoffanschlag, Stichwort „Buddenberg“, gekommen ist?

Zeuge As[endorf]:

Ja.

Vors.:

Wenn Sie sich an diesem Ereignis orientieren ...

Zeuge As[endorf]:

Das Datum ist mir also völlig entfremdet.

Vors.:

Nicht das Datum. Nehmen wir bloß das Ereignis an sich.

Zeuge As[endorf]:

Das Ereignis an sich ist mir völlig klar.

Vors.:

Ist das zeitlich damit ungefähr im Zusammenhang gestanden?

Zeuge As[endorf]:

Ja, das war ja in den folgenden Tagen, als das Protokoll aufgenommen wurde.

Vors.:

Also zeitlich etwa zusammenfallend mit diesem Sprengstoffanschlag, haben Sie die Beobachtung gemacht?

Zeuge As[endorf]:

Ja.

Vors.:

Können Sie sagen, ob es sich hier um einen längeren Zeitraum gehandelt hat, in Tagen etwa gerechnet. Oder könnten Sie heute sagen, das muß am Tage zuvor oder am selben Tage gewesen sein, beispielsweise?

Zeuge As[endorf]:

Das kann ich nicht sagen. Ich habe das Datum ja angegeben, im Protokoll. Ich kann es also jetzt allerdings nicht rekapitulieren, weil ich also nie ein Duplikat gehabt habe und mich mit dem Datum nicht mehr beschäftigt habe, seitdem ich die Vorladung bekommen habe.

Vors.:

Dann möchte ich Ihnen jetzt im Zusammenhang das vorlesen, was Sie damals angegeben haben.

Gem. § 253 StPO wird aus dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll -Ordner 69, Blatt 171- der Kopf des Vernehmungsprotokolls und der nachstehende Text wie folgt verlesen:

„Ich habe soeben den von Herrn Ketterer niedergeschriebenen Hinweis gelesen und möchte einiges berichtigen:

Vor ca. 4 Wochen (kurz vor oder nach der Explosion in der Klosestraße) abends zwischen 18.00 und 18.30 Uhr lief ich in Dichtung Botanischer Garten spazieren. In der Stephanienstraße etwa 50 m von der Hans-Thoma-Straße entfernt, sah ich in Richtung Münze einen Porsche fahren. Ich glaubte zuerst, daß dies ein Bekannter von mir sei. Beim näheren Hinsehen sah ich jedoch, daß dieser Porsche das Kennzeichen KN - CU 9? hatte. Die letzte Zahl des Kennzeichens ist mir nicht mehr in Erinnerung. Im Porsche saß nur eine Person.“

[8673] Vors.:

Nachdem Sie das gehört haben, können Sie heute bestätigen, daß Sie damals der Polizei gegenüber wahrheitsgemäße Angaben gemacht haben?

Zeuge As[endorf]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie diese Person im Wagen, sich näher besichtigt?

Zeuge As[endorf]:

Nein.

Vors.:

Sind Ihnen später irgendwelche Hilfsmittel an die Hand gegeben worden, um eine Farbüberprüfung zu machen?

Zeuge As[endorf]:

Nein.

Vors.:

Könnte es sein, daß man Ihnen einen Splitter gezeigt hat, einen Farbsplitter?

Zeuge As[endorf]:

Das kann sein, ja.

Vors.:

Ein Lacksplitter, um es genau zu sagen von einem Pkw.

Zeuge As[endorf]:

Das kann sein.

Vors.:

Sie haben keine feste Erinnerung mehr dran?

Zeuge As[endorf]:

Nein.

Vors.:

Dann darf ich Ihnen vielleicht zur Gedächtnisstütze sagen, in dem Protokoll vom 13.6., Blatt 171, ist vermerkt, daß Sie einen Lacksplitter besichtigt hätten, und sich dann dazu äußerten, ob die Farbe dieses Splitters mit dem Pkw, wie Sie ihn beobachtet haben, übereinstimmt. Keine Erinnerung mehr?

Zeuge As[endorf]:

Nein.

Vors.:

Dann halte ich noch vor, daß Sie damals sagten: „Der mir soeben gezeigte Lacksplitter stimmt mit der Farbe des von mir auf der Stephanienstraße gesehenen Porsches überein.“ Das fällt Ihnen aber nicht mehr ein?

Zeuge As[endorf]:

Nein.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.

Bei der Bundesanwaltschaft? Die Herren Verteidiger? Auch nicht. Irgendwelche Einwendungen gegen die Vereidigung der drei Herren Zeugen? Ich sehe nicht.

Die Zeugen Sandermann, Goldbaum und Asendorf werden einzeln vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.03 Uhr entlassen.

Vors.:

Herrn Boieck bitte.

Der Zeuge Boieck erscheint um 10.04 Uhr im Sitzungssaal.

[8674] Der Zeuge Boieck macht folgende Angaben zur Person:

Dieter Boieck,
39 Jahre alt, Kriminalhauptkommissar Bundeskriminalamt Wiesbaden,

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Boieck, ist Ihnen ein Pkw Porsche „Targa“ im Jahre 1972 im Rahmen von Ermittlungen besonders aufgefallen, beziehungsweise hatten Sie im Rahmen der Ermittlungen mit solch einem Fahrzeug zu tun?

Zeuge Boi[eck]:

Ich hatte zweimal mit diesem Pkw etwas zu tun.

Vors.:

Wenn Sie uns schildern würden, welche Gelegenheiten das waren, und was damals bei den Ermittlungen festgestellt werden konnte?

Zeuge Boi[eck]:

Die erste Gelegenheit war, daß ich eine Frau vernommen hatte, mit einem Kollegen zusammen in Frankfurt.

Und die zweite Gelegenheit war, daß ich den Wagen überführte nach Stuttgart zur Untersuchung im Porsche-Werk.

Vors.:

Diese zweite Gelegenheit sollten Sie uns nun näher schildern.

Zeuge Boi[eck]:

Ich hatte also den Auftrag gehabt, diesen Pkw im Porsche-Werk Zuffenhausen untersuchen zu lassen, hinsichtlich Veränderungen am Pkw. Die Untersuchung wurde vorgenommen von Werkmeistern des Porsche-Werkes, den Namen kann ich jetzt nicht mehr sagen. Bei den Untersuchungen wurde festgestellt, daß die ursprüngliche Farbe des Wagens gelb war. Zum ... die damalige Farbe dann auberginefarben. Die Untersuchungen im Werk ergaben, daß der Pkw zur Umlackierung vollkommen auseinandergenommen worden sein mußte, weil selbst Stellen, die normalerweise beim Umspritzen nicht lackiert werden, in diesem Falle lackiert waren, also zum Beispiel wurden Schließkeile an den Türen oder schwer zugängliche Stellen so demontiert, daß man sie auch noch umplatzieren konnte. Weiterhin wurde festgestellt, daß der Pkw einen Unfallschaden gehabt haben mußte, denn die, ich glaube hinten rechts, der hintere rechte[t] Kotflügel war mit einer dicken Spachtelmasse verschmiert und überlackiert worden.

[8675] Vors.:

Weitere Feststellungen? Sind irgendwelche Veränderungen noch sichtbar geworden?

Zeuge Boi[eck]:

Veränderungen: Bei der Montage des Fahrzeuges wieder wurden also verschiedene Teile falsch eingebaut. Das war also ein Merkmal, es ist einen direkt aufgefallen. Jetzt fällt mir ein, zum Beispiel waren die Katzenaugen oder Rückstrahler, die waren verkehrt angeschraubt. Weiterhin fehlten an verschiedenen Stellen Dichtungen oder sogenannte Pfropfen für, damit kein Spritzwasser in die Karosserie[u] reinläuft. Weiterhin wurde festgestellt, daß der Ölkühler noch die ursprüngliche Farbe hatte oder Teiler, an schwer zugänglichen Stellen befand sich noch die ursprüngliche Farbe am Ölkühler. Der war also bei der Umlackierung nicht demontiert worden.

Vors.:

Hat man bei der Schließanlage irgendetwas feststellen können, was aufgefallen wäre?

Zeuge Boi[eck]:

Ja, dort wurde also festgestellt - ich will mich jetzt nicht festlegen auf welche Tür - aber an einer Tür war noch das Originalschloß drin, und das zweite Türschloß, am zweiten Türschloß waren die Schließhaltungen zerstört, so daß man dieses Schloß mit jedem x-beliebigen Schlüssel öffnen und schließen konnte.

Vors.:

Also offenbar ...

Zeuge Boi[eck]:

Die Schließsicherung war insofern defekt.

Vors.:

Sie haben in einem Bericht, der von Ihnen offensichtlich unterschrieben ist, er trägt jedenfalls den Namen Boieck, das ist auf[v] Blatt 76 des Ordners 93 erwähnt, es handle sich beim linken Türschloß und beim Zündschloß um diese, sagen wir mal, entfernte Sicherung, so daß dort die Zuhaltungen nicht mehr vorhanden gewesen wären?

Zeuge Boi[eck]:

Ja.

Vors.:

Sie haben vorhin erwähnt, es handelt sich um ein auberginefarbiges Fahrzeug. Haben Sie damals zur Kenntnis bekommen, ob die Farbe, die verwendet worden ist, eine Original-Porsche-Farbe gewesen ist?

Zeuge Boi[eck]:

Ja, also zur Farbe kann man so sagen, daß dieser Farbton unter anderem bei Porsche verwandt wurde. Aber auch hier, jedes andere Fahrzeug konnte mit dieser Farbe gespritzt werden und die ...

Vors.:

Das ist die Frage, nicht wahr, also ich meine, hat das Werk diese Farbe auch verwendet?

[8676] Zeuge Boi[eck]:

Das Werk hat die Farbe verwendet.

Vors.:

Haben Sie sich damals danach erkundigt, ob diese Farbe im Werk häufig verwendet werden mußte?

Zeuge Boi[eck]:

Eigentlich selten.

Vors.:

Selten. Zum Kennzeichen des Fahrzeugs können Sie da noch Angaben machen?

Zeuge Boi[eck]:

Ja, das Kennzeichen, was bei der Sicherstellung am Pkw dran war, war KN - CU 90.

Vors.:

Und die Herkunft des Wagens, wo es sichergestellt worden ist, war Ihnen damals wohl geläufig.

Zeuge Boi[eck]:

Das war in Frankfurt, in de...

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Das heißt, wir könnten es vielleicht so machen, sind zu diesem Komplexe hier noch irgendwelche Fragen -Pkw Porsche -? Ich sehe nicht. Dann Herr Berichterstatter bitte.

Richter Ma[ier]:

Herr Boieck, haben Sie im Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag auf die Polizeidirektion in Augsburg[6] etwas ermittelt?

Zeuge Boi[eck]:

Ja, das habe ich.

Richter Ma[ier]:

Haben Sie möglicherweise diese kleine Gasflasche hier irgendwo erhoben.

Dem Zeugen wird eine 0,8 Liter-Gasflasche - Vorführstück (Vergleichsstück, das keine Asservatennummer hat) - vorgezeigt.

Zeuge Boi[eck]:

Ja, ich hatte seinerzeit die Ermittlungen zu den Splittern, die in der dritten Etage der Polizeidirektion in Augsburg sichergestellt wurden, geführt.

Richter Ma[ier]:

Können Sie uns kurz sagen, zu welchem Ergebnis Sie dabei gekommen sind?

Zeuge Boi[eck]:

Bei der Sichtung der vorhandenen Splitter wurden unter anderem einige Splitter noch festgestellt, auf denen Einprägungen zu erkennen waren. Die Ermittlungen führten damals zu den Hannesmann Röhrenwerken nach Dinslaken. Dort wurde folgendes festgestellt: Daß diese Flasche mit dieser Nummer, die noch sichtbar war, auf den Splittern, zu einer Serie von 1000 Flaschen gehörte, die 1948 für die damaligen Concordia Elektrizitätswerke hergestellt wurden. Anhand von alten Büchern im Werk konnte ich dann feststellen, daß diese Flasche eine bestimmte Kundennummer hatte. Und von den wenigen Splittern, die noch da waren, fand sich auch ein Splitter noch, ein Teil dieser Nummer. Weiterhin konnte aus den Abnahmeunterlagen festgestellt werden, wie [8677] groß die Flasche war, Durchmesser, das Gewicht, Leergewicht, das Füllgewicht, Prüfdruck und der Fülldruck. Die Ermittlungen ergaben dann, daß die damalige Firma heute nicht mehr existiert. Und es konnte auch nicht mehr festgestellt werden, an wen die Flasche geliefert wurde. Es war also nicht mehr möglich den Endverbraucher festzustellen, den Letztbesitzer.

Richter Ma[ier]:

Nun sagten Sie[w] gerade, man konnte verschiedene Daten anhand von Unterlagen feststellen. Also der Weg war offenbar der, daß auf den Splittern eine Fabriknummer, eine Herstellernummer vorhanden war, beziehungsweise ein Fabrikzeichen vorhanden war. Auf diese Weise kamen Sie nach Dinslaken zu den Röhrenwerken, und auf den Splittern war eine Herstellernummer ... konstruierbar.

Der Angeklagte Raspe erscheint um 10.11 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Boi[eck]:

Ja, es waren zwei Nummern. Einmal war eine Fabriknummer, die laufende Seriennummer, die war 14 000 und ein paar Hundert.

Richter Ma[ier]:

14.642 heißt es in den Akten.

Zeuge Boi[eck]:

Ja, das war die Nummer.

Richter Ma[ier]:

Die Fabriknummer, die konnte anhand der Splitter ...

Zeuge Boi[eck]:

... einwandfrei festgestellt werden.

Richter Ma[ier]:

Und nun haben Sie, wenn ich das recht verstanden habe, bei den Röhrenwerken dort anhand von alten Unterlagen aus dem Jahre 1948 zu dieser Herstellernummer eine korrespondierende Kundennummer ermittelt. Und die Endziffer oder die Endziffern dieser Kundennummer waren ebenfalls auf diesen Splittern noch bruchstückhaft ...

Zeuge Boi[eck]:

So ist es richtig.

Richter Ma[ier]:

... festzustellen; und anhand derselben Unterlagen konnten Sie dann unter anderem etwa das Leergewicht und das Volumen der Flasche feststellen?

Zeuge Boi[eck]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Wissen Sie heute noch, welches Volumen diese Flasche gehabt hat?

Zeuge Boi[eck]:

Das Volumen dieser Flasche war 0,8 Liter. Und das Gesamtgewicht der Flasche war ca. 1,8 Kilogramm.

Richter Ma[ier]:

1,7 Kilogramm, das Leergewicht. Und Sie haben dann offenbar, wenn ich Sie recht verstanden habe, ein Vergleichsstück, das also in etwa ...

[8678] Zeuge Boi[eck]:

Ja, ich fand noch eine alte Flasche, die aus der gleichen Produktionsserie stammte.

Richter Ma[ier]:

Herr Boieck, ich übergebe Ihnen die Asservate B 48 Pos. 1, 2 und 4.

Dem Zeugen werden die Asservate B 48 Pos. 1, 2 und 4 sowie die 0,8 Liter-Gasflasche - Vorführstück (Vergleichsstück, das keine Asservatennummer hat) - mit der Bitte übergeben, zu erklären, ob es sich um diese Stücke handelt, mit denen er es damals zu tun hatte.

Richter Ma[ier]:

Herr Boieck, haben Sie damals bei dieser Rekonstruktion möglicherweise eine Fotoaufnahme ...

Zeuge Boi[eck]:

Ja, ich erkenne einwandfrei die Splitter, zu 304, 7, die habe ich selbst zusammengeklebt mit dem grünen Klebeband, ist von mir gefertigt, um etwa die Sache zu rekonstruieren. Und weiterhin erkenne ich auch die Splitter auf Pos. 2, hier B 48 Pos. 2: da sind auch ebenfalls die Einprägungen noch zu erkennen, die ich seinerzeit auch identifiziert hatte.

Dem Zeugen wird aus Ordner 99 Blatt 270 vorgelegt.

Zeuge Boi[eck]:

Ja, dieses Blatt habe ich auch hergestellt. Es sind also zu erkennen die Splitter, die hier draufproduziert wurden. Und die von mir nachgezogenen Eintragungen, die auf der Vergleichsflasche ... sich ebenfalls auf der Vergleichsflasche befinden.

Richter Ma[ier]:

Also auf diese Weise kamen Sie zu der Fabriknummer 14642 oben rechts.

Zeuge Boi[eck]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Und von der Kundennummer, in der Mitte halblinks, waren wohl noch die Endziffern 8 und 3 noch erkennbar.

Zeuge Boi[eck]:

8 und 3, ja,[x] und ein Teil von 8 noch zu erkennen.

Richter Ma[ier]:

Danke. Und nun sagen Sie, Sie haben Einblick in die Unterlagen genommen.

Dem Zeugen werden aus Ordner 99 die Blätter 266/267 mit der Bitte um Erklärung übergeben, ob es sich um diese Unterlage handelt, die er damals eingesehen hat.

Zeuge Boi[eck]:

Ja, das sind die Original-Blätter aus dem Abnahmebuch. Und unten die letzten 4 Ziffern habe ich nachgezogen, weil sie auf der Kopie schlecht zu sehen waren.

Richter Ma[ier]:

Sie meinen die Eintragung 1,780?

[8679] Zeuge Boi[eck]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Ist von Ihnen nachgezogen?

Zeuge Boi[eck]:

Ja, weil es schlecht zu sehen war.

Richter Ma[ier]:

Und Sie erkennen diese Unterlagen wieder, die Sie in Dinslaken erhoben haben?

Zeuge Boi[eck]:

Ja, auch auf dem Blatt 267 habe ich den roten Strich gezogen.

Richter Ma[ier]:

Unter der vierten Zeile?

Zeuge Boi[eck]:

Ja.

Gem. § 249 StPO[7] werden in Urkundenbeweis aus Ordner 99 die Blätter 266 (rechte Spalte Zeile 1 und 33) und 267 (Zeile 4) verlesen.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe ringsrum nicht. Herr Boieck, Sie sind hier schon vereidigt worden. Wenn Sie die Richtigkeit der heute gemachten Angaben unter Berufung auf den schon geleisteten Eid versichern, gilt das als neue Vereidigung. Geben Sie die Versicherung ab?

Der Zeuge KHK Boieck versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO) und wird im allseitigen Einvernehmen um 10.20 Uhr entlassen.

Vors.:

Herr Raspe, Sie wollen das Wort bitte.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ich will mal eine Auskunft haben und zwar die Auskunft über Ihre Entscheidung zu dem Antrag, der Ihnen jetzt vorliegt, offensichtlich, nach dem, was ich gehört habe.

Vors.:

Herr Raspe, ich habe nicht verstanden, was Sie sagen wollten. Könnten Sie etwas deutlicher sprechen.

Angekl. Ra[spe]:

Ich wollte eine Auskunft darüber haben, wie Sie entschieden haben zu dem Antrag, der Ihnen vorliegt, betreffend die Möglichkeit der Vertretung von Plottnitz durch Düx.

Vors.:

Es liegt kein Antrag vor bis jetzt.

Angekl. Ra[spe]:

Da liegt ein schriftlicher Antrag vor.

Vors.:

Nein, liegt nicht vor. Es könnte heute früh einer eingegangen sein, während der Zeit. Im übrigen darf ich Sie generell darauf hinweisen, Herr Raspe, Entscheidungen, die nicht in der Hauptverhandlung mündlich verkündet werden, ergehen schriftlich. Auskünfte in der [8680] Hauptverhandlung über demnächst zu fällende schriftliche Entscheidungen werden nicht erteilt.

Angekl. Ra[spe]:

Na ja Sie haben ja verhindert, daß ich hier verteidigt bin.[8] Wie stellen Sie sich denn das vor.

Vors.:

Haben Sie irgendwas zur Hauptverhandlung noch jetzt?

Angekl. Ra[spe]:

Was heißt irgendwas zur Hauptverhandlung. Ich will das nur sagen, daß Sie es verhindert haben, daß ich hier verteidigt bin ...

Vors.:

Ich möchte jetzt wissen, ob Sie noch zur Hauptverhandlung irgendeinen ...

Angekl. Ras[pe]:

... und dann verbieten Sie ja auch noch, daß man also mit anderen Anwälten spricht.[9] Kann man ja eigentlich nur ...

Vors.:

Es ist kein Gesichtspunkt vorhanden jetzt die Hauptverhandlung fortzusetzen. Wir sind mit dem Beweisprogramm am Ende. Dem schriftlichen Antrag sehe ich entgegen.

Es wird aber natürlich außerhalb der Hauptverhandlung darüber entschieden, Fortsetzung heute Nachmittag 14.00 Uhr.

Pause von 10.22 Uhr bis 14.05 Uhr.

Ende des Bandes 485.

[8681] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.05 Uhr.

Rechtsanwälte Eggler und Schily sind nunmehr auch anwesend[y].

Der Angeklagte Raspe ist nicht mehr anwesend[z].

Als Zeuge ist erschienen:
KHM Paul Lang

Als Sachverständiger ist erschienen:
Erwin Bauser.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Herr Rechtsanwalt Pfaff.

RA Pf[aff]:

Herr Vorsitzender, die Verteidigung von Herrn Baader hat vor einiger Zeit einen Beweisantrag gestellt, es soll der Generalbundesanwalt Buback hier vernommen werden zum Beweis der Tatsache, daß, unter anderem zum Beweis der Tatsache, daß ...

Vors.:

Ist geläufig, zu welchem Beweiszwecke, das Thema ist bekannt.

RA Pf[aff]:

Gut. Ist über diesen Antrag bereits befunden?

Vors.:

Ich darf Sie bitten, wir können vielleicht im Anschluß an die Zeugenvernehmung diese Frage nochmals aufwerfen.

RA Pf[aff]:

Nein, das betrifft in der Tat den Gang der Hauptverhandlung für den morgigen Tag, denn die Verteidigung verzichtet natürlich auf die weitere Vernehmung des Zeugen Hoff,[10] wenn über diesen Antrag noch nicht entschieden ist, und[aa] wenn Generalbundesanwalt Buback hier nicht vernommen wird, vorher. Hier besteht ein sehr enger Zusammenhang.

Vors.:

Ich meine, die Antwort ist schnell gegeben, daß noch nicht befunden ist. Bloß würde ich grundsätzlich bitten, wenn wir also zwei Zeugen anwesend haben, vielleicht mit Rücksicht auf die Zeugen solche Fragen, die sich genau so zur Zeit nach der Vernehmung stellen lassen, zu stellen; es ändert sich ja nichts daran. Ich meine, ich gebe Ihnen gerne die Antwort. Es ist noch nicht drüber befunden. Aber welche Konsequenzen, welche Überlegungen daran zu knüpfen sind, bitte ich dann vielleicht im Anschluß an die Zeugenvernehmungen vorzutragen.

Wir wollen jetzt zunächst die beiden Zeugen aufrufen. Es handelt sich hier um Herrn Bauser und Herrn Lang - beide Herrn sind anwesend -. Herr Schlegelmilch - wie gesagt - ist heute nicht für uns greifbar.

Der Zeuge Lang wird gemäß § 57 StPO belehrt.

Der Sachverständige Bauser wird germ. §§ 72, 57 und 79 StPO[11] belehrt.

[8682] Der Zeuge KHM Lang und der SV Bauser erklären sich mit der Aufnahme auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge KHM Lang wird um 14.07 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Sachverständige Bauser macht folgende Angaben zur Person:

Sachverst. Ba[user]:

Erwin B a u s e r, 53 Jahre,
Lackiermeister, Simmozheim;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Bauser, uns interessiert, ob Sie sich daran entsinnen können, zunächst, daß Sie im Jahre 1973 einmal einen Pkw Porsche untersucht haben im Auftrag der Polizei.

Sachverst. Ba[user]:

Jawohl.

Vors.:

Es ging damals wohl darum, zunächst zu klären, was es mit der Lackierung dieses Wagens auf sich hat.

Sachverst. Ba[user]:

Ja.

Vors.:

Erinnern Sie sich an den Vorgang?

Sachverst. Ba[user]:

Gut, Ja.

Vors.:

Wenn Sie nun schildern wollten, was Sie damals für Feststellungen getroffen haben.

Sachverst. Ba[user]:

Also wir haben aufgrund von Untersuchungen feststellt, daß der Wagen von hellgelb auf aubergine umlackiert wurde. Wann das aber geschehen ist, das konnten wir natürlich nicht feststellen und entzieht sich auch unserer Kenntnis. Das war an und für sich die einzige Antwort, die ich geben kann.

Vors.:

Also diese aubergine-Farbe, von der Sie sprechen, die war noch auf dem Fahrzeug zu sehen, als Sie den Wagen untersucht haben ...

Sachverst. Ba[user]:

Ja freilich, die Grundfarbe hellgelb, die war noch festzustellen ...

Vors.:

War auch noch festzustellen.

Sachverst. B[auser]:

... aber nur eben in verschiedenen Ecken und teilwese versteckt, also im Grunde genommen war der Wagen sehr gut nachlackiert.

Vors.:

Sehr gut umlackiert dann gewesen; ja, aber also den gelben Grundton, wie gesagt, an Stellen, die wahrscheinlich beim Umlackieren noch zugedeckt waren, noch erkennbar, ist das richtig?

[8683] Sachverst. Ba[user]:

Ja.

Vors.:

Handelt es sich bei dieser Farbe, dieses Aubergine, ist das auch eine Porschefarbe, also Originalfarbe für Ihre Fahrzeuge?

Sachverst. Ba[user]:

Ja.

Vors.:

Wird die häufig verwendet oder wurde die häufig verwendet?

Sachverst. Ba[user]:

An und für sich nicht so arg häufig. Das Aubergine ist an und für sich wenig lackiert worden.

Vors.:

Würden Sie heute noch sagen können, was das Fahrzeug für eine Nummer gehabt hat, wenigstens von welcher Ort...

Sachverst. Ba[user]:

Nein, das weiß ich nicht.

Vors.:

Wissen Sie nicht. Haben Sie das damals auch nicht beobachtet?

Sachverst. Ba[user]:

Nein.

Vors.:

Nein. Wenn ich Ihnen sagen würde, daß es möglicherweise eine KN - also Konstanzer Nummer gehabt hat ...

Sachverst. Ba[user]:

Nein, das kann ich nicht sagen.

Vors.:

Haben Sie sonstige Feststellungen aufgrund Ihrer Sachkunde im Zusammenhang mit der Fabrikation von Porschewagen treffen können, die Sie heute hier anschließen könnten?

Sachverst. Ba[user]:

An und für sich nicht. Wir haben den speziell nur untersucht, eben wegen der Umlackierung, ob das tatsächlich der Fall ist oder nicht.

Vors.:

Und wenn Sie nun sagen, daß diese Aubergine-Farbe auch bei Ihnen im normalen Arbeitsgang verwendet wird, ist die nun bloß bei Ihrer Firma vorrätig, oder wo kann man die beziehen?

Sachverst. Ba[user]:

Ja die kriegen Sie praktisch bei jedem Audi-Händler und bei jedem VW-Händler, und was eben eine Porschevertretung nebenbei hat, muß man die bekommen. Und selbst auch bei uns in der Firma.

Vors.:

Und Sie deuteten vorhin an, daß die Umspritzarbeiten offenbar recht brauchbar durchgeführt worden sind, also sorgfältig.

Sachverst. Ba[user]:

Ja, sorgfältig kann man sagen.

Vors.:

Wenn Sie so eine Umspritzung notwendig hätten, würden Sie’s auch so sorgfältig vornehmen?

Sachverst. Ba[user]:

Im Grunde genommen ja.

Vors.:

Im Grunde genommen ja.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Sachverständigen? Bitte.

Richter Mai[er]:

Herr Bauser, Sie sagten gerade, diese Farbe Aubergine, die kommt nicht so arg häufig vor.

Sachverst. Ba[user]:

Nein.

[8684] Richter Mai[er]:

Können Sie dafür vielleicht eine Prozentzahl angeben?

Mehr als ein Prozent oder weniger als ein Prozent?

Sachverst. Ba[user]:

Ja das ist natürlich schwer zu sagen. Also bei uns selbst, was serienmäßig gefertigt worden ist, das weiß ich nicht, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber bei uns selbst in der Reparaturlackierung ist vielleicht in den letzten fünf Jahren, waren das vielleicht höchstens acht Wagen, die wir lackiert haben.

Richter Mai[er]:

Von insgesamt wieviel Wagen?

Sachverst. Ba[user]:

Ja ...

Richter Mai[er]:

Schätzungsweise.

Sachverst. Ba[user]:

Das ist natürlich auch schwer zu sagen. Aber wollen wir mal sagen, so durchschnittlich pro Tag drei Wagen, also wollen wir mal sagen, bei 2 000 Wagen.

Richter Mai[er]:

In den fünf Jahren?

Sachverst. Ba[user]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Ist es acht mal vorgekommen, daß Sie mit dieser Farbe zu tun hatten.

Lackieren da ist gemeint, nachbessern oder völlig neu spritzen?

Sachverst. Ba[user]:

Ja, wollen wir mal sagen, Ganzlackierung. Also wir tun auch Nachbesserungen machen, aber das ist höchstens selten, weil die Nachlackierung bei Aubergine die stimmt meistens nicht ganz genau mit dem Serienton überein. Überhaupt, wenn der Wagen eine gewisse Alterung zeigt und ein gewisses Alter hat, dann stimmt die Nachlackierung sowieso nicht mehr genau.

Richter Mai[er][bb]:

Und Sie sind der zuständige Lackiermeister für die Reparaturwerkstätte bei Porsche?

Sachverst. B[auser]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Dankeschön.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Sachverständigen? Ich sehe, beim Gericht nicht, die Herren Verteidiger? Auch nicht.

Es ist zunächst die Frage zu stellen. Ist ein Antrag von Seiten der Prozeßbeteiligten auf Vereidigung des Herrn Sachverständigen zu stellen?[12]

Anträge auf Vereidigung des Herrn Bauser als Sachverständigen werden nicht gestellt.

Vors.:

Das nicht. Wir wollen aber den Herrn Sachverständigen insoweit[cc] als Zeugen vereidigen,[13] als er sich über die Häufigkeit des [8685] Verhältnisses zwischen den Lackierungen und der speziellen Lackierung Aubergine geäußert hat. Das ist eine Zeugenaussage, die also nichts mit Sachverstand zu tun hat. Wird dagegen ein Bedenken erhoben? Ich sehe nicht.

Herr Bauser bleibt als Sachverständiger gem. § 79 StPO unbeeidigt.

Herr Bauser wird als Zeuge vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 14.15 Uhr entlassen.

Der Zeuge KHM Lang erscheint um 14.16 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KHM Lang macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Lang:

Paul L a n g, 46 Jahre,
verheiratet, Kriminalhauptmeister bei der Kriminalpolizei Konstanz.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Lang, ist es richtig, daß Ihre Dienststelle, und vielleicht innerhalb der Dienststelle Sie speziell sich mal um den Halter eines Fahrzeuges mit dem Kennzeichen „KN - CU 90“ gekümmert haben?

Zeuge Lang:

Jawohl, das ist richtig.

Vors.:

Haben Sie noch eine Vorstellung, wann das gewesen ist?

Zeuge Lang:

Das war genau am 31. Januar 1972.

Vors.:

Ich gehe davon aus, daß Sie dieses Datum aus irgendwelchen Aufzeichnungen entnehmen können?

Zeuge Lang.:

Wir haben ... die Unterlagen habe ich hier.

Vors.:

Das Datum, wäre Ihnen das aus dem Gedächtnis noch geläufig gewesen wohl?

Zeuge Lang:

Nein.

Vors.:

Nicht.

Zeuge Lang:

Mit Sicherheit nicht.

Vors.:

Ja, wenn Sie nun möglichst zunächst ohne Benützung irgendwelcher Unterlagen uns mitteilen würden, was Ihre Ermittlungen damals bezüglich des Halters eines Fahrzeugs mit dieser Nummer ergeben haben.

Zeuge Lang:

Die Halterfeststellung hat seinerzeit ergeben, daß das Kennzeichen für einen Porsche, Farbe: Gelb, für das Autohaus [8686] Bodan in Konstanz ausgegeben wurde und zwar bereits am 13. Oktober 1971.

Vors.:

Also für einen gelben Pkw-Porsche ausgegeben das Kennzeichen KN-CU 90 für dieses Autohaus. Und haben Sie noch feststellen können, wie lange dieses Kennzeichen dann im Verkehr war?

Zeuge Lang:

Wir haben, nachdem wir Kenntnis hatten ...

Vors.:

Wenn Sie es nicht mehr ohne Unterlagen können, bitte müssen Sie sagen, ...

Zeuge Lang:

Das ist nur die Vorladung ...

Vors.:

Nein, wenn Sie es aus dem Gedächtnis ... oder wenn Sie zum Beispiel diese Unterlagen vorher durchgelesen und damit ihr Gedächtnis aufgefrischt hätten, so daß Sie das Erinnerungsbild von damals wiedergeben können, das wäre auch zulässig. Bloß, sagen wir mal, der Vortrag aus den Unterlagen heraus, der ist nicht zulässig.

Zeuge Lang:

Wie gesagt, am 31. Januar bekamen wir die Mitteilung, daß in Mannheim Kennzeichen KN-CU 90, und zwar zwei Kennzeichen, nachgeprägt worden sind. Wir haben dann festgestellt, wie eingangs erwähnt, daß die Kennzeichen für einen Porsche seit Oktober 71 ausgegeben waren, und daß diese Kennzeichen weder einmal gestohlen, von diesem Fahrzeug gestohlen wurden, noch wurde eine Nachplakatierung verlangt, das heißt, die Kennzeichen waren im Original noch an diesem Fahrzeug, als die Überprüfung am 1. Februar 1972 von mir durchgeführt wurde. Aufgrund dieser Feststellung haben wir am 3.2.72 diese Kennzeichen eingezogen KN - CU 90, der Porsche wurde dann mit dem Kennzeichen KN - AM 10 versehen, und die Kennzeichen KN - CU 90 waren im Panzerschrank der Zulassungsstelle Konstanz verwahrt.

Vors.:

So daß also anzunehmen ist, daß nach diesem Umtausch und der Sicherstellung des Kennzeichens KN-CU 90 dieses nicht mehr berechtigt im Verkehr hätte verwendet werden können.

Zeuge Lang:

Nein das Kennzeichen wurde eingezogen und ist bis zum heutigen Tage nicht mehr ausgegeben worden.

Vors.:

Welches Datum haben Sie nun für den Austausch zu dem Kennzeichen KN - AM 10 angegeben?

Zeuge Lang:

Am 3.2.1972.

Vors.:

Es liegt hier ein Bericht vor, der allerdings nicht von Ihnen unterschrieben ist, der stammt vom 1.6.1972. Ich halte Ihnen das aus Blatt 173 des Ordners 93 vor. Hier wird davon gesprochen, daß am 29.4.72 dieses Kennzeichen KN - CU 90 ausgetauscht worden wäre.

[8687] Zeuge Lang:

Nein, das ist also absolut nicht richtig. Ich kann die Unterlagen dem Gericht zur Verfügung stellen. Es sind die Unterlagen der Kraftfahrzeugzulassungsstelle Konstanz, woraus einwandfrei davor herausgeht, daß am 3.2.72 die ... der Umtausch des Kennzeichens erfolgte.

Vors.:

Gut. Also seit[dd] dem ... nach Ihren Feststellungen seit dem 3.2.72 ist dieses Kennzeichen nicht mehr im Verkehr.

Zeuge Lang:

Nein.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Richter Mai[er]:

Was ist mit dem Kfz-Schein dieses Porsche der Firma Bodan geschehen?

Zeuge Lang:

Auch der Kraftfahrzeugschein, der grüne Kraftfahrzeugschein wurde eingezogen ... entschuldigen Sie, er wurde nicht eingezogen, aber wurde umgeändert, das Kennzeichen KN - CU 90 wurde durchge-x-t und überschrieben mit KN - AM 10. Auch dieser Kraftfahrzeugschein befindet sich bei den Handakten.

Richter Mai[er]:

Wo das durchge-x-t wurde?

Zeuge Lang:

Bitte?

Richter Mai[er]:

Der Kraftfahrzeugschein wo diese ursprüngliche Nummer CU 90 durchge-x-t wurde?

Zeuge Lang:

Genau, habe ich ...

Richter Mai[er]:

Befindet sich bei Ihren Akten?

Zeuge Lang:

Bei den Unterlagen, ja.

Richter Mai[er]:

Eine andere Frage noch, Herr Lang. Haben Sie eine Vorstellung wieviel Porsche in Konstanz zugelassen sind? Etwa.

Zeuge Lang:

150 bis 200 höchstens.

Richter Mai[er]:

Haben Sie da irgendwelche Nachforschungen darüber angestellt? Zeuge Lang: Nein.

Richter Mai[er]:

So daß Sie auch nicht sagen können, wieviele von diesen[ee] Konstanzer Porsches nun wiederum die Buchstaben „CU“ zugeteilt erhielten?

Zeuge Lang:

Nein das wurde nicht festgestellt.

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Weitere Fragen bitte an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.

Könnten wir mal diesen Durch... Verzeihung, Herr Rechtsanwalt Schnabel, bitteschön.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, können Sie sagen, weshalb an diesem betreffenden Tag überhaupt das Kennzeichen umgetauscht wurde?

Zeuge Lang:

Das wurde umgetauscht, nachdem einwandfrei festgestellt [8688] wurde bei dem Kraftfahrzeugbesitzer oder beim Besitzer dieses Kraftfahrzeuges, daß er keinesfalls Kennzeichen nachprägen ließ, und somit die Gefahr gegeben war, daß diese Kennzeichen an einem anderen Fahrzeug mißbräuchlich benützt würden. Das war der Grund des Austausches des Kennzeichens.

RA Schn[abel]:

Ja das verstehe ich immer noch nicht. Wurde das Fahrzeug denn an dem Tag gestohlen oder wie?

Zeuge Lang:

Nein, aber nachdem bekannt war, daß an diesem Fahrzeug, an dem ordnungsgemäß zugelassenen Fahrzeug die Kennzeichen zu keiner Zeit gestohlen wurden und daß vom Fahrzeughalter auch keine Nachprägungen bestellt worden sind, war für uns doch klar, daß diese Kennzeichen für irgendeinen Zweck an einem anderen Fahrzeug Verwendung finden sollen, und aus diesem Grunde wurden von uns die Kennzeichen eingezogen.

RA Schn[abel]:

Ja wieso, waren die Kennzeichen denn abmontiert an dem Porsche damals oder wie?

Zeuge Lang:

Nein, die waren eben nicht abmontiert. Aus diesem Grunde wurden sie eingezogen.

RA Schn[abel]:

Also tut mir leid, ich komme jedenfalls insofern nicht mit. Wenn ich heute mit meinem Fahrzeug zu Ihnen komme und sage, meine Nummer gefällt mir nicht mehr, ich möchte eine andere, dann werden Sie wahrscheinlich sagen weshalb. Und diesen Grund möchte ich erfahren. Es ist doch nicht üblich, daß man so an einem Fahrzeug die Nummern austauscht.

Vors.:

Herr Lang, Sie haben die Frage in der Tat nicht richtig verstanden wohl, und damit auch nicht die Antwort gegeben. Es geht also darum, was war der Anlaß darum, daß man sich überhaupt um dieses Kennzeichen gekümmert hat?

Zeuge Lang:

Der Anlaß war der, wie ich schon erwähnt habe, daß wir Nachricht bekommen haben aus Mannheim, daß dort zwei Kennzeichen, und zwar die Kennzeichen KN - CU 90 im Januar 1972 nachbestellt worden sind. Und der Fahrzeughalter hat uns glaubhaft versichert, daß er diese Kennzeichen mit Sicherheit nicht bestellt hat, und seine Kennzeichen seit dem 13. Oktober 71 unverändert an seinem Fahrzeug befestigt sind. Aus diesem Grunde wurden die Kennzeichen eingezogen und neue ausgegeben.

RA Schn[abel]:

Das ist alles klar. Ich möchte aber nur feststellen, daß wohl nicht ich etwas überhört habe, sondern daß Sie den ersten Teil nicht als Zeugenaussage gemacht haben.

[8689] Vors.:

Doch, der Herr Zeuge hat es angegeben, aber ich muß zugeben, es ist für denjenigen, der nicht gleich auf diesen Punkt speziell geachtet hat untergegangen. In der Tat ist es richtig. Es war auch für uns zunächst fraglich, aber man konnte es dann rekonstruieren.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Linke, bitte.

RA Li[nke]:

Herr Zeuge, von wem aus Mannheim haben Sie erfahren, daß im Januar ein solches Kennzeichen nachgeprägt worden ist?

Zeuge Lang:

Von der dortigen Polizei.

RA Li[nke]:

Ist Ihnen bekannt, woher die dortige Polizei diese Kenntnis hat?

Zeuge Lang[ff]:

Das ist mir nicht bekannt.

Der Zeuge übergibt den Kraftfahrzeugschein vom 13. Oktober 1971 dem Gericht zur Einsicht.

Dieser Kraftfahrzeugschein wird in Augenschein[14] genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Der Vorsitzende stellt nach Inaugenscheinnahme fest, daß der vom Zeugen übergebene Kraftfahrzeugschein am 13. Oktober 1971 vom Landratsamt Konstanz ausgestellt wurde und das Kennzeichen „KN - AM 10“ trägt.

Ferner wird festgestellt, daß das ursprüngliche Kennzeichen „KN - CU 90“ mit großen Schreibmaschinenbuchstaben „X“ durchgestrichen ist und das amtliche Kennzeichen „KN - AM 10“ der Fa. Autohaus Bodan in Konstanz für das umstehend beschriebene Kraftfahrzeug zugeteilt worden ist.

Es wird bekanntgegeben, daß sodann die technischen Daten des Pkw-Porsche aufgeführt sind.

Das Asservat B 54 III/2 Pos. 54 - ein Kraftfahrzeugschein - wird in Augenschein genommen.
Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Gem. § 249 StPO[15] wird dieses Asservat
B 54 III/2 Pos. 54
verlesen.

Vors.:

Und nunmehr weitere Fragen an den Herrn Zeugen zu stellen?

Ich sehe nicht. Können wir den Herrn Zeugen vereidigen?

Keine Einwendungen.

[8690] Der Zeuge KHM Lang[gg] wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 14.28 entlassen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Pfaff, die Frage, die Sie gestellt haben, habe ich schon beantwortet.

RA Pf[aff]:

Ist es auch nicht möglich, vor dem ... gehe ich recht in der Annahme, daß morgen der Zeuge Hoff vernommen werden soll nochmal?

Vors.:

Ja.

RA Pf[aff]:

Ist es möglich, über diesen Antrag zu entscheiden vor der Vernehmung des Zeugen? Ich meine, das Gericht hat natürlich die Befugnis, über die Beweisanträge zu entscheiden, wenn es das für opportun hält,[16] es gibt allerdings Grenzen. Der Beweisantrag wird ja ziemlich sinnlos, wenn nicht vor der erneuten Vernehmung des Zeugen Hoff über ihn entschieden ist.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Pfaff, das kann ich Ihnen also nicht bestätigen.

RA Pf[aff]:

Ich meine, daß da die ... das Ermessen des Gerichts eine Grenze hat.

Vors.:

Das kann ich nicht bestätigen. Die Frage, die mit dem Beweis am Thema verbunden ist, ist ja die nach der Glaubwürdigkeit eines Zeugen. Die wird dadurch in keiner Weise sinnlos, daß man sie auch nach einer nachträglichen Vernehmung stellt.

Das Gericht hat von sich aus morgen die Absicht, und das lag mit in dem Beweisprogramm, das ja auch die Verteidiger mitgetragen haben, Herrn Hoff zu gewissen Widersprüchen, die mit der Aussage Tratter entstanden sind, zu hören. Das läßt sich natürlich auch ohne die Vorentscheidung des gestellten Beweisantrages erledigen.

RA Pf[aff]:

Es geht ja nicht nur um die Frage der Glaubwürdigkeit, sondern um die Frage der Zulässigkeit der Vernehmung des Zeugen, und der Verwertbarkeit der Tatsachen.

Vors.:

Auch dadurch wird es nicht sinnlos, wenn man morgen hören würde ... wenn man den Zeugen Hoff morgen hört. Auch durch eine spätere Entscheidung, wo sich ein solches Ergebnis heraussteilen könnte, wenn Ihr Beweisantrag in diese Richtung zum Erfolg führte, wäre damit nichts sinnloses getan.

RA Pf[aff]:

Also, wenn man diese Prinzipien überhaupt auf die Prozeßführung anwendet, dann ergeben sich sicher reichlich komische Ergebnisse, daß man zunächst mal also die Frage der [8691] Zulässigkeit der Vernehmung eines Zeugen zurückstellt und sagt, wenn es sich hinterher rausstellt, dann verwertet man das nicht.

Vors.:

Das Beweisprogramm, so wie es jetzt abläuft, lag ja längst fest, bevor Ihr Ant... oder ich weiß nicht, ob es nun speziell Ihr Antrag war, gekommen ist. Die Beratungen[hh] über diesen Beweisantrag sind keineswegs abgeschlossen. Und deswegen wird also keine Aussicht bestehen, daß vor der Vernehmung des Zeugen Hoff, die schon lange vorgeplant ist, übrigens auch seinerzeit den Wünschen der Verteidigung entsprochen hat, diese Entscheidung über den Beweisantrag fallen würde.

Ich darf also dann jetzt darauf hinweisen, daß wir morgen fortsetzen. Es sind morgen vorgesehen die Zeugen Pschorn und Mondry und dann der Zeuge Hoff. Benötigt werden, ohne Gewähr, die Ordner 75,76,81 und 126. Wir sind am Ende des heutigen Tages ...

RA Schi[ly]:

Darf ich noch zu Protokoll geben ...

Vors.:

Bitte, Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

... daß sich leider heute morgen meine Maschine[ii] verspätet hat, und infolge dessen konnte ich etwas später kommen.

Vors.:

Dankeschön. Dann Fortsetzung morgen um 9.00 Uhr.

Ende der Sitzung um 14.31 Uhr.

Ende von Band 486.


[1] Ulrike Meinhof wurde am 86. Verhandlungstag wegen ordnungswidrigen Benehmens nach § 177 GVG i.V.m. § 231b Abs. 1 StPO für die Dauer von einem Monat von der Hauptverhandlung ausgeschlossen (S. 7739 des Protokolls der Hauptverhandlung, 86. Verhandlungstag). Die anderen Angeklagten hätten an der Hauptverhandlung teilnehmen können. Die Strafprozessordnung sieht grundsätzlich eine Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[3] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[4] § 3 Abs. 1 BKAG in der Fassung vom 8. März 1951 lautete: „Zur Sicherung der Zusammenarbeit des Bundes und der Länder sind die Länder verpflichtet, für ihren Bereich zentrale Dienststellen der Kriminalpolizei (Landeskriminalämter) zu unterhalten. Diese haben dem Bundeskriminalamt die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Nachrichten und Unterlagen zu übermitteln.“ Im Hinblick auf die Verteilung der Zuständigkeiten bestimmte § 4 Abs. 1 BKAG a.F., dass die vorbeugende Verbrechensbekämpfung und die Verfolgung strafbarer Handlungen Sache der Länder sei; nach § 4 Abs. 2 BKAG a.F. nahm allerdings das Bundeskriminalamt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung selbst wahr, wenn es durch eine zuständige Landesbehörde darum ersucht wurde oder der Bundesminister des Inneren es aus schwerwiegenden Gründen anordnete (heute: § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BKAG).

[5] Grundsätzlich darf die Vernehmung einer Person über Tatsachen, die sie wahrgenommen hat, nicht durch die Verlesung einer früheren Vernehmung oder einer schriftlichen Erklärung ersetzt werden (§ 250 Satz 2 StPO; die §§ 251 ff. StPO enthalten jedoch enge Ausnahmen von diesem Grundsatz). Sind alle Möglichkeiten des Zeugenbeweises erschöpft und erinnert sich der/die Zeug/in auch nach entsprechenden Vorhalten noch immer nicht, ermöglicht § 253 Abs. 1 StPO schließlich doch die Verlesung des Protokolls einer früheren Vernehmung (Kreicker, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 253 Rn. 11). In diesem Fall wird das verlesene Protokoll selbst zum Beweismittel (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 253 Rn. 1; s. aber auch Velten, in Wolter [Hrsg.], Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 5, 5. Aufl. 2016, § 253 Rn. 5 ff., wonach § 253 StPO abschließend die Möglichkeit des Vorhalts regeln soll mit der Konsequenz, dass nicht die verlesene Passage, sondern allein die Antwort des/der Zeug/in zum Beweisgegenstand werden soll).

[6] Am 12. Mai 1972 detonierten drei Sprengkörper in der Polizeidirektion Augsburg. Mehrere Personen wurden hierbei verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 6 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 85. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[7] Urkunden wurden zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 Satz 1 StPO a.F.). Heute ist zu diesem Grundsatz eine weitere Möglichkeit des Urkundenbeweises hinzugetreten: Anstelle der Verlesung kann die Urkunde in einigen Fällen mittels Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt werden (§ 249 Abs. 2 StPO), was eine Ausnahme zum sonst im Strengbeweis geltenden Mündlichkeitsgrundsatz darstellt (Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, Einl. Rn. 185, 189).

[8] Zu Beginn der Hauptverhandlung waren den Angeklagten je ein (im Fall der Angeklagten Ensslin sogar zwei) Verteidiger/innen ihres Vertrauens als Pflichtverteidiger/innen beigeordnet. Für den Angeklagten Raspe war dies Rechtsanwalt von Plottnitz. Nachdem seine Beiordnung mit Verfügung vom 7.11.1975 (abgedruckt in: Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 70 ff.) zurückgenommen wurde, legitimierte sich Rechtsanwalt Spangenberg am 41. Verhandlungstag für ihn, wurde jedoch kurz darauf wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) ausgeschlossen (OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.11.1975 - Az.: 2 StE 1/75, NJW 1976, S. 157; s. dazu auch die Kritik der Verteidigung am 43. Verhandlungstag, S. 3320 f., 3338 ff., 3354 ff. und 3394 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Rechtsanwalt von Plottnitz nahm zwar auch nach seiner Entpflichtung noch für einige Zeit als Wahlverteidiger am Verfahren teil. Ein Unterschied zwischen der Tätigkeit als Pflicht- und der als Wahlverteidiger/in besteht allerdings darin, dass nur Erstere einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse erhalten (damals § 97 BRAGO, inzwischen ersetzt durch § 45 Abs. 3 RVG). Besonders aufwendige und lang andauernde Prozesse gegen mittellose Mandant/innen sind nur mit einem Wahlmandat kaum zu bewältigen. Da den Angeklagten neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei weitere Pflichtverteidiger (gegen ihren Willen) zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet worden waren, konnte die Hauptverhandlung trotz grundsätzlich notwendiger Verteidigung (§ 140 Abs. 1 Nr. 1, 2, 5 StPO) stets weitergeführt werden. Die Angeklagten lehnten die von ihnen sog. Zwangsverteidiger allerdings vehement ab und weigerten sich, mit ihnen zu reden (s. dazu Ulrike Meinhof am 1. Verhandlungstag, S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[9] S. dazu die Diskussion um die mögliche (Nicht-)Zulassung der Rechtsanwältin Bahr-Jendges am 96. Verhandlungstag, S. 8645 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung.

[10] Dierk Hoff, der in seiner Werkstatt einige der später von der RAF verwendeten Sprengkörperhüllen hergestellt hatte, wurde als einer der Hauptbelastungszeugen bereits ab dem 68. Verhandlungstag vernommen. Die Verteidigung war der Auffassung, die Bundesanwaltschaft habe in unzulässiger Weise Einfluss auf die Aussage Dierk Hoffs genommen, etwa durch das in Aussicht stellen nicht vorgesehener Vorteile, um ihn dadurch gesetzeswidrig als Kronzeugen zu gewinnen. Um dies zu beweisen, stellte Rechtsanwalt Dr. Heldmann am 89. Verhandlungstag den Antrag, den Generalbundesanwalt Siegfried Buback als Zeuge zu vernehmen (S. 7962 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[11] § 72 StPO erklärt die Vorschriften für Zeug/innen auch für Sachverständige anwendbar, wenn nicht in den nachfolgenden Vorschriften Abweichendes geregelt ist. § 79 StPO enthält eine solche Abweichung im Vergleich zu § 57 StPO a.F. im Hinblick auf die Vereidigung: Während die Vereidigung für Zeug/innen als Regelfall vorgesehen war, findet die Vereidigung von Sachverständigen nach dem Ermessen des Gerichts statt; der Regelfall ist hier die Nichtvereidigung. Heute ist auch die Vereidigung für Zeug/innen nur noch in Ausnahmefällen vorgesehen (§ 59 StPO).

[12] Sachverständige können nach dem Ermessen des Gerichts vereidigt werden (§ 79 StPO). Nach damaliger Rechtslage war die Vereidigung allerdings zwingend, wenn dies durch die Staatsanwaltschaft, Angeklagte oder die Verteidigung beantragt wurde (§ 79 Abs. 1 Satz 2 StPO a.F.).

[13] Für Zeug/innen und Sachverständige galten verschiedene Vorschriften über die Vereidigung: Während die Vereidigung von Zeug/innen - abgesehen von wenigen Ausnahmen (§§ 60, 61 StPO a.F.) - stets vorgeschrieben war (§ 59 StPO a.F.), war die Vereidigung von Sachverständigen in das Ermessen des Gerichts gestellt (§ 79 Abs. 1 StPO a.F.). Auch die Angaben von Sachverständigen können als Zeugenangaben gewertet werden, da die Bekundung von Tatsachen beiden Beweiskategorien unterfallen kann. Welche Vereidigungsvorschrift Anwendung findet, hängt von dem konkreten Wahrnehmungszusammenhang der bekundeten Tatsachen ab: Wurde die bekundete Tatsache im Rahmen eines behördlichen Auftrages aufgrund der besonderen Sachkunde wahrgenommen, fällt auch die Tatsachenbekundung in den Aufgabenbereich des/der Sachverständigen. Wurde die Tatsache hingegen ohne Auftrag, aber dennoch aufgrund einer gewissen Sachkunde wahrgenommen, sind die Regeln für den Zeugenbeweis anwendbar (sog. sachverständiger Zeuge, § 85 StPO; s. zur Abgrenzung Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 59. Auflage 2016, § 85 Rn. 2 f.).

[14] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).

[15] Urkunden und andere als Beweismittel dienende Schriftstücke werden durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 StPO; heute ergänzt durch die Möglichkeit des Selbstleseverfahrens). Ein Beweisstück kann Gegenstand sowohl des Augenscheins-, als auch des Urkundenbeweises sein. Beide Beweisarten zielen auf unterschiedliche Erkenntnisse. Während mittels Inaugenscheinnahme Merkmale wie das Vorhandensein an sich, die äußere Beschaffenheit o.ä. festgestellt werden können, dient der Urkundenbeweis der Kenntnisnahme des (durch Schriftzeichen verkörperten) Inhalts einer Erklärung (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 249 Rn. 7).

[16] Die Auswahl des Zeitpunktes, zu dem über einen Beweisantrag entschieden wird, obliegt dem/der Vorsitzenden als Bestandteil der Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1 StPO). Sie ist grundsätzlich bis zum Schluss der Beweisaufnahme (§ 258 Abs. 1 StPO) möglich; ein Anspruch auf alsbaldige, oder gar sofortige, Entscheidung besteht nicht. Denkbar erscheint in Ausnahmefällen eine andere Betrachtung unter dem Aspekt eines fairen Verfahrens (BGH, Beschl. v. 17.11.2010 - Az.: 1 StR 145/10, NStZ 2011, S. 168; Dahs, StraFo 1998, S. 253, 254). Die Entscheidung muss allerdings so rechtzeitig verkündet werden, dass die antragstellenden Personen noch die Möglichkeit haben, darauf zu reagieren, etwaige Fehler zu beheben, oder neue Beweisanträge zu stellen (Trüg/Habetha, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 244 Rn. 182). Inzwischen wurde mit dem Gesetz zur effektiveren und praxistauglichen Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.8.2017 (BGBl. I, S. 3202) die Möglichkeit geschaffen, Beweisanträge, die nach Ablauf einer zuvor gesetzten Frist gestellt werden, erst im Urteil zu bescheiden (§ 244 Abs. 6 Satz 2-5 StPO). Hierdurch sollte der Umgang mit Beweisanträgen, die nur zum Zwecke der Verfahrensverzögerung gestellt werden, vereinfacht werden (s. die Begründung in BR-Drs. 796/16, S. 34).


[a] Maschinell durchgestrichen: festgestellten

[b] Maschinell eingefügt: (als Vertreter von RA Dr. Heldmann)

[c] Handschriftlich ergänzt: Teile

[d] Handschriftlich ergänzt: Nummern

[e] Maschinell eingefügt: Pelzing

[f] Handschriftlich eingefügt: ist

[g] Maschinell eingefügt: - aubergine -

[h] Handschriftlich eingefügt: nicht

[i] Maschinell ergänzt: gingen

[j] Handschriftlich eingefügt: sich

[k] Handschriftlich eingefügt: nicht

[l] Maschinell durch * eingefügt: Zg.San.: Ja

[m] Handschriftlich ersetzt: uns rückkonstruiert durch es rekonstruiert

[n] Maschinell durchgestrichen: nicht

[o] Handschriftlich ergänzt: Beobachtungen

[p] Handschriftlich ergänzt: Farbensehen

[q] Handschriftlich durchgestrichen: begegneten

[r] Maschinell durchgestrichen: und

[s] Maschinell durchgestrichen: es sich

[t] Maschinell eingefügt: rechte

[u] Handschriftlich ersetzt: Batterie durch Karosserie

[v] Handschriftlich eingefügt: auf

[w] Handschriftlich eingefügt: Sie

[x] Maschinell eingefügt: ja,

[y] Maschinell ersetzt: anwesend durch nunmehr auch anwesend

[z] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend

[aa] Handschriftlich eingefügt: und

[bb] Maschinell ersetzt: V durch Ri.Mai

[cc] Handschriftlich ergänzt: insoweit

[dd] Handschriftlich ergänzt: seit

[ee] Handschriftlich ersetzt: dieses durch diesen

[ff] Maschinell ersetzt: Li. durch Lang

[gg] Maschinell eingefügt: KHM Lang

[hh] Maschinell ergänzt: Beratungen

[ii] Maschinell eingefügt: Maschine