93. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, 25. März 1976, um 9.03 Uhr



[8201] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, 25. März 1976, um 9.03[a] Uhr

(93. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag - mit Ausnahme von Oberstaatsanwalt Zeis -

Als Urkundsbeamte sind anwesend:
JOS Janetzko
JAss Clemens.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als Verteidiger sind anwesend:
Schlaegel, Linke, Schwarz und Künzel.

Als Zeuge ist anwesend:
EKHK Heinrich Krapp

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Die Verteidigung ist gewährleistet.

Herr Rechtsanwalt König hat sich entschuldigt, er wird sich kurz verspäten nur. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann desgleichen.

Herr Rechtsanwalt Schnabel ist für die ersten 1 ½ Stunden entschuldigt.

Rechtsanwalt Dr. Augst (als amtl. best. Vertreter von Rechtsanwalt Eggler) erscheint um 9.03 Uhr im Sitzungssaal.

Herr Rechtsanwalt Grigat hat sich für heute entschuldigt.

Folgende Hinweise:

Am 27.4. ist als Sachverständiger Herr Dr. Grooß geladen. Herr Dr. Grooß ist aufgeführt im Terminsplan mit bestimmten Gutachten.

Es kommt noch ein Gutachten hinzu, das er erstatten soll, das findet sich im Band 68, Seite 178. Es ist ein Gutachten vom 16. August 1972. Dann ist auf den 6.4.1976 der Zeuge Charles Kerg geladen; er ist Ausländer, seine Aufenthaltsgenehmigung ist abgelaufen in der Bundesrepublik. Er hat sich nach unbekannt abgemeldet [8202] im März dieses Jahres. Die Ausländerbehörde hat keinerlei Hinweise, wo er hingegangen ist. Wir müssen also davon ausgehen, daß dieser Zeuge am 6.4. nicht zur Verfügung steht.

Heute früh ist als Zeuge anwesend, Herr Krapp zum wiederholten Male. Ich darf die Belehrung deshalb ...

BA Dr. Wu[nder]:

Ich habe eine ganz kurze Erklärung, wenn ich die schnell abgeben dürfte.

Vors.:

Bitte.

BA Dr. Wu[nder]:

Zum Beweisantrag der Angeklagten auf Vernehmung des Herrn Generalbundesanwalts[2] werde ich über meine vorläufige Stellungnahme[3] hinaus keine weitere Erklärung abgeben.

Vors.:

Danke, dann kann also der Senat die Entscheidung von sich aus ins Auge fassen.

Der Zeuge EKHK Krapp wird gem. § 57 StPO[4] belehrt.

Der Zeuge erklärt sich mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[5]

Der Zeuge Krapp macht folgende Angaben zur Person:

Heinrich Krapp, 55 Jahre alt,
Erster Kriminalhauptkommissar beim Bundeskriminalamt Wiesbaden,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.
Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Krapp, ist Ihnen die Inheidener Straße in Frankfurt ein Begriff geworden, das heißt genaugenommen die Hausnummer 69?

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Vors.:

Trifft es zu, daß Sie damals in die Ermittlungen eingeschaltet waren, als man diese Wohnung entdeckt hatte? Vielleicht kann ich es präzisieren ...

Zeuge Kr[app]:

Ermittlungen ist vielleicht ...

Vors.:

... trifft es zu, daß Sie den Auftrag bekommen haben in der Wohnung nachzusehen, ob dort evtl. Sprengkörper und dergleichen zu entschärfen sind?

Zeuge Kr[app]:

Jawohl, richtig.

[8203] Vors.:

Und uns würde nun interessieren, welche Feststellungen, Beobachtungen Sie gerade in diesem Zusammenhang gemacht haben, wobei ich Sie vielleicht bitten würde, folgendermaßen aufzuteilen, ob Sie Sprengkörper gefunden haben, ob Sie die entschärft haben, ob Sie Zündmittel und Sprengstoffe gefunden und evtl. Zubehör? Wenn Sie solche Funde gemacht haben, dann würden[b] wir Sie bitten zu beschreiben, um was sich es gehandelt hat. Beginnend vielleicht mit Sprengkörper.

Zeuge Kr[app]:

Also ich wurde in die Inheidener Straße beauftragt, dort vorhandene Sprengkörper und Sprengstoff und Sprengzubehör, also Zünder usw., zu sichten, erstmal die Wohnung und danach sicherzustellen und dann in Sicherheit zu bringen, das heißt abzutransportieren. Als ich hinkam, da waren am Vorraum, also vor mir waren ja schon andere Kollegen dort und von Frankfurt, und Sicherungsgruppe[6] usw., lagen schon ein Teil von Sprengkörpern im Vorraum. Und zwar waren das zwei Gasflaschen, 33 kg Propangasflaschen, dann ein halbrunder Körper, der wurde später als „Baby-Bombe“[7] bezeichnet, dann drei Wurfkörper, Feldflaschenform, und eine Magnetbombe, wie sie bei dem Sprengstoffanschlag Buddenbergin Karlsruhe[8] verwendet worden sind, also das waren zunächst die Sprengkörper. Soll ich die im einzelnen beschreiben?

Vors.:

Das wäre uns lieb, wenn Sie das beschreiben könnten. Wir würden Sie dann vielleicht bitten zu beginnen mit dem Asservat E 23 V/5, 349.

Dem Zeugen wird das Asservat
E 23 V/5 Pos. 349 zur Erläuterung vorgelegt.

Zeuge Kr[app]:

Ja, das ist der halbkugelförmige Sprengkörper, der als „Baby-Bombe“ bezeichnet worden sind. Dieser Sprengkörper war gefüllt und auch mit einer Zündeinrichtung versehen.

Ich habe ihn später entschärft, das heißt Spreng- und Zündmaterial entfernt, und hierzu gehört eine Tragevorrichtung, die auch in der Wohnung gefunden worden ist; das sind diese Teile hier, das ist ein aufblasbarer Luftballon. Also es bestand die Möglichkeit, daß eine Person sich diese Bombe hier irgendwie anhängt, die Bombe dann irgendwie ablegt und evtl. als schwangere Frau irgendwo auftritt, und wenn die Bombe abgelegt und zündfertig ist, daß dann ein Ballon aufgeblasen werden konnte und daß sie zu irgendeinem Zeitpunkt den Raum verlassen konnte und dann konnte eben diese Bombe [8204] zur Detonation gebracht werden.

Vors.:

Wie war die Zündanlage und war das ...?

Zeuge Kr[app]:

Die Zündanlage war elektrisch, bestand aus einer Sprengkapsel mit Zünderdrähten, die hier ausgeführt waren, dann war innendrin ein Stück Detonationsschnur und sie enthielt weiterhin Stahlkugeln. Die Füllmenge, die betrug so etwa 2 ½ bis 3 kg.

Vors.:

Haben Sie noch eine Ahnung, um was für ein Fabrikat sich bei der Sprengschnur gehandelt hat?

Zeuge Kr[app]:

Bitte, bei der Spreng...?

Vors.:

Bei der Sprengschnur.

Zeuge Kr[app]:

Einer Dynacord.

Vors.:

Dynacord, und die Farbe würde auch noch interessieren der Drähte auch speziell der Sprengschnur?

Zeuge Kr[app]:

Bitte, die ...?

Vors.:

Die Farbe.

Zeuge Kr[app]:

Die Farbe. Soviel ich weiß, waren es zwei weiße[c] Drähte, zwei weiß isolierte Drähte, also ein[d] Momentzünder[e].

Vors.:

Sie haben gerade erwähnt die Füllung, 2 ½ kg sagten Sie, habe ich recht verstanden?

Zeuge Kr[app]:

2 ½ kg bis 3 kg.

Vors.:

Und was für ein Sprengstoff?

Zeuge Kr[app]:

Es war ein grauer Sprengstoff, also ein Amonitratsprengstoff mit Aluminiumpulver.

Vors.:

Erinnern Sie sich auch, ob noch Zutaten innerhalb der ... des Sprengkörpers gewesen sind?

Zeuge Kr[app]:

Schwefel, Kaliumnitrat.

Vors.:

Außer dem Sprengstoff sind sonstige Zutaten noch in ...?

Zeuge Kr[app]:

Die Stahlkugeln.

Vors.:

Stahlkugeln haben Sie bereits erwähnt.

Der Angeklagte Raspe erscheint um 9.11 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Und wenn Sie es noch angeben können, Dimension, der Durchmesser der Stahlkugeln würde[f] interessieren?

Zeuge Kr[app]:

Stahlkugeln, die waren unterschiedlich. Ich glaube zwischen etwa 3 - 4 mm bis 11 mm so was.

Vors.:

Können Sie die Zahl der Stahlkugeln, die enthalten gewesen sind, nur ungefähr noch angeben?

Zeuge Kr[app]:

Also hier in der Baby-Bombe ...

[8205] Vors.:

Ich meine, ging das ... handelt es sich, sagen wir mal, im 10ner Bereich oder war es im 100ter Bereich?

Zeuge Kr[app]:

Also aus den Stahlflaschen weiß ich noch, da waren es etwa 800 - 900 Stahlkugeln, die da drin waren, es können auch ...

Vors.:

Ich darf es Ihnen, wenn Sie es offenbar nicht mehr wissen, die Beschreibung, wie sie sich im Ord. 81, Bl. 226, in Bezug auf diese Stahlkugel findet, vielleicht vorhalten. Es wird angegeben, es seien im Sprengstoff eingebettet, also innerhalb dieses Sprengkörpers gefunden worden 96 Stück mit einem Durchmesser von 5 mm, 478 Stück mit einem Durchmesser von 6 mm, 73 mit einem Durchmesser von 8 mm, 45 mit Durchmesser von 16 mm und 16 Stück mit 19 mm Durchmesser, es sind also fast 2 cm große ...

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Vors.:

Wenn ich Ihnen das vorhalte, trifft das zu?

Zeuge Kr[app]:

Dann trifft das zu, ja.

Vors.:

Haben Sie sonst zu diesen Sprengkörper irgendetwas noch auszuführen, ich meine, wie war der Zustand? War eine sofortige Detonation möglich oder ...?

Zeuge Kr[app]:

Die war möglich.

Vors.:

War also betriebsfertig sozusagen.

Zeuge Kr[app]:

Aufgrund des Aufbaues war sie funktionsfähig.

Vors.:

Die Frage geht also noch dahin, was hätte man noch tun müssen, um die Zündung zu bewirken?

Zeuge Kr[app]:

Also praktisch nur an die Batterie anschließen.

Vors.:

Weitere Fragen zu diesem Sprengkörper?

Richter Mai[er]:

Herr Krapp, also es befand sich keine Batterie dabei, das haben Sie gerade schon gesagt, es befand sich eine Uhr oder ein Wecker bei dieser ...?

Zeuge Kr[app]:

Bei dieser Bombe nicht.

Richter Mai[er]:

... Bombe nicht, danke.

Vors.:

Zu diesem Sprengkörper, ich sehe sonst keine Fragen.

Dem Zeugen wird das Asservat 
E 23 V/5 Pos. 350 zur Erläuterung vorgelegt.

Zeuge Kr[app]:

Ja, das Asservat, das ist die Magnetbombe, wie ich schon vorhin erwähnt habe, die beim Anschlag auf den Bundesrichter Buddenberg verwendet worden ist, in der gleichen Dimension, und zwar war dieser Sprengkörper leer, er war nicht gefüllt. Er besteht aus [8206] zwei Klöpperböden, das sind zwei ...

Vors.:

Herr Krapp, damit wir hier sprachlich das richtige haben, die Bombe meinen Sie nicht, die verwendet worden ist, sondern eine Bombe dieser Art?

Zeuge Kr[app]:

Dieser Art, ja.

Das sind zwei Klöpperböden, die sind zusammengeschweißt, oben befindet sich ein Anfüllstutzen, ein Wasserleitungsrohr mit Schraubkappe. Dann sind zwei Tragebügel angebracht oder Anhängebügel und hier am unteren Klöpperboden, da sind Magnethalter angeschweißt und an denen befinden sich drei Haftmagnete, das sind die hier; so daß die Bombe unterm Fahrzeuge oder irgendwie angesetzt werden kann.

Vors.:

Können Sie noch die Stärke dieser Tragebügel und die Art, hat es sich da um Rundeisen oder Flacheisen gehandelt?

Zeuge Kr[app]:

Das ist ein Rundeisen, ein Rundstahl. Stärke etwa 6 mm.

Vors.:

In Ihrer Beschreibung Bl. 211 des Ord. 81 ist von 8 mm gesprochen worden, trifft dann das zu?

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Vors.:

Kann man die Magnete noch näher beschreiben, dem Fabrikat nach, möglicherweise der[g] Art der Anbringung nach?

Zeuge Kr[app]:

Die Magnete selbst, das sind Türmagnete, also die notmalerweise an einer Pendeltüre oder was befestigt werden, das heißt ein Magnetteil, das ist diese Scheibe, die wird an der Tür befestigt meinetwegen oder umgekehrt, und das andere Teil, der eigentliche Magnet an der Wand. Wenn Sie die Tür aufmachen, dann bleibt die Tür eben offen, und diese Dinge, die sind hier verwendet worden, und zwar wurden in der Wohnung Inheidener Straße, neben dieser Bombe mit diesen Scheiben, wurden drei Scheiben extra gefunden, also ohne Magnete und dann, soviel ich weiß, zwei Einzelmagnete nochmal.

Vors.:

Ist etwas zu sagen zur Füllung oder zur Zündanlage dieser Bombe?

Zeuge Kr[app]:

Die war leer.

Vors.:

Kein Sprengstoff enthalten ...

Zeuge Kr[app]:

Keine Füllung[h], kein Sprengstoff.

Vors.:

... Zündanlage schon irgendwie ...?

Zeuge Kr[app]:

Auch keine Zündanlage.

Vors.:

Zu dieser Bombe noch irgendwelchen Fragen? Bitte.

Rechtsanwalt König erscheint um 9.17 Uhr im Sitzungssaal.

[8207] Richter Mai[er]:

Herr Krapp, könnten Sie die Schraubkappe noch nähers beschreiben?

Zeuge Kr[app]:

Das ist eine Sechskantschraubkappe.

Richter Mai[er]:

Durchmesser?

Zeuge Kr[app]:

Größe 1 ¼ Zoll.

Richter Mai[er]:

Ist das eingeprägt, Größe ...?

Zeuge Kr[app]:

Kein, in diesem ... nicht, die hat ausnahmsweise keine Prägung, meistens steht die Prägung drauf und auch das Herstellerzeichen.

Richter Mai[er]:

Herr Krapp, vielleicht noch einmal zu den Magnetstücken. Sie sagen, an diesem Sprengkörper, den Sie hier vor sich haben, da befinden sich 3 Magnete, drei solche Türfeststeller, und Sie haben uns diese drei scheibenförmigen Gegenstücke gezeigt, die sich auch an diesem Sprengkörper befinden. Nun haben Sie schon erwähnt, man habe in der Wohnung, in der Sie ja solche Sachen sichergestellt haben, noch drei weitere sölche scheibenförmigen Gegenstücke gefunden, darf man davon ausgehen, Herr Krapp, daß beim Bundeskriminalamt Sie in erster Linie herangezogen werden, wenn es darum geht, irgendwo Sprengkörper zu entschärfen oder wenn Sprengkörper gefunden werden?

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Haben Sie nun Anhaltspunkte gewonnen bei der Arbeitsgemeinschaft Sprengstoff, wo sonst, Sie haben also gerade schon Karlsruhe, Buddenberg, erwähnt, da habe man ebenfalls solche Magnetstücke, solche Türfeststeller gefunden. Haben Sie nun Anhaltspunkte dafür, wo sonst man für diese drei weiteren Gegenstücke, die man in der Inheidener Straße gefunden hat, wo sonst man solche Türfeststeller gefunden hat, die zu diesen drei Gegenstücken gehören könnten?

Zeuge Kr[app]:

Also soviel ich die Tatorte in diesem ganzen Komplex kenne, war es nur in Karlsruhe.

Richter Mai[er]:

In Karlsruhe?

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Dort hat man Türfeststeller ...?

Zeuge Kr[app]:

Also die drei Magnete gefunden.

Richter Mai[er]:

Die drei Türfeststeller gefunden. Haben Sie bei einer Rekonstruktion des Karlsruher Anschlags mitgewirkt, wo man[i] also versucht hat aus Splittern den Sprengkörper zu rekonstruieren?

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Und nun sagen Sie, da hat man also solche Türfeststeller [8208] oder Splitter von Türfeststellem gefunden. Haben Sie dort auch Splitter von solchen Gegenstücken zum Türfeststeller gefunden?

Zeuge Kr[app]:

Nein.

Richter Mai[er]:

Das nicht.

Zeuge Kr[app]:

Diese Teile wurden nicht gefunden.

Richter Mai[er]:

Ja, danke.

Zeuge Kr[app]:

Darf ich dazu vielleicht ergänzen. Wenn man diese Magnete kauft - wir haben ein Vergleichsstück gekauft damals - dann werden die zwangsläufig dazu geliefert. Also man kann nicht den Magnet einzeln kaufen und die Scheibe getrennt.

Richter Mai[er]:

Die gehören immer zusammen?

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Sie erwähnen das nun gerade. Was haben denn Ihre Ermittlungen ergeben über die Herkunft dieser Türfeststeller?

Zeuge Kr[app]:

Hier muß ich wieder sagen, Ermittlungen, ich führe keine Ermittlungen ...

Richter Mai[er]:

Sie haben selber darüber nichts ermittelt, ja.

Zeuge Kr[app]:

... geführt, ich habe nur die technische Untersuchung gemacht.

Richter Mai[er]:

Ja, danke.

Vors.:

Zumindest die Marke aber, der Türfeststeller haben Sie, glaube ich, damals in Ihrer Beschreibung festgehalten.

Zeuge Kr[app]:

Die weiß ich jetzt nicht.

Vors.:

Hier ist der Harne „Marke Compact“ erwähnt.

Zeuge Kr[app]:

Ja, eine französische oder belgische Firma oder englische.

Vors.:

Compact ...

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Vors.:

... müßte es dann heißen, wird auch so geschrieben.

Sonstige Fragen zu diesem Sprengkörper? Ich sehe nicht.

Dem Zeugen wird das Asservat
E 23 V/5 Pos. 351 zur Erläuterung vorgelegt.

Zeuge Kr[app]:

Das ist eine 11 kg Propangasflasche, und zwar war die noch in einem Tragebehälter, in einer Segeltuchtasche. Der Behälter war auf jeden Fall gefüllt und zwar mit rotem Sprengstoff und eine Flasche, die hatte zwei Zünderdrahtpaare, und eine Gasflasche hatte nur ein Zünderdrahpaar. Jetzt weiß ich nicht welche, entweder diese oder die andere. Und zwar war in einer Flasche ein [8209] Millisekundenzünder, ein Elektrozünder, eingesetzt mit Detonationsschnur und Stahlkugeln, wie gesagt, Sprengstoff eine rote Mischung, und in der zweiten Flasche war ebenfalls ein Momentzünder eingesetzt und zusätzlich ein zweiter Zünder mit weißem ... weiß oder gelb, ich glaube, weiße Zünderdrähte. Ich habe sie delaboriert, das heißt entleert. Die Anlage selbst war funktionsfähig und in einer Flasche, da war neben diesem gewerblichen Zünder, Millisekundenzünder, da war ein Alluminiumröhrchen etwa 10 cm lang, Durchmesser etwa ...

Vors.:

Wir wollen gleich die Flasche 352 auch noch aufstellen, so daß Sie beide gleichzeitig vor sich haben und vielleicht dann die Unterscheidung treffen können.

Dem Zeugen wird das Asservat E 23 V/5, Pos. 352 - Gasflasche - zur Erläuterung vorgelegt.

Zeuge Kr[app]:

Wie gesagt, ich habe die beiden Zünderdrähte raus, die Zünder entfernt und in einer, da war nun diese Aluminiumhülse oben und unten ange... also kein gewerblicher oder militärische Zünder. Ich habe eine Röntgenaufnahme davon gefertigt, man konnte eine Zündbrücke erkennen, auch eine Füllmasse. Dann war es natürlich für weitere Einsätze, Anschläge interessant, welches Mittel verwendet worden ist. Ich habe dann die Aluminiumkapsel aufgesägt und es wurde festgestellt, daß sie Knallquecksilber enthielt.

Das Knallquecksilber ist dann gesprengt worden und zwar unter ... na, für Knallquecksilber eben die übliche Wirkung, und hierzu ergänzend vielleicht, in der Wohnung wurden dann zwei Behälter Quecksilber gefunden. Es waren graue Behälter, also ich möchte ... und eben so Alkohol, Salpetersäure, das ist die Art, mit der man im Selbstlaborat eben Knallquecksilber herstellen kann.

Vors.:

Herr Krapp, ist es richtig, daß hier auch wieder die Zündung elektrisch erfolgen sollte?

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Vors.:

Waren Batterien schon angeschlossen?

Zeuge Kr[app]:

Nein, war nicht angeschlossen.

Vors.:

Ist hier auch diese Dynacord-Sprengschnur verwendet worden?

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Vors.:

Farbe?

Zeuge Kr[app]:

Farbe ist grün. Ich hab ein Muster[j] dabei, falls es interessiert?

[8210] Vors.:

Danke, das würde uns durchaus mal interessieren. Aber das können wir dann anschließend tun, wenn die Fragen erledigt sind.

Die Füllung mit Sprengstoff, wissen Sie noch gewichtsmäßig?

Zeuge Kr[app]:

Die eine hatte etwa 32 oder 33 kg, in der zweiten war etwas weniger drin.

Vors.:

In Ihrer Beschreibung der Sprengkörper - Bl. 216 des Ord. 81 - ist geredet[k]: Bei 351, die vordere Flasche, 32 kg und im anderen Sprengkörper 33,5 kg, fällt Ihnen das jetzt wieder ein?

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Vors.:

Es sind auch Stahlkugel enthalten gewesen, wissen Sie noch zahlenmäßig wieviel?

Zeuge Kr[app]:

Hier, glaube ich, es waren so 800 - 900 Stahlkugel etwa pro Flasche.

Vors.:

Ja. Es ist also hier angegeben, daß Sie in der einen ... im einen Sprengkörper 900, im anderen 850 Stück Stahlkugeln gefunden haben. In Anknüpfung an das, was der Herr Berichterstatter vorhin gefragt wurde, Sie waren ja an weiteren Orten, wo Sie wegen Sprengstofftatverdacht eingesetzt waren, tätig. Gibt es irgendwelche Hinweise, daß ähnliche Instrumente als Sprengkörper verwendet worden [l] sind oder hätten verwendet werden können?

Zeuge Kr[app]:

Ja, wir haben[m] Teile gefunden bei dem Sprengstoffanschlag auf das US-Quartier in Heidelberg,[9] also Gasflaschenkörper, und dann [n] beim Landeskriminalamt München[10] sind, glaube ich, auch Teile gefunden worden, ja, das waren sie wohl.

Rechtsanwalt Geulen (als Vertreter von Rechtsanwalt Schily) erscheint um 9.25 Uhr.

Vors.:

Können Sie sich der Garage in Frankfurt erinnern?

Zeuge Kr[app]:

Ja, die waren also die[o] nicht zur Detonation ... da kommt die Garage Hofeckweg.

Vors.:

Hat man im Hofeckweg in der Garage auch solche Flaschen gefunden?

Zeuge Kr[app]:

Auch, in gleicher Größe.

Vors.:

Die gleiche Größe.

Zeuge Kr[app]:

Hier, vielleicht darf ich noch ergänzen zu diesen Gasflaschen in der Inheidener Straße, da wurde dann ein, so ein Gasflaschen...

Vors.:

Typenschild.

Zeuge Kr[app]:

... Typenschild und auch ein Halsring oben[p] für eine Gasflasche noch gefunden, der fehlt hier.

Vors.:

Weitere Fragen zu diesem Sprengkörper? Herr Berichterstatter.

[8211] Richter Mai[er]:

Wie verhielt es sich mit den Flaschenventilen dieser[q] beiden Gasflaschen?

Zeuge Kr[app]:

Die Flaschenventile, das waren Normalventile, die waren [r] aber etwa in der Hälfte abgetrennt, wahrscheinlich abgesägt und dann durchbohrt, so daß die Zünderdrähte durchgeführt werden konnten; das sind Messingventile.

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Weitere Fragen? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder?

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Sachverständiger, eine Frage. Sie haben ja zahlreiche Sprengkörper schon entschärft, haben damit den Inhalt und die Sprengkörper in ihrer möglichen Wirkung auch kennengelernt. Wie schätzen Sie die Sprengwirkung eines Sprengkörpers ein, der mit einer Vielzahl von Stahlkugeln in mannigfacher Größe gefüllt ist?

Zeuge Kr[app]:

Die Stahlkugeln[s], ich weiß es aus anderen Sprengstoffattentaten, die mit diesem Komplex nichts zu tun haben, also die unter PKWs angebracht waren ... der PKW, der ist praktisch durchsiebt, so schrapnellartig fliegen eben die Kugeln durch das Objekt.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Sachverständiger, können Sie noch ...

Zeuge Kr[app]:

Ich darf berichtigen, Zeuge bin ich hier, kein Sachverständiger.

Vors.:

Ja, das ist richtig, Herr Krapp ist in seiner Eigenschaft als Zeuge hier geladen.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Krapp, können Sie uns noch die Größe der Kugeln sagen, die hier in diesen Flaschen enthalten waren?

Zeuge Kr[app]:

In diesen? Das waren sehr kleine Kugeln, also ich schätze so 3, 4, 5 mm höchtens, wahrscheinlich 3 oder 4[t] mm so was.

BA Dr. Wu[nder]:

Danke.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Widera.

Der Angeklagte Raspe verläßt um 9.28 Uhr den Sitzungsaal.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Krapp, waren diese beiden Bomben verpackt?

Zeuge Kr[app]:

Die befanden sich in einer Tragetasche, eine Segeltuchtragetasche.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Welcher Farbe?

Zeuge Kr[app]:

Ja, wie war die; so grau, dunkelbeige, beige oder ... ein bißchen eine schmutzige Farbe mehr oder weniger, möchte ich sagen, so ist es mir in Erinnerung.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Dankeschön.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Holland.

[8212] OStA Hol[land]:

Herr Zeuge, eine vielleicht etwas mehr hypothetische Frage. Aber nehmen Sie mal an, ein solcher Sprengkörper, wie er Ihnen hier vorliegt, wäre explodiert. Können Sie uns in diesem Zusammenhang etwas über die mögliche Reichweite solcher Stahlkugeln sagen?

Zeuge Kr[app]:

Das ist schwer zu sagen ...

Vors.:

Ich würde hierzu vielleicht, Entschuldigung, Herr Krapp, da Sie hier nicht als Sachverständiger geladen sind, würde ich bitten, vielleicht solche Fragen auch nicht zu stellen, die[u] sind also an sich [v] Sachverständigenfragen[w].[11]

OStA Hol[land]:

(Anfang unverständlich) ... bei der Sachkunde des Herrn Krapp wird es nun so sein, daß man ganz ganz schwer nur wird trennen können zwischen Dingen, die mehr dem Sachverständigen bereich berühren und Dingen, die vorwiegend eben den Zeugenbereich betreffen.

Vors.:

Also, wenn die Frage dahin geht, ob der Herr Zeuge nach der Detonation eines mutmaßlichen Sprengkörpers dieser Art, die Sprengwirkungen an einem Orte selber feststellen konnte und darüber Aussagen macht, das ist natürlich eine Zeugeaussage. In dieser Form könnte es geschehen, wenn Sie also irgendwo einen Tatort jemals gesehen haben, wo ein solches Ding nach Ihrer Meinung losgegangen ist, da könnten Sie die Sprengkörper dann in dieser Form beschreiben, das ist eine Zeugenaussage dann.

Zeuge Kr[app]:

Ja, ich weiß nur von Heidelberg, wo eben Halsringfragmente und so weiter gefunden worden sind, bei der zweiten Detonation im Umkreis von 40, 50 Meter waren die PKW’s beschädigt und zum Teil zerstört, aber die Frage ging wohl dahin bezüglich der Stahlkugeln.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Linke. Entschuldigung, es wird offenbar ein Verfahrenseinwand gemacht.

RA Li[nke]:

Ja. Herr Vorsitzender, ich halte das nicht für zulässig, was der Zeuge eben macht. Ihr Vorhalt oder Ihr Arbeitsvorschlag ging dahin, daß der Zeuge beschreibt die Wirkungen einer Sprengung, die er selbst beobachtet hat. Was er jetzt tut, daß er den Sprengstoff anschlag von Heidelberg rekonstruiert, wäre meines Erachtens eine reine Sachverständigenfrage.

Vors.:

Es ist so. Wenn ich recht verstehe, Herr Krapp, sind Sie nach dem Anschlag in Heidelberg dort eingesetzt gewesen, haben die Sprengwirkungen beobachtet und Sie selbst, unter dieser Vorraussetzung kann man die Aussage ja auch nur verstehen, haben [8213] damals die Meinung gefaßt, es müsse sich etwa um Sprengkörper dieser Art gehandelt haben und insofern kann dann der Herr Zeuge durchaus beschreiben, was er beobachtet hat.

RA Li[nke]:

Herr Vorsitzender, ich beanstande die Fragen an den Zeugen tortzdem und bitte deshalb, einen Gerichtsbeschluß über die Zulässigkeit herbeizuführen.[12]

Vors.:

(nach geheimer Beratung) Die Frage ist zunächst nochmal an die Bundesanwaltschaft nochmals zu richten. Wir haben ja für Heidelberg über die Sprengwirkung derart viele Aussagen eingeholt. Bestehen Sie darauf, daß der Herr Zeuge seine Beobachtung hier nochmals ...?

OStA Hol[land]:

Herr Vorsitzender, ich hatte auch nicht nach Heidelberg gefragt, sondern, wie gesagt, eine rein hypothetische Frage gestellt, aber angesichts der vorliegenden Umstände ziehe ich die Frage zurück.

Vors.:

Danke, damit ist dann das Problem gelöst. Weitere Fragen, die Herren der Bundesanwaltschaft? Ich sehe nicht. Die Herren Verteidiger? Nicht.

Jetzt bitte ich Sie, das Muster dieser Sprengstoffschnür Dynacord uns mal vielleicht vorzuführen.

Der Zeuge übergibt dem Gericht ein Vergleichsstück der Sprengschnur Dynacord - Farbe grün -.
Die Sprengschnur wird in Augenschein[13] genommen.

Das ist aber nicht grün, sondern ...

Zeuge Kr[app]:

Das ist ...

Vors.:

Läuft das unter grün?

Zeuge Kr[app]:

... türkisgrün oder grünblau ...

Vors.:

Türkisblau ...

Zeuge Kr[app]:

... also, es läuft unter grün.

Die Angeklagte Ensslin erscheint um 9.32 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Man kann wohl davon ausgehen, daß diese Sprengschnüre in verschiedenen Stärken hergestellt werden?

Zeuge Kr[app]:

Nein, das ist eine Stärke und zwar in Deutschland werden zwei Fabrikate, das ist die Dynacord und Wasacord. Dynacord wird [8214] hergestellt von der Firma Dynamit-Nobel und die Wasacord von der Wasak. Die gibt es nun in dieser Stärke, hat auch den Charakter, also wenn Sie sie aufbauen, Isolationsmaterial, dann die einzelnen Wicklungen, dann sind Kennfäden drin, so daß man einwandfrei sagen kann, daß diese Schnur von den Firma Dynacord ist, also von der Dynamit-Nobel hergestellt wird.

Vors.:

Danke. [x]

Der Zeuge übergibt das Asservat
E 23 1/5.1. dem Gericht zur Einsicht.

Zeuge Kr[app]:

Hier ist vielleicht ergänzend, ich brauche von diesem Quecksilber, also das ist die Originalflasche, die habe ich entleert und so ... da waren zwei Flaschen vorhanden, das sind die Tatflaschen.

Vors.:

Das ist eine Flasche, gefunden in der Wohnung; bitte, die Asservatennummern.

Zeuge Kr[app]:

Ja, die Asservatennummer E 23 1/5/1.

Vors.:

Pos. 1 - Quecksilber -

Zeuge Kr[app]:

5/1.

Das Gericht nimmt das Asservat
E 23 1/5 Pos. 1 in Augenschein.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Dem Zeugen wird das Asservat
E 23 V/5 Pos. 353 zur Erläuterung übergeben.

Zeuge Kr[app]:

Ja, das ist der Sprengkörper in Feldflaschenform. Er besteht wieder aus zwei Klöpperböden, die zusammengeschweißt sind. Oben ist ein Rohrstutzen, auf den diese Schnaubkappe gehört. Die Schraubkappe ...

Vors.:

Die Größe der Schraubkappe, ist Ihnen die noch gegenwärtig?

Zeuge Kr[app]:

Die ist ebenfalls eine Sechskantschraubkappe 1 ¼ Zoll und trägt hier die Kennzeichnung B, also Herstellerzeichnung von der Firma Bentig, glaube ich. Dann hat dieser Sprengkörper die Oberfläche, die ist mit einer Schmirgelscheibe oder so was angefräst zur Erhöhung der Splitterwirkung, also es sind sprengtechnisch „Sollbruchstellen“, das heißt, wenn der Körper zerlegt wird, [8215] dann soll er in diesen Splittergrößen zerlegt werden, die entsprechend scharfkantig sind und entsprechend große Zerstörung oder Verletzung hervorrufen. Als Zünder ist hier hier ein mechanischer Zünder eingesetzt gewesen und zwar ist das das Zünderoberteil, hier wird eingeschraubt das Zünderunterteil, das heißt, es besteht oben aus einem Zündhütchen, dann einem Verzögerungssatz und untem dem Effektsatz von einer Übungshandgranate, und an diese Übungshandgranate ist eine Sprengkapsel angelegt und ein Stück Dynacordschnur, also Sprengschnur wiederum. Hier ist der Haltebügel, und da fehlt aber hierzu, da fehlt noch ein Griff.

Vors.:

Erinnern Sie sich noch an den Griff, wie der geformt war?

Zeuge Kr[app]:

Das ist ein Rohrstück meistens gewesen, was hier angeschweißt war und damit ist der Haltebügel so ... der ist hier gehalten.

Die Angeklagte Ensslin verläßt um 9.36 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Rohrstück, das würde also bedeuten ein rundes Stück, also Rundstahl und Eisen ...

Zeuge Kr[app]:

Stahlrohr.

Vors.:

Ja, aber nicht massiv, sondern ein Rohr eben.

Können Sie über die Füllung etwas sagen?

Zeuge Kr[app]:

Da war ein Sprengkörper in dieser Form, der hatte keine Füllung; ich glaube, daß es[y] dieser war, der war leer.

Vors.:

Ja, das entspricht auch Ihrer damaligen Beschreibung.

Sind zu diesem Sprengkörper weitere Fragen? Bitte, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Sie sagen, einer war leer, die beiden anderen waren demnach gefüllt mit Sprengstoff.

Zeuge Kr[app]:

Waren gefüllt mit Sprengstoff.

Richter Mai[er]:

Können Sie noch was sagen über die ... etwa die Menge des Sprengstoffs?

Zeuge Kr[app]:

Sie betrug hier ca. 1 kg, 1000 - 1200 gr., so etwa.

Richter Mai[er]:

Und kann man davon ausgehen, daß die beiden anderen Sprengkörper dieser Art ähnlich oder gleich konstruiert waren die die ...?

Zeuge Kr[app]:

Bis auf einen Sprengkörper, der hatte[z] zusätzlich zur mechanischen Zündung hier eine elektrische Zündung, das heißt unten befand sich ...

Vors.:

Dann wollen wir doch, um das nicht zu verwirren, die Asservate nachher im einzelnen vorlegen.

[8216] Richter Mai[er]:

Keine weiteren Fragen.

Vors.:

Sind zu dem ... Die Bundesanwaltschaft, Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Da gerade von den Sprengkörpern die Rede war, die gefüllt waren, welche Farbe hatte denn der Sprengstoff?

Zeuge Kr[app]:

Das war grauer Sprengstoff ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Grauer Sprengstoff, danke schön.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Linke.

RA Li[nke]:

Herr Zeuge, haben Sie einen derartigen Sprengkörper einmal zur Explosion gebracht?

Zeuge Kr[app]:

Einen derartigen nicht. Allerdings Vergleichssprengkörper in anderer Form, in Rohrbombenform oder ein Rohr mit gleicher Materialstärke und den habe ich zur Detonation gebracht.

RA Li[nke]:

Sie sagten vorhin, die Feldereinteilung auf der Oberfläche des Sprengkörpers diene dazu, entsprechend große Splitterwirkung zu erzeugen. Ist das eine reine Schlußfolgerung oder beruht das auf einer bestimmten Erfahrung?

Zeuge Kr[app]:

Das beruht auf einer bestimmten Erfahrung und zwar, darf ich hierzu einwenden, ich habe ein Vergleichsstück einer Handgranate mitgebracht.

Der Zeuge Krapp zeigt ein von ihm mitgebrachtes Vergleichsstück einer Handgranate vor.

Zeuge Kr[app]:

Hier sehen Sie eine ähnliche Form, nur wird es hier exakt in der Fabrikation schon so hergestellt. Es gibt auch die amerikanische Form, es gibt auch die entsprechenden Einlagen, ebenfalls mit diesen Sollbruchstellen.

RA Li[nke]:

Dann darf ich aber trotzdem feststellen, daß dieselbe Wirkung nicht auf einer sinnlichen Wahrnehmung beruht, weil Sie einen entsprechenden Sprengkörper nicht zur Explosion gebracht haben, so daß Sie also jetzt eigentlich eine Sachverständigenfrage beantwortet haben.

Vors.:

Darf ich darauf hinweisen. Ich habe es so verstanden, daß Sie, und das geht nun wieder in das Zeugenwissen, erklärt haben, in Ihrem Bereiche bezeichnet man solche Einkerbungen als Sollbruchstellen ...

Zeuge Kr[app]:

Sollbruchstellen, ja.

Vors.:

... das, was dann weiter drüberhinaus gesagt worden ist, ist richtig, Herr Rechtsanwalt Linke, das ist dann eine Schlußfolgerung.

[8217] Sollbruchstellen, das hat der Herr Sachverständige ausdrücklich ... der Herr[aa] Zeuge - Verzeihen Sie - ausdrücklich gesagt.

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen in dem Zusammenhang?

Ich sehe nicht.

Ich bitte nun, die nächsten beiden Nummern 354 u. 355 gleichzeitig vorzulegen, wobei, soweit es identische Beobachtungen sind, die Sie bei diesen Asservaten gemacht haben, sich weitere Erklärungen erübrigen, bloß wo Abweichungen vorhanden sind.

Dem Zeugen Krapp werden die Asservate
E 23 V/5 Pos. 354 und Pos. 355
zur Erläuterung vorgelegt.

Zeuge Kr[app]:

Das Asservat V 354 ... Ja, das ist der Sprengkörper, entspricht in seinem Aufbau dem gleichen, wie das vorhergehende Asservat - Sprengkörper - also auch zwei Klöpperböden mit diesen angefrästen oder angeschmirgelten ... mit der angeschmirgelten Oberfläche, Sollbruchstellen, wie ich es bezeichnet habe. Hier ist obendrauf wieder der mechanische Zünder, dann fehlt auch der Griff dazu, also dieser Haltebügel, Rohrbügel. Hier ist der Haltebügel; und hier zu diesem Sprengkörper gehören die Zünderdrähte - gelbweiß - das sind Stahldrähte ... und hier irgendwo, hier an der Unterseite, da befinden sich zwei Bohrungen, da war der Draht ausgeführt, der war dann um diesen Haltegriff so umgewickelt. Also es bestand die Möglichkeit, diesen Sprengkörper entweder mechanisch zu zünden, indem er geworfen wird; man schlägt das Schlagstück, das Zündhütchen an und es erfolgt die Zündung, oder man konnte ihn ablegen und elektrisch zünden in Verbindung mit einer Batterie.

Vors.:

Das würde dann bedeuten, daß die mechanische Auslösung jederzeit möglich gewesen wäre, bloß zum Elektrischen würde wieder eine Batterie wohl notwendig[bb] sein.

Sind sonstige Besonderheiten ...?

Zeuge Kr[app]:

Der Sprengkörper, der war gefüllt mit grauer Mischung und Gewicht, wie gesagt, so um 1000 - 1200 - 1300 gr, so was.

Vors.:

Trifft das auch auf den zweiten Sprengkörper zu, daß er gefüllt war?

Zeuge Kr[app]:

Den hier, ja. (auf das Ass. E 23 V/5 355 deutend).

Vors.:

Ja. Gibt es zu diesem Sprengkörper noch irgendwelchen speziellen Fragen? Ich sehe nicht. Dann können wir gleich noch die Nummer [8218] 355; trifft da alles, was Sie jetzt geschildert haben, auch zu oder gibt es irgendwas Zusätzliches?

Zeuge Kr[app]:

Dieser Sprengkörper hat den gleichen Aufbau. Hier ist dieser Tragebügel oder Wurfbügel noch vorhanden. Also hier befindet sich eine Bohrung, da ist dieser Haltebügel befestigt und gesichert durch den Splint und den Ring, wenn der geworfen wird, dann wird der eben gezogen und geworfen, dann springt dieser Haltebügel ab und damit schlägt das Schlagstück über und es erfolgt die Zündung.

In diesem Zusammenhang habe ich hier einen Originalzünder mitgebracht.

Der Zeuge Krapp zeigt einen von ihm mitgebrachten Originalzünder vor.

Also der Übungshandgranate DM 28, weil dieser Effektsatz und Verzögerungssatz, der befindet sich bei uns im Sprengstoffbunker, der ist in diesen Asservaten nicht dabei. Dann ist dieser Haltebügel, hier ist er Original, die militärische Ausführung, die[cc] in einem Fall und zwar im Hofeckweg, vorhanden war, während diese anderen Haltebügel ein Eigenbau sind, also speziell für diese Sprengkörper gefertigt worden sind.

Vors.:

Danke. Zu diesen sogenannten feldflaschenförmigen Sprengkörpern irgendwelche Fragen? Ich sehe nicht.

Dem Zeugen werden die Asservate

E 23 V/5 Pos. 322, 356, 373 und 377 zur Erläuterung vorgelegt.

Also zunächst wieder die Frage, sind solchen Materialien gefunden worden und um was handelt es[dd] sich dabei?

Zeuge Kr[app]:

Jawohl. Kann ich mit dem Asservat 322 beginnen. Hier wurden eine Menge Kabel gefunden, also es sind normale Kabel, die überall praktisch vorkommen, aber auch in diesem Fall möchte ich sagen, bekannt ist mir dieses Kabel, also ein doppelartiges Breitkabel aus einer Bombe im Zündkreis Springerhochhaus Hamburg,[14] da wurde so ein Material verwendet. Dann ... das sind Kabelstücke.

Ende Band 457

[8219] Zeuge Kr[app]:

Also für mich waren hauptsächlich diese Sachen wichtig.

Und zwar sind das Zünderdrähte in den Farben grün, gelb und weiß. Weiß, das ist die Kennfarbe, - an und für sich für Momentzünder - und zwar sind das kunststoffisolierte Drähte. Der Draht selbst besteht aus Stahl und ist leicht verzinnt und die Isolierung ist eben Kunststoff von einer bestimmten Stärke, also[ee] Isolationsmaterial, etwa 1,3 mm, und so weiter. Ich möchte damit sagen, daß ... damit sind die charakteristisch für Zünderdrähte eben. Genauso diese Drahtfarben hier, gelb und grün. Das ist die Farbe für Milli-Sekundenzünder ab einer bestimmten Fertigung. Dann sind hier Anhänger dran und zwar kennzeichnen die die Art des Milli-Sekundenzünders, in dem Fall „15 U 20“. Das ist ein U-Zünder mit einem Zeitintervall von 20 Milli-Sekunden und zwar die Zündstufe 15. Der wird geliefert zwischen 1 und 18.

Jetzt kommt Asservat 356: Das ist eine Tragetasche. Diese Tragetasche ... da befanden sich erst mal Milli-Sekundenzünder, ich glaube, es waren 10 Milli-Sekundenzünder, also scharfe Zünder, die sich auch bei mir befinden. Dann waren da drin, ich glaube, 8 Zündschnüre mit Sprengkapseln; ebenfalls scharf. Die befinden sich auch in meiner Dienststelle. Dann war da drin ein Zündlicht, das ist das hier, und an einem Zündlicht da war eine Sprengkapsel angeklebt, also mit einem Tesaband da, Klebeband befestigt. Die befindet sich auch in meiner Dienststelle, das ist nicht hier. Dann gehören oder waren in dem Beutel dieses rote Material, das ist eine Zündschnuranzündlitze, also ebenfalls Material, was im gewerblichen Sprengen verwendet wird. Dann ein Schnellverbinder, der ebenfalls zur Verbindung elektrischer Leitungen beim gewerblichen Sprengen verwendet wird. Wie der Zünderdraht in gelber Form. Dann hier ein graues Material und ein helles Material. Das wird ... normalerweise wird das als Schonleitung verwendet beim gewerblichen Sprengen. Und hier ist eine Koaxialkabel, das hat mit dem Sprengen nichts zu tun, also abgeschirmte Leitung. Ja, also die Zünder, Zündschnur mit Sprengkapseln, dann die Milli-Sekundenzünder, nur waren alle - das ist wieder Sachverständigenangelegenheit mehr oder weniger, da will ich nicht drauf eingehen.

Vors.:

Die Auskunft ist erschöpfend zu diesem Asservat, wenn ... und dann wird gleich angeknüpft. Wenn zu einem speziellen Asservat Fragen sind.

[8220] Reg. Dir. Wi[dera]:

Ohne besondere Sachkunde kann ja Herr Krapp die gesamten Angaben nicht machen, und deswegen meine Frage, was ist ein Zündlicht?

Zeuge Kr[app]:

Bitte was?

Vors.:

Was ein Zündlicht ist.

ZeugeKrapp:

Ein Zündlicht, das ist praktisch ein Zündholz mit einer entsprechend Füllung, und zwar ist das so gebaut, das gibt eine Stichflamme von etwa 10 cm. Und beim gewerblichen Sprengen wenn der, sagen wir mal, 10 Zündschnüre zünden muß und [ff] es ist windig, dann nimmt er dieses Zündlicht und geht von Sprengstelle zu Sprengstelle.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Welches Teil war das, das habe ich nicht verfolgen können.

Zeuge Kr[app]:

Bitte?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Welches Teil das war, das Sie da vor sich hatten, das Zündlicht, das habe ich nicht verfolgen können.

Vors.:

356, Asservat 356.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ja nicht die Nummer, ich wollte es nur nochmal sehen.

Ich hab’s nicht verfolgen können.

Der Zeuge zeigt das Zündlicht nochmals vor.
- aus Ass. E 23 V/5 356 -

Reg. Dir. Wi[dera]:

Danke.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Krapp, darf ich die Frage anschließen. Bezeichnet man das bei der Bundeswehr als Sturmstreichholz? Oder ist das wieder etwas anderes?

Zeuge Kr[app]:

Nicht Sturmstreichholz, die haben ein ... ja, wie heißt das bei der Bund... DM 1, Zündstab DM 1 heißt das bei denen, das ist gleich.

BA Dr. Wu[nder]:

Aber in der Wirkung das gleiche, danke.

Vors.:

Jetzt kommt das Asservat 373.

Zeuge Kr[app]:

373 das ist ein ... der wurde ebenfalls in der Inheidener-Straße in der Wohnung gefunden, und zwar ist das ein amerikanischer Granatenzünder und zwar der Originalzünder ist auch noch scharf, allerdings ungefährlich. Er muß abgeschossen werden und dann tritt er erst in Funktion. Und zwar ist ein Aufschlagzünder, der war erst durch die Funktion während der ... während des Schießens in Funktion tritt. Dann ist hier noch das Asservat 377, 5/377.

Das enthält ebenfalls Zünderdrähte, hiervon auch mit der Kennzeichnung U 0, das ist ein Momentzünder, dann 2 U 20, also Zünderdrahtfarben wieder grün, grünweiß und weißgelb.

[8221] Dem Zeugen werden die Asservate E 23 VI/5/ 1-5, 89 zur Erläuterung vorgelegt.

Zeuge Kr[app]:

Also Asservat E 23 V/5 1-5, das sind ebenfalls Zünderdrähte, auch mit der entsprechenden Kennzeichnung von Milli-Sekundenzündern, beziehungsweise Momentzündern, entsprechende Isolierung. Auch das Asservat 5/89 ist ebenfalls ein Drahtstück mit Kennzeichnung eines Milli-Sekundenzünders U 20 Zeitstufe 7.

Vors.:

Und solches Material wurde gefunden?

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Vors.:

Wie Sie wissen, von Ihnen wohl auch selbst sichergestellt.

Zeuge Kr[app]:

Ja.

Vors.:

Danke. Bitte, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Krapp, Sie haben uns vorher ein Muster von einer Sprengschnur gezeigt. Haben Sie derartige Stücke in der Wohnung Inheidenerstraße damals gefunden?

Zeuge Kr[app]:

Ja, in der Inheidenerstraße wurde eine Rolle Dynacord, also das sind Rollen etwa in dem Durchmesser, Originalrolle, wie sie von der Firma „Dynamit-Nobell“ geliefert wird.

Richter Mai[er]:

Welche Länge?

Zeuge Kr[app]:

Die Rolle faßt normalerweise 100 m. Ich glaube, es waren so um die 50, 60 m. Sowas könnte noch drauf gewesen sein, das kann ich aber nicht genau sagen.

Richter Mai[er]:

Im Asservatenverzeichnis sind 22 Meter verzeichnet.

Zeuge Kr[app]:

Dann stimmt das.

Richter Mai[er]:

Dann wird das eher stimmen.

Zeuge Kr[app]:

Es wurde nämlich noch eine zweite Rolle gefunden an einer anderen Stelle, also da verwechsle ich das.

Richter Mai[er]:

Ja, dankeschön.

Vors.:

Sonstige Fragen im Augenblick in dem Zusammenhang? Dann ist zu den Sprengstoffen, die gefunden worden sind ... zunächst mal, können Sie unterscheiden zwischen grauem und rotem mengenmäßig, was da gefunden wurde und ... oder können Sie bloß noch sagen, insgesamt die und die ...

Zeuge Kr[app]:

Also ich habe aus der Inheidenerstraße Sprengstoff, also hier in diesen Sprengkörpern, die ich Ihnen jetzt identifiziert habe, da waren etwa 70 kg Sprengstoff drin. Also die zwei Flaschen je 30, 33, also 66 kg etwa roter Sprengstoff und das andere war grauer, also das waren etwa 70 kg. Dann aus der Wohnung selbst, da befanden sich nun mehrere Papiersäcke, Eimer, Wannen, ach da war so alles Mögliche, das war Kaliumnitrat, Amoniumnitrat, Aluminiumpulver, Schwefel, dann kam rotes [8222] Gemisch, graues Gemisch, also alles in allem, da existiert aber eine Aufstellung, da waren es so etwa 250, 300 kg sowas.

Vors.:

Sie haben ja im einzelnen schon angegeben, wie weit die Füllung der Sprengkörper da gewesen sind, hat man auch Materialien entdeckt, von denen Sie nach Ihrer Erfahrung davon ausgehen konnten, daß hier mit Sprengstoffe gemixt oder ...

Zeuge Kr[app]:

Ja, und zwar einmal Aluminiumpulver. Dann war auf den Säcken, da stand schon mal Ammoniumnitrat, soviel ich weiß ...

Vors.:

Ich denke jetzt mehr an Handwerkszeug, mit dem man also solche Sachen verarbeiten kann.

Zeuge Kr[app]:

Ja da waren ... ja eine Kaffeemühle war dort, dann war da so ein Handmixer dort, dann waren Schüsseln dort oder Behältnisse, auf jeden Fall mit roten Anhaftungen, dann war so ein Tisch da, wie so ein Tapeziertisch oder so was ähnliches, der war ebenfalls ziemlich besudelt mit Sprengstoff. Was mich am meisten aufgeregt hat, das ist jetzt vom Sprengstofftechnischen her, daneben eine Riesen-Büchse da mit Zigarettenkippen, also die Gefährdung, aber ...

Vors.:

Ja, das ist nun für die Aufklärung des Sachverhalts hier weniger von Bedeutung, und haben Sie sonstige Materialien noch sichergestellt, die für Sie als Sachkundigen besonders wichtig erschienen?

Zeuge Kr[app]:

Ja, wie gesagt, das Quecksilber, dann war dort Alkohol, Salpetersäure, dann war in einem, das befindet sich aber auch bei mir, eine Nescafédose mit Nitrozellulosepulver.

Dann eine, das ist wie so eine Salbendose oder Tablettendose und eine Flasche mit der Aufschrift Tetraclorkohlenstoff, darin befindet sich Pigrinsäure, also ein Sprengstoff, das ist natürlich auch als etwas anderes zu verwenden. Dann waren dort ein Filzschreiber, also diese Edding, ein schwarzer Körper, wie ihn vorwiegend wohl die Postbediensteten haben, um Pakete da die Postleitzahl aufzuschreiben, da gingen zwei Zünderdrähte raus, dann ein Tablettenröhrchen, Alupran, ebenfalls mit 2 Zünderdrähten, da war die Glühbrücke, das war ein Eigenbau, die enthielten ebenfalls Knallquecksilber.

Vors.:

Sie haben ja vorhin erwähnt, daß ein selbstgefertigter Zünder auch von Ihnen festgestellt worden sei. Sind da Grundmaterialien, also sagen wir mal, Metallteile undsoweiter gefunden worden, die für so was geeignet gewesen wären in der Wohnung?

[8223] Zeuge Kr[app]:

Ja es wurde ein Aluminiumrohr gefunden, Aluminiurarohre wurden da gefunden und dann ergänzend zur ... zum Hofeckweg, da war auch ähnliches Material da, also es kann ... aus diesem Material konnte es hergestellt werden.

Vors.:

Ich meine, war der selbstgefertigte Zünder aus diesem Aluminiumrohr oder aus der Art dieses Aluminiunrohrs gemacht gewesen?

Zeuge Kr[app]:

Kann, die Dimension die stimmt überein, also korrespondierende Spuren waren nicht da.

Vors.:

Sonstige Erinnerungen noch? Also wenn Ihnen nichts mehr jetzt im Augenblick einfällt ...

Zeuge Kr[app]:

Es waren dann Rohrteile und Schraubkappen undsoweiter die eben alle zum Herstellen oder ... von Sprengkörpern verwendet werden können. Dann auch entsprechende Werkzeuge, aber das war für mich uninteressant. Für mich ging es ja in erster Linie um Sicherstellung, Sprengstoff und Sprengkörper undsoweiter.

Vors.:

Ja, dankeschön. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe, beim Gericht nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Vielleicht noch eine Frage im Zusammenhang mit all den Dingen. Herr Zeuge, war es angezeigt, beim Ausräumen der Wohnung, beim Räumen von all diesen Dingen, besonders sorgfältig und vorsichtig umzugehen, oder hätte trotz der Lagerung solcher Sprengmittel, die zum Teil doch hochexplosiv sind, im Ergebnis nichts passieren können, auch nichts den Mitbewohnern?

Zeuge Kr[app]:

Ich möchte sagen, daß das höchstgefährlich war. Einmal schon die Sprengkörper als solche, also der eine mit der mechanischen Zündung, wer diese Dinger eben nicht kennt, diese mechanischen Zünder, der braucht bloß dran spielen, den Splint zu lockern oder was, in dem Moment geht der Sprengstoff hoch. Dann das zweite, was wesentlich schlimmer war. Eben dieses Knallquecksilber ist ja praktisch der Initialzünder, also entweder Bleiazyt oder dieses Knallquecksilber, und es war ja praktisch eine selbstgebaute Sprengkapsel, wovon ja kein Mensch aufgrund des äußeren Aussehens, entweder Edding[gg] da als Filzschreiber oder als Alupranröhrchen eben, also es braucht nur einer ein bißchen spielen oder was, dann ist dieses Knallquecksilber, das ist unheimlich erschütterungs- und druckempfindlich, Sie brauchen bloß mal neugierig reingucken, das Zeug auskippen und damit müssen Sie rechnen, daß der ganze Laden hochgeht. Oder es ist irgendeiner, der Interesse daran hat, nachdem dieser [8224] ganze Raum hier mit Sprengstoff und Rohmaterial zu dieser Sprengstoffherstellung gefüllt war, daß er eine Handgranate oder was, reinwirft und dann könnte natürlich damit gerechnet werden, daß etliche Stockwerke von dem Haus weg sind.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nein.

Der Zeuge Krapp versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO).

Der Zeuge Krapp wird im allseitigen Einvernehmen um 10.03 Uhr entlassen.

Vors.:

Wir machen vielleicht eine ganz kurze Pause. Wir wollten jetzt vorziehen den Herrn Zeugen Mauritz, weil er nur kurz anzuhören ist, und anschließend dann Herrn Eimecke hören. Solange bis Herr Mauritz eintrifft, 10 Minuten Pause.

Pause von 10.04 Uhr bis 10.23 Uhr.

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung:
Der Zeuge KHK Mauritz ist anwesend.

RA Dr. Heldmann ist nunmehr auch anwesend[hh].

Der Zeuge Mauritz wird gem. § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge erklärt sich mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge Mauritz macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Mau[ritz]:

Siegfried M a u r i t z,
Kriminalhauptkommissar vom Bundeskriminalamt, 42 Jahre alt;
mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Mauritz, ist Ihnen die Wohnung Inheidenerstraße 69 in Frankfurt ein Begriff?

Zeuge Mau[ritz]:

Ist mir ein Begriff.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie dort speziell eingesetzt waren, um die aufgefundenen Beweisstücke zu asservieren?

Zeuge Mau[ritz]:

Das ist richtig.

Vors.:

Listenmäßig zu erfassen?

Zeuge Mau[ritz]:

Ja, das ist richtig.

[8225] Dem Zeugen wird die Liste aus O. 76 Bl. 3 - 11 übergeben mit der Bitte zu erklären, ob es sich um solche Listen handelt, wie er sie angefertigt habe.

Rechtsanwalt Schnabel erscheint um 10.26 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Mau[ritz]:

Das sind die Listen, die von mir angefertigt wurden.

Vors.:

Das ist möglicherweise eine[ii] der Listen.

Zeuge Mau[ritz]:

Das ist eine, ja es ist der Raum I, den wir so bezeichnet haben und zwar der Flur.

Vors.:

Das war der Flur. Wir wollen dann zunächst fragen, können Sie bestätigen, daß Sie alle Gegenstände, die hier verzeichnet sind, selbst vor Augen gehabt haben?

Zeuge Mau[ritz]:

Die habe ich alle selbst vor Augen gehabt.

Vors.:

Und können Sie sich verbürgen, soweit Sie das zu überblicken vermögen, daß diese Liste vollständig das wiedergibt, was Ihnen damals als Augenscheinsmaterial vorgelegen hat?

Zeuge Mau[ritz]:

Ist vollständig und auch nicht verändert worden.

Vors.:

Und richtig wiedergegeben?

Zeuge Mau[ritz]:

Und richtig.

Gem. § 249 StPO[15] werden aus der Liste
O. 76 Blätter 3 - 11
der Kopf des Protokolls und folgende Positionen verlesen:

Nr. 1, 2, 15, 17, 85 und Nr. 87.

Vors.:

Können Sie, nachdem Ihnen jetzt diese einzelnen Asservate hier durch das Vorlesen nochmals zu Gehör gekommen sind, diese Angabe, die Liste sei richtig und vollständig, aufrechterhalten?

Zeuge Mau[ritz]:

Das halte ich aufrecht.

Vors.:

Danke.

Dem Zeugen wird die Liste aus O. 76 Bl. 15 - 19 übergeben mit der Bitte zu erklären, ob es sich um eine Liste handelt, die er damals angefertigt habe.

Zeuge Mau[ritz]:

Das ist die Liste von der Küche, Raum III hatten wir den bezeichnet, und es ist die Liste, die ich angefertigt habe.

Vors.:

Können Sie sich hier auch für die Richtigkeit und Vollständigkeit verbürgen ... jeden Gegenstand selbst gesehen?

Zeuge Mau[ritz]:

Ja.

Gem. § 249 StPO wird aus der Liste aus
O. 76 Bl. 15 - 19
der Kopf des Protokolls und die Pos.[jj] Nr. 31 verlesen.

[8226] Vors.:

Auch hier nach dem Vorlesen erinnern Sie sich, daß ... oder können Sie sich direkt an die Bild-Zeitung noch erinnern oder ...

Zeuge Mau[ritz]:

Ich kann mich noch an die Bildzeitung erinnern.

Dem Zeugen wird die Liste aus
O. 76 Bl. 20/21
mit der Bitte um Besichtigung übergehen.

Zeuge Mau[ritz]:

Auch diese Liste stammt von mir und ist so richtig, wie sie hier vorgelegt wurde.

Vors.:

Danke.

Dem Zeugen wird die Liste aus
O. 76 Bl. 77/78
mit der Bitte um Besichtigung übergeben.

Zeuge Mau[ritz]:

Diese Liste ist richtig, wurde von mir erstellt.

Gem. § 249 StPO werden aus der Liste
O. 76 Bl. 77/78
der Kopf des Protokolls und folgende Positionen verlesen:
Nr. 6, 7, 8, 9 und 10.

Gem. § 249 StPO wird aus der Liste
O. 76 Bl. 20
der Kopf des Protokolls und die Pos. 8 verlesen.

Vors.:

Herr Mauritz, noch die Frage. Sie haben ja diese Gegenstände wahrscheinlich sortiert oder zurechtgelegt, so daß Sie zügig fortschreiten konnten bei der Arbeit.

Zeuge Mau[ritz]:

Ja, wir haben da ... da sind so allgemeine Erfahrungswerte, man geht dann so im Uhrzeigersinn, damit man eben auch alles erfasst, vor und in der Reihenfolge wurde das eben dann auch asserviert.

Vors.:

Können Sie aufgrund Ihrer Beobachtung uns angeben, ob vor Ihnen schon jemand in diesen Räumen gewesen ist und die Lage der einzelnen Gegenstände verändert hat oder ob Sie in der Richtung die Ersten gewesen sind?

Zeuge Mau[ritz]:

Ja also ich bin nicht der erste gewesen überhaupt in diesem ganzen Objekt, weil ich ja vorher noch in München eingesetzt war, ich bin erst am Montag, ich glaube, das ist der 19. gewesen, 19. Juni ...

Vors.:

Dann wird Ihre Aussage in dieser Richtung nicht viel bringen können, deswegen möchte ich Sie also bitten, gar nicht weiter zu antworten. Sind sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

[8227] Ich sehe, beim Gericht nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Auch nicht. Die Herren Verteidiger auch nicht.

Der Zeuge Mauritz versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO).[16]

Der Zeuge Mauritz wird im allseitigen Einvernehmen um 10.36 Uhr entlassen.

Der Zeuge Eimecke erscheint um 10.37 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge übergibt seine Aussagegenehmigung[17], die als Anl. 1 zum Protokoll genommen wird.

Der Zeuge KHK Eimecke wird gem. § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge ist mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge KHK Eimecke macht folgende Angaben zur Person:

Dieter E i m e c k e, 41 Jahre,
Kriminalhauptkommissar beim BKA;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Ist Ihnen die Inheidener-Straße 69 in Frankfurt ein Begriff?

Zeuge Ei[mecke]:

Ja, ich habe dort einige Zimmer oder Gegenstände in einigen Zimmern asserviert, zwar im Jahre 1972.

Vors.:

Können wir davon ausgehen, daß das für Sie eine spezielle Aufgabe war, diese Gegenstände listenmäßig zu erfassen?

Zeuge Ei[mecke]:

Ja.

Vors.:

Und zu verzeichnen.

Zeuge Ei[mecke]:

Ja, kann man sagen.

Vors.:

Wissen Sie noch, wann die Wohnung entdeckt worden ist? Es kommt uns an sich nur darauf an, zu erfahren, wieviel später Sie dorthin gekommen sind. Ob das noch am selben Tage war oder ...

Zeuge Ei[mecke]:

Ich bin am 16. nachmittags dort angekommen, 16.6. glaube ich.

Vors.:

Nach den hier vorliegenden Unterlagen müßte das auch der Tag der Entdeckung gewesen sein.

Zeuge Ei[mecke]:

Ja, ich meine, ja.

Vors.:

Können Sie sagen, ob nach Ihren Beobachtungen Sie damals den Zustand in der Wohnung noch unverändert angetroffen haben Was nun die Beweisstücke anlangt, oder sind da schon vorher [8228] Beamte am Werke gewesen und haben irgendetwas verrichtet?

Zeuge Ei[mecke]:

Ich meine, daß Herr Krapp schon etwas mit diesen bombenähnlichen Gegenständen gemacht hatte, vor meinem Eintreffen.

Vors.:

Wäre es richtig, wenn man sagt, daß es zunächst darum gegangen ist, die möglicherweise scharfen Sprengkörper zu entschärfen?

Zeuge Ei[mecke]:

Ja, genau.

Vors.:

Aus Sicherheitsgründen.

Zeuge Ei[mecke]:

Ja.

Vors.:

Und die sonstigen Beweisstücke, die also ersichtlich keine Gefahren bildeten, meinen Sie, die sind Ihnen unverändert noch vorgeführt worden?

Zeuge Ei[mecke]:

Doch, das möchte ich behaupten.

Vors.:

Und wie sind Sie nun vorgegangen bei dieser listenmäßigen Erfassung. Es handelt sich ja hier um ein Riesenmaterial, das sind ja nur Bruchstücke, die hier vorliegen.

Zeuge Ei[mecke]:

Zu dem Zeitpunkt, als ich dort ankam, waren die Beamten des ED[18] noch am Werke und es war, glaube ich, das Bad fertig ED-behandelt, so daß ich beim Bad angefangen bin zu asservieren, weil ich erst alleine dort war und bekam dann am nächsten Tage mehrere Beamte zur Hilfe und dann sind wir, oder bin ich in dem großen Raum angefangen, weil meiner Meinung nach dort mit am meisten Beweismittel zu sichern waren und außerdem die Heimatdienststelle in Godesberg Wert darauf legte, möglichst schnell alle handschriftlichen Unterlagen und auch Zeitschriften, Zeitungen und so weiter zwecks Auswertung zu bekommen. Und gerade in diesem Raum, ich glaube, das ist der Raum V, sogenannte Wohnzimmer, Aufenthaltszimmer, gerade in diesem Zimmer lagen eine erhebliche Anzahl dieser von der Dienststelle gewünschten Asservate.

Vors.:

Und wie haben Sie nun Vorsorge getroffen, daß, sagen wir mal, die Sache systematisch genug angefangen wurde, sodaß Sie eine gewisse Sicherheit erlangen konnten, daß jeder Gegenstand auch besichtigt und verzeichnet wird.

Zeuge Ei[mecke]:

Ja, wir haben, ich habe da eine Schreibmaschine mit und Bogen, so daß wir jeden Gegenstand nach Möglichkeit aufführten, wenn zum Beispiel ein Kasten mit Handwerkszeug auftauchte oder Behältnisse mit diversen Kleinteilen, so wurde dieses Behältnis mit einer Asservatennummer bezeichnet und ist dann später, weil wir einen gewissen Termin hatten, nach dem die Wohnung ausgeräumt sein mußte, sind dann diese Behältnisse in der Dienststelle in Wiesbaden auseinandergezogen worden, [8229][19] [8230] das heißt, unter Unternummern die einzelnen Gegenstände aufgeführt. Das hat dann aber Herr Mauritz gemacht, weil ich, als wir nach 4 Tagen oder 4 ½ Tagen dort rauskamen, schon Beweisanträge geschrieben haben, so daß die Aufgaben geteilt waren auch in der Dienststelle dann später.

Vors.:

Können Sie sich dafür verbürgen, daß die Listen, die sie aufgenommen haben, nach Ihrem Wissen vollständig sind und daß sie nur Gegenstände enthalten auf aufgezeichnet haben, die Sie selbst auch gesehen haben in der Wohnung?

Zeuge Ei[mecke]:

Ja, das kann ich ...

Dem Zeugen wird die Liste aus
O. 76 Bl. 12 - 14
vorgelegt mit der Bitte zu erklären, ob es sich um eine Liste handelt, die er damals angefertigt habe.

Zeuge Ei[mecke]:

Ja, das müßten die Listen sein.

Vors.:

Sie werden sehen, daß auf dieser ersten Seite, das heißt also, Bl. 12 aufgetragen ist „Bad“ mit braunem Filzstift, von wem stammt diese Bezeichnung?

Zeuge Ei[mecke]:

Die stammt nicht von mir.

Vors.:

Nicht von Ihnen.

Zeuge Ei[mecke]:

Das muß später ... denn die II bezeichnet das Bad. Wir haben, um es sicher zu machen, die Wohnung oder den Grundriß der Wohnung mit römischen Zahlen bezeichnet, so daß jeder Raum, und auch sowohl der Flur und die Balkons jeweils eine römische Ziffer hatten, so daß man jetzt jedes Asservat einem Raum zuteilen konnte, und so ist das Bad mit II bezeichnet.

Allein daraus weiß ich, daß es das Bad gewesen wäre, wenn es dort nicht gestanden hätte.

Dem Zeugen werden[kk] die Listen aus
O. 76 Bl. 22/66
übergeben mit der Bitte zu erklären, ob es sich um eine von ihm erstellte Liste handelt.

Zeuge Ei[mecke]:

Ja, hierzu muß ich sagen, das sind Listen, die dann später auseinandergezogen wurden, zum Beispiel mit der Aufschlüsselung hier 26 „41 = Stadt- und Landkarten“, die Eintragung stammt von mir, während jetzt hier Position 26.1 - 41 später auseinandergezogen wurde in, meine ich, Bonn-Bad Godesberg.

Vors.:

Das wäre also die Einschränkung. Sie haben sie orginären Nummern [8231] 1, 2 3 undsoweiter angegeben, soweit Unterziffern dann gegeben worden sind, das ist dann ein Nachtrag, der später auf Polizeidienststellen ... gemacht wurde.

Zeuge Ei[mecke]:

Genau, ja also die Bücher und Landkarten und so weiter die sind, soweit ich weiß, in Bonn-Bad Godesberg gemacht worden. Während jetzt Behältnisse, wenn die auseinandergezogen wurden, die in Wiesbaden von Herrn Mauritz gefertigt wurden.

Vors.:

Nehmen Sie nun aber bitte zum Beispiel Blatt 68. Hier ist unter der Nummer 29 ohne weitere Unterteilungen, Zahlen oder Buchstaben aufgeführt „Beutel mit ...“ und nun kommt der Inhalt. Ist das schon von Ihnen so angegeben worden oder haben Sie jetzt beispielsweise nur geschrieben, 29 Beutel mit Inhalt, ohne den näher zu kennzeichnen?

Zeuge Ei[mecke]:

Welche ...

Vors.:

Blatt 68, das ist das zweite ... wir kommen nachher darauf zurück. Ich meine, ist es möglich, daß Sie dort schon den Inhalt von irgendwelchen Behältnissen im einzelnen angegeben haben, ohne ihn mit Unternummern zu versehen?

Zeuge Ei[mecke]:

Ja, einiges ja, was uns wichtig erschien, so zum Beispiel aus Tragetaschen, wenn Waffen dort oder Munition vorhanden war.

Vors.:

Wenn Sie soetwas hier entdecken, bitte, würden Sie uns das unter Angabe der Seitenzahl dann zur Kennzeichnung mitteilen.

Zeuge Ei[mecke]:

Ja, hier zum Beispiel, auf Seite 32 „Kartondeckel, Inhalt“.

Vors.:

Also das sind Angaben, die Sie gemacht haben.

Zeuge Ei[mecke]:

Das sind ... aus einem ... diese Sachen standen in einem Board mit mehreren Kleinteilen wie hier 80 = „Lenkradschloß, Rechnung, [ll] Kartonunterteil, Inhalt“. Das ist dort schon auseinandergezogen worden und als wir merken, daß zu viel Zeit, wir zu viel Zeit brauchen, um alles auseinanderzuziehen, haben wir dann später nur die einzelnen Teile asserviert und dann später auseinandergezogen.

Die Angeklagte Ensslin erscheint wieder um[mm] 10.48 im Sitzungssaal.

Zeuge Ei[mecke]:

Die hier ... das Teil 86, das ist dann nicht mehr von mir gemacht worden. Alle Teile mit Unternummern, wie 83.1, 2, 3 oder 86.1 - 18, das ist nicht mehr von mir gemacht worden.

So hier 98[nn] „ein Schlüpfer“, „ein Paar Socken“, das ist dann von mir eben so zusammengefasst worden.

[8232] Die Angeklagte Ensslin verläßt um 10.49 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Ei[mecke]:

Ja hier die Krappstopfen mit den Zigarettenresten, die ja zwischen ... neben den Matratzen lagen. Dann diese Zeitungen haben wir dann auch später erst noch gefunden, die waren zum Teil verdeckt durch andere Gegenstände, so daß sie damals am ersten Tage nicht gleich mitgeschickt wurden nach Bonn. Auf Seite 37, 118 und 117, diese verschiedenen Teile sind zusammen dann aufgeführt worden von mir. 132 zum Beispiel, das ist auch von mir gefertigt worden, das war dann ...

Vors.:

Ich glaube, man kann davon ausgehen, Herr Eimecke, wo nach der Zahl, der orginären Zahl kein Punkt folgt mit Unterzahl, stammen die Aufzeichnungen von Ihnen.

Zeuge Ei[mecke]:

Bitte?

Vors.:

Da stammen die Aufzeichnungen von Ihnen. Bloß dort, wo Punkte mit Unterzahlen gegeben sind ...

Zeuge Ei[mecke]:

Nein, die stammen von dem Mauritz, die sind dann in der Dienststelle auseinander gezogen worden.

Ende von Band 458.

[8233] Vors.:

Jaja. Die mit Punkten und Unterzahlen versehenen stammen nicht von Ihnen, und die, wo das fehlt, sondern nur eine orginäre Nummer angegeben ist ...

Zeuge Eim[ecke]:

... das stammt von mir.

Die hier auf

Bl. 46

diversen Einzelteile - das ist dann auch schnell noch auseinandergezogen worden; das ist auch eine Aufstellung von mir, gleich oben auf dem Blatt.

Auf

Bl. 47

Inhalt aus schwarzer Tasche. Ich meine, das ist auch von mir gefertigt worden noch in der Wohnung.

Vors.:

Ich glaube, Herr Eimecke, Sie könnten sich vielleicht so zusammenfassen:

Wenn Sie eine Abweichung von der soeben verkündeten Regel sehen würden oder gesehen hätten, daß die Zahlen, die ohne Punkte hier dastehen, nicht von Ihnen stammen, dann wäre das einer Meldung Wert. Aber es scheint so zu sein: Wenn wir also z. B. nehmen Bl. 52 - 57 - stammt nicht von Ihnen, weil hier Punktzahlen mit Unternummern da sind. Die können Sie also gleich überblättern. Und überall, wo Zahlen da sind ohne diese Punkte und mit Unternummern, da sind Sie eben derjenige gewesen ...

Zeuge Eim[ecke]:

Genau.

Vors.:

... auch wenn nun die diversen Gegenstände im einzelnen aufgeführt werden unter diesen Originalen.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, wir haben erst mal die größeren Gegenstände asserviert, und als wir dann sahen, daß irgend etwas Wichtiges da drin war, z. B. die Steckschlösser usw., haben wir’s dann später, wenn wir Zeit hatten, das noch auseinandergezogen in der Wohnung, während die andern Sachen mit Kleinteilen usw. später in Wiesbaden auseinandergezogen wurden ...

[8234] Vors.:

... so daß Sie also offensichtlich bestätigen können, daß diese Liste von Ihnen angefertigt worden ist - richtig und vollständig - mit Ausnahme der Positionen, die einen Punkt und eine Unterzahl haben.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, genau.

Vors.:

Danke schön.

Gemäß § 249 StPO werden aus der Liste
Ordner 76 Bl. 22 - 62
der Kopf des Protokolls und folgende Positionen verlesen:

Nr. 4, 8, 9, 13, 14, 15, 16, 25, 31, 33, 66, 67, 69,70, 84, 88, 95, 119, 123, 124, 169, 179, 237, 239, 240, 241, 242, 243, 270, 274, 296, 304, 305, 306, 307, 308, 311, 313, 322, 325, 326, 328, 347, 349, 350, 351, 352, 353, 354, 355, 356, 357, 366, 372, 373, 374, 375, 377, 378, 380, 382.

Gemäß § 249 StPO werden aus der Liste Ordner 76 noch zusätzlich folgende Positionen verlesen:

Bl. 23: Nr. 18;
Bl. 43: Nr. 181;
Bl. 45: Nr. 206, 207, 208, 209, 210, 211.

Dem Zeugen wird die Liste aus Ordner 76 Bl. 67 - 76 übergeben mit der Bitte, der Zeuge möge überprüfen, ob das eine der von ihm angefertigten Listen ist und ob auch hier die Regel gilt:

Wo kein Punkt mit Unterzahl - ob das von ihm eingetragen ist.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, gleich auf der

S. 68 Pos. 29 „Beutel mit ...“ und dann folgt die Aufstellung - das ist von mir gemacht.

Vors.:

Es könnte hier der Irrtum entstehen, daß Sie das andere ausschließen wollten damit.

Zeuge Eim[ecke]:

Nein, nein, also die ... ist auch von mir gemacht im Gegensatz zu dem, wenn etwas mit Unterzahlen käme.

Vors.:

So ist es.

[8235] Zeuge Eim[ecke]:

Ja, jetzt hier auf der S. 71/1. Das ist nicht von mir gemacht worden.

Vors.:

Jawohl: Punkt mit Unterzahl. Also die Regel trifft zu.

Das gilt für Bl. 74/1 dann sicher auch.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, genau. Das ist später gemacht worden und nicht von mir.

Das waren: kleine Teile, die hab ich dann in einen Beutel getan und das ist dann später auseinandergezogen worden.

Nun möchte ich sagen, für diese Seiten gilt das gleiche wie für die vorhin vorgelegten ...

Vors.:

... so daß Sie für alle Nummern, die keine Punkt- und Unternummerbezeichnung haben, die Richtigkeit und Vollständigkeit verbürgen können.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja.

Vors.:

Danke.

Gemäß § 249 StPO werden aus der Liste Ordner 76 Bl. 67 - 76 der Kopf des Protokolls und folgende Positionen verlesen:

Bl. 67: Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 14, 28, 30;

Bl. 69: Nr. 31, 35, 43;

Bl. 70: Nr. 61, 62, 64;

Bl. 71: Nr. 77, 79;

Bl. 72: Nr. 86, 88, 89, 90, 94, 95, 96;

Bl. 73: Nr. 97, 98;

Bl. 74: Nr. 108, 123;

Bl. 75: Nr. 135, 136, 137, 138, 139;

Bl. 76: Nr. 140, 141, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 150.

Herr Zeuge, können Sie, nachdem Sie jetzt diese einzelnen Asservate wieder gehört haben, bei der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit bleiben?

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, das kann ich.

Vors.:

Sind an den Herrn Zeugen weitere Fragen?

Bitte, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Eimecke, Sie sagten, Sie haben also an Ort und Stelle diese Listen, die Ihnen vorgelegt wurden, angefertigt ohne die Unterpositionen.

[8236] Wie hat man’s nun mit den Aufklebern auf den Asservaten gemacht? Wurden die ebenfalls bei dieser Gelegenheit schon angebracht?

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, die wurden an Ort und Stelle gefertigt, und wenn man mit der Schreibmaschine die Position schrieb, wurde gleichzeitig per Hand auf die Aufkleber aufgeschrieben und die Aufkleber aufgeklebt bzw. andere Gegenstände in die Säckchen gepackt und dann die Säckchen bezeichnet, also hier die Plastikhüllen und -säckchen.

Richter Mai[er]:

Danke schön.

Vors.:

Sonstige Fragen?

Herr RA Schwarz.

RA Schw[arz]:

War bei Ihrem Eintreffen in der Wohnung Pflug Herr Fernstädt schon anwesend?

Zeuge Eim[ecke]:

Ich habe Herrn Pflug nicht gesehen dort.

Vors.:

Herr Fernstädt war erfragt, nicht Herr Pflug.

RA Schw[arz]:

Nach Herrn Fernstädt hab ich Sie gefragt.

Zeuge Eim[ecke]:

Also mir sind nur die Leute in Erinnerung - dann Frankfurter Beamte. Ich weiß auch gar nicht, mit wem ich hingefahren bin. Es kam sein, daß ich sogar mit Herrn Fernstädt gekommen bin - aber das kann ich nicht sagen - oder mit Herrn Tietgen, das kann ich nicht mehr sagen.

RA Schw[arz]:

Ich frage Sie deshalb, weil Herr Fernstädt gestern gesagt hat, bei seinem Eintreffen - er zählte Namen auf, ohne eine Zahl zu nennen - es waren aber sicherlich mehr als zehn Personen, die er aufgezählt hat, die bei seinem Eintreffen bereits in der Wohnung waren.

Kann das sein, daß soviel auch dawaren, als Sie eintrafen?

Zeuge Eim[ecke]:

Zehn - ich meine, das ist ein bißchen hoch gegriffen.

Ich kann mich so entsinnen, daß so zwischen 6 und 8 Leute schon dort waren.

RA Schw[arz]:

Danke sehr.

Vors.:

Ja, es kann wohl der Vorhalt gemacht werden aus

Ordner 76 Bl. 1.

[8237] Hier ist vermerkt - das möchte ich Ihnen vorhalten, Herr Eimecke:

„Am 16.6.1972 gegen 16.00 Uhr trafen die Herren Drehmann, Martin, Eitler vom ED, Dr. Müller, KHK Krapp vom KT, BA Schlagetter vom KT Foto, RKR Fernstädt, KOK Tietgen und KK Eimecke vom BKA AGS in der Wohnung ein.“

Neun Namen.

Frage:

Mit Ihnen sind zu diesem Zeitpunkt, außer den von Ihnen in Ihrem Vermerk aufgeführten Leuten, möglicherweise noch andere anwesend gewesen?

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, ich meine, daß - ich weiß nicht, wie die Bezeichnung war - Frankfurter Beamte bzw. von irgendeiner Sonderkommission waren dort schon Beamte anwesend, als ich kam. Aber ich meine, daß, als ich eintraf, nur zwei von denen dort waren, und ich meine, daß Herr Müller schon weg war.

Vors.:

Jedenfalls, die Zahl zehn ließe sich dann leicht erreichen, auch nach diesem Aufschrieb.

Zeuge Eim[ecke]:

Jaja, so ist es. Es kann sein, daß jetzt in den andern Räumen noch jemand war. Ich bin in diesen Vorraum, der, glaube ich, mit III bezeichnet ist, gegangen, und erst habe ich mich dort umgezogen.

Dem Zeugen werden Fotografien aus Ordner Bl. 144 - 182 mit der Bitte um kurze Erläuterung übergeben.

Der Text, der diese Bilder beschreibt, ist abgedeckt.

Ich muß vorausschicken, daß ich das früher schon gemacht habe. Ich habe etwa ... 1 - 1 ½ Stunden bin ich in der Wohnung rumgegangen, habe versucht, mir zu merken die wichtigsten Gegenstände, wo sie liegen, und aus diesem Grunde kann ich sagen, daß, als ich dort eintraf

- z. B. grade hier Bl. 144 -,

daß es genauso aussah. Sehen Sie, dort ist ... die Tür ging nämlich nicht ganz aufzumachen, weil dort Gegenstände davorlagen.

[8238] Also das ist der Zustand, wie die Wohnung war, als ich kam.

Wir haben dann später das hochgestellt auf die Matratze und vor der Matratze hergezogen, so daß die Tür dann ganz zu öffnen war, und das hinter der Tür wurde unter diesen ...

Vors.:

Diese Einzelheiten interessieren jetzt bei den ersten Bildern durchaus, damit man sieht, daß Sie damals tatsächlich sich ein Erinnerungsbild, das einigermaßen fest ist, verschafft haben. Aber grundsätzlich können Sie also jetzt durchgehend sagen,

also z. B. Blatt 149 oder 150 oben und unten entsprechen meinem Erinnerungsbild.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, bei

Bl. 146:

Die Schreibmaschine, die dort steht, das ist einer der ersten Gegenstände gewesen, die aus der Wohnung entfernt wurden. Das ging sogar so schnell, daß wir gar nicht mehr die Schreibmaschinen-Nummer aufschreiben konnten; die ist dann später bei dem Gutachtenantrag nachgefertigt worden. Aber die Schreibmaschine hat ihre Asservatennummer bekommen und auch den Aufkleber.

Vors.:

Aber ich meine, Sie haben das Erinnerungsbild, daß die Schreibmaschine offenbar dort gestanden hat, wo sie hier fotografiert ist?

Zeuge Eim[ecke]:

Jaja. Dort war nur eine Schreibmaschine und die stand dort auf dem Platz vor dem Fenster.

Ja, hier bei

Bl. 148

kann man nochmals sehen, daß die Tür eben nicht zu öffnen war.

Vors.:

Zu Bildern, bei denen eine Erläuterung Ihnen nicht notwendig erscheint, können Sie ... brauchen Sie auch nichts zu sagen; die kann man dann überblättern.

Zeuge Eim[ecke]:

Diese Gegenstände hier, die kleben am Türrahmen bei

Bl. 150.

[8239] Die sind mit zuletzt asserviert worden, und das erschien uns wichtig, daß man sehen konnte, daß dort eben ... daß dort angeheftet war. Dieses ist das mit der Wanne davor.

Und dies sind Nahaufnahmen jetzt

- Bl. 156 -

des Boards an der Tür. Da ist die Tür jetzt schon etwas weiter geöffnet und etwas übergeschoben unten. Aber auf dem Board selbst ist nichts verändert.

Auch

Bl. 158

ist jetzt die Tür geschlossen worden, um dann auch nahe an das Board heranzukommen.

Ja, hier unten bei

Bl. 162, unteres Bild,

dieser Lederbeutel mit der Munition ist mir erinnerlich, daß der dort lag. Er lag so da, wie er fotografiert ist bei meinem Eintreffen.

Man kann ihn auch hier sehen, als zur Tür hin fotografiert wird bei

Bl. 164,

wo er vor der Laubsäge dort liegt und den beiden Bechern.

Hier sieht man auch die Plastiktüten, die vor den Matratzen standen, wie wir gesagt haben: Das sind die sog. Abfalltüten. Hier, bei

Bl. 170:

So standen die Taschen dort, und wir haben dann später dieses Kissen weggenommen, um in die Tasche reinfotografieren zu können, in die Baby-Tragetasche.

[8240] Vors.:

Würden Sie freundlicherweise nochmals zurückblättern zu

Bl. 168?

Zeuge Eim[ecke]:

Ja.

Vors.:

... und hier versuchen, die Erinnerung zurückzurufen, ob das der Zustand war, wie er sich Ihnen beim Eintreffen der Wohnung geboten hat?

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, das war vor dem Board vorne. Sie können durch die Öffnung der Tür sehen, daß das etwas zurückgeschoben ist. Aber so sah es aus, als ich kam.

Vors.:

Sie können dasselbe von der Seite nochmals sehen auf

Bl. 148:

Hier ist dieser kleine Stoß mit Zeitschriften, wohl ner Zigarettenschachtel dazwischen, von der Seite zu sehen. Also wenn Sie dieses Bild 148 nochmals vergleichen mit Bild 168, ob Sie meinen, so es angetroffen zu haben, als Sie kamen.

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, das ist genau der Zustand. Wie gesagt, man sieht auch, daß die Tür so weit aufgestoßen worden ist, daß man nur reinkann, und dann ist fotografiert worden und später ist dann erst umgeräumt worden. Also so ist der Zustand gewesen, als ich eintraf.

Vors.:

Haben Sie sich eigentlich beim Eintreffen erkundigt, ob irgendwelche Veränderungen vorgenommen sind, abgesehen also vom Entschärfen von eventuellen Sprengkörpern, ob man sonst alles beim Zustand belassen hat, oder setzt man das als selbstverständlich voraus?

Zeuge Eim[ecke]:

Ja ich hab es als selbstverständlich vorausgesetzt.

Vors.:

Gut. Bei Bl. 170 waren Sie angelangt.

Zeuge Eim[ecke]:

Bl. 182:

Die letzten sind ja nur die drei Aufnahmen. Es war schon aus den vorhergehenden Bildern schon zu ersehen, daß sich hier nichts geändert bzw. daß hier nichts verändert wurde, außer bei der Baby-Tragetasche, daß man dort reinfotografieren konnte. Dies ist das hintere Bild vor den Fenstern.

[8241] Vors.:

Wird Wert darauf gelegt, daß weitere Bilder dem Herrn Zeugen vorgelegt werden?

Ich sehe, nicht.

Sind Fragen an den Herrn Zeugen?

Keine Fragen.

Können wir den Herrn Zeugen vereidigen?

Herr RA Linke, bitte schön.

RA Li[nke]:

Herr Zeuge, Sie sagten vorhin, Sie hätten auf dem Board, auf dem Regal, die Schreibmaschine stehen sehen.

Können Sie zuverlässig sagen, daß es diese Schreibmaschine ist, die hier steht, oder haben Sie nur eine Schreibmaschine dieser Art dort stehen sehen?

Zeuge Eim[ecke]:

Nein. In der gesamten Wohnung befand sich eine Schreibmaschine, die asserviert wurde, d. h. in der Asservatenliste aufgenommen wurde und gleichzeitig mit einem Aufkleber versehen wurde; und es ist die Schreibmaschine, die hier steht - eingepackt hier steht - ist die Schreibmaschine, die dort in der Wohnung stand.

RA Li[nke]:

Sie sagten vorhin, Sie hätten die Nummer der Schreibmaschine in der Wohnung nicht mehr festgestellt.

Wann und wo ist denn die Nummer registriert worden?

Zeuge Eim[ecke]:

Die ist in Wiesbaden registriert worden, und zwar nach der Asservatennummer ist auf dem Untersuchungsantrag dann später die Marke, glaube ich und auch die Nummer in der Kriminaltechnik eingetragen worden.

RA Li[nke]:

Haben Sie in der Wohnung diesen Schreibmaschinenkasten geöffnet?

Zeuge Eim[ecke]:

Die Schreibmaschine stand ohne Kasten dort in dem Board.

RA Li[nke]:

Hat die Schreibmaschine auch einen Aufkleber bekommen oder nur der Kasten?

Zeuge Eim[ecke]:

Ich meine, daß die Schreibmaschine auch einen Aufkleber bekommen hat. Das kann ich aber heute nicht mehr sagen. Man müßte nachsehen. Das sind die Originalaufkleber, die wir dort in der Wohnung an den Gegenständen bzw. an den Hüllen befestigt haben.

[8242] RA Li[nke]:

Würden Sie dann bitte mal die Schreibmaschine öffnen und feststellen, ob da ein Aufkleber drauf ist?

Zeuge Eim[ecke]:

Ja.

Der Zeuge besichtigt die Schreibmaschine
- Asservat E 23 V/5 Pos. 31.

Auf der Ihnen abgewandten Seite ist der Aufkleber aus der Wohnung, und auf dieser Seite hier sehen Sie den Aufkleber der Kriminaltechnik. Jeder Gegenstand, der zur Kriminaltechnik kommt, bekommt eine Untersuchungsnummer - die ist hier rechts aufgeklebt.

Also es ist sowohl der Schreibmaschinenkasten als auch die Schreibmaschine mit einem Aufkleber versehen mit derselben Asservatennummer.

RA Li[nke]:

Und beide Aufkleber sind in der Wohnung Inheidner Straße aufgeklebt worden?

Zeuge Eim[ecke]:

Beide Aufkleber sind in der Inheidner Straße aufgeklebt worden.

RA Li[nke]:

Sie konnten sich nicht mehr dran erinnern, ob die Schreibmaschine mit dem Aufkleber versehen worden ist.

Woran erkennen Sie jetzt, daß der Aufkleber in der Wohnung angebracht worden ist?

Zeuge Eim[ecke]:

Sie können die Schrift vergleichen. Es ist dieselbe Schrift.

RA Li[nke]:

Wessen Schrift?

Zeuge Eim[ecke]:

Nicht meine.

RA Li[nke]:

Können Sie uns sagen, wessen Schrift es ist?

Zeuge Eim[ecke]:

Das kann ich im Augenblick nicht sagen, wer da noch bei war, ob das ... (nicht mehr verständlich).

RA Li[nke]:

Keine Frage.

Dem Zeugen wird die Fotografie aus Ordner 76 Bl. 194 mit der Bitte übergeben, zu erklären, ob die Schreibmaschine damals so gestanden hat, als er[oo] [pp] die Wohnung betreten hatte, in diesem Zustand.

Die Fotografie wird in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

[8243] Zeuge Eim[ecke]:

Ja, die Schreibmaschine war offen. Ich kann nicht mehr sagen, wo wir den Deckel gefunden haben, das ist mir nicht mehr in Erinnerung.

Vors.:

Es kommt uns jetzt nur auf die Maschine selbst an.

Zeuge Eim[ecke]:

Ich weiß nur, daß die Schreibmaschine offen in dem Board stand.

Vors.:

Ist die Aufnahme, wenn Sie die Erinnerun hier bemühen, dem damaligen Beobachtungsbild entsprechend, das Sie gewonnen haben?

Zeuge Eim[ecke]:

Ja, durchaus.

Vors.:

Danke schön.

Sind sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Ich sehe nicht.

Dann können wir den Herrn Zeugen wohl, ohne daß Widerspruch entsteht, vereidigen.

Der Zeuge KHK Eimecke wird vorschriftsmäßig vereidigt und um 11.33 Uhr im allseitigen Einvernehmen entlassen.

Damit sind wir mit der Vormittagssitzung am Ende.

Fortsetzung heute nachmittag um 14.00 Uhr.

Pause von 11.34 Uhr bis 14.05 Uhr.

Ende von Band 459.

[8244] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.05 Uhr.

Als Zeuge ist Polizeipräsident Müller anwesend.

Professor Dr. Azzola und Rechtsanwalt Oberwinder sind nunmehr auch[qq] anwesend.

Rechtsanwalt Linke ist nicht mehr[rr] anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Herr Dr. Heldmann, Sie haben eine Bitte dem Senat nahegebracht. Ich habe versucht, Ihnen diese Bitte schon schriftlich zu beantworten. Es ist jetzt offenbar zu spät in Ihre Hände gekommen. Wenn Sie es zur Kenntnis nehmen wollen. Wir haben jetzt anwesend Herrn Polizeipräsidenten Müller als Zeugen.

Der Angeklagte Raspe erscheint wieder um 14.05 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge wird gem. § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge ist mit der Aufnahme auf das Gerichtstonband einverstanden.

Vors.:

Darf ich um die Personalien bitten?

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person

Zeuge Müller

Knut Müller, geb. am [Tag].[Monat].1929,
Polizeipräsident, Frankfurt,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Die Aussagegenehmigung des Zeugen wird als Anlage 2 zum Protokoll genommen.[ss]

Vors.:

Herr Zeuge, ist es richtig, daß Sie diese Festnahmeaktion, die am 1.6.1972 im Hofeckweg in Frankfurt stattgefunden hat,[20] dass Sie die als Beobachter miterlebt haben?

Zeuge Mül[ler]:

Das ist richtig.

Vors.:

In welcher Eigenschaft haben Sie dabei teilgenommen?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe als Beobachter teilgenommen, weil ...

BA Dr. W[under]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Verzeihen Sie bitte ...

BA Dr. W[under]:

Ich wäre dankbar, wenn Sie den Herrn Zeugen veranlassen könnten [8245][21] [8246] ein bißchen näher ans Mikrofon zu treten ...

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe als Beobachter an dieser Festnahmeaktion teilgenommen, weil Frankfurter Polizeibeamte, die mir an sich unterstanden, in großer Zahl unterstützend[tt] hierbei tätig geworden sind.

Vors.:

Haben Sie selbst im Zusammenhang mit der Aktion irgendeine Befehlsfunktion gehabt?

Zeuge Mül[ler]:

Nein.

Vors.:

Die Stelle, an der Sie Beobachtungen machen konnten, war das eine einzige Stelle oder haben Sie während der Aktion verschiedentliche Positionen eingenommen?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe verschiedentliche Positionen eingenommen.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie selbst miterlebt haben, daß dann von Seiten der Polizei ein einzelner Schuß auf einen der Festzunehmenden abgegeben worden ist, der auch Wirkung gehabt hat?

Zeuge Mül[ler]:

Ja.

Vors.:

In welcher Position befanden Sie[uu] sich in dem Augenblick dieses Schusses?

Zeuge Mül[ler]:

Ich befand mich hinter dem Schützen.

Vors.:

Ist es richtig, daß es sich herbei um eine Wohnung gehandelt hat, aus der geschossen worden ist?

Zeuge Mül[ler]:

Ja.

Vors.:

Wenn ich Ihnen die Nummer 281 benenne, würde Ihnen das noch etwas besagen, heute?

Zeuge Mül[ler]:

Nein.

Vors.:

Wenn ich Ihnen den Namen Wohnung Bös benenne?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe mich anhand der Unterlagen davon überzeugt, daß Wohnungsinhaber dieser Wohnung die Familie Bös war. Mir selbst war das nicht bekannt.

Vors.:

Nicht bekannt gewesen. Herr Rechtsanwalt Künzel, zum Verfahren irgend eine Frage?

RA Kün[zel]:

Herr Vorsitzender, ich meine, daß man dem Zeugen, sowie den übrigen etwa bei der Festnahmeaktion Hofeckweg gehörten Zeugen Gelegenheit geben müßte, alles, was er nun wahrgenommen hat, im Zusammenhang zu berichten, bevor Sie nun so Fragen stellen.[22]

Vors.:

Ja. Herr Rechtsanwalt, Sie haben durchaus recht. Der Zusammenhang wird gleich hergestellt sein, so daß der Herr Zeuge dann aus eigenem Wissen ohne weitere Fragen berichten kann. Es geht jetzt um die Klärung der Funktion. Es ist gegangen um den Standort. Vielleicht noch die Frage, welche Entfernung zu dem Punkt, wo ein, vielleicht der Mann gestanden hat, auf den geschossen worden ist, haben Sie im [8247] Zeitpunkt der Abgabe des Schusses gehabt?

Der Angeklagte Baader erscheint um 14.10 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Mül[ler]:

Ich weiß nicht, ob ich die Frage richtig verstanden habe. Ich habe direkt hinter dem Beamten gestanden, der geschossen hat. Und die Entfernung zu demjenigen, auf den der Schuß gerichtet war, war unter 100 m. Eine genaue Schätzung kann ich nicht machen.

Vors.:

Sie konnten demnach aus dieser Entfernung Beobachtungen machen.

Waren irgendwelche Hindernisse zwischen Ihrem Standort und dem beobachtenden Objekt?

Zeuge Mül[ler]:

Ja, zeitweilig war ein von der Polizei eingesetzter Sonderwagen, befand sich zwischen der Garage und den Personen, die festgenommen werden sollten.

Vors.:

Und nun würde ich Sie bitten, im Zusammenhang ohne weitere Fragen zu schildern, was Sie alles beobachten konnten?

Zeuge Mül[ler]:

Ich bin an dem fraglichen Morgen nach 6 Uhr, es mag gegen 6.15 Uhr gewesen sein, von meiner Funkzentrale davon verständigt worden, daß es im Hofeckweg eine Schießerei gegeben habe. Daß sich dort zwei bis drei Personen aufhalten sollten, die im Zusammenhang mit der Fahndung nach Mitgliedern der Baader-Meinhof-Gruppe gesucht werden. Ich habe dann angeordnet, daß ich mit einem Funkstreifenwagen unter Benützung von Sondersignal sofort zum Tatort gefahren werde. Diese Anordnung ist umgesetzt worden. Die Entfernung von meiner Wohnung zum Tatort beträgt etwas mehr als 10 Kilometer, auch zur Kraftfahrabteilung, von der der Wagen kam, ist eine ähnliche Entfernung gegeben. Ich mag etwa zwischen 6.45 Uhr und 7.00 Uhr am Geschehensort eingetroffen sein. Zu diesem Zeitpunkt war der Geschehensort weiträumig von Polizeikräften abgesperrt. Ich betrat den abgesperrten Bereich, erkundigte mich nach den verantwortlichen Einsatzleitern und nahm Kontakt mit ihnen auf. Diese gaben mir dann einen kurzen Überblick über die derzeit bestehende Lage. Ich habe mich dann auch selbst vom Hofeckweg aus mit Blick in den Garagenhof von der bestehenden Situation überzeugen können. Dabei wurden alle eingesetzten Kräfte verschiedentlich aufgefordert, sich in Deckung zu begeben, weil die Gefahr des Schusswaffengebrauchs bestehe. Während dieser Zeit wurde über Lautsprecherwagen wiederholt die Aufforderung an die in der Garage befindlichen Personen gegeben, sich [8248] zu ergeben und aus der Garage herauszukommen. An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht mehr erinnern. Während dieser Phase kam ein Beamter durch die Absperrung zu uns, den ich bis dahin weder vom Ansehen noch dem Namen nach kannte und berichtete, daß er von einer Wohnung, wenn ich mich nicht irre, an der Eckenheimer Landstraße aus, einen Blick in die fragliche Garage habe, in einer Entfernung von, nach seiner Schilderung - falls mein Gedächtnis mich nicht trügt - etwa 80 bis 100 m, es mag auch etwas weniger gewesen sein. Und daß er von dort sehen könne, daß sich in dieser Garage ein blonder und ein dunkelhaariger Mann aufhalten, wobei er eine bessere Möglichkeit habe, den blonden Mann zu sehen als den dunkelhaarigen. Er glaube, daß er von dieser Position aus mit einem geeigneten Gewehr eine Schußmöglichkeit haben könne, wenn, wie bereits geschehen, die Insassen der Garage einen Ausbruchversuch unter Anwendung ihrer Schußwaffe machen werden. Daß er also in der Lage sein werde, einen bewaffneten Angriff auf die eingesetzten Kräfte und ein Ausbruchsversuch gegebenenfalls zu unterbinden. Ein entsprechendes Gewehr wurde herbeigeschafft. Der Beamte, dem bekannt war, wer ich war, forderte mich auf, ob ich interessiert sei, mit ihm in die Wohnung zu gehen, weil man von dort sehr viel besser und ruhiger beobachten könne. Ich folgte dieser Aufforderung und wir gingen gemeinsam in die Wohnung, aus der später der Schuß abgegeben wurde. Von dort, von dem Fenster der Küche dieser Wohnung aus, beobachteten wir dann zunächst eine zeitlang die weiteren Vorgänge. Ich sah dann selbst, daß inzwischen ein Sonderwagen der Polizei vor die Tür dieser Garage gefahren war, mindestens einer der beiden aus der Garage herauskam und ich hatte den Eindruck, daß Schüsse abgegeben wurden aus der Garage. Diese Schüsse wurden dann mit schnell folgenden Schüssen erwidert. Wenn ich mich recht erinnere, zog sich der eine Insasse - nach meiner Erinnerung war es der Mann mit den blonden Haaren - in die Garage zunächst zurück. In diesem Zeitpunkt war allerdings der Einblick in die Garage durch den Sonderwagen zeitweilig behindert, so daß nicht alles, was dort vorging, wahrgenommen werden konnte. Wenig später drang der blonde Mann - ich hatte den Eindruck - in gebückter Haltung aus der Garage heraus, den Eindruck mußte man jedenfalls gewinnen. Er befand sich an der rechten Seite der Garage und versuchte, nach vorne zu kommen. Er hatte dabei die Schußwaffe im Anschlag. Ich meine mich aber zu erinnern, daß er in diesem Augenblick von der Schußwaffe noch nicht [8249] Gebrauch gemacht hatte. In dieser Situation gab der Beamte, hinter dem ich stand und über dessen Schulter ich sah, einen gezielten Schuß ab. Ich konnte das erkennen, weil ich in Richtung des Laufs des Gewehrs blickte, einen gezielten Schuß auf die Hand ab, in der sich die Waffe befand. Das war jedenfalls der Eindruck, den ich durch meine Beobachtung erhielt. Der Mann wurde von diesem Schuß offenbar getroffen. Ich meine mich zu erinnern, daß er sofort zusammenbrach. Dann wurden kurz darauf die Insassen der Garage, ich konnte das über Lautsprecher hören, erneut aufgefordert, sich zu ergeben, die Garage zu verlassen. Es wurde dann von dem zweiten Mann nach meiner Erinnerung eine Schußwaffe aus der Garage herausgeworfen. Er verließ die Garage. Möglicherweise war inzwischen der Sonderwagen ein Stück zurückgezogen worden. Der zweite Mann wurde aufgefordert, sich zu entkleiden bis auf die Unterhose und mit erhobenen Armen auf die Polizei zuzugehen, was dann auch geschah. Der Garage näherten sich dann Beamte, die nach meiner Erinnerung mit Schutzkleidung, also mit Kopfschutz und mit Panzerweste versehen waren, und brachten dann den am Boden liegenden Mann auf den Hofeckweg, wo er - wenn ich mich recht erinnere - in einen bereitgestellten Rettungswagen oder Notarztwagen gebracht wurde. Das kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen. In dieser Phase verließ ich zusammen mit den Beamten die Wohnung und begab mich zurück zur Einsatzleitung.

Vors.:

Sie erwähnten, daß der Mann, der wie Sie sagten, aus der Garage gedrungen sei, die Waffe nach Ihrer Beobachtung im Anschlag gehabt, aber von ihr noch nicht Gebrauch gemacht habe.

Zeuge Mül[ler]:

Das war mein Eindruck.

Vors.:

Liegt die Betonung noch nicht darauf, daß er dann später davon hätte noch Gebrauch gemacht?

Zeuge Mül[ler]:

Ich hatte den Eindruck, er wolle, so wie schon versucht, unter Schußabgabe aus der Garage herausdringen.

Vors.:

Sie haben aber offenbar keine Beobachtung gemacht, daß dieses Wollen dann in die Tat umgesetzt worden ist?

Zeuge Mül[ler]:

Dazu kam es nicht mehr.

Vors.:

Haben Sie, weil Sie gerade sagten, so wie schon zuvor versucht, Beobachtungen gemacht, daß in[vv] einem früheren Zeitpunkt einer von den beiden, Sie unterscheiden sie nach der Haarfarbe, von der Schußwaffe Gebrauch gemacht hätte?

Zeuge Mül[ler]:

Ich sagte vorhin, daß nach meiner Erinnerung in dem Versuch, aus der Garage herauszukommen, der blonde Mann mehrfach von der Schuß- [8250] waffe Gebrauch gemacht hatte. Bei dem ersten Versuch, kurz nachdem der Sonderwagen vor die Garage gefahren war, dabei wurde der Versuch gemacht, eine dieser beiden Türen war bereits geschlossen, nach meiner Erinnerung; auch die zweite Tür zu verschließen. Dies verhinderten die beiden in der Garage befindlichen Männer und kurz danach, nach meiner Erinnerung, drang der blonde Mann aus der Garage heraus ein Stück und gab - so erinnere ich mich - Schüsse ab.

Vors.:

Mehrere Schüsse?

Zeuge Mül[ler]:

Nach meiner Erinnerung mehrere Schüsse.

Vors.:

An was konnten Sie erkennen oder was waren für Sie die Anhaltspunkte dafür, daß möglicherweise Schüsse abgegeben worden sind?

Zeuge Mül[ler]:

Nach meiner Beobachtung bewegte sich die Hand in der typischen Weise, in der sie sich bewegt, wenn Schüsse abgegeben werden.

Vors.:

Haben Sie Beobachtungen machen können, ob es sich hier um Schüsse handelte, die gezielt in irgendeine bestimmte Richtung gerichtet waren oder man könnte beispielsweise auch in die Luft einfach schießen, wo man ersichtlich niemand treffen könnte.

Zeuge Mül[ler]:

Nein.

Vors.:

Haben Sie in dieser Richtung irgendwie differenzieren können?

Zeuge Mül[ler]:

Also ich kann keine genauen Angaben über die Richtung des Schusses machen. Aus der Haltung der Waffe glaube ich aber, konnte man erkennen, daß keine Schüsse in die Luft abgegeben worden sind.

Vors.:

Es würde also bedeuten, daß zusammen mit dem, nennen wir es mal Ausbruchsversuch, auch geschossen worden wäre von dem Mann, nach Ihrer Beobachtung?

Zeuge Mül[ler]:

Nach meiner Beobachtung, ja.

Vors.:

Haben Sie beobachten können, wie weit dieser von Ihnen als blond bezeichnete Mann sich[ww] von der Garage entfernen konnte?

Zeuge Mül[ler]:

Nein, das war damals schwer zu schätzen und meine Erinnerung läßt mich dabei im Stich.

Vors.:

Und aufgrund welcher Umstände ist es beim Versuch geblieben, ist er nicht weitergelaufen. Offenbar wurde ja der Versuch abgebrochen. Konnten Sie dazu Beobachtungen machen?

Zeuge Mül[ler]:

Kurz nach der von mir beobachteten Schußabgabe erwiderte die Polizei das Feuer, wenn mich die Erinnerung nicht trügt, durch Einsatz von automatischen Waffen mit einer schnellen Schußfolge und ich habe es so im Gedächtnis, daß ich daraufhin oder in diesem Vorgang, der blonde Mann wieder in die Garage zurückzog.

Vors.:

Haben Sie beobachten können, was im gleichen Zeitpunkt der andere, [8251] der dunkelhaarige gemacht hat?

Zeuge Mül[ler]:

Nein, das war schwer möglich. Er befand sich, wie sich ja hinterher herausstellte, an der anderen Seite der Garage. Und dieser Punkt war von meinem Beobachtungsposten aus schwer einzusehen.

Vors.:

Sie sind von der Verteidigung benannt worden zu dem Thema, daß Sie angeben können sollten, es seien keine gezielten Schüsse von dem als blond bezeichneten Mann abgegeben worden und der blonde Mann habe sich auch während der Festnahmeaktion nicht außerhalb der Garage aufgehalten. Sie könnten also diese Beweisbehauptungen nicht bestätigen?

Zeuge Mül[ler]:

Nein.

Vors.:

Nun ist es so. Wir haben hier verschiedene Zeugen gehört, und in der Tat hat die Mehrzahl der Zeugen nicht beobachtet, daß der blonde Mann die Garage verlassen hat. Jedenfalls lauteten die Angaben so. Gibt das Ihnen irgendeinen Anlaß, [xx] Ihr Erinnerungsbild in diesem Punkte zu überprüfen oder zu korrigieren oder sind Sie sich dieser Beobachtung sicher, daß der Blonde aus der Garage herausgedrungen ist?

Zeuge Mül[ler]:

Also ich bin insofern meiner Erinnerung ziemlich sicher. Ich glaube auch, daß ich die Geschehnisse in der Garage insoweit von meiner Position aus recht gut beobachten konnte.

Vors.:

Sie selbst sahen ja das Verhalten des Dunkelhaarigen nicht, wie Sie eben geschildert haben. Das war von Ihrem Standort aus schwer zu beobachten. Ließe es sich denken, Sie kennen ja nun die Örtlichkeit und auch den Standort anderer Polizeibeamten, daß andere Polizeibeamte durch den Standort des gepanzerten Wagens gehindert waren, das Verhalten des Blonden zu beobachten. Daß die etwa durch eine räumliche Trennung dieser beiden Personen, die Ihnen vielleicht auch aufgefallen wäre, nur praktisch Beobachtungsfeld auf einen hatten, nämlich den Dunkelhaarigen und dem Blonden ...

RA Dr. H[eldmann]:

Erlauben Sie, daß ich diese Frage beanstande?

Vors.:

Ich erlaube es, Sie haben das Recht dazu.

RA Dr. H[eldmann]:

... denn die Frage „Ließe sich denken“, ist sicher keine Zeugenbefragung, sondern gehört eher in den Bereich der Sachverständigenbefragung. Ich meine daß es[yy] korrekt wäre, den Herrn Zeugen zu fragen, „hat er wahrgenommen, daß ...“

Vors.:

Ich glaube, daß meine Frage nicht unkorrekt war. Ich formuliere sie aber gerne dahin: Ist nach den Beobachtungen, die Sie gemacht haben, es möglich, daß ein Teil der Polizeibeamten ein eingeengtes Blick- [8252] feld gehabt hat, wegen des Vorfahrens des gepanzerten Wagens?

Zeuge Mül[ler]:

Ob aus diesem Umstand, das wage ich nicht zu sagen. Ich selbst habe mich aber vom Hofeckweg in diese Wohnung begeben, weil man von dort aus ein wesentlich besseres Blickfeld hatte. Neben dem Sonderfahrzeug, das eingesetzt war, war allerdings der Blick in die Garage noch dadurch behindert, daß in der Garage sich ein Auto befand, zwischen dem und der Wand sich ja die beiden Person jeweils bewegt haben.

Vors.:

Wenn Sie davon gesprochen haben, Sie standen hinter dem Schützen, läßt sich das noch etwas präziser angeben, welche Entfernung Sie etwa hinter dem Schützen hatten?

Zeuge Mül[ler]:

Ich stand unmittelbar hinter dem Schützen und bemühte mich, in dieser Situation möglichst in die Blickrichtung zu sehen, in die das Gewehr zielte.

Vors.:

Sie erwähnten, es sei dieser Ausbruchversuch, das verwende ich jetzt als Arbeitstitel, gemacht worden. Möglicherweise von dem blonden Mann dabei geschossen worden. Es sei dann mit Maschinenwaffen zurückgeschossen worden. Knüpfte sich dieser Schuß auf den Mann, der anschließend getroffen war, unmittelbar an diese Schußfolgen der anderen Beamten an?

Zeuge Mül[ler]:

Nein. Nach meiner Erinnerung zog sich der blonde Mann nach der Abgabe dieser schnellen Schußfolge noch einmal in die Garage zurück und kam nach relativ kurzer Zeit allerdings wieder vor in der Weise, wie ich das vorhin geschildert habe. Erst dann erfolgte die Abgabe dieses Schusses.

Vors.:

Ja. Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Dr. Berroth, bitteschön.

Richter Dr. Be[rroth]:

Herr Zeuge, waren die Schüsse, die Sie im Zusammenhang mit dem Ausbruchsversuch gehört haben, die ersten Schüsse, die Sie im Hofeckweg an diesem Morgen überhaupt gehört haben, oder haben Sie vorher schon Schüsse gehört, vielleicht aus einem anderen Beobachtungswinkel heraus.

Zeuge Mül[ler]:

Hier habe ich keine genaue Erinnerung mehr. Ich weiß, daß vorher Schüsse abgegeben worden sein sollen, aber ich weiß nicht, ob ich das selbst schon beobachtet habe oder ob das zu einer Zeit war, als ich noch nicht am Geschehensort war oder auf dem Weg zur Wohung.

RA Geu[len]:

... Entschuldigung, ich halte es doch für unzulässig, daß Sie von Ausbruchsversuch in diesem Zusammenhang sprechen, wenn es nicht der Ausdruck ist, den der Zeuge verwendet hat. Ich würde Sie [8253] doch bitten, das bezieht sich auf die Frage des Herrn Beisitzers.

Vors.:

Haben Sie eine, ich habe ja diesen Begriff auch verwendet, als Arbeitstitel, wie ich gesagt habe. Haben Sie einen Vorschlag, Herr Rechtsanwalt?

RA Geu[len]:

Entschuldigung, ich habe die Frage nicht gestellt ...

Richter Dr. Berr[oth]:

Setzen wir den Ausbruchsversuch in Anführungsstrichen, sind Sie damit einverstanden, Herr Rechtsanwalt?

RA Geu[len]:

Ja, wenn Sie dazu sagen ...

RA Dr. H[eldmann]:

Warum nicht[zz] den natürlichen Vorgang bitte. Der natürliche Vorgang wäre: „der Versuch, sich aus der Garage zu entfernen“, wobei wir noch hinzufügen könnten, „ohne erschossen zu werden“.

Vors.:

Ja, ja. Also wir werden es in Zukunft Ihnen zuliebe als Entfernungsversuch bezeichnen.

Richter Dr. Berr[oth]:

Der Herr Zeuge hat verstanden, welchen Zeitpunkt ich meine, ob vor diesem Zeitpunkt Schüsse gefallen sind.

Zeuge Mül[ler]:

Ich sagte bereits, daß ich hier nicht meinem Gedächtnis ganz zu trauen glauben kann[aaa]. Ich weiß, daß vorher Schüsse abgegeben worden sein sollen, weiß aber nicht mehr mit Sicherheit zu sagen, ob ich die selbst beobachtet habe oder ob mir das nur berichtet worden ist.

Richter Dr. Berr[oth]:

Herr Zeuge, können Sie Pistolenschüsse von Schüssen unterscheiden, mit denen Tränengaskörper abgegeben werden? Von Ihrer Erfahrung her?

Zeuge Mül[ler]:

Das wage ich schwer zu beurteilen.

Richter Dr. Berr[oth]:

Ist es möglich, daß Sie an diesem Morgen gehört haben, daß Tränengaskörper abgeschossen wurden, vor diesem Zeitpunkt?

Zeuge Mül[ler]:

Zu dem Zeitpunkt, zu dem ich am Geschehensort eintraf, war bereits wiederholt der Versuch gemacht worden, und hierüber wurde mir auch berichtet, durch Beschießen der Garage mit Tränengaskörpern und durch Einwerfen von Tränengaskörpern, durch ein Fenster, wenn ich mich recht erinnere, von der Rückseite der Garage, diese Garage mit Tränengas zu füllen, um die Insassen zum Verlassen der Garage zu bewegen. Ich erinnere mich nicht mehr mit Sicherheit, ob auch noch nachher vom Tränengas Gebrauch gemacht worden ist. Ich halte es aber für möglich.

Richter Dr. Berr[oth]:

Dankeschön.

Vors.:

Bitte Herr Dr. Breucker?

Richter Dr. Bre[ucker]:

Herr Zeuge, Sie haben vorhin ausgesagt, Sie hätten den Eindruck gehabt, daß der Schütze auf die Hand dieses Mannes den Schuß abgegeben habe?

[8254] Zeuge Mül[ler]:

Ja.

Richter Dr. Bre[ucker]:

Auf welche tatsächlichen Anhaltspunkte gründete sich dieser Eindruck?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe, wie ich schon wiederholt angemerkt hab, versucht, in die Richtung zu blicken, in die der Lauf des Gewehres gerichtet ist. Und ich habe mich auch bemüht, obwohl das aus meiner Position nicht ganz leicht war, über die Zielvorrichtung des Gewehres zu gucken, um die Schußrichtung möglichst exakt erkennen zu können. Für mich war der Lauf des Gewehres auf die Hand und auf die Unterpartie des Körpers des Mannes gerichtet.

Vors.:

Bitte die Bundesanwaltschaft. Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

Richter Dr. Bre[ucker]:

Ich hab noch eine Einzelfrage.

Vors.:

Verzeihung. Entschuldigen Sie bitte, noch eine Frage beim Gericht.

Richter Dr. Bre[ucker]:

Herr Zeuge, ist es möglich, daß dieser Eindruck bei Ihnen durch eine Unterhaltung mit dem Schützen entstanden oder verstärkt wurde?

Zeuge Mül[ler]:

Das ist möglich.

Vors.:

Herr Bundesanwalt, bitteschön.

BA Dr. W[under]:

Herr Zeuge, ich möchte jetzt keine Wortklauberei betreiben, aber können Sie mir sagen, wieweit der Zeuge aus der Garage herausgetreten ist, oder wenn Sie es anders formulieren wollen, wie weit er vor die Garage getreten ist?

Vors.:

Die Frage ist gestellt worden und vom Herrn Zeugen bereits beantwortet worden, dahin, daß er sich in dieser Richtung kein sicheres Bild mehr verschaffen könne.

Sonstige Fragen bei der Bundesanwaltschaft? Ich sehe nicht. Ich möchte dann ... Bitte, Herr Bundesanwalt Holland.

OStA Ho[lland]:

Herr Zeuge, eine Frage. Sagen Sie, wie lange insgesamt haben Sie sich nach Ihrer Schätzung in dieser Wohnung, aus der später der Schuß abgegeben wurde, aufgehalten? Vielleicht können Sie es irgendwie nach Obergrenze, Untergrenze hin einschränken?

Zeuge Mül[ler]:

Ja sicherlich nicht länger als 1 Stunde. Aber wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, auch nicht weniger als ½ Stunde.

OStA Ho[lland]:

Dann noch eine Anschlußfrage. Wie lange etwa waren Sie in der Wohnung, als dieser Schuß nun abgegeben wurde? Auch vielleicht wieder zu Ihrer Erleichterung, Differenzierung nach Obergrenze, Untergrenze.

Zeuge Mül[ler]:

Vielleicht darf ich die Frage so beantworten. Nach Abgabe des Schusses bin ich nur noch wenige Minuten nach meiner Erinnerung in der Wohnung geblieben.

[8255] OStA Ho[lland]:

Dankeschön

Vors.:

Hern Rechtsanwalt Schnabel, der Herr Zeuge ist auf Ihren Antrag hin geladen worden, haben Sie Fragen?

RA Schn[abel]:

Im Moment nicht.

Vors.:

Im Moment nicht. Die Herrn Verteidiger? Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann hat sich zunächst gemeldet.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Zeuge, darf ich Ihnen zunächst vorhalten, daß die Angabe des Beweisthemas durch den Herrn Vorsitzenden nicht ganz vollständig war. Ich zitiere von Blatt 4254 des Protokolls der Hauptverhandlung und da heißt es: Rechtsanwalt Schwarz sagt: „notwendig, Herrn Polizeipräsidenten Müller als Zeugen zu vernehmen, weil nämlich der dort vernommene Zeuge Honke bis dahin wohl mit einer Ausnahme der einzige gewesen ist, der gesehen haben will, wie Herr Baader mit der Waffe“ - und das ist die Lücke in Ihrem Vorhalt gewesen - „außerhalb der Garage gesehen haben will.“

Vors.:

Der Vorhalt ist unrichtig, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann. Herr Rechtsanwalt Schwarz hat den Beweisantrag nicht gestellt. Der Beweisantrag des Herrn Rechtsanwalts Schnabel lautet: „Ich beantrage die Ladung und Vernehmung des Polizeipräsidenten Knut Müller zu laden usw. für den Beweis dafür: 1. Daß der Angeklagte Baader während der in der Anklageschrift angesprochenen Aktion im Hofeckweg in Frankfurt keine gezielten Schüsse auf Polizeibeamte abgegeben hat. 2. Der Angeklagte Baader sich während dieser Aktion bis zu seiner Festnahme nicht außerhalb der Garage aufgehalten hat.“ Das ist der Beweisantrag, der der Ladung des Herrn Zeugen zugrunde liegt, nicht die Ausführung von Herrn Rechtsanwalt Schwarz, in diesem Fall.

RA Dr. H[eldmann]:

Dann muß ich mich insoweit korrigieren. Herr Rechtsanwalt Schwarz hat auf Blatt 4254 als die Beweisfrage genannt, ob der Angeklagte Baader mit der Waffe außerhalb der Garage gesehen worden ist. Und nun, Herr Zeuge, das ist meine Frage im Moment, haben Sie, wie Sie sagten, den blonden Mann mit der Waffe außerhalb der Garage gesehen?

Zeuge Mül[ler]:

Ja, ich habe die Frage aber schon beantwortet, denn ich habe gesagt, daß ich den Eindruck hatte, daß er auch hierbei Schüsse abgegeben hat, während er sich außerhalb der Garage befand.

RA Dr. H[eldmann]:

Woraus hat sich dieser Eindruck, wie Sie es nennen, ergeben?

Vors.:

Auch schon beantwortet. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, ich bitte Sie, genau wie vorhin die Bundesanwaltschaft darauf hingewiesen worden ist, sich auch daran zu halten, daß bereits beantwortete Fragen nicht nochmals gestellt werden. Zu Ihrer Gedächtnishilfe möchte ich Ihnen sagen, [8256] daß ...

RA Dr. H[eldmann]:

Ich fahre fort ...

Vors.:

Wie bitte?

RA Dr. H[eldmann]:

Ich fahre fort.

Vors.:

Sie fahren fort. Gut.

RA Dr. H[eldmann]:

Ich habe die nächste Frage. Herr Zeuge, Sie haben angegeben, an Rückstoßbewegungen der Hand hätten Sie erkannt oder aus solchen hätten Sie geschlossen, daß der blonde Mann Schüsse abgegeben habe. Ist das richtig?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe nicht von einer Rückstoßbewegung gesprochen ...

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Bitte, Herr Bundesanwalt Widera, ich glaube; es ist hier eine Frage, die der Herr Rechtsanwalt stellt, um sich nun zu einer Anschlußfrage nochmals das nötige Wissen zu verschaffen, ich würde ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Nein, das ist auch nicht der Grund meiner Beanstandung, sondern meine Beanstandung liegt darin, daß der Vorhalt unzutreffend ist. Von Rückstoßbewegung hat der Zeuge bisher nichts gesagt, sondern von[bbb] einer[ccc] „schußtypischen“ Handbewegung.

Vors.:

Ja. Es ist sicher für den Herrn Zeugen verständlich gewesen, was gemeint war. Daß die Hand keine Rückstoßbewegung für sich ausführt, ist eigentlich auch ...

RA Dr. H[eldmann]:

Nein, ohne Waffe sicher nicht. Aber wir sprechen von der Waffe in der Hand.

Vors.:

Bitte Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, fahren Sie fort.

RA Dr. H[eldmann]:

Woran haben Sie denn gesehen, daß er Schüsse abgegeben hat. Woraus resultierten denn die Handbewegungen? Was waren es für Handbewegungen?

Vors.:

Also die dritte Frage, die nähere und präzisere Beschreibung der Handbewegung, die ist zulässig. Alle anderen Fragen sind ja bereits beantwortet. Bitte Herr Zeuge.

Zeuge Mül[ler]:

Die Hand verhielt sich mehrfach unruhig, während sonst die Hand mit der Waffe darin nach vorne gerichtet war.

RA Dr. H[eldmann]:

Ist es nicht gerade ein Kennzeichen für Schußhaltung, daß die Hand ruhig zu sein hat? Ich verstehe also nicht ganz ...

Vors.:

Ist das eine Zeugenfrage?

Zeuge Mül[ler]:

Vor Abgabe eines Schusses, ja.

RA Dr. H[eldmann]:

Vor Abgabe eines Schusses. Und während der Abgabe eines Schusses, woraus ist die Handbewegung denn entstanden? Ich habe es nicht verstanden.

[8257] Zeuge Mül[ler]:

Ich darf bemerken, daß ich selbst durch meinen Beruf bedingt Schußwaffengebrauch gelernt habe und von daher glaube ich, sagen zu können, es waren die typischen Bewegungen, die die Hand nach Abgabe eines Schusses macht.

Vors.:

Nur unter diesem Aspekt wurde die Frage auch zugelassen, denn sie ist an sich an einen Sachverständigen zu richten. Aber hier ist ein sachkundiger Zeuge anwesend.[23]

RA Dr. H[eldmann]:

Und welches sind diese typischen Bewegungen?

Zeuge Mül[ler]:

Die Hand wird zurückgedrückt und bewegt sich seitlich unruhig.

RA Dr. H[eldmann]:

Bewegt sich seitlich unruhig, seitlich sagten Sie, seitlich?

Zeuge Mül[ler]:

Ja, sowohl seitlich wie nach hinten.

RA Dr. H[eldmann]:

Und Sie meinen, Sie haben die Entfernung vorhin angegeben mit 80 bis 100 m. Aus dieser Entfernung wollen Sie diese, auch eine seitliche Unruhe, wie Sie eben gesagt haben, bemerkt haben?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe bei meiner Aussage bereits betont, daß nach meiner Erinnerung ich glaube, solche Bewegungen beobachtet zu haben.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Zeuge, ehe ich weiterfrage. Können Sie das noch näher erklären, Handbewegungen, seitlich unruhig, die Sie aus 80 bis 100 m so nach Ihrer Erinnerung gesehen haben wollen?

Zeuge Mül[ler]:

Nein.

RA Dr. H[eldmann]:

Nicht. Sie sprachen vorhin von, Sie haben den Begriff „Ausbruchsversuch“ verwendet.

Zeuge Mül[ler]:

Nein.

Vors.:

Dieser Begriff ist von mir aufgebracht worden. Ich habe von vornherein gesagt, nennen wir es mal so, wie gesagt, als Arbeitstitel. Inzwischen sprachen wir vom Entfernungsversuch.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Zeuge, haben Sie nicht über Ihr Gespräch mit Herrn Honke, als dieser ein Gewehr angefordert hat, wiedergegeben, Herrn Honke wie folgt: Er glaube, mit einem geeigneten Gewehr könne er einen bewaffneten Angriff oder einem Ausbruchsversuch entgegentreten.

Zeuge Mül[ler]:

Ja, das war nach meinem Gedächtnis so, daß dies die Schilderung des Herrn Honke war.

RA Dr. H[eldmann]:

Also ist es richtig, daß ich eben gesagt habe, Sie haben vorhin den Begriff Ausbruchsversuch verwendet?

Zeuge Mül[ler]:

Aber nicht im Zusammenhang mit eigenen Beobachtungen, sondern mit möglichen Verhaltensweisen.

RA Dr. H[eldmann]:

Haben Sie einen Ausbruchsversuch für möglich gehalten?

[8258] Rechtsanwalt Grigat erscheint um 14.38 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann mir das nur schwer vorstellen. Mir waren die eingesetzten Kräfte bekannt. Einen erfolgreichen Ausbruchsversuch mußte ich danach für unmöglich halten.

RA Dr. H[eldmann]:

Und warum haben Sie dann zugelassen, daß ein gezielter Schuß auf Herrn Baader abgegeben worden ist?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe dies nicht zugelassen. Ich habe in keiner Weise auf den Zeugen und auf das, was er getan hat, eingewirkt.

RA Dr. H[eldmann]:

Waren Sie dazu nicht kompetent?

Zeuge Mül[ler]:

Der Schütze war mir weder unterstellt. Er ist kein Beamter der Frankfurter Polizei, noch habe ich während des gesamten Einsatzes irgendwelche Leitungsbefugnisse ausgeübt.

RA Dr. H[eldmann]:

Wer hat Leitungsbefugnisse während dieses Einsatzes ausgeübt?

Zeuge Mül[ler]:

Der Einsatz der Frankfurter Kräfte wurde von leitenden Frankfurter Beamten geleitet. Im übrigen waren Beamte des Landeskriminalamtes, des Bundeskriminalamtes mit Leitungsfunktionen beauftragt.

RA Dr. H[eldmann]:

Sie haben gesagt, nach Ihrem Eindruck - gebe ich Sie richtig wieder - nach Ihrem Eindruck, hätte der blonde Mann gezielt geschossen?

Vors.:

Wo haben Sie die Belegstelle dafür, Herr Rechtsanwalt. Haben Sie das jetzt eben notiert? Oder ist das nur eine Erinnerung?

RA Dr. H[eldmann]:

Ich frage, ob ich richtig in Erinnerung habe.

Zeuge Mül[ler]:

Nein.

RA Dr. H[eldmann]:

Der blonde Mann hat also nicht gezielt geschossen?

Vors.:

Es ist eingehend gefragt worden, ich habe das Beispiel verwendet dazu, ob der blonde Mann etwa einfach in die Luft geschossen habe, so daß man ersichtlich erkennen konnte, daß er nicht zielen wolle. Davon war nicht die Rede, sondern es war eine allgemeine Richtung auf Positionen, wo möglicherweise was zu treffen war, erkennbar, ohne daß der Herr Zeuge erkennen konnte, welche Objekte etwa ins Auge gefaßt waren.

RA Dr. H[eldmann]:

Ja, und diese allgemeine Position, wenn Sie erlauben, reicht mir nicht, wenn wir schon diesen Herrn Zeugen hier haben. Und darum möchte ich es eben etwas spezieller als allgemein ...

Vors.:

Sie dürfen es vertiefen, bittesehr, Herr Rechtsanwalt.

[8259] RA Dr. H[eldmann]:

... und möchte nun also konkret fragen, hat nach Ihrer Erinnerung der blonde Mann gezielt geschossen?

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann darüber keine Aussage machen. Ich habe nicht so genaue Beobachtungen machen können, daß ich feststellen konnte, daß gezielte Schüsse auf eingesetzte Polizeibeamte abgegeben worden sind.

RA Dr. H[eldmann]:

Auf, ich glaube, auf Frage des Herrn Vorsitzenden, haben Sie nach meiner Erinnerung gesagt, jedenfalls habe der blonde Mann nicht in die Luft geschossen. Und dazu halte ich Ihnen vor die Aussage des hier als Zeugen vernommenen Herrn Honke, des Schützen nämlich, aus Blatt 4243 des Sitzungsprotokolls, der sagte: „Also er hat, wenn er so an dem Wagen drangestanden hat, wohl mit der linken Hand geschossen. Aber naja, so halb in die Luft.“ Ist dieser Vorhalt ...

Vors.:

Wie haben Sie gerade vorgetragen, so ... Wie hieß dieser Satz. So halb ...

RA Dr. H[eldmann]:

So halb in die Luft.

Vors.:

Ja. Dankeschön.

RA Dr. H[eldmann]:

Sie wollten das „halb“ noch besonders hervorgehoben haben?

Vors.:

Nein, nicht. Sondern ich hatte verstanden, so „halt“ in die Luft.

RA Dr. H[eldmann]:

So halb ...

Vors.:

Halb mit B, wie Berta.

RA Dr. H[eldmann]:

Ist dieser Vorhalt geeignet, Ihre Erinnerung an diesen Vorgang zu konkretisieren?

Zeuge Mül[ler]:

Ich hatte den Herrn Vorsitzenden vorhin so verstanden, als ob ich beobachtet haben könne, daß der Mann in den Himmel geschossen habe. Dies glaubte ich ausschließen zu können, weil dies für mich einen steilen Schuß nach oben bedeutet.

RA Dr. H[eldmann]:

Ahja. Wissen Sie, was für eine Waffe Herr Honke, der also während der Abgabe dieses Schusses neben Ihnen gestanden hat, verwendet hat?

Zeuge Mül[ler]:

Die Waffe ist in meinem Beisein herangeholt worden. Nach meiner Erinnerung war es ein FN-Gewehr.

RA Dr. H[eldmann]:

Ein FN-Gewehr. Wissen Sie auch, welches Kaliber mit dieser Waffe verschossen wird?

Zeuge Mül[ler]:

Das ist mir unbekannt.

RA Dr. H[eldmann]:

Hatte die Waffe ein Zielfernrohr?

Zeuge Mül[ler]:

Nach meiner Erinnerung, ja. Nach meiner Erinnerung hat Herr Honke ausdrücklich um ein Gewehr mit einer Zieleinrichtung gebeten.

RA Dr. H[eldmann]:

Nach Ihrer Erinnerung, wie Sie sie uns vorhin im ersten Teil Ihrer Aussage wiedergegeben haben, hätte Herr Honke geschossen, als [8260] der blonde Mann versucht habe, die Garage zu verlassen. Habe ich das richtig in Erinnerung?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es ist schlimm, daß die ganze Vernehmung rekapituliert werden muß, weil Sie offenbar immer wieder Zweifel an Ihrer eigenen Erinnerung haben. Der Herr Zeuge hat gesagt, er sei zurückgekehrt aufgrund dieser Schußserie von Beamten und sei dann aber nach kurzer Zeit wieder von rückwärts aus der Garage aufgetaucht und in dem Moment sei dann der Schuß gefallen.

RA Dr. H[eldmann]:

Ich verlasse mich nicht nur auf meine Erinnerung, sondern auf die Notizen, die ich während des Sprechens des Herrn Zeugen gemacht habe.

Vors.:

Nun, aber wir können ja nicht die gesamte Vernehmung dadurch wiederholen, daß Sie fragen, ist es richtig, wie ich es verstanden habe.

RA Dr. H[eldmann]:

Wollen wir es zurückspulen. Der Herr Zeuge hat gesagt, der Schuß ist abgegeben worden bei dem Versuch des blonden Mannes, aus der Garage zu kommen, wobei er die Waffe im Anschlag gehabt habe.

Wenn Ihre Erinnerungen oder Ihre Notizen anders sind, muß ich darum bitten, das Band, sollten Sie darauf Wert legen, zurückzuspulen, um diese Aussage des Herrn Zeugen abzuhören.

Vors.:

Um das geht es nicht. Ich wollte Sie nur bitten, daß Sie Ihre Fragen möglichst ohne jeweilige Vorbereitung durch nochmalige Bestätigung bereits gegebener Antworten stellen, soweit es nicht zwingend notwendig ist, das nochmals aufzugreifen. Sonst wiederholt sich ja bei Ihrer Fragestellung die ganze Vernehmung. Das war der Sinn.

RA Dr. H[eldmann]:

Nein, nein. Wir versuchen nur, der Herr Zeuge hat sehr korrekt zu Beginn seiner Vernehmung gesagt, daß er nur noch angeben könne, was er in einer unvollständigen, so nicht wörtlich, aber jedenfalls in einer nicht mehr vollständigen Erinnerung habe und danach frage ich. Also ich versuche, diese Erinnerung, die der Herr Zeuge selbst als nicht komplett betrachtet, zu komplettieren. Wenn Sie mir das erlauben?

Vors.:

Gerne.

RA Dr. H[eldmann]:

Und mache nun im Anschluß an die Frage, die Sie eben, ohne das ausgesprochen zu haben, beanstandet haben, aber es kommt nicht darauf an, den Vorhalt, daß Herr Honke als Zeuge in dieser Beweisaufnahme ausgesagt hat, er habe den Schuß abgegeben, als der blonde Mann, wie Sie es nennen, in Ruhestellung sich befunden habe und die Waffe auf den Oberschenkel gesenkt hatte.

Vors.:

Bitte die Zitatstelle?

[8261] RA Dr. H[eldmann]:

4245.

Vors.:

Danke.

RA Dr. H[eldmann]:

Die Hand mit der Waffe gesenkt hatte und die lag ja dann vor dem Körper. Ist dieser Vorhalt aus dem bisherigen Teil der Beweisaufnahme geeignet, Ihre Erinnerung insoweit zu stärken?

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann nicht mit Sicherheit sagen und meiner Erinnerung nach habe ich das auch vorhin nicht getan, wie der Mann, den ich beschrieben habe, die Waffe im Augenblick der Schußabgabe gehalten hat. Ich habe meiner Erinnerung nach lediglich gesagt, daß er, wie ich meine, in gebückter Haltung an den Eingang der Garage kam und dort einen Augenblick verweilte und daß dabei, bevor er die Garage verließ, ein Schuß auf ihn abging, während er stand.

RA Dr. H[eldmann]:

Während er stand. Sie sagten vorhin, die Waffe im Anschlag. Also diese Erinnerung ist nicht zuverlässig. Das er die Waffe im Anschlag gehabt habe, als Herr Honke geschossen hat?

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann mich nicht erinnern, ob ich diese Angabe so präzise vorhin gemacht habe.

RA Dr. H[eldmann]:

Wörtlich: „im Anschlag“.

Zeuge Mül[ler]:

Wenn ich es so präzise für diese Situation gesagt haben sollte, müßte ich sagen, daß ich das nicht mehr mit Sicherheit behaupten kann.

RA Dr. H[eldmann]:

Danke. Ich habe im Moment keine Frage weiter, im Moment.

RA Geu[len]:

Ich hätte jetzt eine Frage.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen, bitte.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, Sie hatten anfangs gesagt, der Schütze versuchte auf die Hand des Mannes zu schießen ... danach eine Nachfrage eines Beisitzers und Sie haben das bestätigt. Meine Frage ist nochmal, Sie sind ja ein erfahrener Schütze, haben Sie anfangs gesagt, wohl auch in einem privaten Schützenverein, wenn ich das richtig verstanden habe. Wenn Sie einmal überlegen, es ist eine etwas länger formulierte Frage, wenn Sie einmal überlegen, wenn jemand eine Hand aushält und auf eine größere Entfernung schießt und zwar die Hand nicht waagerecht oder senkrecht hält, sondern etwas angewinkelt, also sagen wir so nach oben oder etwas nach unten, bis zu welcher Winkelabweichung[ddd] würden Sie meinen feststellen zu können, wo der Mann hinschießt? Ist die Frage unverständlich oder ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Geht es gegen die Zulässigkeit der Frage?

Reg. Dir. W[idera]:

Ja.

Vors.:

Bitteschön.

[8262] Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich beanstande die Frage und zwar den Vorhalt, der vor der Frage gekommen ist, denn in diesem Zusammenhang sprach der Zeuge von seinem Eindruck und zwar auch von seinem Eindruck, als der Herr Berichterstatter genaueres wissen wollte. In jedem Falle seinen Eindruck, er habe sich bemüht, mit zu verfolgen und das sei dann sein Eindruck gewesen.

RA Geu[len]:

Herr Widera, ich verstehe den Vorhalt nicht. Jeder Zeuge gibt seinen Eindruck wieder, was soll er sonst wiedergeben, den Eindruck eines anderen! Verstehen Sie darin eine Abschwächung ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Einen erheblichen Unterschied. Man gibt sonst, ein Zeuge gibt grundsätzlich seine Beobachtungen wieder. Und nur wenn er nicht klar sagen kann, daß habe ich genau gesehen, dann muß er sich naturgemäß auch nur auf seinen Eindruck zurückziehen. Das ist ein erheblicher Unterschied.

Rechtsanwalt Geulen unverständlich.

Ende von Band 460

[8263] Vors.:

Entschuldigen Sie, Herr Rechtsanwalt, die Sache, bitte Herr Rechtsanwalt ...

RA Geu[len]:

... da möchte ich gerne vom Zeugen wissen, ob er diesen Eindruck ...

Vors.:

Darf ich Sie bitten, Herr Rechtsanwalt, wenn jetzt ja die Entscheidung des Gerichts angerufen ist, daß ich mich vielleicht dazu äußern kann. Vielleicht erübrigt das dann Ihre Ausführung. Ich möchte die Frage zulassen.

RA Geu[len]:

Ja zur Entscheidung möchte ich mich noch dazu äußern bitte.

Vors.:

Na, Sie brauchen es ja nicht, wenn ich Ihre Frage zulasse.

RA Geu[len]:

Ja natürlich dann nicht.

Vors.:

Eben. Ich möchte die Frage zulassen und zwar einfach deswegen, weil der Herr Zeuge seinen Eindruck in der Tat wiedergegeben hat und die Frage, wenn ich Sie richtig verstehe, dahingeht, ab welcher Armhaltung der Herr Zeuge etwa den Eindruck haben würde, es sei nicht blindlings in die Luft geschossen worden. Ist das richtig so?

RA Geu[len]:

Ja. Ich kann die Frage aber sonst auch anders formulieren, wenn es dem Zeugen zu kompliziert ist, aber vielleicht kann er doch erst versuchen sie zu beantworten.

Vors.:

Ich glaube, der Zeuge ist imstande, sie zu verstehen.

Zeuge Mü[ller]:

Ich hoffe, ich habe richtig verstanden, daß die Situation gemeint ist, die ich zunächst geschildert habe.

Vors.:

Es ist gemeint, da[eee] Sie ja gesagt haben, aus der Armhaltung können Sie nicht sagen, den Eindruck gewonnen zu haben, es sei blindlings geschossen worden. Sie könnten allerdings auch nicht sagen, es sei gezielt geschossen worden. Ab welcher Armhaltung, ab welchem Winkel etwa, nach oben oder unten, Sie sagen würden, wann[fff] es sei jetzt blindlings geschossen worden.

RA Geu[len]:

Es ging um den Schuß des Herrn Honke wohlgemerkt, ja, daß wir uns da nicht mißverstehen, nicht um den Schuß des blonden Herren, daß das klar ist.

Vors.:

Das ist dann aber ein grundsätzliches Mißverständnis. Auch Sie haben es wohl so verstanden, daß es um den Schuß des blonden ...

RA Geu[len]:

Ja, der Zeuge hat es vor allem anscheinend so verstanden.

[8264] Reg. Dir. Wi[dera]:

Nein Herr Vorsitzender, ich habe es so verstanden, daß es um den Schuß des Herrn Honke gegangen ist.

Vors.:

Dann bin ich einem Mißverständnis erlegen. Und Sie wollen also sagen, Sie hätten den Eindruck gehabt, der Herr Zeuge habe vorhin bekundet, daß ...

RA Geu[len]:

Daß der Herr Honke, oder er hätte es so beobachtet oder gesehen oder wahrgenommen oder seine Erkenntnis wiedergegeben, wie Herr Widera formulieren würde, daß Herr Honke versucht hat, auf die Hand des blonden Mannes zu schießen. Und das habe ich eben gehört.

Vors.:

Und welche Frage wollen Sie daran knüpfen? Also das was Sie gefragt haben, klang vorhin anders. Insofern bitte ich um Entschuldigung, wenn ich da eine fehlerhafte Entscheidung getroffen habe. Das war ein Mißverständnis. Was wollen Sie jetzt für eine Frage stellen?

RA Geu[len]:

Ja, wenn das jetzt erst mal noch problematisch ist, möchte ich gern noch mal wissen, ob das der Zeuge gesagt hat. Und dann möchte ich gerne die Frage anders formulieren. Ich möchte sie so stellen, der Herr Honke hat selbst ausgesagt, daß er versucht hat, auf die Hand des blonden Mannes zu schießen. Hat aber, wie Sie wissen, nicht die Hand getroffen, sondern die Hüfte oder ich könnte das auch als Frage formulieren, ob Ihnen das bekannt ist, daß er die Hüfte getroffen hat und nicht die Hand. Meine Frage ist also die, ob Sie von Ihrem Standpunkt hinter dem Herrn Honke, also nicht sozusagen im Visier oder hinter dem Visier des Gewehres oder hinter dem Zielfernrohr, sondern hinter dem Herrn Honke selbst genauer die Zielrichtung des Gewehres ausmachen können, wie Sie es anscheinend glauben, als der Herr Honke selbst schießen kann, der ja wohl ein ausgebildeter Schütze ist?

Zeuge Mü[ller]:

Herr Vorsitzender, darf ich zunächst richtigstellen:

Ich habe nicht gesagt, daß ich ein erfahrener Schütze bin, insbesondere nicht mit Langlaufwaffen[ggg] [hhh]. Ich bin auch nicht Mitglied eines privaten Schützenvereins, sondern[iii] ich habe nur gesagt, daß ich beruflich genötigt bin, von Schußwaffen Gebrauch zu machen und dies bezieht sich insbesondere auf Pistolen und Revolver. Ich habe meine Wahrnehmungsmöglichkeit bei meiner zusammenhängenden Aussage bereits relativiert. Ich habe gesagt, daß ich nicht den [8265] gleichen Blickwinkel wie der Schütze selbst gehabt habe. Daß ich nicht durch die Zieleinrichtung schießen konnte, sondern daß ich versucht habe, über seine Schulter hinweg über die Zieleinrichtung nach Möglichkeit, Richtung des Laufes zu sehen, um möglichst genau erkennen zu können, wohin der etwa abzugebende Schuß gezielt sei. Dabei habe ich den Eindruck gewonnen, als ob der Zeuge Honke auf die Hand, beziehungsweise auf den unteren Körperteil des blonden Mannes ziele und auch den Schuß abgegeben habe. Mir ist im übrigen bekannt, daß nicht die Hand, sondern die Hüfte getroffen worden ist.

RA Geu[len]:

Das heißt also, wenn Sie hinter dem Herrn Honke stehen, genauer sehen können, als der Herr Honke selbst durch sein Zielfernrohr. Das ist doch wohl die Logik daraus. Oder ist das falsch?

Vors.:

Das ist ja wohl keine Frage an den Herrn Zeugen, sondern Ihre Schlußfolgerung, die im übrigen, glaube ich, aus dieser Aussage nicht gezogen werden kann. Haben Sie eine Frage?

RA Geu[len]:

Ja, ich habe noch eine weitere Frage. Ich habe eben, Herr Zeuge, ausgerechnet ungefähr, daß die Abweichung zwischen einem Schuß auf etwa 75 Meter Entfernung, das war wohl die Angabe, die Sie machten oder 80 Meter, oder 80 bis 100 Meter, das ist jetzt auch nicht erheblich, daß die Abweichung im Winkel zwischen einem Schuß auf die Hand, die in der Hüftgegend liegt und auf das Herz. Ich habe da 50 cm angesetzt, etwa ein halbes Grad beträgt. Ein halbes Grad. Würden Sie trotzdem bei Ihrer Auffassung bleiben oder bei Ihrer Beobachtung oder bei Ihrer Wahrnehmung, daß der Herr Honke versucht hat, auf die Hand des blonden Mannes von dem Sie sprachen, zu schießen?

Zeuge Mü[ller]:

Ich kann nur bestätigen, daß meine Beobachtung mir diesen Eindruck vermittelt hat.

RA Geu[len]:

Aber das ist doch höchst unglaubhaft, Herr Zeuge. Das müssen Sie doch jetzt einfach sehen, daß Ihre Beobachtung doch kaum, bitte, das ist kein tatsächlicher Schluß, sondern das ist eine Frage im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit [jjj] des Zeugen, die ich dem Zeugen natürlich nicht selbst stellen kann. Wenn der Zeuge genauere Beobachtungen macht als der Schütze, der ausgebildete Schütze [8266] selbst durch sein Zielfernrohr. Obwohl er hinter dem Schützen steht in einer engen Küche.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich kann diese Fragen in dieser Form in der Tat nicht unbeanstandet lassen. Es ist nie vom Herrn Zeugen behauptet worden, er habe genauere Beobachtungen gemacht, sondern er hat gesagt, ich habe aus meinen Beobachtungen einen höchstpersönlichen Eindruck gewonnen. Er hat doch nie behauptet, daß er besser beobachtet habe als der Schütze ...

RA Geu[len]:

Nein, ich habe aber ...

Vors.:

Sie können also diese Prämisse für eine Frage doch nicht setzen ...

RA Geu[len]:

Bitte.

Vors.:

Sie können diese Prämisse für eine Frage nicht setzen, als habe der Zeuge behauptet, er habe bessere Beobachtungen gemacht.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, ich bitte genau dazu um’s Wort. Der Herr Rechtsanwalt hält dauernd vor, der Herr Zeuge, den wir hier haben, habe eine genauere Beobachtung von sich gegeben, als der Herr Honke seinerzeit, als er hier vernommen wurde. Dabei geht er von einer unrichtigen Voraussetzung aus, denn Herr Honke, der zwar die Hüfte getroffen hat, hat hier gesagt, daß er auf die Hand gezielt habe, die habe er im Visier gehabt.

Vors.:

Also auch im tatsächlichen, aber im übrigen bitte ich doch zu berücksichtigen, daß der Herr Zeuge immer nur von seinem persönlichen Eindruck gesprochen hat und nie behauptet hat, bessere Beobachtungen als der Schütze gemacht zu haben.

RA Geu[len]:

Ja, aber das ist eine Prämisse, die jeder Zeuge macht und die auch jedem Zeugen konzidieren müssen, denn dafür ist der Zeuge ja da, daß er seine persönlichen Beobachtungen wiedergibt.

Vors.:

Ja, Sie haben jetzt dem Herrn Zeugen mehrfach vorgehalten, daß wegen der geringen Abweichung zwischen, auf diese Entfernung zwischen Herz und Hand diese Beobachtung oder dieser Eindruck für Sie unglaubwürdig klinge. Herr Zeuge, wollen Sie darauf irgendwas antworten?

Zeuge Mü[ller]:

Nein.

RA Geu[len]:

Ich möchte gerne konkret vom Zeugen wissen, worauf er die Beobachtung stützt, das ist doch ganz einfach die [8267] Frage, die sich aufdrängt.

Vors.:

Ich weiß, es ist diese Frage mehrfach beantwortet worden, aber es hat hier keinen Sinn, daß wir das Spiel so treiben. Ich glaube, der Herr Zeuge ist imstande, das mit kurzen Worten zu erklären, nochmals.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Aber das ist dann wirklich eine wiederholte Wiederholung.

Vors.:

Das ist eine dreifache Wiederholung, ich gebe Ihnen vollkommen recht. Aber ich glaube, es vereinfacht die Prozedur hier, wenn wir die Frage beantworten lassen. Herr Zeuge bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender ...

Zeuge Mü[ller]:

Darf ich bitten, daß die Frage nochmal wiederholt wird.

Vors.:

Die Frage ging dahin, worauf Sie Ihre Beobachtungen stützen?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich bitte doch vorher einen Moment um’s Wort.

Vors.:

Nein, es ist jetzt eine Frage gestellt und ich bitte jetzt, die Antwort den Herrn Zeugen geben zu lassen.

RA Dr. He[ldmann]:

Dann bedauere ich, Sie beanstanden zu müssen. Wenn Sie Befragen durch einen Verteidiger als ein „Spiel“ bezeichnen. Ich beanstande das ausdrücklich. Und damit nicht Irrtum bei dem Herrn Zeugen durch eine solche Äußerung des Herrn Vorsitzenden hervorgerufen wird, dem Herrn Zeugen zur Information: Dies[kkk] ist eine Verteidigerbefragung und kein Spiel.

Vors.:

Ja, wenn ich den Ausdruck Spiel gebraucht haben sollte, dann ist das im Eifer des Gefechts geschehen. Es steckte keine Absicht dahinter. Also die Frage lautete schlicht und einfach, aufgrund welcher Beobachtungen Sie imstande gewesen sind, einen solchen Eindruck, wie Sie ihn geschildert haben, nämlich zielen auf die Hand, zu gewinnen?

Zeuge Mü[ller]:

Ich befand mich unmittelbar hinter dem Zeugen Honke, der den Schuß abgegeben hat. Ich habe mich darum bemüht, meinen Kopf relativ nah an ihn zu bringen und möglichst in eine ähnliche Richtung zu gucken wie er selbst. Insbesondere über die Zielrichtung in Richtung des Laufes. Und hieraus habe ich den Eindruck gewonnen, den ich geschildert habe, im übrigen haben wir uns auch in dieser Situation wiederholt unterhalten. Diese Frage ist mir vorhin bereits gestellt worden. Und es war für den Zeugen, das wurde aus seinen Äußerungen völlig deutlich klar, daß seine Aufgabe [8268] sei, einen gezielten Schuß möglichst auf die Waffe abzugeben, um den Mann angriffsunfähig zu machen.

RA Geu[len]:

Sie meinen eine neue Aussage, wenn ich das feststellen darf, denn das haben wir bisher noch nicht gehört 1. und 2. hat der Zeuge jetzt gesagt ... Herr Widera, ich darf noch gerade zu Ende kommen.

RA. Grigat verläßt um 14.56 Uhr den Sitzungssaal.

Hat der Zeuge jetzt gesagt, daß der Herr Honke wohl gesagt hätte, er solle oder daß man sich darüber verständigt habe, es soll auf die Waffe geschossen werden und nicht auf die Hand. Das ist auch wieder was anderes als eben. Eben war von der Hand die Rede.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich bitte, Sie haben jetzt die Möglichkeit Fragen zu stellen, wenn Sie dem Herrn Zeugen dazu den Vorhalt machen wollen ...

RA Geu[len]:

Ja, ich mache ihm den Vorhalt ...

Vors.:

... daß das eine neue Aussage ist, dann ist das zulässig. Aber jetzt Erklärungen[lll], die sich praktisch nach [§ ]257[ StPO][24] schon ausrichten, abzugeben, ist nicht der Platz.

RA Geu[len]:

Herr Vorsitzender, Sie haben eben, daran schließt sich das an, Sie haben eben gemeint, es sei eine Wiederholungsfrage und haben dann mit etwas großzügiger Geste zu Herrn Widera gesagt, wir können die Frage auch ein viertes Mal zulassen. Und das war jetzt immerhin eine neue Antwort auf eine Frage, die eigentlich auch von Ihnen hätte kommen können und daher meine Erklärung. Und mein Vorhalt ist jetzt der, Sie haben eben[mmm] von Hand gesprochen, auf die geschossen werden soll und jetzt von Waffe. Worauf sollte nun eigentlich geschossen werden. Das ist meine Frage oder mein Vorhalt.

Zeuge Mü[ller]:

Ich sehe hier zwar keinen Widerspruch, weil der Mann die Waffe in der Hand hielt. Aber es mag durchaus sein, daß die Formulierung gefallen ist, es solle möglichst auf die Waffe geschossen werden, durch den Zeugen Honke.

Der Angeklagte Raspe verläßt um 14.57 Uhr den Sitzungssaal.

RA Geu[len]:

Ich habe im Augenblick keine Fragen mehr.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Oberwinder.

[8269] RA Ob[erwinder]:

Herr Zeuge, Sie haben vorhin gesagt, Sie haben Aussagen gemacht über die Einsatzleitung, daß da Beamte des BKA, des LKA und wenn ich das richtig verstanden habe, auch was die Einsatzleitung der Frankfurter Polizei anbelangte, auch Frankfurter Polizeibeamte beteiligt waren. Ist das richtig oder habe ich das falsch verstanden?

Zeuge Mü[ller]:

Das ist richtig.

RA Ob[erwinder]:

Also das war aber wohl eine zentralisierte Einsatzleitung, also die ständig in Kontakt miteinander standen und die den Einsatz gemeinsam geleitet haben.

Zeuge Mü[ller]:

Nach meiner Erinnerung lag die Gesamtleitung dieses Einsatzes in den Händen eines Beamten des Bundeskriminalamtes. Teilaufgaben waren von Kräften des Landeskriminalamtes und den ihnen unterstellten Beamten zu erfüllen und weitere Teilaufgaben waren von allerdings sehr zahlreichen Beamten der Frankfurter Polizei zu erfüllen. Im Rahmen dieser Leitung haben Teilführungsfunktion auch Frankfurter leitende Beamte wahrgenommen.

RA Ob[erwinder]:

Ja und die Entscheidungskompetenz über die einzelnen taktischen Schritte, wie während des Einsatzes verfahren werden sollte, um das Ziel des Einsatzes zu erreichen, lag dann bei diesem einen Mann, der die Hauptverantwortung getragen hat.

Zeuge Mü[ller]:

Sie lag jedenfalls nicht bei mir und nicht bei Frankfurter Beamten.

RA Ob[erwinder]:

Als Sie dahingekommen sind, zum Einsatzort und sich von der Einsatzleitung informiert lassen haben, war das dann dieser Eine, von dem Sie eben gesprochen haben? Der Sie informiert hat?

Zeuge Mü[ller]:

Ich muß meine Aussage wiederholen, ich bin von mehreren am Ort befindlichen leitenden Beamten über die bisher stehende Lage und über die Entwicklung unterrichtet worden.

RA Ob[erwinder]:

Könnten Sie das etwas konkretisieren? Was Ihnen da gesagt worden ist. Also es war ja sicher nicht so, daß Ihnen nur gesagt wurde, daß sich in der Garage zwei Männer befinden, die bewaffnet sind und daß das Gelände abgeriegelt sei, sondern auch, welche Schritte man versucht haben und welche Schritte man gedenke zu unternehmen, um das Ziel zu erreichen?

Zeuge Mü[ller]:

Ich kann nicht mehr mit Sicherheit sagen, was mir im einzelnen berichtet worden ist. Soweit es aber um Einsatz- [8270] grundsätze ging, die hierbei erörtert worden sein mögen, verweise ich darauf, daß sich hierauf meine Aussagegenehmigung nicht erstreckt.

RA Ob[erwinder]:

Ja, das meine ich nicht. Also so, wie die Beweisaufnahme das bisher ergeben hat, war es ja nach den Aussagen der Beamten so, daß zunächst die Aufforderung erging, an die Personen in der Garage, sich zu ergeben und daß man sich dann entschlossen hat, Gasgranaten oder was immer das gewesen sein mag, in die Garage zu schießen.

Vors.:

Das hat der Zeuge im Zusammenhang mit seiner Darstellung auch schon ...

RA Ob[erwinder]:

Ja, ich wollte ... hier sind diese Sachen mit Ihnen, ist Ihnen das berichtet worden, als Sie da waren, daß man diese Versuche unternähme?

Zeuge Mü[ller]:

Nach meiner Erinnerung waren Teile der von Ihnen geschilderten Vorgehensweise bereits abgewickelt, als ich ankam. Insbesondere war bereits der Versuch gemacht worden, in die Garage Tränengaskörper hineinzuwerfen oder hineinzuschießen, um die Personen[nnn], die sich in der Garage befanden, zu veranlaßen, die Garage zu verlaßen.

RA Ob[erwinder]:

War dieses taktische Einsatzmittel zu diesem Zeitpunkt schon gescheitert?

RA. Grigat erscheint um 15.03 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Der Angeklagte Raspe erscheint wieder um[ooo] 15.03 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Mü[ller]:

Ich weiß nicht, ob das eine Tatsachenaussage ist. Ich kann mich nicht genau erinnern, ob[ppp] weitere[qqq] Versuche in meiner Anwesenheit gemacht worden sind.

Vors.:

Ja, es wäre natürlich, wenn Sie diesen Eindruck gewonnen hätten, daß das Mittel gescheitert wäre, die Frage nach einer inneren Tatsache, die auch zulässig ist. Die Antwort ist gegeben, Herr Rechtsanwalt.

RA Ob[erwinder]:

Ist mit Ihnen darüber gesprochen worden, seitens der Einsatzleitung, was die gedenkt zu unternehmen, nachdem der Versuch gescheitert war, die Personen mittels Tränengaskörper zur Aufgabe zu bewegen?

Zeuge Mü[ller]:

Ich habe hier keine exakten Erinnerungen mehr. Ich muß aber auch darauf hinweisen, daß die Entwicklung hier zum Teil recht hektisch im Fluß war, daß die Situation sich ständig veränderte. Es bestand nur relativ kurze Zeit [8271] jeweils, um mich über das, was geschehen war und was beabsichtigt war, zu unterrichten. Ich habe mich bemüht, die Führungskräfte nach Möglichkeit nicht von ihren eigentlichen Aufgaben abzuziehen.

RA Ob[erwinder]:

Herr Zeuge, Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Ich habe Sie gefragt, nachdem der Versuch gescheitert war zu diesem Zeitpunkt wohl, die Personen[rrr] mit Tränengasgranaten zur Aufgabe zu zwingen, was die Einsatzleitung sich überlegt hat, als nächsten Schritt, und ob Sie davon[sss] unterrichtet worden sind?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Sie setzten aber jetzt eine Prämisse, die der Herr Zeuge ja nicht bestätigt hat. Sie gehen davon aus, daß der Versuch tatsächlich als gescheitert angesehen worden wäre.

RA Ob[erwinder]:

Ich kann die Frage auch anders formulieren. Sind noch weitere Maßnahmen geplant worden, für den Fall, daß dieser Versuch scheitern würde und sind Sie darüber unterrichtet worden?

Zeuge Mü[ller]:

Das kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen, worüber ich im einzelnen vor Ende des Einsatzes unterrichtet worden bin. Ich muß Sie um Verständnis bitten, vieles, was geplant und beabsichtigt war, ist mir selbstverständlich hinterher in allen Einzelheiten gesagt worden und ich möchte ungerne diese beiden Dinge hier miteinander vermischen.

RA Ob[erwinder]:

Ich meine auch gar nicht Einzelheiten. Es gibt bestimmte Eskalationen der Mittel innerhalb eines solchen Einsatzes, wie es zum Beispiel zunächst die Aufforderung war, dann die Tränengasgranaten, wozu noch der Panzerwagen kam, offensichtlich um die Türen zu verschließen, und ich will nur ganz allgemein wissen, was als nächstes Einsatzmittel im Gespräch war?

Zeuge Mü[ller]:

Ich meine mich zu erinnern, daß ich bei der Schilderung zuvor bereits gesagt habe, daß der Sonderwagen, als er zum Einsatz kam, zunächst versucht hat, beide Türen der Garage zu verschließen, und nach meiner Erinnerung sollte hierbei oder hiernach erneut der Versuch unternommen werden, unter Benutzung von Tränengas die Aufgabe der beiden Personen in der Garage zu erreichen. Aber ich muß offen betonen, dies ist nur noch eine Erinnerung, die ich nicht mehr mit Gewißheit hier wiedergeben kann.

[8272] RA Ob[erwinder]:

Ist seitens der Einsatzleitung auch über Schußwaffengebrauch gesprochen worden, sind Anweisungen erteilt worden?

Zeuge Mü[ller]:

An solche Gespräche kann ich mich nicht erinnern. Abgesehen von dem, was ich hier bereits geschildert habe, über das Beschaffen des FN-Gewehres und die Möglichkeit der Abgabe eines Schußes aus der Wohnung, in der ich mich nachher befand.

RA Ob[erwinder]:

Ja, ist Ihnen bekannt, ob es da Anweisungen darüber gab, wie sich Beamte bei Schußwechsel zu verhalten haben? Oder wann überhaupt geschossen werden sollte?

Zeuge Mü[ller]:

Das ist mir im einzelnen nicht bekannt. Aber ich weiß, daß die Beamten die gesetzlichen Bestimmungen, die sie zu Waffengebrauch verpflichten, genau kennen.

RA Ob[erwinder]:

Heißt das, daß die Beamten jeweils von der Schußwaffe Gebrauch machen konnten während des Einsatzes, wann Sie es nach dem Gesetz über den unmittelbaren Zwang[25] für richtig hielten? Ohne sich mit der Einsatzleitung zu verständigen?

Zeuge Mü[ller]:

Diese Frage können Sie nicht an mich stellen. Da müssen Sie den Einsatzleiter fragen.

RA Ob[erwinder]:

Ja, ich frage ja nur, inwieweit Sie darüber unterrichtet sind?

Zeuge Mü[ller]:

Mir ist nicht bekannt, wieweit die übrigen Beamten eingewiesen worden sind, hinsichtlich des Schußwaffengebrauchs. Weil sie mir nicht unterstanden.

RA Ob[erwinder]:

Das heißt, es wurde auch am Anfang, als Sie zur Einsatzleitung gingen und sich über die Lage informiert haben, nichts darüber ausgesagt, was Schußwaffengebrauch anbelangt?

Zeuge Mü[ller]:

Ob es darüber Aussagen gegeben hat, kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen.

RA Ob[erwinder]:

Haben Sie denn selber, während des Einsatzes eine Waffe getragen?

Zeuge Mü[ller]:

Nein.

RA Ob[erwinder]:

Ich habe dann erstmal keine weiteren Fragen

RA. Dr. Heldmann spricht unverständlich.

Vors.:

Bitte, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, ich möchte zunächst Herrn Rechtsanwalt Schnabel den Vortritt geben, von ihm stammt der Beweisantrag, wenn er nicht von sich aus eine [8273] andere Reihenfolge wünscht. Herr Schnabel Sie sind damit einverstanden, daß Ihr Mandant zuerst zum fragen kommt.

RA Schn[abel]:

Bitte.

Vors.:

Herr Baader.

Angekl. Ba[ader]:

Ich wollte Sie nochmal fragen, Sie haben, wenn ich Sie richtig verstanden habe, drei Ausbruchversuche, beziehungsweise Versuche, wie Sie sagen, die Garage zu verlassen, haben Sie festgestellt, ja?

Zeuge Mü[ller]:

Nein.

Angekl. Ba[ader]:

Also wenn ich mich richtig erinnere, war es der Anfang Ihrer Aussage, dreimal hat dieser Mann, von dem Sie sprechen, versucht, die Garage zu verlassen.

Zeuge Mü[ller]:

Nein, ich glaube nicht, daß ich eine solche Aussage gemacht habe.

Angekl. Ba[ader]:

Doch, Sie sagten, wie schon vorher, dann schildern Sie diese Episode, wo der Panzerwagen vor der Garage steht, dann fährt der Panzerwagen weg. In der Zwischenzeit ist er wieder zurück in die Garage und dann sagen Sie wörtlich: „Kommt er geduckt, mit der Waffe im Anschlag, aus der Garage nochmal heraus“. Das wäre dreimal.

Zeuge Mü[ller]:

Nein, ich habe eine solche Aussage nach meiner Erinnerung nicht gemacht. Es mag mehrere solche Versuche gegeben haben. Ich selbst habe aber nach meinem Gedächtnis nur einen Versuch beobachtet, die Garage zu verlassen, wobei der blonde Mann ein Stück aus der Garage bereits heraus war. Und nach meinem Eindruck, nach meiner Erinnerung dabei Schüsse aus der Waffe abgegeben hat, daß er sich dann, als diese Schüsse erwidert wurden, in die Garage zurückgezogen hat, erneut nach vorne gekommen ist und daß in dieser Situation, als er dort verharrte, ein gezielter Schuß auf ihn abgegeben worden ist.

Angekl. Ba[ader]:

Das wäre zweimal.

Zeuge Mü[ller]:

Ich habe dabei dann geschildert, daß in dieser Situation der Sonderwagen davorstand und wohl die Position gewechselt hat, wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt. Insofern habe ich von dem Sonderwagen gesprochen ...

Angekl. Ba[ader]:

Moment ...

Zeuge Mü[ller]:

... verschiedene Versuche die Garage zu verlassen.

Angekl. Ba[ader]:

In welcher Situation hat der Wagen seine Position gewechselt? Genau, zeitlich? Also als der Mann sich zurück- [8274] gezogen hatte, wieder in der Garage war, oder ...

Zeuge Mü[ller]:

Das kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen. Ich habe nur von meiner Erinnerung gesprochen, daß meine Möglichkeit zu beobachten dadurch unterschiedlich war, weil während dieses Geschehensablaufs der Sonderwagen seine Position gewechselt hat.

Angekl. Ba[ader]:

Na ja, ich halte Ihnen hier nochmal vor. Der Polizist der geschossen hat, stellt das etwa so dar, ich fasse das mal zusammen ...

Vors.:

Belegstelle bitte, Herr Baader.

Angekl. Ba[ader]:

Na ja von 4231 unten, und dann weiter. Der konstatiert schon bei seinem Eintreffen keine Situation der Konfrontation, sondern ...

Vors.:

Herr Baader, ich bitte Sie um wörtlichen Vorhalt. Wenn Vorhalte gemacht werden, nicht Ihre eigene Auslegung.

Angekl. Ba[ader]:

Das ist ein bißchen mühevoll, weil es über 10 Seiten geht und weil es durch die Bank den Aussagen von Müller widerspricht, was der Zeuge sagt, der geschossen hat. Ich kann das natürlich machen, dann beantrage ich jetzt:

Daß Sie hier verlesen lassen, die Aussage des Zeugen Honke.

Daß Sie also den Polizeipräsidenten Müller ...

Vors.:

Sie haben jetzt das Fragerecht und nicht das Antragsrecht.

Angekl. Ba[ader]:

... konfrontieren mit der Aussage des Zeugen Honk.

Vors.:

Herr Baader, versuchen Sie es, wir wollen es mitverfolgen, aber geben Sie immer die Seitenzahl an, auf die sich jeweils der Vorhalt gründet.

Angekl. Ba[ader]:

Befinden Sie doch bitte über den Antrag.

Vors.:

Über welchen Antrag.

Angekl. Ba[ader]:

Den Polizeipräsidenten Müller mit der Aussage des Schützen zu konfrontieren. Und zwar mit der ...

Vors.:

Nein, Herr Baader, ich sagte Ihnen schon, Sie haben jetzt die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Sie haben dazu auch das Recht, Vorhalte zu machen ...

Angekl. Ba[ader]:

Was heißt das, daß ich den Antrag nicht stellen kann jetzt.

Vors.:

Ich habe den Antrag abgelehnt. Es wird jetzt nicht verlesen.

[8275] Angekl. Ba[ader]:

Na ja, ohne Senatsbefragung wiedermal.

Vors.:

Das ist Sache zunächst des Vorsitzenden.[26]

Angekl. Ba[ader]:

Na ja, es ist doch lächerlich. Aber ...

Vors.:

Herr Baader, bitte unterlassen Sie solche Bemerkungen, fahren Sie doch in aller Ruhe in Ihrem Fragerecht fort.

Angekl. Ba[ader]:

Na ja, dann werde ich, gut Sie sagen also, es sei das Ziel des Tränengaseinsatzes gewesen, die beiden in der Garage dazu zu veranlassen, daß Sie die Garage [ttt] verlassen. Das haben Sie gesagt?

Zeuge Mü[ller]:

Ja.

Angekl. Ba[ader]:

Und als dann, Ihrem Eindruck nach, der Versuch gemacht wurde, von diesen beiden Leuten, die Garage zu verlassen, möglicherweise oder wahrscheinlich aufgrund des Tränengaseinsatzes, wurde geschossen, sagen Sie?

Zeuge Mü[ller]:

Ich habe, glaube ich, keine solche Aussage gemacht. Das Ziel war, die in der Garage befindlichen Personen zur Aufgabe zu veranlassen und zwar in der Weise, wie das durch Lautsprecherdurchsagen wiederholt erfolgt ist, die ich teilweise selbst gehört habe und die mir, soweit sie vor meiner Ankunft lagen, berichtet worden sind, und die sinngemäß besagten, daß die in der Garage befindlichen Personen ihre Waffen ablegen und unbewaffnet die Garage verlassen sollten.

Angekl. Ba[ader]:

Wissen Sie, können Sie einfach nochmal hier schildern etwa die Lage, wie sie sich Ihnen dargestellt hat, als Sie zu dem Einsatzort kamen? Das heißt also, als Sie einen Überblick hatten über die Situation. Wie war das Verhältnis ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Ja.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich möchte die Frage beanstanden. Der Herr Zeuge hat zu Beginn seiner Schilderung im ganzen daraufhin schon[uuu] Antwort erteilt. Er hat wiederholt Antwort erteilt, auf einzelne Fragen die ... hat er, diese, genau dieses Thema betreffen. Und schließlich möchte ich dazu bemerken, daß Herr Baader alle seine Fragen, die er bisher gestellt hat, jeweils so stellt, daß es nur zu Wiederholungen kommt. Es ist [vvv] noch nichts, aber auch noch gar nichts Neues gewesen. Ich bin nur nicht dazwischengegangen und habe das beanstandet, weil ich mir dachte, das sei jetzt das Vorgeplänkel, bis er sich dann zu neuen Fragen entwickelt. Aber [8276] jetzt meine ich, müßte eigentlich Schluß sein damit.

Vors.:

Also generell habe ich ja schon wiederholtermaßen daraufhingewiesen, daß man gegenüber Prozeßbeteiligten, die in der Ausübung des Fragerechts weniger erfahren sind, gewisse Rücksichten nehmen kann. Hier, Herr Baader, ist es, was Sie fordern, eine glatte Wiederholung der Schilderung des Herrn Zeugen. Sie ist nicht zulässig.

Angekl. Ba[ader]:

Na ja, ich werde Ihnen mal kurz erklären, warum sie mir wichtig erscheint ...

Vors.:

Herr Baader eine Wiederholung mag Ihnen schon wichtig erscheinen. Aber es gibt eben nun nicht die Möglichkeit, ständig bei Befragungen Wiederholungen herauszufordern, um das geht es.

Angekl. Ba[ader]:

Vielleicht möchte ich einen Aspekt der Lagebeurteilung von Herrn Müller hier hören oder ausarbeiten, der hier bisher nicht gekommen ist.

Vors.:

Ja, wenn Sie einen speziellen Punkt haben, da können Sie selbstverständlich mit Fragen drauflosgehen.

Angekl. Ba[ader]:

Ja, ich würde gerne was über, also es[www] steht - ich halte Ihnen mal vor - es steht im Bericht zur Festnahme, des Leiters der Fahndung der Sonderkommission Baader-Meinhof, also des zentralen Stabes, daß die Vorbereitung dieses Einsatzes einbezog die Ausarbeitung von Plänen, für die möglichen Variationen des[xxx] Zugriffs.

Vors.:

Bitte die Belegstelle.

Angekl. Ba[ader]:

Hofeckweg, Band 1, Seite 7.

Vors.:

Das wäre dann also der Ordner 87, wenn ich es recht sehe oder 88.

Angekl. Ba[ader]:

Das steht hier nicht drauf.

Vors.:

Bitte formulieren Sie daraus die Frage. Wir wollen es gleich überprüfen, aber knüpfen Sie mal die Frage dran.

Angekl. Ba[ader]:

Ja, es geht noch weiter, dazu[yyy] wird dann auch das Schaffen günstiger örtlicher Voraussetzungen, das heißt, die Frage ist an Sie, ob für irgendeinen der Beamten am Ort auf irgendeine Weise der Zusammenhang bewaffneter Leute in dieser perfekten Falle, einer vollständig abgeriegelten Garage, irgendeine Gefahr für Leib und Leben bestanden haben kann. Das ist die Frage. Und dazu, erlauben Sie, dazu vielleicht noch kurz, vorbereitet worden ist die Festnahme von diesem zentralen Stab, der zu dieser Zeit die Einsatzbefugnis hatte, über sämtliche [8277] Polizeibeamten in der Bundesrepublik, 8 Tage lang. Das geht soweit, daß da steht: „Das[zzz] Schaffen günstiger, örtlicher Voraussetzungen ...“ Da würde ich also auch nochmal zum Beispiel daran erinnern, daß buchstäblich das ganze gesamte Gelände abgedeckt war durch getarnte Torfmullballen, also eine künstliche Festungs- oder Deckungssituation geschaffen wurde ...

Vors.:

Herr Baader, Sie verfallen wieder in Ihre alte Gefahr ...

Angekl. Ba[ader]:

Ja, ja das ...

Vors.:

Daß Sie hier Monologe anspinnen. Bitte, ich gebe Ihnen die Gelegenheit, daß Sie Voraussetzung für Ihre Fragen schaffen, durch Erläuterungen. Aber bitte kommen Sie jetzt zum Kern Ihrer Frage. Der Herr Zeuge muß erkennen, was Sie eigentlich wissen wollen von ihm.

Angekl. Ba[ader]:

Nochmal. Bestand für irgendjemand, außer den Leuten, die in dieser Garage, Gefahr? An diesem Ort?

Vors.:

Sie meinen außer den Leuten in der Garage?

Angekl. Ba[ader]:

Außer den beiden Leuten in der Garage, vorm Panzerwagen.

Vors.:

Ob sonst eine Gefahr ...

Angekl. Ba[ader]:

Die Leute vor dem Panzerwagen, in diese vollständig geschlossene Garage, umzingelt von meines Wissens 450 Polizisten mit Maschinenpistolen, in Deckung.

Vors.:

Es kann nur darum gehen, ob Sie konkrete Beobachtungen gemacht haben. Können Sie diese Frage beantworten. Also sie geht dahin, ob für die Personen, die sich nicht in der Garage, in der verschlossenen Garage aufgehalten hatten, nach Ihren Beobachtungen eine Gefahr bestanden hätte, in der damaligen Situation?

Zeuge Mü[ller]:

Ich habe keine eigenen Beobachtungen[aaaa] insoweit gemacht. Ich habe nur geschildert, daß wir wiederholt selbst unsere Kräfte aufgefordert haben, und wir auch aufgefordert worden sind, uns in Deckung zu begeben, weil eine Gefährdungssituation gegeben war oder eintreten konnte.

Angekl. Ba[ader]:

Ja, wie hätte die denn aussehen können? Also haben Sie eine Vorstellung davon, wie diese Situation hätte aussehen können? Ich halte Ihnen nochmal vor, eine Garage, die einen Eingang hat. Vor dieser Garage steht ein Panzer. Ein gepanzertes Fahrzeug, das mit Pistolenkugeln auf keinen Fall, die mit Pistolenkugeln auf keinen Fall einen Kratzer zuzubringen ist. Dieser Panzer ist bewaffnet mit einem Maschinengewehr MG-42 und MG-3, heißt das jetzt. Dieses Ma- [8278] schinengewehr folgt den beiden Leuten, die in der Garage sich aufhalten, jeden Zentimeter ihrer Bewegung. Sind also permanent von diesem Maschinengewehr verfolgt. Das ist auf eine Distanz von, sagen wir mal, 70 cm bis 2 Meter.

Vors.:

Darf ich vielleicht Herrn Baader gleich[bbbb] auffordern, Herr Baader die Frage knüpfen, ob der Herr Zeuge das beobachtet hat, was Sie gerade von dem MG behaupten.

Angekl. Ba[ader]:

Nein, ich schildere ihm die Situation und ich frage ihn jetzt, ob ...

Vors.:

Der Herr Zeuge kann Ihnen nur aufgrund eigener Beobachtungen, Herr Baader, nur aufgrund eigener Beobachtungen Antwort geben. Folglich müssen Sie vorausfragen, ob der Herr Zeuge Beobachtungen zu dem Punkt gemacht hat, den Sie dann erfragen wollen.

Angekl. Ba[ader]:

Der Herr Zeuge hat doch hier den Eindruck erweckt, als hätte Gefahr bestanden und zwar nicht nur für andere Polizeibeamte, sondern auch für ihn. Das klingt doch aus seiner Aussage hervor.

Vors.:

Der Herr Zeuge hat davon gesprochen, daß die Insassen, beziehungsweise die zwei Männer in der Garage Pistolen in der Hand gehabt hätten und geschossen hätten, seiner Beobachtung nach. Und jetzt Herr Baader, was wollen Sie dem Herrn Zeugen entgegenhalten.

Angekl. Ba[ader]:

Na, ich würde gerne wissen, welcher Art die Gefahr gewesen sein kann. Seiner Einschätzung nach, die von diesen beiden Männern in dieser Situation ausgehen. Und für wen?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich beanstande die Frage. Die Frage, zuletzt konkret, wie sie zuletzt konkret gestellt wurde, ist bereits beantwortet. Der Vorhalt, der davor kam, der die erneute Frage vielleicht rechtfertigen könnte, war unrichtig. Denn in dieser Beweisaufnahme ist bisher nicht zu Tage getreten, daß ein Maschinengewehr, das auf diesem Sonderfahrzeug dagewesen sei, ständig jede Bewegung beider Insassen verfolgt habe.

Vors.:

Ja, aber das habe ich ja bereits Herrn Baader gesagt, daß, wenn er aus dieser Behauptung heraus Fragen herleiten wolle, dann soll er doch zuerst den Herrn Zeugen fragen, ob er das beobachtet hat. Im übrigen geht die Frage zusammen- [8279] fassend dahin, welche Gesichtspunkte der Herr Zeuge gehabt habe, um zu sagen, es hätte eine Gefährdungssituation eintreten können, beziehungsweise die bestand schon. Wir wollen dem Herrn Zeugen die Gelegenheit geben, das vielleicht in aller Kürze nochmals zu skizzieren.

Zeuge Mü[ller]:

Dieser Eindruck entstand durch das seitherige Verhalten der beiden Männer in der Garage und des dritten Mannes, der ja nach einer Schußabgabe, so war mir berichtet worden, geflüchtet war. Es war von den Männern in der Garage von der Schußwaffe, nach meiner Erinnerung, so war mir berichtet worden, Gebrauch gemacht worden und es war keineswegs auszuschließen, daß die Personen in der Garage auch über Sprengkörper verfügen könnten, die sie zur Entzündung bringen könnten.

Angekl. Ba[ader]:

Ja aber, na ja, Sie haben gesagt, seitherige Verhalten. Was bedeutet das? Das seitherige Verhalten, was ist das?

Vors.:

Der Herr Zeuge hat jetzt im einzelnen erläutert, welche Gesichtspunkte ihn bewogen haben, diese Antwort zu geben. Was wollen Sie jetzt zusätzlich wissen, Herr Baader.

Angekl. Ba[ader]:

Na er sagt, einer der Gründe[cccc] sei das seitherige Verhalten dieser Männer.

Vors.:

Der Herr Zeuge hat erklärt, es sei ihm berichtet worden, es sei bereits von den Zweien in der Garage von der Schußwaffe Gebrauch gemacht worden. Außerdem die Gefahr ...

Angekl. Ba[ader]:

Nein, nein ...

Vors.:

... [dddd] es nicht auszuschließen gewesen, daß Sprengstoff ...

Angekl. Ba[ader]:

... Er hat gesagt, nach meiner Erinnerung, zuerst und dann hat er gesagt, es sei ihm berichtet worden.

Vors.:

Ja, dann sind doch die Einzelheiten angegeben, die den Herrn Zeugen zu dieser Angabe bewogen haben ...

Angekl. Ba[ader]:

Na ja aber ...

Zeuge Mü[ller]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Bitte wollen Sie noch etwas ...

Zeuge Mü[ller]:

Gestatten Sie mir eine Erläuterung. Es war nicht meine Beurteilung der Lage, die zu den Vorsichtsmaßnahmen Anlaß gegeben hat, sondern ich war einer von vielen am Geschehensort anwesenden Personen und wurde wie andere aufgefordert, mich in Deckung zu begeben. Es kam also gar nicht darauf an, [8280] wie ich die Gefahrsituation beurteile.

Angekl. Ba[ader]:

Sie gehörten also nicht zur Einsatzleitung.

Vors.:

Herr Baader, meine Güte, also da muß ich nun wirklich sagen, das hat der Herr Zeuge hinreichend beantwortet, na weil der Zeuge Honke aussagt, er gehört zur Einsatzleitung, Herr Müller nämlich.

Vors.:

Der Herr Zeuge hat bereits die Antwort auf diese Frage, die Sie jetzt stellen, gegeben. Wenn Sie einen Vorhalt aus der Aussage Honke machen wollen, zitieren Sie die Belegstelle und dann wird Ihnen das ...

Angekl. Ba[ader]:

Dann muß ich etwas suchen, dann machen Sie bitte drei Minuten Pause ...

Vors.:

Das machen wir nicht. Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Der Angeklagte Baader kann [eeee] sich das Suchen ersparen. Herr Honke hat das nicht gesagt.

Angekl. Ba[ader]:

Doch, doch, das werden Sie gleich hören.

Vors.:

Ja, das wird sich ja zeigen. Sind im Augenblick weitere Fragen zu stellen ...

Angekl. Ba[ader]:

Ja, ja.

Vors.:

Ja, Herr Baader, wenn Sie weitere Fragen haben, bitte. Herr Baader, ich bitte Ihre Fragen zu stellen, sonst ist nämlich ob eine andere Wortmeldung da, die könnten wir dann dazwischenschieben, dann können Sie suchen, was Sie finden wollen.

Angekl. Ba[ader]:

Ja, machen Sie das erstmal.

Vors.:

Bitte Herr Rechtsanwalt Oberwinder.

RA Ob[erwinder]:

Ich bin der Ansicht, daß der Herr Zeuge die Frage von Herrn Baader zuletzt gar nicht richtig verstanden hat, nämlich der Vorhalt war ja inhaltlich ... ging dahin, daß die Aktion die zur Festnahme führte, soweit vorbereitet war, daß sich wirklich die Frage stellt, ob überhaupt unter diesen Bedingungen während der ganzen Aktion über einen der Polizeibeamten, anwesenden Polizeibeamten überhaupt jemand die Situation einer Gefährdung bestand. Die Frage ist in der Form nicht beantwortet worden.

Vors.:

Mehrfach, ich würde es auch so beurteilen, der Herr Zeuge kann aber vielleicht in der Zwischenzeit dazu noch eine Bemerkung machen.

Zeuge Mü[ller]:

Ich glaube ich kann dem was ich gesagt habe, nichts hinzufügen.

[8281] Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Auf Frage des Herrn Kollegen Geulen haben Sie, Herr Zeuge, vorhin angegeben, Sie hatten, und zwar bei Abgabe, also beim Schuß des Herrn Honke, Sie hatten dabei den Eindruck, daß Honke entweder auf die Hand, und dann sagten Sie, beziehungsweise auf den unteren Körperteil gezielt hat. Würden Sie bitte erläutern, was an dieser Stelle der Ausdruck „beziehungsweise“ aussagt? Auf[ffff] die Hand, beziehungsweise den unteren Körperteil.

Zeuge Mü[ller]:

Ich konnte nicht mit völliger Sicherheit sagen, weil ich nicht durch das Zielfernrohr sehen konnte, wohin genau die Waffe gerichtet war. Ich wollte damit beschreiben, in welchem Bereich nach meinem Urteilsvermögen, nach meinem Erkenntnisvermögen die Waffe gerichtet war. Ich habe den Ausdruck „in den unteren Körperbereich“ wohl gebraucht, um deutlich zu machen, daß etwa ab Hüfthöhe nach unten hin die Waffe gerichtet war, nach meinem Urteilsvermögen, meinem Erkenntnisvermögen.

RA Dr. He[ldmann]:

Richtig verstanden, akustisch richtig verstanden: Ab Hüfthöhe die Waffe nach unten gerichtet. Habe ich Sie richtig verstanden?

Zeuge Mü[ller]:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Nach unten gerichtet. Danke. Haben Sie selbst den ... zu dem Vorhaben des Herrn Honke, auf Herrn Baader zu schießen, sich gegenüber Herrn Honke irgendwie geäußert?

Zeuge Mü[ller]:

Wir haben uns unterhalten über die Situation, in der die beiden Männer in der Garage sich befanden und über die Aktion, die zu erwarten waren. Und wir haben uns auch über die Möglichkeit der Verhinderung eines bewaffneten Ausbruchs unterhalten und wie dies möglicherweise verhindert werden könne.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie haben also nicht konkret, direkt gesprochen von Schußabgabe durch Herrn Honke auf Herrn Baader?

Vors.:

Mehrfach beantwortet.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich möchte es gerne genau wissen, bitte. Die Antwort ist wahrscheinlich rasch gegeben mit einem Ja oder Nein.

Zeuge Mü[ller]:

Auch über diese Möglichkeit ist gesprochen worden. Ich habe ja geschildert, daß ich teilgenommen habe an der Situation, bei der diese Frage zunächst im Hofeckweg erörtert wurde, die Waffe beschafft wurde und der Zeuge Honke mit [8282] der Waffe in die Wohnung ging und ich ihn dabei begleitete.

RA Dr. He[ldmann]:

Jetzt haben Sie gesagt über diese Möglichkeit ist gesprochen worden. Ich wollte aber bitteschön genau wissen, mit meiner Frage, haben Sie mit Herrn Honke darüber gesprochen?

Zeuge Mü[ller]:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Ah ja, danke. Ist aus dieser Wohnung, sie wird in den früheren Zeugenaussagen als Wohnung „Bös“ bezeichnet, also wohl nach dem Namen des Wohnungsinhabers, ist aus dieser Wohnung auch von anderen Personen geschossen worden?

Zeuge Mü[ller]:

Nach meiner Erinnerung, nein.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen bekannt, daß dieser Schußabgabe, von der wir hier sprechen, eine Strafanzeige gegen den Schützen erstattet worden ist?

Vors.:

Was hat das nun im Verfahren, Herr Rechtsanwalt, gegen Herrn Baader zu bedeuten? Inwieweit wollen Sie hier die Wahrheitsermittlung in Bezug auf den Anklagegegenstand fördern?

RA Dr. He[ldmann]:

Zunächst, Ihre Gegenfrage auf meine Frage an den Herrn Zeugen trägt mir wohl an, wenn ich Sie richtig verstanden habe, daß ich ein Teil des Plädoyers oder vielleicht der Beweiswürdigung hier vorwegnehme.

Vors.:

Gar nicht. Ich habe zu beurteilen, ob eine Frage zulässig ist und eine Frage, die nicht sachdienlich wäre, kann nicht zugelassen werden. Deswegen möchte ich mich nach der Sachdienlichkeit dieser Frage erkundigen, mehr nicht. Da bedarf es keines Plädoyers.

RA Dr. He[ldmann]:

Die Frage mag zu einem sachdienlichen Ergebnis führen unter[gggg] dem Aspekt, um den sich hier der Hauptteil dieser Zeugenanhörung dreht, ob unter den damals und dort gegebenen Verhältnissen Schußwaffengebrauch, den gezielte Schuß auf Herrn Baader rechtens war, insbesondere also, ob er notwendig war oder ob er etwa willkürlich war.

Vors.:

Das erste ist falsch. Es dreht sich hier nicht hauptsächlich um diese Frage. Sie mögen so betrachten. Der Beweisantrag ist Ihnen vorgelesen worden. Es dreht sich hier darum, festzustellen, wie sich Herr Baader verhalten hat. [8283] Aber selbst unter dem Aspekt, den Sie hier erwähnen, möchte ich Sie fragen, was dabei [hhhh] die Frage über[iiii] die[jjjj] Rechtmäßigkeit des Schusses, dann unbedingt auf die Frage der Strafanzeige gegen den Herrn Zeugen, [kkkk] in der Richtung der Rechtmäßigkeit bringen soll. Eine Strafanzeige ist doch darüber noch kein schlüssiger Anhaltspunkt.

RA Dr. He[ldmann]:

Nun, bejahendenfalls wäre doch sicher, das können Sie doch voraussehen, meine nächste Frage gewesen, was das Schicksal dieser eventuellen Strafanzeige geworden ist. Dann kämen wir der Thematik schon, die ich anziehe, schon erheblich näher.

Vors.:

Gut, wenn Sie also fragen, ob gerichtliche Schritte etwa gegen den Schützen eingeleitet worden sind und ob es da zu einer Verurteilung gekommen ist, ob das dem Herrn Zeugen bekannt ist, dagegen wäre nichts einzuwenden.

RA Dr. He[ldmann]:

Wollen Sie meine Frage also nicht zulassen. Ich frage nämlich, ob eine Strafanzeige erstattet worden ist.

Vors.:

Die Strafanzeige wird nicht viel bringen, aber es ist mir zu langwierig, mich jetzt da weiter mit Ihnen darüber zu unterhalten. Strafanzeige kann jeder, auch noch so unberechtigt stellen.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Die Frage ist zugelassen.

RA Dr. He[ldmann]:

Aber was soll das denn heißen ...

Vors.:

Die Frage ist zugelassen ...

RA Dr. He[ldmann]:

Eine Strafanzeige kann nicht viel bringen ... Daß[llll] Strafanzeige gegen Polizeibeamte nichts bringen, wissen wir alle. Aber[mmmm] warum unterbrechen Sie damit meine Zeugenbefragung, mit diesen Allgemeinplätzen.

Vors.:

Darf ich Sie bitten, die Frage lautet, ob Sie ...

RA Geu[len]:

Herr Vorsitzender, Sie müssen ...

Vors.:

Die Frage lautet, ob Sie ... ich bitte Sie jetzt, Herr Rechtsanwalt Geulen, daß jetzt die Frage, die gestellt worden ist, beantwortet werden kann.

RA Dr. He[ldmann]:

Darum bitte ich ja schon die ganze Zeit.

Zeuge Mü[ller]:

Ich weiß das nicht mit Sicherheit, aber ich glaube, mich zu erinnern, daß darüber gesprochen worden ist, daß eine solche Anzeige damals eingegangen ist. Aber eine sichere Erinnerung habe ich nicht.

Ende des Bandes 461.

[8284] RA Dr. He[ldmann]:

Habe ich aus Ihrer Antwort zu schließen, daß Sie über das Schicksal dieser Strafanzeige also nichts sagen können?

Zeuge Mül[ler]:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Danke. Ich hab im Moment keine Fragen mehr, wobei, Herr Vorsitzender, damit wir uns vielleicht solche Diskussionen ersparen können, ich Sie an Ihre alten Worte erinnern darf, die Sie mir um 2.00 Uhr auf den Tisch legen ließen, nämlich:

Soweit eine Ausdehnung des Beweisthemas erreicht werden soll, steht der Zeuge zu Fragen zur Verfügung. Aber eben haben Sie mir das verwehren wollen.

Vors.:

Das stimmt. Das bezieht sich erstens natürlich auf sachdienliche Fragen, nicht auf jede Frage.

Und außerdem darf ich Sie drauf hinweisen:

Der Hauptgegenstand ist im Beweisantrag enthalten gewesen, der verlesen wurde. Das war Anlaß für das Gericht, den Herrn Zeugen zu laden.

Herr RA Oberwinder, ich darf darauf hinweisen, ...

RA Dr. He[ldmann]:

Dann hab ich also noch einen Beweisantrag zu stellen.

Vors.:

... ich darf darauf hinweisen:

Die Angeklagten melden sich schon mehrfach zu Wort. Ich möchte also vorschlagen, daß Sie sich abstimmen, wer von Ihnen jetzt zuerst weiter das Fragerecht ausübt. Sollte Herr Baader inzwischen fündig geworden sein, wäre es vielleicht nicht schlecht, diesen Vorhalt zu machen, den er vorhatte.

Prof. Dr. Azzola verläßt um 15.33 Uhr den Sitzungssaal.

Angekl. Baa[der]:

Ja, ein Vorhalt wäre, daß der Zeuge Honke aussagt.

Vors.:

Wo bitte, Herr Baader? Belegstelle.

Angekl. Baa[der]:

Bl. 4.252.

Vors.:

4.252 wird gesagt. Bitte schön.

Angekl. Baa[der]:

Sie hätten die Anweisung gegeben, das Zielfernrohr zu holen - wörtlich:

Er sagt: „Nein, das hat er nicht angeordnet“.

Also da wird gefragt, ob Sie angeordnet hätten, daß das Zielfernrohr geholt wird und da sagt Honke: „Nein, das hat er nicht [8285] angeordnet. Ich bin dort hingegangen hier, um zu fragen, ob überhaupt irgendwie ein Zielfernrohr vorhanden ist, wenn ja, daß sie mir das dann zur Verfügung stellen“.

Und dann fragt RA Schnabel: „Und was haben die Herren dann, der Herr Polizeipräsident und der Einsatzleiter dann darauf geantwortet, wenn Sie da gefragt haben? Die werden doch irgend etwas gesagt haben.“

Und dann sagt Honke: „Ja, die haben dann einen der jüngeren Kollegen dann beigeholt, und der wurde weggeschickt und kam dann mit dem Gewehr mit dem Zielfernrohr zurück.“

Vors.:

Gut, Herr Baader, der Vorhalt ist richtig.

Angekl. Baa[der]:

Es geht noch weiter. Jetzt kommt es.

Vors.:

Bloß weise ich Sie darauf hin:

Es geht hier also um den Herrn Polizeipräsidenten plus Einsatzleiter nach der Aussage Honke.

RA Dr. He[ldmann] (spricht zunächst unverständlich):

... noch dabei. Ich verstehe nicht, daß Sie also mit so etwas schon wieder die Befragung durch Herrn Baader unterbrechen. Steht nicht dort, Herr Polizeipräsident ...

Angekl. Baa[der]:

Die nächste Frage ist, ...

Vors.:

Augenblick ...

Angekl. Baa[der]:

Die nächste Frage ...

Vors.:

Augenblick ...

Angekl. Baa[der]:

Erlauben Sie ...

Vors.:

Augenblick. Ich muß das richtigstellen:

Es ist völlig unnötig, daß Sie sich darüber erregen. Es ist der Vorhalt gemacht worden, der Herr Polizeipräsident habe nach der hier zitierten Stelle die Anweisung gegeben ...

Angekl. Baa[der]:

Ja, ich bin ja noch nicht fertig.

Vors.:

... und nur deswegen weise ich darauf hin.

Es muß eben der Vorhalt korrekt gemacht werden.

Bitte schön. Fahren Sie fort, Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

Dann sagt der RA Schnabel: „Ja, dann ging doch also die Anweisung wohl, wenn ich es recht deute, vom Polizeipräsidenten aus?“

Und dann sagt der Zeuge Honke: „Ja, ich konnte ja nicht dem jüngeren Kollegen jetzt ... ich wußte ja gar nicht, ob an dem Ort [8286] so was vorhanden war.“ Der jüngere Kollege war nämlich ein jüngerer Kollege von Herrn Honke.

„Ich mußte ja den zunächst erst mal fragen: Ist denn so was da. Und als ich diesen Wunsch vorgebracht habe, daß man also von da aus nun mit einem Gewehr etwas unternehmen könnte, wurde der junge Kollege weggeschickt ...“, nämlich, würde ich sagen, nach dem Zusammenhang, der sich hier ergibt von Herrn Müller.

Vors.:

Das ist kein Inhalt des Vorhalts „weggeschickt, eines zu holen, und er kam dann mit diesem Gewehr zurück.“

So lautete also die Passage dieses Zeugen.

Jetzt bitte die Frage.

Angekl. Baa[der]:

Ja, können Sie das vielleicht nochmals aus Ihrer Sicht darstellen? Wie war das denn nun genau mit dem Zielfernrohr? Wie war denn Ihre Initiative dabei? - oder Beteiligung.

Zeuge Mül[ler]:

Der Zeuge Honke berichtete das, was er beobachtet hatte und erklärte, von seiner Position aus könne er mit einer bestimmten Art von Gewehr, wenn die Voraussetzungen gegeben seien, wenn es unabwendbar notwendig sei, einen Schuß abgeben.

Seine Pistole, mit der er wohl bewaffnet war, wenn ich mich recht erinnere, reiche hierzu nicht aus. Das sei zu gefährlich, von einer solchen Entfernung aus mit einer Pistole zu schießen. Es ist darüber gesprochen worden, ob eine Waffe der Art, wie er sie beschrieb - nach meiner Erinnerung ein FN-Gewehr mit Zielfernrohr - bei der Frankfurter Polizei vorhanden sei. Es wurde dann durch Umfrage sehr schnell geklärt, daß es solche Waffen bei uns gab, und dann ist dort angeordnet worden, diese Waffe solle möglichst schnell herbeigeschafft werden. Nach meiner Erinnerung habe ich in dieser Frage keine Anordnung gegeben. Aber es ist durchaus möglich, daß ich hierauf eingewirkt habe.

Angekl. Baa[der]:

Herr Müller, eingewirkt? -

Erinnern Sie sich an Zeitungsberichte, nach denen Sie höchstpersönlich - wörtliche Formulierung - den Befehl gegeben haben sollen, zu schießen?

[8287] Zeuge Mül[ler]:

Ich hab’s nicht verstanden, Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

Ob Sie sich an Zeitungsberichte erinnern, nach denen Sie „höchstpersönlich“ hinter dem Schützen knieend - höchstpersönlich wörtlich, die Formulierung - den Befehl zum Schießen gegeben haben sollen?

Vors.:

Haben Sie dafür eine Unterlage, Herr Baader, die dazu dienlich wäre?

Angekl. Baa[der]:

Nicht mehr, aber ... -

RA Dr. He[ldmann]:

Ich glaube nicht, daß es darauf ankommt. Die Frage ist, ob der Herr Zeuge sich daran erinnert?

Angekl. Baa[der]:

Ja, treffen sie zu diese Zeitungsberichte?

Zeuge Mül[ler]:

Bitte?

Vors.:

Ob diese Zeitungsberichte der Wahrheit entsprechen, daß Sie die Anordnung zum Schießen gegeben haben sollen.

Zeuge Mül[ler]:

Nein. Herr Vorsitzender, wenn ich das erläutern darf?

Vors.:

Bitte, gerne.

Zeuge Mül[ler]:

Mir ist insbesondere ein Bericht der „Bildzeitung“ vom 3. Juni 1972 bekannt - der liegt mir hier vor.

Prof. Dr. Azzola erscheint um 15.37 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Die „Bildzeitung“ gibt hier eine entsprechende Frage an mich wieder und gibt darauf auch wieder eine Antwort, die ich angeblich auf diese Frage gegeben haben soll. Dem sorgfältigen Betrachter wird nicht entgehen, daß Frage und Antwort, die dort zusammenhängend wiedergegeben werden, nicht zusammenpassen. Ich habe damals dem Reporter der „Bildzeitung“ auf seine Frage - ich darf sie wörtlich zitieren:

„Sie haben den Befehl zum entscheidenden Schuß auf Baader gegeben. War das eine schwere Entscheidung?“,

daß ich eine Antwort auf diese Frage ausdrücklich abgelehnt habe. Er hat mir dann eine andere Frage gestellt, an deren Inhalt ich mich nicht mehr genau erinnere. Die Antwort, die ich auf diese Frage gegeben habe, ist in der „Bildzeitung“ im Anschluß an die Frage, die ich nicht beantwortet habe, wiedergegeben.

[8288] Ich habe damals davon abgesehen, diesen Fehler der Berichterstattung richtigzustellen.

Angekl. Baa[der]:

Warum?

RA Geu[len]:

Können Sie die Antwort heute geben?

Vors.:

Es wird gebeten, daß Sie vielleicht, da Sie ja dieses Blatt hier haben, die Antwort, die sich anknüpft an die Frage, hier noch zitieren können.

Zeuge Mül[ler]:

Wenn das meine Aufgabe ist, werde ich das gerne tun.

Vors.:

Wir wären durchaus interessiert.

[nnnn]

Zeuge Mül[ler]:

„Müller:

Ich bin mit zwei Beamten, die mit einem Scharfschützengewehr (FN-Büchse mit Zielfernrohr) ausgerüstet waren, in eine angrenzende Wohnung gegangen, um den übrigen Beamten Feuerschutz geben zu lassen.“

RA Geu[len]:

Und das haben Sie gesagt wörtlich, ja? Nur auf ne andere Frage - Entschuldigung, wenn ich unterbreche.

Zeuge Mül[ler]:

Ob ich diese Formulierung wörtlich gebraucht habe, weiß ich heute nicht mehr mit Sicherheit. Das Ende dieser Formulierung erweckt allerdings Zweifel bei mir, weil das nicht meine Aufgabe gewesen ist - ich hab das wiederholt dargestellt - da ich keinerlei Leitungsfunktion ausgeübt habe, Feuerschutz geben zu lassen. Es war Aufgabe der eingesetzten Beamten, gegebenenfalls einen Schuß abzugeben, um ein bewaffnetes Ausbrechen zu verhindern.

Vors.:

Weitere Fragen bitte?

Angekl. Baa[der]:

Ja, ich verstehe nicht, warum Sie das nicht berichtigt haben, denn das steht ja nun in einem sehr starken Gegensatz zu dem, was Sie hier sagen.

Nach dieser Aussage haben Sie einem gepanzerten Wagen mit einem Maschinengewehr und ungefähr 350 mit Maschinenpistolen bewaffneten und zum Teil mit Panzerwesten ausgerüsteten Leuten Feuerschutz geben lassen, und in diesem Zusammenhang haben Sie jemanden anschießen lassen - nämlich mich - ...

Vors.:

Herr Baader, bitte unterlassen Sie jetzt solche Dinge.

Angekl. Baa[der]:

Ja, das alles enthält doch diese Aussage.

Vors.:

Der Herr Zeuge hat nicht gesagt, er habe jemanden in diesem Zusammenhang anschießen lassen. Das sind Ihre privaten Auslegungen. Sie müssen korrekte Vorhalte machen, wenn Sie das verwenden, was der Herr Zeuge angegeben hat.

[8289] Angekl. Baa[der]:

Moment mal, dann doch bitte ganz konkret.

Es waren nach der Aussage Honke in der Wohnung drei Leute in dem Raum: der Schütze - also Honke -, der jüngere Kollege, der das Gewehr geholt hat, und Müller.

Vors.:

Und jetzt die Frage.

Angekl. Baa[der]:

Und Müller ist nach Honke der Mann, das werd ich ihm nachher noch nachreichen, der Mann von der Einsatzleitung, den Honke ja gerne dabei haben wollte.

Vors.:

Was wollen Sie jetzt dann fragen?

RA Dr. He[ldmann]:

Die Frage ist doch schon gestellt.

Angekl. Baa[der]:

Ich habe auf einen Widerspruch hingewiesen und frage Herrn Müller nach diesem Widerspruch.

RA Dr. He[ldmann]:

Die Frage ist konkret gestellt.

Angekl. Baa[der]:

Er definiert diese Situation in der „Bildzeitung“ oder nach der[oooo] „Bildzeitung“ als Feuerschutzgeben, und aus dieser Konstellation heraus wurde ja auch [pppp] geschossen. Er stellt nun die Entscheidungsabläufe so dar, daß das alles vollkommen in der Hand dieses einen Mannes lag, des Beamten des BKA. Der Beamte sagt:[qqqq]

„Müller war der Mann von der Einsatzleitung.“

Vors.:

Und jetzt möchte ich die Frage wissen.

Angekl. Baa[der]:

Und zu der „Bildzeitung“ sagt Müller, er sei der Mann, der Feuerschutz gegeben hätte, obwohl er selbst nicht bewaffnet war. Also kann er das doch nur sozusagen befehlsweise über den bewaffneten Beamten getan haben.

Vors.:

Also das ist weder ein korrekter Vorhalt noch eine verständliche Frage. Ich möchte Sie jetzt bitten, klar zu erklären, was Sie den Herrn Zeugen gefragt haben wollen.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich möchte kurz um das Wort bitten und daran erinnern, daß Herr Baader die Frage bereits eingangs gestellt hat. Die Frage lautete und daran, nämlich an die Frage, einen Vorhalt geknüpft hat, der notwendig war, um die Frage voll bewußt zu machen. Die Frage lautete:

Warum haben Sie bei so schwerwiegendem Widerspruch zwischen diesen Äußerungen, die die „Bildzeitung“ als die Ihren wiedergegeben hat und Ihren heutigen Zeugenaussagen jene Äußerungen nicht berichtigt oder berichtigen lassen?

Vors.:

Das ist eine Frage, die kann beantwortet werden. Bitte sehr.

[8290] Zeuge Mül[ler]:

Dieser Bericht der „Bildzeitung“ mit wörtlichen Äußerungen von mir steht neben anderen Berichten, die Unvollständiges oder Unzutreffendes über die Vorgänge berichtet haben. Ich hab in der damaligen Situation es nicht für bedeutungsvoll genug gehalten, hier mit einem Berichtigungsverlangen zu kommen, zumal man den Satz, wenn man ihn liest, auch so verstehen kann, daß die Beamten, die sich mit dem FN-Gewehr in die Wohnung begaben, den Auftrag hatten, Feuerschutz zu geben. Es waren zwei, drei Worte in einer Formulierung, und es hätte sicherlich eine lange Auseinandersetzung in dieser Frage gegeben.

Richtig ist, daß ich auch nicht versucht habe, bei der „Bildzeitung“ zu erreichen, daß man auf eine Frage, auf die ich eine Antwort abgelehnt habe, eine Antwort abgedruckt hat, die ich auf eine andere Frage gegeben habe. Aber jeder, der im Umgang mit Presseerzeugnissen erfahren ist, weiß, wie mühsam es ist, hier eine Richtigstellung zu verlangen. Ich habe hier reichhaltige Erfahrungen und scheue solche Aufwendungen.

Vors.:

Bitte sehr.

Angekl. Baa[der]:

Also Sie sind der Ansicht, Sie haben den Begriff Feuerschutz nicht gebraucht? Sie haben das nicht gesagt: „Feuerschutz“? Das ist nicht Ihre Formulierung, und Sie haben der „Bildzeitung“ gegenüber diesen Begriff „Feuerschutz“ nicht verwendet?

Vors.:

Der Herr Zeuge hat zu diesem Punkt eine Antwort gegeben, Herr Baader:

Er habe aufgrund dieser letzten Zeile mit dem Wort „Feuerschutz“ Zweifel, sich so geäußert zu haben; aber er könne schließlich nicht sicher ausschließen, ob das nicht eine jedenfalls nahezu wörtliche Aussage von ihm gewesen sei.

Angekl. Baa[der]:

Ja. Aber das hab ich ihm doch grade erklärt:

Wenn das so ist, wenn das eine nahezu wörtliche Aussage war, dann steht sie in einem enormen Gegensatz zu dem, was er hier seit 1 ½ Stunden aussagt.

Vors.:

Wenn sie gewesen wäre, stünde sie dazu - das ist theoretisch richtig.

[8291] Angekl. Baa[der]:

Dann kann das also sein, daß der Polizeipräsident eben entweder jetzt die Unwahrheit sagt oder damals der „Bildzeitung“ gegenüber die Unwahrheit gesagt hat, und das kann er nicht ganz klarstellen.

RA Dr. He[ldmann]:

An den Herrn Zeugen ... -

Vors.:

Jetzt die Frage bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Das ist ein Vorhalt an den Herrn Zeugen gewesen.

Vors.:

Vorhalte sind keine Fragen, Herr Rechtsanwalt.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, aber ein Vorhalt ...

RA Geu[len:]

(spricht unverständlich dazwischen).

RA Dr. He[ldmann]:

... Vorhalte sind Vorhalte. Dazu ist Stellung zu nehmen. Vorhalte dienen vornehmlich dazu, Widersprüche aufzudecken.

Vors.:

Dann muß zumindest die Frage angeknüpft werden, können Sie sich dazu äußern? Es ist eine Frage gewünscht.

Angekl. Baa[der]:

Also dann frage ich, Herr Müller:

Haben Sie die Unwahrheit gesagt?

RA Geu[len]:

Sie geben sich mit ... (spricht weiter unverständlich).

Vors.:

Herr RA Geulen, soweit ich unterrichtet bin ...

RA Geu[len:]

(spricht weiter unverständlich dazwischen).

Vors.:

... Herr RA Geulen, soweit ich unterrichtet bin, sind Sie Verteidiger von Frau Ensslin.[27] Im Augenblick hat Herr Baader das Fragerecht.

Angekl. Baa[der]:

Ich frage ...

Vors.:

Darf ich Sie bitten, sich an das zu halten, daß Herr RA Dr. Heldmann Verteidiger ...

Angekl. Baa[der]:

Herr Prinzing, ...

Vors.:

... von Herrn Baader ist.

Angekl. Baa[der]:

Angesichts dieses Widerspruchs frage ich Sie jetzt nochmals:

Wann haben Sie dann also die Unwahrheit gesagt? Gegenüber der „Bildzeitung“ oder hier?

Vors.:

Das ist zwar eine Frage, die in ihrem Inhalt kränkend sein könnte, aber ich nehme an, daß Sie trotzdem die Antwort geben möchten.

Zeuge Mül[ler]:

Aber sicherlich.

Ich habe während dieses Einsatzes keinerlei Leitungsbefugnisse ausgeübt. Ich habe den Befehl, von der Schußwaffe Gebrauch zu [8292] machen, in dieser oder in anderen Situationen während dieses Einsatzes nicht gegeben. Ich habe der „Bildzeitung“ auf eine entsprechende Frage ausdrücklich keine Antwort gegeben.

Ich habe auf eine andere Frage eine Formulierung gebraucht, die rückblickend betrachtet möglicherweise mißverständlich ist; ich habe damals aber auch der „Bildzeitung“ gegenüber keineswegs bestätigen wollen, daß durch mich diese Maßnahmen angeordnet worden sind.

Angekl. Baa[der]:

Gut. Waren Sie der Ansicht, Herr Müller, daß dieser Schuß, dieser gezielte Schuß, zu diesem Zeitpunkt das geeignete Mittel ist, um das Einsatzziel zu erreichen?

Vors.:

Es geht also hier auch wieder um eine innere Tatsache, die an sich beantwortet werden kann grundsätzlich.[28] Es ist natürlich die Frage, ob sie sachdienlich zur Aufklärung des Verhaltens des Anklagevorwurfs gegen Herrn Baader ist.

Ich würde bitten, wenn Sie die Antwort geben können; sie ist im weitesten Bereich dahin wohl zu verstehen, daß die Frage eines Notwehrrechtes hier mitschwingt,[29] denn nur ein rechtmäßiger Schuß könnte ...

Angekl. Baa[der]:

Das ist eine falsche Interpretation.

Vors.:

Was wollen Sie dann mit der Frage erreichen, wenn Sie das erläutern wollen?

Angekl. Baa[der]:

Ja, soll ich Ihnen das länger erklären? Soll ich Ihnen erklären ...

Vors.:

Nein, nicht länger, möglichst ...

Angekl. Baa[der]:

... daß z. B ... -

Nein, ich würde sagen, daß Herr Müller, der von Herrn Honke begriffen wurde als jemand von der Einsatzleitung, durch sein stillschweigendes Einverständnis mit diesem Schuß, mit dieser Methode des Eingreifens es auch legitimiert hat. Und das ist ja irgendwie nicht neu, daß 1972 in der Stadt, in der dieser Mann da Polizeipräsident ist und war, Aufkleber existierten, die in Streifenwagen angebracht worden sind und die von sehr vielen Leuten gesehen worden sind, mit Bildern von mir und Ulrike, auf denen stand: „Tot oder lebendig“. Das ist auch inzwischen weitgehend durchgesetzt und verstanden worden ...

[8293] Vors.:

Gut, Herr Baader. Jetzt bitte.

Angekl. Baa[der]:

Lassen Sie mich bitte ausreden.

Vors.:

Nein, nein. Also wir wollen jetzt nicht ...

Angekl. Baa[der]:

... der Begriff dieser gesamten Fahndung nur eigentlich nicht ... keine polizeilichen Fehler hatte in dem Sinn oder so, wie sie eigentlich traditionell definiert worden sind, sondern daß man es richtig bestimmt, daß das Einsatzziel in diesem Fall konkret - aber auch in vielen andern Fällen - die Vernichtung des Gegners ist.

Vors.:

Also die Frage ging dahin, ob Sie in Ihrer Funktion damals Erkenntnisse erlangt haben, daß es nicht darum ging, die Betroffenen in der Garage festzunehmen, sondern Sie zu vernichten?

Angekl. Baa[der]:

Nein, das hab ich nicht gefragt.

Vors.:

Herr Baader, dann formulieren Sie aber jetzt nach dieser Einleitung bitte die Frage, die Sie stellen wollen.

Angekl. Baa[der]:

Ich hab gefragt, ob Sie glauben, daß zu diesem ... oder ob Sie den Eindruck hatten, daß ... oder ob Sie der Ansicht sind, daß zu diesem Zeitpunkt dieser gezielte Schuß auf den ... auf diesen Mann in der Garage das geeignete Mittel war, um das Einsatzziel zu erreichen?

Vors.:

Was verstehen Sie denn für ein Einsatzziel?

Angekl. Baa[der]:

Naja, das Einsatzziel, das polizeiliche Einsatzziel wäre wahrscheinlich die Festnahme; das militärische Einsatzziel war ... wäre wahrscheinlich oder war wahrscheinlich oder möglicherweise die Vernichtung des Gegners.

Vors.:

Dann bitte ich, zunächst die Vorfrage zu beantworten: Was war das Einsatzziel?

Zeuge Mül[ler]:

Soweit mir bekannt, war das Einsatzziel, die drei Insassen des Pkws festzunehmen. Als ich ankam, war die Festnahme des einen bereits erfolgt ...

Angekl. Baa[der]:

Das kann nicht sein.

Zeuge Mül[ler]:

... die Festnahme der beiden anderen stand noch aus.

Vors.:

Und jetzt ist die ...

Angekl. Baa[der]:

Erlauben Sie, daß ich korrigiere?

Das kann nicht sein, denn dieser Einsatz ist vorbereitet worden zehn Tage lang. Wie gesagt:

[8294] „Permanente konspirative ...“

- ich halte Ihnen mal die Latte vor -

„Permanente konspirative Überwachung des Objekts mit dem Ziel des exekutiven Zugriffs, das verdeckte Unterbringen von Kriminalbeamten im und in der Umgebung des späteren Festnahmeorts, die Ausarbeitung von Plänen für die möglichen Variationen des Zugriffs, das Schaffen günstiger Voraussetzungen, das Auswechseln des in der Garage befindlichen Sprengstoffes und die Stillegung des Motors des Pkws in der Garage und die Ermittlungen.“

An Kräften standen Beamte der regionalen Sonderkommission des hessischen LKAs, der Observationsgruppe des hessischen LKAs sowie der Regierungspräsidenten Darmstadt und Kassel, des BKAs und der Sicherungsgruppe zur Verfügung.

Vors.:

Und jetzt die Frage, Herr Baader, bitte. Sie haben jetzt ausreichend zitiert.

Angekl. Baa[der]:

Also es kann sich nicht beziehen allein auf die Verhaftung von diesen drei Leuten in dem Pkw, wie sie da möglicherweise ankamen, sondern es ist ja ein längerfristig konzipierter polizeilicher Einsatz gewesen.

Vors.:

Jetzt lassen wir den Herrn Zeugen eine Antwort geben, wiewohl Sie im Augenblick Ihre ... [rrrr]

Angekl. Baa[der]:

Es war ...

Vors.:

... Ansicht von den Dingen wiedergegeben haben und keine Frage gestellt haben. Aber ich nehme an, Sie haben das, was die Frage bedeuten soll, verstanden.

Zeuge Mül[ler]:

Ich hoffe, ich habe es verstanden.

Ich möchte betonen, daß ich, da ich ja keine Leitungsfunktion ausgeübt habe und auch nicht voraussehbar war, ob Frankfurter Kräfte hierbei eingesetzt werden müßten mit Teilaufgaben, bis zu dem Moment, wo ich über den bereits laufenden Einsatz unterrichtet worden bin, über die getroffenen Maßnahmen und die taktischen Vorbereitungen in keiner Weise unterrichtet war.

Angekl. Baa[der]:

Also hab ich das richtig verstanden:

Sie waren in keiner Weise informiert?

Vors.:

Ja, Sie haben richtig verstanden.

[8295] Angekl. Baa[der]:

Wissen Sie, woher ... wie das Fernsehteam, das da am Ort war, wie das informiert wurde?

Vors.:

Ob Sie wüßten, wie ein Fernsehteam, das in der Tat am Ort gewesen ist - das ist gerichtsbekannt, weil ja damals dann Berichte im Fernsehen erschienen sind mit Filmaufnahmen - wie das an den Ort gerufen worden ist?

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann das nicht sagen ...

RA Geu[len] (spricht zunächst unverständlich):

... eine Tatsache, Herr Vorsitzender. Entschuldigung.

Vors.:

Sie ist gerichtsbekannt, weil damals Gerichtspersonen diese Berichte selbst gesehen haben, und Herr RA Geulen, Sie waren noch nicht am Prozeß beteiligt, als wir hier diesen ganzen Film in Gegenwart der Herrn Verteidiger damals angesehen haben, um daraus Rückschlüsse zu ziehen, ob die Aufführung im Saale notwendig wäre. Es ist gerichtsbekannt.

RA Geu[len]:

Wenn es aber ... Beweisaufnahme gewesen, Herr Vorsitzender.

RA Dr. He[ldmann] (dazwischen):

Also ich hab den Film ...

RA Geu[len]:

Das ist etwas anderes als gerichtsbekannt.

Vors.:

Gerichtsbekannt - das muß bekanntlich nicht Gegenstand der Beweisaufnahme sein, eben weils gerichtsbekannt ist.[30]

RA Geu[len]:

... anders als Gegenstand der Beweisaufnahme. Das ist eben was, was au... der Beweisaufnahme.

Vors.:

Es ist gerichtsbekannt, habe ich gesagt und nicht Gegenstand der Beweisaufnahme gewesen.

Bitte, die Frage ging also dahin, ob Sie wüßten, aufgrund welcher Umstände hier nun ein Fernsehteam parat war.

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe mit dem Reporter mich über diese Frage unterhalten und habe mir nachher auch Vorwürfe machen lassen müssen von anderen Vertretern von Massenmedien, zum Teil in Kommentaren, daß offenbar hier doch eine undichte Stelle - solche Vermutungen sind geäußert worden - bestanden haben, so daß der Hessische Rundfunk von diesem Einsatz Kenntnis gehabt habe, ehe die anderen Massenmedien nach Beginn des Einsatzes unterrichtet worden sind.

Der Reporter hat meiner Erinnerung nach damals erläuternd erklärt, er habe einen Hinweis bekommen eines anderen Mitar- [8296] beiters des Hessischen Rundfunks, daß er Polizeifahrzeuge, die mit Blaulicht und Sondersignal durch die Stadt gefahren seien, sich zu einem bestimmten Einsatzort begeben haben, und er habe sich dann als, wenn ich mich nicht irre, freier Kameramann an diesen Einsatzort begeben.

Wie es ihm gelungen ist, durch die Kette der Absperrung durch die Beamten zu kommen, das entzieht sich meiner Kenntnis.

Vors.:

Herr Baader, weitere Fragen?

Angekl. Baa[der]:

Ja. Nochmals zur Leitungsfunktion.

Vors.:

Zu was für einer Funktion?

Angekl. Baa[der]:

... Leitungsfunktion.

Sie haben vorhin wörtlich die Formulierung gebraucht, Sie hätten sich bemüht ... Sie hätten sich da lediglich bemüht, Führungskräfte nicht abzuziehen. Das haben Sie gesagt.

Zeuge Mül[ler]:

Ja.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender.

Vors.:

Bitte?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Meines Erachtens hat der Herr Zeuge gesagt: nicht abzulenken.

Vors.:

Nein, ich glaube, abzuziehen ist es korrekt gewesen.

Angekl. Baa[der]:

Ja, also setzt das nicht sozusagen auch die Kompetenz voraus, Führungskräfte abziehen zu können? Ist da nicht implizit eine Leitungsfunktion?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe mehr einen tatsächlichen Vorgang gemeint. Ich habe gemeint, daß es unvernünftig ist, wenn in einer schwierigen Situation jemand, der eine Lage und die Entwicklung einer Situation nur beobachtet, diejenigen, die unmittelbare Leitungsaufgaben zu erfüllen haben, für sich beansprucht, damit er noch besser unterrichtet wird, als dies durch den eigenen Augen- und Ohrenschein geschehen kann.

Angekl. Baa[der]:

Das hab ich eben nicht ganz verstanden. Können Sie das zuletzt nochmals wiederholen bitte? Ich hab das nicht ganz verstanden akustisch.

Nein? - Naja, dann gut.

Vors. (zu RA Dr. Heldmann)[ssss]:

Vielleicht werden Sie ihm helfen und ihn kurz informieren.

RA Dr. Heldmann informiert den Angeklagten Baader über die letzten Ausführungen des Zeugen Müller.

[8297] Vors.:

Ja so lang war nun der Schlußteil der Antwort nicht.

Angekl. Baa[der]:

Ja, ich hab es jetzt verstanden.

RA Dr. He[ldmann] (spricht zunächst unverständlich):

... verständlich, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Ich glaube, es war auch verständlich, was der Herr Zeuge gesagt hat.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, Sie wissen doch, Herr Baader hat’s akustisch nicht verstanden.

RA Geu[len] (spricht zunächst unverständlich):

... länger in Haft sitzt ... hört man manchmal was schlechter, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Herr Baader, bitte.

Angekl. Baa[der]:

Ja, dann nochmals:

Mir ist das irgendwie unverständlich. Da sind also Polizeikräfte, und zwar mit verschiedener Qualifikation, auch sozusagen die Eliteeinheiten der Polizei sind da eingesetzt worden, haben das 8 Tage lang vorbereitet, haben da umgebaut, haben da observiert, und das alles ist Ihnen als Polizeipräsident von Frankfurt ... in Frankfurt ist Ihnen verborgen geblieben?

Vors.:

Die Antwort ist längst gegeben. Der Herr Zeuge hat gesagt, er sei von den Vorbereitungen nicht unterrichtet worden. Ich lasse ...

Angekl. Baa[der]:

Ja dann ...

Vors.:

... die Frage auch in dieser nur scheinshalber andern Form nicht zu.

Angekl. Baa[der]:

Ja gut. Dann will ich das doch mal feststellen:

Gut, er sagte, er hat’s nicht gewußt. Aber wie geht es denn nun weiter? Nun kommt er an diesen Einsatzort, wo also diese Armee sich aufgebaut hat mit ihren verschiedenen Rängen.

Vors.:

Von einer Armee war nirgends die Rede, Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

Und nun kommt der Mann - als Vorhalt - nun kommt der Mann, der diese ganze Sache zum Ende bringt, nachdem da also 500 Schüsse abgegeben worden sind oder wieviel, mit einem ganz gezielten Schuß auf den Mann, und der schlendert so an diesem Polizeipräsidenten, der da arglos rumsteht, ran und sagt: Den nehm ich mir, der ist vollkommen ahnungslos. Der geht jetzt mir mir da rauf und guckt mir über die Schulter völlig beziehungslos.

Vors.:

Frage: Welche Frage wollen Sie daran knüpfen?

[8298] Angekl. Baa[der]:

Das ist doch die Darstellung, die hier gegeben wird.

Vors.:

Ja, die Darstellung müssen Sie hinnehmen.

Herr Baader, wenn Sie glauben, daß Sie an der Darstellung irgend etwas auszusetzen haben, dann können Sie in dieser Richtung neue Beweisanträge stellen. Sie können sich erklären nach § 257 StPO;[31] Sie haben die Möglichkeit eines Plädoyers. Aber Sie können jetzt nicht irgendwelche Reden halten.

Angekl. Baa[der:]

(spricht unverständlich weiter).

Vors.:

Herr Baader, sind Sie jetzt bitte im Augenblick still, wenn ich spreche.

Sie haben jetzt die Möglichkeit nicht, Reden zu halten, [tttt] mit denen Sie die Auffassung, die Sie von der Zeugenaussage gewonnen haben, wiedergeben, sondern Sie haben nur die Möglichkeit, Fragen zu stellen, eventuell Vorhalte zu machen. Wenn Sie jetzt nicht dieses Fragerecht in der korrekten Form - gelernt haben könnten Sie’s inzwischen im Verfahren - ausüben, dann kann ich Sie nicht weiterfragen lassen. Nehmen Sie das als ernste Warnung.

RA Dr. He[ldmann]:

Was heißt das, ernste Warnung?

Angekl. Baa[der]:

Ja, was hab ich ...

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, das versteh ich nicht, die Drohung, ernste Warnung.

Vors.:

Ich glaube, meine Sprache ist verständlich; was ich gesagt habe, ist auch verständlich. Herr RA Dr. Heldmann, wenn Sie Begriffsschwierigkeiten in dieser Form haben, ist es nicht meine Sache ...

RA Dr. He[ldmann]:

Durch Ihre Terminologie hab ich allerdings öfters Begriffsschwierigkeiten.

Vors.:

Das mag sein.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich versteh z. B. nicht, wie Sie jetzt den Angeklagten ernsthaft verwarnen, weil er sich nach Ihrer Auffassung nicht imstande gesehen hat, Fragen nach Ihrem Gusto zu stellen.

Vors.:

Es ist jetzt das Fragerecht gegeben. Herr Baader kann das Fragerecht weiter ausüben.

Herr Baader, bitte.

[8299] Angekl. Baa[der]:

Naja, das fällt auf, Herr Prinzing, daß Sie natürlich genau dann sich erregen, wo wirklich deutlich die Unglaubwürdigkeit Ihres Zeugen hier deutlich wird.

Vors.:

Es ist nicht mein Zeuge - ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen -, sondern ein Zeuge der Verteidigung ...

Angekl. Baa[der]:

Naja, den Polizeipräsidenten, den Sie zu schützen haben ...

Vors.:

Herr Baader, ich möchte Sie jetzt ...

Angekl. Baa[der]:

... vor seinen Widersprüchen.

Vors.:

Es ist töricht, was Sie hier äußern und es nützt nichts.

Bitte, fahren Sie mit Ihrem Fragerecht fort.

Angekl. Baa[der]:

Ich wollte Sie nochmals fragen nach der Stimmung unter den Polizeibeamten zum Zeitpunkt der Festnahme.

Vors.:

Sie wollen präzisieren?

Angekl. Baa[der]:

Ja, nach der Stimmung, der Situation, dem Klima bei der Festnahme.

Vors.:

Wenn Sie’s etwas näher präzisieren wollen, Herr Baader ...

Angekl. Baa[der]:

Naja, es taucht verschiedentlich - ich müßte das jetzt raussuchen - es taucht verschiedentlich auf, in der Aussage z. B. von Klaus, das ist dieser Sicherungsgruppemann - es taucht hier in der Aussage dieses Leiters der Fahndung auf immer die Ermahnung, sich bestimmter Emotionen zu enthalten.

Vors.:

Ja, gut. Das ist eine Präzisierung.

Ob [uuuu] also irgendwelche Emotionen in den Beamten geweckt worden sind, Herr Baader. So ist wohl die Frage gemeint.

Angekl. Baa[der]:

Nein, ich frage nur mal nach der Stimmung jetzt.

Vors.:

Ja was heißt: nach der Stimmung? Das ist zu allgemein.

Angekl. Baa[der]:

Also sagen wir mal ... - also gut, nach den Emotionen der Polizei.

Vors.:

Sind Sie imstande, die Stimmung Ihrer eigenen Beamten zu beurteilen?

Zeuge Mül[ler]:

Ich glaube, das ist sehr schwierig.

Vors.:

Jetzt bitte, Herr Baader, also präzisieren Sie’s doch.

Angekl. Baa[der]:

Also ich frage nach den Emotionen der Polizei, der Polizisten in diesem Einsatz ...

Vors.:

... ob Emotionen vorhanden gewesen seien?

Angekl. Baa[der]:

Es müssen welche vorhanden gewesen sein, weil ausdrücklich darauf hingewiesen wird.

[8300] Vors.:

Herr Baader, Sie sollen nicht Feststellungen treffen, sondern einen Zeugen können Sie nur fragen, also: ob Emotionen vorhanden gewesen seien bei den Polizeibeamten.

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann darüber kein Urteil abgeben; ich hab auch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Ich weiß nur, daß die Beamten in dieser Situation sehr gelassen und sehr sachdienlich gehandelt haben, daß sie frei von Panik waren.

Vors.:

Weitere Fragen, Herr Baader?

Angekl. Baa[der]:

Ja, dem entspricht aber die Feststellung des Beamten Klaus, der diesen Einsatz mitgeleitet hat, nicht. Der stellt also fest, daß er z. B. Beamte, die u. a. den Verletzten und aber auch die beiden anderen Festgenommenen erheblich geschlagen haben, daß er da dafür sorgen mußte, daß er dazwischentreten mußte nach der Festnahme, daß das nicht passiert.

Vors.:

Wo steht das?

Angekl. Baa[der]:

In der Aussage von Klaus, die ich jetzt natürlich nicht hier habe, die in dem Aktenordner ist, aber die ich ...

Vors.:

Herr Baader, dann müssen Sie Ihre Vernehmung besser vorbereiten. Also da sind wir etwas skeptisch mit solchen Vorhaltungen, wissen Sie.

So kann ich’s nicht zulassen. Wenn Sie uns die Belegstelle nicht angeben ...

Angekl. Baa[der]:

Naja, Sie wissen doch ...

Vors.:

... gibt’s keinen Vorhalt in dieser Richtung.

Angekl. Baa[der]:

Na, Sie wissen doch, daß es eine Strafanzeige gibt, Herr Prinzing - gab -, in deren Zusammenhang lange ermittelt worden ist über die Folterungen, also die Versuche, Aussagen zu erpressen - das ist wohl der korrekte Begriff in diesem Zusammenhang - nach der Festnahme, und zwar von Holger Meins[32] und von Jan hier.

Und das schildern ja nun wirklich ganz unbeteiligte Leute - auf der einen Seite Verletzungen, Schreie -, und es schildern Ärzte Verletzungen usw. ... Das alles, sagen Sie, Herr Müller, ist ganz emotionslos und sachlich vor sich gegangen.

Vors.:

Also das wird wohl als Vorhalt zu verstehen [vvvv] gewesen sein, damit Sie Ihre Aussage nochmals überprüfen sollen, [8301] ob Sie bei der Aussage bleiben können, daß die Beamten nach Ihren Beobachtungen gelassen gewesen sind, wie Sie’s vorhin schilderten.

Zeuge Mül[ler]:

Ja, Herr Vorsitzender, ich weiß nicht, ob ich Herrn Baader richtig verstanden habe. Es ist sicher schwer, ein Urteil über die Stimmung einer großen Zahl von Menschen abzugeben. Bisher war ich aber der Meinung, es geht um die Situation, deretwegen ich hier als Zeuge geladen bin, nämlich unmittelbar vor der Festnahme von Herrn Baader und Herrn Meins, und insofern glaubte ich, meinen Eindruck wiedergeben zu können, wie die Verfassung der eingesetzten Beamten war. Das, was Herr Baader nun schildert, bezieht sich auf Vorgänge, die sich angeblich nach der Festnahme abgespielt haben sollen, wenn ich ihn richtig verstanden habe.

Hier ist mir bekannt, daß es aufgrund von Angaben von Herrn Meins und von Herrn Raspe ein Ermittlungsverfahren gegeben hat gegen Beamte, die mindestens teilweise mir unterstellt waren. Nach meinem Gedächtnis ist das Ermittlungsverfahren inzwischen eingestellt worden. Ich bin mir dabei aber nicht sicher. Es werden dort Vorwürfe ... sind dort Vorwürfe erhoben worden, daß Meins und Raspe mißhandelt worden sein sollen nach der Festnahme. Ich bin nicht imstande, hierüber ein Urteil abzugeben, das über das hinausgeht, was im Ermittlungsverfahren festgestellt worden ist.

Angekl. Baa[der]:

Nein, es war eine indirekte Frage.

Es geht nochmals um die Situation überhaupt dort, denn wie es sich jetzt darstellt, ist es ja ein Beamter, der von niemandem ... also ein relativ einfacher Beamter, er ist ja nicht mal Kommissar, der also diesen Schuß in eigener Kompetenz und Verantwortung, von niemandem beauftragt, gefüllt, beeinflußt, abgegeben hat - der Zeuge Honke.

Und nun geht es mir einfach darum, mal festzustellen, ob da vielleicht so’n Konsens bestand, so’n ganz bestimmter: Diese Leute da knallen wir vielleicht mal jetzt wirklich ab; jetzt haben wir sie endlich, jetzt knallen wir sie vielleicht mal ab. Und daß Sie einer dieser Leute waren, die diesen Konsens getragen haben, denn Sie waren da oben in diesem Raum, aus dem dieser Schuß fiel, als Beispiel, und Sie sind ja [8302] z. B. nicht dagegen eingeschritten. Sie haben ja nicht sozusagen - das sagen Sie zumindest - mit diesen Beamten beraten, ob das vielleicht richtig ist.

Vors.:

Herr Baader, die Frage war verständlich:

Ob eine Übereinstimmung bestanden habe unter den Polizeibeamten, und ob Sie diese Übereinstimmung sogar mitgetragen oder gar beflügelt haben, daß diese Leute dort unten abgeknallt werden würden?

Zeuge Mül[ler]:

Eine solche Übereinstimmung hat es selbstverständlich nicht gegeben, und ich glaube auch, daß der Geschehensablauf keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme einer solchen Übereinstimmung bietet.

Angekl. Baa[der]:

Naja, ein Anhaltspunkt konnte z. B. sein, daß in einer Situation, in der für niemanden Gefahr bestand - das sage ich, das halte ich Ihnen hier vor - geschossen wurde mit einem FN-Gewehr - Zielfernrohr - der Versuch gemacht wurde, jemandem das Hüftgelenk zu zerschießen, was natürlich - da weise ich auch nochmals darauf hin, das ist so’ne Hypothese, die ein Arzt aufgestellt hatte, der das dann behandelt hat - was natürlich einen Grund darin haben könnte, daß Verletzungen an dieser Höhe - am Hüftgelenk - im allgemeinen Schußfeld schon tödlich sind, weil die Arterien zerrissen werden ... des Schenkels.

Vors.:

Herr Baader, ...

Angekl. Baa[der]:

Ja ... -

Vors.:

... ich lasse Ihren Vorhalt in der Form zu, daß die Frage an den Herrn Zeugen lautet:

Bleiben Sie bei dieser Angabe, die Sie soeben gemacht haben, auch wenn zu bedenken ist, daß möglicherweise in einer Situation geschossen wurde, in der für niemand eine Gefahr bestanden hat, jedenfalls nach Ansicht des Angeklagten?

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, ich hab die Frage wirklich nicht verstanden.

Vors.:

Es ist keine Frage gewesen, die Herr Baader stellte, sondern es war ein Vorhalt. Die Frage lautet nur,

ob Sie bei Ihrer soeben gemachten Angabe bleiben, es habe keine Übereinstimmung, die Leute niederzuknallen, bestanden; ob Sie dabei bleiben, auch wenn Ihnen der Angeklagte vorhält, [8303] daß nach seiner Ansicht geschossen wurde in einer Situation, in der niemand gefährdet war?

Zeuge Mül[ler]:

Also ich bleibe bei meiner Ansicht.

Vors.:

Herr Baader, die Antwort ist gegeben: Der Herr Zeuge bleibt auch aufgrund dieses Vorhalts bei seiner Aussage.

Angekl. Baa[der]:

Ja, dann konnten wir aber jetzt immer noch nicht klären - um weiter zu fragen -, warum denn nun eigentlich geschossen wurde zu diesem Zeitpunkt?

Vors.:

Herr Baader, dazu hat nun der Herr Zeuge ausführliche Angaben gemacht, daß geschossen worden ist in einer ...

Angekl. Baa[der]:

Ja, das ist ... das ist wahr ...

Vors.:

... in einer Situation, als Sie nach vorne getreten sind in der Garage, nach dem Eindruck des Herrn Zeugen in gebückter Haltung.

Angekl. Baa[der]:

Das ist nicht ganz richtig, Herr Prinzing. Das hat der Zeuge zum Teil zurückgenommen, nachdem er mit der Aussage von Herrn Honke konfrontiert war, der ja gesagt hat, daß das nicht der Fall ist, daß ich - also der Angeschossene - nämlich ganz entspannt an dem Auto gelehnt hat und eine Hand geraucht usw. ... Da konnte er sich dann nicht mehr erinnern an das ...

Vors.:

Herr Baader, nein.

Angekl. Baa[der]:

... Vorgehen.

Vors.:

Es ist falsch. Ich habe deswegen extra betont, um es korrekt zu sagen: Nach seinem Eindruck richtig ist, daß der Herr Zeuge auf Vorhalt der Aussage Honke sagt, er sei sich seiner Erinnerung hier nicht hundertprozentig sicher ...

Angekl. Baa[der]:

Eben und der Zeuge ...

Vors.:

... und sprach davon, daß Sie verharrt hätten, als der Schuß abgegeben wurde.

Angekl. Baa[der]:

... der Zeuge Honke das Geschehen durch ein Zielfernrohr im Blick hatte, der kann sich sehr genau erinnern nach seiner Aussage.

Vors.:

Herr Baader, wissen Sie: Ihre ganze Art, zu fragen, krankt eben an dem einen Punkte, daß Sie immer versuchen, Ihre Ansichten hier darzulegen und die in Frageform zu gießen.

Angekl. Baa[der:]

(spricht unverständlich dazwischen).

Vors.:

Hören Sie bitte zu.

Das ist nicht Sinn eines Fragerechtes. Sie sollen einen [wwww] [8304] Zeugen nach Beobachtungen, nach Tatsachen fragen; Sie sollen daraus, wenn Sie wollen, dann auch nach § 257 StPO eine Erklärung zusammenbrauen, wo Sie dann Ihre Ansicht über die Zeugenaussage darbieten können. Aber das können Sie nicht schon in die Frage reinpacken. Das wird immer zu Schwierigkeiten führen.

Angekl. Baa[der]:

Es ist eine Frage ...

Vors.:

Deswegen bitte ich Sie also nochmals ...

Angekl. Baa[der]:

Ich stelle nochmals fest, es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit, und mir geht es darum, zu erfahren, warum wurde nach 3 ½ Stunden Belagerung, sagen wir mal, in einer Situation, die sich auf keine Weise verschärft hatte sondern eher entschärft, das kann man absolut sicher sagen, daß sie sich entschärft hat, [xxxx] weil ja das Ziel der Leute in der Garage ganz offensichtlich war, Zeit zu gewinnen, um möglicherweise andere Leute zu Informationen über die Festnahme kommen zu lassen. Das kann ja der einzige Zweck gewesen sein dieser Sache überhaupt, die Situation also entspannt war offensichtlich - das sagte auch Honke -, und in dieser Situation wird jetzt geschossen, und da möcht ich gerne wissen, warum?

Prof. Dr. Azzola verläßt um 16.08 Uhr den Sitzungssaal.

Und da das ...

Vors.:

Die Frage ist jetzt gestellt, Herr Baader. Wir wollen’s nicht weiter auslegen; wir wollen den Herrn Zeugen die Antwort geben lassen.

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, ich habe ja nicht geschossen. Ich versuch ... muß ja jetzt eine Lage beurteilen ...

Angekl. Baa[der]:

Sie haben doch Feuerschutz gegeben.

Zeuge Mül[ler]:

... die jemand zu einer Maßnahme veranlaßt hat, der nicht ich bin. Ich hab aber vorhin geschildert, daß der Geschehensablauf nach meiner Erinnerung so war, daß dem gezielten Schuß, der abgegeben wurde, unmittelbar, und zwar in einem Zeitraum von wenigen Minuten allenfalls, vorausgegangen war der Versuch des blonden Mannes, aus der Garage her- [8305] auszukommen, wobei ich den Eindruck hatte, er habe dabei mehrere Schüsse abgegeben, womit er sich nach meiner Beurteilung jedenfalls der[yyyy] Aufforderung nicht entsprach, unbewaffnet aus der Garage herauszukommen, daß er sich zurückzog, daß nach der Schußabgabe durch Herrn Baader die Polizei das Feuer erwidert hat und relativ kurze Zeit, in wenigen Augenblicken, er erneut vorkam, dann, so muß ich doch wohl sagen, einen Augenblick stehen blieb - obwohl ich nicht mehr sicher weiß, ob er die Waffe im Anschlag hatte oder auf den Oberschenkel gelegt hat, wie mir das von der Aussage eines andern Zeugen vorgehalten worden ist -, daß dann auf ihn ein gezielter Schuß abgegeben worden ist.

Vors.:

Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

Naja, da könnte [zzzz] man sich nochmals mit dem Widerspruch konfrontieren. Es sagen buchstäblich alle Beamten, mehr oder weniger fast alle Beamten, die am Einsatz beteiligt waren, was anderes aus als Sie in diesem Zusammenhang. Niemand spricht davon, daß der Versuch gemacht wurde, in der Situation aus der Garage herauszutreten; sondern ganz eindeutig ergibt sich die Situation:

Der Mann in der Garage stand still angeblich am Heck des Autos, und da fiel der Schuß ganz gezielt von Honke, um kampf- und angriffsunfähig zu machen, und Sie sagen: um handlungsunfähig zu machen.

Wenn Sie es ja hier so darstellen, als hätten Sie sozusagen hinter einem Ring von 350 schwerbewaffneten Polizisten

a) Feuerschutz gegeben und

b) einen[aaaaa] außerordentlich gefährlichen Angriff abgewehrt. Das ist doch Ihre Darstellung.

Vors.:

Herr Baader, es ist wieder Ihre willkürliche Auslegung im Augenblick oder wenn’s nicht willkürlich ist, jedenfalls so, wie Sie’s verstehen. Aber es ist nicht das, was der Herr Zeuge gesagt hat.

Was wollen Sie jetzt vom Herrn Zeugen wissen?

Angekl. Baa[der]:

Es ist auch sehr schwierig, aufgrund dieses Fundaments sehr schlichter Tatsachen so was zu entwickeln, aber er versucht es natürlich.

[8306] Vors.:

Es sind noch nicht schlichte Tatsachen, was Sie als Verständnis mitbringen aus der Aussage. Bitte formulieren Sie jetzt den genauen Vorhalt und die Frage, die Sie gestellt haben wollen.

RA Dr. He[ldmann]:

Darf ich zur Erläuterung kurz erinnern, daß der Herr Zeuge hier den früheren Zeugen Honke aus einem Gespräch, wo es ums Gewehr ging, zitiert hat, nämlich - ich habe wörtlich mitgeschieben:

Honke habe gesagt, er wolle das Gewehr zu einem gezielten Schuß benutzen, wenn dies

- so sagten Sie heute als Zeuge aus -

wenn dies unabwendbar und notwendig sei.

Darauf zielt Herrn Baaders Frage und die Situation, die Bedeutung der Frage, Ziel der Frage, ist gerechtfertigt.

Vors.:

Nein, Herr Rechtsanwalt, das ist falsch, denn der Herr Baader hat ja diese Frage bereits vorhin gestellt. Der Herr Zeuge hat deswegen die Situation, aus der heraus er den Schuß beobachtet hat, wiedergegeben, und Herr Baader hat dann von einem Widerspruch gesprochen und fing dann an, seine Auslegung zu geben von andern Polizeiaussagen. Er kann, wenn er einen Widerspruch aufdecken will, diese andern Polizeiaussagen zitieren und dann dem Herrn Zeugen die Frage stellen, bleiben Sie gleichwohl bei Ihrer Angabe - das ist in Ordnung. Aber er kann nicht seine Auslegung von irgendwelchen zusammengefaßten Zeugenaussagen bringen und dann behaupten, das seien die Zeugenaussagen und daraus eine Frage konstruieren wollen. Das ist ein unzulässiger Vorhalt.

Herr RA König.

RA Kö[nig]:

Ich bitte ums Wort für ...

Angekl. Baa[der]:

Ja moment.

Vors.:

Bitte, darf ich fragen:

Geht’s um das Fragerecht oder um was?

RA Kö[nig]:

... für einen dringenden und wie ich meine, auch unaufschiebbaren Antrag ...

Vors.:

... nämlich?

RA Kö[nig]:

Ich beantrage zehn Minuten Pause.

[8307] Vors.:

Wir werden sofort, wenn Herr Baader die Frage vielleicht jetzt auf der Zunge hat und sie noch stellen und die Antwort gegeben werden kann, diese Frage der Pause nochmals aufgreifen. Aber Herr Baader, wenn Sie jetzt direkt eine Frage zu stellen haben, dann ja.

RA Geu[len]:

Ich möchte mich gegen die Pause aussprechen, wenn ich das bemerken darf.

Angekl. Baa[der]:

Moment. Sie haben gesagt, Honke hätte das Gewehr gefordert, um zu schießen, wenn dies unabwendbar notwendig gewesen wäre.

Diese Unabwendbarkeit, die ist irgendwie aus Ihrer Aussage ... die wird in Ihrer Aussage nicht stofflich, die ist nicht da, die sieht man nicht, die erkennt man nicht. Warum haben Sie nicht noch ein Paar Stunden gewartet? - als Beispiel. Warum haben Sie schießen lassen?

Vors.:

Ich habe jetzt die Frage nicht verstanden, Herr Baader.

Was war jetzt gesagt von Ihnen? Warum der Herr Zeuge habe schießen lassen?

Angekl. Ra[spe]:

Ja, lassen Sie ihn doch mal antworten.

Vors.:

Aber ich habe die Frage nicht verstanden; ich muß ja die Frage vorher auch verstehen, Herr Raspe. Aber bitte.

Angekl. Baa[der]:

Er hat gesagt, der Zeuge Honke hätte das Gewehr gefordert, um damit zu schießen, falls dies unabwendbar notwendig gewesen wäre.

Und jetzt geht es um diese unabwendbare Notwendigkeit; die wird nicht sichtbar.

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, der Angeklagte Baader hat grade gesagt, ich hätte schießen lassen. Er benützt da also ganz offenbar ganz bewußt diese Formulierung. Ich möchte deswegen feststellen:

Ich habe nicht in dem Sinne schießen lassen, daß ich jemandem den Auftrag gegeben habe, zu schießen, sondern ich war dabei, als ein Mann, der selbständig gehandelt hat, sich zum Schußwaffengebrauch entschlossen hat. Ich habe dies beobachtet, und ich hielt diesen Schußwaffengebrauch für gerechtfertigt.

Angekl. Baa[der]:

Ahja -

[8308] Vors.:

Ich glaube, jetzt können wir dem Wunsche einer Pause ...

Angekl. Baa[der]:

Moment.

Vors.:

... nachkommen. Wir treffen uns ...

Angekl. Baa[der]:

Damit ist die Frage nicht beantwortet.

Die unabwendbare Notwendigkeit, über die wir was erfahren wollten, die ist damit nicht irgendwie präzisiert.

Vors.:

Sie haben die Frage jetzt wiederholt gestellt, ob der Herr Zeuge dies für notwendig gehalten habe, und warum geschossen worden sei.

Angekl. Baa[der]:

Ja, warum?

Vors.:

Die Antwort ist jetzt mehrfach gegeben worden.

Angekl. Baa[der]:

Nein, er sagte, also wenn ich frage, warum hat der Mann das für richtig gehalten, dann sagt er: Ich hab’s für richtig gehalten.

Ist das die Antwort?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich halte das für gerechtfertigt.

Das ist doch die Frage, seine Beurteilung.

Angekl. Baa[der]:

Also ist das ... da spricht doch die Macht der Polizei. Ich halte es für gerechtfertigt, Herr ... so.

Vors.:

Herr Baader, also ich bin der Überzeugung, daß die Aussage des Herrn Zeugen mehrfach das wiedergibt, was ihm[bbbbb] Anlaß gegeben hat, grade zu sagen, daß er den Schuß in der Situation für gerechtfertigt gehalten hat. Wollen Sie in der Tat jetzt ...

Angekl. Baa[der]:

Aber das hat er doch ... so hat er angefangen, aber das hat er doch zurückgenommen. Da hat er doch genau gesagt, er könne sich nicht mehr genau erinnern. Seine Konstruktion war doch die, zu sagen, der kam da [ccccc] geduckt, mit der Waffe im Anschlag, raus; deswegen mußte geknallt werden.

Ende von Band 462.

[8309] Angekl. Baa[der]:

Und dann hat er, als ihm Honke vorgehalten wurde, gesagt, ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Und jetzt fragen wir Ihn, nachdem Honke sich genau erinnern kann, warum wurde dann geschossen? Zu diesem Zeitpunkt unabwendbar notwendig?

Vors.:

Ich glaube, der Herr Zeuge hat dazu auch nur ein Wort gegeben, aber wir können vor der Pause vielleicht die Antwort nochmals hören.

Zeuge Mü[ller]:

Herr Vorsitzender, ich glaube, ich kann das nicht wiederholen. Ich habe ja auch bei meiner Antwort zuvor versucht darzulegen, daß ich mich hierbei versetzen muß in die Position des Schützen.

Vors.:

So ist es. Der Zeuge hat vorhin gesagt, er kann das nicht beurteilen, was der Herr Zeuge ... der Schütze gedacht hat.

Angekl. Baa[der]:

Ja vielleicht genügt es, sich in die Lage dessen zu begeben, der Feuerschutz hat geben lassen oder gegeben hat.

Vors.:

Der Zeuge hat eben gesagt, er hat nicht schießen lassen, er war dabei, als geschossen wurde. Ich habe ...

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, Verzeihung, ist denn die Antwort ... dieser wiederholten Fragen so zu verstehen, der Zeuge weiß nicht, weil er nicht wußte, was in dem Schützen vorgegangen ist, warum Herr Honke einen gezielten Schuß auf Herrn Baader abgegeben hat.

Vors.:

Das ist eine Frage an den Herrn Zeugen? Oder wollen Sie von mir wissen, ob das so zu verstehen ist?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich möchte es von Ihnen wissen, weil Sie ständig sagen, alles sei schon mehrfach beantwortet worden.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, ich sage nicht ständig, sondern ich muß mich bemühen, das ist wirklich ein schweres Bemühen jetzt, bei diesen Fragen ständige Wiederholungen zu verhindern. Wenn Sie Fragen an den Herrn Zeugen haben, die können gestellt werden. Fragen an das Gericht können jetzt nicht gestellt werden, wir sind nicht Zeugen hier.

Professor Dr. Azzola erscheint um 16.18 Uhr wieder im Sitzungssaal.

RA Dr. He[ldmann]:

Das weiß ich. Sie beantworten nur häufig Fragen und deswegen verfällt man in einer solchen Situation, wie ich in die ...

Vors.:

Ich beantworte nicht Fragen, sondern ich versuche, Herrn Baader bei seinen Fragen immer wieder klarzumachen, daß die Fragen bereits beantwortet sind. Ich könnte auch schlicht und einfach sagen, das ist eine Wiederholung, lasse ich nicht zu. Ich versuche Herrn Baader aber möglichst aufzuklären in seinem Interesse. [8310] Jetzt wenn Sie eine Frage haben an den Zeugen, dann ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Dann möchte ich die Frage, die ich eben gestellt habe direkt an den Herrn Zeugen richten. Haben wir Sie richtig verstanden, daß Sie die Frage des Herrn Baader, ob eine unabwedbare Notwendigkeit für den gezielten Schuß vorhanden war, daß Sie diese Frage nicht beantworten können, weil Sie nicht wußten, was in dem Schützen vorgegangen ist. Haben wir das so richtig verstanden?

Zeuge Mü[ller]:

Ja, ich kann nicht wissen, was in dem Schützen in dem Augenblick der Schußabgabe vorgegangen ist.

RA Dr. He[ldmann]:

Danke.

Vors.:

Gut. Jetzt möchte ich die Pause einlegen, Sie ist erbeten worden. Wir treffen uns um halb fünf wieder.

Pause von 16.19 Uhr bis 16.34 Uhr.

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung:
Rechtsanwalt Grigat ist nicht mehr[ddddd] anwesend.

Vors.:

So, ich bitte wieder Platz zu nehmen. Dann können wir mit der Sitzung fortfahren. Herr Baader, Sie haben die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Ich bitte, Herr Rechtsanwalt Oberwinder, wie ist das nun mit Fragerecht, ich bitte, sich aber jetzt ein bißchen zu konzentrieren, wer will fragen?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe im Moment zu diesem Komplex keine Frage, zu diesem nicht.

Vors.:

Herr Baader. Ich sehe, sonst keine Wortmeldung. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Rechtsanwalt Schnabel.

Der Angeklagte Baader spricht unverständlich ohne Mikrofon.

Vors.:

Ja, jetzt glaube ich, daß Herr Rechtsanwalt Schnabel, der den Herrn Zeugen ja beantragt hat, seine Fragen stellen will.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, Sie haben zwei Personen in der Garage beobachtet. Haben beide Personen Schußwaffen getragen?

Zeuge Mü[ller]:

Nach meiner Erinnerung habe ich nicht so präzise gesagt, daß ich zwei Personen in der Garage beobachtet habe. Ich habe vielmehr deutlich gemacht, daß ich eine der beiden Personen beobachtete und Schwierigkeiten hatte, den anderen zu beobachten. Ich wußte nur durch Berichte, die mir gegeben waren, daß zwei in der Garage waren. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob die andere Person auch eine Schußwaffe in der Hand hatte.

[8311] RA Schn[abel]:

Wenn Sie schon die feine Unterscheidung machen zwischen beobachtet und gesehen, haben Sie dann also nur eine Person gesehen oder haben Sie zwei Personen gesehen?

Zeuge Mü[ller]:

Ich kann nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob ich von der Position aus der Küche dieser Wohnung auch den Herrn Meins gesehen habe.

RA Schn[abel]:

Sie nehmen das jetzt vorweg, was die nächste Frage ist. Sie sprachen bislang immer von einem blonden Mann. Wer war dieser blonde Mann?

Zeuge Mü[ller]:

Ich habe diese Formulierung gebraucht, weil für mich ein blonder Mann erschien, dessen Identität mir zu dem Zeitpunkt nicht bekannt war und zeitweilig, da bin ich aber nicht mehr sicher, ob das aus der Wohnung war oder zuvor, war auch ein dunkelhaariger Mann zu sehen. Ob ich den noch beobachtet habe, als ich oben war, weiß ich nicht mit Sicherheit zu sagen.

RA Schn[abel]:

Dann haben Sie also doch zwei Personen gesehen?

Zeuge Mü[ller]:

Das ist meine Erinnerung.

RA Schn[abel]:

Haben Sie dann bei beiden Personen eine Schußwaffe gesehen?

Zeuge Mü[ller]:

Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen.

Der Angeklagte Baader steht mit einer Zigarette im Mund auf der Anklagebank.

Vors.:

Ich bitte, Herrn Baader Gelegenheit zu geben, die Zigarette draußen dann anzuzünden.

Der Angeklagte Baader verläßt um 16.37 Uhr den Sitzungssaal.

RA Schn[abel]:

Haben Sie bei dem blonden Mann eine Schußwaffe gesehen?

Zeuge Mü[ller]:

Ja, diese Frage habe ich wiederholt beantwortet.

RA Schn[abel]:

Mit Sicherheit gesehen bei dem Blonden.

Zeuge Mü[ller]:

Sicher, ja.

RA Schn[abel]:

Und wer war dieser blonde Mann?

Zeuge Mü[ller]:

Ich weiß heute, daß es Herr Baader war.

RA Schn[abel]:

Wann haben Sie das erfahren und wodurch?

Zeuge Mü[ller]:

Das habe ich dadurch erfahren, daß ich nacher gesehen habe, aus nächster Nähe Herrn Baader gesehen habe und daß mir dann berichtet worden ist, daß dieser blonde Mann als Andreas Baader identifiziert worden ist.

RA Schn[abel]:

Haben Sie, als Sie den Herrn Baader zum ersten Mal sahen, selbst die Möglichkeit gehabt, ihn als den blonden zu identifizieren?

[8312] Zeuge Mü[ller]:

Die Haare waren relativ hell, so daß man von einem blonden Mann sprechen mußte.

RA Schn[abel]:

Wäre die Möglichkeit bestanden, daß etwa die Person, die Sie gesehen haben und die dann als Baader auch von Ihnen, wie Sie eben sagten, identifiziert wurde, nicht der blonde Mann war, sondern derjenige, den Sie auch noch gesehen haben?

Zeuge Mü[ller]:

Ich glaube, das kann ich ausschließen.

RA Schn[abel]:

Wodurch?

Zeuge Mü[ller]:

Durch den deutlichen Unterschied in der Haarfarbe. Und durch den Gesichtsausdruck, soweit man ihn auf die Entfernung wahrnehmen konnte.

RA Schn[abel]:

Wie weit haben Sie denn den anderen Mann gesehen, die Haare haben Sie bereits beschrieben, jetzt auch den Gesichtsausdruck, wie weit nach unten konnten Sie ihn denn sehen?

Zeuge Mü[ller]:

Das kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen. Ich habe ihn insbesondere vollständig gesehen, nachdem er aus der Garage herausgekommen ist und da war es der Mann, auf den nicht geschossen werden mußte, weil er auf die wiederholte Aufforderung der Polizei nach Abgabe des ersten Schusses die Waffe, eine Waffe mindestens, aus der Garage herausgegeben oder geworfen hatte.

RA Schn[abel]:

Haben Sie gesehen, in welcher Hand der blonde Mann die Schußwaffe hielt?

Zeuge Mü[ller]:

Das kann ich nicht mit Sicherheit beantworten. Ich habe mir diese Frage oft vorgelegt, ob er die Waffe in der linken oder in der rechten Hand gehalten hat, das weiß ich nicht mit Sicherheit. Ich meine mich nur zu erinnern, daß er in der anderen Hand, mindestens zeitweilig, eine Latte gehalten hat.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, wäre es eigentlich nicht Voraussetzung, wenn man beobachtet, wie jemand eine Waffe hält, daß man zuerst beobachtet, wo er sie hält?

Vors.:

An sich keine Zeugenfrage, aber sie sollte wohl eine Monierung sein, um Ihre Antwort zu überprüfen.

RA Schn[abel]:

Ja, ich kann das auch ...

Vors.:

Ich weiß nicht, ob Sie im Stande sind, darauf eine ...

Zeuge Mü[ller]:

Nein ich ... vielleicht darf die Frage nochmals wiederholt werden.

Vors.:

Ja, bitte, Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Ich formuliere sie dann auch etwas anders noch. Dadurch, daß Sie nicht sicher wußten, ob er die Waffe links oder rechts gehalten hat, kam von mir der Verdacht, und das ist jetzt der [8313] Vorhalt, ob man denn nicht zunächst beobachtet, wo man eine Waffe hält, bevor man weiß, wie man sie hält. Oder anders formuliert, Sie haben doch sehr präzis gesagt, wie er die Waffe gehalten hat und dann fällt mir auf, weshalb Sie nicht wissen, wo er sie gehalten hat.

Zeuge Mü[ller]:

Also ich habe in der Situation, um die es hier offenbar ja geht, vor Abgabe des Schusses zunächst gesagt, wenn das richtig wiedergegeben worden ist, daß er nach meiner Erinnerung die Waffe im Anschlag gehalten hat. Ich mußte diese Aussage insoweit modifizieren, daß ich nicht mit Sicherheit sagen kann, ob er die Waffe nicht doch an den Oberschenkel gehalten hat oder jedenfalls nicht im Anschlag gehalten hat. Nach meiner Erinnerung hat er die Waffe in der rechten Hand gehabt, aber ich habe mir nacher berichten lassen, daß dies zweifelhaft sein kann, deswegen wage ich jetzt nicht mehr aufgrund meiner eigenen Erinnerung ein sicheres Urteil darüber abzugeben, ob er die Waffe in der rechten oder linken Hand gehalten hat.

RA Schn[abel]:

Aber Herr Zeuge, Sie haben sehr detailliert geschildert, wie sich die Hand bewegt hat. Sie wurden ja da auch gefragt und haben gesagt, daß die sich nach oben und nach der Seite bewegt hat im Zeitpunkt der Schußabgabe und haben also längere Zeit doch die Möglichkeit gehabt, zu beobachten, und insofern ist es doch etwas merkwürdig, daß man längere Zeit beobachtet, daß Sie nicht klar sagen können, ob rechts oder links. Vorhalt, was ich eben gemacht habe, und damit die Frage, könnten Sie sich unter Umständen auch täuschen, daß eben die Hand nicht zurückgeschlagen hat?

Zeuge Mü[ller]:

Also ich muß zunächst sagen, daß mein Gedächtnis, das sich ja nicht auf diesen besonderen Umstand besonders konzentriert hat, hier nicht mehr so frisch ist, wie es im Augenblick der Beobachtung und unmittelbar danach gewesen ist. Ich habe angedeutet, daß ich Grund zu der Annahme habe, daß es nicht sicher ist, ob meine Erinnerung insofern, die ich damals gehabt habe, zutreffend war. Und ich kann heute nicht mehr genau sagen, in welcher Hand der Zeuge die Waffe ... der Angeklagte Baader die Waffe gehalten hat, aber ich erinnere mich noch genau an den Vorgang als solchen, daß die Hand, in der er die Waffe gehalten hat, in der Weise sich bewegt hat, wie ich es vorhin andeutungsweise geschildert habe.

RA Schn[abel]:

Ich darf Sie nur daran erinnern, daß Sie auch diese [8314] Haltung inzwischen modifiziert haben. Es war zu Beginn die Rede davon, daß der Angeklagte, unterstellt, der blonde Mann wäre der Angeklagte, die Waffe im Anschlag gehalten hat und Sie haben eben vor ein paar Minuten gesagt, es könnte auch sein, daß er sie nicht im Anschlag gehalten hat, sondern daß er sie am Knie oder am Schenkel, haben Sie, glaube ich, gesagt, daß er sie am Schenkel gehalten hat. Insofern haben Sie ja auch modifiziert schon.

Zeuge Mü[ller]:

Ich glaube, Sie bringen hier zwei Vorgänge durcheinander. Die erste Schilderung habe ich abgegeben im Bezug auf den Vorgang, der sich zunächst abgespielt hat, als er aus der Garage rauskam, und nach meiner Erinnerung wenigstens ein Stück bereits aus der Garage heraus war und dabei die Waffe nach vorne gehalten hat und dabei nach meinem Eindurck, nach meiner Erinnerung, mehrere Schüsse abgegeben hat. Und die Korrektur, die ich habe anbringen müssen, bezog sich auf den zweiten allerdings kruze Zeit danach sich abspielenden Vorgang.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, dann ist doch aber festzustellen, daß Sie zweimal beobachtet haben, diesen blonden Mann mit einer Waffe und immer noch nicht definitiv wissen, ob er sie rechts oder links gehalten hatte, obwohl Sie es zweimal gesehen haben. Dann nächste Frage: Das Garagentor, war das im Zeitpunkt Ihrer Beobachtung oder dem Zeitraum Ihrer Beobachtung immer geschlossen oder immer offen oder einmal offen, einmal zu? Wie verhielt sich das?

Zeuge Mü[ller]:

Ich habe das nach meiner Ansicht bereits geschildert. Der Zustand war unterschiedlich.

RA Schn[abel]:

Und wie fing es an?

Zeuge Mü[ller]:

Nach meiner Erinnerung war zunächst wenigstens eines der Tore geschlossen und der Sonderwagen unternahm, nachdem er eingetroffen war, den Versuch, das zweite Tor zu schließen und nach meiner Erinnerung ist dann von den Personen in der Garage, oder einer von ihnen der Versuch gemacht worden, eine oder beide Türen zu öffnen.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, wenn nur eines geschlossen war und der Wagen versuchte, das andere zu schließen, was ihm nicht gelang, dann ist das doch nicht so, daß [eeeee] die Person innen, das ist einfach unlogisch, die konnte ja dann nicht versuchen, eines der beiden Tore zu öffnen, sondern nur das eine, das geschlossen war.

[8315] Vors.:

Ich kann nun, Herr Rechtsanwalt Schnabel, dem Herrn Zeugen hier die Antwort eigentlich nicht zumuten. Was sagen Sie, das ist unlogisch. Die Frage muß formuliert werden ...

RA Schn[abel]:

Wenn ein ...

Vors.:

... nach der Tatsachenbeobachtung. Der Zeuge hat seine Beobachtung wiedergegeben ...

RA Schn[abel]:

Das ist ein Vorhalt und dann bitte ich, den zu überprüfen.

Vors.:

Gut.

RA Schn[abel]:

Wenn ich eine Aussage mache, daß ein Tor geschlossen ist und mache anschließend die Aussage, es hätte jemand versucht, eines der beiden Tore zu öffnen, dann ist doch das eine Frage der Logik, daß, wenn eines geschlossen ist, dann kann ich auch nur versuchen, dieses eine zu öffnen. Und damit hat der Zeuge doch nicht klar ausgesagt, denn er hat gesagt, er hätte eines der beiden, das stimmt doch nicht zusammen.

Zeuge Mü[ller]:

Doch, das stimmt zusammen. Nach meiner Erinnerung war eines der beiden Tore geschlossen und der Sonderwagen hat versucht das zweite Tor zu schließen. Dies ist meine Erinnerung. Ich weiß es nicht mit Sicherheit, ob dies auch gelungen ist, oder jedenfalls vollständig gelungen ist, und dann erinnere ich mich eben nur, daß der Versuch gemacht worden ist, eines der beiden geschlossenen Tore zu öffnen. Wenn nur eines geschlossen war und das andere nicht vollständig, kann es sich nur um dieses bereits geschlossene Tor gehandelt haben.

RA Schn[abel]:

Eben. Dann der Sonderwagen, hat der Ihnen nicht zu dem Zeitpunkt überhaupt die Sicht versperrt, daß Sie gar nicht beurteilen konnten, ob das offen oder zu ist. Denn wenn ich die Skizze hier im Geiste noch betrachte, die hier mehrfach ja gezeigt wurde, waren Sie in einer Wohnung in der Eckenheimer Landstraße, heißt das, glaube ich, und haben von dort die Garage beobachtet. Hatten Sie denn da überhaupt freie Sicht auf die Garagentore, obwohl der Sonderwagen davor stand?

Zeuge Mü[ller]:

Ich hatte keine freie Sicht. Ich habe das auch vorhin versucht zu schildern. Meine Sicht war, obwohl ich von schräg oben auf den Eingang der Garage heruntergesehen habe, mindestens zeitweilig durch den Sonderwagen behindert, weswegen ich auch nicht alles, was sich in der Garage oder an den Toren der Garage abgespielt hat, vollständig beobachten konnte.

RA Schn[abel]:

Haben Sie beobachtet, daß die blonde Person auch innerhalb der Garage schon geschossen hat?

[8316] Zeuge Mü[ller]:

Daran habe ich keine Erinnerung.

RA Schn[abel]:

Können Sie von Ihrem Winkel aus, von der Eckenheimer-Landstraße, mit Sicherheit sagen, daß die Person die Garage verlassen hat? Sie waren ja immerhin 80 Meter weg. Wenn man sich dann den Winkel vorstellt, Sie sagen das wohl, das sei so gewesen, können Sie mit Sicherheit ausschließen, daß die Person nur innerhalb der Garage nach vorn, meinetwegen bis auf Höhe des Tores gekommen ist, könnte das auch so gewesen sein?

Zeuge Mü[ller]:

Nach meiner Erinnerung war es so, daß er beim ersten Mal sich schräg vor, wenn auch nur wenig, vor dem Garagentor befand und daß er auf dem Pflaster des Hofs vor der Garage gestanden hat, aber ich habe ja versucht, deutlich zu machen, daß es sehr schwer war für mich, darüber ein sicheres Urteil abzugeben.

RA Schn[abel]:

Können Sie dieses „wenig vor der Garage“ näher bezeichnen? Meter, Zentimeter.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Vorsitzender, die Frage wurde mir nicht zugelassen. Ich bitte sie als unzulässig zurückzuweisen.

Vors.:

Ja, es ist so, Herr Rechtsanwalt ...

RA Schn[abel]:

Bitte nein, die Frage ist nicht als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Zeuge sagt, wenig davor, dann ist das ja wohl nicht nur der Wunsch, sondern sogar der Pflicht der Verteidigung, nachzufragen, was man unter „ein wenig“ versteht.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, der Pflicht, diese Entfernung festzustellen, hat bereits das Gericht genügt, der Herr Zeuge hat darauf die Antwort gegeben. Ich habe deswegen Herrn Bundesanwalt Dr. Wunder diese Frage, wie er richtig feststellt, nicht zugelassen. Ich kann sie auch jetzt nicht erneut zulassen. Der Herr Zeuge hat das klar beantwortet, daß er nicht im Stande sei, einen sicheren Abstand hier zu bekunden.

RA Schn[abel]:

Ja was ... einen sicheren Abstand, dann soll er bitte das einschränken, ob es weniger als 1 Meter, mehr als 1 Meter war, denn wenig ist keine Aussage.

Vors.:

Gut. Wir wollen zur Präzisierung diesen Maßstab mehr oder weniger als 1 Meter vielleicht, damit diese Frage endgültig ihre Klärung findet, zulassen. Es ist natürlich auch eine Wiederholung, aber ...

Zeuge Mü[ller]:

Tja ... nach meinem Eindruck etwa 1 - 2 Schritt, also um 1 Meter herum. Mehr kann ich nicht sagen.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, Sie haben dann bekundet, Sie hätten beobachtet, [8317] daß der blonde Mann die Garage dieses wenig, oder 1 bis 2 Schritt, sagen Sie jetzt, verlassen hätte mit dem Wollen, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen. Das war Ihre Aussage ziemlich zu Beginn des heutigen Nachmittags. Können Sie präzise Angaben darüber machen, und vor allem Fakten benennen, wodurch Sie dieses Wollen gesehen haben oder glauben, gesehen zu haben. Denn dieses Wollen ist ja wohl eine innere Tatsache bei, nicht bei Ihnen, sondern beim Angeklagten, mit anderen Worten, Sie müßten geradezu Hellseher sein, wenn Sie wüßten, was er wollte.

Zeuge Mü[ller][fffff]:

Herr Vorsitzender, darf ich bitten, mir diese Aussage, an die ich mich so nicht erinnere, noch einmal vorzuhalten?

Vors.:

Ja, es ist das Wort ...

RA Schn[abel]:

Ja dann müßte man vielleicht das Band zurückspulen.

Vors.:

Es ist das Wort „wollen“ wohl gefallen, aber Sie haben dann im Anschluß auf weitere Fragen ja das dahin präzisiert, daß Sie einen Eindruck gewonnen haben, daß er schießt, tatsächlich schießt. Und damit bedarf es also keiner hellseherischen Fähigkeiten, wenn Sie solche Beobachtungen geglaubt haben machen zu können, daß Sie dann den Rückschluß ziehen, er habe das gewollt. Es ist selbstverständlich keine Beobachtung das „Wollen“, sondern ein Rückschluß. Also wenn das Wort „wollen“ gefallen ist, vielleicht, Herr Rechtsanwalt, genügt Ihnen dann die Antwort, des Herrn Zeugen, daß er ja schon geschildert hat, welche Fakten für Ihn vorlagen.

RA Schn[abel]:

Nein. Und zwar deswegen, weil es einen Unterschied gibt zwischen wollen und Eindruck bekommen. Den Eindruck, den haben Sie später bekommen. Und Sie haben aber gesagt, er hätte das gewollt und Sie können nicht, denn das ist Ihnen ja auch bekannt, daß Sie hier nur Beobachtungen zu bekunden haben, nicht hellseherische Fähigkeiten darzulegen, dann genügt es mir nicht, wenn Sie von dem Eindruck auf das „wollen“ schließen. Oder Sie entscheiden sich und sagen, dieses „wollen“ streiche ich, da habe ich mich eben geirrt. Bitte, das steht Ihnen frei. Aber das „wollen“ kann nicht im Raume stehen bleiben, begründet mit einem Eindruck.

Zeuge Mü[ller]:

Ja, ich kann also nur sagen, daß er aus der Art und Weise, wie er aus der ... daß aus der Art und Weise, wie er aus der Garage hervorkommt, wie er die Waffe hielt, sich für mich der Schluß aufdrängte, es soll von der Schußwaffe Gebrauch gemacht werden und daß ich hinterher auch glaube, beobachtet zu haben, daß dies tatsächlich geschehen ist.

[8318] RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, wie war denn diese Art und Weise, wie er mit der Schußwaffe zu der Garage herauskam?

Vors.:

Das ist nun vom Herrn Zeugen wiederholt geschildert worden, Herr Rechtsanwalt.

RA Schn[abel]:

Mit entsprechenten Varianten wurde das gesagt. Sonst hätte ich diese Frage nicht nochmals gestellt.

Zeuge Mü[ller]:

Ich glaube, die Varianten bezogen sich wiederum auf den zweiten Geschehensablauf.

Vors.:

Es ist ganz klar. Es ist nur bei dem zweiten Mal bei dem Vortreten bis an die Garagenvorderseite oder bis vor der Kante die Variante eingetreten, ob geduckt oder nicht geduckt und wie die Pistole gehalten wurde, im Anschlag oder vielleicht am Schenkel.

RA Schn[abel]:

Wie häufig hat der blonde Mann geschossen?

Zeuge Mü[ller]:

Nach meinem Eindruck mehrmals.

Vors.:

Auch beantwortet.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge das ist wieder keine präzise Aussage, genau so wenig wie „wenig“ eine ist, so ist „mehrmals“ auch keine. Mehrmals kann drei Mal sein, das kann 10 Mal sein. Können Sie das einschränken nach oben oder unten?

Zeuge Mü[ller]:

Ja, wenn meine Erinnerung mich nicht trügt, zwei bis drei Mal.

RA Schn[abel]:

Danke, im Moment keine Frage.

Vors.:

Weitere Fragen? Herr Rechtsanwalt Oberwinder bitte.

RA Ob[erwinder]:

Erste Frage. Herr Zeuge, ist Ihres Wissens, beziehungsweise Ihrer polizeilichen Erfahrung nach die Beamten, die bei Anfang des Einsatzes ausgeschwärmt sind, um das Gelände abzuriegeln, auf Befehl der Einsatzleitung ausgeschwärmt und haben ihre Position eingenommen oder aus eigener Initiative raus.

Zeuge Mü[ller]:

Ich weiß nicht, ob das eine Frage ist, die ich als Zeuge beantworten ...

Vors.:

Ob Ihrer polizeilichen Erfahrung nach hier ein Befehl gegeben worden ist auszuschwärmen, oder ob die Einsatzkräfte das von sich aus getan haben. Wenn wir die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen zum Gegenstand der Überprüfung überhaupt hier machen, dann kann diese Frage wohl beantwortet werden. Wenn Sie etwas dazu sagen können.

Zeuge Mü[ller]:

Das kommt auf die Situation an. In diesem Fall wird es nach den Berichten, die mir gegeben worden sind, wohl so gewesen sein, daß die Kräfte auf Weisung der Funkleitzentrale sich an den Geschehensort begeben haben und zunächst Posten der äußeren Absperrung eingenommen haben, daß die weitere Einnahme von Positionen dann weisungsgemäß erfolgt ist.

[8319] Vors.:

Also Ihre Erfahrung führt nicht dazu, daß Sie für den Einzelfall eine bindende Auskunft geben können.

Zeuge Mü[ller]:

Nein.

RA Ob[erwinder]:

Zweite Frage. Die Aufforderung über Lautsprecher, sich zu ergeben, aus der Garage rauszukommen, ist das Ihrer Erfahrung nach auf die Initiative des Beamten zurückzuführen, der am Lautsprecher saß, oder ist das auf Befehl der Einsatzleitung erfolgt?

Vors.:

Ja also ich weiß nicht, die Frage könnte wohl dahin verstanden werden ...

RA Ob[erwinder]:

Das ist doch die gleiche Frage.

Vors.:

... ob Sie wissen, daß ein Befehl zur ... zum Ausrufen, zur Aufforderung zum Aufgeben gegeben worden ist. Wenn Sie dazu was sagen können, das wäre eine Tatsache, die Erfahrung spielt nun wirklich keine Rolle.

Zeuge Mü[ller]:

Ich weiß nichts von einem derartigen Befehl, ich weiß nur, daß es nach den Berichten, die mir gegeben worden sind, die Absicht war, diese Aufforderung immer wieder zu wiederholen in der Hoffnung, daß dieser Aufforderung gemäß gehandelt werde.

RA Ob[erwinder]:

Der Einsatz der Tränengasgranaten, ist das Ihres Wissens, beziehungsweise Ihrer polizeilichen Erfahrung nach auf die Initiative einzelner Beamte zurückzuführen, oder ist das auf Befehl der Einsatzleitung erfolgt?

Vors.:

Also ich bitte die Frage auch dahin zu verstehen, ob Sie wissen, ob zum Einsatz der Tränengaskörper ein Befehl gegeben worden ist, oder nicht. Die polizeiliche Erfahrung hat der Herr Zeuge gerade eben schon bei der ersten Frage angegeben, führt nicht dazu, daß er im Einzelfall eine bindende Auskunft geben kann. Ich bitte, sich also jetzt daran zu halten.

Zeuge Mü[ller]:

Ich kann zu der konkreten Situation keine exakte Auskunft geben. Nach den mir gegebenen Berichten, auf die kann ich mich hier nur stützen, sollte durch den Einsatz von Tränengas der Versuch unternommen werden, mit dem insoweit mildest möglichen Mittel eine Aufgabe zu erreichen.

- Der Angeklagte Baader erscheint wieder um 16.57 Uhr im Sitzungssaal. -

RA Ob[erwinder]:

Wer bestimmt denn, daß dieser Versuch gemacht werden soll? Wer legt denn dieses Mittel fest?

Vors.:

Die Frage geht dahin, ob Sie wissen, wer dieses Mittel damals festgelegt hat.

[8320] Zeuge Mü[ller]:

Nach meiner Erfahrung gehe ich davon aus, daß die Schritte insoweit durch die Einsatzleitung festgelegt worden sind.

RA Ob[erwinder]:

Ist Ihres Wissens nach der Panzerwagen auf Initiative der Besatzung vorgefahren oder auf Anweisung und Befehl der Einsatzleitung?

Zeuge Mü[ller]:

Nein. Er ist, wenn ich mich recht erinnere, in meiner Anwesenheit durch die Einsatzleitung angefordert worden.

RA Ob[erwinder]:

Ist der Einsatz des Gewehrs und der Schuß auf Initiative des Beamten, der die Waffe hatte, erfolgt oder auf Befehl der Einsatzleitung.

Vors.:

Die Frage ist mehrfach beantwortet, so wie der Herr Zeuge das beobachten konnte.

RA Ob[erwinder]:

Ja., ich halte ihm vor, daß offensichtlich der ganze Einsatz jeweils auf Befehl der Einsatzleitung erfolgt ist, nur offensichtlich nach seiner Aussage der entscheidende Schuß, der zur Lösung dieser Situation geführt hat, offensichtlich nach seiner Aussage plötzlich auf Initiative eines einzelnen Beamten erfolgt sein soll, da sehe ich einen gewissen Widerspruch drin, den ich hier vorhalte.

Vors.:

Dieser Vorhalt ist nicht richtig. Das hat der Herr Zeuge nie angegeben. Er hat gesagt, es ist über den Einsatz des Gewehrs vorher gesprochen worden in seiner Anwesenheit, auch über die Möglichkeit der Abgabe eines scharfen Schußes. Dieser Vorhalt ist also nicht korrekt.

RA Ob[erwinder]:

Ich mache eine weitere Frage. Und zwar haben Sie vorhin auf Frage des Kollegen Heldmann hin gesagt, Sie hätten sich vor Abgabe des Schußes mit dem Zeugen Honke über die Möglichkeit ... die Möglichkeit eines bewaffneten Ausbruchsversuchs erörtert. Ist das richtig, ist das richtig verstanden?

Zeuge Mü[ller]:

Ich muß im Moment mein Gedächtnis prüfen, ob das die Frage war und ich eine solche Antwort gegeben habe. Ich bin im Moment nicht ganz sicher.

RA Ob[erwinder]:

Ich habe das so mitgeschrieben, aber wir können auch gerne das Tonband zurückspulen.

Vors.:

Nein, ich kann vielleicht die Gedächtnisstütze dazu geben. Es ist von Ihnen wohl gesagt worden, in Anwesenheit von Ihnen seien mit dem Herrn Honke über die Möglichkeit eines bewaffneten Ausbruchsversuches gesprochen worden.

Zeuge Mü[ller]:

Ja.

RA Ob[erwinder]:

Ja soweit, nicht in Anwesenheit, sondern so wie ich das verstanden habe, haben Sie vor Abgabe, also in der Zeit, bevor [8321] der Schuß abgegeben wurde, als Sie zusammen in der Wohnung sich befunden haben, über die Möglichkeit eines bewaffneten Ausbruchversuchs sich unterhalten mit Herrn Honk.

Zeuge Mü[ller]:

Diese Möglichkeit ist in der Wohnung erörtert worden und sie ist selbstverständlich auch zuvor erörtert worden.

RA Ob[erwinder]:

Dann nehme ich doch ... haben Sie also sich mit Herrn Honk darüber über die Möglichkeit eines bewaffneten Ausbruchsversuchs unterhalten haben ... über die Möglichkeit unterhalten, wie solch einem bewaffneten Ausbruchsversuch begegnet werden kann ihrerseits, in Ihrer konkreten Situation?

Zeuge Mü[ller]:

In der Weise, wie ich das vorhin bereits auf nähere Fragen geschildert habe.

RA Ob[erwinder]:

Nein nein, dazu ist vorhin noch nichts gesagt worden, also verstehe ich Sie richtig, Sie haben also, wenn Sie vorhin gesagt haben, Sie haben mit Herrn Honke in der Wohnung über die Möglichkeit eines bewaffneten Ausbruchsversuchs gesprochen, daß Sie konkret erörtert haben, mit welchen Maßnahmen Sie von Ihrer Situation Ihren Mitteln aus einem solchen bewaffneten Ausbruchsversuch verhindern könnten?

Vors.:

Also es geht nicht um das gesamte taktische Konzept, die Festnahme durchzuführen, sondern ob eine Reaktion auf so einen für möglich erachteten Ausbruchsversuch festgelegt worden ist im Gespräch zwischen Ihnen und dem Zeugen Honke.

Zeuge Mü[ller]:

Ja wir haben uns darüber unterhalten, ob es unter Umständen nötig sein könnte, einen solchen möglichen Ausbruchsversuch, bewaffneten Ausbruchsversuch durch Abgabe eines gezielten Schußes zu unterbinden.

RA Ob[erwinder]:

Ja das war ja ohnehin die einzige Möglichkeit, die für Sie in der Situation bestand. Welche Möglichkeiten haben Sie denn da erörtert? Sie sprachen ja von der Erörterung der Situation.

Vors.:

Ja wenn Sie selbst nur von einer Möglichkeit ausgehen, welche, glauben Sie ...

RA Ob[erwinder]:

Ja, aber der Zeuge hat gesagt, er hätte die Situation mit Herrn Honke erörtert.

Vors.:

Ja.

RA Ob[erwinder]:

Dem entnehme ich, daß der die Möglichkeiten, wie dem zu begegnen sei, das hat er ja auch eben gesagt, erörtert worden sind und ich möchte also konkret wissen, was da erörtert worden ist.

[8322] Zeuge Mü[ller]:

Ja der Zeuge Honke hat aus seiner Position heraus, mit der Ausrüstung, über die er verfügte, nur die Möglichkeit gehabt, falls dies notwendig war, einen Schuß gezielt abzugeben.

RA Ob[erwinder]:

Eben, deshalb kann doch die Erörterung, die da stattgefunden hat, eigentlich nur über die Platzierung des Schußes stattgefunden haben.

Zeuge Mü[ller]:

Nein, das ist eine Mutmaßung. Ich habe mich mit dem Zeugen Honke, um mich zu vergewissern, auch über die gesetzlichen Bestimmungen unterhalten und über die Voraussetzung für eine Schußabgabe und über das Ziel einer solchen Schußabgabe und dabei habe ich den Eindruck gewonnen, daß der Beamte sehr wohl über seine Rechte und die Grenzen seiner Befugnis unterrichtet war.

RA Ob[erwinder]:

Ja, Sie haben gesagt auch über das Ziel eines solchen ... Abgabe eines solchen Schußes, was heißt das denn?

Zeuge Mü[ller]:

Ja so wie das[ggggg] bei uns in Hessen im Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch Polizeivollzugsbeamte[33] geregelt ist.

RA Ob[erwinder]:

Das Ziel?

Zeuge Mü[ller]:

Nein, die rechtliche Voraussetzung für die Abgabe eines Schußes durch Polizeibeamte.

RA Ob[erwinder]:

Sie haben doch eben gesagt, Sie hätten mit ihm das Ziel eines solchen Schußes erörtert.

Zeuge Mü[ller]:

Ja richtig, das gesetzlich bestimmte Ziel, nämlich jemandem, bei dem die Voraussetzung für die Anwendung von Schußwaffen gegeben ist, angriffs- oder fluchtunfähig zu schießen.

RA Ob[erwinder]:

Ja haben Sie da, das ist ja klar, das ist ja praktisch die einzige Möglichkeit,[hhhhh] die er hatte, aber wenn Sie da Möglichkeiten erörtert haben, dann müssen Sie doch konkret erörtert haben, wie dieser Schuß vonstatten gehen soll, wo er platziert werden soll. Oder haben Sie ...

Zeuge Mü[ller]:

Wenn ich korrigieren darf. Dies ist nicht die einzige Möglichkeit. Es gibt unterschiedliche Rechtsgrundlagen für den Schußwaffengebrauch durch Polizeibeamte, es war durchaus möglich, daß eine Notwehrsituation entstehen konnte, wo der Zeuge Honke auch im Rahmen der Nothilfe[34] von der Schußwaffe Gebrauch machen konnte. Auch dies war zu bedenken.

RA Ob[erwinder]:

Ich hab keine weiteren Fragen.

[8323] Vors.:

Jetzt wer? Herr Rechtsanwalt Geulen hat sich zunächst gemeldet, bitteschön.

RA Geu[len]:

Ich kann auch Herrn Baader den Vortritt lassen, wenn Sie damit einverstanden sind.

Vors.:

Bitteschön.

Angekl. Baa[der]:

Also Sie sagen, eine Notwehrsituation hätte sich ergeben können, Ihrer Ansicht nach? Also das heißt, es lag keine vor.

Vors.:

Das heißt es nicht. Herr Baader, wollen Sie eine Frage stellen?

Rechtsanwalt Dr. Augst verläßt um 17.04 Uhr den Sitzungssaal.

Angekl. Baa[der]:

Ja.

Vors.:

Sie haben jetzt wieder eine Feststellung getroffen. Ich sage Ihnen jetzt nochmals ...

Angekl. Baa[der]:

Das ist eine Frage.

Vors.:

Das ist keine Frage. Dann fragen Sie bitte.

Angekl. Baa[der]:

Ich frage Sie nochmal. Lag Ihrer Ansicht nach eine Notwehrsituation vor, als der Schuß abgegeben wurde?

Zeuge Mü[ller]:

Nach meinem Eindruck hat der Zeuge Honke in dieser Situation nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges von der Schußwaffe Gebrauch gemacht.

Angekl. Baa[der]:

Und darüber haben Sie mit ihm vorher gesprochen, also Sie haben ...

Zeuge Mü[ller]:

Ich konnte mit Ihm nicht darüber ...

Vors.:

Die Frage ist jetzt mehrfach beantwortet, ich lasse also diese Frage jetzt nicht mehr zu.

Angekl. Baa[der]:

Na, aber erlauben Sie doch mal, das ist doch ein Widerspruch, Notwehrsituation oder dieses Gesetz. Ich weiß nicht, ist das nicht ein Widerspruch, also umfasst das nicht zwei verschiedene ...

Vors.:

Nein, Herr Baader ...

Angekl. Baa[der]:

... sozusagen Kategorien?

Vors.:

Herr Baader, ich würde Ihnen vorschlagen, wenn Sie rechtlich dazu nicht im Stande sind, das zu differieren, was gar keine Vorwurf begründen würde, dann würde ich diese Frage ja dem Herrn Rechtsanwalt überlassen. Ich kann Ihnen ja jetzt nicht, damit Sie die Frage richtig stellen können, eine Rechtsbelehrung über den Unterschied zwischen der Anwendung unmittelbaren Zwanges oder einer Notwehrsituation geben.[35] Dazu haben [8324] Sie ja einen rechtskundigen Verteidiger, der dazu Fragen stellt.

Angekl. Baa[der]:

Ja aber ...

RA Dr. He[ldmann]:

... eine Frage hinzu[iiiii]?

Vors.:

Mehrere, möchte ich betont haben, rechtskundige Verteidiger.

RA Dr. He[ldmann]:

Hat er oder hat er gehabt,[36] das wissen wir ja alles.

Angekl. Baa[der]:

Nein, einen.[37]

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, wenn Sie erlauben, daß ich dann für Herrn Baader diese Frage insoweit übernehme. Welche Voraussetzungen, Herr Zeuge, meinen Sie mit Ihrer eben gegebenen Antwort, die nach diesem hessischen Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwangs hier bei Abgabe des Schußes vorgelegen haben? Welche haben Sie im Auge?

Nein, nein, ich habe nicht nach einer Rechtsauskunft verlangt, Herr Bundesanwalt.

Vors.:

Es wird offenbahr zum Verfahren ein Einwand gemacht, Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Aber zuvor wäre ich daran interessiert, zu hören, was Herr Rechtsanwalt Heldmann eben noch gesagt hat.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe nach keiner Rechtsauskunft verlangt. Ich sah, daß Sie zögerten, die Hand zu heben, es dann aber doch nicht über sich bringen konnten, sie unten zu lassen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Sie haben also eine Rechtsauskunft verlangt ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe keine Rechtsauskunft verlangt, Herr Bundesanwalt, ich habe es Ihnen ausdrücklich gesagt, daß Sie vielleicht Ihren Einwurf noch stoppen können.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Jedenfalls sehe ich in dieser Frage ...

RA Dr. He[ldmann]:

Er hat meine Frage nicht verstanden. Darf ich sie Herrn Bundesanwalt Widera wiederholen?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Jedenfalls sehe ich in dieser Frage das Begehren, von dem Zeugen eine Rechtsauskunft zu erhalten ...

RA Dr. He[ldmann]:

Das habe ich mir gedacht.

Reg. Dir. Wi[dera]:

... ich halte diese Frage deshalb für unzulässig und bitte, sie nicht zuzulassen.

RA Dr. He[ldmann]:

Wenn das Gericht Zweifel haben sollte, bitte ich, die Frage abzuhören, ich habe sie so formuliert ...

Vors.:

Wenn Sie die Frage vielleicht nochmals so formulieren, wie Sie sie gestellt haben wollen, das geht schneller.

RA Dr. He[ldmann]:

In Ihrer vorher gegebenen Antwort, auf die beziehe ich mich. Daran schließt sich meine Frage. Welche Voraussetzung nach dem Hessischen Gesetz die Anwendung unmittelbaren Zwanges haben Sie bei Abgabe des Schußes[jjjjj] für gegeben erachtet?

[8325] Reg. Dir. Wi[dera]:

Es bleibt bei der Beanstandung.

Vors.:

Ja, es scheint mir aber eine Frage nach den tatsächlichen Gegebenheiten zu sein, aus denen dann der Herr Zeuge rechtliche Schlußfolgerungen zieht.

RA Dr. He[ldmann]:

Eben.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, ich bleibe auch jetzt bei der Beanstandung und bitte notfalls um eine Senatsentscheidung.[38] Wenn es jetzt eine Frage eines Angeklagten gewesen wäre, wäre ich auch bereit, das so hinzunehmen. Aber es ist die Frage eines Rechtsanwalts und der ist wohl in der Lage, auch in diesem Bereich nach Tatsachen zu fragen. Er fragt aber, welche Voraussetzungen liegen vor. Das heißt, welche rechtlichen Voraussetzungen liegen vor ... müssen gegeben sein.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Bundesanwalt ...

Vors.:

Bittesehr.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Er wird doch wohl in der Lage sein, zu sagen, tatsächlich oder rechtliche.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Bundesanwalt. Er ist in der[kkkkk] Lage. Ich frage Sie ja auch nicht, ob Sie in der Lage sind, zuzuhören. Dann hätten Sie nämlich gehört, daß der Herr Zeuge mit einem Rechtsbegriff geantwortet hat, wo er nach einer Tatsache befragt worden war, nämlich auf die Frage des Herrn Baader geantwortet hat, weil die Voraussetzungen nach dem Hessischen Gesetz für die Anwendung unmittelbaren Zwanges vorgelegen haben. Danach aber nach Rechtskategorien hat Herr Baader selbstverständlich nicht gefragt, sondern nach Tatsachen, so daß sich aus jener Antwort meine Frage ergibt, welche der tatsächlichen Voraussetzungen nach jenem Hessischen Gesetz haben Sie Herr Zeuge, hier, als Sie diese Antwort soeben gegeben haben, für gegeben erachtet?

(nach geheimer Beratung):

Vors.:

Der Senat hält die Frage im Hinblick auf die gegebene Antwort des Herrn Zeugen für zulässig. Sie richtet sich auf die tatsächliche Voraussetzung. Also welche Tatsachen gegeben gewesen sind, die Ihnen Anlaß gaben, eine Situation zur Anwendung unmittelbaren Zwanges gegeben sei.

Zeuge Mü[ller]:

Herr Vorsitzender, wenn ich mich recht erinnere, habe ich einen Eindruck wiedergegeben, weil ich gefragt worden bin, aufgrund welcher Bestimmung von der Schußwaffe oder aufgrund welcher Situation von der Schußwaffe Gebrauch gemacht worden ist, ob nach UZWG oder nach Nothilfe oder Notwehrrecht, und mein Eindruck [8326] war, daß der Schütze nach den Bestimmungen des Hessischen Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch Vollzugsbeamte der Polizei von der Schußwaffe Gebrauch gemacht hat. Und zwar nach meiner Beurteilung der Sachlage, weil gegen die in der Garage befindlichen Personen der Verdacht eines Verbrechens bestand und Sie sich der Festnahme durch Polizeibeamte entziehen wollten.

Vors.:

Und ich glaube, Sie haben ja die Tatsachen, die Ihnen diesen tatsächlichen Einduck vermittelt haben, inzwischen hinlänglich und wiederholt dargestellt. Kann dem noch was hinzugefügt werden?

Zeuge Mü[ller]:

Nein.

Vors.:

Nein.

RA Dr. He[ldmann]:

Dann, auf diese Antwort Herr Zeuge, kann ich Ihnen den Vorhalt nicht ersparen, daß Sie vorhin auf meine Fragen an Sie, ob Sie bei der von Ihnen erkannten Situation einen Ausbruchsversuch für möglich gehalten haben, absolut verneint haben und gesagt haben, bei dieser Konstellation Ausbruchsversuch ausgeschlossen. Und nunmehr frage ich Sie ...

Vors.:

Halt, der Vorhalt ist nicht richtig, Herr Rechtsanwalt.

[lllll] Der Vorhalt ist nicht richtig. Der Herr Zeuge hat gesagt, ich habe einem solchen eventuellen Ausbruchsversuch keine Erfolgsaussichten beimessen können. Angesichts der Situation, daß ein Versuch gemacht worden wäre oder hätte bevorstehen können, hat er niemals verneint.

RA Dr. He[ldmann]:

Gut, ich ...

RA Geu[len]:

Herr Vorsitzender, ich habe es wörtlich mitgeschrieben, das Zitat des Ausbruchsversuchs ...

Vors.:

Es ist jetzt nicht Ihre Sache, Herr Rechtsanwalt Geulen. Ich möchte Sie jetzt um eines bitten, wenn Sie sich hier in diesem Prozeß beteiligen wollen, dann tun Sie’s bitte nach Wortmeldung.

RA Dr. He[ldmann]:

Verzeihung, was soll das heißen, ob ein Verteidiger sich beteiligen will?

Vors.:

Es hat jetzt das Fragerecht Herr Baader, an seiner Stelle Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, der Manns genug sein sollte, sich selbst zu wehren. Und im übrigen darf ich Sie darauf hinweisen, Sie bekommen das Wort, aber Sie sollen sich zu Wort melden. Es geht nicht so, wie Sie’s bis mittags getrieben haben, daß Sie nämlich ständig dann ...

RA Geu[len]:

Hören Sie doch auf „getrieben“ haben. Lassen Sie doch diese Terminologie, Herr Vorsitzender.

[8327] Vors.:

... wenn Sie glauben, es sei passend, anfingen, zu reden. Ununterbrochen, das kann jeder bestätigen, der hier anwesend war.

RA Geu[len]:

Sie unterbrechen uns sehr viel öfter ...

RA Dr. He[ldmann]:

Darf ich mal fragen ... darf ich mal fragen, was ...

Vors.:

Nein, Sie dürfen jetzt im Augenblick nicht fragen, weil im Augenblick Herr Rechtsanwalt Geulen seine Ausführung machen will, und ich ihm dazu das Wort erteile.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, nein die Frage für mich ...

RA Geu[len]:

Herr Vorsitzender, das gibt doch wirklich keinen Sinn, was Sie hier machen.

Vors.:

Nein, ich möchte jetzt Herrn Rechtsanwalt Geulen das Wort ... wollen Sie das Wort beanspruchen oder nicht?

RA Dr. He[ldmann]:

Dann beanstande ich Ihre Wortwahl gegenüber der Verteidigung „sie triebe es hier“. Was meinen Sie, wie Sie hochhüpfen würden, wenn ich sagte, das Gericht treibt es hier.

Vors.:

Ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang Sie das meinen, wollen Sie jetzt irgendwelche weiteren Fragen stellen?

RA Dr. He[ldmann]:

Ja.

Vors.:

Bitte, dann tun Sie das.

RA Dr. He[ldmann]:

Bevor ich unterbrochen worden bin habe ich folgenden Vorhalt gemacht:

Vors.:

Den Vorhalt kennen wir. Ich habe Ihnen gesagt, der Vorhalt ist nicht richtig, so wie Sie ihn vorgehalten haben.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Zeuge, Sie haben sicher gehört, wie meinen Vorhalt der Herr Vorsitzende gemacht hat, also auf die Korrektur des Vorhalts durch den Herrn Vorsitzenden frage ich Sie jetzt. Nachdem Sie einem Ausbruchsversuch keinerlei Erfolgsaussichten geben konnten, wie vereinbaren Sie damit Ihre Antwort auf die vorher gestellte Frage, nämlich weil gegen Anwendung unmittelbaren Zwangs, also gezielter Schuß, weil gegen diese Personen der Verdacht eines Verbrechens begründet war und um zu verhindern, daß sie sich der Festnahme entziehen. Wie kann man sich der Festnahme entziehen, wenn ein Ausbruchsversuch keinerlei Erfolgschance hat? Sehen Sie den Widerspruch auch, Herr Zeuge?

Zeuge Mü[ller]:

Nein, ich sehe keinen Widerspruch.

RA Dr. He[ldmann]:

So, dann will ich versuchen zu erklären. Sie haben auf die Frage ...

Vors.:

Nein, ich würde doch ... das ist doch eine Frage an den Herrn Zeugen, ob er darauf eine Antwort geben kann.

[8328] RA Dr. He[ldmann]:

Verzeihung, ich habe gerade einen Vorhalt gemacht, den Vorhalt gemacht zum Zweck, dem Herrn Zeugen einen Widerspruch aufzuzeigen zwischen zweien seiner eigenen Aussagen hier.

Vors.:

Gewiss, aber Sie haben[mmmmm] dann ...

RA Dr. He[ldmann]:

Der Zeuge hat gesagt, er könne den Widerspruch nicht erkennen.

Vors.:

Ja, dann lassen Sie ihn doch begründen, warum nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja dann wäre mein Vorhalt ja völlig umsonst.

Vors.:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Wollen wir nicht dem Herrn Zeugen die Hilfe anbieten, die Hilfe anbieten ...

Vors.:

Deswegen wollen wir ja sehen, ob der Herr Zeuge nicht die Antwort geben kann.

RA Dr. He[ldmann]:

... daß wir ihm den Vorhalt erklären, wie Sie wollen, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Herr Zeuge sind Sie im Stande, eine Antwort darauf zu geben, warum Sie keinen Widerspruch sehen zwischen diesen Aussagen, die Sie gemacht haben?

Zeuge Mü[ller]:

Ja, richtig, wenn ich der Meinung bin, weil ich die Lage genau kenne, daß ein Ausbruch nicht erfolgreich stattfinden kann, dann hat das nach meiner Ansicht nichts damit zu tun, daß die in der Garage befindlichen Personen, obwohl sie durch polizeiliche Lautsprecherdurchsagen wiederholt auf die Ausweglosigkeit ihrer Lage aufmerksam gemacht wurden sind, dennoch die Absicht haben können, ihr Heil in der Flucht zu suchen, weil sie meinen, daß sie die polizeilichen Maßnahmen durchbrechen können.

RA Dr. He[ldmann]:

Und daraus ergibt sich für Sie die Begründung für den gezielten Schuß, um zu verhindern, daß sie sich der Festnahme entziehen, Herr Zeuge?

Es war eine Frage.

Zeuge Mü[ller]:

Ich kann darauf keine Antwort geben.

Ende von Band 463.

[8329] Vors.:

Ja, die Antwort ist doch[nnnnn] gegeben, ja, der Herr Zeuge ... war das eine Frage oder ist das eine ...?

RA Dr. He[ldmann]:

Das war eine Frage, ja. Soll ich sie erklären?

Vors.:

Ich weiß nicht, ob Sie die Frage verstanden haben ...

Zeuge Mül[ler]:

Ja ...

Vors.:

... und eine Antwort drauf geben können.

Zeuge Mül[ler]:

... ich glaube, es ist ein bißchen schwierig für mich bei diesem Hin und Her. Vielleicht kann Herr Rechtsanwalt Heldmann die Frage für mich noch etwas deutlicher machen, damit es nicht wieder ein Mißverständnis gibt.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, eben, Herr Zeuge, das macht auch für die Verteidigung die Sache so schwierig, dieses Hin und Her, deswegen mache ich Vorhalte.

Wie kommen Sie zu Ihrer Aussage, der gezielte Schuß war geboten, nach dem von Ihnen zitierten Gesetz, um zu verhindern, daß die beiden Personen sich ihrer Festnahme entziehen, wo Sie selbst sagen, die Chance, sich der Festnahme zu entziehen, war gleich null. Sie haben nämlich von der, das haben Sie nicht wörtlich gesagt, Sie haben von Ausweglosigkeit gesprochen, und das ist identisch mit meiner Wortwahl. Wie also, nun soll hier nach Ihrer Aussage die Voraussetzung gewesen sein für den gezielten Schuß, sich der Festnahme zu entziehen?

Zeuge Mül[ler]:

Ich wollte damit, mit dieser Erklärung etwas über die denkbaren Erfolgsaussichten eines Ausbruchsversuches sagen; die schließt selbstverständlich ein, daß ein solcher Ausbruchsversuch deswegen zur Erfolgslosigkeit veruteilt war, weil die Polizeikräfte so eingesetzt waren, daß sie notfalls bei vorliegender gesetzlichen Voraussetzung auch unter Anwendung der Schußwaffe einen solchen Ausbruch würden verhindern können.

Vors.:

Herr Dr. Heldmann, Sie sind am ... bei Ausübung des Fragerechts.

Herr Rechtsanwalt Geulen, bitte.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, das Problem ist doch folgendes. Ist Ihnen bekannt, das ist meine Frage, daß die Anwendung - es ist ja wohl § 5 des Hessischen Gesetzes über die Anwendung unmittelbarer Zwanges[ooooo] es kommt jetzt nicht darauf an, ich sage es jetzt nur zu Ihrer Information, daß die Voraussetzung eine objektive Fluchtmöglichkeit ist. Das heißt die Verhinderung der Flucht setzt also eine objektive Fluchtmöglichkeit voraus. Und Sie haben anfangs gesagt und Herr Vorsitzender, es ist nicht richtig, wie Sie das [8330] wiedergegeben haben, ich habe es mir wörtlich aufgeschrieben; wir haben ja glückerlicherweise[ppppp] das Tonband und könnten das rekapitulieren: „Einen erfolgreichen Ausbruchsversuch mußte ich für unmöglich halten“. Ich habe den Zeugen - ich möchte das gerne nochmal wissen - so verstanden, er war objektiv unmöglich, aber es mußte, sozusagen subjektiv mit einem Ausbruchsversuch gerechnet werden oder das war nicht auszuschließen. Meine Frage ist also, Herr Zeuge, wenn das so ist, ist Ihnen nicht bekannt, daß die Anwendung dieser Bestimmung des Gesetzes, des Hessischen Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges, die objektive Fluchtmöglichkeit voraussetzt und nicht bloß die subjektive?

Vors.:

Die Antwort ist doch gerade gegeben worden vom Herrn Zeugen. Ich glaube, er kann es nur wiederholen, es ist doch ein[qqqqq] Zirkelschluß, der hier gezogen wird. Er sagt, es ist ...

Angekl. Baa[der]:

Lassen Sie ihn doch antworten.

Vors.:

... es ist natürlich die objektive Voraussetzung auch[rrrrr] dann gegeben, wenn jemand fliehen kann, sie aber dann verhindert wird, wenn die Polizei rechtmäßig von der Schußwaffe Gebrauch macht.

RA Geu[len]:

Aber, Herr Vorsitzender, Sie verstehen ...

Vors.:

Sonst würde das Gesetz niemals anwendbar sein.

RA Geu[len]:

... Entschuldigung, Sie verdrehen doch wirklich die Worte, es ist doch wirklich wahr. Sie sagen jetzt, wenn jemand fliehen kann, der Zeuge hat genau das Gegenteil gesagt, er hat genau gesagt, daß objektiv ...

Vors.:

Aber, meine Herren ...

RA Geu[len]:

... objektiv nicht geflohen werden konnte, daß aber möglicherweise, aus welchen Gründen auch immer, damit zu rechnen war, daß ein Ausbruchsversuch oder ein Fluchtversuch, wie man es nennen will, gemacht werden konnte.

Vors.:

Also, meine Herren, ich will Ihnen eines sagen, es ist jetzt klar vom Herrn Zeugen ...

RA Geu[len]:

Sie unterbrechen mich jetzt, ich möchte das gerne feststellen. Ich bin in meiner Frage, und Sie unterbrechen mich, nachdem Sie vorher die Aussage des Zeugen, wie ich jetzt festgestellt habe ...

Vors.:

Weil das eine Wiederholungsfrage ist, Herr Rechtsanwalt.

RA Geu[len]:

Wie bitte?

Vors.:

Weil das eine Wiederholung ist. Der Herr Zeuge hat bereits angegeben: Verhindert werden konnte nach seiner Aussicht dieser Fluchtversuch durch die Postierung der Beamten und dem evtl. Einsatz, [8331] im Notfalle, der Schußwaffe. Das ist doch aber eine Sache, die sich aus dem Gesetz ergibt. Das ist doch nicht so, daß deswegen der Schußwaffengebrauch nicht möglich wäre, weil er nämlich die Flucht verhindert, das ist doch ein Zirkelschluß ...

RA Dr. He[ldmann]:

Aber er hat ...

RA Geu[len]:

Nein, es gibt ja auch andere Gründe z. B. Notwehr, wenn einer angeschossen wird.

Vors.:

Diese Frage ist damit erledigt, Herr Rechtsanwalt, sie kann nicht ständig wiederholt werden.

RA Dr. He[ldmann]:

Darf ich ...

RA Geu[len]:

Aber, Herr Vorsitzender, Sie verdrehen das wirklich, das muß doch jetzt auch festgehalten werden. Der Herr Zeuge hat gesagt, es ist hier nach seiner Meinung die Bestimmung, § 5 - das sage ich jetzt dazu - die Bestimmung aus dem Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges. Diese Bestimmung ist eine andere als die Notwehrbestimmung. Wenn diese Bestimmung gegeben sein soll, die Voraussetzung, dann muß objektiv eine Fluchtmöglichkeit vorliegen. Es ist etwas anderes, wenn z. B. eine objektive Fluchtmöglichkeit nicht vorliegt, subjektiv oder faktisch die Flucht versucht wird, und dann eine Notwehrsituation entsteht, dann entsteht ein ganz anderer Rechtfertigungsgrund für einen Polizeieinsatz. Diese Situation steht aber gegenwärtig überhaupt nicht zur Diskussion. Deshalb ist das, worauf die Kollegen die ganze Zeit raus wollen, wo wir auch längst angekommen wären, worauf auch Herr Heldmann raus wollte und worauf ich auch ... ich habe mir das auch in der Pause nochmal genau hier notiert; die Differenz, den Widerspruch zwischen der objektiven Fluchtmöglichkeit und der Meinung von irgendeinem Fluchtversuch, denn das ist genau die entscheidende Differenz für die Rechtmäßigkeit der Anwendung unmittelbaren Zwanges. Und das hat genau der Zeuge gesagt, und Sie haben, Herr Vorsitzender, haben es genau wieder verschwommen wiedergegeben und haben gesagt, der Zeuge hat das doch schon beantwortet und hat gesagt, daß sie gar nicht fliehen konnten, was er eben gerade nicht gesagt hat.

Vors.: (nach geheimer Beratung)

Das, was Sie als Frage formuliert haben und was ich als bereits beantwortet bezeichnet habe, ist nicht zulässig. Der Senat hat, da das, was Sie ausführten, als Beanstandung begriffen worden ist, darüber beschlossen:

Die Frage ist nicht mehr zulässig.

[8332] RA Geu[len]:

Darf ich mal fragen, wann Sie darüber beschlossen haben?

Vors.:

Daß die Frage nicht mehr zulässig ist[sssss], da sie bereits beantwortet wurde?

RA Geu[len]:

Nein, wann Sie darüber beschlossen haben?

Vors.:

Bitte?

RA Geu[len]:

Wann Sie darüber beschlossen haben?

Vors.:

Jetzt gerade ...

RA Geu[len]:

Sie haben sofort im Anschluß an ...

Vors.:

... bei Ihren Ausführungen.

RA Geu[len]:

... meiner Ausführungen darüber beschlossen?

Vors.:

Doch, Ihre Ausführungen waren gerade zu Ende, als wir uns verständigt haben darüber, daß die Frage gestellt und bereits beantwortet ist.

RA Geu[len]:

Das ist die berühmte juristische Sekunde, die gibt es nur im Zivilrecht,[39] Herr Vorsitzender.

Vors.:

Bitte, stellen Sie jetzt neue Fragen.

RA Geu[len]:

Ja, ich darf doch mal feststellen, daß Sie während meiner Ausführungen oder während Ihrer Ausführungen beschlossen haben. Ich halte das für unzulässig. Ich möchte das mal ganz klar feststellen.

Vors.:

Stellen Sie das fest, es ist im Protokoll jetzt festgehalten. Jetzt stellen Sie bitte weitere Fragen, wenn Sie welche haben.

RA Geu[len]:

Daß es für Sie keine große Bedeutung hat, wissen wir. Ich habe zu einem anderen Punkt noch Fragen.

Vors.:

Also ich bitte jetzt folgendes zu handhaben, daß das Frage...

Angekl. Baa[der]:

Ich möchte [ttttt] diesen Beschluß beanstanden.

Vors.:

- Augenblick - daß das Fragerecht ... Es gibt nichts zu beanstanden, der Senat hat bereits entschieden. Es ist ganz klar, daß das Fragerecht hier nicht in einem System durchgeführt werden kann, daß jeder gerade dann, wenn er zu Ende ist, dem anderen das Fragerecht weitergibt. Ich bitte jetzt die Prozeßbeteiligten, ihr Fragerecht auszuüben, auch wenn Sie weitere Komplexe, wie Sie das bezeichnen, im Auge haben.

Herr Rechtsanwalt Geulen, haben Sie weitere Komplexe im Auge? Dann fragen Sie dazu.

RA Geu[len]:

Das ist eine Frage der Verhandlungsleitung. Wenn Sie der Meinung sind, bin ich bereit, zu einem anderen Komplex jetzt zu reden, wenn Sie der Meinung sind, daß es sinnvoller ist, wenn die Kollegen hinterher wieder auf den Punkt zurückkommen. Ich möchte dann ...

Angekl. Ra[spe]:

Wir möchten ihn ablehnen.[uuuuu]

RA Geu[len]:

Ja, wenn abgelehnt werden soll, muß abgelehnt werden, sonst [8333] würde ich jetzt weiter eine Frage stellen, aber zu einem anderen Komplex eben.

Vors.:

Bitte, stellen Sie doch jetzt Ihre Fragen, Herr Rechtsanwalt.

Angekl. Ra[spe]:

Nein, ich will einen Antrag stellen.

Vors.:

Wenn Sie einen Antrag stellen wollen, ist es zweckmäßig zu erklären, um was für einen Antrag es sich handelt, dann kann nämlich entschieden ...

Angekl. Ra[spe]:

Einen Ablehnungsantrag.[40]

Vors.:

... werden. Ein Ablehnungsantrag. Bitte, formulieren Sie.

Angekl. Ra[spe]:

Und zwar deswegen, und zwar gegen den ganzen Senat, weil er ... weil der ganze Senat ...

Vors.:

Ich darf vielleicht, weil der Herr Zeuge ... Entschuldigung, darf ich vielleicht dem Herrn Zeugen die Empfehlung geben. Es ist[vvvvv] jetzt eine kurze Unterbrechnung zu erwarten, möglicherweise. Wir wissen nicht, wie das Verfahren weiter geht, so[wwwww] müssen wir Ihnen Bescheid geben, was im einzelnen geschieht.

Prof. Dr. Azzola verläßt um 17.23 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Aber ich würde empfehlen, daß Sie die Pause für sich vielleicht benutzen.

Der Zeuge Müller verläßt um 17.23 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Herr Raspe.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, der Ablehnungsantrag richtet sich gegen den ganzen Senat, die fünf beteiligten Richter, und um ihn im einzelnen zu begründen, brauche ich 5 Minuten Pause, um einen Moment das Protokoll abzuhören. Es bezieht sich auf den Beschluß, den der Senat eben gefasst hat, in der Ablehnung der Frage.

Vors.:

Sie können jetzt Ihren Ablehnungsantrag begründen. Mit Abhörung des Protokolls ist jetzt nichts, sondern Sie haben die Möglichkeit, die Tatsachen, die Sie glauben, zum Ablehnungsgrund ...

Angekl. Ra[spe]:

Ja, Moment, Moment ...

Vors.:

... machen zu können, jetzt vorzutragen. Sie können nicht jetzt durch Abhören des Protokolls sich Ablehnungsgründe aussuchen.

Angekl. Ra[spe]:

Ich wollte die genaue Formulierung.

Vors.:

Wenn Sie einen Ablehnungsgrund sehen, dann müssen Sie auch die [8334] Formulierung, die Sie beanstanden wollen, vor Augen haben, dann tragen Sie sie vor.

Angekl. Ra[spe]:

Die Formulierung ergibt sich inhaltlich, ich kann Sie dann also, kann also nur auf das Protokoll verweisen, da Sie mir das nicht möglich machen, das abzuhören, was jedem Rechtsanwalt ermöglicht wird, das bezieht sich konkret auf Ihre Feststellung, Ihre Interpretation, mit der Sie die Frage abgelehnt haben an Müller und Ihre Interpretation, die durch den Senatsbeschluß dann getragen worden ist, nämlich der Art, daß nach Ihrer Formulierung der Todesschuß eindeutig eindeutig gerechtfertigt wird. Und zwar ist das also die einzige Möglichkeit, in der Sie das so verdreht haben, daß schließlich genau rauskommt, was hier also auch hier offensichtlich hinter der gesamten Konstruktion der Polizei stand. Und um das im einzelnen zu belegen, brauche ich die genau Formulierung, die auf dem Band festgehalten wird.

Vors.:

Sie haben jetzt die Gelegenheit, weiter die Begründung vorzutragen. Sie können im übrigen zur Glaubhaftmachung[41] auf das Protokoll verweisen.

Angekl. Ra[spe]:

Das habe ich bereits getan, daß ich auf’s Protokoll verweise.

Vors.:

Weitere Wortmeldungen, bitte.

RA Ob[erwinder]:

Wenn Herr Raspe die Besorgnis der Befangenheit ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Oberwinder, Sie sind wohl nicht Verteidiger von Herrn Raspe, wenn ich es recht sehe?

RA Ob[erwinder]:

Ja, aber ich schließe mich dann insoweit an, daß ich erstmal beantrage,

daß das Tonband zurückgespult wird, um die genauen Begründungen, die dem Beschluß eigentlich vorhergegangen sind, noch mal anzuhören.

Das ist ein Antrag.

Vors.:

Der Senat macht eine Pause von 5 Minuten. Die Herren Verteidiger haben Gelegenheit, sich in dieser Pause beim Protokoll nach den Ihren interessant erscheinenden Stellen[xxxxx] zu erkundigen.

Pause von 17.25 Uhr bis 17.32 Uhr

In dieser Pause erhielten die Verteidiger Rechtsanwälte Dr. Heldmann, Oberwinder und Geulen Gelegenheit, die entsprechenden Stellen auf dem Gerichtstonband abzuhören.

[8335] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 17.32 Uhr

Prof. Dr. Azzola ist wieder[yyyyy] anwesend.

Vors.:

Herr Raspe, nunmehr haben Sie wieder das Wort.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ich ziehe diesen Antrag zurück.

Möchte aber nochmal darauf hinweisen, daß ich also keinen zweiten stelle, wegen Sinnlosigkeit keinen zweiten stelle, obwohl Sie gesagt haben, auf eine Verteidigerfrage „Wann haben Sie den Beschluß gefasst?“, war Ihre Antwort: „Bei Ihren Ausführungen“, und ich stelle deswegen auch daraus keinen zweiten - im Moment - Ablehnungsantrag, woraus eben deutlich würde Ihre Einteilung der ... Ihre Einteilung der Verteidigung; das also gezeigt hat, daß Sie x-mal in diesem Verfahren sich geweigert haben, zu warten, auch nur einen kleinen Augenblick und natürlich in dem umgekehrten Fall bei den Zwangsverteidigern[42] sofort die Pause machen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Oberwinder, Sie hatten sich dem Antrag angeschlossen, gilt diese Erklärung auch für Sie?

RA Ob[erwinder]:

(Anfang unverständlich) Antrag angeschlossen, was das Protokollzurückspulen anbelangt, nicht den Ablehnungsantrag.

Vors.:

Darf ich jetzt bitten, wer, damit es festgelegt wird, in welcher Reihenfolge nun das Fragerecht weiter ausgeübt wird?

(Rechtsanwalt Geulen spricht unverständlich[zzzzz] ins abgeschaltene Mikrophon)

Vors.:

Sie, Herr Rechtsanwalt Geulen wollen fortsetzen.

Der Zeuge Müller erscheint wieder um[aaaaaa] 17.35 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Wir können, also, wenn Sie wieder so weit sind, jetzt Herrn Rechtsanwalt Geulen die Möglichkeit geben, weitere Fragen zu stellen.

[8336] RA Geu[len]:

Ja, es ist also jetzt zu einem etwas anderen Zusammenhang möchte ich Ihnen einen Vorhalt machen, Herr Zeuge. Und zwar geht es um das Gespräch, von dem Sie sprachen, das Sie mit Herrn Honke geführt haben - Vorhalt von Bl. 4245 des Protokolls - und zwar ein Vorhalt, von dem ich meine, daß er im Widerspruch steht zu den zwei oder drei einander in Widerspruch stehenden Äußerungen von Ihnen über die Frage des Zieles dieses Schusses, den Herr Honke abgegeben hat. Sie haben, da hatte ich schon einmal einen Vorhalt gemacht, und repliziere das nur, „der Schütze versuchte auf die Hand des Mannes zu schießen“ und später gesagt, „auf die Waffe zu schießen“ und jetzt der Vorhalt Bl. 4245, da sagt Herr Honke: „Ich habe da hingezielt, wo ich ihn auch getroffen habe“, also auf die Hüfte, ergänze ich, „das war“, weiter Herr Honke, „das war ein gezielter Schuß. Ich hatte die Absicht, ihn dort zu treffen, denn das Ziel war, ihn flucht- und kampfunfähig zu schießen“; das letzte war nicht mehr wichtig.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Sie müssen natürlich vom Stand ausgehen, der als Ergebnis vieler Fragen erreicht worden ist. Der Herr Zeuge hat gesagt: Hand, Waffe oder Unterkörper[bbbbbb]. Er ist sogar gefragt worden, wieso er das Wort „beziehungsweise“ hierbei verwendet habe; also ist der Vorhalt unrichtig, zwangsläufig auch die Frage. Weitere Fragen?

RA Geu[len]:

Ja, Moment, ich glaube, beim Unterkörper waren wir noch nicht angelangt; zuerst hatten wir „Hand“ und dann hatten wir „Waffe“.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich bedauere, wenn Sie es nicht mitbekommen haben, es ist ausdrücklich sogar dieser Punkt vertieft worden durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Geu[len]:

Gut, ich möchte noch gerne wissen, ob Sie die Aussage von Herrn Honke, das heißt das Protokoll der Aussage in dieser Verhandlung gelesen haben?

Vors.:

Ob Sie das Protokoll der Aussage des Herrn Honke vor der heutigen Vernehmung gelesen hätten?

Zeuge Mül[ler]:

Nein.

RA Geu[len]:

Oder das Protokoll der Aussage von Herrn Honke vom Ermittlungsverfahren gelesen haben? Ob Sie das gelesen haben?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe eine dienstliche Erklärung ...

RA Geu[len]:

Dienstliche Erklärung.

Zeuge Mül[ler]:

... die der Beamte abgegeben hat oder eine Zeugenvernehmung [8337] gelesen. Ich kann das jetzt im Moment nicht genau sagen.

RA Geu[len]:

Ja, ich habe eine weitere Frage. Als der Herr Honke draußen, also nicht oben in der Wohnung, sondern vorher draußen zu Ihnen kam und bat oder fragte nach einer Schußwaffe, hatten Sie da irgendwelche rechtlichen Bedenken, weil ja Herr Honke nicht Mitglied Ihrer Behörde ist und wohl auch gar nicht Beamter des Landes Hessen ist, sondern Beamter des BKA ist, und Sie irgendwelche rechtlichen Bedenken ...?

Zeuge Mül[ler]:

Also er kam nicht zu mir, sondern er kam zur Einsatzleitung und traf mich bei der Einsatzleitung dort an. Und ihm ist doch, obwohl er kein Frankfurter Beamte war, eine Schußwaffe zur Verfügung gestellt worden, weil das so gewünscht wurde, und weil dies, wie ich meine, auch völlig in Ordnung war.

RA Geu[len]:

Sie hatten also keine rechtlichen Bedenken dagegen?

Zeuge Mül[ler]:

Nein.

RA Geu[len]:

Ist das nur - (zu Baader)[cccccc] Moment, jetzt bin ich gerade am Fragen, vielleicht können wir das dann anschließen -. Bezog sich dieses Fehlen von rechtlichen Bedenken - etwas unschön formuliert - nur auf diese konkrete Situtation oder ist das allgemein so, daß Beamte des Bundeskriminalamtes von Ihnen Waffen ausgehändigt bekommen?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe nicht gesagt, daß Herr Honke Beamter des Bundeskriminalamtes war, das stimmt wohl auch gar nicht. Aber die zu Verfügungstellung von Schußwaffen an Beamte anderer Behörden in der selbstverständlichen Voraussetzung, daß diese im Rahmen der Gesetze rechtmäßigen Gebrauch davon machen, halte ich für eine völlig normale Sache.

RA Geu[len]:

Wenn Herr Honke nicht Beamter des Bundeskriminalamtes und nicht Beamter Ihrer Dienstbehörde war, was war er denn dann für ein Beamter oder wer war sein Dienstherr, konkret gefragt?

Zeuge Mül[ler]:

Ja, soweit ich weiß, wir waren damals als Frankfurter Polizei noch nicht verstaatlicht[dddddd], noch kommunale Polizei, war er Beamter des Landes Hessen. Aber das kann ich nicht mit Sicherheit sagen.

RA Geu[len]:

Ja, ich möchte Ihnen vorhalten, müßte das aber jetzt suchen, aber ich wüßte eine ganze Reihe von Stellen, daß Herr Honke Beamter des BKA gewesen ist, z. B. aus der Aussage von Herrn Honke selbst, ich müßte jetzt allerdings nachsehen.

Vors.:

Nein, Herr Rechtsanwalt, Sie können also keinen Vorhalt machen der fundiert wäre. Folglich kann ich den Vorhalt nicht zulassen. Ich glaube auch, Sie irren sich. Herr Honke stammte von einer Hessischen Dienststelle.

[8338] RA Ge[ulen]:

(Anfang unverständlich) ... nachschauen und möchte dann im Augenblick keine weitere Fragen stellen.

Vors.:

Ja. Weitere Fragen?

RA Dr. He[ldmann]:

Darf ich dem Herr Kollegen beispringen. Der Vorhalt findet sich auf Blatt 4257.

RA Geu[len]:

Ja: „Ich habe gesagt, ich bin Kriminalbeamter, ich bin ja eingesetzt gewesen von Bundeskriminalamt bei dieser Aktion“, das heißt natürlich nicht unbedingt, daß er Beamter des ...

Vors.:

Ja, der Einsatzleitung, das hat doch der Herr Zeuge mehrfach erklärt, der Einsatzleiter war ein Beamter des Bundeskriminalamtes, aber deswegen gehört er, der Herr Zeuge, nicht, das ist glatter Irrtum, das ist klar ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

... der Herr Zeuge Honke nicht zum Bundeskriminalamt.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Bitte, vielleicht hilft es dem Herrn Rechtsanwalt drüber, wenn er Blatt 4216 liest.

Vors.:

Nun, es ist ja wohl auch nicht so wichtig. Ich glaube, es ist doch jetzt klar, er[eeeeee] ist kein Bundeskriminalbeamter gewesen, sondern er gehörte einer Hessischen Polizeidienststelle an. Daß er deswegen der Einsatzleitung unterstand, das ist unbestritten.

RA Geu[len]:

Ja, ich habe keine Fragen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe noch Fragen, die jedoch nicht aus dem hier angegebenen Beweisthema entspringen.

Vors.:

Bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Verzeihung, ich höre soeben von Herrn Baader, er hat Fragen, die zu diesem Beweisthema gehören. Deswegen halte ich für richtig, wenn Herr Baader erst fragt.

Vors.:

Aber, Herr Baader, jetzt muß es dann so sein, daß Sie Ihre Fragen zu Ende bringen. Es geht nicht an, daß hier das Fragerecht ständig pendelt, sondern Sie müssen jetzt Ihr Fragerecht ausüben, darüber müssen Sie sich im klaren sein.

Angekl. Baa[der]:

Es kommt vielleicht auch daher, daß sich die Aussagen des Zeugen dauernd ändern.

Vors.:

Jetzt fragen Sie bitten.

Angekl. Baa[der]:

Aber Sie sagten gerade, er kam in die Einsatzleitung, der Beamte, Honke?

Zeuge Mül[ler]:

Das habe ich nicht gesagt.

Angekl. Baa[der]:

Er kam in die Einsatzleitung, habe ich ...

Vors.:

Nein, das hat der Herr Zeuge nicht gesagt. Ich bitte aufzupassen, [8339] und nicht dann falsche Fragen deswegen zu formulieren, weil Sie nicht zugehört haben.

Angekl. Baa[der]:

Ja, also, dann machen Sie sich doch bitte die Mühe, mir das nochmal zu erklären, was hat er denn gesagt.

Vors.:

Nein, jetzt ...

Angekl. Baa[der]:

Gut, dann frage ich ...

Vors.:

... sind jetzt beantwortet.

Angekl. Baa[der]:

... wo fand das Zusammentreffen mit dem Schützen statt, das erste?

Vors.:

Die Frage ist beantwortet. Nach einer fast 4-stündigen Vernehmung des Herrn Zeugen ist jetzt also wirklich Wert drauf zu legen, daß die Fragen, die hier gerichtet werden, korrekt sind, und daß nicht ständige Wiederholungen und Aufklärungen stattfinden müssen. Haben Sie Fragen aus dem, was Sie richtig verstanden haben?

Angekl. Baa[der]:

Ja. Ich wollte nochmal zu dem Verhältnis fragen. Die Frage vorhin ist nicht beantwortet worden, als[ffffff] die Pause von dem Zwangsanwalt da drüben beantragt worden ist.

Vors.:

Gut, dann stellen Sie die Frage, die Sie beantwortet wissen wollen, Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

Ja, es ging nochmal um die Frage, warum, und ganz konkret, sondern ganz einfach, warum ist geschossen worden in dieser Situation?

Vors.:

Diese Frage ist längst mehrfach beantwortet worden ...

Angekl. Baa[der]:

Nein, es ist gesagt worden ...

Vors.:

... und immer wieder vertieft worden, Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

... es ist gesagt worden, es ist nach Hessischen Polizeigesetz gerechtfertigt gewesen. Der Grund, warum zu diesem Zeitpunkt ganz konkret im Ablauf einer Sache, die sich über 4 Stunden hingezogen hat, in einer vollständig entspannten Situation, würde ich sagen oder relativ entspannten Situation, ein gezielter Schuß abgegeben worden ist.

Vors.:

Ja, ich lasse die Frage nicht mehr zu, sie ist mehrfach beantwortet.

Angekl. Baa[der]:

Nein, die ist nicht ein einziges Mal beantwortet worden.

Vors.:

Also das ist eine Beanstandung.[43]

(nach geheimer Beratung) Die Frage ist nicht mehr zulässig.

Bitte, weitere Fragen.

Angekl. Baa[der]:

Ja, gut, dann sagen wir mal, sie ist rechtlich beantwortet, meinetwegen, was Sie unter Recht verstehen, sie ist aber jedenfalls nicht nach den einsatztaktischen oder meinetwegen auf [8340] der militärischen Ebene ist sie nicht beantwortet; an den konkreten Tatsachen ist sie von diesem Zeugen hier nicht beantwortet worden.

Vors.:

Der Herr Zeuge hat sein Wissen zu dieser Frage in jeder Richtung bekanntgegeben, insbesondere im Hinblick auf die Tatsachen, denn dazu ist der Herr Zeuge da, nicht um[gggggg] irgendwelche[hhhhhh] Rechtsfragen zu beantworten ...

Angekl. Baa[der]:

(Anfang unverständlich) ... fragen Sie doch mal inhaltich dann.

Vors.:

... und damit ist die Frage beantwortet und Wiederholungen sind nicht mehr zulässig.

Angekl. Baa[der]:

Die Frage ist ... Ich stelle nochmal ausdrücklich fest, die Frage ist nicht beantwortet worden. Es ist gesagt worden ...

Vors.:

Bitte, stellen Sie jetzt neue Fragen. Wenn Sie Ihr Fragerecht nicht ausüben, sondern es ständig hinziehen dadurch, daß Sie Feststellungen treffen über bereits ergangene Entscheidungen ...

Angekl. Baa[der]:

Dann lassen Sie doch die Frage zu.

Vors.:

... dann lasse ich Ihnen die Frage nicht mehr zu.

Angekl. Baa[der]:

Die Frage ist nicht beantwortet.

Vors.:

Herr Baader, wollen Sie weitere Fragen stellen, ja oder nein?

Angekl. Baa[der]:

Ich will diese Frage beantwortet haben.

Vors.:

Sie müssen sich daran halten, daß jetzt, wenn Sie nicht das Fragerecht mit weiteren Fragen ausüben, Ihnen das Wort entzogen wird. Ich habe Ihnen jetzt gesagt, der Senat hat bereits darüber entschieden, daß die Frage nicht mehr zulässig ist. Daran müssen Sie sich schon halten.

Angekl. Baa[der]:

Ja, gut, dann ist die Frage als solche nicht zulässig hier, warum geschossen wurde; gut, das nehmen wir zur Kenntnis.

Vors.:

Weitere Fragen?

Angekl. Baa[der]:

Jetzt habe ich keine Fragen.

Vors.:

Keine Fragen mehr.

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie waren der nächste, der sich gemeldet hatte, Sie haben Fragen?

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, ich habe Fragen jenseits dieses Beweisthemas ... der Kollege Azzola ...

Vors.:

Hat jemand noch innerhalb dieses Beweisthemas irgendwelche Fragen? Herr Professor Azzola.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Dr. Prinzing, ich erlaube mir zunächst, Ihnen den[iiiiii] Hinweis, daß der Herr Baader hat fragen wollen, auch wenn es in [8341] der Formulierung ...

Vors.:

Ich bitte Sie jetzt, Herr Professor, - es ist freundlich, daß Sie mir einen Hinweis geben wollen. Aber wir wollen jetzt uns nicht mehr mit Hinweisen hier befassen. Herr Baader hat das Wort vom Senat nicht mehr erhalten zu dieser Wiederholung dieser Frage. Sie sind im übrigen Verteidiger von Frau Meinhof. Ich bitte Sie jetzt Fragen zu stellen im Interesse von Frau Meinhof.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, worin, in welchen Tatsachen, in dieser Form haben Sie die Frage noch nicht beantwortet, in welchen Tatsachen lag die Notwendigkeit und Angemessenheit begründet, daß ein Mann, der weit weg vom Tatgeschehen war, nämlich viel weiter weg als eine Fülle anderer Polizeibeamter, hat sich gerechtfertigt sehen können, nach dem Gesetze, dem Hessischen Gesetze über die Anwendung unmittelbaren Zwanges, einen gezielten Schuß abzugeben?

Vors.:

Auch in dieser Form ist die Frage wegen Wiederholung nicht mehr zulässig.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Gut. Herr Zeuge, haben Sie schon einmal ein Gewehr der Marke „Fabrique Nationale d’armes de guerre Belgique“[jjjjjj] in der Hand gehabt?

Zeuge Mül[ler]:

Nicht daß ich wüßte.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Nicht, daß Sie wüßten? Nicht, daß Sie wüßten.

Herr Zeuge, können Sie mir sagen in welchem Anschlag der Honke geschossen hat? In welchem Anschlag sich das Gewehr befand?

Vors.:

Also, er meint wohl, wie das Gewehr gehalten wurde, ob aus der Hüfte geschossen wurde oder ...?

Prof. Dr. Azz[ola]:

Das heißt militärisch: Anschlag.

Zeuge Mül[ler]:

Ja, im normalen Anschlag, das Gewehr wurde ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge ...

Zeuge Mül[ler]:

... an die Schulter gelegt.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, Sie sind zwar Polizeipräsident, aber was ein normaler Anschlag ist, scheinen Sie nicht zu wissen. Es gibt drei Anschläge ...

Vors.:

Es ist doch bereits geschildert worden. Herr Professor, es ist doch bereits geschildert worden, daß der Herr Zeuge über die Schulter des Zeugen Honke mit, sozusagen, visiert hat, soweit ihm das möglich war. Daraus ergibt sich doch die Antwort für die Frage. Muß es sein?

Prof. Dr. Azz[ola]:

Nein, nein, die ergibt sich hier nochmal gar nicht.

Vors.:

Wenn Sie es in anderer Richtung präzisiert haben wollen, bitte.

[8342] Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, in welcher Höhe, vom Fußboden ausgesehen, befand sich der Gewehrlauf?

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, ist es eine[kkkkkk] Frage die ich beantworten soll?

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ja, denn Sie haben es doch beobachtet. Ich meine, in welcher Höhe vom Fußboden, das haben Sie nicht beantwortet.

Vors.:

Ja. Wenn Sie die Frage beantworten können, selbstverständlich.

Zeuge Mül[ler]:

Nach meiner Erinnerung wurde aus einem Küchenfenster geschossen und die Waffe, die an die rechte Schulter[llllll] abgestützt war, nach meiner Erinnerung, lag unmittelbar auf oder über der Fensterkante des Küchenfensters.

Rechtsanwalt Oberwinder verlässt um 17.48 Uhr den Sitzungssaal.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, haben Sie schon einmal einen erwachsenen Mann gesehen, der stehend in der Lage ist, mit einem Gewehr zu schießen, das mit seinem Laufe auf einer Fensterbrüstung liegt, die erfahrungsgemäß eine Höhe von 80 cm hat?

Zeuge Mül[ler]:

Nein, ich muß zugeben, daß ich dies ... - ich habe ja versucht, schon eine Antwort nach meiner Erinnerung zu geben - nicht mehr mit Sicherheit sagen kann, ob der Zeuge Honke im Stehen geschossen hat und damit möglicherweise die Waffe höher gehalten hat oder ob auf dem Boden gekniet hat; dies ist meine Erinnerung, die kann mich aber trügen[mmmmmm], und damit die Waffe unmittelbar oberhalb der Fensterkante gehalten hat.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, wenn der Herr Honke im Stehen geschossen hat, hat er dann stehend freihändig geschossen?

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, darf ich noch einmal wiederholen? Nach meiner Erinnerung hat er nicht stehend freihändig geschossen. Ich bin aber nicht sicher in dieser Annahme, ob meine Erinnerung den tatsächlichen Geschehensablauf wiedergibt. Deswegen kann ich auf[nnnnnn] die Frage, wenn er stehend geschossen hat, ob er dann stehend freihändig geschossen hat, keine Antwort geben.

Vors.:

Ja.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, wenn er nicht im Stehen und nicht stehend freihändig geschossen hat - das nehme ich einmal jetzt als Tatsache an - ich unterstelle es als Tatsache, dann möchte ich Sie noch einmal fragen - und bitte vergegenwärtigen Sie sich dann mal die Haltung, die mögliche Haltung eines Schützen - wie Sie über die Schulter des Herrn Honke, über Kimme und Korn auch nur in etwa haben sehen können?

[8343] Vors.:

Über Kimme und Korn streichen wir, denn das haben sie nie behauptet, aber über die Schulter.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Dem Lauf entlang.

Vors.:

Gut, ja, in der Form.

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe nicht gesagt, daß mir das gelungen ist. Ich habe mich nur darum bemüht, um ein möglichst exaktes Urteil über die Richtung des Schusses abgeben zu können, soweit das aus meiner Position möglich war in die gleiche Richtung zu gucken, wie der Lauf gerichtet war, und die auch der Schütze in etwa einnehmen mußte, um zu zielen.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, haben Sie schon jemals mit einem Gewehr geschossen?

Zeuge Mül[ler]:

Ja.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Liegt das vor dem Mai 1972 oder nach den Mai 1972?

Vors.:

Herr Professor, die Antwort kann gegeben und zwar ... aus Zeitgründen, aber ich bitte jetzt wirklich sachdienliche Fragen zu stellen.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Vorsitzender Richter, ich habe mich den ganzen Nachmittag zurückgehalten.

Vors.:

Das besagt nichts, daß jetzt Ihre ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ich weiß, wie man schießt, im Gegensatz möglicherweise zu Ihnen, ich weiß das nicht, aber hab es 3 Jahre lang gelernt. (mit lauter Stimme) Ich kann Ihnen eines sagen, wenn ich das erlebe, was von einem Polizeipräsidenten hier geboten wird in Bezug auf die Beurteilung, wo ein Gewehrlauf hingehört ...

Vors.:

Herr Professor, mäßigen Sie sich.

Prof. Dr. Azz[ola]:

... hingelangt hat, dann kann ich nur sagen, ich hätte dem Polizeipräsidenten auch mal eine Schießausbildung empfehlen können.

Vors.:

Herr Professor, bitte, wenn Sie Ihr Fragerecht ausüben wollen, dann bitte ich Sie, das in einer etwas weniger theatralischen Weise zu vollziehen.

Bitte, wenn Sie Fragen haben. Ich bitte Sie um sachdienliche Fragen. Die Tatsache, daß Sie sich bis jetzt zurückgehalten haben ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Es geht um gezielte ...

Vors.:

... ist kein Urteil über die Sachdienlichkeit.

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, darf ich etwas klarstellen. Ich habe vorhin bereits auf eine gezielte Bemerkung erklärt, ich bin kein geübter Gewehrschütze. Ich habe gelegentlich schon einmal ein Gewehr in der Hand gehabt, dies ist relativ lange her.

[8344] Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Polizeipräsident, Herr Zeuge, ich frage Sie, nach allem, was ich Ihnen, und ich könnte es auch noch demonstrieren, ich könnte es z. B. mit der Zur-Hilfenahme eines der Herren Gerichtsschreiber in diesem Saal vor allen Augen demonstrieren, daß so, wie Sie geschaut haben, Sie gar nichts gesehen haben können.

Vors.:

Bitte, in dieser Richtung können Sie ja Vorhalte machen.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Und deshalb frage ich Sie, ob es nicht wahrscheinlich ist, daß der Eindruck, den Sie von sich gegeben haben, in der Tat, wie Sie es auch vorhin angedeutet haben, aber nicht als überwiegend wahrscheinlich angedeutet haben, Resulat nachträglicher Gespräche sein kann?

Zeuge Mül[ler]:

Das kann ich ausschließen.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ich behalte mir entsprechende Beweisanträge vor. Herr Zeuge, eine andere Frage. Sie haben eine Handbewegung geschildert, aus der Sie geschlossen haben, daß der jetzige Angeklagte Andreas Baader geschossen hat. Haben Sie sonstige Bewegungen beobachtet des jetzigen Angeklagten?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe das versucht zu schildern.

Vors.:

Das müßte aber nun näher präzisiert werden, welche Bewegung Sie hier möglicherweise im Auge haben. Der Herr Zeuge hat geschildert, daß er den ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Es wäre sehr angenehm, Herr Vorsitzender Richter, wenn der Zeuge das, was er beobachtet hat, nicht verbal schildern würde, sondern einmal ad oculos, einmal ad oculos zeigen könnte, demonstrieren könnte.

Vors.:

Dazu ist der Herr Zeuge nicht verpflichtet, zumal dann, wenn es sich um eine Fluchtbewegung handelt, hier also nun im Laufschritt vorzuführen, was er beobachtet hat. Außerdem handelt es sich, wenn ich es recht im Gedächtnis habe, bei der wesentlichen Bewegung um ein oder zwei Schritte, und ich weiß nicht, was da allzuviel daran zu demonstrieren wäre. Der Herr Zeuge muß hier nicht demonstrieren, sondern er muß hier Aussagen machen.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Vorsitzender Richter, man könnte anhand der Imitation dessen, was der Zeuge sagt, daß er gesehen habe, relativ zwingend Rückschlüsse auf ein ganz wichtiges Beweisthema ziehen.

Vors.:

Versuchen Sie ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ich möchte Sie noch einmal fragen. Außer der Fluchtbewegung des Körpers, außer der Fluchtbewegung, von der im übrigen beim Schießen nicht die Rede war, welche Bewegungen im Zusammenhang mit dem Körper des jetztigen Angeklagten haben Sie noch gesehen?

[8345] Vors.:

Wann meinen Sie diese Bewegung, Hern Professor?

Prof. Dr. Azz[ola]:

Während Sie meinen, daß die Hand eine Bewegung gemacht habe, die auf einen Schuß deute?

Vors.:

Also Vorgang Nr. 1 ist das, wenn wir es so jetzt mal terminologisch[oooooo] festlegen können.

Zeuge Mül[ler]:

Entschuldigen Sie, ich verstehe die Frage nicht richtig ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, Sie ...

Zeuge Mül[ler]:

... können Sie etwas präziser ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, Sie waren 80 m bis 100 m, Ihrer Schätzung nach entfernt.

Vors.:

Herr Professor, bitte fassen Sie doch zusammen. Was wollen Sie jetzt mit dieser Frage wissen? Der Herr Zeuge bitten um Präzisierung des Sinnes der Frage. Das ist sein Recht.

Der Angeklagte Raspe verlässt um 17.56 Uhr den Sitzungssaal.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, auf die Entfernung von 80 bis 100 m haben Sie, und das will ich nicht in Zweifel ziehen, gesagt, Sie konnten erkennen, daß aus einer Handfeuerwaffe geschossen wird; das haben Sie erkannt aus einer Handbewegung. Sie haben desweiteren gesagt ... Sie haben desweiteren gesagt, daß Sie nicht präzise Aussagen machen können im Hinblick auf die Gezieltheit von zwei bis drei Schüssen, von denen Sie gesprochen haben. Herr Zeuge, können Sie angesichts der Tatsache, daß sich beim Schießen Handfeuerwaffen selbst erheblich bewegen, können Sie dann ausschließen, daß Sie überhaupt, angesichts der angegebenen Entfernung, etwas Sachdienliches zu einem gezielten Schuß sagen können?

Vors.:

Herr Professor, ich weiß nicht, der Sinn dieser Frage [pppppp] ist eigentlich nicht begreiflich.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Sehen Sie sich überhaupt halbwegs in der Lage, bei solchen Entfernungen mehr zu sagen als, es wurde geschossen? Es war nämlich von den gezielten Schüssen auch die Rede, Herr Vorsitzender, und das macht rechtlich etwas aus.

Vors.:

Nein, Herr Professor, auch das ist nicht richtig. Es ist nicht von gezielten Schüssen die Rede gewesen, sondern von den Fragen, ob sichtbar ungezielte Schüsse abgegeben worden sind, nämlich durch Feuern in den Himmel, wie es gesagt wurde, also blindlings.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ich möchte das aber weit ... na, es ist von zwei Seiten eingrenzt worden, es ist[qqqqqq] auch nach gezielten Schüssen gefragt worden.

[8346] Vors.:

Ja, und dazu hat aber der Herr Zeuge die Antwort bereits erteilt; das ist doch alles erledigt. Also, Sie können ihm höchstens nochmals die, wie ich meine, jetzt aber schon häufig gestellte Frage wiederholen, ob er bei diesen Aussagen bleibt, auch wenn Sie darauf hinweisen, daß er 80 bis 100 m, wie Sie meinen, entfernt gewesen ist.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Es möge der Beweiswürdigung vorbehalten bleiben.

Vors.:

Eben, das meine ich auch, daß es ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, eine ... zwei abschließende Fragen. Sind Sie grundsätzlich gegen die Anwendung von Gewalt?

Vors.:

Das ist keine Frage, die der[rrrrrr] Herr Zeuge zu beantworten hat, es ist keine Frage[ssssss] die der Aufklärung des Anklagevorwurfs gegen die Angeklagten in irgendeiner Form dienlich sein könnte.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Dann hätte mich noch interessiert, Herr Zeuge, ob Sie sich in Ihrer Einstellung zur Gewalt irgendwelchen sittlichen Bindungen verpflichtet wissen?

Vors.:

Gilt daselbe, was bereits gesagt ist.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ja, ja, der Herr Holland wird schon verstanden haben, was ich meine.

Vors.:

Kann sein.

Sonstige Fragen?

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe wenige Fragen zu dem Zeitraum nach der Festnahme, also Vormittag des 1.6.1972. Sie, Herr Zeuge, haben bereits gesagt, Sie haben Kenntnis bekommen von Strafanzeigen gegen Beamte Ihres Präsidiums oder in Ihrem Präsidium wegen angeblicher Mißhandlung von Holger Meins und Jan-Carl Raspe. Meine Frage, haben Sie diese Kenntnis in Ihrer amtlichen Eigenschaft als Polizeipräsident in Frankfurt bekommen?

Zeuge Mül[ler]:

Ja, ich deutete vorhin bereits an, daß Vorwürfe, teilweise auch gegen Beamte meiner Behörde erhoben wurden.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie Kenntnis davon bekommen, daß Meins und Rapse mißhandelt worden sind, um Aussagen von ihnen zu erzwingen?

Zeuge Mül[ler]:

Ich habe Kenntnis davon bekommen, daß Herr Meins und Herr Raspe derartige Behauptungen, daß sie mißhandelt worden seien sollen, aufgestellt haben. Mir ist nicht in Erinnerung, daß sie behauptet haben sollen, daß dies im Zusammenhang geschehen sei mit dem Versuch, Aussagen von ihnen zu erhalten.

Prof. Dr. Azzola verlässt um 18.01 Uhr den Sitzungssaal.

[8347] RA Dr. He[ldmann]:

Kennen Sie - Zwischenfrage dazu - kennen Sie die Ermittlungsvorgänge in jener Sache ... aus jener Sache?

Vors.:

Herr Rechtsanalt Dr. Heldmann, ich sehe mich, da Sie offenbar dieses Thema jetzt vertiefen wollen, zu der Frage veranlasst, was hat es mit dem Anklagvorwurf - Aufhellung der Wahrheit - zu tun, daß Herr Baader bei der Festnahme geschossen haben soll?

RA Dr. He[ldmann]:

Das hat mit dem Verfahrensgegenstand, zumindest in zweifacher Weise zutun: Einmal geht es hier um die Frage, ob nach der Festnahme von Angeklagten in diesem Verfahren verbotene Vernehmungsmethoden angewendet worden sind.

2. ...

Vors.:

Wem gegenüber? Den Angeklagten gegenüber?

RA Dr. He[ldmann]:

Den Angeklagten gegenüber.

Vors.:

Haben die Angeklagten Aussagen und Geständnisse abgelegt?

RA Dr. He[ldmann]:

Die Angeklagten ...

Der Angeklagte Baader lacht laut.

RA Dr. He[ldmann]:

... haben Äußerungen von sich gegeben, die wir in den Akten als sogenannte Vermerke wiederfinden.

Vors.:

Gut, dann würde ich vorschlagen, um dieses Thema, das insoweit als zulässig zu erachten ist, richtig einzugrenzen, zu fragen, ob der Herr Zeuge von diesen Gesprächen Kenntnisse hat, ob er dazu überhaupt Sachdienliches angeben kann.

RA Dr. He[ldmann]:

Von[tttttt] diesen, was? Von diesen Gesprächen?

Vors.:

Nein, nicht von[uuuuuu] Gesprächen[vvvvvv], von der Tatsache, daß solche Gespräche stattgefunden haben, bei denen Äußerungen gefallen sind seitens der Angeklagten.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Zeuge, ist Ihnen bekannt, daß ein Beamter der Frankfurter Polizei nach der Festnahme von Meins und Raspe in Räumen des Polizeipräsidiums Frankfurt Vernehmungsversuche gegenüber diesen beiden Beschuldigten, Meins und Raspe, seinerzeit Beschuldigten, unternommen haben?

Der Angeklagte Raspe erscheint wieder[wwwwww] um 18.03 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Mül[ler]:

Habe ich richtig verstanden, Vernehmungsversuche?

RA Dr. He[ldmann]:

Vernehmungsversuche, ja. Versuche, zu vernehmen mit Fragen etwa nach Wohnungen, Fragen nach evtl. Mitverdächtigen, nach Gehilfen usw.?

[8348] Zeuge Mül[ler]:

Nein, darüber kann ich aus meinem Gedächtnis keine zuverlässige Auskunft geben, insbesondere kann ich nicht sagen, ob der Versuch von Vernehmung, falls er im Polizeipräsidium in Frankfurt überhaupt gemacht worden ist, durch Beamte der Frankfurter Polizei gemacht worden ist.

RA Dr. He[ldmann]:

Aber Sie wissen doch, gegen wen die Anzeigen sich gerichtet haben?

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, nach meiner Erinnerung sind derartige Vorwürfe, dabei muß ich aber sagen, daß mein Gedächtnis hier nicht ganz sicher ist, sind derartige Vorwürfe gemacht worden im Zusammenhang mit Vorkommnissen, die beim Verbringen in das Polizeigewahrsam sich ereignet haben sollen, die also sich nicht abgespielt haben sollen ...

Angekl. Ra[spe]:

Im Polizeipräsidium.

Vors.:

Herr Raspe, Sie sind bitte ruhig.

RA Dr. He[ldmann]:

Er muß es wissen, Herr Vorsitzender, er war dabei.

Vors.:

Das ist immerhin kein Grund, daß er dazwischen reinruft, wenn der Herr Zeuge gerade eine Auskunft gibt.

Es gibt Wortmeldung bei Gericht.

Zeuge Mül[ler]:

... da mir gar nicht bekannt ist, daß überhaupt im Zusammenhang mit Versuchen, zu Vernehmungen zu kommen, etwas derartiges geschehen sein soll, kann ich eigentlich die weiteren Fragen auch nicht beantworten.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen bekannt, daß wenige Stunden, nach wenigen Stunden Aufenthalt in Ihrem Polizeipräsidum Holger Meins einen Kreislaufkollaps erlitten hatte und an[xxxxxx] Transfusionsgerät, an Infusionsgeräte angeschlossen werden mußte?

Zeuge Mül[ler]:

Das ist berichtet worden.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie eigene Ermittlungen als Dienstvorgesetzter gegen die beschuldigten Beamten eingeleitet oder betrieben?

Zeuge Mül[ler]:

Ja, ich habe nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft den Leiter der Frankfurter Kriminalpolizei beauftragt, durch Befragung des damals festgenommenen Holger Meins und des jetztigen Angeklagten Raspe festzustellen, ob es derartige Behauptungen von ihrer Seite gibt, sie seien von Beamten nach ihrer Verbürgung ins Polizeipräsidium mißhandelt worden, und habe ihn beauftragt, diese Vorwürfe, sollten sie erhoben worden sein, zu untersuchen.

Ende Band 464

[8349] RA Dr. He[ldmann]:

Würden Sie bitte sagen, zu welchem Ergebnis diese Prüfung geführt hat?

Zeuge Mül[ler]:

Ich meine, mich zu erinnern, daß ich diese Frage beantwortet habe. Ich bin nicht ganz sicher, ob das Verfahren abgeschlossen ist, aber nach meiner Erinnerung ist es ergebnislos ausgegangen, ergebnislos in dem Sinn, daß ein Vorwurf strafbaren Verhaltens nicht erweislich sei.

RA Dr. He[ldmann]:

Erinnern Sie sich, Herr Zeuge, daß Sie sogleich nach dem öffentlichen Bekanntwerden dieses Mißhandlungsvorwurfs, Sie die beschuldigten Beamten der Presse gegenüber vor diesen Anschuldigungen in Schutz genommen haben, obgleich Sie damals die Vorwürfe gar nicht geprüft hatten?

Vors.:

Jetzt bitte ich aber, wieder zu erklären, was das mit der Aufklärung der Anklagevorwürfe zu tun hat.

RA Dr. He[ldmann]:

Das hat einmal z. B., sage ich, mit der Frage zu tun, inwieweit die Aussagen des Herrn Polizeipräsidenten Müller als Zeuge in diesem Verfahren insgesamt verdienen, daß das Gericht ihnen folgt. Damit etwa hat es zu tun.

Vors.:

Ach so, Sie meinen, sie sollte der Überprüfung der Glaubwürdigkeit dienen?

RA Dr. He[ldmann]:

Tja, so hab ich’s ... das habe ich gesagt, ohne dieses harte Wort „Glaubwürdigkeit“ auszusprechen.

Vors.:

Warum? Das ist doch bei der Vernehmung eines Zeugen ein absolut normales und keineswegs hartes Wort. Ein Zeuge muß glaubwürdig sein.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich möchte selbstverständlich ...

Vors.:

Gut. Also wenn Sie aus dem Gefühl des Zeugen soviel Rücksicht nehmen wollen, die Frage nicht direkt zu stellen?

RA Dr. He[ldmann]:

Ja.

Vors.:

Also bitte, die Frage kann beantwortet werden.

Zeuge Mül[ler]:

Ich erinnere mich hieran nicht mehr konkret. Ich halte es aber für durchaus denkbar, daß ich mir dienstliche Erklärungen derjenigen Beamten, die ermittelt werden konnten, daß sie mit dem Herrn Meins und Herrn Raspe Berührung - dienstliche Berührung gehabt hatten, daß ich mir dienstliche Erklärungen dieser Beamten habe vorlegen lassen, daß ich den Inhalt dieser dienstlichen Erklärungen der Presse mitgeteilt habe; das halte ich für durchaus möglich.

[8350] RA Dr. He[ldmann]:

Eine Frage noch:

Haben Sie, bevor Sie den Inhalt dieser dienstlichen Erklärungen der Presse mitgeteilt haben, auch die Anschuldigungen durch Meins und durch Raspe zur Kenntnis genommen?

Zeuge Mül[ler]:

Wenn Ihre Darstellung richtig ist - mein Gedächtnis ist hier nicht mehr ganz zuverlässig - sind diese Vorwürfe öffentlich erhoben worden. Diese öffentlich erhobenen Vorwürfe haben mich sicherlich dann veranlaßt, die Beamten aufzufordern, dienstliche Erklärungen abzugeben, und es kann durchaus sein, daß ich den Inhalt dieser dienstlichen Erklärung der Öffentlichkeit mitgeteilt habe.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich darf Ihre Erinnerung möglicherweise etwas auffrischen, verstärken:

Dem öffentlichen Bekanntwerden dieser Vorwürfe lagen die Strafanzeigen der Mißhandelten durch ihre Rechtsanwälte zugrunde, d. h. also öffentlich bekannt geworden ist erst, nachdem die Strafanzeigen den Ermittlungsbehörden zugegangen waren.

Nachdem ich Sie somit habe bedienen können, was Ihr Gedächtnis, was Ihre Erinnerung angeht, würden Sie Ihre Antwort nunmehr modifizieren auf die letzte Frage?

Zeuge Mül[ler]:

Nein, ich erinnere mich tatsächlich an diesen Vorgang nicht genauer, als ich es versucht hab, deutlich zu machen. Ich weiß heute nicht mehr, wie ich Kenntnis von diesen Vorwürfen erhalten habe, ob durch Zeitungsveröffentlichungen, wie Sie es vorhin nach meiner Meinung geschildert haben oder durch Vorlage der Akten oder durch mündliche Mitteilung, und ich weiß deswegen auch nicht mehr, auf welche Weise und überhaupt ich Beamte aufgefordert hab, dienstliche Erklärungen abzugeben und ob ich diese dienstlichen Erklärungen der Öffentlichkeit zur Kenntnis gegeben habe.

RA Dr. He[ldmann]:

Eine letzte Frage, die eigentlich auch auf Ihre Erinnerung zielt:

Erinnern Sie sich, daß Sie[yyyyyy] in der heutigen Beweisaufnahme auf Frage geantwortet haben - und bitte, nehmen Sie das als einen Vorhalt, obwohl der Herr Vorsitzende etwa Anstoß nehmen wollte an einer einfachen Erinnerung -, daß die Beamten in diesem Ein- [8351] satz - so wörtlich Sie als Zeuge gelassen und sachdienlich gehandelt haben?

Zeuge Mül[ler]:

Ja.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Herr Raspe.

Angekl. Ra[spe]:

Ich wollte wissen, wann Ihnen das berichtet worden ist, die Tatsache der Mißhandlung im Polizeipräsidium?

Vors.:

Zunächst mal ist die Frage insofern, Herr Raspe, nicht korrekt, als Sie die Tatsache der Mißhandlung hier unterstellen. Der Herr Zeuge hat gesagt ...

Angekl. Ra[spe]:

Ja, die geht aus den Akten hervor.

Vors.:

... nach seiner Erinnerung habe dieses Verfahren zu keinem solchen Ergebnis geführt.

Also wenn Sie die Tatsache des Vorwurfs ...

Angekl. Ra[spe]:

Ja Moment mal. Der Herr Zeuge hat vorhin gesagt, als er zuerst darauf, auf diese ganze Sache hingewiesen ist, da hat er gesagt, er kann Angaben nicht ... er ist nicht in der Lage, Angaben über das hinaus zu machen, was im Ermittlungsverfahren festgestellt worden ist. Das hat der Zeuge vorhin gesagt.

Vors.:

Ja - und?

Angekl. Ra[spe]:

Und das heißt, daß er das Ermittlungsverfahren kennt; d. h., er kennt also die Akten aus dieser Strafanzeige, die dort in der Vernehmung etc., etc. ...

Vors.:

Ich hab Ihnen gesagt, Sie sollen von Tatsachen, wenn es geht, des Vorwurfes sprechen; die Tatsache der Mißhandlung, Herr Raspe, können Sie nicht behaupten, weil das vom Herrn Zeugen nicht gesagt worden ist.

Und jetzt bitte, kommen Sie zu Ihrer Frage.

Angekl. Ra[spe]:

Naja, Moment. Ich hab eben ihn ... daß das anders ist, was aus den Akten eindeutig hervorgeht. Und wenn der Zeuge - Polizeipräsident - vorhin erklärt hat, er wisse, was in den Akten steht, er kenne das Ermittlungsverfahren, dann kennt er auch diese Tatsachen, die in den Akten enthalten sind ...

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, ich meine, mich zu erinnern, daß ich gesagt habe, soweit mir das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens [8352] bekannt ist. Ich bin nicht sicher, wie das Ermittlungsverfahren ausgegangen ist; nicht einmal sicher bin ich, ob ich die Akten dieses Ermittlungsverfahrens überhaupt in der Hand gehabt habe. Ich halte es für möglich. Sollte das Verfahren eingestellt worden sein, so wie ich es annehme, daß ich den Einstellungsbescheid zu Gesicht bekommen habe.

Vors.:

Im übrigen, Herr Raspe, wenn man Sie bei diesem Worte festhalten wollte, daß das Tatsache ist, was in den Akten steht, dann stünde es schlecht um Sie.

Angekl. Ra[spe]:

(spricht unverständlich dazwischen).

Vors.:

Sie sollten Ihre Fragen präzise stellen und vernünftig stellen. Sie können nicht aus der Tatsache, daß es Akten gibt, schließen, daß das, was drin ist, auch tatsächlich Tatsache ist.

Angekl. Ra[spe]:

Ich will zunächst mal nur festhalten, daß das jedenfalls im Widerspruch zu dem steht, was er eben vorhin gesagt hat, daß er diese Akten ...

Vors.:

Feststellungen sind im Augenblick nicht Ihre Aufgabe, ...

Angekl. Ra[spe]:

... daß er das Ermittlungsverfahren kennt.

Vors.:

... sondern Sie sollen Fragen stellen. Bitte ...

Angekl. Ra[spe]:

Daß es eingestellt worden ist, ist bekannt, weil das in Frankfurt immer so ist z. B. ...

Vors.:

Herr Raspe, Fragen bitte.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, dann halte ich Ihnen das mal vor.

Also der Arzt hat festgestellt, und zwar im Polizeipräsidium war das - ich zitiere das hier mal:

„Kein Anhalt für Trunkenheit. Psychopathologisch wirkte der Proband erregt, wütend, zornig. Er war bei klarem Bewußtsein. Bei der körperlichen Inspektion fand ich multiple Hämatome, Blutergüsse an Brust und Rücken ...“

Vors.:

Woraus zitieren Sie bitte, Herr Raspe?

Angekl. Ra[spe]:

Das ist aus einer Aussage des Arztes ...

Vors.:

Ordner, Band? Seitenzahl?

Angekl. Ra[spe]:

... Roger Sarow, und zwar vom Dezember 73.

Vors.:

Sonst kein zugänglicher Aktenteil?

Angekl. Ra[spe]:

Das ist S. 86, was ich da zitiere ...

Vors.:

... und welches Bandes? Können Sie das noch angeben?

Angekl. Ra[spe]:

Das kann man nicht feststellen.

[8353] Vors.:

Herr Raspe, wollen Sie nun klären? Also erst mal würde uns die Bandzahl interessieren, woraus ...

Angekl. Ra[spe]:

Moment. Ja. Ich zitier das jetzt eben.

„... Er war bei klarem Bewußtsein. Bei der körperlichen Inspektion fand ...“

Vors.:

Es ist uns keine Quellenangabe, Herr Raspe ...

Angekl. Ra[spe]:

„... auch an beiden Ohren ...“

Vors.:

... Herr Raspe - ich bitte, das Wort bei Herrn Raspe abzustellen - Wir haben keine überprüfbaren Quellenbenennung. Bitte, die müssen Sie uns schon geben, woraus Sie hier zitieren.

Angekl. Ra[spe]:

4 Js 98849/72.

Vors.:

Welche Staatsanwaltschaft hat das in Händen gehabt?

Angekl. Ra[spe]:

S. 86, Frankfurt.

Vors.:

Aha, Staatsanwaltschaft Frankfurt.

Bitte, Herr B. Anwalt Holland.

OStA Ho[lland]:

Darf ich fragen, wie der Angeklagte in die Hände von Originalakten der StA Frankfurt gerät?

RA Dr. He[ldmann]:

Es sind natürlich keine Originalakten, sonst hätte der Angeklagte sie nicht.

Angekl. Ra[spe]:

Das ist ein Duplikat, ne Ausfertigung.

Vors.:

Nun zitieren Sie mal.

Angekl. Ra[spe]:

Die Aussage des Arztes ist drin, u. a.:

„Kein Anhalt für Trunkenheit. Psychopathologisch wirkte der Proband erregt, wütend und zornig. Er war bei klarem Bewußtsein. Bei der körperlichen Inspektion fand ich multiple Hämatome und Blutergüsse an Brust und Rücken, auch an beiden oberen Extremitäten. Das Gesicht wies ebenfalls leichte Hämatome auf und war rechtsseitig geschwollen. Ich hatte den Eindruck, daß der Proband beim Atmen Schmerzen empfand. Genau darauf angesprochen, äußerte er sich ... subjektiv erhebliche Schmerzen in Höhe der unteren rechten Rippe zu haben.“

Zeuge Mül[ler]:

Ich versteh das nicht.

Vors.:

Wir wollen auch zuerst klären, um was es hier geht - wir verstehen’s auch noch nicht, aber es wird sich noch herausstellen vielleicht.

[8354] Angekl. Ra[spe] (zitiert weiter):

„Ich wies sowohl ihn, als auch den dabeistehenden Beamten darauf hin, daß ich es für nötig halte, diesem letzten Befund weiter nachzugehen, d. h., falls die Schmerzen im Rücken und in Brust in den nächsten Stunden anhalten sollten, ist eine genaue ärztliche Untersuchung notwendig.“

Vors.:

Und jetzt erklären Sie uns bitte, von wem diese Erklärung stammt, Herr Raspe.

Angekl. Ra[spe]:

Lassen Sie mich doch mal aussprechen.

Vors.:

Nein, Herr Raspe. Ich möchte jetzt wissen, von wem dieses Zitat stammt, sonst bringen wir überhaupt keinen Sinn zusammen.

Angekl. Ra[spe]:

Von dem ... Arzt, das hab ich schon dreimal gesagt.

Vors.:

Von welchem Arzt?

Angekl. Ra[spe]:

Der heißt Dr. Roger Sarow.

Vors.:

Und wo ist dieses Attest zustandegekommen?

Angekl. Ra[spe]:

Das ist zustandegekommen im Polizeipräsidium Frankfurt, eine Aussage im Zusammenhang dieses Verfahrens, was ich vorhin genannt habe.

Vors.:

Und auf wen bezieht es sich? ...

Angekl. Ra[spe]:

Das ist ein Notarzt ...

Vors.:

... auch das haben wir noch nicht ...

Angekl. Ra[spe]:

... das ist ein Notarzt, der ...

Vors.:

... auf wen es sich bezieht?

Angekl. Ra[spe]:

... das ist ein Notarzt, der ...

Vors.:

... Wer ist der Proband?

Angekl. Ra[spe]:

Das bin ich und Holger.

Vors.:

Es kann sich ja wohl die Verletzungsfeststellung nur auf einen von Ihnen beziehen.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, in diesem Fall bin ich es.

Vors.:

Und jetzt, welche Frage wollen Sie daran anknüpfen?

Angekl. Ra[spe]:

Ja, Moment.

Vors.:

Ich bitte jetzt um die Stellung der Frage.

Angekl. Ra[spe]:

Ich will das nicht jetzt.

Jetzt lassen Sie mich das endlich zu Ende lesen! (spricht unverständlich weiter).

Vors.:

Ich möchte jetzt, daß Sie erklären, welche Frage Sie haben.

Angekl. Ra[spe]:

(spricht unverständlich weiter).

[8355] Vors.:

Herr Raspe, welche Frage soll daran angeknüpft werden an den Herrn Zeugen?

Angekl. Ra[spe]:

Ich will daran ne Frage anknüpfen.

Erstens:

Aus seiner Erklärung vorhin, es sei das Klima in der Polizei im Zusammenhang dieses polizeilich-militärischen Einsatzes ruhig etc. gewesen, sachlich; tatsächlich ergibt sich aus dem, was der Arzt hier festgestellt hat, unmittelbar nach der Festnahme festgestellt hat im Polizeipräsidium, daß gefoltert worden ist zum Zwecke der Aussageerpressung.

Vors.:

Also es geht um die Überprüfung Ihrer Aussage unter Mitteilung dieser Tatsache, ob Sie Ihre Aussage, daß es gelassen zugegangen sei, nach Kenntnis dieses Befundes aufrechterhalten könnten.

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, diese Aussage bezog sich, - ich darf das wiederholen - auf die Situation am Geschehensort Hofeckweg. Ich habe keine Aussage machen wollen dabei über die Situation, die im Polizeipräsidium geherrscht hat. Ich kenne mindestens inhaltlich die insoweit erhobenen Vorwürfe. Nach meiner Kenntnis ist alles veranlaßt worden, um in einem geordneten Verfahren festzustellen, ob sie begründet sind.

Die Tatsache von Verletzungen - das ist mir bekannt - ist durch Ärzte - wenn ich mich nicht irre: bei dem einen von einem Arzt in Frankfurt, bei dem einen erst von einem Arzt in der Vollzugsanstalt - festgestellt worden. Ich weiß aber nicht, ob ebenso feststeht, worauf die festgestellten Verletzungen zurückzuführen sind.

Vors.:

Also in Ihrer Aussage von vorhin, nach Ihren Beobachtungen sei der Einsatz von Polizeibeamten in gelassener Stimmung - es war ja die Frage nach der Stimmung gestellt worden - durchgeführt worden, ändert sich dadurch nichts durch diese Vorhalte?

Zeuge Mül[ler]:

Nein.

Vors.:

Herr Raspe, bitte weitere Fragen.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, das heißt aber, daß sich die Erregung bei der Polizei erst nach der Festnahme entwickelt hat.

Ist das so?

Zeuge Mül[ler]:

Ich hab’s nicht verstanden.

[8356] Vors.:

Es ist also eine Frage, ob Sie damit ausdrücken wollen, daß die Erregung bei den Polizeibeamten nachträglich eingetreten sei, wobei der Herr Raspe schon wieder unterstellt, daß Sie bestätigen wollen, daß es zu einer Erregung gekommen ist.

Herr Raspe, die Frage kann lauten,

ob der Herr Zeuge nicht daran erinnert wird, z. B. durch solche Vorhalte, daß es offensichtlich oder möglicherweise bei der Polizei dann später zu irgendwelchen erregten Handlungen gekommen sei.

Insoweit ist Ihre Frage zulässig.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ich will jetzt erst mal seine Antwort hören.

Vors.:

Auf was?

Angekl. Ra[spe]:

Auf meinen Vorhalt.

[zzzzzz]

Vors.:

Auf den Vorhalt, ich habe ihm gesagt, er unterstellt schon wieder, daß der Herr Zeuge etwas bekundet habe, was er nicht bekundet hat.

Ist Ihnen bekannt, daß es nachträglich zu irgendwelchen Erregungshandlungen gekommen ist seitens der Polizeibeamten, die z. B. solche Verletzungsfolgen begreiflich und verständlich machen könnten?

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann nur wiederholen:

Mir ist damals berichtet worden - die genaue Art und Weise kann ich tatsächlich nicht mehr schildern -, daß Beamte gegenüber Meins und Raspe sich Übergriffe zuschulden haben kommen lassen sollen. Mir selbst ist hiervon nichts bekannt; ich habe auch keinen Beamten als Zeugen gefunden, der die im wesentlich von den beiden Personen selbst aufgestellten Behauptung ... von diesen beiden Personen selbst aufgestellten Behauptung bestätigt hat. Ich weiß also auch nicht, daß es zu erregten Szenen gekommen ist, ob beim Verbringen vom Geschehensort ins Polizeipräsidium, ob im Polizeipräsidium bei der Vernehmung oder beim Verbringen ins Gewahrsam.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, bloß: Wie erklären Sie sich dann die Feststellungendes Arztes, die ich vorhin grade zitiert habe, also: Hämatome, Blutergüsse, etc.?

[8357] Vors.:

Herr Raspe, ich kann jetzt die Frage in der Tat dahin nicht zulassen, daß das der Sachaufklärung nicht dient, wenn der Herr Zeuge sagt: Ich weiß es nicht, ob es so ... ist.

Angekl. Ra[spe] (dazwischenredend):

Ja gut. Moment. Dann hätte ich dazu noch eine Frage ...

Vors.:

Die Frage, wie er sich etwas erklärt, dient nicht der Sachaufklärung hier.

Angekl. Ra[spe]:

Dann will ich noch wissen, wie das ist? Das ist so eine ... eine ... das gesamte Ermittlungsverfahren im Zusammenhang dieser Anzeige. Da sind also mindestens - ich weiß nicht - 40 Aussagen, d. h. von sämtlichen im Zusammenhang mit der Festnahme im Präsidium tätigen und in diesem Zusammenhang eingesetzen Frankfurter[aaaaaaa] Polizisten sind dienstliche Äußerungen herangezogen worden, sind also Vernehmungen durchgeführt worden, und Sie haben das wieder hier reduziert darauf - in dem, was Sie vorhin gesagt haben -, es sei Ihnen bekannt, daß also so irgendwelche Übergriffe, wie Sie formulieren, geschehen sein sollen.

Ich halte Ihnen vor, daß das erheblich ... also daß da Vernehmungen stattfanden, und daß Sie da mehr wissen müssen als Polizeipräsident in diesem Haus.

Vors.:

Also die Frage lautet:

Ob Ihnen bekannt ist, daß es zu einer erheblichen Zahl von Vernehmungen gekommen ist? - zunächst einmal.

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann nicht ausschließen, daß mir von solchen Vernehmungen berichtet worden ist. Ich kann ausdrücklich auch nicht ausschließen, daß ich die Akten einmal in der Hand gehabt habe. Ich weiß nur heute nicht mehr, in welchem Umfang Ermittlungen durchgeführt worden sind, die ... soweit überhaupt Polizeibeamte tätig geworden sind, erinnere ich mich nur daran, daß der Leiter der Frankfurter Kriminalpolizei, Kriminaldirektor Kalk, hier in meinem Auftrag tätig geworden ist. An den genauen Gang des Ermittlungsverfahrens hab ich keine Erinnerung.

Vors.:

Herr Raspe, weitere Fragen?

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ich hab noch ein paar Fragen.

Vors.:

Ja, aber jetzt abschließend.

Angekl. Ra[spe]:

Aber wieso denn?

[8358] Vors.:

Es wird also nicht mehr weiteres Fragerecht jetzt herumgereicht.

Angekl. Baa[der]:

Ich dachte ... Was?

Vors.:

Es wird das Fragerecht jetzt nicht weiter herumgereicht.

Ich gebe jetzt den Prozeßbeteiligten die Möglichkeit, ihre abschließenden Fragen zu stellen.

Angekl. Baa[der]:

Eine abschließende Frage? Aber ich bin doch überhaupt noch nicht ...

Vors.:

Ich habe gesagt: ihre abschließenden Fragen - Mehrzahl.

Angekl. Baa[der]:

Naja, ich wollte nochmals auf diesen Punkt der Emotionalisierung kommen in dem Zusammenhang.

Also da gibt’s ne Aussage, die halte ich Ihnen mal vor, von einem Mitverhafteten, also von jemandem, der mit am ... also am Tatort ... - verdammt nochmal - am Ort der Verhaftung war, ein unbeteiligter Krankenpfleger, der für verdächtig gehalten wurde, und hinterher stellte es sich heraus, er war es nicht; er war ein unbeteiligter Passant. Der wurde also verhaftet und wurde auf Ihr Polizeipräsidium gebracht.

Und da sind ihm dann so einige Sachen passiert. Aber er sagt dann aus später:

„Nachdem ich in die Haftzellen verbracht, dort ausgezogen worden war, hörte ich eine Weile später, wie in der Nebenzelle, d. h. in einer der Nebenzellen, jemand Schmerzensschreie ausstieß. Ich kann das deshalb beurteilen, weil ich oft mit Menschen zu tun habe, die vor Schmerzen schreien. Ich befinde mich in einer Krankenpflegerausbildung. Akustisch nahm ich klatschende Geräusche war und darauf Schreie. Das ließ darauf schließen, daß jemand mißhandelt wurde. Um welche Person es sich handelte, weiß ich nicht. Auch bei mir

- sagte der Krankenpfleger -

wurde die Zellentür geöffnet, und es erschienen ca. 5 - 6 Beamte in Zivil. Diese sprachen mich in folgender Weise an:

„Sie haben gehört, was nebenan los war. Wenn Sie jetzt nicht die Wahrheit sagen, dann hauen wir Sie kurz und klein.“

Einer dieser Beamten bemerkte:

„Wir sind gerade so schön in Fahrt.“

...“

[8359] Das also nochmals konfrontiert mit Ihrer Aussage:

Ihr Personal war ruhig und sachlich während dieser gesamten Verrichtung.

Vors.:

Herr Baader, ich darf jetzt nochmals darauf hinweisen, daß der Herr Zeuge gesagt hat:

Dieser Ausspruch bezog sich auf den Zeitpunkt der Festnahmeaktion. Er selber habe keine unmittelbaren Eindrücke erlangt, wie es nach der Überbringung ins Polizeipräsidium u. dergl. weiter abgelaufen ist.

Angekl. Baa[der]:

Ja, aber ... (spricht unverständlich weiter dazwischen).

Vors.:

Sie können also nicht dieses nachträgliche Geschehen dem Herrn Zeugen dann mit einem Vorhalt würzen, der aus einem früheren Zeitpunkt stammt und sich auf einen früheren Zeitpunkt bezieht und daran dann eine Frage knüpfen.

Angekl. Baa[der]:

Zu einem späteren Zeitpunkt, einem späteren.

Vors.:

Der Vorhalt, den Sie machen, bezieht sich auf einen früheren Zeitpunkt.

Angekl. Baa[der]:

Naja, die Sache ist aber doch die, daß dieselben Beamten, die da so schön in Fahrt kamen, nachdem die unmittelbar angespannte Situation, also die Situation der Festnahme, vorbei war, daß diese Beamten doch dann offensichtlich vielleicht sehr erregt waren - zwei Stunden später war das ganze.

Vors.:

Zwei Stunden später, und der Herr Zeuge hat jetzt wiederholt gesagt, er ist nicht imstande, zu diesem Zeitpunkt eigene Eindrücke wiederzugeben. Es könne sein, daß er die Akten darüber mal gelesen habe.

Was wollen Sie jetzt noch vom Herrn Zeugen wissen?

Angekl. Baa[der]:

Naja, genau das, was Sie ja nicht hören wollen natürlich.

Vors.:

Herr Baader, ich sag Ihnen jetzt nochmals, unterlassen Sie derartige Behauptungen. Ich höre und das ganze Gericht hört sich Aussagen eines Zeugen ohne Bewertung in dieser Richtung an. Im übrigen bedarf, glaube ich, der Herr Zeuge nicht des Schutzes des Gerichtes.

Angekl. Baa[der]:

Ich kann Ihnen einfach nur sagen, daß bei diesen uniformierten Meuten eine Lynchstimmung vorhanden war. Das ist genau das, was wir hier von den Beamten hören wollen.

[8360] Vors.:

Herr Baader, das wollen Sie hören. Sehen Sie, Sie wollen [bbbbbbb] etwas hören, das Gericht nicht; sondern ich muß Sie einfach drauf hinweisen, daß der Herr Zeuge darüber offenbar keine Aussagen machen kann, und die ständige Wiederholung von diesen Dingen, die Sie jetzt bringen, die im übrigen für das Gericht nicht überprüfbar sind, ob die Aussagen stimmen, daß diese Wiederholung nicht mehr zulässig ist, weil der Herr Zeuge dazu nichts sagen kann.

Angekl. Baa[der]:

Ich möchte nochmals den Versuch machen, Ihnen plausibel zu machen, warum das vielleicht doch wichtig sein könnte, nämlich auch zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit dieses Zeugen. [ccccccc] Es kann Ihnen ja nicht entgangen sein, daß hier wirklich eine unglaublich banale Mystifikation versucht wird in diesem ganzen Zusammenhang:

die Art und Weise, wie der Einsatz eines Gewehrs beschrieben wird; die Einsatz... die Art und Weise, wie die gesamte Form, die Art, die Vorbereitung, der Charakter dieser Aktion ...

Vors.:

Ich bitte, jetzt Fragen zu stellen. Diese Erklärungen nach § 257 StPO über banale Mystifikationen u. dergl. dienen keinem Fragerecht. Ich bitte jetzt, klare Fragen zu stellen mit klaren Vorhalten. Das ist das, was verlangt werden muß.

Angekl. Baa[der]:

Ich wollte Sie fragen, während Sie da oben in diesem Raum waren mit dem Schützen, wieviel Läufe von Maschinenwaffen - automatischen Waffen - waren auf diese - Ihrer Ansicht nach - auf diese beiden Leute in der Garage gerichtet?

RA Oberwinder erscheint um 18.29 Uhr wieder[ddddddd] im Sitzungssaal.

Zeuge Mül[ler]:

Diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich weiß das nicht.

Angekl. Baa[der]:

Ungefähr auch nicht?

Vors.:

Nein, der Herr Zeuge sagte ja, er hat nur seinen Raum beobachten können, und dort hat einer offenbar ...

Angekl. Baa[der]:

Nein, nein, Moment. Der Zeuge - na, wie heißt er denn - na, der Schütze sagt jedenfalls, man hätte sich zu diesem Platz ja ursprünglich begeben, nicht etwa, um zu schießen, sondern um einen guten Überblick zu haben. Es war anzunehmen, [8361] daß er da einen Überblick hatte.

Vors.:

So ist die Frage zulässig:

Ob der Herr Zeuge gesehen hat, daß auch andere Polizeibeamte im Augenblick des Zielens wohl des Herrn Honke ihre Waffen auf die zwei Leute in der Garage gerichtet hatten.

Angekl. Baa[der]:

Ja nicht nur dieser Augenblick, sondern wohl die ganze Zeit, die er die Sache da im Blick hatte.

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann hierüber keine präzisen Angaben machen. Ich habe meine Aufmerksamkeit in diesem Zeitpunkt, in den wenigen Minuten, um die es hierbei ging jedenfalls, sehr stark auf die Situation in der Garage konzentriert. Ich kann also wirklich nicht sagen, wieviel andere Beamte und ob überhaupt andere Beamte ihre Schußwaffe im Anschlag hatten in Richtung auf diese Garage.

Angekl. Baa[der]:

Dann formuliere ich die Frage mal anders:

Vorher, vor diesem Zeitpunkt, in dem unmittelbar dann geschossen wurde, haben Sie sich sicher mal umgesehen. Das war ja ein Innenhof, an dessen einer Längsseite diese Garage etwa in der Mitte lag. Wieviel Polizisten lagen Ihrer Ansicht nach in Deckung, mit auf diese Garage gerichteten Maschinenwaffen in diesem Hof bzw. an den Fenstern der Häuser, die um diesen Hof rumgebaut sind?

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann diese Frage allenfalls ganz vage beantworten. Es waren eine Reihe von Beamten eingesetzt, von denen eine ganze Anzahl auch automatische Waffen hatten, die in Stellung gebracht worden waren.

Angekl. Baa[der]:

Zahlen, Herr Müller.

Vors.:

Zahlen, meinen Sie?

Angekl. Baa[der]:

Ja, ungefähr. Eine ganze Anzahl - das können sein ...

Zeuge Mül[ler]:

Ich kann hier wirklich bei aller Anspannung meines Gedächtnisses keinerlei präzisen Angaben machen. Ich habe diese Kräfte nicht angefordert; ich habe sie nicht in die Lage eingewiesen und sie nicht in ihre Stellung bringen lassen. Ich kann nur allgemein sagen: eine ganze Anzahl, und dabei weiß ich nicht einmal, ob ich Einiges überhaupt nur deswegen kenne, weil ich einen Film nachher gesehen habe, der eine ganze [8362] Reihe von Beobachtungen wiedergibt, die ich selbst vor diesem Geschehen gar nicht gemacht habe.

Angekl. Baa[der]:

Was ist das für ein Film?

Zeuge Mül[ler]:

Der Fernsehfilm, über den ja schon wiederholt gesprochen worden ist.

Angekl. Baa[der]:

Aber Sie würden mir doch aber ungefähr zustimmen - da ziehe ich mal meine eigenen Beobachtungen ein - es können [eeeeee] eigentlich nicht weniger gewesen sein als ungefähr 150, und zwar ...

Vors.:

Also der Vorhalt lautet:

Sie selbst haben ...

Angekl. Baa[der]:

Ja, ich nehme da meine eigenen Erinnerungen rein.

Vors.:

Ja. Sie haben nicht weniger als 150 Beamte beobachtet?

Angekl. Baa[der]:

So ungefähr würd ich’s einschätzen.

Vors.:

Also das ist ein Vorhalt, ob die Zahl stimmen kann.

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, ich kann dazu keine Aussage machen.

Angekl. Baa[der]:

Also ich meine jetzt nur den Bereich, den Sie unmittelbar überblicken konnten, dieser Hof, dieser relativ enge Hof, von vier Seiten umbaut - drei Seiten konnte ich aus der Garage sehen, und Sie konnten wahrscheinlich auch drei Seiten sehen.

Und ich habe ungefähr 150 Polizeibeamte in Deckung gesehen: liegend, an Fenstern, hinter Sandsäcken.

Vors.:

Herr Baader, darf ich erfahren bitte, zu welchem Zeitpunkt Sie das gesehen haben wollen?

Angekl. Baa[der]:

Also während dieser Zeit, in der da diese Belagerung stattfand.

Vors.:

Bis zum Schluß, bis zum Schuß, der auf Sie abgegeben wurde?

Angekl. Baa[der]:

Also das kann ich nicht genau sagen, wann ich da ... aber doch, wenn man so ungefähr ... es war jedenfalls alles uniformiert, alles grün sozusagen. Und es waren auch überall Maschinenpistolen zu sehen, Läufe. Es wurde ja auch reichlich geschossen.

Vors.:

Also Sie konnten Beobachtungen machen bis zu dem Zeitpunkt, als der Schuß auf Sie abgegeben wurde?

Angekl. Baa[der]:

Ja, zeitweilig jedenfalls.

Vors.:

Danke.

[8363] Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Angekl. Baa[der]:

Ja, da stellt sich eben nochmals die Frage des Ausbruchsversuchs, d. h. die Frage der Relation, der objektiven Möglichkeit und der subjektiven[fffffff]; denn vor der Garage war ja so’n Streifen von ungefähr 10, 15 m Breite Beton, auf dem auch dieser Panzer stand. Wie hätte denn das denn Ihrer Ansicht nach überhaupt vor sich gehen sollen, so’n Ausbruchsversuch? Sie haben ja mit dem Honke, mit dem Schützen da oben besprochen, was für’n Schuh auf diese Situation passen könnte rechtlich. Also: „Wie machen wir’s denn?“ würd ich mal sagen:

RA Geulen verläßt um 18.34 Uhr den Sitzungssaal.

Notwehr oder flucht- und kampfunfähig? -

Und da würde ich gern mal einfach wissen:

Wie haben Sie das denn so polizeitaktisch beurteilt?

Wie sollte das aussehen, wenn die Leute da rauskommen, dieser Ausbruchsversuch, den Sie unterstellt haben? Also wie hätte der vor sich gehen sollen?

Vors.:

Also Sie wollen jetzt, daß der Herr Zeuge Ihnen theoretisch erörtert oder seine damalige Vorstellung ...

Angekl. Baa[der]:

Er muß doch ne Lagebeurteilung gehabt haben.

Er muß doch gesagt haben: Gut, da sind die jetzt drin in der Garage, und wenn die da rauskommen, dann ... wie geht das vor sich? Was machen wir da? Oder was machen da vielleicht diese 150 Polizisten, die alle das hessische Gesetz über den Gebrauch von Schußwaffen im Kopf haben, was machen die dann? Schießen die dann oder lassen die den weglaufen? Oder warten sie, bis er vor ihnen steht, und dann schießt er, dann wird das also alles sehr viel gefährlicher?

Wie ist das?

Das ist doch ne ganz einfache Frage.

Vors.:

Ich weiß nicht, ob die Frage ist, ob solche Überlegungen angestellt worden sind. Wenn ja, dann können sie wiedergegeben werden.

Zeuge Mül[ler]:

Herr Vorsitzender, ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß ich als Beobachter hier an Ort und Stelle war. [8364] Ich kannte zum damaligen Zeitpunkt nicht die taktischen Überlegungen, die maßgeblich für die Einsatzanordnungen waren, die von den verantwortlichen Einsatzleitern getroffen worden waren. Ich kann also auch nicht sagen im einzelnen, welche Vorbereitungen sie getroffen hatten, wie ein Ausbruchsversuch verhindert werden sollte.

Der Zeuge Honke - ich darf das wiederholen - berichtete, als er zu der Einsatzleitung kam, daß er von der Wohnung, aus der er kam, eine besonders gute Beobachtungsmöglichkeit habe. Und zu diesem Zwecke, um von dort beobachten zu können, bin ich zunächst in erster Linie mitgegangen, und hierauf haben wir uns auch eine ganze Zeitlang in der Küche beschränkt. Nur, weil er von dort oben aus auch einen Schußwinkel hatte, wie er schilderte, der wesentlich besser als durch die übrigen eingesetzten Kräfte - nach seinem Urteil - die Abgabe eines gezielten Schusses ...

Angekl. Baa[der]:

Nein.

Zeuge Mül[ler]:

... bei möglichster Vermeidung von schweren Verletzungen, die nicht erforderlich waren, glaubte, abgeben zu können, stellte er die Frage, ob man ihm ein Gewehr hierfür zur Verfügung stellen könnte, falls eine Situation eintreten sollte, in der die Abgabe eines gezielten Schusses durch ihn erforderlich und möglich war.

Vors.:

Ich schließe daraus, daß Ihre Antwort lautet:

Überlegungen in der Richtung, welche Anweisungen die anderen Beamten haben ...

Zeuge Mül[ler]:

Richtig.

Vors.:

... sind bei Ihnen nicht angestellt worden.

Zeuge Mül[ler]:

Hatte ich nicht anzustellen.

Vors.:

Ja sicher, und sind in der Tat nicht angestellt worden.

Zeuge Mül[ler]:

Richtig.

Angekl. Baa[der]:

Aber Sie, Sie sind dem Urteil des Zeugen gefolgt, daß das die günstigste Situation gewesen sei, um einen Schuß anzubringen aus 80 m Entfernung - Zielfernrohr. Nicht etwa der Panzer, der nur eine Entfernung von 80 cm hatte und ein Maschinengewehr als Beispiel, das auch ... (spricht unverständlich), nicht etwa die Hunderte von Beamten, die in Ringen von 40, 50, 60 m um diese Sache lagen, sondern ausgerechnet dieser Mann da oben am Fenster.

[8365] Sie müssen doch ein eigenes Bild der Lage gehabt haben? Wenn der Ihnen sagte, das ist der beste Schußwinkel, dann haben Sie das geglaubt oder wie? Oder haben Sie sich auch ein eigenes Bild gemacht?

Zeuge Mül[ler]:

Also ich habe diese Entscheidung nicht getroffen. Ich habe mir das Urteil dieses Beamten angehört und habe daran teilgenommen, daß diesem Beamten aufgrund dieser Darlegung der Sachlage der Möglichkeiten eine besondere Schußwaffe ausgehändigt worden ist. Und der Beamte hat dann nach einer längeren Zeit der Beobachtung und der entstandenen Situation eigenverantwortlich gehandelt.

Angekl. Baa[der]:

Dann frag ich Sie jetzt:

Wie erklären Sie sich, daß dieser Beamte, dieser führungslos umherirrende Scharfschütze, der sich dann zufällig dem Polizeipräsidenten anschließt ...

Vors.:

Wollen Sie vielleicht Ausschmückungen lassen, sondern Ihre Fragen präzise stellen?

Angekl. Baa[der]:

... daß ausgerechnet dieser ...

Ja doch. Das geht aus der Aussage hervor, daß der da so irgendwie zwischen den Absperrungen rumgeirrt ist und dann trifft er den Polizeipräsidenten und einen Mann ...

Vors.:

Das geht nicht draus hervor. Das ist nicht richtig.

Angekl. Baa[der]:

Das steht.

Vors.:

Das ist nie gesagt worden, Herr Baader. Es ist wieder mal eine Mutmaßung[ggggggg] von Ihnen.

Angekl. Baa[der]:

Ein Vorhalt:

„Ich entsinne mich, daß ich also aus der Wohnung heruntergegangen bin, um die Absperrung herum, in der Hoffnung, daß ich jemand von der Einsatzleitung dort finden werde und hab dort in dieser Straße, die ich ja auf der Karte gezeigt hab, auch den Herrn Polizeipräsidenten Müller von Frankfurt getroffen, den ich vom Sehen her kannte und einen Herrn der Schutzpolizei, der also aufgrund seiner goldenen Knöpfe als verantwortlicher Mann zu erkennen war.“

Also da war ein führungsloser Scharfschütze, der hatte einen verantwortlichen Mann gesucht.

Vors.:

Er war nicht führungslos, er hat sich dort erkundigt.

Herr Baader, was ist jetzt die Frage?

Angekl. Baa[der]:

Das ist aber doch wichtig.

[8366] Vors.:

Es ist nicht richtig, was Sie vorhalten.

Angekl. Baa[der]:

Aber ich hab doch wörtlich vorgelesen. Er hat einen verantwortlichen Mann gesucht.

Vors.:

Als der Herr Honke zum Scharfschützen geworden ist - aber ich sag’s Ihnen jetzt zum letztenmal - nämlich durch Erhalt des Gewehres, war er nicht führungslos, sondern er hatte sich vorher mit der Einsatzleitung in Anwesenheit des Herrn Zeugen besprochen ...

Angekl. Baa[der]:

Das geht hier aus seiner Aussage nicht hervor.

Vors.:

... Daß er vorher nach einem Einsatzleiter gesucht hat, um diesem sein Anliegen vorzutragen, ist was ganz anderes. Das hat mit Führungslosigkeit nichts zu tun. Ich bitte Sie jetzt aber, die Frage zu formulieren.

Angekl. Baa[der]:

Naja, also gut.

Wie erklären Sie sich ... das ist eben nicht richtig, was Sie sagen. Es geht aus Honkes Aussage nicht hervor, daß er sich mit der Einsatzleitung z. B. abgesprochen hätte ...

Vors.:

Herr Baader, jetzt müssen Sie dem Gericht zu erkennen geben, welche Frage Sie zu stellen beabsichtigen.

Angekl. Baa[der]:

Ja, ich beabsichtige, die Frage zu stellen, wie er erklärt, daß also unter diesen vielen hundert Polizeibeamten ausgerechnet dieser eine Beamte - wie ich sage: dieser führungslose Scharfschütze - dem er sich angeschlossen hat, auf die Idee kommt, in dieser ganz bestimmten Situation diesen ganz bestimmten gezielten Schuß abzufeuern?

Vors.:

Es ist nicht möglich, daß der Herr Zeuge beurteilt, welche Ideen der Zeuge Honke gehabt hat. Es sei denn, Sie wollten danach fragen, ob der Herr Honke vorher seine Ideen mit dem Herrn Polizeipräsidenten Müller besprochen hat.

Angekl. Baa[der]:

Das hat er ja ganz offensichtlich. Er hat die ... also das, was so einen Polizisten interessiert, wenn er tötet, ob er hinterher belangt werden kann, das hat er ja ...

Vors.:

Herr Baader, jetzt drehen Sie sich doch nicht immer im Kreise. Formulieren Sie Ihre Frage.

Angekl. Baa[der]:

Das hat er ganz genau mit Herrn Müller besprochen, die rechtliche ...: Nun, wie machen wir’s denn? Notwehr oder ...?

Vors.:

Und das ist vom Herrn Zeugen nun so häufig und eingehend dargelegt worden, daß das keiner weiteren Aufhellung durch Fragen mehr bedürfte, die dann Wiederholungen und deswegen unzulässig wären.

[8367] Angekl. Baa[der]:

Ja, aber es ist doch zumindest darüber gesprochen worden ... (spricht des weiteren unverständlich).

Vors.:

Ja, der Herr Zeuge hat das aber alles berichtet. Jetzt bedarf es da in dieser Richtung keiner weiteren Aufhellung mehr.

Angekl. Baa[der]:

Das ist mir nicht ganz klar, Herr Prinzing. Das muß Sie doch auch interessieren in dem Zusammenhang.

Vors.:

Es interessiert uns ja auch. Aber wir haben vorher die Antwort des Herrn Zeugen gehört und mit Interesse alle verfolgt.

Angekl. Baa[der]:

Ja, aber mir ist immer noch nicht klar: Wie kommt denn diese eigenartige Konstellation zustande? Daß also dieser Mann hier, der dann also auftaucht ...

Vors.:

Herr Baader, es ist nicht Aufgabe eines Zeugen, Ihnen eine Klarheit zu verschaffen, die Sie aus seinen gegebenen Antworten nicht sofort gewinnen. Vielleicht, wenn Sie das Protokoll durchlesen, können Sie Weiteres draus gewinnen; Sie bekommen ja die Protokolle von uns.

Angekl. Baa[der]:

Also Ihnen fallen ... ich frage Sie jetzt mal ...

Vors.:

Ich laß jetzt keine Wiederholungen von Fragen mehr zu, und deswegen ...

Angekl. Baa[der]:

... keine Widersprüche auf in der Aussage?

Vors.:

Das ist eine Frage der Beweiswürdigung, ob uns Widersprüche auffallen. Im übrigen gibt’s dazu Erklärungen nach § 257 StPO.

Angekl. Baa[der]:

(spricht unverständlich dazwischen).

Vors.:

Sie haben jetzt die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Um das geht’s hier nur - und keine Wiederholungen mehr.

Angekl. Baa[der]:

Also Sie meinen, ich kann die Frage jetzt nicht stellen, wie diese Konstellation entstanden ist: der Polizeipräsident, der Scharfschütze, die 400 Polizisten in derselben rechtlichen Situation und diese spezifische Initiative.

Vors.:

Nein, der Herr Zeuge hat bereits eingehend geschildert, wie nach seinen Beobachtungen es zum Schuß gekommen ist und was er von den persönlichen Vorstellungen des Herrn Zeugen mitbekommen hat - des Herrn Zeugen Honke - und was seine eigenen waren.

[8368] Angekl. Baa[der]:

Ja, aber ich würde eben sagen, das ist unglaubwürdig, Herr Prinzing, angesichts der Zeitungsmeldungen, in denen ...

Vors.:

Herr Baader, ja: Ich habe ja nichts dagegen, daß Sie’s für unglaubwürdig halten; auch dürfen Sie das zum Ausdruck bringen, bloß nicht im Rahmen des Fragerechts.

Angekl. Baa[der] (den Vorsitzenden unterbrechend):

Nein, das möchte ich gegenüber dem Zeugen zum Ausdruck bringen, damit er sich besinnt und die Wahrheit sagt.

Vors.:

Dann dürfen Sie dem Herrn Zeugen aus Ihren Zweifeln heraus Vorhalte und Fragen stellen. Aber mehr nicht.

Und wenn Sie’s jetzt nicht wahrmachen, daß Sie endlich zu einem geordneten Fragerecht zurückkehren, Herr Baader ...

Angekl. Baa[der]:

Also nochmals:

Haben Sie eine Erklärung dafür, wie die Initiative entstanden ist dieses Scharfschützen, in dessen Begleitung Sie waren, diesen Schuß abzugeben in dieser ganzen

a) Einsatzplanung, die acht Tage lang vorbereitet war;

b) im Rahmen der eingesetzten Polizeimaßnahmen?

Vors.:

Die Frage ist nicht mehr zulässig. Der Herr Zeuge hat diese Fragen alle beantwortet.

Herr Baader, ich darf ...

Angekl. Baa[der]:

Dann hab ich dazu jetzt keine Frage.

Vors.:

Herr RA Oberwinder.

RA Ob[erwinder]:

Ja, ich hab dazu noch eine Frage, und zwar, das Problem ist doch das:

In der Polizei, Herr Zeuge, gibt’s doch ne Hierarchie, die läuft auf Befehlsbasis, und die Frage ist doch:

Als Herr Honke zur Einsatzleitung gekommen ist und gesagt hat, „ich hab einen günstigen Standpunkt“ und ihm das Gewehr ausgehändigt wurde, da muß doch - und das ist meine Frage - ob eine klare Anweisung erteilt worden ist, entweder die eine Möglichkeit ist doch wohl, daß gesagt worden ist: „Gewehr ausgehändigt, Befehl abwarten“, wann geschossen werden soll oder der Schießbefehl ist gleich gegeben worden; d. h., wenn er eine günstige Situation oder was auch immer vor Augen hat, daß er dann schießen soll. Diese zwei Möglichkeiten sehe ich. [8369] Und die Frage ist,

ob diese zwei Möglichkeiten erörtert worden sind und ob ein dahingehender Befehl erteilt wurde?

Vors.:

Auch diese Frage scheint hinlänglich beantwortet zu sein.

RA Ob[erwinder]:

Nein, Herr Vorsitzender, das stimmt nicht. Es ist nichts darüber bisher gesagt worden, was in der Situation, wo das Gewehr dem Zeugen Honke ausgehändigt worden ist, was für einen Befehl er da erhalten hat.

Vors.:

Es ist gesagt worden, daß, wenn ein unabweisbares Bedürfnis gegeben sei, auch von der Schußwaffe Gebrauch gemacht werden würde. Im übrigen hat der Herr Zeuge gesagt, er habe keine Befehle erteilt.

RA Ob[erwinder]:

Ich hab ja auch nicht danach gefragt, ob er Befehle erteilt hatte. Er war ja in der Situation dabei, und er wird sicher sagen können von sich aus, was für ein Befehl erteilt worden ist.

Zeuge Mül[ler]:

Ja aus dem Gespräch wurde deutlich, daß der Zeuge Honke sowie auch die anderen mit Schußwaffen eingesetzten Beamten, wenn dies nach den gesetzlichen Voraussetzungen zulässig war und notwendig war, aus seiner Position von der Schußwaffe Gebrauch machen durfte. Ein Befehl hierzu wird wegen der sich verändernden Situation normalerweise nicht erteilt.

Vors.:

Herr Baader, aber jetzt zum allerletzten Mal.

Angekl. Baa[der]:

Also Sie sagen: Ein Befehl, zu schießen, wird gar nicht erteilt; es wird nur geklärt, ob sozusagen rechtlich - also nach der Gesetzesinterpretation - die Voraussetzungen vorliegen, aus denen heraus geschossen werden kann. Das heißt, eine Rechtsbelehrung sozusagen dieses Scharfschützen muß von ihm verstanden werden, in einer bestimmten Situation als Befehl zu schießen; denn Sie waren ... und dann würde ich doch sagen, waren Sie der Mann - das halte ich Ihnen vor -, der den Befehl gegeben hat in dieser Form; denn er suchte einen Verantwortlichen: Sie waren eine Autorität für ihn, Sie haben die Situation rechtlich kategorisiert, Sie haben gesagt, die Voraussetzungen des ... liegen vor, Sie haben die Situation interpretiert als sozusagen angriffsträchtig und gefährlich für Sie und für die ...

[8370] Vors.:

Bitte kommen Sie zur Frage, Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

Insofern haben Sie, würde ich mal sagen oder halte ich Ihnen mal vor, indem Sie auf eine bestimmte Weise diese Situation rechtlich kategorisiert haben, einen Befehl ... den Befehl gegeben, zu schießen, und der Schütze, der einfache Polizeibeamte, hat dann auch geschossen.

Vors.:

Herr Baader, Sie haben wieder eine Behauptung aufgestellt. Ich entnehme dieser Behauptung, die Sie als Vorhalt verkleidet haben, es handle sich um eine Frage, die wohl dahin gehen sollte, ob der Herr Zeuge einen Befehl gegeben hat. Diese Frage ist mehrfach verneint worden und damit beantwortet.

Angekl. Baa[der]:

(lacht).

Ende von Band 465.

[8371] RA Dr. H[eldmann]:

Verzeihung, Sie hatten Herrn Baader nicht zutreffend interpretiert. Herr Baader hat gefragt, ob nicht der Polizeibeamte Honke die Rechtsbelehrung durch den Herrn Zeugen hier wie einen Befehl hat auffassen müssen, nämlich Voraussetzung für einen gezielten Schuß die und die. Und damit sozusagen, um es unjuristisch auszudrücken, Freifahrschein für den gezielten Schuß durch den Zeugen hier. Das war Herr Baaders Frage.

Vors.:

Dazu könnte der Herr Zeuge wohl nur Vermutungen anstellen, wie es der Herr Honke hat auffassen müssen und aufgefaßt hat.

Angekl. B[aader]:

Aber er hat es doch wörtlich gesagt, Herr Prinzing. Versuchen Sie es doch jetzt nicht hier wegzuwischen. Er hat wörtlich gesagt, der Befehl wird im allgemeinen, wird überhaupt nicht gegeben. Es wird festgestellt, ob Voraussetzungen vorliegen, nämlich rechtliche. Das hat er für den Mann geklärt ... und darum hat der geschossen.

Vors.:

Sie haben das richtig verstanden. Sie haben das völlig richtig verstanden, ziehen Sie Ihre Schlußfolgerungen daraus. Der Herr Zeuge hat die Frage richtig und vollständig in dieser Richtung, wie Sie es angedeutet haben, beantwortet. Das, was Sie jetzt wissen wollen, sind Schlußfolgerungen auf die innere Einstellung des Herrn Honke. Dazu kann der Zeuge keine ...

Angekl. B[aader]:

Dann frage ich noch einmal, konnte der Polizeibeamte Honke ihre rechtliche Würdigung der Situation als Befehl verstehen? Mußte er Sie so verstehen, besser?

Vors.:

Ich habe das Gefühl, Herr Baader versteht nicht, um was es geht dabei. Es geht darum, daß der Hinweis auf die rechtlichen Möglichkeiten, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen, ob das als Befehl von einem Beamten allgemein, vielleicht speziell in der Situation, hätte verstanden werden können.

Zeuge Mül[ler]:

Ich darf wiederholen. Die Entscheidung, daß überhaupt bei Vorliegen bestimmter tatsächlicher Voraussetzung von der Schußwaffe Gebrauch gemacht werden durfte durch die eingesetzten Beamten, ist hinsichtlich der übrigen Beamten in meiner Abwesenheit erfolgt. Hinsichtlich des Zeugen Honke in meinem Beisein erfolgt und zwar so, daß nicht hier ein formelles Kommando gegeben worden ist, sondern daß eine Erörterung stattgefunden hat. Wenn ich das richtig verstanden habe, beziehen sich die Bemerkungen, die gerade gemacht worden sind, auf das Gespräch, das in der Küche oben geführt worden ist. Dies war ein Gespräch zwischen einem Beamten, der eine verantwortliche Entscheidung zu treffen hatte, die er allein verantworten muß und [8372] allein verantworten wollte und der die Möglichkeit wahrgenommen hat, sich hierüber zu beraten. Wie er die Ratschläge, die Erläuterung zur Rechtslage, die ich ihm gegeben habe, verstanden hat, kann ich nicht sagen.

Professor Dr. Azzola erscheint wieder um[hhhhhhh] 18.49 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Gut. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe keine Fragen mehr.

Angekl. B[aader]:

Ich frage noch einmal. Herr Müller, die Verantwortung für diesen Schuss war Ihnen auf dem Höhepunkt der Hetze 72 4 millionenfach verbreitet in der Bildzeitung nicht lästig. Jetzt ist es Ihnen lästig. Das ist doch die Situation.

Vors.:

Die Frage der Verantwortlichkeit für den Schuß ist beantwortet worden. Was wollen Sie in Richtung auf den Anklagevorwurf gegen Sie, daß Sie gezielt auf Beamte geschossen hätten - das ist ja der Anklagevorwurf - durch diese Frage erreichen[iiiiiii].

Rechtsanwalt Schnabel verläßt um 18.50 Uhr den Sitzungssaal.

RA Dr. H[eldmann]:

Die Glaubwürdigkeit des Zeugen.

Angekl. B[aader]:

Die Glaubwürdigkeit des Zeugen, die ja nun außerordentlich ...

Vors.:

Nein, nein. Es ist nichts anderes als ein verkanntes Thema, mit dem der Herr Zeuge bloßgestellt werden soll, obwohl dazu gar kein Anlaß besteht, nachdem der Herr Zeuge hier vollkommen klare und aus seiner Sicht auch erschöpfende Auskunft gegeben hat. Ich lasse in dieser Richtung jetzt auch keine weiteren Fragen mehr zu. Weitere Fragen? Ich sehe nicht. Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Einwendungen.

Der Zeuge Müller wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 18.51 Uhr entlassen.

Vors.:

Ich frage nunmehr dann noch die Angeklagten, ob Sie eine Erklärung nach § 257[ StPO] zu dieser Aussage geben wollen? Herr Professor?

Prof. Dr. Azz[ola]:

Können wir das am Dienstag machen angesichts der fortgeschrittenen Zeit?

Vors.:

Nein. Die Erklärungen sollten jetzt im Anschluß an das Beweismittel natürlich abgegeben werden. Das sieht die Prozeßordnung so vor. Sie [8373] sieht keine tagelangen Pausen zwischen solchen Erklärungen vor. Ich darf auch darauf hinweisen, daß am Dienstag natürlich ein weiteres Beweisprogramm vorgesehen ist, auf das Rücksicht genommen werden muß. Ich bitte also, diese ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Können wir dann wenigstens 10 Minuten Zeit haben, um in solcher Erklärung Rücksprache zu nehmen?

Vors.:

Ja. Ja das hatten Sie[jjjjjjj] bis jetzt nicht erbeten, diese 10 Minuten bekommen Sie.

Herr Raspe?

Angekl. R[aspe]:

Ich beantrage, daß man die Erklärung dienstagfrüh abgeben kann.

Vors.:

Bitte, daß Sie?

Angekl. R[aspe]:

Daß die Erklärung dienstagfrüh abgegeben werden kann.

Vors.:

Nein, es ist also, Herr Raspe, eine Sache, die sich anschließen muß an das Beweismittel,[44] auch wenn das Beweismittel so lange befragt wird. Das ist ja nicht Sache des Gerichts gewesen, daß sich die Befragung so lange ausgedehnt hat. Sie müssen die Erklärung schon jetzt anbringen.

Angekl. R[aspe]:

... das ist mal möglich gewesen.

Vors.:

Bitte?

Angekl. R[aspe]:

Das war aber schon x-mal möglich, das am nächsten Tag zu machen.

RA Dr. H[eldmann]:

Ist jetzt ... steht jetzt noch ein Zeuge an zur Vernehmung?

Vors.:

Nein, nein. Wir geben Ihnen die Gelegenheit ...

RA Dr. H[eldmann]:

Dann wird die Erklärung, die zu Beginn der nächsten Sitzung abgegeben wird, wird im Anschluß an die Vernehmung dieses Zeugen sein.

Vors.:

Es ist so, Herr Rechtsanwalt. Wir haben am Dienstag 7 Zeugen, darunter Sachverständige, die Gutachten zu erstatten haben. Wir müssen auf das Beweisprogramm am Dienstag Rücksicht nehmen. Ich bitte also, die Erklärungen, die noch gewünscht werden, jetzt abzugeben. Wir machen eine Pause, wir geben Ihnen diese Pause.

RA Dr. H[eldmann]:

Eine prozeßuale Notwendigkeit, Herr Vorsitzender, besteht dafür nicht. Und wenn die Gefangenen hier sagen, sie sind jetzt um 7 Uhr nicht mehr in der Lage, die Erklärung abzugeben, so haben sie das Recht, nämlich den gesetzlichen Anspruch, das zu tun im Anschluß an die Zeugenaussage, nämlich bei Beginn der nächsten Sitzung.

Vors.:

Das mit dem gesetzlichen Anspruch trifft nicht zu. Im übrigen darf ich Sie darauf hinweisen, wenn nicht durch die Notwendigkeit, Fragen [8374] abzuschneiden, jetzt das Fragerecht verkürzt worden wäre, würden die Angeklagten nach ihrer Verfassung wohl jetzt noch Fragen stellen. Es ist also nicht ersichtlich, daß die Angeklagten nicht auch zu solchen Erklärungen imstande sein könnten.

RA Obe[rwinder]:

Es ist doch wirklich absurd, Herr Vorsitzender. Es hat doch wirklich den ganzen Nachmittag eine umfangreiche Beweisaufnahme stattgefunden. Eine Erklärung kann doch nur nach Würdigung dieser Beweisaufnahme erfolgen ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Oberwinder ...

RA Obe[rwinder]:

... das ist heute Abend einfach nicht mehr zumutbar und möglich. Und es ist überhaupt kein Problem, daß am Dienstag vor der Zeugenvernehmung die Erklärung abgeben[kkkkkkk] wird.

Vors.:

Wir haben jetzt auch die „Zumutung“ ... wir haben es nicht als Zumutung, sondern als Pflicht empfunden, gehabt allseits, daß Sie bis jetzt dagewesen sind. Sie bezeichnen es als Zumutung, es lag ja an der Fragestellung, die ja von Ihrer Seite vorwiegend gekommen ist. Ich bitte also jetzt wahrzunehmen, daß wir jetzt nicht mehr länger darüber diskutieren. Wir machen 10 Minuten Pause, dann wird gefragt, ob Erklärungen abgegeben werden sollen oder nicht.

Pause von 18.55 Uhr bis 19.07 Uhr

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung:

Der Angeklagte Raspe ist nicht mehr[lllllll] anwesend.

Reg. Dir. Widera ist nicht mehr[mmmmmmm] anwesend.

Vors.:

Ich stelle fest, daß die Verteidigung gewährleistet ist. Ich richte jetzt an die Angeklagten, d.h. an den Angeklagten Baader, der noch anwesend ist, die Frage, ob eine Erklärung nach § 257[ StPO] von Ihnen abgegeben werden soll?

Der Angeklagte Raspe erscheint um 19.08 Uhr wieder Sitzungssaal.

Angekl. B[aader]:

Erst Herr Heldmann.

Vors.:

Herr Dr. Heldmann, Sie wollen eine abgeben?

RA Dr. H[eldmann]:

Ich muß jetzt eine abgeben, obgleich natürlich 10 Minuten zu kurz sind, wie Sie selbst wissen, Herr Vorsitzender, wie die Herrn Richter es wissen, zehn Minuten zu knapp sind, um einige qualifizierende, würdigende Äußerungen in der Form, wie sie [§ ]257 StPO vorsieht, nach einer nahezu 5 stündigen Zeugenaussage abzugeben.

[8375] Vors.:

Sie geben ein falsches Bild der Prozeßordnung. Es wird nach § 257[ StPO] die Erklärung angeknüpft an die Zeugenaussage. Es ist in keinen Prozeß üblicherweise etwa eine Pause vorgesehen für diese Zwecke,[45] insbesondere nicht von Tagen. Jetzt bitte.

RA Dr. H[eldmann]:

Da Sie mich gerne erinnern, darf ich Sie vielleicht einmal erinnern, daß Sie selbst das so schon praktiziert haben, sogar so ...

Vors.:

Wollen Sie jetzt eine Erklärung nach § 257[ StPO] abgeben, Herr Rechtsanwalt oder ...

RA Dr. H[eldmann]:

Im Moment erinnere ich Sie gerade an Ihre eigene Praxis.

Vors.:

Es sind keine Erinnerungen im Augenblick notwendig, sondern die Erklärung nach § 257[ StPO].

RA Dr. H[eldmann]:

Wie Sie wünschen. Ich hole dann die Erinnerungen nach, wenn Sie ein offenes Ohr dafür haben werden. Und ich hoffe auf diese Stunde.

Vors.:

Bei Gelegenheit.

RA Dr. H[eldmann]:

Zwei Anmerkungen zu der Aussage des Herrn Polizeipräsidenten Müller als Zeugen:

1. Diese Aussage hat keinen Beweis dafür erbracht, daß Baader gezielte Schüsse abgegeben hätte. Soweit in seiner Zeugenaussage Herr Müller zunächst diesen Eindruck, wo auch nicht offen ausgesprochen, versucht hat, zu erwecken, hat er später ausdrücklich[nnnnnnn] erklärt: „Nein, keine gezielten Schüsse.“

2. Allerdings kennzeichnet diese Zeugenaussage etwa die häufige ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, bitte.

RA Dr. H[eldmann]:

Danke ... die häufige, wie der Zeuge es nannte, Modifizierung seiner eigenen Aussage, also das Eingeständnis, daß er in einer vorherigen Aussage innerhalb dieser Beweisaufnahme eine falsche Aussage gemacht hat. Den Widerruf also einer falschen Aussage z.B. im ersten Teil seiner Vernehmung die Behauptung, Baader sei aus der Garage getreten mit der Waffe im Anschlag und später auf Befragung, auf Vorhalt, ausdrücklich: „Ich muß mich modifizieren, er hat die Waffe nicht im Anschlag gehabt, sondern am Oberschenkel“. Es kennzeichnet weiter, wie der Zeuge zu der Thematik, die die Verteidigung, die die Angeklagten zum Gegenstand in die Beweisaufnahme eingebracht haben, nämlich, warum mit welcher Rechtfertigung dieser gezielte Schuß, eine Menge von Variationen gab, Variationen im Grunde genommen um kein Thema, denn es gibt keine Rechtfertigung für den gezielten Schuß. Wo zunächst der Zeuge durch seine Aussage versucht hat, den Eindruck zu erwecken, Polizisten hätten sich durch Baader bedroht fühlen können, folglich also hat er wohl den Rechtfertigungsgrund der Nothilfe für den Zeugen Honke angepeilt, hat er später ausdrücklich, worauf ich [8376] eben schon hingewiesen habe, „Waffe im Anschlag“, „Waffe nicht im Anschlag“, diese Aussage berichtigt. Kennzeichnend[ooooooo] weiter die nächste Variation, wie er sich für die Frage, Rechtfertigung des gezielten Schusses auf den Polizeibeamten Honke mit dessen Äußerung berufen hat, nämlich, der gezielte Schuß, so Herr Müller, als Äußerung des Herrn Honke: „Honke glaube, mit einem geeigneten Gewehr gegen einen bewaffneten Angriff oder einen Ausbruchsversuch sich wenden zu können“. Diese Variation allerdings hat er alsbald wieder aufgegeben und hat auf die Frage geantwortet, die Frage: „Haben wir sie richtig verstanden, daß Sie die Frage, ob der gezielte Schuß unabwendbar notwendig war“, also sein Zitat des Herrn Honke, „deswegen nicht beantworten können, weil sie nicht in den Schützen hineinschauen konnten?“ alsdann geantwortet: „Ja, ich habe nicht in den Schützen hineinschauen können“. Schließlich die Ausflucht als 4. Variation, aber es ist nicht die letzte gewesen. Die Ausflucht, sein Einfall, dieser Schuß sei nach dem Hessischen Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges gerechtfertigt und angemessen und damit auch angemessen gewesen, um nämlich zu verhindern, daß Baader und Meins in einer, so der Zeuge selbst, auswegslosen Situation sich ihrer Festnahme durch Flucht hätten entziehen können.

Reg. Dir. Widera erscheint um 19.12 Uhr wieder[ppppppp] im Sitzungssaal.

RA Dr. H[eldmann]:

Soweit lediglich eine kurze Beispielesammlung, die ich gerne erweitert hätte, wenn Sie mir nicht eine unangemessen kurze Frist dafür gelassen hätten. Diese sechs Beispiele insgesamt aber rechtfertigen die Behauptung, daß der Zeuge hier jedenfalls objektiv falsche Aussagen gemacht hat, die er selbst auf Vorhalte etwa des Polizeibeamten, Aussagen des Polizeibeamten Honke, hier hat öffentlich korrigieren müssen, und schließlich seine völlige Unfähigkeit, uns auf unsere Fragen zu antworten, welche Situation nämlich war da, die nach einer gesetzlichen Grundlage diesen gezielten Schuß, der Treffpunkt unmittelbar neben einer Hauptschlagader zum Tod des Getroffenen hätte führen können. Der Zeuge hat diese Frage nicht beantworten können und das kennzeichnet die gesamte Zeugenaussage so hinreichend, daß es eines Kommentars danach nicht mehr bedarf. Schließlich aber erinnere ich Sie für die Würdigung dieser Zeugenaussage noch an einen gewissen Höhepunkt, den der Zeuge Ihnen und uns [8377] hier geboten hat, nämlich, wie er selbst vorgelesen hat, wie er von der Presse im Sommer 1972, sozusagen als der Feldherr vom Hofeckweg sich hat feiern lassen. Er hat den Feuerschutz kommandiert. Feuerschutz für wen? Das hat unwidersprochen durch die Presse gehen lassen, weil nämlich, so hat er uns gesagt, dieser Bericht ihm nicht bedeutungsvoll genug erschienen sei, zwei, drei Formulierungen, könne aber nicht ausschließen, daß er wörtlich so gesagt habe. Dort, 1972 der Feldherr vom Hofeckweg und heute der Mann, der von nichts etwas weiß und der für nichts in dieser Situation verantwortlich war.

Vors.:

Weitere Erklärungen bitte? Keine Erklärungen mehr? Herr Baader ...

Angekl. B[aader]:

Ja nur kurz, weil Heldmann alles schon gesagt hat. Aber das Zentrale ist natürlich, daß dieser Zeuge das Muster eines sozialdemokratischen Polizeipräsidenten war. 1972 hat ihn dieser Schuß und diese ganze Szenerie geschmückt und inzwischen ist es ihm etwas unbequem geworden. 1972 hat er sich damit gebrüstet in der Presse, hat Interviews gegeben, hat sich rausgestellt, und heute will er von nichts gewußt haben. Und um das durchzuziehen, mutet er den Leuten hier eine wirklich vollkommen abstruse Szenerie zu, in der es keine Befehlsstruktur, keine polizeiliche Hierarchie, keine Einsatzplanung, im Grunde nichts mehr gibt, was mit ihm zu tun haben konnte, obwohl es ein Einsatz war, der maximal vorbereitet war. Eine totale und perfekte Falle, diese Garage; das kann man schon sagen. Und nicht mal eine Maus hätte aus diesem Raum auf irgendeine Weise rauskommen können, ohne entweder auf dem Weg da raus erschossen zu werden oder auf jeden Fall irgendwie in diesen Polizeimassen hängen zu bleiben. Er hat meiner Ansicht nach den Befehl gegeben, zu schießen, auch mit einer präzisen Absicht, denn der Schuß sitzt ja an einer sehr präzisen Stelle, wie der Arzt mal festgestellt hat, ist das eigentlich der, mit der idealste Punkt, um jemand zu erschießen, ohne es so aussehen zu lassen. Wenn die Arterie, die Hüftarterie getroffen wird, das war zumindest die Meinung des behandelnden Arztes, verblutet der Angeschossene zwangsläufig und man kann immer sagen, es war ein schiefgegangener Beinschuß. Man weiß aber andererseits, daß Präzisionsschützen, das weiß man ja nun inzwischen reichlich, dieser Sonderkommission oder Kommandos oder wie immer, 5,- DM Stücke auf 250 m mit einem Zielfernrohr, Vergrößerung 1:2, und das war sicherlich ein Zielfernrohr, das eine Vergrößerung hatte, 5,- DM Stücke treffen können. So ist also noch vollkommen ungeklärt, warum ein Schuß, der ... naja, warum der Schuß an dieser Stelle saß. Aber ich bin eben der Ansicht, daß Müller diesen Schuß befohlen hat, wie er es auch 72 zuge- [8378] geben hat, um diesen Einsatz abzukürzen. Also um zu einer schnelleren Verfügung zu kommen über die Gefangenen, also über uns. Damit bestimmte Verhörmanöver laufen können, die dann auch gelaufen sind. Damit jedenfalls Bilder vorhanden sind für die Presse. Damit die Fahndung entwickelt werden kann. Aus dem Grund hat er geschossen, hat er diesen Schuß angeordnet. Und was sich hier abspielt, das ist dann wirklich nur noch das beschämende Bild, wenn man sich fünf Stunden hier windet und aus seiner Verantwortung, aus seiner einfachen, rauslügt. Mehr ist dazu auch nicht zu sagen.

Vors.:

Seitens der Angeklagten noch weitere Erklärungen? Ich sehe nicht.

Dann, wenn die Bundesanwaltschaft sich gleichfalls äußern will, bitteschön, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. W[under]:

Weitgehend wurde mit der Befragung des Zeugen der Versuch unternommen, die Anklage umzukehren und davon abzulenken, daß bei der Festnahme, unter anderem des Angeklagten Baader, schon deshalb Gefahr für Beteiligte und Unbeteiligte drohte und Vorsicht am Platze war, weil man vor Augen hatte einmal, wieviele Polizeibeamten bis dahin im Rahmen von Fahndungs- und Festnahmeaktionen gegen Angehörige dieser Gruppe schon getötet und verletzt worden sind und zum anderen, was gerade im Vormonat durch eine Kette von schweren Sprengstoffattentaten an Leib, Leben und Sachwerten zerstört worden ist. Daß sich Sprengmittel in der Garage befanden, war bekannt. Es stehen hier nicht Polizeibeamte vor Gericht, sondern die Angeklagten, unter anderem wegen mehrfachen vollendenten und versuchten Mordes. Diese Tatsache kann über einige Stunden hinweg, aber nicht auf lange Sicht und Dauer verwischt werden. Widersprüche mit Aussagen anderer Zeugen sind nicht erkennbar. Soweit sein Wissen reichte, hat der Zeuge offen und präzise ausgesagt. Danke.

Vors.:

Dankeschön. Wir setzen die Sitzung am kommenden Dienstag um 9 Uhr wie üblich fort ...

Angekl. B[aader]:

Wir haben hier noch einen Antrag zu stellen und ich möchte außerdem auf die Bundesanwaltschaft erwidern kurz, wenn Sie erlauben.

Vors.:

Nein. Es wird nicht erwidert. Nach [§ ]257[ StPO] hat jeder das Recht. Welchen Antrag wollen Sie stellen. Nach [§ ]257[ StPO] kann jede Seite eine Erklärung abgeben, eine Erwiderung gibt es nicht.

Angekl. B[aader]:

Es geht darum, Ihnen mitzuteilen, daß der Rechtsanwalt Frank Kopp aus Frankfurt ...

Vors.:

Ist das ein Antrag oder eine Mitteilung, die können Sie auch außerhalb der Hauptverhandlung machen.

[8379] Angekl. B[aader]:

Naja, Mitteilung oder Antrag, der ist aber aus Frankfurt, meine Verteidigung übernehmen will, also das Mandat übernehmen will, und Ihnen ist aber versehentlich mitgeteilt worden ...

Vors.:

Ja gut. Ich kann dazu, Herr Baader, mitteilen, um das abzukürzen, daß sich Herr Rechtsanwalt Kopp zunächst für Frau Meinhof gemeldet hat. Heute hat Frau Meinhof mitgeteilt ...

Angekl. B[aader]:

Es ist doch Frau Ensslin.

Vors.:

Oder Frau Ensslin, ich möchte mich also nicht darauf versteifen, daß Sie diese Mandierung nicht mehr aufrecht erhalte und jetzt offenbar will sich Herr Rechtsanwalt Kopp für Sie melden. Das sind keine Angelegenheiten, die in der Hauptverhandlung besprochen werden müssen. Es genügt eine einfach Meldung und der Vollmacht, sofern die Zahl der Verteidiger, die zulässig ist,[46] nicht überschritten ist.

Angekl. B[aader]:

Nur weil hier angesichts Ihrer exzessiven Auslegung dieses Nachfolgeverbots[47] der Argwohn aufkam, Sie würden schon eine versehentliche, also diese versehentliche falsche Mitteilung als Anlaß nehmen, das Mandat zu verhindern.

Vors.:

Also Herr Baader, da brauchen Sie keine Sorge zu haben. Da kann ich Sie beruhigen. Wir setzen also am kommenden Dienstag um 9 Uhr fort. Anwesend sind die Zeugen Drehmann, Martin, Eifler, Neuendorf, Markovic, Seidemann und Hans-Joachim Müller. Notwendig die Ordner 55, 77, 110, 86 und 81. Wie üblich ohne Gewähr. Fortsetzung am Dienstag.

Ende der Sitzung um 19.23 Uhr

Ende von Band 466


[1] Ulrike Meinhof wurde am 86. Verhandlungstag wegen ordnungswidrigen Benehmens nach § 177 GVG i.V.m. § 231b Abs. 1 StPO für die Dauer von einem Monat von der Hauptverhandlung ausgeschlossen (S. 7739 des Protokolls der Hauptverhandlung, 86. Verhandlungstag). Die anderen Angeklagten hätten an der Hauptverhandlung teilnehmen können. Die Strafprozessordnung sieht grundsätzlich eine Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 – Az.: 1 StE 1/74 – StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] Die Verteidigung war der Auffassung, die Bundesanwaltschaft habe in unzulässiger Weise Einfluss auf die Aussage den Zeugen Dierk Hoff genommen, etwa durch das in Aussicht stellen nicht vorgesehener Vorteile, um ihn dadurch gesetzeswidrig als Kronzeugen zu gewinnen. Um dies zu beweisen, beantragte Rechtsanwalt Dr. Heldmann, den Generalbundesanwalt Siegfried Buback als Zeugen zu vernehmen (S. 7962 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 89. Verhandlungstag).

[3] Die vorläufige Erwiderung des Bundesanwalts Wunder befindet sich auf S. 7989 f. des Protokolls der Hauptverhandlung (89. Verhandlungstag).

[4] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[5] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 – Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 – Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[6] Die Sicherungsgruppe ist eine Abteilung des Bundeskriminalamtes. Die SoKo B/M (Sonderkommission Baader/Meinhof) wurde 1971 als Teil der Sicherungsgruppe für Ermittlungen betreffend die RAF eingerichtet (Klaus, Sie nannten mich Familienbulle, 2008, S. 23).

[7] S. hierzu auch die Ausführungen des Zeugen Dierk Hoff, der in seiner Werkstatt einige der später von der RAF verwendeten Sprengkörperhüllen hergestellt hatte, darunter auch die als „Baby-Bombe“ bezeichnete Vorrichtung (S. 6006 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 68. Verhandlungstag).

[8] Am 15.5.1972 fand in Karlsruhe ein Anschlag auf den damaligen Richter am Bundesgerichtshof Buddenberg statt, dessen Auto mit einer Sprengvorrichtung versehen wurde. Bei der Explosion wurde seine Frau schwer verletzt. Dieser Vorgang war am 96. und 97. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[9] Am 24. Mai 1972 explodierten in Heidelberg auf dem Gelände des Hauptquartiers der 7. US-Armee und der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR) zwei zuvor dorthin verbrachte Kraftfahrzeuge. Hierbei kamen drei amerikanische Soldaten ums Leben, weitere Personen gerieten in Lebensgefahr oder wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 28 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 74. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[10] Am 12. Mai 1972 explodierte in München auf dem Parkplatz des Bayrischen Landeskriminalamts eine mit Sprengstoff gefüllte Gasflasche. Mehrere Personen wurden verletzt, es entstand zudem ein erheblicher Sachschaden (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 9 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 87. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[11] Die Aufgabe von Zeug/innen ist es, eine persönliche Wahrnehmung über einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang zu bekunden (BGH, Urt. v. 12.3.1969 – Az.: 2 StR 33/69, BGHSt 22, S. 347, 348), wobei es nur auf Tatsachen ankommt. Dazu gehören auch sog. innere Tatsachen, wie die eigene Überzeugung, bestimmte Motive etc. (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Vor § 48 Rn. 2). Im Unterschied dazu vermitteln Sachverständige Sachkunde oder wenden diese bei der Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts an. Bei der Bekundung von Tatsachen ist zu unterscheiden: Wurde die bekundete Tatsache im Rahmen eines behördlichen Auftrages aufgrund der besonderen Sachkunde wahrgenommen, fällt auch die Tatsachenbekundung in den Aufgabenbereich der Sachverständigen. Wurde die Tatsache hingegen ohne Auftrag, aber dennoch aufgrund einer gewissen Sachkunde wahrgenommen, sind die Regeln für den Zeugenbeweis anwendbar (sog. sachverständiger Zeuge, § 85 StPO; s. zur Abgrenzung Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 85 Rn. 2 f.).

[12] Der/Die Vorsitzende kann ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen der Verteidigung nach § 241 Abs. 2 StPO selbst zurückweisen oder bei Zweifeln die Entscheidung des Gerichts einholen (§ 242 StPO). Die Zurückweisung der Frage durch den/die Vorsitzende/n kann als unzulässig beanstandet werden, was ebenfalls die Entscheidung durch das Gericht zur Folge hat (§ 238 Abs. 2 StPO).

[13] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 – Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).

[14] Im zwölfstöckigen Verlagshaus Springer in Hamburg detonierten am 19. Mai 1972 zwei Sprengkörper; drei weitere Bomben, die nicht zündeten, wurden am Abend und am nächsten Tag gefunden. Mehrere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 18 ff.; Peters, RAF, 1991, S. 121). Der war ab dem 100. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[15] Urkunden wurden zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 Satz 1 StPO a.F.). Heute ist zu diesem Grundsatz eine weitere Möglichkeit des Urkundenbeweises hinzugetreten: Anstelle der Verlesung kann die Urkunde in einigen Fällen mittels Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt werden (§ 249 Abs. 2 StPO), was eine Ausnahme zum sonst im Strengbeweis geltenden Mündlichkeitsgrundsatz darstellt (Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, Einl. Rn. 185, 189).

[16] § 67 StPO ermöglicht das Berufen auf einen früheren Eid, wenn Zeug/innen im selben Hauptverfahren erneut vernommen werden.

[17] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[18] Beamt/innen des Erkennungsdienstes (ED) nehmen unterschiedliche Aufgaben wahr. Ihnen obliegt sowohl die Spurensuche und -sicherung an Tatorten als auch die Auswertung. Daneben führen sie auch sogenannte erkennungsdienstliche Maßnahmen bei Beschuldigten (oder andere Personen) vor, etwa durch das Anfertigen von Lichtbildern oder die Abnahme von Fingerabdrücken.

[19] Anlage 1 zum Protokoll vom. 25. Marz 1976: Aussagegenehmigung für KHK Eimecke.

[20] Dort wurden am 1.6.1972 die Angeklagten Andreas Baader und Jan-Carl Raspe, sowie der frühere Mitangeschuldigte Holger Meins nach einem Schusswechsel verhaftet. Dieser Vorgang war bereits ab dem 43. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[21] Anlage 2 zum Protokoll vom. 25.3.1976: Aussagegenehmigung für den Polizeipräsidenten Müller.

[22] Diese Reihenfolge ist in § 69 StPO vorgesehen: „Der Zeuge ist zu veranlassen, das, was ihm von dem Gegenstand seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang anzugeben“ (Abs. 1 Satz 1). „Zur Aufklärung und zur Vervollständigung der Aussage sowie zur Erforschung des Grundes, auf dem das Wissen des Zeugen beruht, sind nötigendenfalls weitere Fragen zu stellen“ (Abs. 2 a.F., heute Abs. 2 Satz 1).

[23] S. bereits Fn. 11.

[24] Der Verteidigung ist auf Verlangen – ebenso wie der Staatsanwaltschaft – nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, dazu etwas zu erklären.

[25] § 5 des Hessischen Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwangs bei Ausübung öffentlicher Gewalt regelte in der damaligen Fassung den Schusswaffengebrauch durch die Polizei: „Der Schusswaffengebrauch ist nur zulässig 1. gegen Personen, die a) bei der Ausführung einer strafbaren Handlung, die sich den Umständen nach als ein Verbrechen darstellt, auf frischer Tat betroffen werden oder dringend verdächtig sind, ein Verbrechen begangen zu haben und b) sich der erfolgten oder bevorstehenden Festnahme durch die Flucht zu entziehen versuchen oder einer Aufforderung, Waffen oder andere gefährliche Werkzeuge abzulegen, nicht Folge leisten oder sich anschicken, sie ohne Erlaubnis wieder aufzunehmen [...]“ (GVBl. Hessen v. 9.12.1950, S. 247 f.).

[26] Die Verhandlungsleitung und die Beweisaufnahme erfolgen durch den/die Vorsitzende/n (§ 238 Abs. 1 StPO). Werden sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden als unzulässig beanstandet, entscheidet das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung (§ 238 Abs. 2 StPO).

[27] Während bis zum 31.12.1974 die sog. „Blockverteidigung“ – die kollektive Verteidigung mehrerer Angeklagter bei gleicher Interessenlage – zulässig war, wurde mit dem Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20.12.1974 (BGBl. I, S. 3686) das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) eingeführt. Jede/r Verteidiger/in durfte fortan nur noch eine/n Angeklagte/n vertreten, mithin auch nur im Namen des/der jeweiligen Angeklagten sprechen. Auf die Einhaltung dieser Vorgaben achtete der Vorsitzende Dr. Prinzing in der Regel sehr genau (s. dazu etwa die Diskussion am 4. Verhandlungstag, S. 279 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, sowie am 12. Verhandlungstag, S. 928 f. des Protokolls).

[28] Zu den persönlich wahrgenommenen Tatsachen, über die Zeug/innen im Rahme ihrer Vernehmung aussagen können, gehören auch sog. innere Tatsachen, wie die eigene Überzeugung, bestimmte Motive etc. (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Vor § 48 Rn. 2).

[29] § 53 StGB a.F. (heute: § 32 Abs. 2 StGB) lautet: „Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von sich oder einem Anderen abzuwenden.“ Gegen einen rechtswidrigen Einsatz der Schusswaffe hätte sich der Angeklagte Baader daher auch mit Waffengewalt zur Wehr setzen dürfen.

[30] Grundsätzlich muss alles, worauf sich das Gericht zur Bildung seiner Überzeugung (§ 261 StPO) stützen möchte, ordnungsgemäß im Wege der Beweisaufnahme in die Hauptverhandlung eingeführt worden sein. Nach § 244 Abs. 3 StPO kann eine Beweiserhebung allerdings dann unterbleiben (und ein etwaiger Beweisantrag abgelehnt werden), wenn eine Tatsache offenkundig und die Beweiserhebung damit überflüssig ist. Während Teile der Literatur hierunter nur allgemeinkundige Tatsachen verstehen, hat sich in der Rechtsprechung die Anwendung auch auf sog. gerichtskundige Tatsachen durchgesetzt (grundlegend BGH, Urt. v. 14.7.1954 – Az.: 6 StR 180/54, BGHSt 6, S. 292, 293; BGH, Urt. v. 9.12.1999 – Az.: 5 StR 312/99, BGHSt 45, 354; s. auch die umfassende Darstellung bei Trüg/Habetha, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 244 Rn. 222 ff.).

[31] Nach § 257 Abs. 1 StPO sollen Angeklagte u.a. nach jeder Zeugenvernehmung befragt werden, ob sie etwas dazu erklären wollen.

[32] Holger Meins, der am 1.6.1972 im Rahmen der hier geschilderten Ereignisse zusammen mit Andreas Baader und Jan-Carl Raspe festgenommen wurde, war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Da der Senat ab Erhebung der öffentlichen Klage für Entscheidungen über die Haftbedingungen zuständig war (§ 126 Abs. 2 StPO), machten die Angeklagten u.a. den Senat, insbesondere aber den Vorsitzenden Dr. Prinzing verantwortlich für seinen Tod (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.).

[33] Fn. 25.

[34] Als Nothilfe wird diejenige Handlung im Rahmen der Notwehr (s. bereits Fn. 29) bezeichnet, die nicht zur Abwehr eines rechtswidrigen Angriffs von sich selbst, sondern von einer dritten Person vorgenommen wird.

[35] § 5 des Hessischen Gesetzes zur Anwendung unmittelbaren Zwanges enthält die Voraussetzungen, unter denen Polizeibeamt/innen der Einsatz von Schusswaffen erlaubt ist (s. bereits Fn. 25). Diese sind im Vergleich zu den Voraussetzungen der Notwehr deutlich enger. Ob sich Träger/innen hoheitlicher Gewalt bei Schusswaffengebrauch außerhalb der polizeirechtlichen Vorschriften auf das Notwehrrecht berufen können, ist umstritten (zu diesem Streitstand Perron/Eisele, in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 32 Rn. 42a ff.; ablehnend etwa für die Fälle der Nothilfe Amelung, NJW 1977, S. 833, 840). Da die landesrechtlichen Vorschriften in der Regel explizit festhalten, dass die Vorschriften über Notwehr und Notstand unberührt bleiben (so auch § 3 Abs. 2 des Hessischen Gesetzes zur Anwendung unmittelbaren Zwangs), erlauben die Rechtsprechung und Teile der Literatur den Rückgriff auf die strafrechtlichen Vorschriften, wenngleich Polizeibeamt/innen im Vergleich zu nicht hierfür ausgebildeten Personen ein breiteres Spektrum an milderen, aber ebenso zur Verteidigung geeigneten Handlungsalternativen zur Verfügung stehen dürfte, die sie vorrangig einzusetzen haben (BGH, Urt. v. 30.6.2005 – Az.: 2 StR 82/04, NStZ 2005, S. 31; Perron/Eisele, in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 32 Rn. 42c).

[36] Noch vor Beginn der Hauptverhandlung wurden die damaligen Vertrauensverteidiger Baaders, die Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele, auf Grundlage des neu geschaffenen § 138a StPO wegen des Verdachtes der Tatbeteiligung – Unterstützung der kriminellen Vereinigung RAF – ausgeschlossen; zudem wurden strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 156 ff., 537 ff.). Der vierte Verteidiger seines Vertrauens, Siegfried Haag, tauchte nur wenige Tage vor dem ersten Verhandlungstag unter und schloss sich der RAF an, nachdem er zuvor zwar vorläufig festgenommen, der Erlass eines Haftbefehls aber zunächst durch den zuständigen Richter am BGH abgelehnt worden war (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 212 f.; s. auch seine Presseerklärung in Anlage 1 zum Protokoll vom 21.5.1975, S. 12 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Das Verfahren, in dem ein Fall der notwendigen Verteidigung vorlag (§ 140 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5 StPO), konnte dennoch fortgeführt werden, da den Angeklagten durch je zwei Pflichtverteidiger gegen ihren Willen beigeordnet wurden. Diese von ihnen sog. Zwangsverteidiger lehnten die Angeklagten jedoch vehement ab (s. dazu Ulrike Meinhof am 1. Verhandlungstag, S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[37] Nachdem Andreas Baader zu Beginn der Hauptverhandlung ohne Verteidiger/in seines Vertrauens dastand (Fn. 36), übernahm ab dem 4. Verhandlungstag Rechtsanwalt Dr. Heldmann die Verteidigung Baaders. Hierzu beantragte er eine zehntägige Verhandlungsunterbrechung, um sich in die umfangreichen Akten des Verfahrens einzuarbeiten (S. 274 des Protokolls der Hauptverhandlung, 4. Verhandlungstag). Der Antrag wurde abgelehnt (S. 292 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung; s. auch die hiergegen gerichtete Gegenvorstellung des Rechtsanwalts Dr. Heldmann auf S. 837 ff., 11. Verhandlungstag).

[38] Der/Die Vorsitzende kann ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen von Amts wegen oder auf Antrag von Verfahrensbeteiligten zurückweisen (§ 241 Abs. 2 StPO). Wird die Zurückweisung abgelehnt, kann hiergegen die Entscheidung des Gerichts eingeholt werden. Ob dies auf Grundlage von § 242 StPO („Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet in allen Fällen das Gericht“) oder von § 238 Abs. 2 StPO („Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht“) geschieht, wird nicht einheitlich beantwortet (§ 242: Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 242 Rn. 1; § 238 Abs. 2: Gaede, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 242 Rn. 1). In beiden Fällen ist jedoch das Gericht für die Entscheidung zuständig, sodass im Ergebnis kein Unterschied zwischen beiden Auffassungen besteht.

[39] Die juristische bzw. logische Sekunde ist eine Rechtsfigur und keine Sekunde im Sinne einer realen Zeiteinheit. Innerhalb einer logischen Sekunde treten mehrere Rechtswirkungen zumindest gedanklich nacheinander ein. Diese Funktion wird besonders bedeutsam in zivilrechtlichen Konstellationen, wie etwa dem sachenrechtlichen Durchgangserwerb von Eigentum (näher Marotzke, AcP 1991, S. 177, 179 ff.).

[40] Gemäß § 24 Abs. 1 StPO können Richter/innen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters/einer Richterin zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).

[41] Der Grund, aus welchem Richter/innen abgelehnt werden, muss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt. Mittel der Glaubhaftmachung kann auch das Zeugnis des/der abgelehnten Richter/in sein (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO).

[42] „Zwangsverteidiger“ ist kein offizieller Begriff. Er wurde von den Angeklagten in Abgrenzung zu den sog. Vertrauensverteidiger/innen verwendet, um ihr Verhältnis zu den ihnen gegen ihren Willen beigeordneten Verteidigern zu beschreiben. Zwischen der Vertrauensverteidigung und dem Senat bestand Uneinigkeit darüber, ob die Verteidigung durch sie auch ordnungsgemäß sei (s. dazu bereits die Diskussionen am 1. Verhandlungstag, S. 90 ff., sowie den Entpflichtungsantrag der Rechtsanwältin Becker in Anlage 1 zum Protokoll vom 10.06.1975, S. 184 ff., 3. Verhandlungstag). Die Angeklagten lehnten die Verteidiger vehement ab und weigerten sich, mit ihnen zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung). Auch in der Literatur war diese Vorgehensweise – die Beiordnung von Pflichtverteidiger/innen gegen den Willen der Angeklagten neben vorhandenen (Wahl-)Verteidiger/innen – lange umstritten (s. dazu Thomas/Kämpfer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 141 Rn. 6). Die Rechtsprechung ließ diese sog. Sicherungsverteidigung zu (BVerfG, Beschl. v. 28.3.1984 – Az.: 2 BvR 275/83, BVerfGE 66, S. 313, 321; BGH, Urt. v. 11.12.1952 – Az.: 3 StR 396/51, BGHSt 3, S. 395, 398; s. auch EGMR, Urt. v. 25.9.1992 – Az.: 62/1991/314/385, EuGRZ 1992, S. 542, 545 f.). Erst mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2128) wurde hierfür in § 144 StPO auch eine gesetzliche Regelung geschaffen.

[43] Die Zurückweisung einer Frage durch den/die Vorsitzende/n kann als unzulässig beanstandet werden, was die Entscheidung durch das Gericht, in diesem Fall den Senat, zur Folge hat (§ 238 Abs. 2 StPO).

[44] In zeitlicher Hinsicht enthält § 257 StPO lediglich die Vorgabe, dass die Erklärung nach der jeweiligen Beweiserhebung zu erfolgen hat. Damit ist grundsätzlich noch keine Aussage über die zulässigerweise dazwischenliegende Zeitspanne getroffen. Jedenfalls zulässig dürfte daher eine Erklärung bis zur nächsten Beweiserhebung sein. In besonderen Fällen ist aber von einem weiteren Rahmen auszugehen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn eine genauere Analyse des Beweismittels erforderlich ist (Ciernak/Niehaus, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band. 2, 1. Aufl. 2016, § 257 Rn. 17; Eschelbach, in Graf [Hrsg.], Beck’scher Online-Kommentar StPO, 38. Edition Stand 1.10.2020, § 257 Rn. 7; Velten, in Wolter [Hrsg.], Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 5, 5. Aufl. 2016, § 257 Rn. 9).

[45] Ob zur Vorbereitung einer Erklärung nach § 257 StPO eine Unterbrechung verlangt werden kann, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden, wird in der Kommentarliteratur aber zum Teil bejaht (Eschelbach, in Graf [Hrsg.], Beck’scher Online-Kommentar StPO, 38. Edition, Stand: 1.10.2020, § 257 Rn. 13). Hierfür spricht auch, dass das Recht sich zu äußern ohne jegliche Vorbereitungszeit bei sehr umfangreichen Zeugenvernehmungen de facto leerlaufen würde. Bei Verweigerung einer Unterbrechung stehen allerdings – neben einer Beanstandung gem. § 238 Abs. 2 StPO – kaum erfolgversprechende Rechtsbehelfe zur Verfügung. Eine Revision nach § 337 StPO allein auf die Verletzung von § 257 StPO zu stützen dürfte nicht vielversprechend sein. Teile der Literatur sehen in § 257 StPO bereits eine nicht revisible Ordnungsvorschrift (so Diemer, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 257 Rn. 5). Zumindest wird das Urteil in der Regel nicht auf dem Verstoß beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO), da im Prozess noch spätere Äußerungsmöglichkeiten gegeben sind (so Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 257 Rn. 9). Daneben kommt die Revision nach § 338 Nr. 8 StPO (Beschränkung der Verteidigung durch einen Beschluss des Gerichts in einem wesentlichen Punkt) in Betracht, wenn die Entscheidung, nicht zu unterbrechen, nach Beanstandung durch einen Gerichtsbeschluss bestätigt wurde (§ 238 Abs. 2 StPO). Der Bundesgerichtshof verlangt jedoch hierfür eine konkret-kausale Verknüpfung zwischen dem verfahrensfehlerhaften Beschluss und dem späteren Urteil (BGH, Urt. v. 26.05.1981 – Az.: 1 StR 48/81, NStZ 1981, S. 361). Dies liegt einer Verletzung des Erklärungsrechts nach § 257 StPO in der Regel nicht vor, weil spätere Äußerungsmöglichkeiten im Verfahren bestehen, insbesondere im Rahmen der Schlussvorträge, die den Verfahrensmangel heilen können (s. BGH, Beschl. v. 24.10.2006 – Az.: 1 StR 503/06, NStZ 2007, S. 234).

[46] Die Anzahl der Wahlverteidiger/innen ist gem. § 137 Abs. 1 Satz 2 StPO auf drei beschränkt.

[47] Zum 1.1.1975 trat mit dem Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20.12.1974 (BGBl. I, S. 3686) das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) in Kraft. Die Neuregelung des § 146 StPO wurde nach ihrem Inkrafttreten durch die Rechtsprechung – nicht zuletzt durch den 2. Strafsenat des OLG Stuttgart – gleich in mehrfacher Hinsicht weit ausgelegt. So wurde das Verbot der Mehrfachverteidigung auch auf Beschuldigte in anderen Verfahren ausgedehnt (s. dazu den in diesem Verfahren ergangenen Beschluss des OLG Stuttgart v. 4.11.1975 – Az.: 2 StE 1/74, NJW 1776, S. 157; so kurz darauf auch BGH, Beschl. v. 27.2.1976 – 1 BJs 25/75, StB 8/76, BGHSt 26, S. 291, 293 f.); auch die sog. sukzessive Mehrfachverteidigung nach Beendigung eines Mandatsverhältnisses wurde untersagt (OLG München, Beschl. v. 28.11.1975 – Az.: 1 Ws 1304/75, NJW 1976, S. 252, 253 f.; später bestätigt durch BGH, Beschl. v. 23.3.1977 – Az.: 1 BJs 55/75; StB 52/77, BGHSt 27, S. 154, 155 f.). Zuletzt hatte der 2. Strafsenat des OLG Stuttgart aus diesem Grund die Zulassung des Rechtsanwalts Dr. Temming abgelehnt und in diesem Zusammenhang seine frühere Rechtsauffassung geändert (s. zur Diskussion S. 7728 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 86. Verhandlungstag; s. auch die im Rahmen einer Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit vorgetragenen Argumente des Rechtsanwalts Oberwinder am 91. Verhandlungstag, S. 8054 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Da die umstrittenen Auslegungen auch auf den nicht eindeutigen Wortlaut des § 146 StPO zurückzuführen waren, wurde die Vorschrift durch das StrVÄG 1987 vom 27. Januar 1987 (BGBl. I, S. 475) neugefasst. Der heutige Wortlaut umfasst explizit auch das Verbot, Beschuldigte in Parallelverfahren zu verteidigen, wenn sie wegen derselben Tat beschuldigt sind (s. zur Neuregelung auch Meyer-Goßner, NJW 1987, S. 1161, 1163; Nestler-Tremel, NStZ 1988, S. 103 f.), nicht jedoch das Verbot der sukzessiven Verteidigung (BGH, Beschl. v. 15.1.2003 – Az.: 5 StR 251/02, BGHSt 48, S. 170, 173; Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 8. Aufl. 2015, Rn. 124; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 146 Rn. 18 ff.).


[a] Handschriftlich ersetzt: 9.05 durch 9.03

[b] Handschriftlich ergänzt: würden

[c] Handschriftlich ergänzt: weiße

[d] Handschriftlich durchgestrichen: eine

[e] Handschriftlich ergänzt: Momentzünder

[f] Maschinell eingefügt: würde

[g] Handschriftlich ersetzt: die durch der

[h] Handschriftlich ersetzt: Fülle durch Füllung

[i] Maschinell eingefügt: wo man

[j] Maschinell eingefügt: ein Muster

[k] Handschriftlich ersetzt: geregelt durch geredet

[l] Maschinell durchgestrichen: ist

[m] Maschinell eingefügt: haben

[n] Maschinell durchgestrichen: das

[o] Maschinell eingefügt: die

[p] Maschinell ergänzt: oben

[q] Handschriftlich ergänzt: dieser

[r] Handschriftlich durchgestrichen: an

[s] Handschriftlich ersetzt: Zahlkugel durch Stahlkugeln

[t] Handschriftlich eingefügt: 4

[u] Handschriftlich ersetzt: sie durch die

[v] Handschriftlich durchgestrichen: eine

[w] Handschriftlich ergänzt: Sachverständigenfragen

[x] Maschinell durchgestrichen: Ich glaube, dann können wir dieses Asservat wieder verpacken

[y] Handschriftlich eingefügt: es

[z] Maschinell eingefügt: hatte

[aa] Maschinell eingefügt: Herr

[bb] Maschinell ersetzt: möglich durch notwendig

[cc] Handschriftlich eingefügt: die

[dd] Maschinell eingefügt: es

[ee] Handschriftlich ergänzt: also

[ff] Maschinell durchgestrichen: das

[gg] Maschinell eingefügt: Edding

[hh] Maschinell ersetzt: anwesend durch nunmehr auch anwesend

[ii] Maschinell durchgestrichen: einer

[jj] Maschinell eingefügt: Pos.

[kk] Maschinell ergänzt: werden

[ll] Maschinell durchgestrichen: Karton, Unterteil

[mm] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[nn] Handschriftlich ergänzt: 98

[oo] Handschriftlich durchgestrichen: der

[pp] Handschriftlich durchgestrichen: Zeuge

[qq] Maschinell ersetzt: sind durch auch

[rr] Maschinell eingefügt: mehr

[ss] Maschinell eingefügt: Die Aussagegenehmigung des Zeugen wird als Anlage 2 zum Protokoll genommen.

[tt] Handschriftlich ersetzt: unterstützt und durch unterstützend

[uu] Handschriftlich eingefügt: Sie

[vv] Maschinell durchgestrichen: ein

[ww] Handschriftlich eingefügt: sich

[xx] Handschriftlich durchgestrichen: in

[yy] Handschriftlich ersetzt: es durch daß es

[zz] Handschriftlich ergänzt: nicht

[aaa] Handschriftlich ersetzt: können durch kann

[bbb] Handschriftlich ersetzt: für durch von

[ccc] Handschriftlich ersetzt: einen durch einer

[ddd] Handschriftlich ersetzt: welchen Winkelabweichen durch welcher Winkelabweichung

[eee] Handschriftlich durchgestrichen: daß

[fff] Handschriftlich eingefügt: wann

[ggg] Handschriftlich ersetzt: Langlauf und Waffen durch Langlaufwaffen

[hhh] Maschinell durchgestrichen: und

[iii] Handschriftlich ersetzt: und durch sondern

[jjj] Maschinell durchgestrichen: die ic

[kkk] Handschriftlich durchgestrichen: Dieses

[lll] Handschriftlich ergänzt: Erklärungen

[mmm] Maschinell eingefügt: eben

[nnn] Maschinell ergänzt: Personen

[ooo] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[ppp] Handschriftlich eingefügt: ob

[qqq] Handschriftlich ersetzt: weil die durch weitere

[rrr] Maschinell ergänzt: Personen

[sss] Handschriftlich ersetzt: darunter durch davon

[ttt] Maschinell durchgestrichen: zu

[uuu] Handschriftlich eingefügt: schon

[vvv] Maschinell durchgestrichen: sich

[www] Handschriftlich ersetzt: was durch es

[xxx] Handschriftlich eingefügt: des

[yyy] Maschinell ersetzt: Es durch dazu

[zzz] Handschriftlich eingefügt: „Das

[aaaa] Maschinell ergänzt: Beobachtungen

[bbbb] Handschriftlich eingefügt: gleich

[cccc] Handschriftlich ersetzt: Kunde durch Gründe

[dddd] Handschriftlich durchgestrichen: das

[eeee] Maschinell durchgestrichen: versuchen

[ffff] Maschinell ersetzt: Ob durch Auf

[gggg] Handschriftlich ersetzt: oder durch unter

[hhhh] Handschriftlich durchgestrichen: über

[iiii] Handschriftlich eingefügt: über

[jjjj] Handschriftlich ersetzt: der durch die

[kkkk] Handschriftlich durchgestrichen: die

[llll] Maschinell ersetzt: Eine durch Daß

[mmmmm] Handschriftlich eingefügt: Aber

[nnnn] Maschinell durchgestrichen: Z. Mül.: „Ich bin

[oooo] Maschinell eingefügt: nach der

[pppp] Maschinell durchgestrichen: getroffe

[qqqq] Maschinell eingefügt: Der Beamte sagt:

[rrrr] Maschinell durchgestrichen: Antwort

[ssss] Maschinell eingefügt: (zu RA Dr. Heldmann)

[tttt] Maschinell durchgestrichen: wenn

[uuuu] Maschinell durchgestrichen: wohl

[vvvv] Maschinell durchgestrichen: sein

[wwww] Maschinell durchgestrichen: Herrn

[xxxx] Maschinell durchgestrichen: soweit

[yyyy] Handschriftlich ersetzt: meiner durch der

[zzzz] Maschinell durchgestrichen: sich

[aaaaa] Maschinell ersetzt: den durch einen

[bbbbb] Maschinell ersetzt: Ihnen durch ihm

[ccccc] Maschinell durchgestrichen: mit

[ddddd] Maschinell eingefügt: mehr

[eeeee] Maschinell durchgestrichen: Sie

[fffff] Maschinell eingefügt: Mü

[ggggg] Maschinell ersetzt: ja durch das

[hhhhh] Maschinell eingefügt: einzige Möglichkeit,

[iiiii] Maschinell ergänzt: hinzu

[jjjjj] Maschinell eingefügt: Schußes

[kkkkk] Maschinell ersetzt: ... durch Er ist in der

[lllll] Maschinell durchgestrichen: RA.Dr.He.:

[mmmmm] Maschinell ersetzt: ... durch haben

[nnnnn] Maschinell eingefügt: doch

[ooooo] Maschinell eingefügt: Zwanges

[ppppp] Handschriftlich ergänzt: glücklicherweise

[qqqqq] Handschriftlich eingefügt: ein

[rrrrr] Maschinell eingefügt: auch

[sssss] Handschriftlich eingefügt: ist

[ttttt] Handschriftlich durchgestrichen: gegen

[uuuuu] Maschinell durch * eingefügt: Angekl. Ra.: Wir möchten ihn ablehnen.

[vvvvv] Maschinell eingefügt: Es ist

[wwwww] Handschriftlich eingefügt: so

[xxxxx] Handschriftlich ergänzt: Stellen

[yyyyy] Maschinell eingefügt: wieder

[zzzzz] Maschinell ergänzt: unverständlich

[aaaaaa] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[bbbbbb] Handschriftlich ersetzt: und der Körper durch Unterkörper

[cccccc] Handschriftlich eingefügt: (zu Baader)

[dddddd] Maschinell eingefügt: verstaatlicht

[eeeeee] Handschriftlich ersetzt: es durch er

[ffffff] Handschriftlich ersetzt: was durch als

[gggggg] Handschriftlich ersetzt: zu durch um

[hhhhhh] Handschriftlich durchgestrichen: irgendwelchen

[iiiiii] Handschriftlich ersetzt: in dem durch Ihnen den

[jjjjjj] Maschinell eingefügt: Belgique“

[kkkkkk] Maschinell eingefügt eine

[llllll] Maschinell eingefügt: rechte Schulter

[mmmmmm] Handschriftlich ersetzt: trüben durch trügen

[nnnnnn] Handschriftlich ersetzt: auch durch auf

[oooooo] Handschriftlich ersetzt: den ...logisch durch terminologisch

[pppppp] Handschriftlich durchgestrichen: es

[qqqqqq] Maschinell eingefügt: es ist

[rrrrrrr] Maschinell eingefügt: der

[ssssss] Maschinell eingefügt: Frage

[tttttt] Handschriftlich ersetzt: Vor durch Von

[uuuuuu] Handschriftlich ersetzt: vom durch von

[vvvvvvv] Handschriftlich ergänzt: Gesprächen

[wwwwww] Maschinell eingefügt: wieder

[xxxxxx] Handschriftlich ersetzt: ohne ein durch und an

[yyyyyy] Maschinell eingefügt: Sie

[zzzzzz] Maschinell durchgestrichen: V.: Ich habe Ihnen gesagt

[aaaaaaa] Maschinell eingefügt: Frankfurter

[bbbbbbb] Maschinell durchgestrichen: das

[ccccccc] Maschinell durchgestrichen: Es kann Ihnen nämlich entgangen sein, daß

[ddddddd] Maschinell eingefügt: wieder

[eeeeeee] Maschinell durchgestrichen: weniger gewesen sein

[fffffff] Maschinell ersetzt: des objektiven durch der subjektiven

[ggggggg] Maschinell ersetzt: Anmaßung durch Mutmaßung

[hhhhhhh] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[iiiiiii] Handschriftlich ersetzt: erreicht durch erreichen

[jjjjjjj] Maschinell eingefügt: Sie

[kkkkkkk] Maschinell durchgestrichen: abzugeben

[lllllll] Maschinell eingefügt: mehr

[mmmmmmm] Maschinell eingefügt: mehr

[nnnnnnn] Handschriftlich durchgestrichen: ausdrücklicher

[ooooooo] Handschriftlich ersetzt: Kennzeichnet durch Kennzeichnend

[ppppppp] Maschinell eingefügt: wieder