84. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Freitag, den 5. März 1976, 9.01 Uhr



[7462] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Freitag, den 5. März 1976, 9.01 Uhr.

84. Verhandlungstag

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend: JOS Janetzko, Just.Ass.z.A. Scholze.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.

Als Verteidiger sind anwesend:

Rechtsanwälte Dr. Heldmann, Herzberg (als amtlich bestellter Vertreter für RA. Schlaegel), König, Linke, Grigat, Dr. Augst (als amtlich bestellter Vertreter für RA. Eggler), Künzel, Schnabel und Schwarz.

Als Zeugen sind erschienen: Alois Tratter

KK Anw. Schäfers

Vors.:

Ich bitte Platz zu nehmen. Wir können die Sitzung fortsetzen, die Verteidigung ist gewährleistet. Anwesend sind heute die Zeugen zunächst Herr Tratter und Herr Schäfers.

Die Zeugen Tratter und Schäfers werden gem. § 57 StPO[1] belehrt.

Die Zeugen sind mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[2]

Vors.:

Wir wollten jetzt zunächst Herrn Tratter hören. Es ist allerdings, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie könnten mir vielleicht hier behilflich sein, mitgeteilt worden, daß die Angeklagten beabsichtigten zu kommen.[3] Geschieht das demnächst?

RA Dr. Heldmann:

Ich erwarte sie jede Minute. Sie sind nämlich schon im Haus und die anderen Kollegen sind auch, bis auf Herrn Schily, wohl alle hier. Herr Schily kommt mit dem Flugzeug, [7463] also wieder wie üblich 9.25 Uhr. Aber die Kollegen Azzola und Plottnitz sind bereits hier.

Vors.:

Ja. Nun ja, das bedeutet eben, Herr Tratter, wenn wir mit Ihrer Vernehmung jetzt beginnen und die Angeklagten würden kommen, daß wir dann sofort mit Ihrer Vernehmung aufhören müßten, weil die Angeklagten zunächst dann zu belehren sind über das, was geschehen ist für die Zeit des Ausschlusses gem. § 231b und 231a[ StPO].[4]

RA Dr. H[eldmann]:

Vielleicht übernimmt freundlicherweise einer der Herrn Wachtmeister die Aufgabe, unten zu erinnern, daß die Sitzung begonnen hat.

Vors.:

Ja nun, die beginnt um 9.00 Uhr. Also der Sitzungsbeginn sollte allmählich bekannt sein.

Der Zeuge Schäfers wird um 9.05 Uhr in den Abstand verwiesen.

Vors.:

Zunächst bitte ich Sie um die Angabe Ihrer Personalien.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Vorsitzender, verzeihen Sie, dann möchte ich es doch vielleicht selber übernehmen, die Damen und Herren zu erinnern, daß wir alle schon beisammen sind.

Vors.:

Es steht Ihnen nichts im Wege. Die Verteidigung ist auch in dem Falle gewährleistet.[5]

RA Dr. H[eldmann]:

Ja, das ist nicht zu übersehen. Ich halte es in diesem Fall für zweckmäßig, daß sowohl die Verteidiger komplett sind, daß auch die Angeklagten hier sind.

Vors.:

Halten wir auch für zweckmäßig. Bloß wußten alle Beteiligten, daß es um 9 Uhr losgeht.

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person

Zeuge Tratter:

Alois Tratter, 38 Jahre alt,
Fachlehrer für Maschinenbau,
wohnh. 6472 Altenstadt, [Anschrift],

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vor bestraft.

[7464] RA[a] Dr. Heldmann verläßt um 9.05 Uhr für eine halbe Minute, während der Vernehmung des Zeugen zur Person, den Sitzungssaal.

Professor Azzola und Rechtsanwalt von Plottnitz erscheinen um 9.06 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Herr Tratter, Sie sind auf Antrag der Verteidigung als Zeuge hierhergebeten worden. Sie sollen uns Äußerungen, die Herr Hoff[6] früher getan hat, hier bekunden können. Zunächst daher die Frage, seit wann kennen Sie Herrn Hoff?

Die Angeklagte Ensslin erscheint um 9.06 Uhr im, Sitzungssaal.

Vors.:

Augenblick, ich muß jetzt Ihre Antwort sofort unterbrechen und ich glaube, wir können Herrn Tratter anwesend lassen, so lange die Angeklagten belehrt werden. Das heißt, kommt Herr Baader nicht?

RA Dr. H[eldmann]:

Doch.

Vors.:

Es wäre wünschenswert, denn sonst müßte ich die Belehrung ja doppelt geben. Herr Baader kommt nicht.

Die Angeklagte Ensslin.wird gem. §§ 231b II und 231a II StPO über den wesentlichen Inhalt dessen unterrichtet, was in ihrer Abwesenheit verhandelt worden ist.

Vors.:

Das war die Belehrung. Sollte Herr Baader später erscheinen, wird es nicht zu ersparen sein, diese Belehrung nochmals zu wiederholen.

Herr Tratter, ich darf Sie also nochmals daran erinnern, Sie sind auf Wunsch der Verteidigung hier als Zeuge gebeten worden und sollen uns über Äußerungen, die der Zeuge Hoff in früheren Jahren abgegeben hat, hier Aussagen machen. Deswegen bitten wir Sie zunächst um zusammenfassende Darstellung, seit wann Sie Herrn Hoff kannten, wie lange diese Bekanntschaft währte und wie eng sie gewesen ist?

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Sind wir uns einig darüber, daß der Herr Tratter nicht auf [7465] Wunsch der Verteidigung, sondern auf einen Beweisantrag der Verteidigung hin geladen wurde.

Vors.:

Wir sind uns einig.

Bitte, können Sie mit der Antwort beginnen.

Frau Ensslin?

Angekl. E[nsslin]:

Ich würde sagen, daß ich gleich Fragen stelle, daß wir das gleich mit Fragen machen.

Vors.:

Nein, die Vernehmung durch das Gericht ist nach der Prozeßordnung immer der erste Teil, Frau Ensslin. Sie haben aber nachher sicher ausreichend Gelegenheit, Fragen zu stellen. Herr Tratter, bitte.

Rechtsanwalt Schily erscheint um 9.22 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Tra[tter]:

Wahrscheinlich war das so 66 oder 67 rum, da habe ich ihn kennen gelernt. Also so 66, 67, ich weiß es nicht mehr ganz genau, habe ich ihn direkt kennengelernt. Indirekt kenne ich ihn schon seit Jahren als markante Persönlichkeit von Frankfurt. Er war so der ungekrönte Westerntyp, der mit gleicher Kleidung überall rumlief und deshalb fiel er mir auf. Ich hab ihn dann kennengelernt eben als sehr, also ein Mensch, der viel Fachkenntnisse hat und viel Fantasie. Und wir haben berufliche Interessen gehabt, gleiche, und da habe ich ihn öfter mal besucht. Und wir hatten dann so ein paar gemeinsame Freunde oder Bekannte. In welchen Abständen wir uns gesehen haben, das weiß ich nicht mehr genau. Jedenfalls, ich glaub, es war 66 oder 67 in seiner alten Wohnung, die er so ähnlich gebaut hatte wie seine neue, also ziemlich individuell. Und im Zusammenhang mit dieser Wohnungssuche, als er die aufgab, habe ich ihn kennengelernt.

Vors.:

Und wie würden Sie nun selbst die Bekanntschaft bezeichnen. War sie eng oder war sie nur eine flüchtige ...

Zeuge Tra[tter]:

Sie war nicht sehr eng, ich fand ihn halt so als sehr stabiler, individualistischer Typ, so als Einzelgänger, der sehr selbstsicher auftrat und auch in seiner Arbeitsweise sehr viel brachte, was mir gefiel.

Vors.:

Und wie lange habe Sie sich besucht. Sie erwähnten ja, Sie hätten ihn gelegentlich besucht?

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

[7466] Vors.:

Können Sie das auch zeitlich abgrenzen?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das war unterschiedlich.

Vors.:

Nicht wie oft, sondern wie lange ging das zeitlich gesehen, bis zu welchem Jahr hat es fortgedauert bis zuletzt?

Zeuge Tra[tter]:

Zuletzt habe ich ihn wahrscheinlich so vor 1 oder 1 ½ Jahren gesehen, zufällig in einem Lokal in Frankfurt in einem bekannten, im Jazz-Keller. Und ich fragte ihn, wie es geht usw. und wußte, daß er eben Motorräder umbaute und daß er mit Horex-Maschinen das[b] besonders trieb, und ich hab dann so gewußt, daß da, wo ich wohne, da war eben die größte Motorradfirma Münch, und daraufhin habe ich gesagt, er sollte doch mal, und die kennt er, die auch mit Horex-Maschinen herumgemacht hat, die umgebaut hat. Und da habe ich gesagt, er soll mich mal besuchen. Das war vor 1 oder 1 ½ Jahren.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie in ...

Zeuge Tra[tter]:

Und daraufhin hat er sich meine Adresse aufgeschrieben, eben Altenstadt, [Straße].

Vors.:

Herr Tratter, ist es richtig, daß Sie in diesen Jahren ein eigenes Geschäft betrieben haben, ein eigenes Ladengeschäft?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, man kann es nicht so nennen, es war kein Geschäft, wenn ich das im engsten Sinne dieses Begriffes auslege. Es war mehr so ein kleiner Raum, in dem ich eben so alte Möbel und Kleider vom Westend, von dem Zusammenbruch bedrohten Westend aus den alten Häusern geholt habe und die da so umgetauscht habe, mit Studenten hauptsächlich, die sich neue Sachen nicht so leisten konnten. Und ich hab eben das versuchsweise gemacht, und als ich sah, daß das also Geschäft werden mußte, habe ich es gelassen.

Vors.:

Könnte man das als ein Trödelladen bezeichnen?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das kann man so definieren.

Vors.:

Es ist erwähnt worden, daß dieser Laden von Ihnen aufgegeben wurde soeben. Wann ist das geschehen?

Zeuge Tra[tter]:

Bitte?

Vors.:

Wann haben Sie dieses Geschäft wieder aufgegeben oder diesen Laden?

Zeuge Tra[tter]:

Das weiß ich nicht. Ich bin sehr schlecht in Jahreszahlen.

Vors.:

Könnte das schon 1968 gewesen sein?

Zeuge Tra[tter]:

Vielleicht sogar später, ich weiß nicht. Ne, ne, es dürfte [7467] 1968 gewesen sein, es ging nur um ein paar Monate.

Vors.:

Es ist deswegen, weil aus der Aussage des Herrn Hoff, das ist Sonderordner 126 Blatt 35 zu entnehmen, eine Passage enthalten ist, wo es heißt, nach der Aufgabe des Geschäfts, so muß man es praktisch verstehen, hätten Sie sich wieder aus den Augen verloren. Wenn das zutrifft, so könnte also die Aufgabe des Geschäftes eine zeitliche Grenze setzen für diese Bekanntschaft. Nur deswegen habe ich Sie das gefragt. Könnte das zutreffen, daß, sagen wir mal, die späteren Begegnungen nur noch zufällig waren und nicht mehr auf Besuchsbasis und einigermaßen enger Bekanntschaft stattgefunden haben?

Zeuge Tra[tter]:

Das kann ich nicht genau sagen, weil ich das zeitlich nicht einordnen kann.

Vors.:

Also Herr Hoff hat hier angegeben: „Tratter selbst gab im Jahre 1968 seinen Laden auf. Ich verlor ihn aus den Augen und traf ihn lediglich 1972 oder 1973 zufällig auf der Straße, wobei er mir seine neue Anschrift mitteilte.“ Das ist ja der Vorfall, den Sie gerade auch schon geschildert haben. Könnte das stimmen?

Zeuge Tra[tter]:

Ich glaub, wir haben uns im Jazz-Keller getroffen.

Vors.:

Nun es geht nur um die zeitliche Grenze, damit wir wissen ...

Zeuge Tra[tter]:

Das weiß ich nicht genau. Ich bin da wirklich nicht orientiert. Ich führ kein Tagebuch und mach mir auch sonst keine Notizen, ich weiß nicht mal das Geburtsdatum von meiner Mutter und die Jahreszahl. Ich bin da unterentwickelt.

Vors.:

Gut. Lassen wir das mal so im Raume stehen. Nun ist ein Beweisantrag gestellt worden, wonach Sie Äußerungen gehört haben sollen von Herrn Hoff. Unter anderem sollen Sie gehört haben von ihm oder bzw. bemerkt haben, daß er in Gesprächen reges Interesse für die theoretischen und praktischen politischen Positionen der Frankfurter Gruppe des damaligen Sozialistischen deutschen Studentenbundes[7] geäußert habe. Können Sie sich dazu äußern?

Zeuge Tra[tter]:

Konkret war sein Interesse schon also so, wenn ich es jetzt versuch, zu definieren, daß er nicht direkt am theoretischen oder dem unmittelbaren politischen Inhalt dieser außerparlamentarischen Opposition[8] oder auch SDS interessiert [7468] war, mehr am aktionistischen Teil dieser Bewegung, d.h. eben, bei Zusammenstößen mit der Staatsgewalt, bei Aktionen in irgend welcher Form. Und in dem Zusammenhang hat er auch so ein Interesse gezeigt, das ich nur so beschreiben kann, als Interesse, so aktionistisch in der ganzen Sache mitzudenken oder mitzumachen in so Äußerung wie: „das kann man eben so nicht machen, so eine Kissenschlacht wie ihr da macht“ und muß man eben umschreiben so „Nägel mit Köpfen machen“.

Die Angeklagte Meinhof erscheint um 9.28 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Tra[tter]:

In dem Zusammenhang hat er eben so geäußert, aber nicht direkt, sondern indirekt geäußert, daß seine Vergangenheit eben schon Erfahrung irgendwo, in seiner Vergangenheit Erfahrung gemacht worden sind und er hat mir eben so andeutungsweise erzählt, daß seine Erfahrungen aus der Zeit der Zusammenarbeit mit der Algerischen Befreiungsbewegung[9] herruht. Ich war so mehr oder weniger neugierig, aber so konkret hat er mir nie was erzählt. Und in dem Zusammenhang hat er auch so dann versucht, diese Rolle versucht einzunehmen, was damals überhaupt noch nicht zur Diskussion stand und auch noch nicht so politisch verstanden werden konnte, so ein persönliches Arrangement oder so ein Unterweltsdenken oder Untergrundsdenken, z.B. den persönlichen Schutz von jemand zu übernehmen. Und in dem Zusammenhang hat er eben angeboten, daß er den damals bedrohten, persönlich bedrohten Hans-Jürgen Krahl,[10] den verstorbenen Studentenführer, dem als persönlicher Beschützer zur Seite zu stehen. Ich hab in dem Zusammenhang auch in, also nicht unterstützt und hab das abgelehnt. Er hat es aber doch, ich konnte ja nichts entscheiden, sondern ich habe ihm da nicht etwa zugeredet, sondern fanden das absurd. Und der Hans-Jürgen Krahl, ich glaub sogar, die haben sich da beim Bier darüber unterhalten, der hat es auch abgelehnt.

Vors.:

Ja. Da sind nun schon verschiedene Punkte, die in dem Beweisantrag enthalten waren, angegeben worden. Zunächst, Sie sagten, damals sei das noch nicht so zur Diskussion gestanden. Was ver- [7469] stehen Sie unter damals?

Zeuge Tra[tter]:

Es war damals ...

Vors.:

Ich meine möglichst in Jahreszahl. Was verstehen Sie unter damals?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das war die Studentenbewegung 66/67, als man eben so entweder gegen Notstandsgesetze[11] oder zur Blockade der Springerpresse[12] usw., als sich da eben in Frankfurt so eine Massenbewegung entstand.

Vors.:

Könnte das auch später gewesen sein?

Zeuge Tra[tter]:

Nein, soviel ich weiß, war 67 oder 68, ich kann es zeitlich nicht ganz genau einordnen.

Vors.:

Nun ist es an sich so, wie wir Herrn Hoff hier gesehen haben, er kein besonders, sagen wir mal, prädestinierter Typ für solche Bewacheraufgaben, ich weiß nicht, das kann täuschen. Wir haben ihn nur kurz hier gesehen.

Zeuge Tra[tter]:

Ja ich kenne ihn nur als ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, verzeihen Sie, wenn ich unterbreche ...

Vors.:

Bitte?

RA v[on ]P[lottnitz]:

... aber was soll das sein. Wenn es ein Vorhalt sein soll, dann müßte ich ihn beanstanden. Er enthält nichts aus dem, was der Herr Hoff hier im Rahmen seiner Aussage gesagt habe. Wenn Sie im Rahmen einer vorweggenommenen Beweiswürdigung sich mit dem Zeugen über den Eindruck von dem Zeugen Hoff unterhalten wollen, würde ich vorschlagen, außerhalb der Hauptverhandlung.

Vors.:

Da brauchen Sie diesen Vorschlag nicht zu machen. Wo wir die Beweise würdigen, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, das ist dem Gericht durchaus geläufig. Der Herr Zeuge hat es richtig als Frage verstanden. Die Frage war noch nicht zu Ende. Aber er hat sofort angesetzt, sich darauf zu äußern, genickt, deswegen wollte ich ihn reden lassen. Der Sinn der Frage ist, ob das etwa eine Rolle mitgespielt haben könnte, Herr Tratter, bei Ihren Erwägungen, dem Zeugen Hoff das auszureden. Sie sagten ja, Sie hätten das abgelehnt und wohl auch der Studentenführer Krahl habe das abgelehnt.

Zeuge Tra[tter]:

Da liegt sicher ein Grund einmal darin, oder sagen wir mal, der Hauptgrund darin, daß diese Art von persönlicher Beschützung ja bedeutet, oder sagen wir mal, so den Hauch von konspirativen Verhalten gegenüber denjenigen, die Hans-Jürgen [7470] Krahl bedroht haben, das hieße ja so, die Bereitschaft eben, so ganz individuell das Leben einer Person zu verteidigen mit allen Mitteln. Das wäre so ein Bullenschutz oder so eine Leibwächtergeschichte. Soweit ich diese politische Situation von damals einschätzen kann, war es eben eine ganz offene, außerparlametarische, oppositionelle Art der Auseinandersetzung, die so was nicht nach sich ziehen kann. Das eine und das andere, die Fähigkeit von Dierk, die habe ich dabei nicht berücksichtigen brauchen, weil, ich kenne ihn zwar nicht als Schläger oder Karatemenschen, aber immerhin war er eben so aufgrund seiner Andeutungen für mich der Erfahrene, Revolutionserfahrene. Mehr hatte ich ja auch nicht erfahren. Aber das war so diese Erfahrung des Untergrundkampfes usw. Nahkampf oder nicht, das weiß ich nicht, die hat er mir verdeutlicht in seinem Verhalten. Dazu noch sein Relikt aus dieser Zeit oder was die Erfahrung aus dieser Zeit widerspiegelt, das war die CO2-MP, die ich auch kannte und den Platz, in dem sie versteckt war. Und das alles mußte doch auf einen normalen Menschen den Eindruck erwecken, daß das wirklich so ein gestandener Revolutionär von früher nur sein kann. Wie immer man das deuten mag ...

Vors.:

Gut, ja. Haben Sie über den Besucherverkehr bei Herrn Hoff in der Werkstatt irgendwelche Eindrücke gewinnen können?

Zeuge Tra[tter]:

Ja ich hab das nicht verfolgt über Jahre. Ich habe hier und da ein paar Leute getroffen, aber das waren eben so kleinbürgerliche Attraktionen von Frankfurt, ein Fotograf, der mal was da mitgebastelt hat im Zusammenhang mit seinem Flugzeug und so, weiß Gott wer noch, Künstler noch.

Vors.:

Haben Sie noch in Erinnerung, irgend jemand herausragenden, vielleicht auch in diesem Zusammenhang mit dem Verfahren herausragenden und interessierenden Besuch?

Zeuge Tra[tter]:

Ja zu dieser Zeit, ja mit der Zeit da hab ich’s, da habe ich Schwierigkeiten.

Vors.:

Eben. Die Zeit würde schon interessieren, möglichst präzis.

Zeuge Tra[tter]:

Ich kann die nicht zeitlich einordnen, also so geschichtlich, ich kann das Datum schlecht sagen, ich kann das nur so aneinander fügen. Zu dieser Zeit, aus welchem Anlaß auch immer, sei es, daß[c] der Start mit seinem Flugzeug ein Partyanlaß war und zwar vorher, weil er gesagt hat, es kann sein, [7471] daß wir uns nicht wiedersehen, in seinem trockenen Humor und so. Es kann auch ein anderer Anlaß gewesen sein, gab es eine Party bei ihm, in der auch so verschiedene Leute eingeladen werden. So Cover-Girls und die Tochter vom Polizeipräsidenten, vom damaligen, und Fotografen und so andere Leute. Und ich kannte ihn zu der Zeit auch. Ja, ich hab öfter zugeguckt, wie er sein Flugzeug baute und er war interessiert eben, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Torwald Proll damals kennen zu lernen. Sie waren freigelassen worden,[13] die drei Gefangenen damals weil, ich weiß nicht mehr warum, jedenfalls stand es auch in der Presse und es war bekannt. Dierk hatte so immer ein halb oberflächliches Interesse. Er hat auch mit einem Fuß da in diesem, ich weiß nicht, wie man das nennen soll, politisches Geschehen, mit drin zu sein. Ich hatte damals, ich kannte die drei und hatte die oder sollte die, das weiß ich nicht mehr, einladen. Ich hatte auch nichts dagegen, ich war auch eingeladen. Jetzt geht es darum, daß ich zu 99 % mich[d] daran erinnern kann, auch an verschiedene Situation daß die doch noch gekommen sind, aber später zur Party und daß eben Andreas Baader so, und das ist das, an was ich mich ziemlich genau erinnere, daß er eben so diese Partyszene so abgelehnt hat und daß er eben dann mit Dierk die Werkstatt angeguckt hat, und daß sie später gekommen sind. Aber ich kann es eben nicht mit 100 %iger Sicherheit sagen, weil mir so ein besonderer Anlaß fehlte so. Ich kann mich an andere Festen oder Feten erinnern, wo irgend etwas geschehen ist, aber an der so nicht direkt, weil das keine größere Zusammenkunft war. Ich hab das nicht mehr so genau registriert. Aber ich kann mich eben an so kleine Einzelheiten erinnern, ziemlich genau.

Vors.:

Also Sie scheinen sich in der Erinnerung sicher zu sein, daß die Angeklagten Baader und Ensslin bei Herrn Hoff mal eingeladen gewesen sind über Sie?

Zeuge Tra[tter]:

Über mich, ja.

Vors.:

Und wie Sie schon sagten, Herr Baader habe sich dann für die Werkstatt mehr interessiert, er habe gesagt oder bzw. er habe jedenfalls kein Spaß gefunden an der Einladung selbst, an den Vorgängen der Einladung oder der Gesellschaft.

Zeuge Tra[tter]:

Ja das kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls hat er so ...

[7472] Vors.:

Sie sagten wörtlich, die Partyszene habe er abgelehnt. Was bedeutet das?

Zeuge Tra[tter]:

Ja es waren eben so ein paar Schönheiten, wie ich schon gesagt habe ...

Vors.:

Ja und Frau Ensslin?

Zeuge Tra[tter]:

Bitte?

Vors.:

Frau Ensslin war doch gleichzeitig mit anwesend oder täuschen wir uns da?

Zeuge Tra[tter]:

Ja aber ich verstehe die Frage nicht.

Vors.:

Also Sie sagten ...

Zeuge Tra[tter]:

Ja, ja, die drei, ja, ja. Vielleicht waren auch noch Bekannte mit, ich weiß nicht.

Vors.:

Ja Sie sagten, Herr Baader habe sich die Werkstatt angeguckt. Die Partyszene habe er, so wie Sie den Eindruck hatten, mehr abgelehnt. Was hat Frau Ensslin getan?

Zeuge Tra[tter]:

Ja daran kann ich mich nicht mehr erinnern, ob das alle drei waren, die sich das angeguckt haben ...

Vors.:

Und jetzt wäre natürlich wichtig, Herr Tratter, doch daß Sie versuchen könnten, das zeitlich nun näher zu präzisieren. Wenn wir also nochmals an das zurück denken, was Herr Hoff gesagt hat, er habe Sie später zufällig getroffen, da haben Sie ihm Ihre Anschrift mitgeteilt. Geendet habe die Bekanntschaft zwischen Ihnen praktisch oder die etwas regelmäßigere Begegnung mit dem Jahre 68, als Sie Ihren Laden aufgegeben hätten. Wenn das richtig wäre, dann müßte das ja wahrscheinlich schon vor spätestens 68 gewesen sein. Also an dem sollten Sie sich nur orientieren, an dieser Aussage. Ob sie richtig ist oder nicht, können wir im Augenblick nicht beurteilen. Was meinen Sie dazu, wann das gewesen ist? Sie sprachen ja noch von einem Flug, der da bevorstand. Vielleicht gibt Ihnen das eine Stütze?

Zeuge Tra[tter]:

Sehr vage.

Vors.:

Wollen wir es mal von oben her einengen. Ist das Ihrer Meinung nach mit Sicherheit oder mit hoher Wahrscheinlichkeit vor 1970 gewesen? Oder könnte es nachher gewesen sein?

Zeuge Tra[tter]:

Garantiert vor.

Vors.:

Garantiert vor 1970. Jetzt könnten Sie vielleicht noch von sich aus versuchen, der Zeit etwas näher zu kommen. Wenn nicht, [7473] mehr kann man nicht aus Ihnen herausholen als Sie wissen, aber versuchen sollten Sie alles zusammen zu stellen, was Ihnen hier eine Hilfe gibt.

Zeuge Tra[tter]:

Ja ich kann auch schlecht raten. Mit Sicherheit kann ich das nicht genau zeitlich einordnen, die Geschehen. Es war vor 1970, vor 1969 glaube ich auch noch.

Vors.:

Haben Sie damals irgendwelche Anhaltspunkte gewonnen, warum man sich für die Werkstatt interessiert hat?

Zeuge Tra[tter]:

Nein.

Vors.:

Und was hat nun, da Sie ja der Überbringer offenbar der Einladung war, die Eingeladenen veranlaßt, dort hinzukommen? Ich mein unter welcher Bezeichnung haben Sie diese Einladung dorthin überbracht, um was es dort ginge?

Zeuge Tra[tter]:

Das war kein besonderer Grund.

Vors.:

Janun, es ging also offensichtlich ...

Zeuge Tra[tter]:

Es war halt der Grund, ich mein, ich weiß halt, daß der Dierk Hoff sich interessiert hat ...

Vors.:

Ja gut, aber zur Einladung gehören zwei. Der Eingeladene braucht ja das Interesse des Einladenden nicht zu teilen. Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte ...

Ende von Band 412

[7474] Vors.:

Haben Sie sie persönlich überbracht die Einladung,[e] Herrn Baader und Frau Ensslin?

Zeuge Tr[atter]:

Soweit ich mich erinnern kann, ja. Ich notiere mir das alles nicht: Was ist heute los. Heute gibt es da was, und das registriert man nicht so, als wenn ich der Kurier des Zaren bin, dann mach ich das anders.

Vors.:

Ja und, Herr Tratter, sind Sie sich dann der Aussage im Kern, daß nämlich eine Einladung erfolgt ist, über Sie, und daß der Einladung gefolgt wurde, sind Sie da wenigstens sicher? Oder ist das so vage nur vor ...

Zeuge Tr[atter]:

Nein, da bin ich sicher.

Vors.:

Sind Sie sich sicher da drüber. Haben Sie uns sonst in dem Zusammenhang noch irgendetwas zu berichten, was Sie für dieses Verfahren von Bedeutung halten könnten?

Zeuge Tr[atter]:

Nein.

Vors.:

Noch eine Frage, ist Ihnen zu irgendeinem Zeitpunkt bekannt geworden, welche Äußerungen, beziehungsweise ich muß es anders formulieren. Haben Sie irgend jemand Mitteilung davon gemacht, vor Ihrer jetzigen Vernehmung, daß Sie imstande seien, über Herrn Hoff und Äußerungen von ihm Aussagen zu machen? Oder wie kam man darauf?

Zeuge Tr[atter]:

Ja nur, daß der Herr Rechtsanwalt von Plottnitz mich in dieser Sache befragt hat, mir dann einige Fragen gestellt. Und da habe ich damals so gesagt was ich weiß. Ganz spontan, ohne darüber nachzudenken. So was ich wußte, was mir noch ...

Vors.:

Ich habe keine Fragen mehr an den Herrn Zeugen. Herr Berichterstatter? Ich sehe beim Gericht keine Fragen. Die Bundesanwaltschaft? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder bitte.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Tratter, ich habe einige Fragen an Sie. Sie gaben vorhin an, daß Sie mit Herrn Hoff gleiche berufliche Interessen verbunden haben. Das ist richtig?

Zeuge Tr[atter]:

Ja.

BA Dr. Wu[nder]:

Sie gaben an, zur Zeit Fachlehrer für Maschinenbau zu sein. Üben Sie diesen Beruf aus?

Zeuge Tr[atter]:

Das ist ein bißchen komplizierter. Ich bin eingestellt als Fachlehrer, also Fachlehrer für Bauholz. Bin aber nur qualifiziert für Maschinenbau. Aber weil die keinen anderen Lehrer hatten - im Bereich Bauholz -, bin ich als Bauholzlehrer [7475] da eingestellt, was ich auch kann. Nur habe ich die Qualifikation nicht. Das bin ich mit 30 Stunden. Mit 10 Stunden bin ich Werkstattleiter einer Gesamtschule in Frankfurt.

BA Dr. Wu[nder]:

War Ihnen die Unterrichtsbefugnis einmal untersagt worden? Und ist das inzwischen aufgehoben worden?

RA Schi[ly]:

Ich beanstande die Frage.

Vors.:

Ich stelle die Frage selbst. Ist es erforderlich, daß der Herr Zeuge diese Aussagen hier machen muß. Ich erinnere an den § 69[ StPO].[14]

RA Schi[ly]:

Welches Dossier haben Sie denn jetzt,[f] Herr Bundesanwalt Dr. Wunder?

Vors.:

Das ist nicht im Augenblick Gegenstand der Sache.

BA Dr. Wu[nder]:

Für den beruflichen Werdegang die einzige Frage, Herr Rechtsanwalt Schily, und die stelle ich.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Können Sie die Beweisrelevanz erklären?

BA Dr. Wu[nder]:

Ja. Der Zeuge hat es selber so eingeführt. Gleiche berufliche Interessen haben ihn verbunden mit Herrn Hoff

Vors.:

Ich würde die Herren bitten, dann doch, wenn Sie irgendetwas dazu zu ...

BA Dr. Wu[nder]:

Ich möchte Einzelheiten über Ihre derzeitige Berufsausübung hören. Und dazu gehört auch, ob Ihnen die Unterrichtsbefugnis vor kurzem einmal ...

RA Dr. He[ldmann]:

(spricht undeutlich.)

Vors.:

Ich bitte jetzt die Frage nochmals zu formulieren, dann kann ein Antrag, beziehungsweise die Beanstandung in der geordneten Form vorgetragen werden. Wie lautet die Frage, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Die Frage lautet so: Ob ich aus der Aussage des Zeugen entnehmen darf, daß ihm, die vor einiger Zeit erteilte Versagung zurückgenommen wurde.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich beanstande die Frage. 1. die Frage hat mit dem Beweisthema nichts zu tun. 2. Die Frage hat auch mit einem etwaigen Zweifel an Glaubwürdigkeit des Zeugen nichts zu tun.

RA Schi[ly]:

Ich beanstande die Frage ebenfalls und zwar aus den gleichen Gründen, die der Kollege Dr. Heldmann vorgetragen hat. Im übrigen enthält die Frage bereits eine Unterstellung. Auch eine solche Frageform ist unzulässig. Im verweise ich auf § 68a der Strafprozeßordnung.[15]

Prof. Dr. Az[zola].:

Ich wollte an diese Unterstellung anschließen:

[7476] Die Frage ist unzulässig, weil sie eine Tatsache einführt, auf die sich der Befrager aus dem Gang des Verfahrens noch nicht hat berufen können. Es war in keiner Stelle des Verfahrens bisher davon die Rede, daß einem Zeugen eine Unterrichtserlaubnis entzogen worden ist.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich möchte mich ebenfalls der Beanstandung anschließen. Ich beziehe mich auf das, was von den Kollegen gesagt worden ist. Die Frage ist weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht in irgendeiner Weise beweiserheblich.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich verzichte auf die Frage.

Vors.:

Danke, dann ist das geklärt.

BA Dr. Wu[nder]:

Eine andere Frage, Herr Zeuge, Sie haben gesagt, Sie hätten den Eindruck gehabt, daß Herr Hoff an Aktionistischem, ich glaube so habe ich es richtig verstanden, mitdenkt und mitmacht. Haben Sie bezüglich des Mitmachens konkrete Anhaltspunkte? Oder beschränkt sich das alles auf das, was Sie hier im einzelnen bereits dargelegt haben? Also speziell das Mitmachen und das Mitdenken ist vielleicht weniger wichtig, aber auch nicht ganz uninteressant.

Zeuge Tr[atter]:

Das ist ganz einfach, das bezieht sich auf so konkrete Äußerungen[g], die der Dierk gemacht hat, was das Mitmachen betrifft. Nägel mit Köpfen zu machen, das heißt eben so, nicht da rufen, irgendwas gegen die Bild-Zeitung, sondern eben.

BA Dr. Wu[nder]:

Haben Sie Anhaltspunkte dafür, daß Herr Hoff irgendwo oder irgendworan tatsächlich beteiligt war? Bei etwa, ich verwende Ihren Ausdruck, Aktionistischem?

Zeuge Tr[atter]:

Nein, er hat ja eben diese Sache, wie sie eben geplant oder wie sie eben da geschehen ist, das hat er ja inhaltlich, das hat er ja so formal abgelehnt. Das wäre eben so stümperhaft. Damit hat er das abgelehnt. Also man müßte effektiver gegen die Staatsgewalt vorgehen, wo sie auch immer auftrat. Effektiver heißt eben nicht so eine Kissenschlacht sich mit der Polizei zu liefern oder so.

BA Dr. Wu[nder]:

Die Frage dürfte beantwortet sein. Eine letzte Frage. Herr Zeuge, sind Sie deutscher Staatsangehöriger?

Zeuge Tr[atter]:

Noch nicht.

[7477] RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Die Frage wird beanstandet, Herr Vorsitzender. Ich wüßte nicht inwieweit die Frage ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt sie ist bereits beantwortet worden.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Das habe ich dann nicht gehört.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, es interessiert mich doch, hielten Sie diese Frage für zulässig oder sachdienlich?

Vors.:

Theoretische Erklärungen, über das, was ich für zulässig hielte, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, die sind also überflüssig.[16] Es ist die Frage beantwortet worden, vom Herrn Zeugen.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja nein, es geht mir eigentlich, verzeihen Sie ...

Vors.:

Nachträglich kann nichts mehr an der Sache geändert werden. Ich gebe keine Erklärung über meine Vorstellung, ob etwas, was bereits beantwortet ist, zulässigerweise hätte beantwortet werden können oder nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Meinen Sie nicht, um etwa künftigen Fragen solcher Qualität vorzubeugen, sei eine Erklärung des Vorsitzenden vielleicht angemessen?

Vors.:

Nein, ich meine es nicht in dem Fall.

RA Dr. He[ldmann]:

Meinen Sie nicht, daß wir eine solche Frage ...

Vors.:

Verzichten Sie jetzt drauf mich zu befragen. Der Herr Zeuge wird im Augenblick von der Bundesanwaltschaft befragt.

Herr Bundesanwalt Dr. Wunder?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich frage Sie nur wegen Ihrer Verhandlungsleitung.

Vors.:

Ich gebe jetzt keine Antwort mehr für Sie, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich hätte noch eine Frage zur Aufenthaltserlaubnis gehabt. Ich verzichte darauf.

Zeuge Tr[atter]:

Hei der Daus, kann ich nicht auch mal erfahren ...

RA Schi[ly]:

... festzustellen, ich möchte folgendes feststellen, daß die Fragen nur eigentlich mit Einschüchterungszwecken erklärbar sind[h].Es sind Fragen gestellt worden nach der Lehrerlaubnis, es sind Fragen gestellt worden nach dem Status, und es sind Fragen gestellt worden nach der Aufenthaltserlaubnis. Und die Bundesanwaltschaft hat hier in keiner Weise klar gemacht, was diese Fragen eigentlich wirklich mit dem Beweisthema zu tun haben. Und Sie, Herr Vorsitzender, hätten guten Grund ...

Vors.:

Ich habe gar keinen Grund nachträglich einen ...

RA Schi[ly]:

... Sie hätten guten Grund ... einen solchen Mißbrauch [7478] des Fragerechts einzuschreiten.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Sie haben überhaupt keinen Grund, derartige Behauptungen aufzustellen. Die Frage ist vom Herrn Zeugen sofort beantwortet worden. Damit erübrigte sich jede Stellungnahme seitens des Vorsitzenden dazu. Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

OStA Ze[is]:

Ich habe noch weitere Fragen, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Ze[is]:

Herr Tratter, Sie haben vorhin von gemeinsamen Freunden, Bekannten gesprochen. Und zwar gemeinsame Freunde und Bekannte des Herrn Hoff und von Ihnen. Habe ich Sie da richtig verstanden?

Zeuge Tr[atter]:

Langsam, Moment.

OStA Ze[is]:

Wenn ich Sie mit meinen Fragen überfordere, sagen Sie es mir bitte rechtzeitig.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... der Herr Bundesanwalt Dr. Zeis gebeten werden, das, was er gerade gesagt hat, zu wiederholen. Ich habe es akustisch nicht verstanden.

Vors.:

Er hat dem Herr Zeugen ...

RA Dr. He[ldmann]:

Könnte er gebeten werden, wegen akustischer Unverständlichkeit zu wiederholen.

Vors.:

Ja, er wurde darauf angesprochen und er hat darauf keine Antwort gegeben. Er will es nicht wiederholen. Herr Zeuge, haben Sie verstanden ...

Zeuge Tr[atter]:

Ich hab’s auch nicht verstanden.[i]

RA Dr. He[ldmann]:

Sind Sie, Herr Vorsitzender, sind Sie nicht daran interessiert, daß die Verteidigung diese Fragen wenigstens akustisch mitbekommt.

Vors.:

Ich will Ihnen gestehen, ich habe sie auch nicht akustisch voll mitbekommen. Es war wohl eine Empfehlung an den Herrn Zeugen. Der Herr Zeuge sagt, er hat sie auch nicht voll verstanden.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, wenn der Herr Zeuge die Frage nicht voll verstanden, bin allerdings selbstverständlich bereit sie zu wiederholen.

Einige Rechtsanwälte sprechen unverständlich.

Vors.:

Darf ich jetzt bitten, daß ...

RA Dr. He[ldmann]:

Der Herr sollte sich vielleicht mal mit dem Prinzip der Öffentlichkeit im Strafverfahren[17] vertraut machen.

Vors.:

Darf ich jetzt bitten, sowohl die Bundesanwaltschaft, wie auch die Verteidigung, das Fragerecht ohne diese Girlanden [7479] hier auszuüben.

OStA Ze[is]:

Herr Tratter, habe ich Sie vorhin richtig verstanden, als Sie von gemeinsamen Freunden und Bekannten des Herrn Hoff und von Ihnen gesprochen haben?

Zeuge Tr[atter]:

Ja.

OStA Ze[is]:

Ist ein solcher gemeinsamer Bekannter der Herr Rechtsanwalt von Plottnitz?

Zeuge Tr[atter]:

Wie soll sich der Kreis schließen? Daß wir drei zusammen waren ...

OStA Ze[is]:

Zum Beispiel, das wäre eine Möglichkeit.

Zeuge Tr[atter]:

Nein.

OStA Ze[is]:

Nicht. Seit wann kennen Sie denn den Herrn Rechtsanwalt von Plottnitz-Stockhammer ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... denselben Situationen ...

OStA Ze[is]:

Ich überprüfe die[j] Glaubwürdigkeit ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... mich hat ja schon beeindruckt, daß die Bundesanwaltschaft ihrem Kronzeugen[18] gegenüber nicht davor zurückgeschreckt ist, diesen Kronzeugen mit der Bekanntschaft eines so schrecklichen Menschen, wie mit mir, zu diskreditieren. Ich stelle mal wieder routinemäßig die Frage, wenn es mir auch egal ist, was die Frage der Beantwortung angeht, welchen Beweiswert soll das haben?

Vors.:

Ja, ich würde folgenden Vorschlag machen[k], so wie es vorhin gegangen ist. Ich glaube die Frage braucht nicht verfolgt zu werden. Jedenfalls nach meiner Ansicht. Herr Rechtsanwalt von Plottnitz hat das Recht, sich bei einem als Beweismittel in Betracht kommenden Mann zu erkundigen über sein Wissen. Ob die Bekanntschaft, die Dauer der Bekanntschaft irgendeine Rolle für das Verfahren spielen kann, bezweifle ich. Wessen Glaubwürdigkeit sollte damit überprüft werden?

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, wir sind dabei, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu überprüfen.

Vors.:

Was besagt das für die Glaubwürdigkeit des Zeugen.

OStA Ze[is]:

Na zum Beispiel, wenn der Zeuge eine entsprechende Antwort gäbe, müßten wir uns Vorbehalten, Herrn Rechtsanwalt von Plottnitz-Stockhammer, hier als Zeugen zu benennen.

Vors.:

Wir haben in einem anderen Falle, in ähnlich gelagertem Falle gesagt, daß das nicht Aufgabe der Befragung eines Zeugen ist, weitere Beweismittel damit vorzubereiten. Ich bitte also das für alle Seiten gleichmäßig zu behandeln. Ich wäre dankbar, wenn die Frage nicht weiter verfolgt werden [7480] würde. Wenn nicht, dann müßte das Gericht da förmlich darüber entscheiden. Ich glaube es ist nicht notwendig.

OStA Ze[is]:

Wenn dem Herrn Rechtsanwalt von Plottnitz-Stockhammer die Frage peinlich ist, stelle ich sie natürlich gerne zurück. Zu was anderen ...

RA Schi[ly]:

... Herr Vorsitzender, ich bitte das zu rügen, daß diese Art jetzt wieder der Gegenrede geführt wird. Ich bitte das zu rügen. Diese Form geht nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Eigentlich müßte es Herrn Zeis peinlich werden, nicht?

Vors.:

Wenn ich Anlaß dazu sehe, daß ich rügen muß, dann werde ich das von mir aus tun. Ich lasse mich also durch einen Antrag nicht zur Rüge auffordern. Aber in der Tat bitte ich jetzt nochmals mit allem Nachdruck, das Fragerecht so auszuüben, wie es üblicherweise vor einem Gericht ausgeübt wird. Ohne Zusätze, ohne unnötige Schärfe.

OStA Ze[is]:

Herr Tratter, seit wann kennen Sie denn die Angeklagten?

Zeuge Tr[atter]:

Ich kenne nur Drei, von diesen vier Gefangenen. Das ist Herr Andreas Baader, Herr, dann ist Gudrun Ensslin, Herr, nein, ich kenne nur zwei.

Angekl. Enss[lin]:

Der 3. ist tot.[19][l]

Zeuge Tr[atter]:

Ja und die anderen zwei kenne ich nicht. Ich kenne Ulrike Meinhof vom Sehen.

OStA Ze[is]:

Und seit wann?

Zeuge Tr[atter]:

Das weiß ich nicht mehr. Das kann aber so um, weiß ich nicht, 67, 68 sein. Ich habe sie einmal gesehen. Bekannt mir auch vom Gesicht her, als damals Kolumnistin[m] einer Zeitschrift.[20]

OStA Ze[is]:

Mich interessiert jetzt Frau Meinhof weniger, sondern Frau Ensslin und Herr Baader. Was war der Anlaß des Kennenlernens. Bei welcher Gelegenheit?

Zeuge Tr[atter]:

Das war eine gemeinsame Heimkampagne,[21] die wir zusammen mit milxieugeschädigten, verwahrlosten Jugendlichen in Heimen in Hessen gemacht haben, also schlechthin Sozialarbeit, die inzwischen auch Niederschlag gefunden hat in der Heimreform. Und in dem Zusammenhang hat Andreas Baader und Gudrun Ensslin sehr viel mitgearbeitet. Und dadurch haben wir uns kennengelernt.

OStA Ze[is]:

Wann haben Sie denn Frau Ensslin und Herrn Baader zum letzten Mal gesehen, vor heute?

Zeuge Tr[atter]:

Jahreszahl ist schwer bei mir. Also mindestens vor 70.

[7481] OStA Ze[is]:

Bitte?

Zeuge Tr[atter]:

Mindestens vor 1970, soweit ich das einschätzen kann. Ich kann das schlecht sagen, eben während dieser Heimkampagne, Sozialarbeit in der Stadt Frankfurt.

OStA Ze[is]:

Nachher nicht mehr?

Zeuge Tr[atter]:

Nein.

OStA Ze[is]:

Herr Tratter, Sie haben vorhin davon gesprochen, daß Herr Hoff sich weniger für den theoretischen und polizeilichen Teil der damaligen Kampagne interessiert habe, „APO“ und so weiter, sondern mehr am aktionistischen Teil interessiert gewesen sei. Ist das richtig?

Zeuge Tr[atter]:

Nein, das haben Sie falsch definiert. Können Sie den ersten Teil Ihres Satzes nochmal sagen.

OStA Ze[is]:

Ich habe Sie vorhin so verstanden, daß Herrn Hoff’s Interesse weniger an diesem theoretischen Teil der APO, sondern mehr am aktionistischen Teil gewesen wäre. Ist das richtig so?

Zeuge Tr[atter]:

Ja.

OStA [Zeis]:

Wie war’s denn mit Ihrem eigenen Interesse, Herr Tratter?

RA v[on ]Pl[ottnitz][n]:

... beanstandet.

RA Dr. He[ldmann]:

... beanstandet.

OStA Ze[is]:

Herr von Plottnitz, ich muß doch wissen, wes Geistes Kind der Zeuge ist?

RA Dr. He[ldmann]:

Die Frage wird beanstandet. Ich bitte ums Wort.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... Wes Geistes Kind hat Sie nur zu interessieren wenn es[o] im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit steht. Sonst hat Sie das nicht zu interessieren.

OStA Ze[is]:

Ich will wissen ...

Vors.:

Herr Bundesanwalt Zeis, ich bitte, geben Sie möglichst keine Antwort dazu im Augenblick. Ich möchte zuerst die Gründe einer Beanstandung hören. Dann werden Sie selbstverständlich die Gelegenheit bekommen ...

Angekl. Me[inhof]:

... weil die Bundesanwaltschaft auf Berufsverbote hinarbeitet.

Vors.:

Ich möchte aber jetzt auch die Herren Verteidiger darum bitten. Frau Meinhof, Dazwischenrufen, wissen Sie, hat immer nachteilige Folgen gehabt, bisher. Unterlassen Sie es. Ich verwarne Sie. Ich bitte also auch, nachdem offenbar hier immer bei dieser Vernehmung jetzt Schwierigkeiten dieser [7482] Richtung auftauchen, genau nach der Prozeßordnung zu verfahren. Beanstandung hat erbeten, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Danke. Diese Frage des Herrn Bundesanwalts Zeis, zielt auf Erforschung, entweder der weltanschaulichen oder politischen Einstellung des Zeugen. Eine solche Frage ist grundsätzlich unzulässig.[22] Herr Bundesanwalt Zeis hat nicht dargelegt, warum hier ausnahmsweise eine solche Frage zulässig sein sollte. Die Geheimhaltung politischer und weltanschaulichen Überzeugungen ist privilegiert durch den Grundrechteteil unserer Verfassung.[23] Und folglich bedarf es schon einer prozessualen Ausnahmesituation, um eine solche Frage zuzulassen, an den Zeugen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich beanstande die Frage auch. Ich möchte eingehen auf das, was der Herr Bundesanwalt noch angefügt hat, zur Begründung. Er muß wissen, sagt er, wes Geistes Kind der Zeuge ist. Genau das muß er nicht, genau das darf er nicht wissen. Der Versuch hier, aus bestimmten Gesinnungen schon etwas über die Qualifikation, über die Glaubwürdigkeit von Zeugen abzuleiten, ist unzulässig.

Vors.:

Sonstige Ausführungen dazu? Nicht. Wollen Sie erwidern?

OStA Ze[is]:

Nur ganz kurz, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Was ist der Grund der Frage?

OStA Ze[is]:

Wir wollen doch zum Beispiel wissen, wie hier der Zeuge zu den Taten, die die Angeklagten begangen haben sollen, stehen.

RA Schi[ly]:

Dann frage ich nur, Herr Vorsitzender, ich möchte jetzt die Frage auch beanstanden, und möchte kurz auf das eingehen, was Herr Bundesanwalt Zeis noch erklärt hat. Da frage ich mich eigentlich, warum die Bundesanwaltschaft sonst nie auf den Gedanken kommt, ähnliche Fragen zu stellen, an die von ihnen benannten Zeugen.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, ich möchte noch ergänzen. Die Frage dient auch noch dazu, festzustellen, in welchen Kreisen sich der Zeuge Hoff bewegt hat.

Vors.:

Der Senat will sich die Frage der Zulässigkeit ganz kurz überlegen.[24] Wir machen dazu eine Pause von 5 Minuten.

Pause von 10.07 Uhr bis 10.17 Uhr.

[7483] Vors.:

Wir wollen die Sitzung fortsetzen.
Der Senat meint:

daß die Frage mit dem allgemeinen Sinn, wes Geistes Kind der Zeuge sei, so umfassend und allgemein gestellt ist, daß sie in dieser Form nicht zulässig wäre.

Hat die Frage einen konkreteren Zusammenhang? Dann würde ich bitten, die Frage in einer anderen Form zu stellen, wenn das der Fall ist. Im anderen Fall, wie gesagt, nur mit dem Sinn, wes Geistes Kind der Zeuge sei, wäre sie nach Auffassung des Senats nicht zulässig.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, mir ging es auch weniger darum, wes Geistes Kind der Zeuge ist, sondern wes Geistes Kind der Zeuge Hoff ist. Da es sich hier um gemeinsame Bekannte handelt, erhoffte sich die Bundesanwaltschaft aus der Aussage des Zeugen einigen Aufschluß. Aber ich will gern etwas konkreter werden. Herr Tratter, haben Sie allein oder zusammen mit dem Zeugen Hoff in den Jahren 69, 70 an Demonstrationen teilgenommen?

RA Dr. He[ldmann]:

... unzulässig, beanstande die Frage.

Vors.:

Bitte Begründung.

RA Dr. He[ldmann]:

Das Demonstrationsrecht ist, obgleich alle Praxis auf das Gegenteil hinweist, ein Grundrecht nach unserer Verfassung. Der Zeuge kann hier nicht Fragen ausgesetzt werden, ob er bestimmte Grundrechte zu bestimmten Zeiten wahrgenommen hätte. Diese Frage geht keine Staatsgewalt etwas an. Wo sie aber gleichwohl gestellt worden ist, durch den Herrn Vertreter der Bundesanwaltschaft, zielt sie darauf, wie es mittlerweile landesüblich geworden ist, daraus etwa gerade für einen Lehrer nachteilige Schlüsse für seine künftige berufliche Existenz ziehen zu wollen, und das zudem in der öffentlichen Hauptverhandlung. Die Frage, ob der Zeuge, in nachkonstitutioneller Zeit, nämlich 68, 69, an ein Grundrecht, sein Demonstrationsrecht ausgeübt hat, ist unzulässig. Ich glaube, es erübrigt sich etwa auf den Artikel 4 des Grundgesetzes[25] zu verweisen, auf Artikel 3[ Abs. ]3 des Grundgesetzes[26] zu verweisen und etwa daran zu erinnern, daß sich in den Materialien zum Grundgesetz, abgedruckt in Band 1 der neuen Folge des Jahrbuchs für öffentliches Recht, ausdrücklich mit Maßgabe für heutige Verfassungsinterpretation auch der Passus findet, daß jegliche Frage nach politischer [7484] oder weltanschaulicher Überzeugung oder Bekenntnissen von einem Träger von Staatsgewalt gegenüber[p] einem Staatsbürger absolut unzulässig, weil verfassungswidrig[q] ist.[27] Ich beanstande damit diese Frage.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich schließe mich der Beanstandung an. Der Vertreter der Bundesanwaltschaft erklärt ja zur Begründung dieser und ähnlicher Fragen, er ziele darauf ab, festzustellen, wo sich Herr Hoff bewegt habe. Ich meine, er täuscht damit den Senat und die übrigen Verfahrensbeteiligten. Wäre es ihm[r] Ernst darum gewesen, dann hätte er Gelegenheit gehabt, den Herrn Hoff zu fragen, ob dieser bei Demonstrationen teilgenommen habe oder aktionistischen Gesinnungen nahestand oder nicht. Das hat er wohlweislich unterlassen. Daraus meine ich den Rückschluß ziehen zu können, daß es hier dem Herrn Bundesanwalt nur um Einschüchterung geht, nicht aber um Aufklärung.

RA Schi[ly]:

... Ich schließe mich den Beanstandungen der beiden Kollegen, Dr. Heldmann und von Plottnitz an.

Vors. (nach geheimer Beratung):

Der Senat hat beschlossen:

Die Frage ist zulässig, weil es für die Beobachtung des Zeugen, hinsichtlich des Zeugen Hoff, von Bedeutung sein kann.

Es ist richtig, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, daß das Demonstrationsrecht grundrechtlich verbürgt ist. An sich besteht deshalb auch gar kein Anlaß, den Herrn Zeugen in irgendeiner Form zu belehren.

Herr Tratter, sollten Sie gleichwohl hinter dieser Frage die Gefahr wittern, daß Sie nach Dingen gefragt werden, mit denen Sie sich in irgendeiner Form belasten müßten, so weise ich Sie darauf hin, daß das Gesetz niemand zwingt, auch einen Zeugen nicht, sich selbst zu belasten. Sie könnten also auf solche Fragen dann sagen, da möchte ich keine Auskunft geben.[28]

Bitte, die Frage ist gestellt, vielleicht kann sie nochmals formuliert werden. Ich nehme an, der Zeuge hat sie inzwischen nicht mehr gegenwärtig.

OStA Ze[is]:

Meine Frage ging dahin, ob Herr Tratter allein oder zusammen mit dem Zeugen Hoff 1969, 70 an Demonstrationen, möglicherweise auch an Demonstrationen, die dann in Gewalt ausgeartet sind, und an ungenehmigten[s] Demonstrationen teilgenommen hat?

[7485] RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... der Beschluß, der soeben verkündet wurde, betrifft der die Frage, so wie sie jetzt gestellt worden ist, allein oder zusammen mit dem Zeugen Hoff oder betrifft das ...

Vors.:

Ich würde die Frage dahin verstehen, und insoweit soll sie der Herr Zeuge auch nur beantworten, ob er zusammen mit dem Zeugen Hoff.

Zeuge Tr[atter]:

Nein.

OStA Ze[is]:

War mal gegen Sie im Zusammenhang mit dem Brand des Amerika-Hauses in Frankfurt[29] ein Ermittlungsverfahren anhängig?

RA Schi[ly]:

Die Frage wird beanstandet, ist unzulässig, nach § 68a[ StPO].

OStA Ze[is]:

Darf ich erwidern, darauf habe ich nur gewartet. Eben dieselbe Frage, von Ihnen gestellt Herr Rechtsanwalt Schily, an den Zeugen Hoff oder von einem Ihrer Mitkollegen drüben, da hatten Sie keine Bedenken an der Zulässigkeit. Sie können es im Protokoll nachlesen.

RA Dr. He[ldmann]:

Da ging es um etwas ganz anderes, als hier beim Zeugen. Da ging es nämlich ...

Vors.:

Ich glaube, daß der Herr Rechtsanwalt Schily im Augenblick angesprochen war, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, fälschlicherweise, ich habe die Frage an den Herrn Zeugen Hoff gestellt. Dort, aber aus einer ganz anderen Position, wo nämlich der Zeuge Hoff, auf dessen Einstellung es hier angekommen ist, insbesondere auf seine Einstellung zur sogenannten „RAF“, wo der Zeuge Hoff hier bekennen sollte, inwieweit er selbst an deren Aktionen teilgenommen hat. Das ist aber keine Frage an den Zeugen.

Prof. Az[zola]:

Ich beanstande die Frage ebenfalls. Ich vermag nicht zu erkennen und es besteht kein Zusammenhang zwischen der an den Zeugen soeben gestellten Frage und dem Beweisantrag, zu dem der Zeuge hier Stellung nimmt. Würden sich aus Fragen der Bundesanwaltschaft Tatsachen konkretisieren lassen, die Aufklärung verschaffen über die Intensität der Bekanntschaft des Zeugen Tratter mit dem ehemaligen Zeugen Hoff, so wäre das unter dem Gesichtspunkt der Substantierung von Aussagen damit unter dem Gesichtspunkt ihrer Glaubwürdigkeit von Interesse. Aber nicht einmal ein solcher Zusammenhang ist herstellbar bei einer Frage, die auf das [7486] isolierte, nämlich vom Zeugen Hoff isolierte Verhalten des Zeugen Tratter zielt.

Vors.:

Darf ich nochmals um den genauen Text der Frage bitten, Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Ze[is]:

Ob gegen den Zeugen im Zusammenhang mit dem Brand des Amerika-Hauses im Jahre 69, im Januar ein Ermittlungsverfahren eingeleitet gewesen ist.

Vors. (nach geheimer Beratung):

Der Senat hat beschlossen:

Die Frage ist zulässig.

Wobei der Hinweis wieder gilt, sofern Sie noch irgendwie befürchten müßten, damit sich selbst zu belasten.

Angekl. Me[inhof]:

Ja, dann stelle ich einen Ablehnungsantrag.

Vors.:

Bitte, Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

... Belehrung nach [§ ]55[ StPO] war nicht ganz vollständig, glaube ich.

Vors.:

Es ist so gewesen, daß die Belehrung vorhin vollständig gegeben worden ist. Das war nur eine Erinnerung für den Herrn Zeugen, daß er sich dessen wieder erinnern möge, was ihm[t] vorhin gesagt worden ist. Es war nicht eine erneute Belehrung. Ja, was ist nun mit dem Ablehnungsantrag geworden.

Angekl. Me[inhof]:

Ich stelle den Ablehnungsantrag.

Und zwar gegen den ganzen Senat.

Mit folgender Begründung: Daß Sie, indem Sie die ...

Vors.:

Entschuldigung, ich will bloß Herrn Tratter solange entlassen.

Der Zeuge Tratter verläßt um 10.27 Uhr den Sitzungssaal.

Angekl. Me[inhof]:

Ich kann das kurz machen. Indem Sie die Fragen der Bundesanwaltschaft, die eindeutig auf nichts anderes zielen, als darauf, mit Tratter mit einem Berufsverbot zu bedrohen und Verfassungsschutzfragen sind. Indem Sie dazu sagen, Tratter brauchte diese Fragen nicht zu beantworten, falls er sich damit selbst belastete, belasten würde, übernehmen Sie voll, übernimmt der Senat, voll, die Drohung, die Strategie der Drohung, die die Bundesanwaltschaft verfolgt, um ... mit dem Berufsverbot ... Wobei es in dem ganzen Zusammenhang, daran kann man ja vielleicht nochmal erinnern, darum [7487] geht, die getürkte und von der Sicherungsgruppe[30] konditionierte Aussage von Hoff, die darauf abzielt und die daraufhin strukturiert ist, Andreas hier zentral zu belasten, daß der Zeuge, der das, der also dieses ganze Lügengespinst auflösen wird, hier systematisch daran gehindert werden soll, auszusagen, daß mit deren Existenzbedrohung, mit Existenzvernichtung bedroht wird: Daß der Senat diese Bedrohung voll übernimmt, weil er behauptet, wenn sich der Zeuge auf die, den Verfassungsschutzcharakter dieser Fragen einläßt, daß er das nicht braucht, wenn er sich damit selbst belasten würde. Das heißt, der Senat hat die Berufsverbotsdrohung übernommen und deswegen lehne ich ihn ab.

Vors.:

Sonstige Wortmeldungen? Ich sehe nicht. Will sich die Bundesanwaltschaft dazu äußern? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Weil es darum geht, ob Fragen der Bundesanwaltschaft rechtmäßig für zulässig gehalten wurden oder nicht, enthalte ich mich einer ausdrücklichen Stellungnahme. Aus meiner Sicht ist eine Befangenheit oder eine Parteilichkeit der Richter nicht erkennbar.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Linke, ich bitte um Entschuldigung. Ich habe es nicht bemerkt, daß Sie sich offenbar zu Wort gemeldet haben. Bitte.

RA Li[nke]:

Ich muß den Antrag von Frau Meinhof klarstellen. Er richtet sich nicht gegen den Senat in toto, sondern er richtet sich gegen die einzelnen Mitglieder des Senats. Soweit Frau Meinhof in Ihrem Ablehnungsantrag Tatsachen vorgetragen hat, beruft sie sich zur Glaubhaftmachung[31] auf eine Sitzungsniederschrift oder auf die Sitzungsniederschrift und auf dienstliche Äußerung der abgelehnten Richter.

Vors.:

Ja, ich bitte um Dreiviertelelf wieder anwesend zu sein. Es wird dann bekanntgegeben, wie es weitergeht.

Pause von 10.30 Uhr bis 10.47 Uhr.

Der Zeuge Tratter ist weiterhin[u] nicht anwesend.

Vors.:

Ich bitte Platz zu nehmen. Der Senat hat folgenden Beschluß gefaßt:

Die Ablehnung der Richter des Senats
[7488] wird einstimmig als unzulässig verworfen.

Der Zeuge Tratter erscheint wieder um[v] 10.48 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Die Argumentation, der Senat habe mit seinen, übrigens unterschiedlichen Entscheidungen über die Zulässigkeit von Fragen der Bundesanwaltschaft, eine angebliche Berufsverbotsdrohung gegen den Zeugen übernommen, ist für jeden vernünftigen Prozeßbetrachter, auch aus der Sicht der Angeklagten und Verteidiger abwegig und nicht im mindesten geeignet, Befangenheit darzutun. Die darauf gestützte Ablehnung dient allein der Prozeßverschleppung.[32]

Herr Tratter, es war eine Frage an Sie gestellt. Sie ist für zulässig erklärt worden. Können Sie die Antwort noch geben, oder bedürfen Sie der erneuten Unterrichtung über den Inhalt der Frage ... Herr Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Darf ich Sie für den Senat darum bitten, zunächst mal Ihren Beschluß, wieso zulässig, zu begründen, denn dieser Beschluß lebt ja wohl davon juristisch, daß der Senat diese Befragung, speziell diese Frage, für unerläßlich hält. Wir, also ich kann nicht erkennen, woher Sie zu der Voraussetzung für die Zulassung, unerläßlich gekommen sind. Ich meine in [§ ]68a[ StPO].[33]

Vors.:

Der Senat hat die Entscheidung getroffen. Sie ist in der Form verkündet worden, wie sie der Senat auch beschlossen hat. Es ist nicht beabsichtigt, eine zusätzliche Begründung hinzuzufügen.

RA Dr. He[ldmann]:

... Nicht um eine zusätzliche ... hatte ich gebeten, sondern eine Begründung.

Vors.:

Auch keine Begründung. Die Frage ist für zulässig erklärt worden.

RA Dr. He[ldmann]:

Ohne Begründung. Unerläßlich.

Vors.:

Herr Tratter, wollen Sie die Antwort nun geben.

Zeuge Tr[atter]:

Darf ich die nochmal genau hören?

OStA Ze[is]:

Zum dritten Mal meine Frage. Sie ging dahin, ob im Zusammenhang mit dem Brand des Amerika-Hauses in Frankfurt im Januar 1968 oder 69 ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Sie gelaufen ist?

Zeuge Tr[atter]:

Nein.

[7489] OStA Ze[is]:

Sind Sie sich da absolut sicher?

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

OStA Ze[is]:

Dann nochmal kurz zu Ihrer gemeinsamen Tätigkeit mit Frau Ensslin und Herrn Baader, im Rahmen der Lehrlingsbetreuung, so haben Sie es doch glaube ich vorhin genannt.

Zeuge Tr[atter]:

Heimkampagne.

OStA Ze[is]:

Bitte?

Zeuge Tr[atter]:

Heimkampagne. Betreuung von verwahrlosten Familiengeschädigten oder milieugeschädigten Jugendlichen.

OStA Ze[is]:

War im Zusammenhang mit dem, was Sie als Heimkampagne bezeichnen, mal ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Sie anhängig?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich bitte die Frage nicht zuzulassen. Die Frage hat weder mit dem Beweisgegenstand etwas zu tun, noch hat sie zu diesem Stadium der Beweisaufnahme eine sachliche Beziehung. Noch ist sie geeignet, aber offenbar noch nicht einmal bestimmt, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu prüfen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

Ich schließe mich der Beanstandung an. Und ich darf in dem Zusammenhang auch nur nocheinmal wiederholen, den Hinweis des Kollegen Dr. Heldmann, auf die Vorschrift in § 68 a[ StPO] und zwar des Absatz 2. In dieser Bestimmung heißt es, der Zeuge soll nach Vorstrafen nur befragt werden, wenn ihre Feststellung notwendig ist, um über das Vorliegen der Voraussetzung des Paragraphen[w] 60 Nr. 2[ StPO],[34] oder des § 61 Nr. 4[ StPO][35] zu entscheiden oder um seine Glaubwürdigkeit zu beurteilen. Was für Vorstrafen gilt und was, das gilt sicherlich auch für Ermittlungsverfahren, und insoweit gilt also die Beanstandung, sie ja in keiner Weise dargetan, was nun die Frage nach einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren im Zusammenhang der Tätigkeit des Herrn Zeugen bei der sogenannten Heimkampagne mit seiner Glaubwürdigkeit zu tun haben könnte.

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich schließe mich der Beanstandung an. Es ist für mich immer noch nicht erkennbar, auf was eigentlich diese Frage zielt, zulässigerweise. Ein Ziel, das die Frage zu einer zulässigen Frage macht. Ich bitte der Bundesanwaltschaft aufzuerlegen, darzutun, ob Fragen dieser Art, die Glaubwürdigkeit des Zeugen Tratter erläutern, erhellen [7490] sollen. Oder ob sie sonstwie hilfreich sein sollen, um Erkenntnisse zu ermitteln, über die Intensität der Beziehungen zwischen dem Zeugen Tratter und dem ehemaligen Zeugen Hoff, auf die es doch in diesem Verfahren, in diesem Stadium der Beweisaufnahme in der Tat ankäme. Damit man sich versichern kann, ob das, was der Zeuge Tratter über den Zeugen Hoff sagt, substantiert oder weniger substantiert ist. Solange diese Erläuterung von Seiten der Bundesanwaltschaft nicht erfolgt, gilt das, was der Senat vorhin sehr richtig ausgeführt hat, zur Allgemeinheit der Frage, nach dem Charakter, wes Geistes Kind der Zeuge Tratter sei. Dies war als zu allgemein zurückgewiesen worden, und genau aus dem Grunde müßten die zwar dem Anscheine nach konkreten, aber dem Bezug nach nicht konkreten Fragen solange zurückgewiesen werden, solange die Bundesanwaltschaft den Bezug nicht hinreichend deutlich darzustellen vermag.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, Sie haben sich gemeldet.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja, ich schließe mich der Beanstandung der Kollegen [x] an. Es ist alles Wesentliche bereits gesagt worden. Also die wesentlichen Aspekte, die Unzulässigkeit dieser Frage zur Folge haben, sind genannt worden. Ich meine einen Aspekt könnte man vielleicht noch anfügen. Die Fragen, beide Fragen, die eine ist ja bereits für zulässig akzeptiert worden vom Senat, sind in der Form, wie sie gestellt worden, auch deshalb unzulässig, weil sie gar nicht beantwortet werden können. Es ist nämlich gefragt: Ist gegen sie ein Ermittlungsverfahren anhängig gewesen? Das kann der Herr Tratter, wenn es sich um Ermittlungshandlungen handelt, die ihm gar nie zur Kenntnis gelangt sind gar nicht beantworten[y]. Also die Frage könnte überhaupt dann nur zulässig sein, wenn gefragt würde, sind Ihnen Ermittlungshandlungen zur Kenntnis gelangt. Der Herr Bundesanwalt zitiert möglicherweise und wohlweislich der Vorenthaltung der Akteneinsicht und des rechtlichen Gehörs, derjenigen, die hier sonst Verfahrensbeteiligte sind, aus, was weiß ich, welchen Exekutiv- oder Judikativakten. In dem Fall ist das ein Gesichtspunkt, der auch die Unzulässigkeit der Frage zur Folge haben muß.

Ende des Bandes 413.

[7491] Vors. (nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen:

Die Frage ist zulässig.

Sie ist geeignet, die Überprüfung der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu fördern und dient gleichzeitig auch der Aufdeckung des Verhältnisses zu den Angeklagten.

Bitte. Die Frage ist zulässig.

Zeuge Tra[tter]:

Fragen Sie bitte nochmals.

RA Dr. He[ldmann]:

Eine Zwischenfrage.

Vors.:

Ich möchte Sie jetzt bitten, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, daß wir die Fragen hier stellen und beantworten lassen und nicht uns mit weiteren Zwischenfragen hier diese Sache ...

RA Dr. He[ldmann]:

Sie ist für mich sehr wesentlich für die weitere Beweisaufnahme hier.

Ist jetzt Beweisthema für den Herrn Zeugen Trattner sein Verhältnis zu den Angeklagten?

Vors.:

Ich bitte, Ihre Frage zu stellen. Ich glaube, die Entscheidung ist begründet worden und es ist Ihnen auch zugänglich, was dort drin gesagt worden ist.

OStA Ze[is]:

Herr Tratter

- nicht Trattner, Herr Dr. Heldmann; Sie kennen nicht mal die Namen der von Ihnen benannten Zeugen -

Herr Tratter, war im Juli 1969 gegen Sie ein[z] strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig wegen dieser Heimaktion? Und der Anregung des Herrn RA v[on] Plottnitz-Stockhammer folgend, gleich die Zusatzfrage:

Kam es im Rahmen dieses strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zu Exekutivmaßnahmen? Darunter versteh ich: zu ner Hausdurchsuchung bei Ihnen?

Vors.:

Haben Sie die Frage nicht verstanden, Herr Tratter?

Zeuge Tra[tter]:

Schwer ... -

Ich nehme einfach Gebrauch von meinem Recht - Sie haben mich belehrt vorhin -, daß ich dazu nichts mehr sage, und zwar begründet.

Vors.:

Sie müssen befürchten, daß Sie jetzt noch wegen dieses Vorfalls in irgendeiner Form strafgerichtlicher Verfolgung ausgesetzt wären. Das sind Sie natürlich ... Das sind Sie nicht, wenn Sie darüber irgendwas aussagen. Außerdem geht die Frage ja nur dahin, ob Sie davon erfahren haben, daß deswegen ein [7492] Ermittlungsverfahren angestrengt worden ist. Ob das berechtigt ist oder nicht, das können Sie ja nicht beurteilen, sondern ich hab ganz schlicht und einfach mit „ja“ oder „nein“ ...

Zeuge Tra[tter]:

Aber ich muß meine Gefahren selbst abschätzen können, und wie Sie selbst wissen, ja ... ist es gar nicht so einfach.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, ...

Zeuge Tra[tter]:

Ich meine, ...

Darf ich, ich war noch nicht am Ende.

OStA Ze[is]:

Jetzt möcht ich was erklären.

Zeuge Tra[tter]:

Darf ich das begründen?

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, wir ... pardon.

Zeuge Tra[tter]:

Ich will begründen, warum ich ...

Vors.:

Augenblick, Herr Tratter.

OStA Ze[is]:

Ich verzichte auf die Frage.

Die B. Anwaltschaft, Herr Vorsitzender, hätte noch zahlreiche Fragen zu diesem Komplex. Da die Herrn dort drüben aber offenbar befürchten, daß die Teilnahme des Zeugen an Aktionen zutage tritt, wie sie fälschlicherweise dem Zeugen Hoff zugeschrieben werden, möchte ich für mich insoweit das Fragerecht nicht mehr ausüben. Ich würde Sie bitten, Herr Vorsitzender, das Fragerecht dem Kollegen Widera zu geben.

Vors.:

Ja, bitte, Herr B. Anwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Tratter, Sie haben vorhin folgendes ausgeführt: Herr Hoff habe gesagt, man könne eine Kissenschlacht nicht machen; man solle Nägel mit Köpfen machen, und Herr Hoff habe sich dem Studentenführer Krahl angeboten, ihm persönlichen Schutz zu bieten.

Sie haben weiter zum Ausdruck gebracht in Ihrer Vernehmung - in Ihrer Aussage -, daß Sie all das, was Sie geschildert haben, zeitlich nicht einordnen können oder besser gesagt, zeitlich kaum einordnen können; und deswegen die Frage:

Diese drei Tatsachen, die Sie da berichtet haben, war das bei ein und derselben Gelegenheit?

Zeuge Tra[tter]:

Nein.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Sie haben „nein“ darauf geantwortet?

Zeuge Tra[tter]:

Ja. Ich versteh die Frage nicht so.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Hoff soll ja davon gesprochen haben:

[7493] Man könne eine Kissenschlacht nicht machen; man solle Nägel mit Köpfen machen.

Das ist die eine Seite.

Das andere:

Er habe sich dem Studentenführer Krahl angeboten, ihm persönlichen Schutz zu gewähren.

Haben Sie das bei ein und derselben Gelegenheit erfahren?

Zeuge Tra[tter]:

Nein.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Die nächste Frage zu dem letzten, daß er dem Krahl gegenüber ein Angebot gemacht habe:

War da der Studentenführer dabei oder hat er Ihnen nur erzählt, der Herr Hoff, daß er ein solches Angebot gemacht habe, oder haben Sie’s überhaupt nur von einem Dritten?

Zeuge Tra[tter]:

Nein. Ich war dabei, und das Gespräch mit Hans-Jürgen Krahl hat auch stattgefunden.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich will Sie nicht nach weiteren Namen fragen, ich möchte nur wissen, ob noch weitere Personen dabeiwaren.

Zeuge Tra[tter]:

Zur ersteren Sache:

Da war ich mit ihm allein.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich habe gefragt, ob bei dem ...

Zeuge Tra[tter]:

Also, als mir Dierk Hoff sagte, er wollte die Leibwächterrolle übernehmen ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Das hab ich akustisch nicht verstanden.

Zeuge Tra[tter]:

Als er verschlug, daß er die Leibwächterrolle von Hans-Jürgen Krahl übernehmen wolle, da waren wir allein. Das Meeting nachher beim Glas Bier, da waren mehrere Leute - ich wüßte aber nicht mehr, wer - dabei.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Und da ist erneut von dem Angebot gesprochen worden? „Ja“ oder „nein“.

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Nun zu den ersten Äußerungen, zu der Kissenschlacht, die man nicht machen könne oder solle, und daß man Nägel mit Köpfen machen solle.

Bei welcher Gelegenheit haben Sie denn das erfahren?

Zeuge Tra[tter]:

Es war zu einer Zeit, da gab es - ich weiß nicht mehr, welche - ne Demonstration, vielleicht ... ich weiß nicht mehr welche genau, und da war die ... natürlich der Polizeifunk abgehört worden. In dem Zusammenhang war die Bedrohung - per- [7494] sönliche Bedrohung - gegen Hans-Jürgen Krahl bekannt geworden über diese Abwehrgeschichte. Frank heißt der Kanal. Und ich weiß nicht, ob sich das über mehrere Wochen oder Tage hinausgezogen hat; jedenfalls war Hans-Jürgen Krahl damals persönlich bedroht. Es galt die These, den Rädelsführer also zu schnappen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Tratter, danach hab ich Sie nicht gefragt, denn davon haben Sie vorhin gesprochen.

Ich möchte wissen, bei welcher Gelegenheit diese Äußerung gefallen ist.

Zeuge Tra[tter]:

Unmittelbar während diesem ... also nachher oder während dieser Bedrohung von Hans-Jürgen Krahl. Das war der Anlaß, wahrscheinlich auch dieses Angebots ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Den Anlaß haben Sie jetzt mehrmals genannt. Ich möchte wissen, bei welcher Gelegenheit er Ihnen das gesagt hat.

Zeuge Tra[tter]:

Das weiß ich nicht mehr genau. Ich war öfter bei ihm: Wir haben zusammen gebastelt; ich hab ihm zugeguckt oder geholfen. Wir haben Ideen gesponnen - in dem Zusammenhang war das.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Können Sie heute was dazu sagen, ob er so oder ähnlich sich nur einmal oder etwa öfters geäußert hat?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, öfter mal, als wie im Zusammenhang mit Gesprächen über das, was sich eben tat in der Stadt Frankfurt.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Waren Sie bei diesen Gesprächen jeweils allein?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, ich war. Außer ... war seine Frau Julia wahrscheinlich dabei, die aber ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Seine Frau, wie?

Zeuge Tra[tter]:

Julia, ich kenn sie nur unter dem Namen Julia. Ich weiß ihren Mädchennamen nicht, ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

... und die war wahrscheinlich dabei. Aber sonst niemand?

Zeuge Tra[tter]:

Die war wahrscheinlich dabei, ja, oder sie war oben in der Küche. Es ist ja ein Raum.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Aber sonst niemand. Hab ich das richtig verstanden?

Zeuge Tra[tter]:

Es kann noch sein, daß er seinen Freund, der Engländer „Lester“, der[aa] inzwischen tödlich verunglückt ist, dabei war; der hatte bei ihm gewohnt.

[7495] Reg. Dir. Wi[dera]:

Und wie hieß der Engländer?

Zeuge Tra[tter]:

„Lester“ - ne Abkürzung.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Danke, ich hab keine weiteren Fragen.

Vors.:

Herr B. Anw. Holland.

OStA Ho[lland]:

Herr Tratter, ist es richtig, daß Sie in der Zeit, in der Sie in Frankfurt Ihren kleineren Laden betrieben haben, daß Sie in dieser Zeit, sagen wir mal, relativ gute oder intensive Kontakte zu studentischen Kreisen hatten?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, ich hatte zu studentischen Kreisen Kontakte, weil ich in verschiedenen Bereichen - Kulturbereichen - mitgearbeitet hab, sei es in der Studentenbühne, wo ich mitgespielt habe, sei es als Technikreferent in Filmstudios usw. Dadurch hatte ich Kontakte zu studentischen Kreisen, sei es so’n Lokal, das ich mitgeholfen hab, aufzubauen, in dem vorwiegend studentische Kreise ...

OStA Ho[lland]:

Ich darf dann, Herr Tratter, grade mal anknüpfen an Ihre Aussage, daß Sie sich nun in Studentenkreisen auch mit filmischen Dingen befaßt haben.

Hatten Sie auch Kontakte zu einem oder mehreren Studenten der Filmakademie Berlin?

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

OStA Ho[lland]:

Und um wen handelt es sich da?

Zeuge Tra[tter]:

Mehr oder weniger um sämtliche damals im Rahmen des ersten Streiks der Filmakademie Berlin.[36]

OStA Ho[lland]:

Wann war denn das, wenn ich fragen darf?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das ist ein historisches Datum, aber ich weiß es nicht.

In diesem Zusammenhang habe ich als Filminteressierter eben Studenten dieser Filmakademie insofern unterstützt, als ich die Möglichkeit instandgesetzt hab, also ihre Filme zu zeigen außerhalb der Akademie, die sie dort ... also die sie von dort mitgenommen haben, und da lernte ich kennen eben so Gerd Konrad, Wolfgang Kremm, Holger Meins usw. - die Namen sind mir entfallen; die hab ich in dem Haus, in dem ich wohnte - Oberlindau 107 - hab ich kurzfristig ein Film Open Air oder Filmfestival - ein kleines - mit Presse und Öffentlichkeit inszeniert und [bb] dadurch hab ich ... -

[7496] OStA Ho[lland]:

Herr Zeuge, um das nochmals klarzustellen:

Hab ich Sie recht verstanden, daß sich der Holger Meins auch bei Ihnen schon in der Wohnung aufgehalten hat?

Zeuge Tra[tter]:

Ja. Der wohnte anschließend bei mir.

OStA Ho[lland]:

Danke schön.

Herr Zeuge, dann noch eine weitere Frage:

Und zwar möchte ich mit Ihnen jetzt nochmals den Versuch unternehmen, diesen Partybesuch Baader-Ensslin bei dem Zeugen Hoff zeitlich näher einzugrenzen. Herr Zeuge, dazu eine Vorfrage: Ist Ihnen bekannt, daß Herr Baader und Frau Ensslin einmal in Frankfurt a.M. wegen einer Kaufhausbrandstiftung verurteilt[37] worden sind?

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

OStA Ho[lland]:

Können Sie aus Ihrer Erinnerung sagen, wann das etwa war?

Zeuge Tra[tter]:

Sie zwingen mich, zu lügen; ich weiß es nicht.

OStA Ho[lland]:

Nein, nein, das ... nein.

Zeuge Tra[tter]:

Ja, aber es wird so halt 68, 67 sein.

OStA Ho[lland]:

Aber vielleicht können Sie die Dinge in relativer Sicht beantworten. Herr Zeuge, meine Hauptfrage: War dieser Partybesuch von Baader und Ensslin in Ihrer Erinnerung vor der Verurteilung oder nach dieser Verurteilung?

Zeuge Tra[tter]:

Welcher Verurteilung?

OStA Ho[lland]:

Dieser Verurteilung in Frankfurt wegen der Kaufhausbrandstiftung?

Zeuge Tra[tter]:

War nachher.

OStA Ho[lland]:

Und Sie wissen vielleicht noch, wielange etwa nachher?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, nachdem sie freigelassen worden sind.

OStA Ho[lland]:

Ja, und wielange etwa nach der Freilassung?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, um die Zeit, vielleicht ein[cc] zwei, drei Monate.

OStA Ho[lland]:

Wie? Eins, zwei, drei ...?

Zeuge Tra[tter]:

Vielleicht eins, zwei, drei Monate, nachdem sie freigelassen worden sind.

OStA Ho[lland]:

Danke schön, Herr Zeuge.

Dann noch eine Randfrage:

[7497] Sagen Sie, ist Ihnen im Zusammenhang mit Herrn Dierk Hoff der Name oder der Unname oder Spitzname Stoppelkopf irgendwie geläufig?

Zeuge Tra[tter]:

Nein.

OStA Ho[lland]:

Danke schön. Dann hab ich keine Fragen mehr.

Vors.:

Bitte weitere Fragen.

Herr RA v[on] Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja, eine Anschlußfrage:

Herr Tratter, kann es sein, daß der Herr Hoff mal in Ihrer Wohnung war, als auch der Holger Meins sich in dieser Wohnung aufhielt?

Zeuge Tra[tter]:

Unter Umständen, aber ... also nur theoretisch, weil ich damals im Zusammenhang mit diesem Laden oder wie Sie ihn nennen mögen, ein ... also so alte transportiert habe, und es kann sein, daß ich Dierk Hoff um seinen VW-Bus gebeten habe und daß in dem Zusammenhang die sich mal gesehen haben. Ich kann mich nicht erinnern, aber es ist [dd] theoretisch möglich. Praktisch auch. Es war nicht ... wenn sie sich vielleicht gesehen haben, dann nur so, wie eben mehrere Bekannte, die bei mir waren oder mitgeholfen haben, die sich gesehen haben ... aber kein Anlaß.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Noch eine Frage in dem Zusammenhang:

Der Herr Hoff hat hier berichtet, er habe zu einem späteren Zeitpunkt als zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie jetzt hier Beobachtungen geschildert haben, Kontakt zu einer Person gehabt, die er dann später, nach der Festnahme, als Holger Meins identifiziert hat oder haben will, und er hat Begegnungen mit dieser als Holger Meins identifizierten Person geschildert, in denen er Holger Meins als einen fanatischen Menschen - ich glaube, dieser Ausdruck ist gefallen; der Herr Vorsitzende möge mich korrigieren, wenn’s nicht so war - als einen fanatischen Menschen geschildert hat.

Frage an Sie:

Haben Sie in Ihren Kontakten mit Holger Meins Holger Meins als einen ... haben Sie da Begegnungen mit Holger Meins gehabt, in denen er fanatisch aufgetreten ist?

[7498] Die Angeklagte Meinhof verläßt um 11.12 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Tra[tter]:

Holger Meins war für mich nach diesem Filmabend, den ich gemacht hab, für mich das Vertrauen in [ee] Person. Ich hab ihm sofort meine Wohnung anvertraut. Ich hab ihn kennengelernt als einfachen korrekten, sehr konkreten Menschen, sehr uneigennützigen und mit der Sachlichkeit eines Schalterbeamten oder wie auch immer ich das beschreiben soll und halt ein Mensch, dem man von Anfang an trauen kann. Ich kann nie was anderes berichten, und ich hab ihn auch eben ein, zwei Monate - ich weiß nicht mehr, wie lange - bei mir gehabt, und wir hatten das beste Verhältnis. Ich kenne auch seine Arbeiten in der Filmakademie und kenne [ff] ihn von der Filmakademie, und da war er immer also ...-

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja, vielleicht noch eine Frage dazu:

War der Holger Meins auch beteiligt an diesem, was Sie wohl genannt haben, informellen Open Air-Filmfestival? Wurde da auch ein Film von ihm gezeigt und war er persönlich auch anwesend?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, er war mit vielen andern da und hat sein Erstlingswerk gezeigt. Wir hatten da eben fachkundige Leute auch eingeladen, u. a. Dr. Alexander Kluge von der Filmhochschule in Ulm, von sämtlichen Zeitungen in Frankfurt: „FAZ“, „Rundschau“, „Presse“ die Filmjournalisten und andere Expe... vom WDR [gg] Herrn Tiel, Filmzuständige für den WDR usw. und Generalstaatsanwalt Bauer, der Verstorbene, die haben in dem Zusammenhang alle Filme angeguckt und fanden eben mit Abstand den Film von Holger Meins,[38] weil er eben so war, wie er auch ist, am besten; und im Gespräch nachher hat ihm auch der Generalstaatsanwalt gratuliert als einzelner und hat gesagt: „Machen Sie so weiter.“ Das weiß ich deshalb, weil mir der Film auch so gut gefallen hat.

Die Angeklagte Meinhof erscheint wieder um 11.15 Uhr im Sitzungssaal.

Und es hat mich nicht gewundert, als einige Zeit später dann der Filmemacher Jean Marie Straub sein Werk „Magdalena Bach“[39] ihm gewidmet hat.

[7499] Vors.:

Ich glaube, Herr RA v[on] Plottnitz, unter Anlegung der strengen Maßstäbe, die Sie vorhin bei der B. Anwaltschaft bei der Ausübung des Fragerechts gezeigt haben, kann man wohl annehmen: Die Frage ist beantwortet.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Die Frage ist beantwortet, und ich hab zunächst auch keine Fragen mehr.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Herr RA Dr. Heldmann.

Frau Ensslin hat sich zuvor gemeldet, das hab ich gesehen. Wenn Sie Frau Ensslin zuvor fragen lassen wollen? Mir ist es gleichgültig.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, ich bitte darum.

Vors.:

Frau Ensslin.

Angekl. Enss[lin]:

Also ich würd, wenn Du das willst, Du zu Dir sagen ...

Zeuge Tra[tter]:

Ja, ich will.

[hh]

Angekl. Enss[lin]:

... obwohl Du gesagt hast, Du mußt die Gefahren abschätzen und daß das nicht mehr sehr leicht sei.

Ist es richtig? Willst Du das?

Zeuge Tra[tter]:

Bitte?

Angekl. Enss[lin]:

Soll ich das machen?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, gern.

Angekl. Enss[lin]:

Ja, vielleicht erst nochmals, weil das vorher in der Sprache kaum zu erkennen war, was Du ja auch irgendwie angedeutet hast mit dem Bild „Kurier des Zaren“, daß Du’s nicht bist und daß es dann anders gelaufen ist. Die Formulierung war von Prinzing war, ob Du der Überbringer der Einladung an mich und Andreas von Hoff gewesen seist, nicht. Und Du hast es dann nur ganz vage angedeutet, wie die Szene damals war, was lief, worum’s ging, was los war, was die Interaktionsformen und die Kommunikationsformen waren. Und ich will da jetzt mal vielleicht ganz allgemein die Frage stellen, die dann auch konkret eben betrifft, was die Beziehung und eigentlich auch die Voraussetzung der Beziehung damals gewesen sein mußte, um überhaupt eine gewesen sein zu können, also zwischen Dir und Hoff, zwischen Dir und Holger und zwischen Dir und mir und Andreas.

[7500] Würdest Du sagen, daß es damals so was wie ’n subversiven Konsens gab, der z. B. in der Meditanz von Demonstration seinen Ausdruck hatte?

Der Angeklagte Baader erscheint um 11.17 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Ich muß jetzt leider Ihre Frage unterbrechen und zunächst Herrn Baader über das, was Sie bereits gehört haben, auch belehren. Die Frage muß zurückgestellt werden; der Herr Zeuge kann anwesend bleiben.

Es wäre natürlich in Zukunft glücklich, daß die Angeklagten in solchen Fällen wieder gleichzeitig kommen, um wenigstens die Belehrung in einem Zuge durchführen zu können.

RA v[on] Plottnitz verläßt um 11.18 Uhr den Sitzungssaal.

Der Angeklagte Baader wird gem. §§ 231b II und 231a II StPO über den wesentlichen Inhalt dessen unterrichtet, was in seiner Abwesenheit verhandelt worden ist.

Während der Unterrichtung des Angeklagten Baader erscheint RA v[on] Plottnitz um 11.24 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Nun war eine Frage von Frau Ensslin an den Zeugen Tratter gestellt. Ich weiß nicht, ob Ihnen die Frage noch geläufig ist - sie war etwas lang.

Können Sie sie kurz, Frau Ensslin, nochmals zusammenfassen?

Angekl. Enss[lin]:

Also der Ausgangspunkt ist einfach:

Hoff hat hier[ii] gesagt, daß er - das ist meine Formulierung -, Andreas und mich nie gesehen hat. Weiter von sich: daß er vollkommen unpolitisch sei und daß er sich immer von der Politik und aus der Politik herausgehalten hätte.

Das ist das eine.

Das andere ist:

Du hast dann vorher gesagt, ...

Vors.:

Ja, ich bitte jetzt aber, Frau Ensslin, damit das beantwortbar bleibt, die Frage zu knüpfen. Sie haben jetzt dem Herrn Zeugen erklärt, was der Zeuge Hoff gesagt hat. Die Frage nun bitte.

[7501] Angekl. Enss[lin]:

Du hast vorhin kurz erzählt, daß Hoff im Sommer 69 Andreas und mich kennenlernen wollte, das Dir gegenüber geäußert hat. Daraus hat dann Prinzing gemacht aus Dir den Überbringer einer Einladung, was natürlich ... da kann einem nicht mehr viel dazu einfallen.

Aber ich hab Dich dann jetzt gefragt zu der Szene damals, zu dem, was lief und was ging, ob man davon sprechen kann, ob Du sagen würdest, daß das so ist, daß die Bedingung wegen der Beziehungen damals, daß der zugrunde lag so was wie ein subversiver Konsens, der also seinen Ausdruck auch hatte z.B. in der Meditanz von Demonstrationen?

Zeuge Tra[tter]:

Das ist eine sehr subjektive Einschätzung und deshalb, weil ich sie von mir aus ... ich müßte da so versuchen, zu urteilen. Ich glaube schon, daß es so was gab; aber so ganz allgemein gehalten, was halt die damalige Situation nur zugelassen hat, gab es einen subversiven Konsens.

Aber die Einladung betreffend: Das war eben nicht so, daß ich den Auftrag bekommen hätte, sondern das entstand aus ... schon aus dem Zusammenhang, daß ich damals eben Euch gekannt habe und seine Äußerung gekannt habe und daß er da nicht so mir den Auftrag gegeben hat, sondern mich wahrscheinlich öfter danach gefragt hat, ob er sie kennenlernen kann oder sehen kann.

Angekl. Enss[lin]:

Ja, subversiven Konsens sagst: Ja, so allgemein. Immerhin hast Du vorher, also ich würd schon sagen, daß man das präzise und spezifisch auf Hoff dann zutrifft, wenn das seine Aussagen ... wenn seine Formulierungen z. B. und seine Kritik an Demonstrationen war, man muß Nägel mit Köpfen machen oder ihm konkret zu Krahl einfällt, daß er Leibwächter braucht und daß er das selbst organisieren wollte, das sein wollte. Also mit allgemein: Er war ein Militanter.

Würdest Du das sagen? Oder meintest Du das mit Deinem Begriff aktionistisches Interesse?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das ist eben schwierig. Also ich hab ja auch in dem Zusammenhang mit unserer Bekanntschaft ... haben wir auch so das Geschehen das damalige, haben wir auch diskutiert - das politische -, und da war sein Interesse eben nicht konkret [7502] am unmittelbaren Subjekt der Auseinandersetzung usw., sondern eben im Zusammenhang mit eben militantischen Maßnahmen, die nötig wären oder wie auch immer, auch seinen Erfahrungen entsprechen, seinen Erfahrungen von früher. Also in dem Zusammenhang würde ich sagen, er war eben also aktionistisch eben an militantem Geschehen interessiert.

Angekl. Enss[lin]:

Mit seinen Erfahrungen, meinst Du, daß er sich ganz gezielt als ’n Typ gebracht hat, der schon früher, als in Frankfurt überhaupt noch nichts los war, Kontakt mit Leuten von der algerischen Befreiungsfront hatte usw.?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, ich weiß nur sehr wenig über ganz konkrete Auseinandersetzungen. Aber das stimmt, weil für mich das auch ein Mysterium war, was geschehen war damals, und ich konnt mir also keinen persönlichen Zusammenhang herstellen, weil’s so’n bißchen weit weg war. Aber daß es eben ständig im Hintergrund bei ihm war in der Argumentation, die Erfahrung aus dem Algerienkrieg, das war klar und das hab ich auch dem zugeordnet, seinem Urteil darüber, was nun und wie geschieht.

Angekl. Enss[lin]:

Meinst Du, daß für Dich überhaupt vollkommen vermittelt und vollkommen klar war und verständlich und selbstverständlich, als er sagte, er wollte Andreas und mich kennenlernen z. B ... Also auf der Ebene hast Du das auch verstanden, rezipiert? Das hat Dir eingeleuchtet, also unmittelbar diese Plausibilität?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, so wie ich’s gesagt hab.

Angekl. Enss[lin]:

Ja, dann gut. Nochmals:

Wir sind dann also, sagst Du, dort aufgetaucht - spät irgendwie - und nicht interessiert am Anlaß, Fest oder was immer, sondern von Andreas ist die Erinnerung, hat sich die Werkstatt angesehen oder so ähnlich.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, wir beanstanden den Vorhalt. Der Vorhalt ist unrichtig. Frau Ensslin hat gesagt: Wir sind dann später dort aufgetaucht. Das hat der Zeuge nie gesagt. Er hat nur gesagt: Ich kann mich zu 99 % daran erinnern. Er hat also immer noch die Frage, ob sie überhaupt dort aufgetaucht sind, offengelassen.

Angekl. Enss[lin]:

Stimmt nicht.

[7503] Vors.:

Er hat bekundet, daß er’s nicht mit Sicherheit angeben könne, aber einen sehr sehr hohen Grad der Sicherheit angedeutet.

Angekl. Enss[lin]:

Also das ist ne ganz gezielte Lüge. Er hat ganz klar gesagt, daß wir aufgetaucht sind, soviel er sich erinnert und da kamen irgendwelche ... er wüßte nicht mehr, wann. Er wußte aber noch definitiv, daß es ziemlich spät war, daß eigentlich die Chose gelaufen war, und um so sicherer hat er sich daran erinnert, daß wir aufgetaucht sind.

Vors.:

Das ist sehr einfach zu klären. Herr Zeuge, Sie haben das gehört, daß da offenbar nicht restlos Klarheit verblieben ist, was Sie gesagt haben.

Waren Sie sich sicher, waren Sie sich nicht sicher, daß die zwei aufgetaucht sind? Richtig: die drei - Baader, Ensslin, Proll - von dreien war die Rede, damit wir ...

Zeuge Tra[tter]:

Ich bin mir über kleine Einzelheiten sicher.

Vors.:

Sind Sie sich sicher, daß die drei gekommen sind?

Zeuge Tra[tter]:

Ich bin mir sicher über diese Einzelheit, daß sich eben Andreas so geäußert hat, also in irgendeiner Weise: Das interessiert ihn nicht. Aber ich weiß den Anlaß der Party ...

Vors.:

Die Frage war lediglich - Herr Tratter, bitte, wir müssen uns bemühen, daß ich die Fragen so, wie ...

Zeuge Tra[tter]:

Darf ich erklären, was ...?

Vors.:

... nein, ich will bloß wissen von Ihnen, ob Sie sich sicher sind, daß Ihrer Einladung, die Sie überbracht haben, entsprochen worden ist.

Zeuge Tra[tter]:

Da wollen Sie ne „Ja“-„Nein“-Antwort von mir?

Vors.:

Ja, wenn’s geht.

Zeuge Tra[tter]:

Aber das ist schwer. Warum darf ich nicht ...

Vors.:

Warum können Sie nicht sagen, ob Sie sich sicher sind: Ja oder nein?

Zeuge Tra[tter]:

Ich hab vorhin meine Unsicherheit in einer andern Hinsicht definiert, und ich wollte jetzt erklären nochmals, warum diese 99 %igkeit zustande kommen. Warum kann ich das nicht machen?

Vors.:

Also Sie sind sich unsicher, ob sie gekommen sind.

Zeuge Tra[tter]:

Nein. Ich bin mir sicher über einzelne Reaktionen. Aber ich weiß nicht den Zeitpunkt; ich weiß nicht, ob das wirklich diese Party war. Darum ging’s.

[7504] Vors.:

Also Sie sind sich sicher, daß die einmal da waren; Sie können nur nicht hundertprozentig zuordnen ...

Zeuge Tra[tter]:

Das bin ich mir sicher, daß 100 %.

Vors.:

Gut. Unter dieser Voraussetzung, Frau Ensslin, können Sie jetzt mit der Frage fortsetzen.

Zeuge Tra[tter]:

Ich meinte die Party vorhin, bei der war ich mir nicht ganz sicher, ob sie in dem Zusammenhang war.

Angekl. Enss[lin]:

Na, ich werd jetzt nochmals präzisieren: Du bist ganz sicher, daß wir bei Hoff waren?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, bin ich ganz.

Angekl. Enss[lin]:

Und daß Hoff mit uns geredet hat?

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

[jj]

Angekl. Enss[lin]:

Weißt Du noch, worüber?

Zeuge Tra[tter]:

Nein, das weiß ich so konkret nicht mehr.

Ende von Band 414.

[7505] Angekl. Enssl[in]:

Und wie lange auch nicht mehr?

Zeuge Tra[tter]:

Ich ... ganz vage, kann es sein, daß Du, oder daß ihn der Andreas gefragt hat ... nein ... es gibt eine Geschichte und zwar ... seine CO2-MP, das war das große Geheimnis, Relikt[kk] aus jener Zeit und ich weiß, daß er mir damals gesagt hat, also, da[ll] hat er[mm] ja auch so eine entsprechende Stelle gehabt, die schwer ... also versteckt gehabt, und daß er in dem Zusammenhang gesagt hat: „das geht niemand was an“, ja. Und da gibt es eine vage Erinnerung, daß ich mich eben gewundert habe, warum er also ... dem Andreas die zeigt, die CO2-MP. Aber da bin ich mir sehr unsicher, ob das zu der Gelegenheit war, wo Party war. Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, bei Dierk, daß er so was eben macht, während eine Etage höher die anderen sind.

Angekl. Enssl[in]:

Hab ich das jetzt recht verstanden, Hoff hat später auch nochmal ausdrücklich mit Dir darüber geradet, daß er Andreas das Ding gezeigt hat?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das kann ich also nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen. Aber das ist mein ...

Angekl. Enssl[in]:

Du weißt, daß er es gezeigt hat?

Zeuge Tra[tter]:

Bitte?

Angekl. Enssl[in]:

Du weißt, daß er es ihm gezeigt hat?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, weil es sonst niemand weiß, außer mir.

Angekl. Enssl[in]:

Ja, vielleicht kannst Du nochmal das Bild von Hoff schärfer bringen. Was ist das für ein Typ, weil ...

Zeuge Tra[tter]:

Ich hab schon ein paar Mal versucht bei ... Auseinandersetzung ging es nicht um konkrete, eben unmittelbare politisch-theoretische Erörterungen, sondern mehr um so handwerklicherisches, revolutionäres Erfahrungsgut, das er in Anwendung bringen wollte. Und das mit dem etwas mystifizierten Hintergrund des Algerier-Kriegs, so daß ich auch damals sogar meinte, er wäre Mal Legionär gewesen, Fremdenlegionär, weil die alle solche Erfahrungen haben. Aber ich habe da nie eine Bestätigung von ihm bekommen, oder hier hat nie ein Gespräch stattgefunden.

Angekl. Enssl[in]:

Also was Dich an ihm interessiert hat, war diese Verbindung von handwerklichem Können ...

Zeuge Tra[tter]:

Nein, das war nur so aus ...

Angekl. Enssl[in]:

... politischem Interesse.

Zeuge Tra[tter]:

Ja, in unserer Auseinandersetzung. Es hatte immer konkrete politische Ziele natürlich. Aber die Auseinandersetzung, die hatte er nicht so geführt, daß er etwa so Diskussionen mit konkret geführt hat, mit Differenzierung undsoweiter nicht. Es war immer [7506] so dieser Geradeausweg eines Veterinärs oder wie man das nennen kann.

Angekl. Enssl[in]:

Deine Formulierung ...

Zeuge Tra[tter]:

Nein nicht, Veteran, Entschuldigung, das ist ein[nn] kleiner Unterschied.

Angekl. Enssl[in]:

Deine Formulierung ganz am Anfang zu dem Typ war, daß er eine bekannte Persönlichkeit gewesen sei in Frankfurt, und daß die Beziehung zu ihm Freundschaft, nicht sehr enge Freundschaft, aber eine stabile individualistische Beziehung gewesen sei.

Vors.:

Von Freundschaft war, soweit ich weiß, nur, um diesen Vorhalt zu korrigieren, nicht die Rede. Ich müßte es überhört haben. War von Freundschaft die Rede?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, wir waren so im Bereich der beruflichen Geschichte und so auch so seine Aussenseiterrolle, die er da gespielt hat als ständig, als so ein Anti-Dressman und in seiner Arbeit ...

Vors.:

Ja, Entschuldigung, ich wollte es bloß geklärt haben, ob von Freudschaft die Rede war.

Zeuge Tra[tter]:

Es war eine Freundschaft, die aber nicht so zu engeren ...

Vors.:

Aber Sie hatten nicht von Freundschaft geredet vorhin ...

Zeuge Tra[tter]:

Nein, ja das ist schwer, den Begriff könnte man definieren.

Vors.:

Gut. Frau Ensslin, bitte fragen Sie weiter. Also wenn Sie solche Begriffe bringen, möglichst die korrekten und konkreten die gesagt worden sind.

Angekl. Enssl[in]:

Ja, geht’s vielleicht über die Lehrlingskampagne die Heimkampagne noch mehr zu[oo] sagen.

Zeuge Tra[tter]:

Ja, konkret, wo wir uns kennen gelernt haben.

Angekl. Enssl[in]:

Um einfach die Szene 68, 69 und so auch den Charakter der Beziehung, den Sinn der Sache darüber.

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender. Es ist keine Zeugenfrage:[pp] „willst Du vielleicht noch etwas mehr dazu sagen.“ Der Zeuge soll Tatsachen bekunden.

Angekl. Baa[der]:

Ja, wir fragen eben nicht nach dem ... (Zwischenruf)

Vors.:

Ich bitte, Herr Baader, Sie sind jetzt im Augenblick nicht gefragt und haben auch nicht das Wort. Ich bitte Sie also jetzt, Frau Ensslin, daß Sie die Frage formulieren, was Sie interessiert. Sonst kann das Gericht nie beurteilen, ob das eine zulässige Frage ist oder nicht.

Angekl. Enssl[in]:

Kannst Du noch mehr, als Du kurz über die Szene damals, 68, 69 ...

Vors.:

Ja, zu welchem Zwecke dient das, Frau Ensslin. Entschuldigen Sie, Herr Tratter, da muß zuerst die Frage gestellt werden, zu welchem[qq] [7507] Zwecke dient das? ...

Angekl. Enssl[in]:

Und damit, das da, das ist ein Zweck, ein Sinn der Frage, wie Hoff in der Szene drinhing, welche Funktion, in welcher Funktion er sich selbst gesehen hat, in welcher er gesehen wurde von anderen, wie er verstanden[rr] wurde.

Zeuge Tra[tter]:

Das ist jetzt schwer in ...

Angekl. Enssl[in]:

Und natürlich geht es um den Kontrakt zu hier.

Zeuge Tra[tter]:

Im Bezug auf Heimkampagne kann ich das sehr, also relativ schlecht ...

Angekl. Enssl[in]:

Ja, das war eine, das ...

Zeuge Tra[tter]:

Ja. Denn da hat er nicht, also direkte Beziehungen dazu gehabt zur Heimkampagne. Hier zum SDS, aber zur Heimkampagne wüßte ich nicht, wo er direkte Beziehungen hatte, wenn Du Dich noch erinnern kannst.

Angekl. Enssl[in]:

Ja, das kann ja sein, daß er uns kennen lernen wollte, als die Typen, die aus dem Gefängnis kamen und verurteilt waren wegen der Brandstiftung.

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das habe ich schon eingangs gesagt.

Angekl. Enssl[in]:

Ich komme auf die Heimkampagne, weil das erstens das war, wodurch wir uns kennen.

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

Angekl. Enssl[in]:

Und weil das zweitens eine der Bewegungen, wenn man so will, war, die damals die Szene Frankfurts bestimmt haben, mitbestimmt haben, die auch bekannt war, jeder wußte davon, undsoweiter.

Zeuge Tra[tter]:

Bis zur Stadt hin, also eure täglichen Verhandlungen mit der Stadt Frankfurt, Faller & Co., das war die ...

Angekl. Enssl[in]:

Meinst Du, daß auch Hoff davon gewußt hat?

Zeuge Tra[tter]:

Nein, von dieser ...

Angekl. Enssl[in]:

Davon gewußt hat?

Zeuge Tra[tter]:

... von dieser unmittelbaren Arbeit nicht. Der hat also lediglich, soviel ich weiß, die ganzen Informationen von der Pressepublikation über Euer ... als Ihr freigelassen wurdet und dann war es für Ihn in irgendeiner Weise attraktiv, da ’ne Bekanntschaft.

Angekl. Enssl[in]:

Also er hat Zeitungen gelesen, zum Beispiel?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das hat er in der Tat.

Angekl. Enssl[in]:

Ja. Er hat hier gesagt, das hätte er nie gemacht.

Zeuge Tra[tter]:

Nee, und auch so Informationen, die also über die [7508] Zeitung hinausgehen. Er war jeden Abend im Jazzkeller, wo man sich nach dem Klub Voltaire[ss] eben getroffen hat, weil da[tt] so lange auf war und da gab’s eben solche Informationen und wo immer auch ...

Angekl. Enssl[in]:

Ja weißt Du ... kannst Du darüber was sagen, was 72 gerade dort zum Beispiel geredet wurde? Was an Informationen gelaufen ist, Kneipen, 72 zum Beispiel.

Zeuge Tra[tter]:

Nein, das kann ich nicht mehr, weil 72 habe ich ... war ich schon weg von Frankfurt und da war ich vielleicht einmal im Jahr ...

Angekl. Enssl[in]:

71, 70?

Zeuge Tra[tter]:

... im Jazzkeller. Nicht, und 70, da habe ich sehr viel gearbeitet und da war ich wirklich nicht da. Ich war dann irgendwann Mal 73, 74 sowas, war ich wieder da und da habe ich wieder den Dierk getroffen. Das war damals, als wir die Adressen ausgetauscht haben.

Angekl. Enssl[in]:

Also es war noch, wie Du es kanntest, daß man über alles was lief, aktuell und was in der Zeitung auch stand, auch geredet hat.

Zeuge Tra[tter]:

Ja, natürlich, weil ja eben ... dort trafen sich eben studentische Kreise und Leute, die informiert waren eben über all das und mit denen hat er sich auch getroffen, nicht. Ich habe nie gemerkt, daß er irgendwie am Jazz interessiert war.

Angekl. Enssl[in]:

Also du würdest es ausschließen, also man würde, wenn man in den Jazzkeller geht, ausschließen, daß da Typen, daß da irgendjemand sitzt, den das nicht interessiert, was läuft politisch und so weiter, das mußte man ausschließen.

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

Vors.:

Wer ist „man“ und ist das eine Sachverständigenfrage. Wie soll der Herr Zeuge, daß er selbst, ob er den Eindruck hat?

Angekl. Enssl[in]:

Ja ... ich frag ihn nach seiner Erfahrung.

Vors.:

Er hat’s bejaht.

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

Angekl. Enssl[in]:

Sprechen ... sprich ... nochmal über Holger. Also um das vorzuhalten nur, die Aussagen von Dierk Hoff über ihn sind ... kennst Du die? Was Dierk Hoff über ihn gesagt hat? Vielleicht aus den Zeitungen ...

Zeuge Tra[tter]:

Das hab ich zum ersten Mal ...

Angekl. Enssl[lin]:

... aus den Zeitungen soweit mitgekriegt, wie er ihn dargestellt hat als ...

[7509] Zeuge Tra[tter]:

... Ja, zum Teil in der Form hab ich’s zum ersten Mal da ...

Angekl. Enssl[in]:

... als ein Typ, der erpresst undsoweiter, der da mit der Knarre rumfuchtelt und durchgeknallter Typ ist und fanatisch, sexualfetischistisch undsoweiter ... ja ...

Vors.:

Also den Sexualfetischisten können Sie streichen, davon war nicht die Rede, das ist eine Auslegung gewesen.

Angekl. Enssl[in]:

Ja weil Ihnen[uu] die[vv] Begriffe fehlen, das müssen Sie ja nicht unbedingt ... das ist eindeutig.

Vors.:

Sie können vorhalten was hier besprochen worden ist, nicht was Sie ...

Angekl. Enssl[in]:

Ja, daß Sie ...

Vors.:

... dann weiter an psychologischen Hintergründen glauben, feststellen zu können.

OStA Holland verläßt um 11.48 Uhr den Sitzungssaal.

Angekl. Enssl[in]:

Gegen Begriffe haben Sie was, das ist bekannt. Das ist das Bild, das Hoff hier von Holger hingestellt hat und ...

Vors.:

Ich bitte jetzt, die Frage zu stellen. Sie haben jetzt den Vorhalt gemacht.

Zeuge Tra[tter]:

Das kann ich ...

Angekl. Enssl[in]:

Also, spezifisch[ww] nach der Beziehung Holger-Hoff auch.

Vors.:

Was wollen Sie ...

Zeuge Tra[tter]:

Die, die ... Holger-Hoff, die kenne ich nicht, die Beziehung, weil also zu dieser Zeit, als Holger bei mir wohnte, da gab es wirklich keine unmittelbaren Kontakte. Also das kann nur Zufall gewesen sein. Ich hab also nachher den Holger aus den Augen verloren im Zusammenhang mit Filmarbeit, die wollten ... Filme machen in Frankfurt. Und also die Kontakte Holger Meins die kenne ich wirklich nicht. Er hat mich ...

Angekl. Enssl[in]:

Du bist in die Ermittlungen überhaupt dadurch reingekommen, daß Hoff ausgesagt hat, er kennt Holger, weil er ihn einmal getroffen hat und zwar bei Dir, in Deinem Trödelladen. Und so hat er sich erklärt, daß es hier seine Aussage, die Konstruktion ...

Vors.:

Das ist nicht richtig Frau Ensslin, ich muß Sie da korrigieren ...

Angekl. Enssl[in]:

... das ist die Vermittlung für Hoff hier gewesen ...

[7510] Vors.:

Nicht wegen des einmaligen Treffens ...

Angekl. Enssl[in]:

... plausibel zu machen...

Vors.:

Frau Ensslin, bitte, wenn Sie einen Vorhalt machen, müssen Sie ihn richtig machen. Es ist nicht richtig, daß der Zeuge Hoff angegeben hätte, er kenne Meins von einem einmaligen Treffen.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Das hat Frau Ensslin auch nicht vorgehalten.

Angekl. Enssl[in]:

Er kennt ihn ... er ist in den Akten, weil Dierk Hoff hier gesagt hat, er kennt Holger über eine kurze Begegnung bei Tratter.

Vors.:

Dort hat er ihn kennengelernt. Kennen tut er ihn aus [xx] noch weiteren Begegnungen, nach seiner Darstellung, gut, in der Form können wir’s zulassen.

Angekl. Enssl[in]:

An diese Begegnung, die Hoff schilderte oder behauptet, wie immer, kannst Du Dich an die erinnern?

Zeuge Tra[tter]:

Nein, da kann ich mich nicht erinnern, ganz bestimmt nicht. Ich hab ... es gab zu der Zeit mehrere Besuche, die ... ich hatte am Tag öfter welche, und da hat sich also nie irgendwas so abgespielt, daß mir das aufgefallen wäre, weil der Holger ein sehr fleißiger und so aggressionsloser Mensch war, daß er also nirgendwo sich echauffieren oder abreagieren mußte und auch in der Auseinandersetzung, die es eben ... die wenigen, die es gab, über Filmprojekt, das sie da hatten. Da hab ich nur in Erinnerung, daß er eben ungeheuer konkret und sachlich war und so hab ich den ganzen Menschen in Erinnerung.

Vors.:

Ja, die Frage war, ob Sie sich der Begegnung erinnerten, die damals stattgefunden hat ...

Zeuge Tra[tter]:

Nein.

Vors.:

... Sie haben gesagt, nein.

Zeuge Tra[tter]:

Nein.

Vors.:

Weitere Fragen. Denn das andere hatten Sie ja schon alles ...

Zeuge Tra[tter]:

Ich hab die Möglichkeit in Betracht gezogen, aber ich weiß nicht.

Angekl. Enssl[in]:

Nochmal zu Hoff, zu dieser Figur.

Vors.:

Frau Meinhof, ich bitte Sie ... Frau Ensslin, ich bitte Sie, sich daran zu halten, daß Sie keinen Anlaß haben, einen Zeugen hier unnötig anzugreifen. Wir haben Ihnen schon mal zur Kenntnis gebracht, daß die Bezeichnung „Figur“ in einem Gerichtssal einen Klang hat, den wir nicht hinnehmen können ... halten Sie sich bitte daran. Also zum Zeugen Hoff wollen Sie Fragen stellen, das dürfen Sie.

Angekl. Enssl[in]:

Es kommt darauf an, daß hier ein Zeuge saß, Hoff, [7511] ein bestimmtes Bild abgegeben hat. Du kennst Hoff und hast angefangen, ihn zu beschreiben, Deine Beziehung zu ihm undsoweiter, und danach frage ich nochmal mehr, also welche Funktionen hatte er und wurde er gesehen und wurde er verstanden in der Frankfurter Szene. Was weißt Du darüber und kannst Du darüber noch mehr sagen.

Zeuge Tra[tter]:

Ja, um es journalistisch zu umschreiben, er war eben der „Coole“, den es gab in Frankfurt, also ich weiß nicht, ob Sie mit dem Begriff etwas anfangen können. Cool heißt eben so, mit Zurückhaltung so im Gegensatz zu einem Englänger so „don’t wear your heart on[yy] your sleeve“. Das heißt also nicht auspacken, introvertiert oder wie auch immer, er war „cool“ und war also ... in Western-Manier hat er geredet, hat er[zz] auch so ein bißchen gedacht schon, einfach konkret und so ...

Angekl. Enssl[in]:

Also ein „scharfer Typ“ gewesen?

Zeuge Tra[tter]:

Er war ... ja „scharfer Typ“, ja, und deshalb fiel er mir[aaa] auch schon lange, bevor ich ihn kennengelernt habe, auf mit seiner Frau, die kurze Haare hatte, Stoppelfrisur ... aber. Und das war ein Bild in Frankfurt, das gehörte zu den wie der Römer und die ... gehörte eben die zwei, vor allem in solchen Lokalen wo man ... oder bei Festen, wo man ihn gesehen hat, bei Vernissagen.

Vors.:

Bitte, weitere Fragen Frau Ensslin.

OStA Holland erscheint wieder um 11.53[bbb] Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Frau Meinhof. Wenn nicht, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie treten ... zurück, denn Sie waren ja vorhin ... hatten Sie sich gemeldet. Wollen Sie Frau Meinhof den Vortritt lassen?

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, bitteschön.

Angekl. Meinh[of]:

Ich hab nur eine Frage, und zwar, es ist ja egal, ob Andreas ... ob nun Andreas zu dieser Party gegangen sind oder bei einer anderen Gelegenheit Hoff getroffen haben. Du hast gesagt, daß er da unheimlich „scharf“ drauf war, daß er die mal sieht und trifft und Du sagst ja auch, daß das auf alle Fälle stattgefunden hat und die sich mal getroffen haben und bis einschließlich, daß Hoff, daß Du auch definitiv weißt, daß Hoff Andreas die CO2-MP gezeigt hat. Im Kontrast dazu steht die Tatsache[ccc], daß Hoff hier einen absolut merkwürdigen Besuch von Andreas bei sich in der Werkstatt beschreibt, behauptet. Also wo Andreas Hoff ... naja, wirklich ’ne FBI-Story, wo er also den Chef behauptet und ’ne große Geste und einen Inspektor, in [7512] einen Inspektionsauftritt und ein Gehabe undsoweiter undsoweiter. Glaubt er, daß Andreas 20 Minuten ungefähr, eine halbe Stunde, also in so einem Zeitraum bei ihm in der Werkstatt war, wortlos, und er will ihn nicht erkannt haben. Also er behauptet, auf der einen Seite, er sei es gewesen. Nach späteren Fotos und ... von Andreas bei der Verhaftung sagt er, das war Andreas Baader ...

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender ...

Angekl. Meinh[of]:

Moment, lassen Sie mich mal ausreden.

OStA Zeis:

Nein, nein, nein, ich beanstande die Art und Weise, wie Frau Meinhof hier den Zeugen befragt. Das sind doch keine Fragen, sondern sind Erklärungen [ddd], die Sie nach [§ ]257[ StPO][40] abgibt. Ein ...

Angekl. Baa[der]:

... „Vorhalt“.[eee]

OStA Zeis:[fff]

Vorhalt über 5 Minuten.

Vors.:

Es ist richtig ...

Angekl. Meinh[of]:

Moment mal ...

Vors.:

Es ist richtig, ich habe schon mal drum gebeten, man möge gegenüber Zeugen ... Beteiligten, Prozeßbeteiligten, die in Frageausübung vielleicht nicht so erfahren sind, eine gewisse Geduld zeigen. Frau Meinhof, überstrapazieren Sie bitte diese Geduld nicht. In der Tat müssen Sie jetzt zusammenfassen, was Sie eigentlich den Zeugen gefragt haben wollen.

Angekl. Meinh[of]:

Bin ich doch dabei. Wäre ich doch längst mit fertig, wenn der mir nicht so zwischenquatschen würde.

Vors.:

Bloß also das, was Sie hier mit FBI undsoweiter mit reingebracht haben sind Ausschmückungen, die mit dem Fragegegenstand nichts zu tun haben.

Angekl. Meinh[of]:

Doch doch, das ist wichtig. Das ...

Vors.:

Ich sage Ihnen nochmals, Sie können genau vorhalten, was der Zeuge hier gesagt hat. Von FBI hat er nicht gesprochen, das ist wieder Ihre [ggg] Auslegung dazu. Wenn Sie einen Vorhalt machen wollen, dann müssen Sie ihn korrekt bringen. Also bitte, damit solche weiteren Einwendungen, die an sich berechtigt sind, nicht erfolgen, fassen Sie jetzt zusammen.

Angekl. Meinh[of]:

Also zwei Fragen aus diesem Bereich. Ist es vorstellbar, bei dem Interesse, was Hoff vorher geäußert hat, daß er die Personen, für die er sich vorher so immens interessiert hat, dann nicht erkennt, und zweitens, wozu einfach als Tatsache gehört, daß Andreas nie in der Werkstatt gewesen ist und das ’ne Konstruktion ist. Aber es geht ja nicht darum, sondern um die Wahrscheinlichkeit ...

[7513] Vors.:

Sie sagen es wieder nicht erkennbar, Frau Meinhof, lassen Sie vielleicht die erste Frage, wenn der Herr Zeuge ihr etwas entnehmen kann, von[hhh] ihm beantworten, dann die zweite.

Angekl. Meinh[of]:

Ja, ist gut.

Vors.:

Gut.

Zeuge Tra[tter]:

Nein, es ...

Vors.:

Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Die erste Frage ist keine Zeugenfrage, es geht, ob irgendetwas vorstellbar sei. Ein Zeuge kann nur Tatsachen bekunden.

Vors.:

Es geht darum, ob der Herr Zeuge nach seiner Kenntnis der Dinge sich vorstellen kann, daß Hoff sich so darstellt, als kenne er den Herrn Baader nicht aus dieser früheren Begegnung.

Zeuge Tra[tter]:

So hab ich das auch verstanden, ja.

Vors.:

Und so kann’s auch der Herr Zeuge beantworten.

Zeuge Tra[tter]:

Ich kann mir das nicht vorstellen.

Vors.:

Schön. Frage zwei.

Angekl. Meinh[of]:

Ja, Andreas macht das weiter.

Vors.:

Herr Baader. Wenn Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann wieder zurücktritt, bitte.

Angekl. Baa[der]:

Also, Ulrike hat es schon erzählt, es gibt eine Aussage von Hoff, tauchen 2 Klischee’s auf. Es gibt da so einen mit der Pistole fuchtelnden und spielenden und drohenden und zwar in so eigenartig ... Gesten so aus der Hosentasche und dann „Ach, was für ein dickes Rohr“ und solche Sachen, diese Figur gibt es, das soll Holger sein. Der also so eine bestimmte ... Beziehung hergestellt hätte zu ihm mit durchaus sexuellen Witzen, Untertönen ...

Rechtsanwalt König verläßt um 11.57 Uhr den Sitzungssaal.

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Auch das ist nicht richtig ...

Angekl. Baa[der]:

Das ist doch kein Vorhalt, hören Sie doch mal zu ...

Vors.:

Also Herr Baader, ich bitte Sie jetzt, daß Sie einen korrekten Vorhalt machen unter Verwendung der Begriffe ...

Angekl. Baa[der]:

Das ist ... ja, sicher, das ist ...

Vors.:

... Augenblick, lassen Sie mich bitte zu Ende reden. Unter Verwendung der Begriffe, die auch der Zeuge gebraucht hat. Sie [7514] können selbstverständlich dann Ihr Verständnis von der Aussage noch dazutun. Aber Sie können jetzt keinen Vortrag halten, der praktisch eine zusätzliche Erläuterung, eine zusätzliche Erklärung ist, mit der Frage gar nicht mehr in Zusammenhang gebracht werden kann. Also halten Sie nochmals vor, was Sie vorgehalten wissen wollen und knüpfen Sie daran dann eine klare und beantwortbare Frage.

Angekl. Baa[der]:

Ja, da müßte ich die Akten ja haben, dann legen Sie das doch aus den Akten vor[iii], was er beschreibt, er beschreibt eine Szene der Bedrohung, in der der Kontrakt, von dem er sagt, es sei Holger gewesen, ihn bedroht hätte und zwar war es die Formulierung „wild fauchend“, wild fauchend ja, wo er ... er sei zurückgeprallt und der hätte also „wild gefaucht“ und dann beschreibt er also so Spielereien und Bedrohungen mit der Pistole. Das ist die eine Figur, das ist der etwas durchgeknallte Terrorist, der Irre mit der Pistole, das ist das eine Klischee. Das taucht auf in diesem ganzen Wust von Schrauben und Rohren und diesem ganzen Zeug, ist das ganz präzise dieses Bild, wird das ganz präzise als Klischee in die Aussage reingestellt. Und es gibt ein zweites Klischee, das ist der Chef im roten Wintermantel, das bin ich. Das heißt, das ist ein Typ, der taucht da auf im roten Wintermantel, ist korpulent, platinblond, wortlos geht er durch die Werkstatt, spricht überhaupt nicht, hat nur ein herrisches Gehabe und verschwindet dann irgendwie wieder. Und jetzt frage ich Dich mal, ist das überhaupt denkbar, daß Leute aus dieser Szene, dieser Art von Kommunikation, wie sie in diesem, - naja, wie soll man das nennen - in dieser Szene eben lief. Deine Erfahrungen nach 69, daß es überhaupt diese Art von Beziehung geben kann?

Zeuge Tra[tter]:

Nein, auf keinen Fall. Das ist völlig fremd, diese Beschreibung.

Vors.:

Gut. Die Frage konnte beantwortet werden. Sie ist an sich schon vom Inhalt einer Sachverständigenaussage, aber wir verstehen Sie dahin, nach Ihren Kenntnissen und Erfahrungen mit diesem Personenkreis halten Sie das für ausgeschlossen.

Zeuge Tra[tter]:

Ja, ausgeschlossen.

Angekl. Baa[der]:

Also dann frage ich nochmal nach, wie würdest Du denn den Ton charakterisieren, der so in der Szene oder ... ja der eigentlich ... wie das lief, wie Kontakte liefen, wie Gespräche liefen, so aus dieser Zeit 69, die Du kennst. Also das ist [7515] doch eine gewisse, würde ich mal sagen, eine gewisse Intimität da, die man auch charakterisieren kann.

Zeuge Tra[tter]:

Ja, ich hab schon gesagt, also das ist mir völlig fremd. In der normalen Begegnung, da gibts eben ... oder gab’s eben das von einem eben allgemeinen, subversiven Konsens, daß man sich da eben ganz normal, daß man normal kommuniziert, also daß mir ... und zumal ich eben Holger so kenne, dann ist das Bild wirklich so klischeehaft wie das ... wie man ihn in einem Western oder wie in der „Bild-Zeitung“ beschreiben kann vielleicht, und das ist bestimmt nicht das, wie Holger Meins sich, so lange ich ihn kenne, auch nur annähernd verhalten hat oder verhalten könnte.

Vors.:

Weitere Fragen bitte.

Angekl. Baa[der]:

Nein.

Vors.:

Herr Dr. Heldmann, bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Sind Sie mit Herrn Baader und Herrn Hoff gleichzeitig mehr als einmal zusammengetroffen?

Zeuge Tra[tter]:

Das könnte sein, aber gewiss weiß ich’s nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Sind Sie mit Herrn Meins und mit Herrn Hoff mehrmals gleichzeitig zusammengetroffen?

Zeuge Tra[tter]:

Nein, von dieser Begegnung weiß ich wirklich nicht.

Vors.:

Mehrfach beantwortet.

RA Dr. He[ldmann]:

Mehrfach ... Können Sie sich erinnern, daß Herr Meins und Herr Hoff sich mit ihren Vornamen angesprochen haben?

Zeuge Tra[tter]:

Nein, kann ich ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, der Herr Zeuge hat doch erklärt, er könne sich an diese Begegnung bei ... in seinem Geschäft überhaupt nicht erinnern.

RA Dr. He[ldmann]:

An Einzelheiten.

Vors.:

Bitte?

RA Dr. He[ldmann]:

An Einzelheiten sagte er, könne er sich nicht erinnern.

Vors.:

Nein, überhaupt nicht. Er könne das nur theoretisch für möglich erklären, möglicherweise sogar auch praktisch, aber er selbst habe keine Erinnerung daran. Da kann er auch Ihnen weitere Einzelheiten wohl kaum vermitteln.

RA Dr. He[ldmann]:

Kennen Sie die Freundin des Herrn Hoff, die Bonnie Sorenson?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, die kenne ich.

RA Dr. He[ldmann]:

Sind Sie mit ihr zusammengetroffen?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, zwei, drei Mal.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie beobachtet, daß sie in der Werkstatt dem Herrn [7516] Hoff mitgeholfen hat?

Zeuge Tra[tter]:

Das ist eine schwere Frage, das ist ...

Vors.:

Allgemein gemeint, oder bei speziellen Tätigkeiten, Herr Rechtsanwalt, könnten Sie das dem Herrn ...

RA Dr. He[ldmann]:

Zunächst mal allgemein.

Vors.:

Allgemein.

Zeuge Tra[tter]:

... Ich darf jetzt nicht verwechseln, Julia und Bonnie, aber es ist durchaus möglich, daß Sie mitgeholfen hat. Das ist durchaus möglich, daß ich sie gesehen habe. Ich kann’s aber nicht hundertprozentig sagen.

RA Dr. He[ldmann]:

Wissen Sie nicht genau. Ist Ihnen speziell vielleicht eine Erinnerung, daß Bonny Sorenson an der Nähmaschine tätig geworden ist?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das hab ich, das habe ich sogar gesehen. Sie hat damals was gemacht, als ich sie zum ersten Mal kennenlernte, außer gekocht und es könnte auch sein, an der Sie gearbeitet ...

RA Dr. He[ldmann]:

Als Sie Bonnie Sorenson das erste Mal kennen gelernt haben?

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Meinen Sie in Erinnerung zu haben, Sie sei an der Nähmaschine tätig gewesen?

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Wann war das, können Sie das etwa angeben. Wann haben Sie sie das erste Mal kennengelernt?

Zeuge Tra[tter]:

69, 70, das kann ich nicht genau sagen.

RA Dr. He[ldmann]:

69, 70 meinen Sie?

Zeuge Tra[tter]:

69, 70, ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich möchte an eine Frage des Herrn Bundesanwalts Wunder anknüpfen. Nämlich ... und zwar, er hat Sie daraufhin gefragt, was Sie darunter verstehen, daß Herr[jjj] Hoff, nach Ihrer Aussage, mehr am aktionistischen Teil interessiert gewesen wäre, der seinerzeitigen Studenten[kkk] der APO-Bewegung. Daran ist Ihnen bekannt, daß Herr Hoff am Waffenhandel beteiligt gewesen ist?

Zeuge Tra[tter]:

Nein, konkret nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Wissen Sie etwas von einer Bekanntschaft des Herrn Hoff mit einem Herrn Siebzehner, der als Waffenhändler weiten Ruf genießt?

Zeuge Tra[tter]:

Nein, hab ich nie gehört den Namen in dem Zusammenhang.

RA Dr. He[ldmann]:

Wissen Sie, ob Herr Hoff eigene Schußwaffen in Besitz gehabt hat?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das weiß ich, also neben der CO2-Pistole gab es noch [7517] ein Flobert-Gewehr ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ich weiß es nicht, ich frage Sie ...

Zeuge Tra[tter]:

... mit dem wir auch geschossen haben.

Vors.:

Flobert[lll] sagten Sie, das wäre ein Luftgewehr, entschuldigen Sie, wenn ich ...

Zeuge Tra[tter]:

Nee, das ist ein Kleinkaliber.

Vors.:

Oder Kleinkaliber.

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das ist ein Kleinkalibergewehr, mit dem haben wir auch in seiner Werkstatt geschossen.

RA Dr. He[ldmann]:

Hat Herr Hoff in der Werkstatt selbst geschossen?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, wir haben zusammen ...

RA Dr. He[ldmann]:

Das ist ein Kleinkalibergewehr sagen Sie?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, mit seinem Kleinkalibergewehr.

RA Dr. He[ldmann]:

Wissen Sie von weiteren Waffen, Schußwaffen im Besitz ...

Zeuge Tra[tter]:

Nein, nein, weiß ich nicht, ich weiß nur, daß er eben ein riesengroßen ... also Katalog hatte mit Schußwaffen, ein sehr seltenes Exemplar und der Antiquitätenhändler ...

RA Dr. He[ldmann]:

Er hatte einen riesengroßen Katalog mit ...

Zeuge Tra[tter]:

Ja, ja, das war, da war also, es war ein antiquarisch wertvolles Buch, ich wollte das öfter mal auch so, daß er mir’s schenkt, aber das hat er nie gemacht und das waren so alle Waffen was es gibt auf der Welt ... hat ein technisch interessierter Lebenslänglicher mal zusammengestellt oder was, war sehr sehr präzise.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie beobachtet, daß Herr Hoff besonderes Interesse für Waffen, Waffenherstellung, Waffenfunktion gezeigt hat?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das war im Zusammenhang mit seiner CO2-Pistole, die er mir gezeigt hat, habe ich gemerkt, daß also, geht über meinen Erfahrungshorizont hinaus und meine praktischen Kenntnisse.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie beobachtet, daß er besondere Waffenkenntnisse besaß?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, das habe ich daraufhin geschlossen, denn sowas zu erfinden und mit diesem historischen zentnerschweren Hintergrund, da hab ich daraus geschlossen. Ich hab zwar selbst nie das Praktische erfahren können, weil ich noch nie ... weil ich mal geschossen hab, ja, aber sonst noch nie was gemacht hab.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie meinen, Sie könnten das auch beurteilen, von Ihrem Beruf her? Sie sagten Werkzeugmacher.

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie können es beurteilen?

Zeuge Tra[tter]:

Ja.

- RA König erscheint um 12.06 Uhr wieder im Sitzungssaal. -[mmm]

[7518] RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie beobachtet, daß Hoff ein besonderes Interesse für Rauschgifte gezeigt hat?

Zeuge Tra[tter]:

Ja, was man unter Rauschgift versteht. Er[nnn] ist einer der wahrscheinlich ältesten und ersten Frankfurter, die den reinsten Afghan geraucht haben, also die jedenfalls so wie der „Otto-Normalverbraucher“ seine Fernseh-Bierflasche trinkt, hat er eben seinen Joint geraucht, aber so ganz mäßig aber regelmäßig.

RA Dr. He[ldmann]:

Hatten Sie ...

Zeuge Tra[tter]:

Aber als Feinschmecker so.

Gelächter im Sitzungssaal.

RA Dr. He[ldmann]:

... weitere sogenannte „Rauschgifte“ im Zusammenhang mit ihm erlebt?

Zeuge Tra[tter]:

Nein.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie ihn als sogenannten „Dealer“ erlebt?

Zeuge Tra[tter]:

Nein, niemals als sowas.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie gehört ...

Zeuge Tra[tter]:

Als „Dealer“, das wäre ja Umschlager und so, nein ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ja.

Zeuge Tra[tter]:

... ich hab nur in dem Zusammenhang mich gewundert, wo eben sowas ... wo es gibt und er hat auch irgendwas Mal von Abnehmer gesagt aus früheren Zeiten oder wo, das hat er aus der Algerien-Zeit undsoweiter, ganz konkret weiß ich da nichts. Für mich war es eben auch so ein Relikt aus dieser Zeit, daß man da ... ich hatte ja ... zehn Jahre davor, da habe ich ja noch Kaffee so[ooo] getrunken.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe Sie nicht verstanden, wie bitte?

Zeuge Tra[tter]:

Ich hatte keine Ahnung von der ganzen Sache, deshalb mußte ich das so ein bißchen aus der mystischen Zeit nehmen, als, weil ich, er hat mir erzählt, daß er eben schon jahrelang der „heimliche Genießer“ ist und daß er den reinsten „Stoff“ in Frankfurt rauchte und daß er eben, er hat sogar, achja, er hat sogar mir gezeigt eine sehr seltene „Hasch-Sammlung“ hinter einem Glaskasten mit, ich weiß nicht wie viele -zig Sorten er da hat, alles [ppp] kleine Bröckelchen, die ... vielleicht ist es inzwischen abhanden gekommen bei irgendwelchen ... weil das war wirklich so eine Sammleraktion. Ich habe vorhin schon gesagt ...

Vors.:

Ja, gut also die Frage nach dem „Dealer“ ... das hat der Herr Hoff ja auch hier geschildert. Ist die Frage [qqq] von Ihnen [7519] jetzt in der Form befriedigend beantwortet? Er hat ja nach dem ...

RA Dr. He[ldmann]:

Durchaus, aber ich hätte keine Einwendungen, wenn der Herr Zeuge, so wie es die Prozeßordnung vorsieht, im Zusammenhang schildert.

Vors.:

Er soll jetzt im Augenblick, das sieht die Prozeßordnung vor, Ihre Fragen beantworten.

RA Dr. He[ldmann]:

Nur hat er mehr dazu zu sagen, als wir erwartet haben.

Vors.:

Die Schilderung im Zusammenhang gehört zu einem anderen Zeitpunkt der Vernehmung eines Zeugen.[41]

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Zeuge, ist Ihnen ... bekannt geworden von Ermittlungsverfahren wegen Rauschgiftdelikten gegen Herrn Hoff?

Zeuge Tra[tter]:

Nein.

RA Dr. He[ldmann]:

Wann haben Sie Freundin Bonnie, die Sie ja persönlich kennen, Bonnie Sorenson, wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?

Zeuge Tra[tter]:

Das war schon lange. Das war wahrscheinlich so 69, 70, ich hab Sie nur ein, zwei, dreimal gesehen und dann nicht mehr, da habe ich nur noch Mal gehört, daß es Ihr schlecht ging, sie müßte nach Hause oder so irgendwas, aber ich hab sie direkt nicht mehr gesehen. Also gesundheitlich, als ich sie zum letzten Mal gesehen habe, war sie ziemlich abgemagert.

RA Dr. He[ldmann]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Rechtsanwalt König, bitte.

RA Kön[ig]:

Herr Zeuge, Sie schilderten vorhin den Herrn Hoff als jemanden, der „scharf“ sei und nach „Western-Art“ denke. Nun haben Sie doch die Freundlichkeit, mir mal zu erläutern, wie das so ist, wenn man nach „Western-Art“ denkt.

Zeuge Tra[tter]:

Ja, immer so sachbezogen ...

Vors.:

Herr Tratter ...

Zeuge Tra[tter]:

... was so die ...

Vors.:

Herr Tratter ... Herr Tratter, Entschuldigung, Sie müssen beim Mikrofon bleiben sonst werden Sie nicht verstanden. Ich weiß, es ist höflich, sich dem Fragenden zuzuwenden, aber wir müssen ...

Zeuge Tra[tter]:

Aber das sachbezogen heißt halt so, was die Western-Sache ist, nicht? Das war eben so das ... also wie sie interpretiert wird auch in Filmen, es war eben so individualistische Stärke zeigen und so ’ne Machart, so jeder hat seine eigene. Der eine ist Linkshänder ... und der andere rechts und der andere macht eben die überkreuz und so, ich meine, solche sachbezogenen Sachen immer, und so hat er auch gedacht, also ganz eigener Stil zu denken, zu leben, zu handeln, das meine ich unter [7520] „scharfer Typ“, wie es eben so Oberprimaner vielleicht sagen würden.

RA Kön[ig]:

Das war zwar recht interessant, was Sie gerade gesagt haben, aber gesagt hat mir das nicht sehr viel, also wenn man Überkreuz den Revolver zieht, der eine zieht sie links, der andere zieht sie rechts, was hat das mit dem denken zu tun?

Zeuge Tra[tter]:

Ich hab das bezogen auf dieses Klischee des Western, weil ich das ja auch benutzt hab, des Western-Typen und die Sache des Western-Typen ist eben Selbstverteidigung, ist eben individualistische Stärke zeigen in jeder Art. Und so denken heißt eben immer auf den show down gefasst zu sein, das heißt, immer also auch in Wortgefechten, immer klar, hart, aber direkt ins Schwarze ...

RA Kön[ig]:

Also so, wie sich Klein-Moritz in Hollywod auf’s Leben, [rrr] das Leben im Western vorstellt, ja, und im Film verarbeitet, Terence Hill, Garry Cooper, James Stuart und was sonst dergleichen mehr ist.

Zeuge Tra[tter]:

Nee, den Besten haben Sie vergessen.

RA Kön[ig]:

Danke, ich habe keine Fragen mehr.

Vors.:

Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Bedenken.

Der Zeuge Tratter[sss] wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 12.15 Uhr entlassen.

Vors.:

Ich möchte nur noch auf folgendes hinweisen, da die Angeklagten, Herr Rechtsanwalt Schily, Herr Rechtsanwalt Schily, darf ich ganz kurz die Gelegenheit benützen, daß wir wieder mal drei Angeklagte und die Herren Verteidiger hier haben, die Sacherklärung[42] steht immer noch aus. Trotz wiederholter Versicherungen, daß die Sacherklärungen dem Gericht überlassen werden würden und zwar innerhalb kurzer Frist. Es sind jetzt schon über sechs Wochen vergangen, ohne daß wir da eine Realisierung dieser Zusage bemerken, bitte also auch die Angeklagten ...

Angekl. Baa[der]:

... ob Sie da nicht eine Gefährdung der freiheitlichdemokratischen Grundordnung befürchten müssen[ttt], nachdem Sie sich ...

Vors.:

Schön Herr Baader ...

Angekl. Baa[der]:

... daß dieses Gericht hier Zeitungen und zwar durchwegs Tageszeitungen, also in millionenfachen Exemplaren, millionenfach verbreitete Publikation mit vollkommen idiotischen [7521] Begründungen zensiert und festhält.

Vors.:

Gut. Um so wichtiger ... Ihre Erklärung ...

Angekl. Baa[der]:

Sie wollen unsere Erklärung haben, aber Sie bringen es tatsächlich fertig, mit vorgeschobenen politischen Gründen, uns Teile der Tagespresse, beziehungsweise Berichterstattung zu diesem Prozeß vorzuenthalten. Sie zensieren, das ist doch wohl wirklich ein lächerlicher Kontrast.

Vors.:

Wollen Sie jetzt, wollen Sie das zur Kenntnis nehmen, daß wir auf die Verwirklichung dieser Zusage warten. Im übrigen setzen wir die Sitzung um 14.00 Uhr mit der Vernehmung der ... des Zeugen Schäfers fort.

Pause von 12.16 Uhr bis 14.02 Uhr.

Ende von Band 415

[7522] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.02 Uhr.

Als Zeugen sind anwesend:

KK Anw. Schäfers,
KOK Schmitt,
KHM Raab,
Horst Kühn

Die Angeklagten sind nicht anwesend.

RAe. Schily, Dr. Heldmann, von Plottnitz, Prof. Dr. Azzola, Linke und Herzberg sind nicht mehr[uuu] anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Die Verteidigung ist gewährleistet. Es ist entschuldigt für heute Nachmittag Herr Rechtsanwalt Linke und Herr Rechtsanwalt Schlaegel, ebenso sein amtlicher Vertreter Herr Rechtsanwalt Herzberg.

RA v. Plottnitz und Prof. Dr. Azzola erscheinen wieder[vvv] um 14.03 Uhr im Sitzungssaal.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, darf ich zuvor um’s Wort bitten.

Vors.:

Bitte

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Nämlich, um Gelegenheit zu nehmen, nach § 257, Abs. 2[ StPO].[43]

Vors.:

Wären die Angeklagten dagewesen, hätte ich sie fragen müssen, bei Verteidigern nur auf Wunsch. Kann ich die Zeugen zuerst belehren? Ich sichere Ihnen zu, daß Sie nacher die Gelegenheit dazu noch bekommen. Wir haben jetzt noch zusätzlich anwesend Herrn Schmitt, Herrn Raab und Herrn Kühn. Herr Schäfers und Herr Kühn sind schon belehrt, so daß da nichts mehr zu sagen ist.

RAe. Schily und Dr. Heldmann erscheinen wieder[www] um 14.04 Uhr im Sitzungssaal.

Die Zeugen KOK Schmitt u. KHM Raab werden gem. § 57 StPO belehrt.

RA. Dr. Heldmann verläßt während der Belehrung um 14.04 Uhr den Sitzungssaal.

Die Zeugen KOK Schmitt, KHM Raab u. Kühn sind mit der Aufnahme ihrer Aussagen auf

das Gerichtstonband einverstanden.

[7523] RA. Dr. Heldmann erscheint 14.05 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Vors.:

Es wird eine Erklärung jetzt noch abgegeben zur Vernehmung des vorigen Zeugen.

Die Zeugen KK Anw. Schäfers, KOK Schmitt, KHM Raab und Kühn werden um 14.05 Uhr in Abstand verwiesen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz hat das Wort.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja, ich meine, daß man die Vernehmung des Zeugen Tratter nochmal zum Anlaß nehmen sollte, zu einer strafprozessualen Neuschöpfung, einer begrifflichen Neuschöpfung Stellung zu nehmen, die der Herr Bundesanwalt Dr. Wunder in seiner Erklärung nach § 257[ StPO] im Anschluß an die Vernehmung des Herrn Hoff geäußert hat, beziehungsweise den er kreiert hat. Wenn ich mich recht entsinne, hat Herr Bundesanwalt Dr. Wunder im Anschluß an die Vernehmung von Herrn Hoff gesagt, selbst wenn man hie und da, und die Vernehmung von Herrn Hoff hat ja gewiß hie und da schon Zweifel an der Glaubhaftigkeit dessen begründet, was Herr Hoff bekundet hat, selbst wenn man hie und da Zweifel haben möge, so müsse man von etwas ausgehen, was der Herr Bundesanwalt Dr. Wunder als Kernaussage bezeichnet hat und diese Kernaussage sei gewiß, so die Stellungnahme, über jeden Zweifel erhaben. Nun, wir haben heute gehört, was Herr Tratter gesagt hat. Und Herr Tratter hat ja nun, da braucht man gar nicht ein Plädoyer vorwegzunehmen, er hat ja nun ein ganz anderes Bild gezeichnet von dem Herrn Hoff, als das Bild, das Herr Hoff von sich selber gegeben hat. Der Herr Tratter hat bekundet und dargestellt, daß der Herr Hoff mitnichten, so wie er es geschildert hat, ein Mann war, dessen Horizont gleichsam an seiner Werkbank zu Ende war, sondern daß Herr Hoff sehr frühzeitig sehr präzises Interesse gehabt hat an bestimmten politischen Positionen, und nicht nur das, sondern daß er ein sehr präzises Interesse gehabt hat an den Herrn Baader und Frau Ensslin. Und daß er sehr darum bemüht war, mit diesen Beiden zu einer Zeit, 68, 69 etwa, bereits in Kontakt zu kommen. Er hat darüberhinaus berichtet, daß das Interesse, das politische Interesse von dem Herrn Hoff Ende der 60iger Jahre sich bereits soweit konkretisiert hatte, daß es Angebote gab. Etwa das Angebot,

[7524] -Die Angeklagte Meinhof erscheint wieder um 14.07 Uhr im Sitzungssaal.-[xxx]

einen der damaligen studentischen Repräsentanten des SDS in Frankfurt als Leibwächter zur Verfügung zu stehen. Und schließlich hat er, und das ist ein ganz wichtiger Punkt, dargetan, daß das, was Herr Hoff geschildert hat, über seine angebliche Bekundung den Herrn Baader betreffend, so nicht richtig sein kann, denn Herr Hoff kannte Herrn Baader schon aus ganz anderen und früheren Zeiten, genauso wie Frau Ensslin. Frage: Kann man angesichts einer solchen Aussage immer noch den Zeugen Hoff, wenn es um den Zeugen Hoff geht, von einer Kernaussage sprechen? Ich meine zunächstmal darauf aufmerksam machen zu müssen, daß die Strafprozeßordnung nicht den Begriff einer Kernaussage kennt. Die Strafprozeßordnung kennt den Begriff der Aussage eines Zeugen und die ist eine Gesamtheit, die man nicht aufspalten[yyy] kann in eine Kernaussage und eine Nebenaussage. Wenn zu bestimmten Punkten, wie sich jetzt durch die Vernehmung von Herrn Tratter ergeben hat, die Glaubwürdigkeit eines Zeugen so infrage gestellt worden ist, wie es heute geschehen ist, dann bestehen bezüglich der Glaubhaftigkeit der Gesamtaussage ganz erhebliche Zweifel. Das ist das erste, was man quasi erinnern sollte. Wenn man beide Aussagen vergleicht, sowohl die von Herrn Tratter, als auch die von Herrn Hoff, ist es unzulässig; von Kernaussage zu sprechen, wenn ganz offenkundig die Unwahrheit wesentlicher Passagen, die die eigene Rolle des Zeugen Hoff betreffen, als unrichtig und unwahr sich herausstellen durch die Vernehmung des Zeugen Tratter.

Der Angeklagte Raspe erscheint um 14.09 Uhr im Sitzungssaal.

Die Bundesanwaltschaft hat ja mit der Vernehmung des Zeugen Hoff, so wie ich das sehe, eine ganz, ein ganz präzises Ziel verfolgt. Es soll, der Zeuge Hoff soll [zzz] leisten, was zum Zeitpunkt der Abfassung[aaaa] der Anklageschrift noch nicht zu leisten war, nämlich so etwas wie einen konkreten Tatbeitrag einzelner Angeklagter hier vorzunehmen. Wenn die Bundesanwaltschaft von Kernaussage spricht, dann will sie gerade das gerettet wissen, was nunmehr nicht mehr[bbbb] als Kernaussage aufrechterhalten werden kann, nach der Aussage von Herrn [7525] Tratter. Nach der Aussage von Herrn Tratter ist davon auszugehen, daß der Herr Hoff gerade dort, wo er etwa Identifizierungen vornimmt, nicht reale Bekundungen wiedergegeben hat, sondern nach einer Art Äquivalenzprinzip gehandelt hat, nämlich in der Annahme, wenn ich diesen und diesen und diesen mit diesen und diesen konkreten Tatbeiträgen belaste, dann wird das meiner eigenen Situation überaus förderlich sein. Auf wessen Anordnung, Hinweis oder ähnliches das geschehen ist, ist dabei ganz unerheblich. Ein letzter Punkt, der interessant ist: Ein strategisches Moment in der Aussage des Herrn Hoff ist ja dies seltsame Erscheinen der Person, die er später als Herr Baader identifiziert hat. Es ist eine Sache, die natürlich, die den Verfolgungsinteressen hier sehr entgegenkommt, wenn derjenige, der ohnedies in der Öffentlichkeit immer als so eine Art Chef dargestellt worden ist, dann auch in der Aussage des Zeugen als Chef plötzlich wiedererscheint. Zu diesem Punkt ist ja nun nachweislich die Unwahrheit dargetan worden, durch die Aussage des Herrn Tratter. Daß die Bundesanwaltschaft auf den Herrn Hoff, mit dem Begriff der Kernaussage und an dem Herrn Hoff mit dem Begriff der Kernaussage festhalten will und auch festgehalten hat, ist meiner Ansicht nach ein Hinweis darauf, daß nach ihrem Willen, nicht nach realen Beweislagen, sondern mit dem Mittel der Manipulation auch hier verfahren werden soll.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

Ich habe zwei Fragen an das Gericht ...

Vors.:

Darf ich zunächst zwei Fragen an die Angeklagten richten, die anwesend sind, ob sie selbst nach [§ ]257[ StPO] auch Erklärungen abgeben wollen?

Angekl. Me[inhof]:

Ja.

Angekl. Ra[spe]:

Ja.

Vors.:

Bitte, Frau Meinhof.

Angekl. Ra[spe]:

Na ja, es ist so, wie wir gesagt haben, und das hat sich ja in der Aussage von Tratter gezeigt, daß also durch[cccc] Hoff die Füße des Staatsschutz sichtbar geworden sind. Die ganze Art und Weise wie diese Aussage konstruiert worden ist, wie sie geformt worden ist, das ist jetzt offenbar geworden. Also es ist eben so, noch einige der Figuren, [7526] die da so als Zeugen verwertet werden, mal genauer befragt werden. So eben Hoff, der in Hamburg also Müller[44] nicht erkannt hat, nachdem er hier erklärt hat, daß er ihn auf Fotos erkannt habe. Und nachdem Buback[45] das öffentlich bestätigt hat, was wir lange wissen und was der Mord an Holger[46] ...

Vors.:

Herr Raspe, ich weise Sie darauf hin, daß Ausführungen dieses Inhalts hier nicht geduldet werden.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, die Wahrheit dulden Sie hier nicht. Das ist schon klar.

Vors.:

Das hat mit der Wahrheit nichts zu tun, wenn Sie hier von einem Mord sprechen. Also bitte, nehmen Sie das zur Kenntnis. Halten Sie sich an diese Form, wenn Sie weitersprechen wollen.

Angekl. Ra[spe]:

Ich habe gesagt, was wir lange wissen, hat Buback öffentlich bestätigt, in seiner Formulierung, daß manchen schon 5 Angeklagte in diesem Verfahren zuviel waren. Und zwar, es war ja auch sichtbar an dem[dddd] Versuch in Ulrike, durch eine gehirnchirurgische Operation[47] exemplarisch die RAF und ihre Politik zu vernichten. Also nach diesen ganzen öffentlichen Bestätigungen Buback’s, die daran zusammengefaßt sind, daß er erklärt, daß der Staatsschutz von Leuten lebt, die sich für ihn[eeee] engagieren, wie Herold[48] und er. Und daß das Leute sind, die immer einen Weg finden,[49] wird eben auch dieser Widerspruch bei Hoff klar. Buback und Herold waren sich offensichtlich noch nicht ganz klar, welchen Weg sie benutzen wollen und deswegen konnte das also auch nicht rechtzeitig in Hoff eingefüttert werden. Und deswegen erzählt er hier die eine Version und braucht in Hamburg eben ein paar Wochen Nebel und dergleichen, daß die endgültige Version nachgeschoben worden ist, die dann eben so aussieht, daß er Müller nicht erkannt hat, nicht erkannt haben will, obwohl er[ffff] also hier und in den BKA-Protokollen erzählt hat, ihn zumindestens 6 Mal gesehen zu haben, während er umgekehrt diese Behauptung aufstellt, Andreas erkannt zu haben, den er überhaupt nur ein einziges Mal gesehen haben will und dieser ganze Salat, der ganze Zeugensalat bricht nun an dem, was Tratter hier erzählt hat, ganz offensichtlich zusammen. Prinzings Reaktion wird sich an dem orientieren, was vor ein paar Tagen einer [7527] dieser Staatsschutzjournalisten festgestellt hat, nämlich, daß er mit seinen stummen Zeugen mehr Glück hat, als mit denen, die reden. Und so wird er sich wahrscheinlich noch mehr in die kriminalistische Pfadfinderei begeben, weil das den propagandistischen Zweck der Sache hier, Entpolitisierung des Verfahrens, noch am einfachsten erfüllen kann. Das heißt, das Gericht wird also noch intensiver im Kaffeesatz lesen, an Fingernägeln und Schweißperlen riechen, weil dann wenigstens das sicher ist, die können nicht reden ...

Vors.:

Kommen Sie bitte zur Sache, es muß bei Ihrer Erklärung, Herr Raspe, der Zusammenhang mit dem gehörten Beweismittel gewahrt bleiben. Es geht jetzt nicht um die prinzipielle Würdigung[gggg].

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ist ja deutlich gewahrt ...

Vors.:

... des, der Beweisaufnahme, sondern um dieses Beweismittel. Bitte, ich habe Ihnen ...

Angekl. Ra[spe]:

... Ihren Unterbrechungszwang einfach[hhhh] mal vergessen, für einen Moment und zuhören, dann werden Sie den Zusammenhang schon kapieren. Ich habe gesagt, die Methoden, mit denen diese Inkredienzien und Utensilien im Bundeskriminalamt zu Beweisstücken präpariert werden, bleiben eben im Dunkeln, dafür sorgen die Aussagebeschränkrungen,[50] die Polizeizeugen, die Sie ja vorführen und die Methode, wie sie eingesetzt werden. Denn bei bisher jeden dieser Polizeizeugen hat Prinzing, wo die Wege des Staatsschutzes sichtbar wurden, hektisch unterbrochen und diese Figuren dann daran erinnert, daß sie darüber nach ihrer Aussagebeschränkung nichts sagen dürfen. Das ist so die Sorte banaler und kleiner Beweismanipulationen und Unterdrückung, in der sich Prinzing als Staatsschutzrichter bewähren muß und will. Möglicherweise auch [iiii] aus karrieristischem Kalkül, allerdings wäre das ein Mißverständnis. Zwar werden solche gutgeschmierten Staatsschutzrichter beim Bundesverfassungsgericht oder beim BVG, beim BGH gebraucht, das sieht man also den letzten Entscheidungen ...

Vors.:

Herr Raspe, ich verwarne Sie nun zum letzten Mal. Mit solchen beleidigenden Äußerungen gegen Richter, auch wenn sie hier beteiligt sind, und auch wenn Richter im Grunde genommen gewohnt sind, Angriffe auf sich selbst mit einer [7528] großen Gelassenheit hinzunehmen, solche Angriffe, die Sie jetzt weiter ausführen gegen die Richter des Bundesgerichtshofs und Verfassungsgerichtes werden nicht hingenommen. Entweder Sie brechen das jetzt ab oder Sie haben keine Gelegenheit mehr, diese Erklärung zu Ende zu bringen. Bitte halten Sie sich dran.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ich will, ich habe da eine Erwägung angestellt ...

Vors.:

Sie sollen sich zum Zeugen erklären und nicht mehr und nicht weniger. Das können Sie, das ist Ihr Recht, aber weiter geht es nicht.

Angekl. Ra[spe]:

Ich habe eine Erwägung angestellt, wo das möglicherweise hier karrieristische Kalkül, das hinter Ihrer Verhandlungsführung steckt ...

Vors.:

Ich habe es vernommen, Sie brauchen es nicht zu wiederholen. Ich habe Ihnen gesagt, wenn Sie so fortfahren, wird Ihre Erklärung abrupt abgebrochen werden müssen.

Angekl. Ra[spe]:

Und ich sage dazu, ich bin übrigens gleich fertig, Sie können sich also diese Unterbrechung und auch Abbrechung sparen, daß das Wesentliche[jjjj] dabei dann ist, bei solchen eventuell in diesen höheren Chargen gebrauchten Richtern, daß eben ihre Funktion, nämlich die tägliche und prozessuale Transformation eines Faschismus, mit einer gewissen Gekonntheit bringen müssen. Und Buback hat das in seinem letzten Interview verdeutlicht. Seine Funktion, wie die der ganzen Behörde, die er verkörpert, umkreist da tatsächlich ja nur die Verdauung mit Abführmitteln ...

OStA Ze[is]:

Ich bitte um’s Wort.

Vors.:

Bitte.

OStA Ze[is]:

Der Angeklagte Raspe ist mehrfach verwarnt worden. Er soll nicht so weitschweifig werden, soll seine Erklärungen nur zu der Aussage des Zeugen Tratter abgeben ...

Angekl. Ra[spe]:

... Na ja, wenn Sie[kkkk] das nicht hören wollen ...

OstA. Ze[is]:

... vom Thema abzuweichen, ich bitte ihm das Wort zu entziehen.

Vors.:

Bitte, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich beantrage:

den Antrag der Bundesanwaltschaft, dem Herrn Raspe das Wort zu entziehen, zurückzuweisen.

Der Herr Raspe geht ein auf das, was von dem Herrn Tratter [7529] gesagt worden ist. Er versucht, soweit ich das sehen kann, und ich habe Ohren zu hören, er versucht am Ergebnis der Vernehmung seine These zu belegen, daß es [llll] in der Beweisaufnahme dieses Verfahrens nicht um das geht, was tradierter Weise als Wahrheitsfindung bezeichnet wird, sondern allein darum, ohne Rücksicht auf das, was realiter an Beweismaterialien vorliegen könnte, hier zu einer Verurteilung zu kommen und das ist meiner Ansicht nach in der Situation, in der er sich befindet, sein gutes Recht.

Angekl. Ra[spe]:

Ich will da auch noch was zu sagen.

Vors.:

Herr Raspe nein, ich würde Ihnen jetzt folgendes sagen ...

Angekl. Ra[spe]:

Doch, Sie wollen mir schließlich hier’s Wort entziehen. Da hab ich noch was zu sagen zu.

Vors.:

Augenblick. Lassen Sie mich jetzt zuerst mal das sagen: Wenn Sie jetzt die Grenze, die ich Ihnen aufgezeigt habe, nochmals weiter überziehen; - das was Sie an Ausführungen gemacht haben, hat der Bundesanwaltschaft in diesem Falle zu Recht den Hinweis entlockt, daß Sie hier nicht mehr zur Sache, das heißt, zum Beweismittel sprechen, - wenn Sie also diese Grenze weiter überziehen, dann entziehe ich Ihnen das Wort. Sie haben jetzt die letzte Gelegenheit, abzuschließen. Das haben Sie angekündigt. Ich möchte Ihnen diese Gelegenheit nicht nehmen. Aber bitte in dem Rahmen, der ...

Angekl. Ra[spe]:

Also ich habe, ich spreche vollkommen zur Sache, nämlich zur Wirklichkeit dieser Zeugen, die sich also an dem, was ...

Vors.:

Sie haben vom Generalbundesanwalt Buback gesprochen ...

Angekl. Ra[spe]:

Lassen Sie mich doch mal einen Satz ausreden.

Vors.:

Herr Raspe, Sie haben vom Generalbundesanwalt Buback und allem möglichen gesprochen, aber kein Bezug ... den Zeugen.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, die führen diese Zeugen doch hier ein.

Vors.:

Kommen Sie jetzt zu Ende, wie Sie es angekündigt haben, im Rahmen des zulässigen, sonst entziehe ich Ihnen das Wort.

Angekl. Ra[spe]:

Von wem sind denn solche Zeugen, wie Hoff, hier reingeschoben worden, nachdem ein halbes Jahr lang über die Medien eine entsprechende Kampagne lief. Das ist dann[mmmm] nicht der [7530] Zusammenhang? ...

Vors.:

Der Herr Hoff ...

Angekl. Ra[spe]:

... oder wie?

Vors.:

Herr Raspe, ich will Ihnen sogar eine Antwort geben. Der Herr Hoff ist lange erst nach der Erhebung der Anklage als Beweismittel bekanntgeworden. Er konnte schlechterdings früher nicht erwähnt werden.

Angekl. Ra[spe]:

Ich habe gesagt, von wem er hier reingeschoben worden ist. Und das ist die Bundesanwaltschaft gewesen.

Und so ist auch ganz klar ...

Vors.:

Wollen Sie jetzt zu Herrn Tratter noch irgendwas ausführen? Zu Herrn Tratter?!

Angekl. Ra[spe]:

Ich rede die ganze Zeit zu dem, was nach der Aussage von Tratter über die anderen Zeugen, die hier als Polizeizeugen eingeführt werden, deutlich wird. Wenn Sie das nicht verstehen.

Vors.:

Es scheint die Erklärung jetzt zu Ende zu sein. Sollen weitere Erklärungen abgegeben werden? Frau Meinhof.

Angekl. Me[inhof]:

Was an Tratter deutlich geworden ist, ist, daß die Entpolitisierung dieses Verfahrens, das propagandistische Projekt, was die Bundesanwaltschaft mit ihm verfolgt, auf die Methode der Fälschung, der Erpressung, des Handels und der Manipulation angewiesen ist.

Vors.:

Auch das Frau Meinhof, überschreitet die Grenzen dessen, was man als zulässig ansehen kann. Ich bitte Sie, halten Sie sich an die Formen, die man hier vor Gericht zulassen kann. Sie können hier nicht einer prozeßbeteiligten Seite vorwerfen, sie arbeite mit Methoden der Erpressung und der Verfälschung und dergleichen.

Angekl. Ra[spe]:

Ja das ist doch bewiesen.

Angekl. Me[inhof]:

Also das ...

Vors.:

Bitte Frau Meinhof, Sie haben weiterhin das Wort. Ich habe Sie darauf hingewiesen.

Angekl. Me[inhof]:

Es ist einfach unheimlich schwierig, sich begrifflich anders mit Tatsachen auseinanderzusetzen, als indem man sie bei ihren Namen nennt. Also ich will sagen, daß das normale Strafverfahren hier überhaupt nur mit den Mitteln der nachrichtendienstlichen Konditionierung der Zeugen und der Öffentlichkeit und so weiter behauptet werden kann. Wo auch nur ein bißchen an dem Putz gekratzt wird, [7531] steht das Verfahren als polizeistaatliches Schaustück offen dar. Man erinnere sich, Hoff hat hier eine Rolle zu bringen, die ihm der Staatsschutz eingepaukt hatte. Und er wurde von allen Seiten geführt. Den Text, den er auswendig gelernt hatte, hat ihm ein Richter formuliert. Neben ihm saß der Anwalt Steinstücker, um ihm jederzeit zu soufflieren. Dahinter die Bundesanwaltschaft, die ihm immer wieder seine zwei zentralen Storys aufsagen ließ. Die Phantomstory von dem Besuch von[nnnn] Andreas, der nie stattgefunden hat. Und die Story zu Holger, die die RAF denunzieren und den Mord an Holger nachträglich legitimieren sollte. Der gehätschelte, geschmierte, mit Lügen vollgestopfte Kronzeuge auf den Schienen des Staatsschutzes. Dagegen Tratter, da zeigte der Staatsschutz sofort das ganze repressive Instrumentarium, über das er verfügt. Er droht mit Berufsverbot. Er droht mit dem Entzug des Ausländerpaß und damit mit der Ausweisung. Er benutzt die Gelegenheit der Zeugenvernehmung dazu, die Dossiers des Verfassungsschutz aufzufüllen. Und jeder hier weiß, daß so, wie die Bundesanwaltschaft in der Verteidigerbank hier gewütet hat,[51] institutionell die Existenz von Verteidigern vernichtet, daß sie das natürlich kann, das Berufsverbot gegen[oooo] Tratter exekutieren ...

Vors.:

Ja bitte, bleiben Sie bei Herrn Tratter, Frau Meinhof.

Angekl. Me[inhof]:

Ja, da bin ich doch gerade.

Vors.:

Es geht jetzt nicht um die Fragen der ...

Angekl. Me[inhof]:

Strengen Sie doch mal Ihren Grips an, damit Sie folgen können. Ich habe den Namen Tratter gerade erwähnt.

Vors.:

Wenn Sie den Namen Tratter ...

Angekl. Me[inhof]:

Sie machen sich wirklich lächerlich.

Vors.:

... erwähnen, ist das noch lange nicht der Zusammenhang.

Angekl. Me[inhof]:

Sie sind eine Witzfigur. Jetzt lassen Sie mich dieses bißchen Text hier ... sagen.

Vors.:

Frau Meinhof, jetzt entziehe ich Ihnen das Wort, wenn noch einmal von Ihnen eine derartige Reaktion erfolgt.

Angekl. Me[inhof]:

Weil diese Dummheit unerträglich ist.

Vors.:

Ich entziehe Ihnen damit das Wort. Sind weitere Erklärungen?

Angekl. Me[inhof]:

Ich habe zu Tratter noch was zu sagen.

Vors.:

Nein, Frau Meinhof, Sie haben jetzt nicht mehr das Wort. Und im übrigen, wenn Sie also weiter in dieser Tonart fortfahren und jetzt noch durch Zwischenrufe stören, dann kennen [7532] Sie ja die Konsequenzen.[52]

Angekl. Me[inhof]:

Also gut, ich bitte darum, in aller Ruhe, das zu Ende sagen zu dürfen, was ich jetzt zu sagen habe.

Vors.:

Nein, Ihnen habe ich jetzt das Wort entzogen. Sie haben darauf, daß ich Ihnen gesagt habe, daß die Kränkung oder Beleidigung eines Prozeßbeteiligten als Witzfigur nicht zugelassen werde, von der Dummheit geredet, die nicht ertragen werden könnte. Daraufhin ist Ihnen das Wort jetzt entzogen worden. Herr Professor Azzola.

Prof. Dr. Az[zola]:

Ich möchte gem. [§ ]257 Abs. 2[ StPO] folgendes erklären: Die Aussage des Zeugen Tratter hat in einer hier von mir noch nicht erlebten wohltuenden Weise gezeigt, wie ein nichtkonditionierter Zeuge aussieht, dessen Rollenverhalten nicht durchgespielt ist.

Die Angeklagte Meinhof verläßt um 14.28 Uhr den Sitzungssaal.

Damit wurden andere Rollenverhalten, gerade durch den Kontrast, viel deutlicher, als wenn dies nicht geschehen wäre. Zum zweiten: In der Tat ist es so, daß die Reaktion der Bundesanwaltschaft auf den Zeugen Tratter ein Interesse der Bundesanwaltschaft offenbahrt hat, das eigentlich nicht zur Sache gehören sollte, ohne in die gehörigen Schranken von dem Gericht gewiesen worden zu sein, das wiederum zu einem Ablehnungsantrag geführt hat. Es wäre manches in diesem Prozeß, manches und Auseinandersetzungen, auch wie sie eben vorgekommen sind, vermeidbar, wenn von allen Beteiligten über den Kern der Sache neu nachgedacht würde.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schily.

RA Schi[ly]:

Ich möchte jetzt zwei Fragen stellen, die ich ja angekündigt habe. Die erste Frage, wann der Zeuge Hoff erneut vorgeladen wird? Wobei ich erinnern möchte an die Diskussion, die ja mal zwischen den Verfahrensbeteiligten geführt worden ist, ob die Vernehmung beendet war oder nicht. Ich habe nochmal daraufhin das Protokoll nachgesehen. Es mag mir entgangen sein, aber ich habe die Stelle nicht finden können, in der etwa ein Beschluß des Senats oder eine Erklärung des Herrn Vorsitzenden, daß der Zeuge unbeeidigt bleibt. Vielleicht habe ich es überlesen, dann wäre ich für den Hinweis dankbar, wo auf welcher Protokollseite [7533] das sich befinden soll. Das ist die erste Frage. Wie das also gehandhabt werden soll, mit dem Herrn Hoff. Die zweite Frage, die hatte ich auch vor geraumer Zeit einmal gestellt, ich möchte sie erneuern, was aus meinen Beweisanträgen geworden ist. Ich habe ja im Zusammenhang mit der Vernehmung des Zeugen Hoff noch Beweisanträge gestellt und ich meine, daß es sachgerecht sei, wenn zumindestens in Zusammenhang mit dieser Aussage, auch jetzt gerade, zumal wir jetzt Herrn Tratter hier gehört haben, zu Herrn Hoff, daß das nicht alles irgendwo mal so als Einsprengsel durchgeführt wird, sondern damit wir den Zusammenhang wahren können dann auch, wenigstens noch ein gewisser Anschluß an die Vernehmung des Zeugen Hoff gewahrt bleibt.

Die Angeklagten Ensslin und Meinhof erscheinen wieder[pppp] um 14.30 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Ich werde auf diese Fragen eingehen nach Abschluß der Vernehmung der heutigen Zeugen, Herr Rechtsanwalt. Wir wollen Jetzt die Zeugen vernehmen ... bitte.

BA Dr. Wu[nder]:

Sie haben vorher meine Wortmeldung übersehen ...

Vors.:

Verzeihen Sie bitte, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Gerne. Ich möchte für die Bundesanwaltschaft auch eine kurze Erklärung nach [§ ]257[ StPO] abgeben. Der Zeuge Tratter ist aufgeboten worden, um die Aussage des Zeugen Hoff zumindest in einigen Punkten zu erschüttern. Angesichts der außergewöhnlich exakten Angaben Hoff’s, mit welchen er sich ja bekanntlich sogar selbst auch belastet hat und seinem gesamten Auftreten hier vor Gericht, hätte es, um die damalige Situation in jenen Kreisen unbefangen zu beleuchten, aber einer Persönlichkeit bedurft. Einer echten Persönlichkeit. Einer ganz anderen, als der des heute vernommenen Zeugen. Der Zeuge Tratter ist selbst zu sehr in der Szene um die Angeklagten verwurzelt. Fast jedesmal, wenn es darum ging, seine Aussagen auf’s Konkrete zu fixieren, wich er auf unbestimmte Reden aus und auf nicht objektivierbare persönliche Eindrücke, so daß[qqqq] seinen[rrrr] Bekundungen eine nennenswerte Überzeugungskraft nicht zukommt. Im übrigen, und ich glaube, das ist das entscheidene, dem weiche ich nicht aus und werde ich nicht ausweichen: Es ist noch [7534] nicht einmal gesagt, daß [ssss] zwischen den verschiedenen Angaben zu jenem Baaderbesuch überhaupt ein echter Wiederspruch besteht. Das aber ist Sache der Beweisführung und der Beweiswürdigung im Plädoyer. Wir werden darauf zu gegebener Zeit zurückkommen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Der Herr Raspe hat vorhin von der Vernehmung des Herrn Hoffs in Hamburg bei der dortigen Hauptverhandlung ...

Vors.:

Darf ich fragen, um was es bei Ihnen sich handelt? Was wollen Sie im Augenblick? Erwidern?

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Nein, nein, ich wollte nicht erwidern. Ich wollte einen Beweisantrag stellen.

Vors.:

Ja, das muß man aber erfahren vorher, um was es sich handelt. Nun, wir sind ja an sich jetzt in der Beweisaufnahme und haben die Absicht, Zeugen zu vernehmen. Kann der Beweisantrag nicht gestellt werden, wenn die Zeugen ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Nein, es ist so kurz, dachte ich, daß man es gleich machen kann.

Vors.:

Bitte.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Das was Herr Raspe gesagt hat, gibt mir Veranlassung folgendes zu beantragen, und zwar zum Beweis dafür, daß der Zeuge Hoff bei seiner Vernehmung in dem Strafverfahren gegen Möller und Müller in Hamburg, Aktenzeichen ist mir gegenwärtig nicht geläufig, erklärt habe, er sei sich nicht 100%ig sicher, ob die von ihm in seiner Vernehmung in dieser Sache als Harry bezeichnete Person mit der Person des in Hamburg angeklagten Gerhard Müller identisch sei. Nachdem er in der hiesigen Hauptverhandlung erklärt hatte, bei der Person Harry handelt es sich um die Person, von der er hier wisse und nunmehr wisse, daß es sich um Gerhard Müller handle, beantrage ich, die Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen Hoff, in dem Eingangs erwähnten Strafverfahren beizuziehen.

Vors.:

Können wir jetzt ... bitte.

RA Schi[ly]:

Frau Ensslin wollte auch zu Herrn Tratter noch Stellung nehmen.

Vors.:

Bitte.

Angekl. En[sslin]:

Wir sagen, daß an Tratters Aussage deutlich geworden ist, wie Prinzing die Methode der Zeugeneinschüchterung der Bundesanwaltschaft deckt, abdeckt, indem er Fragen der [7535] Bundesanwaltschaft zuläßt, die nur und auschließlich Verfassungsschutzfunktion[tttt] haben. Tratter hat das „Projekt Hoff“ der Bundeanwaltschaft vollständig entlarvt. Die strukturellen Elemente der Aussage, die das propagandistische Projekt der Bundesanwaltschaft mit diesem Zeugen Hoff transportieren sollten, sind zusammengebrochen. 1. Wie Hoff sich stilisiert hat, als unpolitische, unbedarfte, eigenbrötlerische[uuuu] und an den Ereignissen der Zeitgeschichte ganz und gar vorbeilebende Type. Dagegen wurde klar, daß es in Hoff’s Kommunikationszusammenhängen der Frankfurter Szene dem Jazzkeller, allen Gesprächen und connections überhaupt nichts anderes gab, als Politik. Als politische Information und politische Ziele. Und daß Hoff darin der Typ, der politische Veteran war, durch seine Beziehungen zum algerischen Befreiungskrieg, worüber er sich gebracht hat, und daß Hoff ein intensives Interesse an Waffen hatte, aus dem einen Grund, um sie politisch zu nutzen. 2. Daß die Persönlichkeit von Holger eine Story, wie Hoff sie hier unzählige Male aufgesagt hat, der ausgeflippte Terrorist, nach den Klischees der psychologischen Kriegsführung, ausschloß. An das nackte Interesse der Bundesanwaltschaft, woran das nackte Interesse der Bundesanwaltschuft in Prinzing nochmal deutlich geworden ist, Holger zu denunzieren, um den Mord zu legitimieren. Der groteske Charakter der der Denunziation. 3. Daß es ausgeschlossen ist, daß der Besuch von Andreas in Hoff’s Werkstatt stattgefunden hat. Hoff kannte Andreas und mich. Er hatte ein großes Interesse daran, uns kennenzulernen. Es ist auch klar geworden, daß dieser Besuch gar nicht stattgefunden haben kann. Klar geworden, daß diese Phantomstory das Kernstück des Handels ist, der zwischen Bundesanwaltschaft und Hoff ausgewählt worden ist. Und klar, worauf die Aussage von Hoff zielte: Auf Andreas. Aufgrund einer Fiktion. Wir stellen also nur fest, daß alle Essentiale von Hoffs Aussagen zusammengebrochen sind, daß das Essential dieses Verfahrens die nackte Repression[vvvv], die Fälschung und die Manipulation ist.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Erklärung [§ ]257 [Abs. ]2[ StPO] zur Aussage Tratter.

[7536] Der Angeklagte Baader erscheint wieder um 14.36 Uhr im Sitzungssaal.

Ich meine, daß die Aussage Tratter für die Bewertung der Aussage Hoff erhebliche Hinweise gegeben hat, daß sie auch geeignet ist, die Aussage Hoff anders, als das möglicherweise bisher hier verbalisiert worden ist von Prozeßbeteiligten, erscheinen zu lassen. Jedoch möchte ich selbstverständlich keine Beweiswürdigung vorwegnehmen. Ich möchte auf bestimmte Punkte hinweisen und das ist einmal: 1.[wwww] Entgegen seiner Aussage vor Gericht als Zeuge hat Herr Hoff bestritten, den Angeklagten Baader vor jenem ominösen Besuch, von dem er uns berichtet hat, kennengelernt zu haben. Herr Tratter als Zeuge hat glaubhaft das Gegenteil uns berichtet. Er hat ferner berichtet, daß auf Initiative, wir wollen nicht diesen Ausdruck Einladung, der aus bürgerlichem Umgang stammt, hier für diese, wie vorhin gesagt worden ist, Szene benutzen, darum wähle ich den Begriff Initiative. Auf Initiative des Herrn Hoff, Ihres Kronzeugen, Herr Bundesanwalt, hat Herr Tratter die Bekanntschaft und den Besuch von Baader und Gudrun Ensslin bei Hoff vermittelt. Und da ist besonders hervorhebenswert aus der Aussage des Zeugen Tratter, daß eigenes Interesse des Herrn Hoff zu diesem Zusammentreffen geführt hat und dabei ist von besonderem Interesse und besonders erwägenswert und nennenswert, daß diese Initiative des Herrn Hoff, Frau Ensslin, Herrn Baader, Herrn Proll kennenzulernen, laut geworden ist und dann zu diesem Ergebnis dieses Besuchs geführt hat, nachdem Baader, Ensslin, Proll nach Verbüßung ihrer Strafe, wegen des aus dem Kaufhausbrandprozeß, aus der Strafhaft entlassen worden waren. Hoff also diese Begegnung gesucht hat, in genauem Wissen, mit wem er es hier zu tun hatte. Ich erwähne als dritten bemerkenswerten Punkt, daß Herr Tratter als Zeuge in diesem Gericht bestätigt hat, daß während der hohlen Zeit, der sogenannten Studentenbewegung der APO-Bewegung, Herr Hoff auffallend in Frankfurt die Meinung vertreten und wiederholt hat, daß die, das Theoretisieren dieser Studentenbewegung, dieser APO-Bewegung zu politischen Veränderungen nicht führen könne[xxxx] und darum, so sagt Herr Tratter, militantes Vorgehen gefordert hat and wörtlich, so jedenfalls nach meinen Notizen, darunter verstanden hat, auch [7537] Zusammenstöße mit der Staatsgewalt herbeizuführen oder jedenfalls solchen nicht auszuweichen.

Die Angeklagten[yyyy] Ensslin und Meinhof verlassen um 14.40 Uhr den Sitzungssaal.

Entgegen ausdrücklichem Bestreiten des Herrn Hoff als Zeugen in diesem Gericht, hat Herr Tratter bestätigt, daß Herr Hoff zu jener Zeit den Studentenführer Hans-Jürgen Krahl, als dieser Anlaß hatte, sich bedroht zu fühlen, angeboten hat, für ihn als Leibwächter - zu seinem persönlichen Schutz also - tätig zu werden, daß Krahl das abgelehnt hat. Ein 4. oder 5. Punkt jetzt hier nach meinen Aufzeichnungen, in denen Herr Hoff als Zeuge, der Unwahrheit in seiner Aussage vor diesem Gericht überführt worden ist, durch die Aussage Tratter. Und schließlich hat Herr Hoff einen auffallenden, als Zeuge in diesem Gericht, einen auffallenden Eifer gezeigt, der Frage entgegenzutreten, ob seine Freundin Bonnie Sorenson in seiner Werkstatt mitgearbeitet hätte, insbesondere aber dort die hier weitlich bekanntgewordene Hoff’sche Nähmaschine bedient habe. Und auf weitere Fragen, zu welcher Zeit das denn gewesen sei, daß Bonnie Sorenson Nähmaschine betätigt habe in der Werkstatt Hoff, hat wiederum der Zeuge Tratter angegeben 69 bis 70, während Herr Hoff ihnen als Zeuge erzählt hat, daß bis mit[zzzz] 1972 Bonnie Sorenson des Nähmaschinebenutzens absolut unkundig gewesen wäre und ersie erst von 73 folgende an in dem Gebrauch der Nähmaschine unterwiesen habe. Alles Themen, die nur scheinbar am Rand des Kerns der Beweisthematik für die Aussage Hoff zu liegen scheinen, aber wiederum alles Themen, die exakt doch in diesen Kern hineinreichen, Bekanntschaft mit Baader, mit Meins, mit Ensslin, Bonnies Nähmaschinenkünste, sein militantes Auftreten innerhalb der Frankfurter, - wie es ja vorhin hier hieß - „Scene“ im Blick auf Studentenbewegung APO, so gibt es also, ich habe nur kurz jetzt in wenigen Wörtern aus der Erinnerung rekonstruiert, ich habe dafür nicht die Zeugenaussage Hoff nach dem Protokoll gelesen[aaaaa]. Aber wesentlich um die Wahrheit der Zeugenaussage Hoff für[bbbbb] die Entscheidung in diesem Prozeß ganz erheblichen Teil infrage zu stellen. Woraus aber weiter für jeden Prozeßbeteiligten die Folgerung kommen muß, inwieweit es mit seiner Zeugen- [7538] aussage, mit der Zeugenaussage Hoff insgesamt, hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit bestellt sein mag. Das ist, das sind die Gesichtspunkte, die ich Ihrer besonderen Erwägung anheim geben möchte.

Vors.:

Ich glaube, wir können jetzt ... Herr Raspe was ist.

Angekl. Ra[spe]:

Ich will noch was ergänzen zu Tratter.

Vors.:

Herr Raspe, Sie hatten Gelegenheit, nach [§ ]257[ StPO] sich zu äußern. Dieses Recht pflanzt sich nicht fort.

Angekl. Ra[spe]:

Das pflanzt sich nicht fort, aber ich will trotzdem noch etwas dazu ergänzen, weil es sich ergeben hat.

Vors.:

Wenn Sie mir sagen, daß das eine kurze Ergänzung ist, dann will ich es ausnahmsweise zulassen. Ein Recht daraus herzuleiten, daß Sie [ccccc] stückweise das hier vertragen können, das haben Sie nicht. Wenn [ddddd] es sich um eine kurze Ergänzung handelt: Ja. Aber das möchte ich hören erst.

Angekl. Ra[spe]:

Ich sage, wenn sie mich nicht unterbrechen, dauert das 5 Minuten.

Vors.:

Bitte wielange? ... Nein, also ich gebe Ihnen das Wort dazu nicht mehr, eine erneute Erklärung von 5 Minuten zu beginnen. Herr Rechtsanwalt.

Ende des Bandes 416.

[7539] RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Also ich möchte doch beantragen,

dem Herrn Raspe zu diesem ... das begehrte Wort zu erteilen, und zwar zur Ergänzung seiner Erklärung nach § 257 StPO.

Die Tatsache, daß diese Ergänzung, dieser Nachtrag zu seiner Erklärung, 5 Minuten in Anspruch nehmen soll, kann nicht dazu führen, ihm das Wort hier nicht zu erteilen. Daß eine Ergänzung zu einer Erklärung nach § 257 StPO dann, wenn - wie hier - ausschließlich bisher Erklärungen zu § 257 Abs. 2 StPO abgegeben worden sind, möglich sein muß, kann man dem Sinn und dem Zweck dieser Vorschrift schon entnehmen.

Vors.:

Ich betrachte dies als eine Beanstandung[53] meines Hinweises, daß ich die Gelegenheit nicht geben möchte.

(Nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen:

daß Herr Raspe keine weitere Gelegenheit mehr hat, eine Ergänzung in dieser Form, wie sie angekündigt ist, vorzutragen.

Sonstige Wortmeldungen dazu?

Angekl. Ra[spe]:

Ja, dann nicht in fünf Minuten, sondern in etwas kürzerer Zeit.

Vors.:

Herr Raspe, ich habe Ihnen das Angebot gemacht - wenn Sie sagen, es handelt sich nur um eine kurze Ergänzung; darunter versteh ich ein paar Sätze -, aber daß Sie das Wort erneut bekommen, um nach § 257 StPO hier Erklärungen abzugeben, das gibt es nicht. Sie müssen die Erklärungen in einem Zusammenhang abgeben, das ist vom Senat entschieden. Und wenn Sie mir jetzt sagen, zwei, drei Sätze, dann ja; aber sonst verlieren wir kein Wort mehr darüber, denn es ist entschieden.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, es ist einfach so, daß sich diese Ergänzung, die Notwendigkeit dieser kurzen Ergänzung daraus ... aus dem ergibt, was Heldmann Ihnen gesagt hat.

Der Angeklagte Baader verläßt um 14.46 Uhr den Sitzungssaal.

[7540] Vors.:

Darüber können wir uns nicht unterhalten. Ich sage Ihnen: Zwei, drei Sätze geb ich Ihnen - aber mehr nicht. Der Senat hat entschieden, daß eine Fortsetzung der Erklärung nicht mehr möglich ist.

Angekl. Ra[spe]:

Es ist keine Fortsetzung der Erklärung, sondern eine kurze Ergänzung.

Vors.:

Wollen Sie jetzt zwei, drei Sätze hier sprechen oder wollen Sie mehr abgeben?

Angekl. Ra[spe]:

Ich will das kurz sagen.

Vors.:

Nein, Herr Raspe. Wenn Sie mir das nicht vorher sagen. Es ist erledigt. Der Senat hat auch ...

Angekl. Ra[spe]:

Nein ... (spricht des weiteren unverständlich).

Vors.:

Ich geb Ihnen jetzt das Wort nicht mehr. Sie haben sich ...

Angekl. Ra[spe] (zunächst unverständlich):

... sondern es sind zwei, drei Sätze.

Vors.:

Ich habe Ihnen jetzt die Gelegenheit mehrfach gegeben; Sie haben sich dazu nicht geäußert, ob Sie in dieser Kürze sich noch äußern wollen. Jetzt bleibt es bei der Senatsentscheidung: Sie haben das Wort nicht mehr.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Also Herr Vorsitzender, darf ich ums Wort bitten?

Angekl. Ra[spe]:

Ja, dann lassen Sie mich doch diese zwei, drei Sätze sagen.

Vors.:

Nein, ich lasse jetzt auch zu diesem Thema keine weiteren Erklärungen mehr zu.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Also Herr Vorsitzender, Sie haben grade Herrn Raspe gesagt, wenn er sich in zwei, drei Sätzen ergänzend äußert, stehen dem keine Bedenken entgegen. Er sagt jetzt, er will das tun, und daraufhin erklären Sie, es wird doch keine Gelegenheit gegeben. Das ist ja keine sehr schlüssige Verhaltensweise.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es ist keine schlüssige Verhaltensweise, daß der Angeklagte in dem Moment, wo ich sagte, Weiteres gibt es nicht, sich nicht drauf eingelassen hat und erst nach drei- oder viermaliger Mahnung und Anfrage bereit war, sich darauf zu beschränken.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja, er hat ... nachgedacht ... (des weiteren unverständlich).

Angekl. Ra[spe] (spricht unverständlich dazwischen).

[7541] Vors.:

Jetzt gebe ich auch das Recht nicht mehr, fortzusetzen. Er hatte die Gelegenheit, sich nach § 257 StPO zu erklären. Die Gelegenheit ist verbraucht.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Dann beanstande ich die Tatsache, daß Sie nach ... unmittelbar, nachdem Sie das Angebot gemacht haben, sich in zwei, drei Sätzen nochmals ergänzend zu äußern an den Herrn Raspe und Herr Raspe nach Überlegung gesagt hat: Gut, ich will das machen in zwei, drei Sätzen, ihm das Wort nicht erteilen.

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen:

Es bleibt bei dieser Entscheidung, daß der Angeklagte das Wort i.S.d. § 257 StPO nicht mehr hat.

Der Zeuge Kühn erscheint um 14.48 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Kühn:

Horst K ü h n, 37 Jahre, kaufm. Ang., Sinsheim;

Ist das wirklich notwendig, daß ich immer meine Personalien bekanntgebe, damit die jeder hören kann?

Vors.:

Ja nun, die Personalien - das ist ja nicht so schlimm.

Zeuge Kühn:

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Kühn, an Sie sind, jedenfalls seitens des Gerichts, nur noch wenige Fragen.

Sie haben ja Ihre Aussage bereits gemacht.[54]

Ist es richtig, daß Sie im Zusammenhang mit den Mitteilungen, die Sie der Polizei machen konnten, auch mit Bildern konfrontiert wurden, aus denen Sie auslesen sollten, ob Sie jemand wiedererkennen?

Zeuge Kühn:

Ja.

Vors.:

Trifft das zu?

Zeuge Kühn:

In meiner Wohnung.

Vors.:

Wir wollen Ihnen jetzt zwei Bildmappen übergeben mit der Bitte, zu erklären, ob Sie solche Bildmappen damals gehabt haben. Noch schöner wär’s, wenn Sie sagen könnten: Es handelt sich, wie ich aus der Anordnung der Bilder oder aus einzelnen Bildern entnehme, um dieselbe Bildmappe.

[7542] Mehrere Rechtsanwälte reden durcheinander.

RA Schi[ly]:

Wann ist etwas schöner bei der Aussage des Zeugen?

Vors.:

Es wäre mir sympatisch, wenn der Herr Zeuge direkt erkennen könnte, ob es die Bildmappen gewesen sind. Finden Sie das beanstandenswert?

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja, aber ... -

Prof. Dr. Azz[ola] (zunächst unverständlich):

... suggestiv, das ist die typische suggestive Beeinflussung.

Vors.:

Na gut. Dann will ich sagen:

Es ist so, daß es uns darauf ankommt, ob Sie erkennen können, ob es sich um Bildmappen handelt dieser Art oder ob Sie gar sagen könnten, es handelt sich direkt um diese Bildmappen.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, darf ich ums Wort bitten?

Vors.:

Bitteschön.

RA Dr. He[ldmann]:

Mit gutem Grund hat der Kollege Schwarz beantragt, Herrn Raab und Herrn Schmitt vom BKA zu laden darüber, daß der Zeuge Kühn am 3.6. usw. - ist bekannt? Das ist der Beweisantrag auf S. 6975.

RA v[on] Plottnitz und der Angekl. Raspe verlassen um 14.50 Uhr den Sitzungssaal.

Und so hielte[eeeee] ich es für beweisprozessual richtig, zunächst diese beiden Zeugen, die diese Bildmappen hergestellt und Herrn Kühn präsentiert[fffff] haben, darüber zu befragen, ob es sich um die identischen Bildmappen handelt, denn nur dann kann eine daran anfolgende Aussage des Herrn Kühn als Zeugen einen Beweiswert haben, nicht aber dann, wenn hier keiner von uns weiß, ob nicht die Mappen, die heute vor Ihnen liegen, die Sie soeben im Begriff waren, Herrn Kühn vorzulegen, ob nicht die bereits eine Auswahl aus den früher vorgelegten Mappen darstellen.

Deswegen meine Bitte an Sie, zunächst Herrn Raab und Herrn Schmitt gemäß Beweisantrag vom ... -

Vors.:

Ich habe an sich gar nichts dagegen, daß wir in dieser Weise verfahren, weil das ja ein Strauß von Zeugen ist zum selben Thema. Die Frage, ob der Herr Zeuge die Mappen wiedererkennen kann, wäre auch ein geeignetes Mittel, zu klären, ob die möglicherweise ihm vorgelegen haben oder nicht. Mir ist das gleichgültig, wenn Sie so wünschen.

[7543] RA von Plottnitz erscheint um 14.52 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Im übrigen darf ich Sie darauf hinweisen:

Bl. 187 des Ordners 104 ist ja die maßgebliche Grundlage für den Beweisantrag gewesen. Hier ist noch ein zusätzliches Thema mitangeschnitten, und zu diesem Thema kann sich vorwiegend wohl der Herr Zeuge äußern, und das war der Sinn, warum wir den Herrn Zeugen vorwegnehmen wollten. Wenn, Herr RA Schwarz, Sie die Anregung mitunterstützen, die hier gegeben ist, zuerst die Polizeizeugen zu hören, kann das jederzeit geschehen.

Rechtsanwalt Schwarz nickt zustimmend.

BA Dr.Wu[nder]:

Wir treten dem ebenfalls bei.

Vors.:

Ja, gut. Keine Bedenken dagegen.

Der Zeuge Kühn wird um 14.52 Uhr in Abstand verwiesen.

Prof. Dr. Azzola verläßt um 14.52 Uhr den Sitzungssaal.

Der Zeuge Raab erscheint um 14.53 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Raab:

Kurt R a a b, 35 Jahre, verh.,
Kriminalhauptmeister,
Dienststelle: Tauberbischofsheim, Hauptstr. 89;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Ist Ihnen der Zeuge Kühn ein Begriff?

Zeuge Raab:

Ich kann mich an den Zeugen Kühn noch gut erinnern.

Vors.:

Durch welchen Vorgang ist er Ihnen bekannt geworden?

Zeuge Raab:

Durch seine Vernehmung, die am 2.6. war und durch die Lichtbildvorlage am 3.6.1972.

Die Angeklagten Raspe und Meinhof erscheinen wieder um 14.54 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Zunächst interessiert vor allem diese Lichtbildvorlage. Sind Sie imstande, wenn wir Ihnen Lichtbildmappen übergeben, festzustellen, ob sich’s hier um solche Lichtbilder gehandelt hat oder gar um diese Mappe, die Sie seinerzeit verwendet haben.

Zeuge Raab:

Ja, ich kann mich an die Lichtbilder erinnern.

[7544] Dem Zeugen werden zwei Lichtbildmappen -
1. SPK,
2. Mappe, die sich bei den Akten befindet -
vorgelegt.

Zeuge Raab:

Der Zeuge Kühn zeigte also auf dieses Bild Nr. 1.

Vors.:

Wir wollen noch nicht das Ergebnis der Vernehmung und insbesondere die Äußerungen zu den Lichtbildern einsehen, sondern nur, ob Sie diese Mappe als damaliges Material oder jedenfalls diese Bilder als damaliges Material wiedererkennen.

Zeuge Raab:

Ja, das sind die gleichen Bilder, die damals vorgelegt wurden.

Vors.:

Hat die Mappe, die Sie jetzt grade haben - es handelt sich hier um die Mappe, die die Baader-Meinhof-Gruppe betrifft - denselben Umfang schon? Können Sie das in etwa beurteilen?

Zeuge Raab:

Das kann ich also nicht mit Sicherheit sagen, aber die Bilder, die ich bis jetzt durchgeschaut habe, das sind also mit Sicherheit dieselben.

Vors.:

Und können Sie wenigstens angeben, ob diese Mappe damals auch schon zahlreiche Personen wiedergab oder ob sich’s nur um eine kleine Auswahl gehandelt hat?

Zeuge Raab:

Es waren auf jeden Fall mit Sicherheit mehr als die Hälfte dieser Bilder vorhanden, die jetzt zu sehen sind, ...

Vors.:

... so daß also für den Zeugen ein größerer Kreis von Personen, also von fotografierten Personen, zur Auswahl stand.

Zeuge Raab:

Ja, es war eine größere Anzahl von Bildern vorhanden.

Vors.:

Wenn Sie sich nun äußern wollen, was ...

Bitte, Herr Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Also ich hab’s akustisch nicht ganz verstanden.

Vors.:

Der Herr Zeuge sagte: Es war auf jeden Fall mindestens die Hälfte der hier vorhandenen Fotografien - jetzt ist nur nach der Dicke beurteilt - vorhanden, die dem Zeugen vorgelegt worden sind, so daß er eine größere Zahl fotografierter Personen zur Auswahl gehabt hätte bei der Durchsicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Damals?

Vors.:

Damals.

RA Dr. He[ldmann]:

Größere Auswahl als heute?

Vors.:

Nein, mindestens die Hälfte dessen, was hier in dem Ordner enthalten ist, mehr als die Hälfte sogar.

[7545] Zeuge Raab:

Ja.

Vors.:

Jetzt können Sie also, wenn Sie sich bei dieser Bildmappe, die die Baader-Meinhof-Gruppe betrifft, aufhalten, schildern, was hat der Herr Zeuge dazu sagen können nach Ihrer Erinnerung?

Zeuge Raab:

Herr Kühn zeigte zunächst ... schaute sich die Bilder an, zeigte zunächst auf das Bild Nr. 1, und ich kann mich deshalb daran erinnern, weil es ein Bild war von Andreas Baader aus dem Aufnahmejahr 1976 ...

Vors.:

76?

Zeuge Raab:

67, und er zeigte dann weiterhin auf das Bild Nr. 5.

Das zeigte Homann[ggggg] Peter und äußerte sich dann auch dahingehend, daß er ..., diese beiden Aufnahmen würden der Person ähnlich sehen, die er im Hauptquartier kurz vor dem Bombenanschlag gesehen habe.

Vors.:

Konnte er hier bestimmte Merkmale Ihnen benennen, oder haben Sie die erfragt, woraus er das erkenne?

Zeuge Raab:

Bei Andreas Baader sagte er, daß der Mann in etwa so ausgesehen habe, ...

Vors.:

... in etwa?

Zeuge Raab:

... in etwa,

war sich aber nicht sicher, und zwar sagte er: So hat er ausgesehen, aber die Lippen, die waren etwas schärfer gezeichnet; der Mund war nicht so offen, sondern die Lippen waren mehr zusammengehalten.

Und bei dem Bild Nr. 5, bei Homann, sagte er, daß diese Person im Hauptquartier auch so ähnlich ausgesehen habe, und zwar bezüglich der Koteletten oder der Barten, wie er sich ausdrückte.

Prof. Dr. Azzola erscheint wieder[hhhhh] um 14.58 Uhr im Sitzungssaal.

Die wären allerdings bei der Person im Hauptquartier stärker ausgeprägt gewesen, ...

Vors.:

... so daß man sich insgesamt nach diesen Angaben anhand der Fotografien das Bild wohl machen konnte, daß er sich der Sache bei der Feststellung der Übereinstimmung zwischen gesehener Person und Fotografien keineswegs sicher gewesen ist.

Zeuge Raab:

Er war sich nicht sicher.

[7546] Vors.:

Das war die Frage zu der Bildmappe betr. Baader-Meinhof.

Nun liegt noch ne zweite Bildmappe vor Ihnen, die die Bezeichnung „SPK“[55] trägt.

Ist die ihm auch gezeigt worden, oder sind ihm solche Bilder gezeigt worden, wie Sie sie hier haben?

Zeuge Raab:

Die SPK-Mappe wurde ihm auch gezeigt, und da zeigte er ...

Vors.:

Wenn Sie sich zunächst wieder hier bloß die Mappe ansehen wollten, ob sich’s um solches Material oder gar um dasselbe gehandelt hat.

Zeuge Raab:

Das dürfte dieselbe Mappe gewesen sein. Der Umfang war meiner Erinnerung nach nicht größer.

Und zwar zeigte er hier zunächst mal auf das Bild Nr. 2 und erklärte, daß die Frau, die er vor dem Hauptquartier gesehen habe, daß diese Frau so ähnlich ausgesehen habe.

Weiterhin zeigte er auf das Bild Nr. 18 und bezeichnete diese abgebildete Person wiederum als ähnlich mit der, die er vor dem Hauptquartier gesehen habe.

Vors.:

Haben Sie damals festgestellt, welche Personen durch diese Bilder dargestellt werden sollen?

Zeuge Raab:

Ich habe festgestellt, daß es sich um Carmen Roll[56] handelte und Kristina Berster - allerdings bin ich mir im zweiten Fall, bei Kristina Berster, nicht mehr völlig sicher; bei Carmen Roll, ja.

Vors.:

Hatten Sie hier den Eindruck, daß es dem Zeugen möglich war, sich sicher bei diesem Vergleich zu äußern oder war das auch so eine unsichere Sache wie in dem andern Falle?

Zeuge Raab:

Ja bei den Frauen hatte ich den Eindruck, daß er etwas sicherer war; aber die Unsicherheit merkte man trotzdem an. Er hatte immer die Personen zusammengestellt und sagte: Die Haare so ähnlich, Gesicht aber nicht ganz so voll; wenn wir jetzt diese Frau nehmen, wegen der Haartracht sieht sie ähnlicher. Im andern Fall waren die Haare wieder kürzer oder länger. So hat er eben die Bilder betrachtet.

Vors.:

Das heißt also: Er hat bei den Personen zwar Einzelheiten gefunden, die er als ähnlich bezeichnet hat. Aber dem Gesamtbild nach konnte er sich nicht festlegen.

Zeuge Raab:

Er konnte sich nicht festlegen und hat sich dann eben auf diese Personen festgelegt und hat dann sinngemäß erklärt, [7547] daß diese Person dieser Frau beim Hauptquartier noch am ähnlichsten wäre, konnte sich aber auf die abgebildete Person nicht festlegen.

Vors.:

Weitere Fragen bitte?

Ich sehe, beim Gericht nicht.

Die Herrn der B. Anwaltschaft? Keine Fragen.

Die Herrn Verteidiger?

Herr RA Schnabel hat sich zunächst gemeldet.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, an die Nummern, die Sie jetzt genannt haben, erinnerten Sie sich daran seit dem Jahr 1972?

Zeuge Raab:

Nein.

RA Schn[abel].:

Sondern?

Zeuge Raab:

Ich war inzwischen beim LKA gewesen und habe mir die die Unterlagen nochmals angeschaut, als ich bei der Pol. Direktion bestellt war und dort Dienstgeschäfte zu erledigen hatte.

RA Schn[abel]:

Wann war das?

Zeuge Raab:

Das war am Anfang dieser Woche gewesen.

RA Schn[abel]:

Und woher wissen Sie, daß die Aufnahme aus dem Jahr 1967 stammt von dem Herrn Baader?

Zeuge Raab:

Das hab ich mir damals gemerkt.

RA Schn[abel]:

Wann damals?

Zeuge Raab:

1972.

RA Schn[abel]:

Das wissen Sie noch von dorther?

Zeuge Raab:

Das weiß ich noch, weil uns auch bei der Heimatdienststelle diese Bilder schon zur Verfügung standen.

RA Schn[abel]:

Oder haben Sie das jetzt auch beim LKA nochmals in Erfahrung gebracht?

Zeuge Raab:

Ja, ich habe mich insgesamt nochmals überzeugt, hab die Bilder nochmals angeschaut und habe auch in den Akten nochmals nachgelesen.

RA Schn[abel]:

Haben Sie dieselben Ordner beim LKA vorgefunden?

Zeuge Raab:

Ja, ob im einzelnen alle Bilder, die hier vorhanden sind ...

RA Schn[abel]:

Nein, ich hab ja nicht nach den Bildern ... ich hab gesagt, dieselben Ordner.

Zeuge Raab:

Also zunächst pauschal gesagt, waren’s also dieselben Ordner, die also nach demselben System angelegt sind, die hab ich dort gesehen; ob im einzelnen jetzt alle Bilder dawaren [7548] oder nicht wie hier, das kann ich jetzt im Augenblick nicht sagen, weil ich alle Bilder noch gar nicht angeschaut habe.

Vors.:

Also dieselben ... Herr RA Schnabel ...

RA Schn[abel]:

Ich komme wieder auf mein altes Steckenpferd zu sprechen:

Ich habe gefragt, ob es dieselben Ordner waren, nicht, ob es die gleichen Ordner waren, Herr Zeuge.

Zeuge Raab:

Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, zunächst auf ...

RA Schn[abel]:

Ja, wissen Sie den Unterschied zwischen dieselben und die gleichen nicht?

Zeuge Raab:

Also auf jeden Fall sind es nicht diejenigen, die ich beim LKA jetzt gesehen hab vor einigen Tagen. Das sind also andere Ordner.

RA Schn[abel]:

Dann sind’s mal schon nicht dieselben. Dann können’s allenfalls noch die gleichen sein.

Zeuge Raab:

Sicher.

RA Schn[abel]:

Ja, also.

Und waren’s die gleichen dann?

Zeuge Raab:

Sie sprechen ja auch von der Beschaffenheit der Ordner. Das sind neuere Ordner und das andere sind ältere Ordner.

RA Schn[abel]:

Ja eben, eben; genau, genau.

Und ist etwa in dem Ordner des LKAs dann auch verzeichnet gewesen, daß dieses Bild aus dem Jahr 1967 stammt?

Zeuge Raab:

Bei den Bildern ist ... also das Aufnahmejahr und das Datum und die Dienststelle wird ja bei den erkennungsdienstlichen Aufnahmen mitfotografiert und dort ist es also ganz genauso mitaufgenommen bei den Bildern, grad speziell bei dem Bild Nr. 1 - Baader.

RA Schn[abel]:

Ja, und deswegen eben meine erste Frage, ob Sie etwa das Aufnahmejahr dadurch wissen, daß Sie zu Beginn dieser Woche bei dem LKA das gesehen haben?

Zeuge Raab:

Ja, das Jahr wußte ich noch, daß es Aufnahmejahr 67 war.

RA Schn[abel]:

Dann noch eine letzte Frage:

Wann haben Sie Ihren Vermerk, den Sie am 3. Juni 1972 gefertigt haben, zum letztenmal gelesen? Das ist der Vermerk über die Bildvorlage gegenüber Herrn Kühn.

Zeuge Raab:

Den habe ich also Anfang dieser Woche gelesen ...

RA Schn[abel]:

... auch beim Landeskriminalamt?

[7549] Zeuge Raab:

... beim Landeskriminalamt.

RA Schn[abel]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Ich sehe, nicht.

Herr Raspe.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ich will mal wissen, wielange das gedauert hat, diese Vorlage?

Vors.:

Von wem wollen Sie was wissen?

Angekl. Ra[spe]:

Von dem Zeugen will ich wissen, wielange es gedauert hat, ...

Vors.:

Ach, wielange seine Vorlage ...

Bitte schön, Herr Zeuge.

Angekl. Ra[spe]:

... daß er dem Kühn da diese Bilder gezeigt hat?

Zeuge Raab:

Ja, das hat also längere Zeit in Anspruch genommen. Der Zeuge hatte also ausreichend Zeit, alle Bilder anzuschauen und hatte auch ausreichend Zeit, sich zu äußern, und das hat er dann auch getan, indem ... wie ich’s schon vorgetragen habe.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, wieviel Stunden denn?

Zeuge Raab:

Ich kann mich zeitlich nicht festlegen - Stunden auf jeden Fall nicht.

Angekl. Ra[spe]:

Und das war am 3.6.?

Zeuge Raab:

Am 3.6. war die Lichtbildvorlage.

Vors.:

Sonst keine Fragen mehr?

Herr Professor.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Zeuge, können Sie denn wenigstens ein Minimum und ein Maximum für die benötigte Zeit angeben? Also jedenfalls nicht kürzer als 5 Minuten und nicht länger als 2 Stunden und dieses Minimum-Maximum möglichst eingrenzen?

Zeuge Raab:

Schätzungsweise 45 - 60 Minuten.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Danke schön.

Vors.:

Herr v[on] Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Herr Zeuge, ist bei der Lichtbildvorlage oder im Anschluß an die Lichtbildvorlage dem Zeugen Kühn von Ihnen mitgeteilt worden, um wen es sich handelte beim Lichtbild Nr. 1, das ihm gezeigt worden war?

Zeuge Raab:

Beim Lichtbild Nr. 1 brauchte ihm die Person nicht erklärt werden. Er hat sich ja selbst gemeldet und hat auch gemeint, daß er jetzt diese ... daß diese Person auf dem [7550] Lichtbild Nr. 1 derjenigen ähnlich sieht, die er am Hauptquartier gesehen hat und die er auch dann später dreimal in der Tagesschau gesehen hat.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Und dabei war ihm klar, daß ...?

Zeuge Raab:

Es war ihm klar: Das ist Andreas Baader. Es mußte ihm nicht gesagt werden.

Vors.:

Herr Raspe.

Angekl. Ra[spe]:

Ich wollt nur noch wissen, ob Sie die ganze Zeit bei dieser ... dabei waren oder ob das anschließend die Vernehmung von dem noch weiterging - von Kühn - oder davor?

Zeuge Raab:

Die Vernehmung war zuvor gewesen; die Lichtbildvorlage war später gewesen.

Angekl. Ra[spe]:

Aja ... -

Vors.:

Dann wollen wir, wenn keine Fragen mehr sind, den Herrn Zeugen vereidigen.

Der Zeuge Raab wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.10 Uhr entlassen.

Die Angeklagten Meinhof und Raspe blieben während der Vereidigung des Zeugen Raab auf ihren Plätzen sitzen.

Ich habe bemerkt, daß die Angeklagten sich zur Vereidigung nicht erhoben haben. Ich muß Ihnen sagen, daß das eine Form ist, die wir gewahrt wissen wollen.

Wenn Sie in Zukunft bei der Vereidigung dieser Form nicht nachkommen wollen, wird es zweckmäßig sein, ...

Angekl. Ra[spe]:

Wollen Sie auch das schon als Ausschließungsgrund benutzen?

Vors.:

... wird es zweckmäßig sein - zunächst mal wollen wir noch nicht über die Folgen reden -, daß Sie dann entweder den Saal verlassen und an der Vereidigung nicht teilnehmen oder der Form genügen.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Darf ich vielleicht anregen, daß bis zur Einvernahme des Zeugen Kühn sichergestellt wird, daß dieser Zeuge mit dem Zeugen Kühn keinen Kontakt aufnehmen kann. Ich habe eben beobachtet, wie der Herr Kühn, als er hier den Saal verlassen hat, mit den anderen Zeugen des heutigen Nachmittags sofort Kontakt aufgenommen hat.

[7551] Der Zeuge Schmitt erscheint um 15.10 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Ich habe mir schon überlegt, ob es überhaupt nach dieser Aussage erforderlich ist, den Zeugen Kühn nochmals zu hören. Das ist eine andere Frage, ob man nicht seine Vereidigung durchführen kann und die Vernehmung damit abschließen - das muß ich den Prozeßbeteiligten überlassen. Es dürfte Ihnen aber nicht entgangen sein, daß das, was wir bisher gehört haben, an sich solche besonderen Vorsichtsmaßnahmen wohl kaum notwendig machen würde.

Ich würde Sie bitten, Herr Bietz, auf Wunsch der Verteidigung, daß Sie Herrn Kühn sagen, er möge sich mit dem Herrn Zeugen Raab nicht unterhalten.

Danke.

Der Zeuge Schmitt macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Schm[itt]:

Lothar S c h m i t t, 31 Jahre, verh.,
Kriminaloberkommissar b.d. Pol. Direktion Heidelberg.

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Ist Ihnen der Herr Kühn, den Sie ja jetzt gesehen haben, ein Begriff?

Zeuge Schm[itt]:

Ja, der Herr Kühn ist mir bekannt.

Vors.:

Durch welchen Umstand ist er Ihnen bekanntgeworden?

Zeuge Schm[itt]:

Durch die Vernehmung und durch die Lichtbildvorlage.

Vors.:

Die Lichtbildvorlage interessiert hier.

Dem Zeugen werden zwei Lichtbildmappen -
1. SPK,
2. Mappe, die sich bei den Akten befindet -

vorgelegt mit der Bitte, sich diese Lichtbildmappen daraufhin anzusehen, ob die Lichtbildvorlage mit solchem Material erfolgt ist.

[7552] Zeuge Schm[itt]:

Mit Sicherheit mit der einen Mappe; bei der anderen Mappe bin ich mir nicht sicher.

Vors.:

Es geht jetzt nicht darum.

Die Frage lautet nur, ob Sie anhand des vorliegenden Fotomaterials sagen können: Solches Material haben wir damals bei dem Zeugen verwendet; oder sogar: Es handelte sich um das gleiche Material. Es kommt uns also drauf an, ob damals auch zur Auswahl zahlreiche fotografierte Personen lagen oder ob es sich um eine kleinere Mappe gehandelt hat.

Zeuge Schm[itt] (auf die SPK-Mappe deutend):

Es war ne Mappe etwa in derselben Stärke.

Vors.:

Können Sie mal kurz durchblättern, ob Sie irgendwas erkennen, ob es sich um das gleiche Material gehandelt hat - Sie können sich auch Zeit dazu nehmen. Es würde uns generell interessieren, ob damals bei den Ermittlungen mit diesem Material gearbeitet wurde.

Zeuge Schm[itt]:

Ja, es sind neuere Lichtbilder dabei, die damals nicht dabei waren.

Vors.:

Also es ist offensichtlich nicht dasselbe Material, sondern ... -

Zeuge Schm[itt]:

Nein, zumindest bei der einen Mappe, bei der ... -

Vors.:

... zweiten Mappe.

Das ist die SPK-Mappe, die Sie eben besichtigen.

Der Angeklagte Raspe verläßt um 15.12 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Schm[itt]:

Das war dieselbe Mappe.

Vors.:

Nun können Sie bitte über den Erfolg der Vorlage berichten.

Zeuge Schm[itt]:

Wir haben Herrn Kühn nach der Vernehmung am nächsten Tag beide Lichtbildmappen vorgelegt - wie gesagt; Es war bei dieser dicken Mappe (auf die bei d. Akten befindl. Mappe deutend)[iiiii] nicht dieselbe Mappe; ich kann aber im einzelnen nicht mehr sagen, welche Bilder nicht dabei waren. Mit Sicherheit waren es nicht diese Bilder auf Bl. 3.

Vors.:

Ich sehe: Das 3. und 4. Blatt schließen Sie aus - offenbar auch das fünfte.

Zeuge Schm[itt]:

... und die nachfolgenden, ...

Vors.:

... so daß also das Material, das Sie damals hatten, allenfalls die Blätter 1 und 2 umfaßt hat?

[7553] Zeuge Schm[itt]:

Ja. Der Herr Kühn hat auf diesen Lichtbildern den Angeklagten Baader nicht mit Sicherheit erkannt; er hat nur Ähnlichkeiten der Mundpartie festgestellt und hat bei einer anderen Person Ähnlichkeit mit der Frisur festgestellt. Soviel mir in Erinnerung ist, war es das Lichtbild Nr. 5 hier.

Vors.:

Würden Sie aufgrund Ihrer Erfahrung sagen, daß sich der Zeuge hier beim Vergleich der Person, die er gesehen haben will und der Fotografie auch nur einigermaßen sicher gewesen ist? Oder kann man sagen, er war insgesamt, bis auf wenige Einzelheiten, die ihm eine gewisse Erinnerung gegeben haben, recht unsicher?

Zeuge Schm[itt]:

Er war sich nicht sicher - ich kann nicht sagen, ob er ganz unsicher war -, aber es war nicht die Sicherheit, die man bei uns verlangt, daß man sagt ... Wir verlangen, daß er eben auf Anhieb sagen kann: Das war diese Person. Also die Sicherheit war nicht da.

Vors.:

Und wie war es bei der zweiten Mappe?

Zeuge Schm[itt]:

Bei der zweiten Mappe war es ähnlich:

Er hat auch zwei Lichtbilder herausgezogen und gesagt, die weibliche Person hat Ähnlichkeit mit der aufgrund der Gesichtsform und bei dem andern Bild auch gewisse Ähnlichkeit festgestellt, aber dann korrigiert und hat gesagt: Die Wangen oder irgendwelche anderen Dinge waren anders.

Vors.:

Könnten Sie die Nummern heute noch angeben oder sonst würde Ihnen das vorgehalten werden können.

Zeuge Schm[itt]:

Ja, das war die Nr. 2: Berster und die Nr. 18.

Vors.:

Ist es richtig, daß damals über diese Lichtbildvorlage ein Vermerk gefertigt wurde?

Zeuge Schm[itt]:

Ja, das ist richtig.

Vors.:

Haben Sie selbst bei dem Vermerk mitgewirkt?

Zeuge Schm[itt]:

Ja.

Vors.:

Ist es richtig, haben Sie in der letzten Zeit diesen Vermerk nochmals zu Gesicht bekommen?

Zeuge Schm[itt]:

Ja.

Vors.:

Wann haben Sie ihn gelesen?

Zeuge Schm[itt]:

Ich hab ihn gestern gelesen.

Vors.:

Sind sonstige Fragen an den Herrn Zeugen in diesem Zusammenhang?

[7554] Ich sehe, beim Gericht nicht.

Bei der B. Anwaltschaft auch nicht.

Die Herrn Verteidiger - keine Fragen an den Herrn Zeugen?

Dann können wir den Herrn Zeugen vereidigen.

Der Zeuge Schmitt wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.16 Uhr entlassen.

Richter Dr. Breu[cker]:

Herr Vorsitzender, ich bitte kurz ums Wort.

Vors.:

Bitte, gerne.

Darf ich vielleicht die Frage noch dazwischenstellen, bevor wir den nächsten Zeugen rufen, denn wir wollen ja dann die Pause ausnützen:

Ob die Vernehmung des Herrn Zeugen Kühn, der ja an sich nur zum Ergebnis dieser Bildervorlage gehört werden soll, noch notwendig erscheint; oder wäre es möglich, den Herrn Kühn jetzt zu vereidigen und dann zu entlassen?

Herr RA Schwarz.

RA Schw[arz].:

Ich gehe davon aus, daß es dem Herrn RA Dr. Heldmann möglich war, um 9.00 Uhr Herrn Baader zu benachrichtigen, daß Herr Kühn da ist, inzwischen nachzukommen. Wenn der Herr Baader die Möglichkeit hatte - ich lege auf die weitere Vernehmung des Herrn Kühn dann keinen Wert mehr.

Vors.:

Danke schön.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich auch nicht.

Vors.:

Sie auch nicht.

Dann werden wir Herrn Kühn hereinbitten zwecks Vereidigung. Diese Pause wollen wir benutzen. Herr Dr. Breucker, bitte.

Richter Dr. Breu[cker]:

Ich möchte die kleine Pause benutzen, um kurz daran anzuknüpfen, was der Herr Baader heut mittag bezüglich der Sacherklärung geäußert hat - es ist schade, daß er nicht im Saal ist, aber darauf hat ja das Gericht keinen Einfluß. Ich darf kurz erinnern:

Die Angeklagten haben vor Abgabe ihrer Sacherklärung zugesichert, ein Schriftstück der Erklärung zu übergeben. Das haben auch die RAe v[on] Plottnitz und Schily erklärt.

Nach Abgabe der Sacherklärung hat Herr RA Dr. Heldmann bekräftigt, daß die Erklärung, sobald sie vom Band abgeschrieben [7555] worden sei, übergeben werde. Auch die Angeklagte Ensslin hat erneut zugesichert, daß das Manuskript übergeben wird. Inzwischen sind seit der Abgabe der Sacherklärung über sieben Wochen verstrichen; die Erklärung ist nicht übergeben worden.

Darf ich die Erklärung des Herrn Baader von heute morgen dahin verstehen, daß die Angeklagten entgegen ihren mehrfach geäußerten Zusicherungen und entgegen den Erklärungen der Herrn RAe v[on] Plottnitz, Schily und Dr. Heldmann nicht mehr beabsichtigen, die Erklärung zu übergeben?

- Der Angeklagte Raspe erscheint wieder[jjjjj] um 15.18 Uhr im Sitzungssaal -[kkkkk]

Der Zeuge Kühn erscheint um 15.18 Uhr wieder[lllll] im Sitzungssaal.

Angekl. Meinhof[mmmmm]:

Wir haben das doch ganz klar gesagt.

Vors.:

Ja, nämlich?

Angekl. Meinhof[nnnnn]:

Wir haben uns doch heute morgen dazu ganz klar geäußert:

Solange dieses Gericht uns Tages- und Wochenzeitungen, deren Millionenauflagen jedermann zugänglich sind, vorenthält, was über uns da drinsteht bzw. zu dem Verfahren hier, also den „Spiegel“, den „Stern“, solche einfachen simplen konservativen Blättchen wie die „Wehrkunde“, solche harmlosen dogmatischen Zeitungen wie den „Roten Morgen“, den „Extradienst“, den „Informationsdienst für unterbliebene Nachrichten“ und noch und noch Bücher aus stinkkonservativen Verlagen; solange der Senat diese Sorte von Büchern der Zensur über uns ausübt, kriegt er von uns auch keine Texte.

Vors.:

Gut. Die Antwort ist gegeben.

Herr Kühn, wir haben Ihre Vernehmung jetzt nur in der Form abzuschließen, daß Sie noch vereidigt werden sollen.

Angekl. Ra[spe]:

Nee, nee.

Vors.:

Ja, Herr Raspe, wollen Sie noch Fragen stellen an den Herrn Zeugen?

Angekl. Mei[nhof][ooooo]:

Also Sie kriegen’s vielleicht noch irgendwann mal, aber Sie können ja vielleicht mal dazu Stellung nehmen, was Sie hier ... in Bezug auf Bücher ...

Vors.:

Frau Meinhof, ob wir Stellung nehmen wollen, das müssen Sie uns überlassen.

[7556] Herr Raspe, haben Sie Fragen an den Herrn Zeugen?

Angekl. Ra[spe]:

Ja, sicher. Aber ich will dazu noch was sagen: Sie haben ja also mindestens vier Wochen ein Buch von Amnesty International über diesen Folterbericht festgehalten - da waren Sie ja ausnahmsweise auch der Meinung, daß das wichtig wäre, wenn das Gericht dieses Buch liest -, aber ansonsten sind die Methoden des Senats eben völlig anders.

Vors.:

Ja, was wollen Sie jetzt?

Angekl. Ra[spe]:

Ich will ein paar Fragen stellen an Herrn Kühn.

Moment.

Angekl. Mei[nhof]:

Sie können ja mal was dazu sagen. Ich meine, ich krieg nahezu täglich ... (spricht des weiteren unverständlich).

Vors.:

Herr Raspe hat die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Hören Sie endlich auf, Frau Meinhof, daß Sie glauben, Sie könnten uns in dieser Form zurechtweisen, wann wir etwas zu erklären hätten. Es wird jetzt nichts erklärt dazu, sondern Herr Raspe hat die Möglichkeit, Fragen zu stellen; wenn die Möglichkeit nicht ausgeschöpft wird, dann wird der Herr Zeuge vereidigt und entlassen.

Angekl. Ra[spe]:

Ich will wissen, wielange die Fahrt gedauert hat von Heidelberg nach Düsseldorf.

Vors.:

Es ist nicht so, Herr Raspe, daß jeder Zeuge sofort begreift, daß das eine Frage ist, wenn Sie sie immer mit der etwas anmaßenden Formel einleiten: Ich will wissen ... Sie könnten einem Zeugen das ruhig in einer angemessenen Frageform vorlegen.

Angekl. Ra[spe]:

Naja, nachdem Sie’s ihm jetzt vermittelt haben ...

Vors.:

Ich hab’s ihm vermittelt. Das war eine Frage an Sie, Herr Kühn.

Zeuge Kühn:

Ich hab nichts verstanden.

Vors.:

Bitte, fragen Sie.

Angekl. Ra[spe]:

Es geht darum, daß ich wissen will, wielange diese Reise von Heidelberg nach Düsseldorf gedauert hat, wieviel Stunden ungefähr.

Zeuge Kühn:

Ich würde sagen, ca. 1 ¾ Stunden ungefähr. Wir waren sehr knapp mit der Zeit dran.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, und wie war denn das so? Können Sie das mal schildern, wie sich das abgespielt hat?

Vors.:

Was wollen Sie damit wissen, Herr Raspe? Sie müssen schon die Frage so erkennbar machen, daß der Herr Zeuge weiß, was Sie ihm als Antwort entlocken wollen. Er muß doch einen Gegenstand Ihrer Frage erkennen.

[7557] Angekl. Ra[spe]:

Ich möchte wissen, wie sich diese Fahrt ungefähr abgespielt hat: Also wann sind Sie denn losgefahren etwa?

Vors.:

Jetzt werden Sie konkret - auf das kommt’s an.

Zeuge Kühn:

Wenn ich mich noch richtig entsinne, ich glaub, Viertel neun, so was - oder Viertel acht. Ganz genau kann ich’s nicht mehr sagen. Wir waren sehr knapp dran mit der Zeit; das weiß ich noch.

Angekl. Ra[spe] (zunächst unverständlich):

Wann sind Sie dann angekommen in Düsseldorf?

Zeuge Kühn:

Ich würd sagen, so gegen ¾ 10 Uhr.

Angekl. Ra[spe]:

Und haben Sie unterwegs Pausen gemacht? - also längere.

Zeuge Kühn:

Nein. Wir haben nur Pause gemacht, weil der Herr Engelmann - ich glaub, er ist Kommissar - der hat an der Autobahnpolizei angerufen in Düsseldorf, und an der Autobahnausfahrt wurden wir dann an dieser B. Kaserne abgeholt von einem motorisierten Polizisten, also mit dem Motorrad, und auf schnellstem Wege dann zur Vollzugsanstalt Düsseldorf gebracht.

Angekl. Ra[spe]:

Naja, und können Sie dann nochmals kurz erzählen, wie sich das so abgespielt hat während der Fahrt selbst, was da für Gespräche gelaufen sind? Da waren doch offensichtlich noch zwei andere dabei - zwei Polizisten.

Zeuge Kühn:

Also das kann ich Ihnen nicht mehr sagen heute.

Angekl. Ra[spe]:

Naja, worüber wurde denn ungefähr gesprochen?

Reg. Dir. Widera verläßt um 15.24 Uhr den Sitzungssaal.

Zeuge Kühn:

Das kann ich mit dem besten Willen nicht mehr sagen.

Angekl. Ra[spe]:

Und Sie bleiben also dabei, daß das 1 ¾ Stunden gedauert hat von Heidelberg bis Düsseldorf?

Zeuge Kühn:

Also nein, 1 ¾ Stunden? - Das kann auch zwei ... ich weiß es wirklich nicht, 2 ¾ Stunden gewesen sein. Jedenfalls war ich schon seit morgens 5 Uhr auf den Beinen.

Angekl. Ra[spe]:

Ich würde das für ausgeschlossen halten, daß das 1 ¾ Stunden dauert von Heidelberg nach Düsseldorf.

Zeuge Kühn:

Dann waren’s 2 ¾ Stunden.

[7558] Angekl. Ra[spe]:

Naja, aber da sitzt man doch nicht in dieser Zeit sicher nicht da und es wird kein Wort gesprochen.

Vors.:

Das hat auch der Herr Zeuge nicht gesagt, Herr Raspe. Er hat nur gesagt, er kann sich nicht erinnern - vielleicht. Ich darf darauf hinweisen, können Sie die Frage etwas konkreter für ihn fassen; das wäre wahrscheinlich leichter zu beantworten. Ich möchte sie nicht selbst so stellen, wie Sie sie wohl stellen würden.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ist über diese Gegenüberstellung gesprochen worden, die dann ablaufen sollte in Düsseldorf?

Zeuge Kühn:

Ja klar. Es ist drüber gesprochen worden, aber nicht so, wie sie ablaufen soll, in welcher Art sie ablaufen soll.

Angekl. Ra[spe]:

Sondern?

Zeuge Kühn:

Ich wurde ja zu diesem Zweck vorgeladen, daß ich da nach Düsseldorf fahre, daß ich eine Gegenüberstellung mitmachen soll.

Angekl. Ra[spe]:

Also da ist dann praktisch - das ist das, was Sie sagen wollen - nur ganz allgemein darüber gesprochen worden?

Zeuge Kühn:

Ja.

Angekl. Ra[spe]:

Aber nicht konkret.

Aber ist es nicht vielleicht so gewesen oder hat es sich nicht in der Richtung entwickelt, daß da ne ganz bestimmte Linie sich rausgebildet hat bei dem, was Ihnen die Polizisten erzählt haben?

Zeuge Kühn:

Nein.

Angekl. Ra[spe]:

Und haben Sie denn unterwegs in Bonn angehalten? Haben Sie unterwegs vielleicht außer dem, was Sie schon gesagt haben, noch ne Pause gemacht in Bonn?

Zeuge Kühn:

Nein, auf der Hinfahrt nicht.

Angekl. Ra[spe]:

Naja, weil der eine von diesen beiden Polizisten - er heißt wohl Engelmann - der hat hier erzählt, wenn ich das mal vorhalten kann - moment. Der sagte:

„Nach der Gegenüberstellung und nach der Vernehmung beim Richter in Düsseldorf fuhren wir zurück nach Bonn-Bad Godesberg.“

Das heißt also eindeutig, daß also ...

Vors.:

Herr Raspe, Sie haben überhört, daß der Herr Zeuge ausdrücklich sagte: Bei der Hinfahrt nicht.

[7559] Angekl. Ra[spe] (dazwischenredend, deshalb zunächst unverständlich):

... die Äußerung von Engelmann vor, aus der sich klar ergibt, daß sie also auch schon vorher dort waren. Das wäre auch sehr plausibel.

Vors.:

Aja - Sie schließen das aus der Formulierung.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, die Formulierung sagt eindeutig:

„Wir fuhren zurück nach Bonn-Bad Godesberg“,

und wenn das stimmt, was er bisher gesagt hat, dann hätte es heißen müssen ... dann könnte da nicht „zurück“ stehen, sondern dann könnte da nur stehen entweder: „zurück nach Heidelberg“ oder: ...

Vors.:

Ja, der Vorhalt ist zulässig, in Ordnung insofern.

Zeuge Kühn:

Darf ich da was sagen dazu?

Vors.:

Bitte.

Ende von Band 417.

[7560] Zeuge Kühn:

Nach der Gegenüberstellung fuhren wir nach Düsseldorf zur Vernehmung im Gericht und dann anschließend zur SG-Bonn-Bad Godesberg und von da aus fuhren wir wieder nach Hause.

Angekl. Ra[spe]:

Und auf dem Hinweg also sind Sie nicht vorher nach Bonn-Bad Godesberg, weil das nämlich auch auf dem Weg liegt, offensichtlich.

Zeuge Kühn:

Nein, auf dem Hinweg nicht, wir hatten ja keine Zeit.

Angekl. Ra[spe]:

Wo haben Sie dann das erste Mal Pöter gesehen?

Zeuge Kühn:

Bitte?

Angekl. Ra[spe]:

Wo Sie das erste mal Pöter gesehen haben.

Vors.:

Herr Raspe meint Herrn Pöter.

Zeuge Kühn:

Wer ist das?

Vors.:

Pöter ist ein Begriff, den man nicht ohne weiteres kennt. Er meint einen Herrn, der Pöter heißt.

Zeuge Kühn:

Ich weiß nicht, wer Pöter ist oder Herrn Pöter ...

Vors.:

Sagen Sie’s ihm. Die Antwort heißt, ich kenne ihn nicht.

Zeuge Kühn:

Ich kenne keinen Herrn Pöter.

Angekl. Ra[spe]:

Naja, das ist einer derer, die bei dieser Gegenüberstellung dabei waren. Mit denen Sie da also rumgefahren sind, nachdem, was Sie hier erzählt haben, dann anschließend zum Richter, oder anschließend nach Bonn undsoweiter. Den müssen Sie doch kennen, der war doch offenbar dabei.

Zeuge Kühn:

Ein Herr von der SG war ...

Angekl. Ra[spe]:

Ja, wo haben Sie den zum ersten Mal gesehen?

Zeuge Kühn:

In Düsseldorf. Und der hat uns dann begleitet bis nach Bonn-Bad Godesberg.

Angekl. Ra[spe]:

Und wo haben Sie den zuerst gesehen?

Zeuge Kühn:

Diesen Herrn Pöter?

Angekl. Ra[spe]:

Ja.

Zeuge Kühn:

Wenn er das sein soll, vor der Vollzugsanstalt. Er kam ziemlich genau zur selben Zeit an.

Angekl. Ra[spe]:

Vor der Vollzugsanstalt.

Zeuge Kühn:

Ja.

Angekl. Ra[spe]:

Und wie war dann das in dem Gefängnis? Was war denn das für ein Raum, in dem diese Gegenüberstellung ablief? Wie groß war der, mein ich?

Zeuge Kühn:

Das war eine Zelle ...

Vors.:

Das sind Fragen, die längst beantwortet sind. Sie brauchen nicht mehr wiederholt zu werden.

Angekl. Ra[spe]:

Nee, diese Frage ist nicht beantwortet. Wie groß der Raum ist, ist nicht gestellt worden.

[7561] Vors.:

Ja, Sie fragten, was es für ein Raum war. Wenn Sie nach der Größe fragen, bitte.

Angekl. Ra[spe]:

Ich hab gefragt, präzisiert, wie groß er war.

Zeuge Kühn:

Ich würde sagen, nach meiner Schätzung, also ich kann mich auch verschätzen, ich würde sagen so 13 bis 15 Quadratmeter so. Also das wäre meine Schätzung jetzt noch, wie ich mich entsinnen kann.

Angekl. Ra[spe]:

So groß wie eine Zelle oder größer?

Zeuge Kühn:

Ja, ich kenne keine Zelle von innen.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, Sie haben aber im Proto... jedenfalls nach dem Protokoll haben Sie gesagt, haben Sie von einer Zelle gesprochen.

Zeuge Kühn:

Ja sicher, diese eine ... diese eine Zelle, in der Herr Baader drin war.

Angekl. Ra[spe]:

Und dann lief das mit dem Ansprechen, daß er begrüßt worden ist, oder so als Herr Baader ...

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender, Herr[ppppp] Raspe wiederholt sich, beziehungsweise ich weiß nicht, ob er an diesem Tage[qqqqq] anwesend war, als genau dieselbe Frage zum Ansprechen gestellt und beantwortet worden ist. Wir beanstanden deshalb die Frage.

Vors.:

Ich muß also gestehen, daß ich im Augenblick durch einen anderen Vorgang abgelenkt war. Ich habe die Frage ... bitte sie nochmals genau zu wiederholen, ich habe sie nicht ganz präzise ... um was es sich handelt.

Angekl. Ra[spe]:

Ich wollte wissen, wie das abgelaufen war im einzelnen, als ... dann selbst zur Gegenüberstellung kam.

Vors.:

Herr Raspe, darf ich Sie darauf hinweisen ...

Angekl. Ra[spe]:

Und da nicht den Ablauf, sondern konkret diese Stelle, wo er angesprochen wird.

Vors.:

Ja, Herr Raspe, zunächst bitte ich Sie, das Mikrofon zu benutzen, wie wir das von allen anderen Prozeßbeteiligten auch erbitten. Sie sind also außerordentlich schwer zu verstehen. Sie wollen die genaue Stelle wissen innerhalb des Raumes, wo was geschehen ist?

Angekl. Ra[spe]:

Nein, nicht die genaue Stelle innerhalb des Raumes, sondern ich wollte wissen, ich wollte die Situation nochmal beschrieben haben, in der er angesprochen wird als Herr Baader, während da eine Gegenüberstellung ablaufen soll, angeblich.

Vors.:

Das bezieht sich wohl auf den Vorfall, die Herren Rechtsanwälte werden das wissen, den wir schon bereits erfragt haben, daß [7562] nämlich Herr Baader angesprochen worden sein soll, meinen Sie das damit, Herr Raspe?

Angekl. Ra[spe]:

Ja.

Vors.:

Bitte?

Angekl. Ra[spe]:

Ja.

Vors.:

Ja. Die Frage ist beantwortet. Das ist geklärt. Sonstige Fragen?

Angekl. Ra[spe]:

Da wollte ich noch wissen, wie lange der Zeitraum war ...

Vors.:

Welchen Zeitraum meinen Sie?

Angekl. Ra[spe]:

Zwischen dem Ende dieser sogenannten „Gegenüberstellung“ und der richterlichen Vernehmung.

Reg. Dir. Widera erscheint um 15.33 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Zeuge Kühn:

Ich würde sagen eineinhalb bis zwei Stunden.

Angekl. Ra[spe]:

Wieviel?

Zeuge Kühn:

Eineinhalb bis zwei Stunden ungefähr.

Angekl. Ra[spe]:

Und ist das so, daß dann in der Zeit also wie schon auf der Hinfahrt, das Ergebnis der Gegenüberstellung, also der Zweck der Gegenüberstellung durch Gespräche mit Pöter und Engelmann gefestigt wurde?

Vors.:

Was wissen Sie, was auf der Hinfahrt gesprochen worden ist? Woher rechtfertigen Sie diesen ...

Angekl. Ra[spe]:

Das hat er doch vorhin gesagt.

Vors.:

Allgemein sei gesprochen worden ...

Angekl. Ra[spe]:

Über die Gegenüberstellung, ja, naja, was heißt allgemein. Es war doch klar, was da laufen würde.

Vors.:

Sie erklären jetzt, das Ergebnis gleich der Zweck.

Angekl. Ra[spe]:

Naja, das Ergebnis nach der Gegenüberstellung.

Vors.:

Ja, aber Sie haben das bezogen schon auf die Hinfahrt. Gut, jetzt können Sie die Frage stellen, ob nach der Gegenüberstellung über was gesprochen worden sein soll.

Angekl. Ra[spe]:

Ob in diesen eineinhalb Stunden oder zwei Stunden zwischen dem Ende der Gegenüberstellung und seinem Reden vor dem Richter, ob in dieser Zeit in Gesprächen mit Pöter, Engelmann und ich weiß nicht ... diese Aussage gefestigt worden ist.

Vors.:

Welche Aussage?

Angekl. Ra[spe]:

Ja die er gegenüber Engelmann gemacht hat.

Vors.:

Können Sie das beantworten? Wir kennen also nicht, ob die Situation den Ablauf in der Form ... es geht wohl dahin, ob Sie ...

Angekl. Ra[spe]:

Was passierte denn in der Zeit?

Vors.:

Bitte?

[7563] Angekl. Ra[spe]:

Was passierte denn in diesen zweieinhalb Stunden?

Vors.:

Ja, so verstehe ich es auch, ob in diesen eineinhalb Stunden die zwischen der Gegenüberstellung der richterlichen Vernehmung lagen, Gespräche über diese Gegenüberstellung geführt worden sind.

Zeuge Kühn:

Ich glaube ja, am Anfang, als wir aus der Zelle kamen. Als wir zurückkamen aus der Zelle, nach der Gegenüberstellung.

Vors.:

Ja, Herr Raspe, bitte.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, weil das so ist, daß der Polizist Engelmann ja dann erklärt hat, was sich ja so in jedenfalls ... das muß offensichtlich in dieser Zeit passiert sein, sich das Bild gefestigt hat bei Ihnen.

Zeuge Kühn:

Können Sie die Frage wiederholen bitte.

Angekl. Ra[spe]:

Naja, ... als Vorhalt, daß Sie also, als Sie dann beim Richter schließlich angelangt waren dann ganz und gar das gesagt haben, was vorher die Polizei auch schon meinte.

Zeuge Kühn:

Nein, Herr Engelmann war, muß ich sagen, war da sehr vorsichtig und wollte nicht vorgreifen, was da in der Vernehmung aufgeschrieben werden sollte oder ...

Angekl. Ra[spe]:

Ja aber ... das ist ja sehr merkwürdig, weil er mußte ja gleichzeitig, weil der Richter überhaupt nicht wußte, worum’s geht, mußte er den Richter doch informieren, was er fragen sollte. Das haben Sie doch mitgekriegt, daß überhaupt kein Richter da war ... die ablief ...

Vors.:

Welche Fragen wollen Sie jetzt daran anknüpfen an diesen Vorhalt? Das war jetzt keine Frage, was Sie gestellt haben, sondern ein Hinweis, wie es gewesen sein soll.

Angekl. Ra[spe]:

Nee, ich habe ihn auf seinen Widerspruch hingewiesen, weil er sagte, er sei sehr vorsichtig gewesen und das ist nun sehr widersprüchlich, weil das ja nun gleichzeitig so ist, daß dieser[rrrrr] Polizist derjenige war, der diesen ... der diesen noch nicht programmierten Richter erst noch vorprogrammiert hat, damit er dann auch so funktioniert, wie er sollte.

Vors.:

Und was wollen Sie jetzt fragen, es ist ja hier die Rede ...

Angekl. Ra[spe]:

Diesen Widerspruch wollte ich ihm vorhalten. Also daß das dann nicht so sein kann, wie er sagt mit seiner Vorsicht. Mit der Vorsicht von Engelmann.

Vors.:

Also es ist so, Herr Raspe bringt jetzt beide Zeitpunkte zusammen. a) Zeitpunkt von der Beendigung der Gegenüberstellung bis zur Vorführung beim Richter und der Vernehmung beim Richter und hier soll eine Unterrichtung des Richters statt- [7564] gefunden haben durch Herrn Engelmann, und der Herr Raspe meint, die müßten Sie mitbekommen haben, dann könne aber das mit dem Wort Vorsicht nicht stimmen.

Zeuge Kühn:

Soviel ich noch weiß, soviel ich mich noch entsinnen kann, wurde von der Vollzugsanstalt angerufen, ob ein Richter frei ist zur Vernehmung, und ich weiß auch noch, daß wir damals rumgelaufen sind und haben das Zimmer nicht gefunden oder nicht gleich gefunden.

Vors.:

Weitere Fragen, Herr Raspe?

Angekl. Ra[spe]:

Naja, ich wollte nur mal wissen, wie ist das, „Bild-Zeitung“ und „Heidelberger Tagesblatt“ lesen Sie.

Vors.:

Nicht verstanden die Frage, bitte nochmals.

Angekl. Ra[spe]:

„Bild-Zeitung“ und „Heidelberger Tageblatt“ lesen Sie, stimmt das?

Vors.:

Welche Zeitung der Herr Zeuge liest?

Angekl. Ra[spe]:

Ja.

Vors.:

Heute früh ist von den Herren Verteidigern selbst die Frage nach der Einstellung eines Zeugen zurückgewiesen worden. Wir haben in diese Richtung auch durchaus ...

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender ...

Angekl. Ra[spe]:

Wieso, ich kann die Frage ...

Vors.:

... aber die Frage nach Zeitunglesen, das ist doch nun wirklich eine Sache, die ...

Angekl. Ra[spe]:

Ich kann die Frage sehr leicht begründen.

Die Rechtsanwälte Dr.[sssss] Heldmann, v[on ]Plottnitz und Prof. Dr.[ttttt] Azzola reden unverständlich durcheinander.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, Herr Vorsitzender das ist doch ein erheblicher ...

Vors.:

Jetzt bitte ich aber doch die Herren Verteidiger, es vielleicht so zu machen, daß es verständlich wird. Ich werde eben daran erinnert, die Frage ist von dem Herrn Zeugen bereits beantwortet worden, so daß es also in der Beziehung wohl keine weiteren Auseinandersetzungen gibt.

RA Dr. He[ldmann]:

Hat aber doch eine ganz ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

... Zeitung ist eine reine Frage nach einer[uuuuu] Informationsquelle. Eine Frage nach innerer Einstellung ist eine Frage des wertbezogenen Lebens eines Menschen. Das macht den Unterschied aus.

Vors.:

Ja, die Frage ist auf Frage von Herrn Rechtsanwalt Schily schon in der vorigen Sitzung beantwortet worden. Wir brauchen uns darüber nicht weiter auseinanderzusetzen. Herr Raspe [7565] soll ... fragen.

Angekl. Ra[spe]:

Also die ist schon beantwortet worden.

Vors.:

Ja, Sie können’s im Protokoll nachlesen. Das gehört ...

Zeuge Kühn:

Darf ich da noch was dazu sagen. Ich hab gesagt, ich lese „Bild-Zeitung“. Ich lese „Bild-Zeitung“ in der Hauptsache wegen dem Sport.

Vors.:

Weitere Fragen? Ich sehe nicht. Ich glaube, dann können wir den Herrn Zeugen jetzt vereidigen. Keine Einwendungen? Gut.

Die Angeklagten Meinhof und Raspe bleiben bei dem Versuch, den Zeugen Kühn zu vereidigen, auf ihren Plätzen sitzen.

Vors.:

Darf ich die Angeklagten bitten, sich zu dieser Vereidigung zu erheben. Oder wollen Sie hier dadurch die Vereidigung stören? Ich würde Ihnen empfehlen, das zu tun. Ich verwarne Sie dahin, daß das ...

Der Angeklagte Raspe spricht unverständlich dazwischen.

Angekl. Meinh[of]:

Uns stört das ...

Vors.:

... ostentative Sitzenbleiben, das hindert uns, die Vereidigung durchzuführen. Ich werde es Ihnen jetzt nochmals sagen, wenn Sie jetzt hier diesen Ablauf der Vereidigung auf diese Weise stören wollen, hat das die üblichen Konsequenzen.

Vors.:

Wir nehmen Platz. Ich bitte Sie, sich dazu zu äußern ...

Angekl. Ra[spe]:

Wir gehen so lange raus.

Vors.:

... was Sie ... jetzt haben wir Sie lange genug[vvvvv], darauf hingewiesen. Was wollen Sie dazu äußern, wenn der Senat sich jetzt den Gedanken macht, ob Sie auszuschließen sind wegen Störung der Hauptverhandlung.

Angekl. Ra[spe]:

Ja hören Sie mal. Wenn Sie uns ausschließen wollen, weil wir uns einer formalen Geschichte nicht ...

Angekl. Meinh[of]:

... formalen Ritual wollen Sie uns unterwerfen.

Angekl. Ra[spe]:

... unterwerfen, das was ja wirklich eine ungeheure Zumutung ist ...

Vors.:

Wollen Sie ...

Angekl. Ra[spe]:

... Angesichts dessen, was dieser Senat hier seit seiner Zuständigkeit an Beschlüssen ... daß es also an Beschlüssen, die mit einem ganz präzisen, gezielten Vernichtungszweck hier rausläßt, gegen uns, das ist wirklich ’ne ungeheure Zumutung. Zu der wir ...

Angekl. Mein[hof]:

Ich möchte auch ...

[7566] Angekl. Ra[spe]:

... sagen, daß wir rausgehen, sicher fängt ...

Angekl. Meinh[of]:

Ich möchte mal auf den Widerspruch hinweisen ...

Vors.:

Sie müssen wenigstens einzeln sprechen, jetzt ist Frau Meinhof dran.

Angekl. Meinh[of]:

... daß Sie uns hier ... daß Sie uns hier ein feudales Ritual aufzwingen wollen, während Sie gleichzeitig uns mit ... auf dem wissenschaftlichen Niveau Mitte der 70er Jahre des 20sten Jahrhunderts mit ... Ihre Repression ausgestattet haben, Ihre psychologische Kriegsführung ausgestattet haben, Ihre Manipulationsmethoden, auf diesen Widerspruch möchte ich doch Mal hinweisen und das stört Sie überhaupt nicht, zum Beispiel, daß Leute[wwwww] dabei draufgehen, zum Beispiel, daß Holger tot ist[xxxxx], aber es stört Sie, daß wir Ihr lächerliches aristokratisches bigottes[yyyyy] Ritual nicht mitmachen, das ist doch wohl lachhaft.

Vors.:

Ja gut, Herr Professor Azzola hat sich zunächst gemeldet.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Dr. Prinzing, meine Mandantin ...

Vors.:

Ich bitte, mich nicht persönlich anzureden, es ist eine Sache des Gerichts, ich bitte ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

... überhaupt diesen Unterschied zu machen, daß hier ein Gericht da ist und nicht bloß ein Vorsitzender, das dürften wenigstens die Herren Verteidiger einhalten.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Hohes Gericht[zzzzz] ...

RA Schi[ly]:

... Kam der Hinweis nicht von Ihnen, Herr Vorsitzender?

Vors.:

Es ist meine Aufgabe, Herr Rechtsanwalt, obwohl Sie die Frage an mich stellen, ohne sich zu Wort gemeldet zu haben, für das Gericht zu sprechen. Insofern spreche ich nicht für mich.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Herr Vorsitzender Richter, ich wollte nicht unhöflich sein. Ich will folgendes sagen: Meine Mandantin hat nicht stören wollen, wenn das Wort „Störung“ überhaupt noch ein Inhalt, ... einen halbwegs ... Inhalt haben soll. Sie blieb ruhig sitzen, unauffällig, völlig unauffällig, so daß die Störung, von der geredet war, doch allenfalls in den subjektiven Wertempfindungen, auf die es doch wirklich nicht ankommen sollte, bestimmter Beteiligter dienen kann. Nicht aber in einer objektiv sinnhaften Ordnung. Wir alle, die wir hier sitzen, alle, die wir uns mit Recht auseinandergesetzt haben mit der Materie des Rechts und mit neueren Diskussionen, wissen doch, daß in der Tat der Eid eine ganz bestimmte soziale Funktion in vorwissenschaftlicher Zeit gehabt hat. Eine Funktion, die [7567] er schon aufgrund der modernen Ermittlungsergebnisse, der modernen Möglichkeiten des Indizienprozesses verloren hat.

Die Angeklagten Meinhof und Raspe verlassen um 15.44 Uhr den Sitzungssaal.

Wenn in unserer Ordnung, in unserer Rechtsordnung dennoch, übrigens nach der letzten Reform Gott sei Dank in abgeschwächter Weise,[57] der Eid eine besondere Rolle im Strafverfahren ...

Vors.:

Herr Professor, ich glaube, es hat sich - entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche - die Sache jetzt erledigt. Die Angeklagten sind nicht mehr anwesend. Wir können die Vereidigung durchführen. Eine Störung liegt in dem Augenblick nicht vor.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Das meine ich auch.

Der Zeuge Kühn wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.45 Uhr entlassen.

Vors.:

Die Pause möchte ich dazu benützen, Herr Rechtsanwalt Schily, zunächst Mal einen Teil der Frage zu beantworten. Protokoll Seite 6519 beinhaltet die Entscheidung: Der Zeuge Hoff bleibt gemäß § 60 Ziff. 2 StPO wegen des Verdachts der Tatbeteiligung unbeeidigt.

Der Zeuge Schäfers erscheint um 15.46 Uhr im Sitzungssaal.

RA Schi[ly]:

Und der zweite Teil der Frage?

Vors.:

Ich gehe dann sofort darauf ein, sobald der Zeuge vernommen ist.

RA Dr. He[ldmann]:

Darf ich Sie etwas fragen? Darf ich Sie etwas fragen, Herr Vorsitzender? Wann erwarten Sie die [§ ]257[ StPO]-Erklärung zur Aussage des Herrn Zeugen Kühn?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich darf Sie auf den Absatz 2 dieses Paragraphen, den Sie eben zitieren, hinweisen. Danach sind lediglich an die Angeklagten Fragen in dieser Richtung zu stellen. Die Herren Verteidiger müssen sich von sich aus melden. Wenn Sie[aaaaaa] also eine Erklärung dazu abgeben wollen, dann müssen Sie das von sich aus melden, ich kann das nicht ahnen, ob Sie’s wollen oder nicht. Sie wollen.

RA Dr. He[ldmann]:

Deswegen melde ich mich, ja.

Professor Dr. Azzola verläßt um 15.46 Uhr den Sitzungssaal.

[7568]Vors.:

Sie wollen?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich möchte, ja.

Vors.:

Ja. Herr Schäfers, auch Sie muß ich also um viel Verständnis bitten, wenn ich Sie jetzt nochmals auffordern muß, ins Zeugenzimmer zurückzukehren. Wir werden Sie so rasch wie möglich wieder zurückrufen.

Der Zeuge Schäfers verläßt um 15.46 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Ich wäre aber dankbar, daß in Zukunft diejenigen, die Erklärungen abzugeben wünschen, das bekannt geben, bevor ein Zeuge wieder hier reingebracht oder aufgefordert wird, hier reinzukommen. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Wolltest Du vorher etwas fragen?

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja ich wollte nur ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt v[on] Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... der Herr Raspe mir gesagt hat, er beabsichtige, auch eine Erklärung nach [§ ]257 Abs. 2[ StPO] abzugeben.

Vors.:

Wir haben Herrn Raspe nicht gehindert, hier-zu-bleiben mit den Konsequenzen, die möglicherweise allerdings gedroht hätten.

Rechtsanwalt v[on] Plottnitz verläßt um 15.47 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Es wird im Augenblick beim Senat eine Pause noch gewünscht, die der Beratung über den Vorgang vorhin dienen soll. Ich bitte also, um 4.00 Uhr treffen wir uns wieder zur Fortsetzung.

RA Dr. He[ldmann]:

Bitte, Herr Vorsitzender, um welchen Vorgang soll es gehen?

Vors.:

Es ist über die Frage, ob die Störung von vorhin Konsequenzen haben soll, noch zu beraten.

RA Dr. He[ldmann]:

Meinen Sie nicht, Verzeihung, daß vor der Beratung vielleicht die eventuell betroffenen, Herr Raspe und Frau Meinhof, gehört werden sollten? Sie sind ja rausgegangen, um die Störung zu beseitigen.

Vors.:

Beide hatten Gelegenheit ... ja sicher, das ist schon gesehen worden ...

RA Dr. He[ldmann]:

Was Sie[bbbbbb] auch anerkannt haben[cccccc].

Vors.:

... beide hatten die Gelegenheit, zu der Frage bereits sich[dddddd] zu äußern, allerdings habe ich dann Herrn Prof. Dr. Azzola insofern abgebrochen[eeeeee] als ich glaubte, die Sache sei damit gegenstandslos, aber es wird jetzt noch eine Beratung gewünscht.

[7569] Wollen Sie sich jetzt dazu noch äußern?

RA Dr. He[ldmann]:

Ja.

Vors.:

Bitte, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann. Ja, es betrifft keinen [ffffff] Ihrer Mandanten, oder nicht Ihren Mandanten, so daß Ihre Erklärung dazu wohl nicht erforderlich ist und auch nicht zugelassen werden kann.

RA Dr. He[ldmann]:

Dann beschränke ich mich auf rein Juristisches.

Vors.:

Das ist auch ein Vortrag im Namen eines Mandanten, der hier nicht betroffen ist, ob ...

RA Dr. He[ldmann]:

Dann vertrete ich Herrn v[on] Plottnitz, der nicht anwesend ist, und spreche ...

Vors.:

Nein, das geht nicht, Sie können ja hier keine Mehrfachverteidigung[58] ausüben, das wissen Sie.

RA Dr. He[ldmann]:

Dann schlage ich Ihnen vor, daß ich für wenige Minuten mit Ihnen ein abstraktes Rechtsgespräch führe.

Vors.:

Auch das nicht. Wir machen jetzt diese Pause bis 4.00 Uhr.

RA Dr. He[ldmann]:

Und das rechtliche Gehör der Betroffenen?

Vors.:

... bis dahin bekanntgeben, was nun der Senat sich in dieser Frage überlegt hat.

Pause von 15.50 Uhr bis 16.02 Uhr

Der Angeklagte Raspe ist wieder[gggggg] anwesend.

RA v[on ]Plottnitz und Prof. Dr. Azzola sind wieder[hhhhhh] anwesend.

RA Schily ist nicht mehr[iiiiii] anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Die Verteidigung ist gewährleistet. Der Vorfall gibt dem Senat Anlaß, nochmals eine Verwarnung für die Angeklagten auszusprechen. Wobei ich darauf hinweisen möchte zur Kenntnis der Angeklagten, wie auch im einzelnen über die Formen bei der Vereidigung gedacht werden kann. Es ist üblich, und wird auch vom Senat gewahrt, daß auch von der Verteidigung anerkannt. Ich weiß noch ganz genau, wie Herr Rechtsanwalt Schily sagt: „Auch ein Verteidiger steht bei der Vereidigung auf“. - Der Senat legt auf die Einhaltung dieser Form Wert, wenn die Angeklagten diese Form nicht einhalten wollen, so würde das zu einer Behinderung der Vereidigung führen und[jjjjjj] Konsequenzen haben müssen.

[7570] Rechtsanwalt Schily erscheint [kkkkkk] wieder um 16.03 Uhr im Sitzungssaal.

Ich bitte also die Angeklagten, das in Zukunft zu berücksichtigen. Wir haben im übrigen das Entfernen der Angeklagten dann vor der Vereidigung dahin verstanden, daß die Angeklagten damit bewußt eine Störung bei der Vereidigung vermeiden wollten. Jetzt darf ich bitten, daß Herr Schäfers noch vorgeführt wird ... Halt, Herr Rechtsanwalt Dr.[llllll] Heldmann hat ja[mmmmmm] gebeten um das Wort gem. [§ ]257[ StPO], bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe für Herrn Baader schon in der Sitzung am 17.2. gesagt, er, Andreas Baader, ist am Tattag 24.5.1972 nicht in Heidelberg gewesen. Die Angaben des Zeugen Kühn, er habe am 12.6. anlässlich einer Gegenüberstellung Herrn Baader als diejenige Person identifiziert, der er auf dem Gelände des US-Hauptquartiers in Heidelberg am 24.5. begegnet sei, ist unglaubwürdig. Sie besitzt in erster Linie ... besitzt sie keinen Beweiswert: a) Der Zeuge Kühn will Herrn Baader nach einer Fernsehaufnahme, wohl auch deren Wiederholung, identifizeirt haben. Das ist ein höchst schwaches, dubioses Identifizierungsmittel, eine Fernsehaufnahme und ich denke, daß es hier keines besonderen Beweisantrages bedarf, um dem Gericht nahezubringen, was wohl allgemein bekannt ist, denke ich, wieviel Hunderte und Tausende von Bürgern sich zu den gegebenen Zeiten bei diesem „XY-Zimmermann“ melden, weil Sie meinen, auf dem Fernsehschirm einen soeben Gejagten erkannt zu haben. Der Wert also dieses Identifizierungsmittels ist mehr als fraglich. 2. Insbesondere aber, und darauf mag nach diesem Verlauf der Beweisaufnahme abgestellt werden, mag, was ich bezweifle, daß es möglich ist und warum es nicht möglich erscheint, will ich versuchen, hier in wenigen Punkten deutlich zu machen und dem Gericht diese Punkte besonders in Erinnerung zu rufen und zur Erwägung geben. Die Gegenüberstellung am 12.6.1972 in der Klinik der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf hat unter höchst eigenartigen Umständen stattgefunden. Wie höchst bemerkenswert diese Umstände dem seinerzeitigen Vernehmungsbeamten Pöter und Engelmann selbst erschienen sind, sei per Erinnerung an deren Bericht vom 12.6.1972 ganz kurz skizziert, nämlich: Wahlgegenüberstellung[nnnnnn], ich zitiere aus Band 104 die Blätter 190 ff., nämlich: „Eine Wahlgegenüberstellung war nicht möglich“[59] - so heißt es hier - „da der Beschuldigte Baader alleine in einer [7571] Krankenzelle liege und in den anderen Zimmern teilweise 5 Personen untergebracht seien. Es wurde abgelehnt, in mehreren Krankenzellen nur jeweils einen Kranken zubelassen[oooooo]“, Begründung folgt. 2. Hinzu kommt noch, daß Baader der einzige Patient in diesem Gefängnislazarett war, der mit hochgebundenem Bein im Bett lag. Dazu erinnere ich aus der Aussage des Herrn Kühn als Zeugen in dieser Verhandlung und zwar am 17.2.1976 vom Blatt 6899 des Protokolls, wo Herr Kühn seinerzeit, Sie werden es in Erinnerung haben, als Arzt verkleidet und in einer Arztvisite so eingeschmuggelt, sagte auf die Frage, ob er an einer Untersuchung[pppppp] beigewohnt habe, „da wurde nur die Wunde betrachtet. Wir wurden als Kollegen aus Heidelberg vorgestellt.“ Und auf weitere Befragung durch die Verteidigung, Blatt 6970, sagte: Frage: „Hat in Ihrer Gegenwart eine Untersuchung stattgefunden?“ „Ja, die Wunde ist betrachtet worden.“ Verteidiger: „Kannten Sie die Verletzung des Herrn Baaders aus der Presse oder aus dem Fernsehen?“ Zeuge: „Aus dem Fernsehen“. Verteidiger: „Kannten Sie also die Verletzung?“ Unterbrechung des Herrn Vorsitzenden: „Herr Zeuge, daß da aber nichts Falsches entsteht, kein Irrtum ist, kannten Sie die spezielle Art der Verletzung oder wußten Sie, ...“. Zeuge: „Schußverletzung am Oberschenkel, das wußte ich.“ Vorsitzender: „Dann ist’s richtig, ja“.

3. Die Vernehmungsbeamten selbst sind sich der Methode als zweifelhaft bewußt gewesen, den Zeugen Kühn zusammen mit einem Kriminalbeamten als Ärzte mit weißen Mänteln zu verkleiden und unter die Gruppe der untersuchenden Ärzte zu mischen.

4. „Herr Baader lag in einer Zelle allein. Herrn Kühn“, unserem heutigen Zeugen, „wurde mitgeteilt, daß wir eine Einzelperson aufsuchen werden. Es muß angenommen werden“ - so schreiben wörtlich die Vernehmungsbeamten - „daß Herr Kühn den Schluß zog, daß der Beschuldigte Baader aufgesucht wird, denn nur auf diesen hatte der Zeuge ja hingewiesen.“ Und schließlich, so nach dem Vermerk, nach dem Bericht der Vernehmungsbeamten vom 12.6.72: „Es muß hier bemerkt werden“ - so heißt es wörtlich - „daß eine weibliche Person des Krankenhauses im Zimmer des Beschuldigten Baader den im Bett liegenden Kranken mit „Herrn Baader“ angesprochen hat. Der Zeuge Kühn wußte jetzt mit Sicherheit, daß er in dem Kranken den Beschuldigten Baader vor sich hat.“

Vors.:

Ja, Herr Rechtsanwalt, darf ich Sie villeicht bitten, ich meine, uns ist ja das Protokoll, die Tonbandniederschrift auch zugänglich. Der Sinn des [§ ]257[ StPO] kann es natürlich nicht sein, jetzt so [7572] weite Passagen aus dem Protokoll, das ohnedies über das, was das Gesetzt vorschreibt,[60] hinaus zu zitieren. Wenn Sie uns verweisen auf das und das zusammenfassen, wäre das wohl dem [§ ]257[ StPO] angemessener.

RA Dr. He[ldmann]:

Gerne. Ich habe also die weiten Passagen abgeschlossen. Als nächsten Punkt, wenige Tage, nämlich knapp 10 Tage, 9 Tage, nach dem angeblichen Sehen des Zeugen ... des Angeklagten Baader durch den jetzigen Zeugen Kühn, war, wie heute die beiden [qqqqqq] Kriminalbeamten Raab und Schmitt als Zeugen bestätigt haben, Herr Kühn nicht in der Lage, von ihm vorgelegten Lichtbildern Herrn Baader zu identifizieren.

3. Als den fixen Punkt, an dem ihm Herr Baader, sei er es gewesen, diese unbekannte Person also auf dem US-Gelände am 24.5.72, an dem ihn diese Person aufgefallen sei, so sprach der Zeuge Kühn, als der fixe Punkt sei ihm der Regenschirm jener Person erschienen, und es hat sich nacher, Protokoll Blätter 13 und 14 von Band 204 erwiesen, daß jedoch diese wenigen Tage danach der Zeuge genau dieses auffallende Instrument Stockschirm, dunkler Stockschirm bei strahlendem Sonnenschein, nicht zu identifizieren vermochte. Folgerung Nummero 1. Die Gegenüberstellung, die dann zur Identifizierung geführt haben soll, ist ohne Beweiswert. Sie ist aus den geschilderten Umständen schon für jedermann offensichtlich ohne Beweiswert. Sie ist aber auch nach prozeßual gültigen Regeln, Erfahrungssätzen, die solchen Prozeßregeln zugrunde liegen, nicht zum Beweis geeignet, wofür ich den Senat auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Band 16 Seite 204 ff. hinweise. Dort hat der Bundesgerichtshof auf Revision das Vorurteil aufgehoben des wegen, weil eine angebliche Täteridentifizierung [rrrrrr] im Wesentlichen wahrscheinlich zurückgegangen ist auf Bilderbetrachtungen und das Tatgericht nicht mehr hat erkennen können, ob nun die einmalige Begegnung oder ob die spätere Betrachtung der Fotografien das Wiedererkennen bei einer Gegenüberstellung bewirkt hat.[61] Der zweite Hauptpunkt der rechtlichen Würdigung: Ich halte aber auch die Zeugenaussage, soweit sie sich mit dem Ergebnis der Gegenüberstellung befasst, und ich halte die per Verlesung in die Beweisaufnahme eingeführten insoweit einschlägigen Beweisstücke aus den Akten für unverwertbar und zwar habe ich § 136a[ StPO][62] im Auge. Und zwar aus folgendem Grund: Die Gegenüberstellung von Beschuldigten und Zeugen ist Teil der Vernehmung. Teil der Vernehmung für beide Teile, nicht [7573] nur also für den Zeugen, sondern auch für den Beschuldigten selbst. Das gilt auch dann, wenn weder an den einen, noch an den anderen - hier kommt es an auf den damaligen Beschuldigten Baader - eine Frage gerichtet worden ist, oder auch dann, wenn zwischen beiden Gegenübergestellten keinerlei Wortwechsel stattgefunden hat. Das bedeutet also Voraussetzung, Formalvoraussetzng für die Anwendung [§ ]136a[ StPO], verbotene Vernehmungsmethoden haben wir auch als eine Vernehmung im Falle der Gegenüberstellung. Hier ist der Beschuldigte Baader getäuscht worden. Er hat an diesem Stück der Beweisaufnahme - und zwar nicht nur passiv, sondern aktiv - mitgewirkt: a) wo er durch Täuschung dazu gekommen ist, in dem heutigen Zeugen Kühn ein Mitglied des Ärzteteams zu sehen und b) es geduldet hat, daß vor dem heutigen Zeugen Kühn seine, allgemein so auch insbesondere dem Zeugen Kühn durch Presse und Rundfunk hinreichend bekannte Verletzung, diese vor dem Zeugen Kühn, dem angeblichen Arzt, enthüllt, betrachtet, untersucht worden ist, das heißt, durch Täuschung ist er dahin gebracht worden, wozu er rechtmäßig nicht hätte gebracht werden können, seine Wunde, das Identifizierungsmerkmal Nr. 1, nunmehr dem heutigen Zeugen zum Zwecke der Reidentifizierung zur Kenntnis zu geben. Darin liegt eine Täuschung, wie [§ ]136a[ StPO] sie im Sinne hat. Deswegen sind alle dahingehenden Beweismittel bis einschließlich zur Zeugeneinvernahme vor diesem Senat für den Zeugen Kühn, soweit es sich um die Identifizierung, angebliche Identifizierung des Angeklagten Baader hat, untauglich a) wie ich sagte, mangels Beweiswerts, b) weil sie durch verbotene Vernehmungsmethoden erlangt worden sind.

Vors.:

Keine sonstigen Erklärungen? Dann darf ich jetzt ... Herr Raspe.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ich will auch nochmal was nach Kühn sagen und zwar zu dem Punkt, wie vom Bundeskriminalamt und von der Bundesanwaltschaft Zeugen gemacht werden. Das kann man also an[ssssss] Kühn zeigen und man kann ... also ich will das an Kühn machen und will das noch an einem anderen Punkt zeigen kurz davor ... an dieser düsteren Sequenz des Chefs im roten Wintermantel, wie das also in Hoff’s Aussage auftauchte, läßt sich das zeigen, wie diese Sequenz speziell gezielt in eine Aussage reingeschoben worden ist und zwar mit dem Ziel, Andreas zu belasten. Mit diesem Ziel, weil Hoff überhaupt kein Interesse daran haben konnte, und zwar konkret ... ich weiß ...

Vors.:

Herr Raspe, wenn Sie glauben, daß Sie jetzt schon wieder so abschweifen können ...

[7574] Angekl. Ra[spe]:

... als Folge eines Handels ...

Vors.:

... Sie können zu der Aussage des Zeugen Kühn etwas erklären, wie die Erklärung ...

Angekl. Ra[spe]:

Dazu komme ich sofort.

Vors.:

Es genügt mir nicht, dieser Hinweis, daß es sofort kommt, sondern ich möchte, daß Sie[tttttt] sich im Zusammenhang mit dem eben gehörten Beweismittel äußern. Insoweit reicht Ihre ...

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ich kann natürlich auch hier jedes zweite Wort sagen, es ist identisch mit dem Kühn undsoweiter, aber vielleicht können Sie sich auch mal diesen Moment das aushalten, daß man hier zwei Sätze zuende reden kann.

Vors.:

Nein, Herr Raspe, Sie dürfen nicht glauben, daß Sie unter der dem Mantel der[uuuuuu] Erklärung zu einem soeben abgeschlossenen Beweismittel immer wieder andere Themen vortragen ...

Angekl. Ra[spe]:

Das sind keine anderen Themen ... weil diese ganzen Zeugen nach einem ganz bestimmten Muster hier reingeschoben werden, darüber rede ich und da ist es relativ gleichgültig, ob man da nun sagt Kühn oder ...

Vors.:

Wir wollen sehen, daß Sie sich an den Namen halten, ich hab ...

Angekl. Ra[spe]:

Was ich zeige, ist eine bestimmte Struktur und innerhalb dieser bestimmten Struktur, die immer wieder die gleiche ist. Mit dem gleichen Zweck sind verschiedene Aspekte betont. Ich hab das eben gesagt, wie es bei Hoff war, daß es also da bei ihm kein Interesse gab, so daß also die Sache, diese reingeschobene Sequenz, die Andreas belasten sollte, vom Staatsschutz nahegelegt worden sein muß. Anders ist nämlich so eine Passage überhaupt nicht zu erklären. Und daran stellen wir jetzt nochmals fest, daß die Anklage zusammengehalten wird durch solche Aussagen, durch falsch manipulierte und bis in’s Detail vom Staatsschutz vorgeschriebene ... Zeugenaussagen. Das hat sich wirklich für jeden, der die Verhandlung hier beobachtet, erwiesen. Und dabei wird außerdem deutlich, daß die Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt, dramaturgisch schlecht, vor allem ein Ziel im Auge haben, dieses absurde Bild der psychologischen Kriegsführung zu verifizieren, indem Sie tatsächlich durch diese Zeugen, wie zum Beispiel Kühn, ... diese abstruse[vvvvvv] Behauptung versuchen, Andreas sei an jedem Tatort, an jedem einzelnen Tatort gesehen worden. Das heißt, nachdem die ganze RAF durch diesen Quatsch, der von der Staatsschutzpresse [wwwwww] über diesem Prozeß geschrieben worden ist, auf diese 4 Gefangenen [7575] hier reduziert worden ist, soll hier nochmal die Personalisierung plausibel gemacht werden, durch die Fiktion der Allgegenwärtigkeit von Andreas. Die neue Qualität daran ist der Versuch, diese Konstruktion durch die Beweisaufnahme zu belegen[xxxxxx] und das charakterisiert auch diese dreckige Überführungsposse hier als propagandistische ... in der Tatsachen keine Rolle mehr spielen ...

Vors.:

Habe ich recht gehört, daß Sie von einer „dreckigen Überführungsposse“ ... Herr Raspe, darf ich Sie fragen, was Sie ... auf was haben Sie sich jetzt bezogen als „dreckige Überführungsposse“.

Angekl. Ra[spe]:

Auf eine Sorte von Beweisaufnahme, in der Tatsachen keine Rolle mehr spielen dürfen.

Vors.:

Herr Raspe, jetzt geht es nicht nur[yyyyyy] über diese Sache hinaus, zu der Sie zu reden haben nach [§ ]257[ StPO], wenn Sie sich erklären wollen, sondern jetzt fallen Sie schon wieder in diese Tonart, die überhaupt nicht hingenommen werden kann. Es handelt sich hier um ein Gerichtsverfahren nach den Regeln der Prozeßordnung. Sie haben nicht das Recht, ständig alles, was hier mit dem Prozeß zusammenhängt, in dieser Weise zu verunglimpfen. Ich entziehe Ihnen damit das Wort.

Angekl. Ra[spe]:

Das ist eine Tatsache.

Vors.:

Bitte?

Angekl. Ra[spe]:

Dann sehen Sie sich doch mal an, was hier gelaufen ist im letzten halben Jahr, seit das abläuft, was Sie hier Beweisaufnahme nennen.

Vors.:

Sie sind jetzt oft genug verwarnt worden ... a) nicht beleidigend zu sein und b) zur Sache zu reden. Ich lasse Ihnen jetzt nicht weiter die Gelegenheit, derartige Äuerungen hier vor Gericht abzugeben und damit das Verfahren und das Gericht und alle Prozeßbeteiligten zu verunglimpfen. Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich beanstande diese Maßnahme. Ich möchte das wie folgt begründen: Der Herr Raspe hat auf Ihre Frage ausdrücklich expliziert, was er mit dem Ausdruck „dreckige Posse“ meinte und ...

Vors.:

„Dreckige Überführungsposse.“

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Oder „dreckige Überführungsposse“. Er hat dargestellt, daß er den Inhalt der Aussage des Zeugen Kühn zum Anlaß nimmt, um darzutun, daß seiner Auffassung zufolge in diesem Verfahren nicht reale Tatsachen eine Rolle spielen, sondern die Fingierung von Tatsachen. Das ist sein gutes Recht als Angeklagter, das darzustellen und das ist bei richtigem Verständnis des Grundsatzes [7576] der Wahrnehmung berechtigter Interessen[63] ist es auch sein Recht, das in sehr drastischer Sprache zu tun. Schließlich werden gegen Herrn Raspe hier sehr harte Vorwürfe erhoben. Wenn er sich mit sehr harten Begriffen und Worten dagegen wendet, dann ist das nichts, was ihm hier zum Nachteil gereichen kann und nichts, was zum Anlaß einer Wortentziehung genommen werden darf, zumal dann, wenn zuvor im Zusammenhang mit dieser Erklärung gemäß § 257 Abs. 2 StPO noch nicht einmal eine Verwarnung ausgesprochen worden ist.

Vors. (nach geheimer Beratung):

Der Senat hat beschlossen: Es bleibt beim Wortentzug, der Angeklagte hat seine Ausführung zu Verunglimpfungen benutzt, verwarnt ist er in diesem Verfahren schon so häufig, daß es nicht in jedem Einzelfall einer erneuten Verwarnung bedarf. Im übrigen war er kurz zuvor erst darauf hingewiesen worden, daß er sich an den Rahmen, der gesteckt ist durch [§ ]257[ StPO], zu halten habe, das beinhaltet selbstverständlich auch den Hinweis, daß der Angeklagte nicht das Recht hat, hier zu verunglimpfen. Jetzt ...

Angekl. Ra[spe]:

Ich will dazu noch was sagen.

Vors.:

Nein ...

Angekl. Ra[spe]:

Na hören Sie mal, Sie können das Wort nicht entziehen ...

Vors.:

Herr Raspe, Sie können jetzt nichts mehr dazu ... Sie haben jetzt nicht mehr das Wort, und deswegen möchte ich Sie jetzt bitten, zu schweigen.

Angekl. Ra[spe]:

Sie können’s mir doch nicht...

Vors.:

Herr Professor Azzola, Sie haben sich zunächst gemeldet.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ich möchte folgendes erklären.

Vors.:

Ist es eine Erklärung nach [§ ]257[ StPO]?

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ja.

Vors.:

Ja, bitte.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Die Aussage des Zeugen Kühn hat in der Tat nichts zur Wahrheitsfindung in diesem Prozeß beigetragen, wohl aber sind in der Tat höchst fragwürdige Methoden der Ermittlung, die von Seiten der Strafverfolgungsbehörden praktiziert werden, an einem Punkt deutlich geworden.

RA Dr. Augst verläßt um 16.22 Uhr den Sitzungssaal.

Der Angeklagte Raspe verläßt ebenfalls um 16.22 Uhr den Sitzungssaal.

Das ist bedauerlich und sollte keine Fortsetzung finden.

Vors.:

Weitere Wortmeldungen gem. [§ ]257[ StPO]? Herr Rechtsanwalt v[on ]Plottnitz.

Ende von Band 418.

[7577] RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich möchte eine Erklärung gem. § 257 StPO Abs. II[ StPO] abgeben und dabei ein Antrag: Ich möchte im Anschluß an das, was der Kollege Heldmann erklärt hat, beantragen, diejenigen Bekundungen aus der Aussage des Zeugen Kühn, die diese angebliche „Gegenüberstellung“ im Gefängnislazarett in Düsseldorf zum Gegenstand haben, gem. § 136a StPO nicht zu verwerten. Zur Begründung kann ich mich auf das beziehen, was bereits gesagt worden ist. Es hat hier eindeutig ein Täuschungsmanöver gegeben, genau ein Täuschungsmanöver der Art, vor der durch § 136a StPO ein Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren geschützt werden soll. Dieser Schutz ist, wenn nicht damals gewährleistet gewesen, jetzt durch das Gericht nachzuholen, durch den Beschluß, die Bekundung, die insoweit gemacht worden sind, hier nicht zu verwerten.

Vors.:

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Herr Dr. Heldmann, Sie hatten doch ...

RA Dr. H[eldmann]:

Ich hatte ja, ich habe noch eine Frage.

Vors.:

Ich möchte jetzt bitten, daß wir in der Beweisaufnahme fortfahren können. Muß denn jetzt alles gefragt werden, können wir das nicht machen, wenn der Herr Zeuge entlassen ist?

RA Dr. H[eldmann]:

Eine Frage schon noch. Sind Sie bereit, die Erklärungen nach § 257[ StPO] zu den Zeuginnen Siemsen am Dienstag anzunehmen?

Vors.:

Nein.

RA Dr. H[eldmann]:

Dann müßte ich sie heute bringen.

Vors.:

Die Vernehmung ist doch beendet und die Zeuginnen längst entlassen. Hinter ihr sind mindestens vier oder fünf weitere Zeugen vernommen worden.

RA Dr. H[eldmann]:

Das setzt immer die Erklärung voraus, daß die Zeugin ihre Aussage beendet hat und deswegen entlassen worden ist.

Vors.:

Die Zeuginnen sind entlassen und vereidigt worden. Sie hätten damals Gelegenheit gehabt. Heute gibt es keine Gelegenheit mehr nach § 257[ StPO].

RA Dr. H[eldmann]:

Damals war es nicht, Herr Vorsitzender, es war gestern.

Vors.:

Ja, ich weiß. Aber im Anschluß daran sind mindestens vier oder [7578] fünf, ich glaube sogar fünf weitere Zeugen gehört worden.

RA Dr. H[eldmann]:

Und der Mandant Baader, den es betraf, war nicht in der Sitzung.

Vors.:

Ja, er hätte gestern sogar da sein können. Es bestand nicht der mindeste Grund nicht zu kommen.

RA Dr. H[eldmann]:

Das wissen Sie doch nicht. Sie haben ihn doch krankgeschrieben, sozusagen.[64]

Vors.:

Sie wissen, er kann teilnehmen. Darf ich jetzt bitten, den Zeugen Schäfers ...

RA Dr. H[eldmann]:

Soweit ihm sein Gesundheitszustand das erlaubt. Gestern war das nicht der Fall.

Vors.:

Das muß er selbst beurteilen.

RA Dr. H[eldmann]:

Dann muß aber zumindest die Verteidigung die Möglichkeit haben, das mit dem nichtanwesenden Mandanten zu besprechen.

Vors.:

Ja, die Möglichkeit hatten Sie gehabt.

RA Dr. H[eldmann]:

Wann denn?

Vors.:

Gestern. Sie konnten sich gestern erklären zu der Zeugin. Und wenn Sie glaubten, daß dazu eine Besprechung vorher notwendig gewesen wäre, hätte es eines Hinweises an das Gericht bedurft. Wobei ich nicht behaupten möchte, daß wir dazu eine Pause eingelegt hätten, das weiß ich nicht.

RA Dr. H[eldmann]:

Das würde ich sicher, das weiß ich, daß Sie das nicht getan hätten.

Vors.:

Sie mögen es sein. Aber jedenfalls haben Sie nichts in dieser Richtung verlauten lassen, und deswegen gibt es jetzt keine Nachholung dieses prozessualen Rechtes.

RA Dr. H[eldmann]:

Verzeihung, darf ich daran erinnern, daß die Regel des [§ ]231a[ StPO],[65] die Ausnahmebestimmung, [§ ]231a[ StPO], gegen den Angeklagten sich richtet, nicht aber gegen dessen Verteidiger.

Vors.:

Sie dürfen erinnern, aber Sie bekommen jetzt keine Antwort mehr. Wir wollen jetzt fortfahren in der Vernehmung des Herrn Zeugen. Sie werden in dieser Richtung keine weiteren Möglichkeiten zur Ausführung mehr haben.

Der Zeuge Schäfers erscheint um 16.27 Uhr im Sitzungssaal.

RA Dr. H[eldmann]:

Auch zu [§ ]257[ StPO] nicht, auch zu [§ ]257[ StPO] nicht, Herr Vorsitzender?

Vors.:

Nein. Herr Zeuge, darf ich Sie bitten, jetzt Ihre Personalien [7579] anzugeben.

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person

Zeuge Schäfers:

Winfried Schäfers, 27 Jahre alt,
Kriminalkommissars-Anwärter[zzzzzz]
beim Bundeskriminalamt, wohnh. Wiesbaden, [Anschrift],

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,
wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Schäfers, Sie sind aufgrund eines Beweisantrags der Verteidigung geladen. Die einleitende Frage. Waren Sie an der Vorführung des Zeugen Hoff zu der Vernehmung hier in Stuttgart beteiligt?

Zeuge Schä[fers]:

Ja, daran war ich beteiligt.

Vors.:

Ja. Haben Sie diese Vernehmung des Zeugen Hoff hier im Saale, sei es auch eventuell hinter dieser Mauer, miterlebt?

Zeuge Schä[fers]:

Teilweise, ja.

Vors.:

Teilweise, ja. Haben Sie im Anschluß daran mit dem Zeugen Hoff über den Inhalt dessen, was hier gesprochen worden ist, von welcher Seite auch immer, und über das, was der Herr Zeuge Hoff möglicherweise noch weiterhin hier vorzutragen haben könnte, gesprochen?

Die Angeklagte Meinhof erscheint wieder um[aaaaaaa] 16.28 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Schä[fers]:

Habe ich nicht.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen zu stellen? Ich sehe beim Gericht nicht. Die Herrn der Bundesanwaltschaft? Auch nicht. Herr Rechtsanwalt Schily, bitteschön.

RA Schi[ly]:

Herr Schäfers, haben Sie mit Herrn Hoff überhaupt gesprochen?

Zeuge Schä[fers]:

Ja, ich habe mit Herrn Hoff gesprochen.

RA Schi[ly]:

Über was denn?

Zeuge Schä[fers]:

Über allgemeine Dinge mehr. Beispielsweise Tagespolitik.

[7580] RA Schi[ly]:

Über Tagespolitik ...

Zeuge Schä[fers]:

Über Urlaub. Über was man sich so halt unterhält, wenn man mit jemand zusammen ist und die Zeit totschlagen muß.

RA Schi[ly]:

Ja, so erzählen Sie mal.

Zeuge Schä[fers]:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Können Sie das mal ein bißchen genauer erfassen?

Zeuge Schä[fers]:

Ja genauer ist schwierig. Das ist ja jetzt schon wieder 2 Monate bald her, nicht.

RA Schi[ly]:

Ahja, so lange ja nicht. Über was für Tagespolitik haben Sie sich denn unterhalten, ... oder tagespolitische Fragen.

Zeuge Schä[fers]:

Da müßten Sie mir einen Hinweis geben, was zu dieser Zeit aktuell war, das weiß ich jetzt nicht mehr.

RA Schi[ly]:

Ich möchte nur Ihr Gedächtnis, nicht was ich noch reproduzieren kann aus meiner Zeitungslektüre vielleicht.

Zeuge Schä[fers]:

Naja, die Politik eigentlich mehr am Rande, aber ...

RA Schi[ly]:

Ja, Sie sagten doch, über tagespolitische ...

Zeuge Schä[fers]:

Ja, aber doch mehr, ich würde mehr Urlaub sagen und Freizeitgestaltung.

RA Schi[ly]:

Ah, das meinen Sie unter tagespolitischen ...

Zeuge Schä[fers]:

Nein, das war nur ein Punkt. Ich kann mich jetzt nicht mehr im einzelnen daran erinnern, was das nun für Tagespolitik war. Also da bin ich überfragt.

RA Schi[ly]:

Und über Urlaub. Hatte Herr Hoff Urlaubspläne?

Zeuge Schä[fers]:

Nein. Ich hab ihm erzählt, wo ich im letzten Jahr war.

RA Schi[ly]:

Ahja. Sagen Sie, Herr Schäfers, Sie sind mit Herrn Hoff alleine gekommen oder mit mehreren?

Zeuge Schä[fers]:

Nein, wir sind mit mehreren gekommen.

RA Schi[ly]:

Können Sie mir sagen, mit wem zusammen?

Zeuge Schä[fers]:

Ja, der Herr Freter war noch dabei.

RA Schi[ly]:

Nur der Herr Freter?

Zeuge Schä[fers]:

Bei der ersten Vorführung ist noch der Herr Pohl mitgeflogen.

RA Schi[ly]:

Der Herr Pohl, ja?

Zeuge Schä[fers]:

Ja, das ist richtig.

RA Schi[ly]:

Und während dieses Transports, was ist denn da gesprochen worden?

[7581] Zeuge Schä[fers]:

Da ist nichts. Wir sind geflogen und der Hubschrauber ist ziemlich laut. Eine Unterhaltung war nicht möglich.

RA Schi[ly]:

Wegen des Hubschraubergeräuschs war eine Unterhaltung nicht möglich?

Zeuge Schä[fers]:

Genau.

RA Schi[ly]:

Und bei der Zufahrt und bei der Abfahrt zum Hubschrauberlandeplatz.

Zeuge Schä[fers]:

Da kann ich nichts zu sagen. Ich bin in einem anderen Fahrzeug mitgefahren.

RA Schi[ly]:

Auch wie Sie hier angekommen sind?

Zeuge Schä[fers]:

Ja das waren 50 m vom Hubschrauber wohl bis zum Gebäudeeingang.

RA Schi[ly]:

Haben Sie über den Gegenstand seiner Befragung mit Herrn Hoff überhaupt nicht gesprochen?

Zeuge Schä[fers]:

Nein.

RA Schi[ly]:

Haben andere Personen darüber mit ihm gesprochen?

Zeuge Schä[fers]:

In meinem Beisein meiner Meinung nach nicht.

RA Schi[ly]:

Waren Sie nicht ständig bei Herrn Hoff, während er hier war?

Zeuge Schä[fers]:

Nein, ich mußte zwischendurch auch Besorgungen machen. Und in der Zwischenzeit war der Herr Freter bei dem Herrn Hoff.

RA Schi[ly]:

Aha, Sie haben sich da abgelöst?

Zeuge Schä[fers]:

Ja, kann man sagen.

RA Schi[ly]:

Oder waren Sie die meiste Zeit zu zweit mit Herrn Hoff zusammen?

Zeuge Schä[fers]:

Die meiste Zeit war ich allerdings zu zweit, bzw. war ich alleine mit dem Herrn Hoff zusammen.

RA Schi[ly]:

Und hat Herr Freter mit Herrn Hoff irgendwie gesprochen?

Zeuge Schä[fers]:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Hat Herr Freter mit dem Herrn Hoff irgendwie gesprochen?

Zeuge Schä[fers]:

In meinem Beisein nicht. Zumindest nicht über diesen Prozeß.

RA Schi[ly]:

Ja was haben die denn gesprochen?

Zeuge Schä[fers]:

Ob ich das jetzt noch genau sagen kann. Naja, in erster Linie war der Herr Freter nur anwesend, wenn es darum ging, das Essen zu besorgen. Da wurde also wahrscheinlich gesprochen, [7582] was es zu Essen geben sollte, und ob der Herr Hoff eine Zeitung haben möchte. Solche Dinge mehr, allgemein gehalten.

RA Schi[ly]:

Also über die Wünsche von Herrn Hoff. Aber über den Hergang der Befragung hier, ist kein Sterbenswort gesprochen worden?

Zeuge Schä[fers]:

Nein, über das Verfahren nicht, nicht daß ich wüßte.

RA Schi[ly]:

Das Sie irgendwie ...

Zeuge Schä[fers]:

Wie gesagt, ich war nicht immer anwesend, nicht.

RA Schi[ly]:

Haben Sie irgendwann einmal davon gehört, daß Herr Hoff belobigt worden sein soll, wegen seiner Aussage?

Zeuge Schä[fers]:

Belobigt?

RA Schi[ly]:

Ja.

Zeuge Schä[fers]:

Auf die Aussage bezogen sicherlich nicht. Es war einmal davon die Rede gewesen, daß er sehr beherrscht und sehr sicher hier seine Aussage getätigt hat.

RA Schi[ly]:

Wer hat denn das gesagt?

Zeuge Schä[fers]:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Von wem ist denn diese Erklärung abgegeben worden?

Zeuge Schä[fers]:

Das ist mal von Herrn Pohl, glaube ich, gefallen.

RA Schi[ly]:

Von Herrn Pohl. War denn der Herr Pohl auch während der Vernehmung von Herrn Hoff zugegen?

Zeuge Schä[fers]:

Bei der Vernehmung?

RA Schi[ly]:

Ja hier, im Gerichtssaal.

Zeuge Schä[fers]:

Nicht daß ich wüßte.

RA Schi[ly]:

Woher wußte er, daß der so selbst, so kühl und beherrscht seine Aussage gemacht hat?

Der Angeklagte Raspe erscheint wieder um 16.32 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Schä[fers]:

Da bin ich überfragt.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sich mal erkundigt bei Herrn Pohl?

Zeuge Schä[fers]:

Nein, aus welchem Grund sollte ich das?

RA Schi[ly]:

Das weiß ich nicht. Aber vielleicht einfach Interesse. Vielleicht hatten Sie Interesse. Weil Sie doch auch Interesse hatten, vielleicht an dem ganzen Verfahren möglicherweise. Das könnte doch sein.

Zeuge Schä[fers]:

Ja eben, das könnte sein, habe ich aber nicht.

RA Schi[ly]:

Haben Sie gar kein Interesse, interessiert Sie gar nicht, was hier vorgeht?

[7583] Zeuge Schä[fers]:

Mich persönlich schon. Aber ich habe nicht den Herrn Pohl danach gefragt.

RA Schi[ly]:

Und das kam also mehr so aus heiterem Himmel, daß er den gelobt hat. Aber Sie wissen nichts darüber, ob der Herr Pohl hier im Gerichtssaal war.

Zeuge Schä[fers]:

Nein, das kann ich nicht sagen.

RA Schi[ly]:

Haben Sie sich mal hier den Gerichtssaal angeguckt, während Sie hier anwesend waren, während der Vernehmung von Herrn Hoff?

Zeuge Schä[fers]:

Während der Vernehmung nicht. Ich habe mich lediglich hinter dieser Mauer aufgehalten, teilweise.

RA Schi[ly]:

Auch mal einen Blick in den Gerichtssaal geworfen?

Zeuge Schä[fers]:

Während der Vernehmung ...

RA Schi[ly]:

Oder in der Pause?

Zeuge Schä[fers]:

In der Pause ja.

RA Schi[ly]:

Haben Sie da Herrn Pohl vielleicht einmal beobachtet?

Zeuge Schä[fers]:

Habe ich nicht gesehen.

RA Schi[ly]:

Und Herrn Freter?

Zeuge Schä[fers]:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Und Herr Freter?

Zeuge Schä[fers]:

Herrn Freter? Nein auch nicht.

RA Schi[ly]:

Andere Beamten des Bundeskriminalamtes?

Zeuge Schä[fers]:

Andere Beamte waren nicht zugegen.

RA Schi[ly]:

Wie andere Beamten waren nicht zugegen?

Zeuge Schä[fers]:

Andere Beamte des Bundeskriminalamts.

RA Schi[ly]:

Da sind Sie sicher?

Zeuge Schä[fers]:

Zumindest nicht im Gerichtssaal.

RA Schi[ly]:

Woher wissen Sie das so genau?

Zeuge Schä[fers]:

Ja, weil ich die dann wahrscheinlich gesehen hätte.

RA Schi[ly]:

Ich dachte. Sie hätten nur mal in der Pause geguckt?

Zeuge Schä[fers]:

Ja eben.

RA Schi[ly]:

Dann können Sie höchstens sagen, ob in der Pause ...

Zeuge Schä[fers]:

Gut, dann berichtige ich mich. Habe ich also in der Pause nicht gesehen.

RA Schi[ly]:

Wußten Sie denn überhaupt, wer an dem Tage vom Bundeskriminalamt, also am Tage der Vernehmung von Herrn Hoff oder an den Tagen der Vernehmung von Herrn Hoff, vom Bundeskriminalamt hier im Prezeßgebäude anwesend war?

[7584] Zeuge Schä[fers]:

Ich wußte nur von den Personen, die die Fahrt mitgemacht hatten, daß die hier anwesend sind.

RA Schi[ly]:

Also Herr Pohl, Herr Freter und Sie?

Zeuge Schä[fers]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Oder fehlt da noch ein Name?

Zeuge Schä[fers]:

Bei der zweiten Fahrt waren[bbbbbbb] noch andere Kollegen anwesend.

RA Schi[ly]:

Wie hießen die denn?

Zeuge Schä[fers]:

Ich glaube Kollege Rösch. Von dem anderen Kollegen kann ich den Namen leider nicht sagen. War mir nicht bekannt, hatte ich vorher noch nie gesehen.

RA Schi[ly]:

Keine Fragen mehr, dankeschön.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz?

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Zeuge, zunächst mal folgende Frage. Sie haben auf eine Frage des Kollegen Schily folgendes geantwortet. Sie haben gesagt: „Die meiste Zeit waren[ccccccc] der Kollege Freter und ich mit dem Herrn Hoff zusammen, bzw. ich allein.“ Was war denn nun richtig? Waren die meiste Zeit Sie allein oder Sie mit dem Kollegen Freter zusammen, mit dem Herrn Hoff zusammen?

Zeuge Schä[fers]:

Ja ich war die meiste Zeit allein mit dem Herrn Hoff zusammen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Und der Kollege Freter, war da nicht dabei?

Zeuge Schä[fers]:

Der war nicht dabei. Der war in der Regel nur abends, kurz vor dem Abendbrot mal da.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Als der Herr Pohl die Erklärung abgab, von der Sie gesprochen haben, wonach der Herr Hoff hier selbstbeherrscht sich geäußert habe, war da der Herr Hoff selbst anwesend?

Zeuge Schä[fers]:

Das habe ich nicht ganz verstanden?

RA v[on ]P[lottnitz]:

War der Herr Hoff anwesend, als der Herr Pohl diese belobigende Äußerung machte, zur Aussage von Herrn Hoff selbst, in der Sitzung?

Zeuge Schä[fers]:

Ja, der Herr Hoff war anwesend.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Was hat denn der Herr Hoff auf die Erklärung von Herrn Pohl gesagt?

Zeuge Schä[fers]:

Ja er antwortet wohl so, daß er noch nie vor dem Gericht gestanden hätte, und er sich wohl selbst gewundert hätte, daß das so gut geht.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Und bei diesem Gespräch, haben Sie sich da eingeschaltet oder nicht eingeschaltet?

[7585] Zeuge Schä[fers]:

Nein, da war ich mit anderen Dingen beschäftigt.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Welchen Dingen?

Zeuge Schä[fers]:

Oh, da müßte ich eben überlegen. Vermutlich habe ich die Liste zusammengestellt für das Abendbrot.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Die Liste für das Abendbrot ...

Zeuge Schä[fers]:

Ja. Wir haben uns in zwei Räumen aufgehalten und ich habe das Gespräch nur teilweise mitbekommen, da ich mich in dem Nebenraum aufgehalten habe.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Die Liste für Ihr Abendbrot oder für das Abendbrot von Herrn Hoff?

Zeuge Schä[fers]:

Beides.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Wurde das Abendbrot für Herrn Hoff nicht aus Kantinen von Justizeinrichtungen besorgt, sondern wurde das außerhalb besorgt?

Zeuge Schä[fers]:

Das hat Herr Freter besorgt. Ich weiß nicht, wo er es hergeholt hat.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Eine andere Frage, Herr Zeuge. Haben Sie, war der Transport des Herrn Hoff hier nach Stammheim die erste Gelegenheit, zu der Sie Herr Hoff gesehen haben?

Zeuge Schä[fers]:

Genau.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Zu einer früheren Gelegenheit haben Sie Herrn Hoff nicht gesehen?

Zeuge Schä[fers]:

Noch nie vorher gesehen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Waren Sie zu einer früheren Gelegenheit, ohne daß der Herr Hoff anwesend war, mit Ermittlungshandlungen beauftragt, die Herrn Hoff betrafen?

Zeuge Schä[fers]:

Nein.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Waren Sie nicht. Eine letzte Frage, Hern Zeuge. Sie haben gesagt, Sie hätten sich teilweise hier hinter der rechten Wand im Sitzungssaal während der Vernehmung von Herrn Hoff aufgehalten. Was hat Sie denn dazu veranlaßt?

Zeuge Schä[fers]:

Das war im Rahmen meiner Bewachungsaufgaben, daß ich eben auch den Herrn Hoff in den Gerichtssaal begleitet habe.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Haben Sie sich während der Vernehmung von Herrn Hoff immer im Gerichtssaal aufgehalten?

Zeuge Schä[fers]:

Nein, ich hatte ihn mit reingebracht und je nach dem noch ein paar Minuten aufgehalten, und bin dann rausgegangen und hab mich dann im Zeugenzimmer, in der Regel oder auf dem Flur da aufgehalten.

[7586] RA v[on ]P[lottnitz]:

Wie lang würden Sie denn die Gesamtzeit bemessen, die Sie während der Vernehmung von Herrn Hoff hier hinter der Mauer gestanden haben?

Zeuge Schä[fers]:

Das ist schwer schätzbar. Meinen Sie in beiden Wochen?

RA v[on ]P[lottnitz]:

In beiden Wochen, ja.

Zeuge Schä[fers]:

Ich würde sagen, von der Gesamtvernehmungsdauer des Herrn Hoff, höchstens 10 %.

RA v[on ]P[lottnitz]:

10 %?

Zeuge Schä[fers]:

Ja. An Stunden kann ich das nicht mehr genau rückverfolgen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Nun haben Sie erklärt, das hinge mit Bewachungsaufgaben zusammen. Von welchem Kriterium haben Sie es denn abhängig gemacht, wann Ihre Bewachung von Herrn Hoff, während seiner Vernehmung hier, notwendig war und wann nicht? Warum nur 10 %, warum nicht während der gesamten Dauer der Vernehmung?

Zeuge Schä[fers]:

Das blieb mir freigestellt.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Und Sie hielten dann die Bewachung nicht über den von Ihnen angebenen Zeitraum von 10 % hinweg für erforderlich?

Zeuge Schä[fers]:

Nein, hielt ich nicht für mehr erforderlich.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich hab da zunächst keine Fragen mehr.

Vors.:

Herr Raspe!

Angekl. R[aspe]:

Wie ist denn das mit dieser Bewachung. Wann fängt die morgens an?

Zeuge Schä[fers]:

Ich hab Sie leider nicht ...

Angekl. R[aspe]:

Wann diese Überwachung morgens anfängt, bzw. anfing?

Zeuge Schä[fers]:

Mit dem Aufstehen.

Angekl. R[aspe]:

Mit dem Aufstehen. Und ungefähr zeitlich?

Zeuge Schä[fers]:

In der Regel gegen 7 Uhr.

Angekl. R[aspe]:

Und wann hörte sie abends auf?

Zeuge Schä[fers]:

Müßte ich auch sagen in der Regel. Nachdem ich den Herrn Hoff in seiner Zelle eingeschlossen habe.

Angekl. R[aspe]:

Und das war etwa um?

Zeuge Schä[fers]:

Bitte?

Angekl. R[aspe]:

Das war zeitlich etwa?

Zeuge Schä[fers]:

Zeitlich, ich würde sagen 21 Uhr.

Angekl. R[aspe]:

Und um 22 Uhr ging bei Ihnen das Licht aus?

Zeuge Schä[fers]:

Bitte?

[7587] Angekl. R[aspe]:

Ich sag, um 22 Uhr ging bei Hoff in der Zelle das Licht aus oder wie?

Zeuge Schä[fers]:

Nein, er hatte noch die Möglichkeit, das Licht anzubehalten. Ich habe mich während dieser Zeit im Wachtmeisterzimmer aufgehalten. Und wenn der Herr Hoff das Licht aushaben wollte, konnte er mich über ein akustisches Zeichen rufen und dann habe ich ihm das Licht ausgeschaltet.

Angekl. R[aspe]:

Also er wußte, daß Sie, nachdem er eingeschlossen worden ist, um 21 Uhr, etwa 21 Uhr, daß Sie dann also auch noch anschließend da waren?

Zeuge Schä[fers]:

Genau.

Angekl. R[aspe]:

Also praktisch wußte er, daß Sie 24 Stunden da sind?

Zeuge Schä[fers]:

Genau so ist es.

Angekl. R[aspe]:

Das heißt, Sie waren also nicht nur irgendwie ein Bewacher, sondern tatsächlich der ständige Begleiter Hoffs.

Zeuge Schä[fers]:

Kann man sagen.

Angekl. R[aspe]:

Und wann fing denn diese Funktion an?

Zeuge Schä[fers]:

An dem Tag, an dem Herr[ddddddd] Hoff nach hier gebracht wurde.

Angekl. R[aspe]:

Haben Sie ihn das erste Mal gesehen?

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, die Frage ist bereits schon gestellt und beantwortet.

Vors.:

Sie braucht nicht mehr beantwortet zu werden.

Angekl. R[aspe]:

An dem Tag, als er hierher gebracht wurde. Das habe ich nicht genau verstanden vorher.

Vors.:

Ja, Herr Raspe, Sie haben es richtig jetzt gesagt.

Angekl. R[aspe]:

Und wann hörte sie auf? Wie ist das jetzt im Moment?

Zeuge Schä[fers]:

Nach Beendigung des Rücktransportes. Im Moment habe ich nichts mehr mit Herrn Hoff zu tun.

Angekl. R[aspe]:

Und wissen Sie, wer das davor war?

Zeuge Schä[fers]:

Bitte?

Angekl. R[aspe]:

Wie das davor war?

Vors.:

Was ist damit gemeint, Herr Raspe?

Angekl. R[aspe]:

Also vor dem Zeitpunkt, wo Hoff hierher kam.

Zeuge Schä[fers]:

Hatte ich, glaube ich, auch schon beantwortet, daß ich vorher Herrn Hoff noch nie gesehen hatte.

Angekl. R[aspe]:

Ne, ich frage ja, ob Sie wissen, wie das vorher war. Also wer da vorher diese Funktion erfüllt hat?

Zeuge Schä[fers]:

Nein, weiß ich nichts. Kann ich Ihnen nichts darüber sagen.

[7588] Angekl. R[aspe]:

Und das wissen Sie also auch bezogen auf die Zeit nach seiner, nachdem er hier weg war, nicht.

Zeuge Schä[fers]:

Nein, weiß ich auch nicht mehr.

Vors.:

Sonstige Fragen? Frau Meinhof.

Angekl. M[einhof]:

Warum haben Sie sich hier hinter der Wand versteckt, bei Ihrer Bewachungstätigkeit? Warum sind Sie nicht in den Gerichtssaal gekommen?

Vors.:

Da darf ich darauf hinweisen, daß das eine Unterstellung ist, in dieser Form eine Frage zu stellen. Ich habe es nicht gewünscht das habe ich auch schon in der Sitzung erklärt, daß Bewachungsbeamte des Herrn Hoff hier anwesend sind und habe ausdrücklich gebeten, daß sie sich, wenn es überhaupt notwendig ist, hinter der Mauer aufhalten. Das ist also eine Anordnung von mir gewesen.

Angekl. M[einhof]:

Ahja, also Sie haben die Bullen versteckt, das ist ja nett.

Vors.:

Ich möchte Sie bitten, Frau Meinhof, es ist zwar eine Beleidigung in Anwesenheit eines Polizeibeamten nun wieder hier von den Bullen zu reden, halten Sie sich an die Formen, sonst können Sie nicht weitere Fragen stellen.

Angekl. M[einhof]:

Wieso mußte sich, Sie sagten, Hoff sei gelobt worden, weil er so beherrscht gewesen wäre bei seiner Aussage. Wieso mußte sich Hoff beherrschen?

Zeuge Schä[fers]:

Bitte?

Angekl. M[einhof]:

Wieso mußte sich Hoff beherrschen, bei seiner Aussage?

Zeuge Schä[fers]:

Beherrschen?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich beanstande die Frage. Der Zeuge hat vorhin erklärt, daß der Herr Pohl diese „Belobigung“ ausgesprochen habe. Über dessen Beweggründe kann dieser Zeuge nichts wissen, nachdem er überhaupt nicht nachgefragt hat, wie er dem Herrn Rechtsanwalt Schily erklärt hat.

Vors.:

Die Frage ist wohl dahingehend zu verstehen, ob der Herr Zeuge irgendeinen Anhaltspunkt selbst gewonnen habe, warum sich Herr Hoff beherrschen habe müssen, denn er ist ja dafür offenbar darauf angesprochen worden, daß er eine beherrschte Aussage gemacht habe. Ich möchte dem Herrn Zeugen in dieser Form doch die Antwort nahelegen.

[7589] Zeuge Schä[fers]:

Ja, könnte ich mir gut vorstellen. Wenn man hier einige Stunden sitzt und von allen möglichen Leuten gefragt wird, daß das schon etwas an die Nerven geht.

Vors.:

Also das sind Ihre Vorstellungen, aber Sie haben selbst ...

Zeuge Schä[fers]:

Ja, das ist meine persönliche Meinung.

Vors.:

... sich nicht danach erkundigt, etwa bei ...

Zeuge Schä[fers]:

Nein, habe ich nicht.

Vors.:

Bitte Frau Meinhof.

Angekl. M[einhof]:

Das war’s.

Vors.:

Herr Raspe?

Angekl. R[aspe]:

Ja ich wollte nur wissen, ob Sie wissen, ob diese Form der psychologischen Betreuung, denn das ist es ja, 24 Stunden lang, ob das ein Sonderfall war bei Hoff oder ob das eine gängige Praxis ist, ob das so gemacht wird.

Zeuge Schä[fers]:

Das kann ich nicht beurteilen. Es war das erste Mal, daß ich so etwas gemacht habe.

Angekl. R[aspe]:

Naja, aber Sie wissen ja nicht nur über sich selber Bescheid, sondern Sie können es vielleicht wissen, wie das überhaupt ist, in Ihrer Behörde.

Zeuge Schä[fers]:

Das kann ich auch nicht beurteilen, weil ich vorher in einer ganz anderen Abteilung Dienst gemacht habe und mit sowas überhaupt nichts zu tun gehabt habe.

Angekl. R[aspe]:

Also von einer ganz anderen Abteilung sind Sie ...

Zeuge Schä[fers]:

Nein, das ist so zu verstehen, daß ich mich in der Ausbildung befinde, und das war eine Durchgangsstation.

Angekl. R[aspe]:

Das ist eine Durchgangsstation. Hat es damit zu tun, Moment ...

OStA Z[eis]:

... die Frage, die hat mit dem Sachthema überhaupt nicht das geringste zu tun.

Angekl. R[aspe]:

Lassen Sie mich doch erst mal ausreden. Ich habe doch überhaupt noch nicht die Frage gestellt, Sie können sie gar nicht beanstanden, bevor ich sie nicht gestellt hab.

Vors.:

Herr Raspe, welche Frage wollten Sie jetzt stellen, damit wir sehen, ob da eine Beanstandung erfolgt?

Angekl. R[aspe]:

Ich wollte die Frage stellen, ob die Tatsache, die er eben erwähnt hat, der Zeuge, damit zu tun hat, daß das eine begrenzte Funktion war. Also ob das jetzt so ist, daß [7590] er also jetzt z.B. Hoff auf seinen Wegen durch deutsche Gerichte nur für so relativ kurze Zeit begleitet hat, weil er, der Zeuge, in der Ausbildung ist.

Vors.:

Herr Raspe, zunächst einmal hat der Herr Zeuge nichts davon berichtet, daß er den Herrn Hoff auf Wegen durch deutsche Gerichte begleitet hätte. Wenn Sie ihn fragen wollen, ob etwa Ausbildende grundsätzlich dazu herangezogen werden, einen solchen Auftrag zu übernehmen, so kann ich es bloß verstehen oder wie denken Sie sich das?

Angekl. R[aspe]:

Ja, das ist ein Aspekt[eeeeeee] der[fffffff] Frage und der[ggggggg] andere Aspekt[hhhhhhh] der[iiiiiii] Frage ist ganz konkret die, ob im Ausbildungsablauf des Zeugen oder im Verlauf der Ausbildung, in der sich also der Zeuge, wie er sagt, befindet, daß ein bestimmter abgeschlossener Komplex ist. So daß er sich jetzt in einem anderen Abschnitt befindet, der Ausbildung, und sich daraus erklärt, daß er Hoff also nicht weiter begleitet?

Vors.:

Das heißt also, Sie wollen von dem Herrn Zeugen wissen, ob solche Aufträge auch zu seiner Ausbildung gehören.

Angekl. R[aspe]:

Ja und ob man daraus schließen kann, daß er jetzt eben gesagt hat, Ausbildung, daß das der Grund ist, warum er z.B. jetzt nicht in Hamburg dabei war, wo Hoff in Hamburg war, beispielsweise, sondern ob der Grund derjenige ist, daß der Zeuge sich in einem anderen Ausbildungsabschnitt wiederum befindet, wo er damit nichts mehr zu tun hat.

Vors.:

Ich möchte die Frage zulassen. Der Herr Zeuge möge selber beurteilen, ob er sie beantworten kann und will im Rahmen seiner Aussagegenehmigung. Ich möchte sie deshalb zulassen, weil sie bei einem weiten Rahmen, das muß ich der Bundesanwaltschaft zugeben, doch noch zur Überprüfung der Fragen dienen kann, die dem Herrn Zeugen gestellt werden sollen im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit des Zeugen Hoff.

Zeuge Schä[fers]:

Das war rein zufällig, daß ich mit der Bewachung des Herrn Hoff betraut wurde.

Angekl. R[aspe]:

Das ist meine Frage nicht gewesen.

Zeuge Schä[fers]:

Bitte?

Angekl. R[aspe]:

Das hat überhaupt nichts mit Ihrer Ausbildung zu tun, sagen Sie, wenn Sie sagen, es war rein zufällig, grundsätzlich nichts.

[7591] Zeuge Schä[fers]:

Nein, grundsätzlich hat es nichts damit zu tun.

Vors.:

Frau Meinhof, Sie haben sich gemeldet?

Angekl. M[einhof]:

Ja, ich möchte noch einmal nachfragen. Also Sie sagten vorhin, daß es im Rahmen Ihrer Ausbildung dieser Job von Ihnen übernommen worden sei und dazu ist dann einfach die Frage, zwei Fragen. Erstens ...

Vors.:

Frau Meinhof, darf ich Sie auf einen Irrtum Hinweisen, denn die Fragen können sonst nicht richtig gestellt werden. Der Herr Zeuge hat es soeben nochmals bestätigt, es ist nicht im Rahmen der Ausbildung geschehen, sondern während einer bestimmten Ausbildung, aber es gehört nicht zum Rahmen der Ausbildung.

Angekl. M[einhof]:

Ja, ich bin ja nicht blöde, ich hab das gehört.

Vors.:

Aber dann müssen Sie die Frage richtig stellen.

Angekl. M[einhof]:

Ich kann ja vielleicht mal die Fragen stellen, dann können Sie ja ... Also ich hatte zwei Fragen. Einmal die eine Frage, welche Qualifikationen Sie im Prozeß Ihrer Ausbildung bis zu diesem Punkt, wo Sie diesen Job übernommen haben, hinter sich haben, also wie Sie qualifiziert sind. Also welche Abschnitte Ihrer Ausbildung hinter Ihnen liegen?

Vors.:

Frau Meinhof, was hat das hier mit der Sache zu tun? Mit dem Gegenstand hier der Untersuchung? Das müssen Sie mir noch begründen, bevor die Frage zugelassen wird.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Darf ich begründen ...

Vors.:

Nein, ich würde jetzt bitten, ob Frau Meinhof die Begründung abgeben kann.

Angekl. M[einhof]:

Ja ich finde es ungeheuer wichtig. Ich versteh das gar nicht, warum Sie das nicht wieder schnappen.

Vors.:

Das ist keine Begründung, daß Sie mir jetzt wieder einen Vorwurf machen, warum ich wieder etwas nicht versteh.

Angekl. M[einhof]:

Es handelt sich hier um jemanden, der 24 Stunden am Tag auf Hoff draufgesessen hat, der also eine ganze zentrale Figur ist in der Konditionierung von Hoff für seine Aussage. Einen Zeugen, den Sie, Herr Prinzing, persönlich versteckt haben, damit es nicht gesehen wird, daß Hoff irgendwie ein Begleiter hat. Das finde ich ganz wichtig. Also es kann ja sein, daß Sie zu doof sind das zu verstehen. Aber ich möchte, daß er das beantwortet.

Vors.:

Was hat das mit seinem Ausbildungsstand zu tun, selbst wenn [7592] man alle diese Überlegungen, die, ich muß es Ihnen bekennen, etwas abstrus klingen, für richtig befinden würde. Ich möchte Ihnen bloß dazu sagen, er ist nicht versteckt worden, sondern ich habe mit Rücksicht auf den Zeugen gerade gewünscht, daß er nicht hier bewacht wird im Saal. Mit Rücksicht auf den Zeugen, damit er völlig unbeeinflußt hier Angaben machen kann und nicht das Gefühl hat, daß irgend jemand aus dem Kreise, der ihn vorgeführt hat, hier hinter seinem Rücken sitzt. Das war alles.

Wollen Sie die Begründung übernehmen?

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ja, ja.

Vors.:

Jetzt dürfen Sie, bitte.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Offenbar meint Frau Meinhof folgendes. Es handele sich bei dem Zeugen um einen psychologischen Betreuer. Des weiteren meint Frau Meinhof offenbar, daß das Einüben in psychologische Betreuung zur Ausbildung bei angehenden Kriminalisten gehöre. Und drittens meint Frau Meinhof, daß dieses Stück Ausbildung nicht am Anfang stehen könne, sondern erst im weiteren Verlauf der Ausbildung einen konkreten Platz habe. Und darin sieht dann Frau Meinhof letztens nichts Zufälliges, wenn ich das richtig verstanden habe.

Vors.:

Das würde also bedeuten, Herr Professor, wenn ich Sie richtig versteh, daß man sagen will, den Zeugen fragen will, ob er im Rahmen seiner Ausbildung psychologisch auf die Durchführung solcher Aufträge vorbereitet ist.

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ja, das ist ...

Angekl. M[einhof]:

... Moment mal, es geht aber nicht so. Prinzing würgt ab, daß ich hier bestimmte Fragen stelle. Er würgt es ab, Du kannst doch nicht einfach hier anfangen, eine Theorie zu entwickeln, von der Du gar nicht weißt ob sie ... Es geht darum, daß Prinzing Fragen abwürgt.

Vors.:

Nein, Frau Meinhof, wollen Sie sich jetzt im Saale darüber unterhalten, ob Sie nun gegenseitig sich richtig verstanden haben ...

Angekl. R[aspe]:

Wenn Sie so geil darauf sind, das können Sie haben.

Vors.:

... oder soll es nicht Frau Meinhof doch übernehmen, doch zu erklären, was Sie eigentlich mit der Frage will.

Angekl. M[einhof]:

Also ich stelle jetzt diese zwei Fragen. Wenn Sie die [7593] abwürgen wollen, dann bitte.

Vors.:

Also nochmals die Frage.

Angekl. M[einhof]:

Die zwei Fragen sind: 1. Welche Qualifikation haben Sie mitgebracht für diesen Job, und 2. was sollten Sie im Rahmen dieses Jobs lernen, weil Sie ja gesagt hatten, daß es ein Job innerhalb Ihrer Ausbildung wäre und damit erklärt haben, daß Sie gar nicht darüber informiert sein können, ob das eine übliche Zeugenbetreuung durch die Polizei ist, wenn es sich um ... also bei bestimmten Fällen, dem haben Sie sich ja entzogen. Das fällt hier einfach auf. Das sind die zwei Fragen, die habe ich gestellt.

Vors.:

Können Sie dazu etwas sagen, Herr Zeuge.

Zeuge Schä[fers]:

Ja, meiner Meinung nach handelt es sich um interne Angelegenheit des Amtes und darüber kann ich keine Aussagen machen. Meine Aussagegenehmigung erstreckt sich nur allein auf die Bewachung des Herrn Hoff.

Angekl. R[aspe]:

Ach ja, wie üblich, keine Genehmigung.

Vors.:

Haben Sie eine Frage, Herr Rechtsanwalt Schily?

RA Schi[ly]:

... ja jetzt habe ich eine Frage. Kann der Zeuge über die Betreuung des Herrn Hoffs nichts sagen?

Zeuge Schä[fers]:

Bitte?

RA Schi[ly]:

Über die Betreuung von Herrn Hoff, dürfen Sie da nichts sagen, Herr Zeuge?

Zeuge Schä[fers]:

Doch, darüber darf ich etwas sagen. Über die Bewachung[jjjjjjj] und Betreuung, darüber erstreckt sich meine Aussagegenehmigung.

RA Schi[ly]:

Naja, aber dann ist es doch ziemlich konsequent, wenn Sie dann auch sagen, unter welchen Voraussetzungen Sie ihn betreut haben.

Zeuge Schä[fers]:

Ich versteh nicht, was meine Ausbildung damit zu tun hat.

RA Schi[ly]:

Naja, wir haben ja gehört im Rahmen der Beweisaufnahme, daß hier eine Betreuung ...

Zeuge Schä[fers]:

Bewachung!

RA Schi[ly]:

Nein, nein. Von Ihnen haben wir das nicht gehört, aber von anderen, so eine Art psychologische Betreuung notwendig gewesen sei. Und insofern, Herr Zeuge ...

Vors.:

Wer hat das gesagt, Herr Rechtsanwalt Schily?

RA Schi[ly]:

Dieser Ausdruck ist, glaube ich, von Herr Freter gefallen, [7594] wenn ich es richtig im Kopf habe.

Vors.:

Haben Sie dafür eine Belegstelle?

RA Schi[ly]:

Ich habs jetzt nicht im Kopf, aber Sie werden es sehr wahrscheinlich auch noch im Ohr haben, daß dieser Ausdruck gefallen ist.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, wir beanstanden den Vorhalt. Er ist unkorrekt. Solang Herr Rechtsanwalt Schily nicht nachweist, daß Herr Freter so eine Aussage gemacht hat, bleiben wir bei der Beanstandung. Psychologische Betreuung, Herr Rechtsanwalt Schily, das sind doch die Worte der Angeklagten.

Vors.:

So habe ich es auch verstanden.

RA Schi[ly]:

Nein, nein. Dann müssen Sie mal im Protokoll nachlesen. Ich hab es hier nun nicht gegenwärtig. Ich brauche auch nichts nachzuweisen, sondern Sie müßten, wenn Sie meinen, daß es nicht gesagt worden, dann müßten Sie hier nachweisen, anhand des Protokolls, daß die Beanstandung begründet ist.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich kann den Vorhalt dieser Art nur zulassen, wenn Sie in der Tat belegen, woraus Sie diesen Vorhalt machen, sonst kann die Korrektheit nicht überprüft werden.[66] Uns jedenfalls ist nichts gegenwärtig, obwohl die Vernehmung des Herrn Zeugen Freter hier nochmals durchgesehen worden ist vor der Vernehmung des Herrn Zeugen hier. Also da müßten Sie uns den Vorhalt belegen.

RA Schi[ly]:

Aber Herr Vorsitzender, ich glaube, das können Sie aber, da trügt Sie aber ganz gewaltig Ihr Gedächtnis ...

Vors.:

Das mag sein.

RA Schi[ly]:

... daß der Herr Freter, ich weiß nicht, ob Sie jetzt in der Kürze der Zeit wirklich die gesamte Aussage von Herrn Freter gelesen haben, aber ich bin sicher ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, aber eines ist doch wohl eine grundsätzliche Regelung, daß Sie eben den Vorhalt mit der Belegstelle angeben. Solang das nicht geschieht, kann ich den Vorhalt, da hier Zweifel bestehen, ob er korrekt ist, tatsächlich nicht zulassen, solange er beanstandet ist. Wenn Sie es belegen können, bitte.

RA Schi[ly]:

Naja, ich muß doch davon ausgehen, daß das Gericht mindestens so den Prozeßstoff beherrscht, wie die Verteidigung. Und ich bin, glaube ich, nicht verpflichtet, also auf eine be- [7595] stimmte Blattzahl, ich hab das Protokoll nicht gegenwärtig hier. Sie haben es vielleicht vor sich, ich weiß es nicht. Ich hab’s in Berlin im Moment. Aber ich bin sicher, daß ein Ausdruck sinngemäß dieser Art gefallen ist „psychologische Betreuung“. Und ...

Vors.:

Gut. Formulieren Sie jetzt doch vielleicht mal den Zusammenhang mit dem Vorhalt der Frage.

RA Schi[ly]:

... der Zeuge hat ja selber hier von Betreuung gesprochen. Betreuung und Bewachung, nicht? Herr Schäfers, da habe ich Sie doch richtig verstanden?

Zeuge Schä[fers]:

Unter Betreuung verstehe ich, daß ich dafür gesorgt habe, daß Herr Hoff seine Mahlzeiten einnehmen kann und beispielsweise auch zur Toilette gehen kann.

RA Schi[ly]:

Ja kann ich vielleicht die Frage ein bißchen anders formulieren. Hatten Sie einen Auftrag, auch mit Herrn Hoff sozusagen so ein bißchen gedankliche Entspannungsübungen zu betreiben, in der Form, daß Sie mit ihm gesprochen haben über Dinge des alltäglichen Lebens und ähnliches?

Zeuge Schä[fers]:

Nein, hatte ich keinen Auftrag.

RA Schi[ly]:

Hatten Sie keinen Auftrag. Sie hatten nur einen schlichten Auftrag, ihn zu bewachen und eben für die Verpflegung zu sorgen?

Zeuge Schä[fers]:

Genau.

RA Schi[ly]:

Und darf man fragen, wie Sie dazu ausgerechnet ausersehen worden sind, Herr Schäfers, der Sie noch in der Ausbildung sind?

Zeuge Schä[fers]:

Ja, weil ich zufällig dem Sachbearbeiter Herrn Freter zugeteilt wurde.

RA Schi[ly]:

Zur Ausbildung?

Zeuge Schä[fers]:

Ja.

RA Schi[ly]:

Danke, keine Fragen mehr.

Vors.:

Sind weitere Fragen? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. W[under]:

Herr Vorsitzender, ich wäre bereit, hier noch eine Erklärung abzugeben.

Vors.:

Zur Zeugenaussage an sich oder ...

BA Dr. W[under]:

Genau zu dieser letzten Frage des Herrn Rechtsanwalt Schily.

Vors.:

Ja, da würde ich dann aber doch warten nach § 257[ StPO]. Es sei denn, es wird diese Aufklärung gewünscht, von irgend einer Seite? Ich sehe nicht. Dann möchte ich doch fragen, sind [7596] Fragen an den Herrn Zeugen zunächst?

RA Schi[ly]:

Ich habe nichts dagegen, wenn Sie jetzt zwischendurch ...

Vors.:

Gut, also dann bitteschön.

BA Dr. W[under]:

Die Bewachung durch Beamte des Bundeskriminalamts ergab sich zwangsläufig dadurch, daß der Generalbundesanwalt das Verfahren gegen Hoff führt,[67] und das Bundeskriminalamt die dem Generalbundesanwalt zur Verfügung stehende Polizeibehörde ist. Weitere Aufträge als Bewachung wurden nicht erteilt. Dazu gehört natürlich, wie eben auch der Zeuge ausgesagt hat, eine Betreuung in dem Rahmen, daß die Notwendigkeiten wie Essen und sonstiges dem Zeugen Hoff ermöglicht wurden.

RA Schi[ly]:

Darf ich dann die Frage da anschließen, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder, ob es auch zwingend erforderlich war, daß die Vernehmungsbeamten oder ein Vernehmungsbeamter mindestens dieser Art der Betreuung übernahm, wie der Herr Freter. Aber das geht jetzt wirklich etwas über das hinaus, was jetzt den Herrn Schäfers anbelangt.

Vors.:

Deswegen also nochmals die Frage, sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht. Können wir den Herrn Zeugen vereidigen? Keine Einwendungen.

Die Angeklagten Raspe und Meinhof verlassen um 17.00 Uhr den Sitzungssaal.

Der Zeuge Schäfers wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 17.01 Uhr entlassen.

Vors.:

Wir fahren am kommenden ... Zunächst die Fragen, die Sie noch gestellt haben, dazu ist folgendes zu bemerken. Ich glaube, es ist bloß noch offen, die Frage zunächst, wann Herr Hoff wieder zu hören ist. Soweit ich weiß, ist im neuen Terminsplan bereits ausgewiesen, daß der 7. und der 8. April für die eventuelle Wiedervorladung des Herrn Hoff vorgesehen ist. Wir wollen es gerade mal überprüfen. Ja, es heißt auf Seite 6: Mittwoch 7., Donnerstag 8. Sitzung nach Bedarf (eventuell Hoff u.a.).

RA Schi[ly]:

Ja, dies eventuell, darf ich nochmal deutlich bitten, [7597] wird da Herr Hoff auf jeden Fall nochmal geladen?

Vors.:

Soweit das Bedürfnis dafür vorhanden ist. Wenn also etwa in dieser Richtung spezielle Anträge noch kommen sollten, wir sind grundsätzlich bereit.

RA Schi[ly]:

Und dann hatte ich hier noch eine Frage gestellt nach dem Beweisantrag.

Vors.:

Nach den Beweisanträgen. Dazu ist zu sagen, daß über Beweisanträge oder ihre Ablehnung bis zum Schluß einer Beweisaufnahme zu entscheiden ist, damit notfalls vor Beendigung der Beweisaufnahme daran Anträge angeknüpft werden können, d.h, bis zum Schluß der Beweisaufnahme[68] wird mit Sicherheit darüber zu entscheiden sein. Es wird also, sobald die Zeit soweit ist, daß der Senat sich diese Dinge im einzelnen überlegen kann, eine Entscheidung bekannt gegeben werden.

RA Schi[ly]:

Herr Vorsitzender, also ich meine, soweit kenne ich Strafverfahren eigentlich auch, daß, wenn es nicht übersehen wird, was ja auch mitunter geschieht, und dafür würde ich sorgen, daß es nach Möglichkeit vielleicht nicht übersehen wird, aber daß Sie bis zum Schluß der Beweisaufnahme über Beweisanträge entscheiden wollen. Auf der anderen Seite hatte ich ja heute vormittag oder heute nachmittag, ich weiß es nicht mehr genau, darauf hingewiesen, daß es sinnvoll ist, über einen Beweisantrag, und ich hab den Beweisantrag hier gerade in dem Zusammenhang gestellt ...

Vors.:

Welchen haben Sie speziell im Auge. Darf ich das erfahren?

RA Schi[ly]:

Ja z.B. der Frl. Sorenson, daß man über diese Frage doch nun vorweg entscheidet und damit auch dann den Zusammenhang wahrt. Das ist doch wohl nicht sinnvoll, daß Sie irgendwann am Schluß der Beweisaufnahme, bei der sich die Aufmerksamkeit möglicherweise ganz anderen Dingen wieder zugewandt hat, dann auf einmal auf die Idee kommen, jetzt Frl. Sorenson noch zu vernehmen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich darf es vielleicht abkürzen. Es besteht kein Grund, das Ihnen nicht zu sagen. Wir kennen die Adresse noch nicht. Wir sind dabei, die Adresse zu erfahren. Wenn Sie uns die Adresse liefern können, ist es eine Sache ...

RA Schi[ly]:

Das kann ich nicht machen.

Vors.:

Ja sehen Sie. Uns geht es ...

Prof. Dr. Azz[ola]:

Die Bundesanwaltschaft verwahrt ...

[7598] RA Schi[ly]:

Ich nehme aber an, daß die Bundesanwaltschaft Ihnen da sehr gut behilflich sein kann.

Vors.:

Wir haben bis jetzt versucht, die Möglichkeiten, die uns im gegenwärtigen Zeitpunkt gangbar erscheinen, auszuschöpfen. Sie sind noch nicht alle beantwortet. Bei den Zeugenunterlagen findet sich der entsprechende Vorgang. Ich bitte also, wenn Sie sich im einzelnen dafür interessieren, den Ordner anzusehen. Ich glaube, damit ist aber die Frage beantwortet. Herr Dr. Heldmann und Herr Rechtsanwalt von Plottnitz ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich habe noch eine technische Bitte. Ich möchte doch sehr dringlich darum bitten, zumindest, solange es nicht gelungen ist, einen Verteidiger für Herrn Raspe zu finden,[69] der dann auch Aussichten hat, vom Senat beigeordnet zu werden, mir Ladungspläne bzw. deren Änderung, wie etwa die Tatsache, daß der Herr Tratter, dessen Vernehmung ich einmal beantragt hatte, heute erscheint, mir doch[kkkkkkk] noch zuzustellen [lllllll]. Diese Überforderung des Senats ... sein, aber ich würde doch bitten, daß das noch geschieht, damit also zumindest da noch so etwas wie eine Information gewährleistet ist.

Vors.:

Läßt sich schnell beantworten. Sie bekommen, so viel ich weiß immer noch das Protokoll, oder täusche ich mich?

RA v[on ]P[lottnitz]:

Nein, schon lange nicht, auf Ihre Anweisung hin. Ich bekomme es, glaube ich, wenn ich mal hier erscheine, so wie in der Vergangenheit.

Vors.:

Nun sicher. Die Zustellung oder die Bekanntgabe des Protokolls hat den Sinn, daß die Prozeßbeteiligten die Möglichkeit haben, Berichtigungen zu beantragen. Es hat also keinen Sinn, es jemand zu geben, der nicht anwesend ist.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Es hätte sehr viel Sinn, es jemand zu geben, der hin und wieder immer wieder gezwungen ist, zu erscheinen.

Vors.:

Gut. Darüber wollen wir nicht reden. Wir tun sowieso mehr, als die Prozeßordnung vorschreibt, was das Protokoll anlangt.[70]

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ja, das nützt nur denjenigen nichts, der es nicht bekommt.

Vors.:

Ich kann Ihnen also jetzt im Augenblick nicht sagen, ob wir das wieder generell machen. Grundsätzlich ist es so, daß wir in der Verhandlung hier bekannt geben, wenn Änderungen ein- [7599] treten. Hinweise auf die Terminsverfügung bzw. ihre Veränderung müßte also Ihnen möglichst durch Ihre Herrn Mitkollegen mitgeteilt werden. Ich kann also jetzt nicht sagen, daß wir Ihnen jetzt das Protokoll regelmäßig zustellen, solange Sie nicht da sind.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Nein, es geht nicht um’s Protokoll. Es geht z.B. darum, daß der Termin der Ladung des Zeugen Tratter, ich mein, der Herr Kollege Schily hat es mir gesagt, daß ihm schriftlich nach Berlin mitgeteilt wurde, ich glaub, dem Kollegen Dr. Heldmann auch, mir nicht. Also ich mein, das ist das Mindeste, was man vielleicht noch erwarten könnte.

Vors.:

Das ist ein Versehen in diesem speziellen Falle, wo das auf einen Antrag von Ihnen beruht. Das ist sicher. Herr Professor?

Prof. Dr. Azz[ola]:

Ich möchte mir ganz kurz die Anregung erlauben, falls dies noch nicht geschehen sein sollte, sich wegen der Adresse der Frau Sorenson an den Herrn Generalbundesanwalt Siegfried Buback persönlich zu wenden. Es gibt einen Hinweis aus der Zeugenaussage des Zeugen Hoff, die darauf schließen läßt, daß die Bundesanwaltschaft eine bestimmte Zusage gemacht hat in Bezug auf die Frau Sorenson, auch orientiert ist, in welcher Weise diese Zusage erfüllt worden ist.

Die Angeklagten Baader und Meinhof erscheinen wieder[mmmmmmm] um 17.07 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Die Anregung, die Sie gegeben haben, ist sicher gehört worden. Wir setzen die Sitzung fort am kommenden Dienstag. Wir beginnen also am Dienstag mit dem Sprengstoffanschlag Augsburg mit den Zeugen Lutz, Hemm, Finkbeiner, Eierle, Nitzer, Kreisel, Bischof; Ordner 99 ist dafür maßgebend. Damit Unterbrechung für heute und Fortsetzung Dienstag 9 Uhr.

Ende der Sitzung 17.07 Uhr

Ende von Band 419


[1] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[2] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[3] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[4] Andreas Baader wurde bereits am 70. Verhandlungstag wegen ordnungswidrigen Benehmens nach § 177 GVG i.V.m. § 231b Abs. 1 StPO bis zum Ende des Monats Februar von der Hauptverhandlung ausgeschlossen (S. 6268 f. des Protokolls der Hauptverhandlung), Gudrun Ensslin am 73. Verhandlungstag (S. 6659 f. des Protokolls der Hauptverhandlung). Nach §§ 231b Abs. 2, 231a Abs. 2 StPO sind die zuvor ausgeschlossenen Angeklagten bei ihrer Rückkehr von dem wesentlichen Inhalt dessen, was in ihrer Abwesenheit verhandelt wurde, zu unterrichten.

[5] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Da den Angeklagten neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei weitere Verteidiger zur Sicherung des Verfahrens (gegen ihren Willen) beigeordnet worden waren, konnte die Hauptverhandlung trotz zwischenzeitlicher Abwesenheit der Vertrauensverteidigung fortgesetzt werden. Die Angeklagten weigerten sich jedoch, mit den von ihnen sog. Zwangsverteidigern zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[6] Dierk Hoff, der in seiner Werkstatt einige der später von der RAF verwendeten Sprengkörperhüllen hergestellt hatte, wurde als einer der Hauptbelastungszeugen ab dem 68., sowie am 98. Verhandlungstag vernommen. Zur Diskussion um seine Ladung s. insbesondere die Anträge der Verteidigung am 62. Verhandlungstag, S. 5574 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, die Stellungnahme der Bundesanwaltschaft auf S. 5604 ff. des Protokolls, sowie den Senatsbeschluss auf S. 5632 f. des Protokolls, ebenfalls 62. Verhandlungstag.

[7] Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) entstand 1945 als studentische Organisation der SPD. Nachdem sich der SDS Ende der 1950er Jahre zunehmend radikal gesellschafts- und kapitalismuskritisch ausgerichtet hatte, erfolgte 1961 die Abspaltung von der SPD. Der SDS widmete sich in den 60er Jahren neben universitätsinternen Konflikten auch Themen wie der Wiederbewaffnung, der atomaren Aufrüstung, der geplanten Notstandsgesetzgebung oder dem Vietnamkrieg. Dabei nahm er großen Einfluss auf die Entstehung und Gestaltung der Studentenbewegung und Außerparlamentarischen Opposition. Die Erschießung des Studenten Benno Ohnesorgs am 2. Juni 1967 führte innerhalb des SDS und der Studentenbewegung zu einer Radikalisierung vieler Mitglieder. Zu den bekanntesten Vertretern des SDS zählte der Student Rudi Dutschke, der im Frühjahr 1968 Opfer eines Anschlags wurde (Herbert, Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, 2014, 849 ff; Schmidtke, Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft, Vol. 17 (1998), S. 188, 189 f., 195 ff.; für eine ausführlichere Darstellung s. Albrecht, Der Sozialistische Deutsche Studentenbund [SDS], 1994).

[8] Die Außerparlamentarische Opposition (APO) entstand 1966 als Antwort auf die Große Koalition und die damit einhergehende Schwächung der Opposition im Bundestag. Getragen wurde die APO von der Studentenbewegung, insbesondere dem SDS, von einer breiten bürgerlichen Bewegung gegen die geplanten Notstandsgesetze, von der Ostermarschbewegung bzw. der Kampagne für Abrüstung und von einzelnen Gewerkschaften. Einen gemeinsamen Nenner fanden sie vor allem in ihrer Ablehnung der geplanten Notstandsgesetzgebung und später in der Anti-Springer-Kampagne. Die APO vermochte eine Vielzahl von Unterstützer/innen zu mobilisieren und mit Protestmärschen, Kundgebungen, politischen Diskussionsrunden, Flugblättern und vermehrt auch politischen Aktionen auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Mit der Verabschiedung der Notstandgesetzgebung im Mai 1968 und einer fortschreitenden Distanzierung verschiedener Strömungen innerhalb der Bewegung, zerfiel auch die APO schließlich im Laufe des Jahres 1968 (Kraushaar, Die blinden Flecken der 68er Bewegung, 2018, S. 129 ff.; Siegfried, 1968, 2018, S. 163 f.; Straßner, Historisch-Politische Mitteilungen 14, 2007, S. 99, 104 ff.).

[9] Die im Frühjahr 1954 gegründete Nationale Befreiungsfront (Front de Libération Nationale, FLN) kämpfte im Algerienkrieg von 1954 bis 1962 für die Unabhängigkeit von der französischen Kolonialherrschaft. Die FLN suchte für ihren Kampf die Unterstützung der algerischen Bevölkerung. Die bewaffneten Einheiten der FLN, die Armée de Libération Nationale (ALN), bedienten sich Guerillataktiken gegen die französische Armee. Nachdem die FLN 1957 in der von zahlreichen französischen Verbrechen begleiteten „Schlacht um Algier“ von der französischen Armee besiegt worden war und innerhalb Algeriens ihrer vollständigen Niederlage entgegenzusehen schien, weitete sie den Konflikt seit Ende der 1950er Jahre mit gezielten Aktionen auf die französische Metropole aus. Nachdem der Konflikt mit Algerien trotz militärischer Erfolge eine zunehmende innen- und außenpolitische Belastung für Frankreich darstellte, vollzog der französische Präsident de Gaulle ab 1959 eine radikale politische Wende, indem er dem algerischen Volk die Selbstbestimmung in Aussicht stellte. Am 3. Juli 1962 erlangte Algerien schließlich die Unabhängigkeit (Deppe, Politisches Denken im Kalten Krieg, Teil 2, 2008, S. 306 f.; Jansen/Osterhammel, Dekolonisation, 2013, S. 70 ff.; Klose, Menschenrechte im Schatten kolonialer Gewalt, 2009, S. 104 ff.).

[10] H Hans-Jürgen Krahl (1943-1970) war ab 1965 Doktorand bei Theodor Adorno und einer der führenden Aktivisten und Denker des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Er war unter anderem an der Besetzung des Instituts für Sozialforschung am 7. Januar 1969 und einer unangemeldeten Demonstration bei der Frankfurter Buchmesse beteiligt. Erstere Aktion endete in einem persönlichen Zerwürfnis mit seinem Doktorvater Adorno (Demirović, Der nonkonformistische Intellektuelle, 1999, S. 856 ff.). Wie Rudi Dutschke, sah sich auch Krahl aggressivem Vorgehen seiner Opponent/innen ausgesetzt.

[11] Die Notstandsgesetze umfassen eine Reihe von Verfassungsänderungen und -ergänzungen, die Fragen des inneren und äußeren Staatsnotstandes betreffen. Sie wurden durch das Siebzehnte Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 24.6.1968 eingeführt (BGBl. I, S. 709). Diese sog. Notstandsgesetzgebung regelte insbesondere den Verteidigungsfall (Art. 115a ff. GG), traf Regelungen zum Einsatz der Streitkräfte im Inneren und sah Einschränkungsmöglichkeiten für gewisse Grundrechte vor. Begleitet wurde die Notstandsgesetzgebung durch einen breiten gesellschaftlichen Diskurs und massiven Protest (zur Entstehungsgeschichte der sog. Notstandsgesetze s. Epping, in Maunz/Dürig [Begr.], Grundgesetz Kommentar, 92. Ergänzungslieferung, Stand: August 2020, Art. 115a Rn. 1 ff.).

[12] Der Springer-Verlag wurde in den 1960er Jahren u.a. wegen seiner Monopolstellung von unterschiedlichen Akteur/innen in Gesellschaft und Politik kritisiert. Der SDS und bald auch die APO forderten seit 1967 in der „Anti-Springer-Kampagne“ die Enteignung des Verlegers. Der Konflikt zwischen dem SDS und dem Springer-Verlag eskalierte, als die Führungsperson des SDS, Rudi Dutschke, am 11. April 1968 von einem jungen Attentäter niedergeschossen wurde. Die Empörung über die Tat mobilisierte tausende Demonstrant/innen, die Kampagnen des Springer-Verlags gegen Dutschke mittelbar für das Attentat verantwortlich machten. Es kam zu schweren Straßenunruhen und Blockadeversuchen gegen die Auslieferung von Druckerzeugnissen des Verlags. Außerdem versuchten Demonstrant/innen in der Nacht auf den 12. April 1968, das Springer-Gebäude in der Kreuzberger Kochstraße zu stürmen. Dabei wurden Hallen und Fahrzeuge auf dem Gelände des Hochhauses in Brand gesetzt (Kraushaar, in ders. [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 2, 2006, S. 1075, 1088 ff.; Siegfried, 1968, 2018, S. 163 f.).

[13] Am 2. April 1968 verübten Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein Brandanschläge auf Kaufhäuser in Frankfurt am Main, bei denen zwar erhebliche Sachschäden entstanden, aber keine Menschen verletzt wurden. Die Kaufhausbrandstiftungen zählen zu den ersten politischen Gewalttaten von Baader und Ensslin vor Gründung der RAF. Motiviert wurden sie durch eine Kampagne der Kommune I, die eine Brandtragödie mit mehr als 200 Toten in einem Brüsseler Kaufhaus im Jahr 1967 für Kritik am Vietnamkrieg nutzte. Im Oktober 1968 begann der Prozess am Landgericht Frankfurt gegen Baader, Ensslin, Proll und Söhnlein. Mit Urteil vom 31.10.1968 wurden sie zu Haftstrafen in Höhe von je drei Jahren verurteilt. Da der BGH auch im Juni 1969 noch nicht über die Revision entschieden hatte, das Urteil also noch nicht rechtskräftig war, und die in der Zwischenzeit in Untersuchungshaft verbrachte Zeit einer ausgeurteilten Haftstrafe angerechnet werden würde, hob das LG Frankfurt den Haftbefehl am 13. Juni 1969 vorläufig auf. Als der BGH die Revision schließlich im November 1969 zurückwies, tauchten Baader, Ensslin und Proll unter, um sich der weiteren Haft zu entziehen (s. die Aufsätze von Bressan/Jander, sowie Hakemi/Hecken, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 398, 407 ff., sowie S. 316 f., 322 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 27 ff.).

[14] § 69 StPO beschreibt den Vernehmungsgegenstand wie folgt: „Der Zeuge ist zu verlanlassen, das, was ihm von dem Gegenstand seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang anzugeben“ (Abs. 1 Satz 1). „Zur Aufklärung und zur Vervollständigung der Aussage sowie zur Erforschung des Grundes, auf dem das Wissen des Zeugen beruht, sind nötigendenfalls weitere Fragen zu stellen“ (Abs. 2 a.F., heute Abs. 2 Satz 1).

[15] Fragen nach Tatsachen, die Zeug/innen oder ihren Angehörigen zur Unehre gereichen können, sollen nur gestellt werden, wenn es unerlässlich ist (§ 68a Abs. 1 StPO).

[16] Der/Die Vorsitzende kann ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen nach § 241 Abs. 2 StPO zurückweisen. Anders als ein Verzicht der fragestellenden Person führt die vorschnelle Beantwortung nicht zur Überflüssigkeit der Entscheidung über die Zulässigkeit der Frage. Wird sie im Nachhinein für unzulässig befunden, so darf sie im Verfahren nicht verwertet werden, sie wird auch nicht Bestandteil der Aussage (s. bereits Golliwtzer in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 2, 22. Aufl. 1973, § 241 Anm. 6 f.; heute: Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 241 Rn. 21, 23; s. aber auch Gaede, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 241 Rn. 29, der eine Verwertbarkeit zumindest in den Fällen entlastender Angaben fordert).

[17] § 169 Satz 1 GVG normiert für die ordentliche Gerichtsbarkeit den Grundsatz, dass die Verhandlungen öffentlich sind. Dieser Grundsatz ist auch Bestandteil des Rechtsstaats- sowie des Demokratieprinzips, womit ihm Verfassungsrang zukommt. Die Öffentlichkeit soll zum einen dem Schutz der Angeklagten dienen, indem die öffentliche Kontrolle der Verfahren einer Geheimjustiz entgegenwirkt. Zum anderen trägt sie dem Interesse der Bürger/innen Rechnung, von dem gerichtlichen Geschehen Kenntnis zu erlangen. Die Öffentlichkeit wird nicht unbegrenzt gewährleistet. Ihr gegenüber stehen andere gewichtige Interessen, die miteinander abgewogen werden müssen, insbesondere die Persönlichkeitsrechte der am Verfahren Beteiligten, das Recht der Angeklagten auf ein faires Verfahren, sowie die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege (BVerfG, Urt. v. 24.1.2001 - Az.: 1 BvR 2623/95, BVerfGE 103, S. 44, 63 f.).

[18] Gemeint ist der Zeuge Dierk Hoff. Die Verteidigung war der Auffassung, die Bundesanwaltschaft habe in unzulässiger Weise Einfluss auf die Aussage Dierk Hoffs genommen, etwa durch das in Aussicht stellen nicht vorgesehener Vorteile, und ihn dadurch gesetzeswidrig als Kronzeugen zu gewinnen (s. den durch Rechtsanwalt Heldmann vorgetragenen Beweisantrag, S. 7962 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 89. Verhandlungstag). Die Schaffung einer speziellen gesetzlichen Kronzeugenregelung wurde zum damaligen Zeitpunkt zwar diskutiert, erfolgte aber zunächst nicht. Während bereits mit Gesetz vom 28.7.1981 (BGBl. I, S. 681) eine Kronzeugenregelung für Betäubungsmitteldelikte geschaffen wurde (§ 31 BtMG), geschah dies erst 1989 auch für terroristische Straftaten (BGBl. I, S. 1059, S. 1061). Diese Regelung trat jedoch zum 1.12.1999 wieder außer Kraft. Erst seit dem 1.9.2009 gibt es im deutschen Strafrecht mit § 46b StGB eine allgemeine Kronzeugenregelung (eingeführt durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz vom 29.7.2009, BGBl. I, S. 2288).

[19] Holger Meins war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Für seinen Tod machten die Angeklagten staatliche Akteure, u.a. den Vorsitzenden Dr. Prinzing sowie die Bundesanwaltschaft verantwortlich (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.).

[20] Zwischen 1959 und 1969 verfasste Ulrike Meinhof etliche Kolumnen für die Zeitschrift „konkret“, für die sie von 1961 bis 1963 auch als Chefredakteurin tätig war. Durch die Kolumnen erlangte sie bundesweite Bekanntheit (Seifert, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 3350, 361 ff.).

[21] In der „Heimkampagne“ machten Teile der Studentenbewegung auf die repressiven Strukturen der damaligen Fürsorgeeinrichtungen aufmerksam und setzten sich - auch erfolgreich - für Veränderungen ein. Nach ihrer Haftentlassung (Fn. 13) engagierten sich auch Andreas Baader und Gudrun Ensslin in der Kampagne. Zeitweise lebten sie mit ehemaligen Heimbewohner/innen gemeinsam in Frankfurt am Main. Ihr Engagement verbanden sie auch mit dem Ziel, das das „revolutionäre Potential“ der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu wecken (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 160 ff.; Bressan/Jander, in: Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 398, 412 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 123 ff.).

[22] Hierzu gab es zu diesem Zeitpunkt keine gesetzliche Regelung. Nach § 68a Abs. 1 aF. StPO sollten lediglich Fragen nach Tatsachen, die Zeug/innen oder ihren Angehörigen zur Unehre gereichen können, nur gestellt werden, wenn es unerlässlich ist. Erst mit dem Opferschutzgesetz vom 18.12.1986 (BGBl. I, S. 2496) wurde die Vorschrift um Fragen zum persönlichen Lebensbereich erweitert. Zum persönlichen Lebensbereich im Sinne dieser Vorschrift gehören auch die religiöse und politische Einstellung (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 68a Rn. 4; Maier, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 68a Rn. 8). Eine über die gesetzlichen Regelungen hinausgehe Ausnahme für die grundsätzliche Aussagepflicht von Zeug/innen kann sich nach dem Bundesverfassungsgericht nur im Einzelfall und nur unter strengen Voraussetzungen direkt aus der Verfassung herleiten (zur eng auszulegenden Ausnahme im Bereich von Fragen zur sog. Intimsphäre s. BVerfG, Beschl. v. 19.7.1972 - Az.: 2 BvL 7/71, BVerfGE 33, S. 367).

[23] Die in Art. 4 Abs. 1 GG verbürgte Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses umfasst auch die Freiheit, die eigene Weltanschauung nicht bekanntzugeben. Die politische Überzeugung ist vom Schutzbereich allerdings nicht umfasst (Di Fabio, in Maunz/Dürig [Begr.], Grundgesetz Kommentar, 92. Ergänzungslieferung, Stand: August 2020, Art. 4 Rn. 70; zur Abgrenzung von politischer Überzeugung und weltanschaulichem Bekenntnis s. auch BVerwG, Urt. v. 7.7.2004 - Az.: 6 C 17/03, NJW 2005, S. 85, 88; BVerwG, Urt. v. 25.1.2006 - Az.: 6 A 6/05, NVwZ 2006, S. 694) Auch in die Bekenntnisfreiheit darf der Staat jedoch aufgrund von anderen Rechtsgütern mit Verfassungsrang eingreifen, wozu auch die Aufklärung von Straftaten als „wesentlicher Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens“ (BVerfG, Beschl. v. 19.7.1972 - Az.: 2 BvL 7/71, NJW 1972, S. 2214, 2216) gehört. Damit sind entsprechende Fragen allerdings nur im Rahmen der Sachaufklärung zulässig. Dazu gehören auch Fragen, die der Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeug/innen dienen. Die davon unabhängige Erfragung, etwa im Rahmen der allgemeinen Befragung der Zeug/innen zur Person (§ 68 StPO), soll hingegen unzulässig sein (Ignor/Bertheau, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 2, 27. Aufl. 2017, § 68 Rn. 8; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 68 Rn. 9).

[24] Der/Die Vorsitzende kann ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen der Verteidigung nach § 241 Abs. 2 StPO selbst zurückweisen oder bei Zweifeln die Entscheidung des Gerichts einholen (§ 242 StPO).

[25] S. Fn. 23.

[26] Art. 3 Abs. 3 GG a.F. (heute: Abs. 3 Satz 1) lautete: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“.

[27] Rechtsanwalt Dr. Heldmann bezieht sich hier möglicherweise auf eine Formulierung in einer Entwurfsfassung von Art. 4 des Grundgesetzes, die in der 4. Lesung des Hauptausschusses gestrichen wurde. In dem geplanten Abs. 4 hieß es: „Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Nach der Zugehörigkeit zu einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft darf nur gefragt werden, wenn davon Rechte und Pflichten abhängen oder wenn eine gesetzlich angeordnete Erhebung es erfordert.“ (Fassung vom 10.2.1949, s. die Materialien in Matz, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Neue Folge, Band 1, 1951, S. 78).

[28] Nach § 55 Abs. 1 StPO steht Zeug/innen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn sie sich selbst oder ihre Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) durch die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Hierüber sind sie zu belehren (§ 55 Abs. 2 StPO), in der Regel allerdings erst, sobald Anhaltspunkte für eine solche Gefahr erkennbar werden (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 55 Rn. 14).

[29] Obwohl die US-amerikanische Regierung 1969 und 1970 angesichts einer wachsenden Antikriegsbewegung die Reduktion amerikanischer Truppen in Vietnam in Aussicht gestellt hatte, weitete sie Frühsommer 1970 den Vietnamkrieg durch den Einmarsch amerikanischer und südvietnamesischer Truppen in das bisher neutral gebliebene Nachbarland Kambodscha aus. Dort sollten Rückzugsorte und Infrastrukturen der nordvietnamesischen Kommunist/innen - wie der teils auf kambodschanischen Gebiet verlaufende Ho Chi Minh-Pfad - zerstört werden. In den USA fand Anfang Mai 1970 als Reaktion auf die Invasion die bisher größte Antikriegsdemonstration statt (Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2016, S. 196 ff.; Stöver, Geschichte Kambodschas, 2015, S. 143 ff.). Der amerikanische Einmarsch in Kambodscha löste auch in Deutschland Demonstrationen aus. Am 9. Mai 1970 protestierten ca. zehntausend Menschen in Berlin gegen die Ausweitung des Vietnamkrieges. Rund um das Amerika-Haus in der Hardenbergstraße, das als amerikanisches Kulturzentrum bereits des Öfteren Ziel von Angriffen und Protesten geworden war, kam es daraufhin zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Polizei, bei denen zahlreiche Verletzte zu verzeichnen waren. Dabei wurden auf Seiten der Demonstrierenden zwei Personen von Schüssen eines Polizeibeamten getroffen (Schroeder/Deutz-Schroeder, Der Kampf ist nicht zu Ende, 2019, S. 160 f.).

[30] Die Sicherungsgruppe ist eine Abteilung des Bundeskriminalamtes. Die SoKo B/M (Sonderkommission Baader/Meinhof) wurde 1971 als Teil der Sicherungsgruppe für Ermittlungen betreffend die RAF eingerichtet (Klaus, Sie nannten mich Familienbulle, 2008, S. 23).

[31] Der Grund, aus welchem Richter/innen abgelehnt werden, muss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt. Mittel der Glaubhaftmachung kann auch das Zeugnis des/der abgelehnten Richter/in sein (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO).

[32] Die Ablehnung ist nach § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO als unzulässig zu verwerfen, wenn „durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen“.

[33] Fragen nach Tatsachen, die Zeug/innen oder ihren Angehörigen zur Unehre gereichen können, sollen nur gestellt werden, wenn es unerlässlich ist (§ 68a Abs. 1 StPO; s. bereits Fn. 22). Explizite Einschränkungen für die Offenbarung von Ermittlungsverfahren gibt es nicht. § 68a Abs. 2 StPO sieht vor, dass Zeug/innen nach Vorstrafen nur gefragt werden sollen, wenn dies dazu dient, bestimmte Vereidigungsverbote zu begründen, oder um die Glaubwürdigkeit zu beurteilen. In den Kommentierungen wird hierbei insbesondere auf Verurteilungen wegen Delikten mit einem Täuschungselement Bezug genommen: neben Aussagedelikten etwa Verurteilungen wegen Betrugs, Untreue und falscher Verdächtigung. Eine Auswirkung auf die Glaubwürdigkeit sollen auch Taten derselben Art, wie sie dem/der Beschuldigten vorgeworfen werden, haben (s. zum damaligen Zeitpunkt Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 33. Aufl. 1977, § 68a Rn. 3; Meyer, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 1, 23. Aufl. Mai 1976, § 68a Rn. 5).

[34] § 60 Nr. 2 StPO a.F. enthielt ein Vereidigungsverbot bei „Personen, die der Tat, welche den Gegenstand der Untersuchung bildet, oder der Beteiligung an ihr oder der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig oder deswegen bereits verurteilt sind“ (heute ergänzt um den Tatbestand der Datenhehlerei).

[35] Nach § 61 Nr. 4 StPO konnte von einer Vereidigung nach dem Ermessen des Gerichts abgesehen werden, wenn die Person bereits wegen Meineids verurteilt worden war.

[36] Im Mai 1968 besetzten Film-Studierende die Film-Akademie, die sie nach dem russisch-sowjetischen Filmpionier in „Dziga-Vertow-Akademie“ umbenannten. Das Gebäude wurde nach kurzer Zeit von der Polizei geräumt. Weitere politische Proteste der Studierenden eskalierten im November 1968, als einige von ihnen in einem „Go-In“ das Büro des Akademiedirektors besetzten. 18 Studierende wurde der Hochschule verwiesen, darunter Holger Meins, Gerd Conradt, Harun Farocki und Helke Sander (Kreimeier, in Hoffmann/Wottrich [Red.], Protest - Film - Bewegung, 2015, S. 25, 25 ff.).

[37] S. Fn. 13.

[38] Holger Meins studierte von 1966 bis zu seiner Relegation 1968 an der Filmakademie. Sein erster Dokumentarfilm „Oskar Langenfeld. 12 Mal“ (1966) behandelte das Leben eines tuberkulosekranken Obdachlosen in Berlin-Kreuzberg. Der ihm zugeschriebene nur dreiminütige Kurzfilm „Herstellung eines Molotow-Cocktails“ (1967/68), gezeigt auf Teach-Ins und in der Kommune 1, machte ihn in der linken Szene West-Berlins bekannt (Kreimeier, Hoffmann/Wottrich [Red.], Protest - Film - Bewegung, 2014, S. 25, 25 ff.).

[39] Gemeint sein dürfte der Film „Mooses und Aron“ des Filmemacherpaares Jean-Marie Straub und Danièle Huillet. Ihrem Film stellten die beiden eine Widmung an Holger Meins voran, die jedoch der Zensur durch die ARD-Programmdirektoren zum Opfer fiel, die fürchteten, eine solche Widmung könne als politische Demonstration missverstanden werden (Der Spiegel, Ausgabe 13/1975, S. 140).

[40] Nach § 257 Abs. 1 StPO sollen Angeklagte u.a. nach jeder Zeugenvernehmung befragt werden, ob sie etwas dazu erklären wollen.

[41] Die Vernehmung von Zeug/innen zur Sache beginnt damit, dass sie im Zusammenhang angeben sollen, was ihnen vom Gegenstand der Vernehmung bekannt ist (§ 69 Abs. 1 StPO). Anschließend können zur Aufklärung und Vervollständigung der Aussage, sowie zur Erforschung des Grundes, auf dem ihr Wissen beruht, weitere Fragen gestellt werden (§ 69 Abs. 2 StPO).

[42] Die Angeklagten beantragten, die gerichtliche Tonbandaufzeichnung für die Dauer ihrer Erklärung zur Sache auszusetzen (S. 5636 des Protokolls der Hauptverhandlung, 63. Verhandlungstag). Im Anschluss sollte das Manuskript abgeschrieben und im Ganzen an das Gericht übergeben werden (S. 5658 f., 64. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt.

[43] Der Verteidigung ist auf Verlangen - ebenso wie der Staatsanwaltschaft - nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[44] Gerhard Müller war ein ehemaliges Mitglied der RAF und einer der Hauptbelastungszeugen in diesem sowie in weiteren Verfahren gegen Mitglieder der RAF. Am 30. Juni 1975 begann das Verfahren gegen ihn und Irmgard Möller vor dem Landgericht Hamburg, in welchem der Zeuge Dierk Hoff ebenfalls aussagte. Gerhard Müller wurde u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zum Mord, Beteiligung an Bombenanschlägen und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Riederer, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29).

[45] Siegfried Buback war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Generalbundesanwalt und damit Leiter der Strafverfolgungsbehörde „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“, welche das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 GVG) ausübt (§ 142a Abs. 1 GVG).

[46] Da zum Zeitpunkt des Todes von Holger Meins (Fn. 19) der 2. Strafsenat des OLG Stuttgart als Gericht der Hauptsache zuständig für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für Entscheidungen über die Haftbedingungen war (§ 126 Abs. 2 StPO), machten die Angeklagten den Senat, insbesondere den Vorsitzenden Dr. Prinzing, unmittelbar verantwortlich für den Tod von Holger Meins. Gegen ihn (und weitere) erstattete Rechtsanwalt von Plottnitz im Namen von Meins’ Angehörigen sowie im eigenen Namen Strafanzeige wegen Mordes (Auszüge der Strafanzeige sind abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 195 f.; vollständig, aber schlecht lesbar, befindet sich die Strafanzeige auch im Anhang zu Anlage 1 zum Protokoll vom 19. Juni 1975, 7. Verhandlungstag, S. 644 ff.). Eine auf die Ereignisse um den Tod Holger Meins’ gestützte Ablehnung der Angeklagten Ensslin gegen den Vorsitzenden Dr. Prinzing findet sich in Anlage 1 zum Protokoll vom 19. Juni 1975 (7. Verhandlungstag, S. 620 ff.). Die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden Dr. Prinzing befindet sich auf S. 677 ff. (ebenfalls 7. Verhandlungstag).

[47] Mit Beschluss vom 13.7.1973 gab der Untersuchungsrichter am BGH Knoblich dem Antrag der Bundesanwaltschaft statt, Ulrike Meinhof - notfalls gegen ihren Willen unter Anwendung von Narkose - auf ihre Zurechnungsfähigkeit während der Tatzeit untersuchen zu lassen. Hintergrund war, dass sie sich 1962 aufgrund eines gutartigen Tumors einer Gehirnoperation unterziehen musste, sodass der Verdacht einer Beeinträchtigung durch einen Tumor aufkam. Zu den genehmigten Behandlungen zählten Röntgenaufnahmen und eine Szintigraphie des Gehirns. In einem offenen Brief wandten sich 70 Ärzte und Medizinalassistenten direkt an den Richter am BGH Knoblich mit der Aufforderung, diesen Beschluss aufzuheben (der Brief ist abgedruckt in Komitees gegen Folter an politischen Gefangenen in der BRD, Der Kampf gegen die Vernichtungshaft, S. 133 f.). Dies geschah schließlich auch auf Antrag der Bundesanwaltschaft, allerdings mit der Begründung, die Untersuchung sei aufgrund neuer Erkenntnisse überflüssig geworden (so Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 115 f.; s. dazu auch Ulrike Meinhof am 19. Verhandlungstag, S. 1541 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[48] Horst Herold war von 1971 bis 1981 Präsident des Bundeskriminalamtes (s. die vorangestellte Vita in Bundeskriminalamt [Hrsg.], Festschrift für Horst Herold zum 75. Geburtstag, 1998, S. 15, 17).

[49] Jan-Carl Raspe bezieht sich auf eine Aussage des Generalbundesanwalts Buback im Gespräch mit den Spiegel-Redakteuren Rolf Lamprecht und Hans-Wolfgang Sternsdoff: „Staatsschutz lebt davon, dass er von Leuten wahrgenommen wird, die sich dafür engagieren. Und Leute, die sich dafür engagieren, wie Herold und ich, die finden immer einen Weg“ (Der Spiegel, Ausgabe 8/1976 vom 16.2.1976, S. 30, 34).

[50] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[51] Markante Einschnitte in die Situation der Verteidigung lagen insbesondere in dem Ausschluss der Verteidiger Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele noch vor Beginn der Hauptverhandlung auf Grundlage des neu geschaffenen § 138a StPO wegen des Verdachtes der Tatbeteiligung (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 156 ff.), dem Ausschluss der Verteidiger Golzem, Köncke und Spangenberg im November 1975 wegen des - ebenfalls vor Prozessbeginn eingeführten - Verbots der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.11.1975 - Az.: 2 StE 1/74, NJW 1976, S. 157; s. dazu auch die Kritik der Verteidigung am 43. Verhandlungstag, S. 3320 f., 3338 ff., 3354 ff. und 3394 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung), sowie der Rücknahme der Bestellung des Rechtsanwalts von Plottnitz als Pflichtverteidiger des Angeklagten Raspe nur drei Tage später (die Verfügung vom 7.11.1975 ist abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 70 ff.; s. hierzu auch die auf diese Verfügung gestützte und am 43. Verhandlungstag im Namen des Angeklagten Raspe von Rechtsanwalt Mairgünther vorgetragene Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit, S. 3308 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Diese Entscheidungen wurden zwar nicht durch die Bundesanwaltschaft getroffen, die Angeklagten waren aber der Auffassung, die Justiz - insbesondere der 2. Strafsenat und der Vorsitzende Dr. Prinzing - führe lediglich Anordnungen der Bundesanwaltschaft aus, die das Verfahren eigentlich lenke (s. etwa in Bezug auf den Vorsitzenden Dr. Prinzing die Ausführungen der Angeklagten Meinhof am 85. Verhandlungstag, S. 7605 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[52] § 177 GVG eröffnet die Möglichkeit, Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer zu entfernen. Nach § 231b Abs. 1 StPO kann die Hauptverhandlung sodann in Abwesenheit der Angeklagten fortgeführt werden, wenn das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält und solange weitere schwerwiegende Störungen zu befürchten sind. Die letzten Ausschlüsse dieser Art erfolgten für etwa einen Monat (Fn. 4).

[53] Sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden können als unzulässig beanstandet werden (§ 238 Abs. 2 StPO). Über die Beanstandung entscheidet sodann das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung.

[54] Der Zeuge wurde bereits am 77. Verhandlungstag vernommen (s. dazu die S. 6880 ff., 6940 und 6970 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[55] Das Sozialistische Patientenkollektiv (SPK) war eine 1970 gegründete Gruppe von Patient/innen des Heidelberger Arztes Wolfgang Huber. Das SPK übte Kritik an zeitgenössischen Psychiatrieformen und einer als krankmachend empfundenen kapitalistischen Gesellschaft. Dagegen setzte die Gruppe auf antiautoritäre Therapien und Forderungen nach einer revolutionären Umgestaltung der Gesellschaft. Im Sommer 1971 wurden acht Mitglieder des SPK unter dem Verdacht der RAF-Unterstützung und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verhaftet. Ab November 1972 folgten Prozesse u.a. wegen Sprengstoffherstellung und Urkundenfälschung. Besondere Bekanntheit erlangte das SPK darüber hinaus durch den Übertritt einiger seiner Mitglieder in die Reihen der RAF (Brink, in Weinhauer/Requate/Haupt [Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 134, 137 f.; Forsbach, Die 68er und die Medizin, 2011, S. 90 ff.).

[56] Carmen Roll war Teil des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK). Nach einem Schusswechsel mit der Polizei infolge einer Verkehrskontrolle bei Heidelberg und den anschließenden verstärkten Ermittlungen der Polizei gegen das SPK ging sie in die Illegalität zur RAF. Am 2. März 1972 wurde sie in Augsburg wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verhaftet und am 19. Juli 1973 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 80 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 761 f. Anm. 60).

[57] Erst mit Wirkung zum 1.1.1975 wurde durch das Erste Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 9.12.1974 (BGBl. I, S. 3393) die Möglichkeit eingeführt, von der Vereidigung abzusehen, „wenn die Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und der Angeklagte auf die Vereidigung verzichten“ (§ 61 Nr. 5 StPO a.F.). Die Vereidigung war aber weiterhin als Regelfall vorgesehen. Im Unterschied dazu bestimmt § 59 Abs. 1 Satz 1 StPO heute, dass eine Vereidigung nur dann erfolgt, wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage nach seinem Ermessen für notwendig hält (eingeführt durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004, BGBl. I, S. 2198).

[58] Während bis zum 31.12.1974 die sog. Blockverteidigung - die kollektive Verteidigung mehrerer Angeklagter bei gleicher Interessenlage - zulässig war, wurde durch das Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) mit Wirkung zum 1.1.1975 das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) eingeführt. Jede/r Verteidiger/in durfte fortan nur noch eine/n Angeklagte/n vertreten, mithin auch nur im Namen des/der jeweiligen Angeklagten sprechen. Der Vorsitzende Dr. Prinzing achtete in der Regel sehr genau darauf, dass die Verteidiger/innen nur zu Vorgängen sprach, die die eigenen Mandant/innen betrafen (s. dazu etwa die Diskussion am 4. Verhandlungstag, S. 279 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, sowie am 12. Verhandlungstag, S. 928 f. des Protokolls).

[59] § 58 Abs. 2 StPO ermöglicht die Gegenüberstellung von Zeug/innen u.a. mit Beschuldigten im Vorverfahren. Grundsätzlich ist für die Zwecke der Identitätsfeststellung eine sog. Wahlgegenüberstellung durchzuführen, bei der Vergleichspersonen gleichen Geschlechts, ähnlichen Alters und ähnlicher Erscheinung gegenübergestellt werden, und zwar in einer Form, die nicht erkennen lässt, welche Person der/die Beschuldigte ist (Maier, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 58 Rn. 54; s. dazu auch Nr. 20 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren [RiStBV] v. 1.12.1970; heute Nr. 18 RiStBV). Der Einzelgegenüberstellung, bei der keine Vergleichspersonen gegenübergestellt werden, kommt aufgrund der damit einhergehenden Suggestivwirkung in der Regel ein wesentlich geringerer Beweiswert zu (BGH, Urt. v. 24.2.1994 - Az.: 4 StR 317/93, BGHSt 40, S. 66, 68; Maier, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 58 Rn. 57 ff.).

[60] S. Fn. 2.

[61] In dieser Entscheidung führt der BGH zum geringeren Beweiswert wiederholten Wiedererkennens aus: „Dessen Verläßlichkeit ist aber nach den gesicherten Erfahrungen und Erkenntnissen der kriminalistischen Praxis sehr häufig deshalb fragwürdig, weil es durch das vorangehende Wiedererkennen beeinflußt wird. Der bei diesem gewonnene Eindruck wird das ursprüngliche Erinnerungsbild in der Regel überlagern. Damit entsteht die Gefahr, daß der Zeuge - sich selbst unbewußt - den gegenwärtigen Eindruck mit dem Erinnerungsbild vergleicht, das auf dem ersten Wiedererkennen beruht [...]. Im übrigen ist, wenn es zur ersten Identifizierung nach einer Fotografie gekommen ist, die Gefahr der Fehlbeurteilung keineswegs geringer, indem nämlich der Zeuge den ihm gegenübergestellten Angekl. unbewußt mit dem durch die Fotografie gewonnenen Eindruck vergleicht. Daraus erhellt, daß sich eine falsche Beurteilung auf Grund der ersten Gegenüberstellung bei den späteren mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wiederholen wird, daß also das Ergebnis des wiederholten Wiedererkennens besonders fragwürdig ist, wenn bei den vorhergehenden Identifizierungsversuchen Fehler unterlaufen sind; sie sind kaum wiedergutzumachen“ (BGH, Urt. v. 28.6.1961 - Az.: 2 StR 194/61, BGHSt 16, S. 204, 205 f.).

[62] § 136a StPO enthält eine Auflistung von verbotenen Methoden bei der Vernehmung von Beschuldigten. Diese sind: die Beeinträchtigung der Willensentschließung und -betätigung durch Misshandlung, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Täuschung, Quälerei oder Hypnose, sowie die Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme oder das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils (Abs. 1). Ferner untersagt sind Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit der Beschuldigten beeinträchtigen (Abs. 2). Für den Fall eines Verstoßes gegen diese Verbote enthält § 136a Abs. 3 Satz 3 StPO ein Verwertungsverbot für die so zustande gekommenen Aussagen.

[63] § 193 StGB enthält einen Rechtfertigungsgrund für ehrverletzende Äußerungen. Danach sind u.a. „Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht werden [...] nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.“

[64] Da die vollständige Verhandlungsfähigkeit - d.h. die Fähigkeit, „in und außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen“ (BGH, Beschl. v. 8.2.1995 - Az.: 5 StR 434/94, BGHSt 41, S. 16, 18) - der Angeklagten durch die Verteidigung seit Beginn der Hauptverhandlung immer wieder bestritten wurde, beauftragte das Gericht mit Beschluss vom 18.7.1975 eine Kommission aus Sachverständigen verschiedener Fachrichtungen mit der Begutachtung der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten (der Beschluss selbst ist nicht im Protokoll enthalten, vgl. aber den ergänzenden Beschluss in Anlage 2 zum Protokoll vom 29.7.1975, S. 1570 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 20. Verhandlungstag; zur Chronologie der Beauftragungen der verschiedenen Gutachter s. die Ausführungen des Rechtsanwalts von Plottnitz am 26. Verhandlungstag, S. 2093 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Die abschließenden Gutachten, die am 39. Verhandlungstag bekannt gegeben wurden, legten eine zeitlich beschränkte Verhandlungsfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nahe. Die Gutachten sind im Protokoll nicht enthalten. Auszüge finden sich in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 207 ff., sowie Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 117 ff. Dem lässt sich entnehmen, dass die Internisten Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Schröder von einer eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit von drei Stunden pro Tag ausgingen, wobei kürzere Pausen nicht mit einzubeziehen seien (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 208). Zur Behandlungsmöglichkeit führte der Sachverständige Prof. Dr. Rasch aus: „[D]ie Durchführung einer Behandlung dürfte während der Dauer der Hauptverhandlung und bei Beibehaltung der jetzt gegebenen Haftbedingungen nicht möglich sein“ (so die Wiedergabe des Vorsitzenden Dr. Prinzing auf S. 3112 des Protokolls der Hauptverhandlung, 39. Verhandlungstag). Am 40. Verhandlungstag verkündete der Vorsitzende Dr. Prinzing schließlich den Senatsbeschluss, wonach die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten fortgesetzt werde (s. Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag). Nach § 231a StPO ist dies möglich, wenn die Angeklagten noch nicht zur Anklage vernommen wurden, sie sich vorsätzlich und schuldhaft in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit versetzt haben und das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält.

[65] Nach § 231a StPO die Verhandlung in Abwesenheit gegen verhandlungsunfähige Angeklagte möglich, die sich selbst vorsätzlich und schuldhaft in diesen Zustand versetzt haben. Die Vorschrift ist eine der wenigen Ausnahmen von der grundsätzlichen Anwesenheitspflicht der Angeklagten während der Hauptverhandlung (§ 231 Abs. 1 StPO). Die Norm wurde durch das Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) eingeführt. Bereits vor dem Inkrafttreten der neuen Norm war eine solche Vorgehensweise zumindest für den Zeitraum nach Vernehmung der Angeklagten zur Sache (§ 243 Abs. 5 StPO) zulässig, da das eigenmächtige Versetzen in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit mit dem eigenmächtigen Entfernen der Angeklagten aus der Hauptverhandlung gleichgesetzt wurde (so BGH, Urt. v. 22.4.1952 - Az.: 1 StR 622/51, BGHSt 2, S. 300, 304). Für diesen Fall galt schon damals § 231 Abs. 2 StPO, der die Fortsetzung der Hauptverhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglichte. Die Einführung des § 231a StPO führte nur insofern zu einer Verschärfung der Rechtslage, als dass die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten nun bereits vor Abschluss der Vernehmung zur Sache möglich wurde. Für die Zeit danach ist auch heute noch § 231 Abs. 2 StPO anwendbar (Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 231 Rn. 16 und § 231a Rn. 1 f., 10; Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 231 Rn. 17 ff.).

[66] Der Begriff des Vorhalts ist nicht gesetzlich geregelt, sondern in der gerichtlichen Praxis entstanden. Er ist ein Vernehmungsbehelf im Rahmen des Zeugenbeweises. Beweismittel ist damit nicht der vorgehaltene Inhalt, sondern lediglich das, was der/die Zeug/in anschließend aussagt (Diemer, in: Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 249 Rn. 42). Er spielt insbesondere in der Abgrenzung zum (häufig unzulässigen, § 250 Satz 2 StPO) Urkundenbeweis eine Rolle (s. hierzu schon BGH, Urt. v. 11.11.1952 - Az.: 1 StR 465/52, NJW 1953, S. 115). Die Belegstellen von Vorhalten zu nennen ist weit verbreitet, jedoch nicht formal vorgeschrieben. Die Überprüfung des Vorhalts geschieht im Rahmen der Verhandlungsleitung in Bezug auf die Ausübung des Fragerechts (zum Vorhalt als Vernehmungsbehelf: BGH, Urt. v. 31.5.1960 - Az.: 5 StR 168/60, NJW 1960, S. 1630, 1631; zur Verhandlungsleitung in Bezug auf Fragerechte s. Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 238 Rn. 7).

[67] Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof übt als Strafverfolgungsbehörde das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 142a Abs. 1 GVG) aus. Diese Zuständigkeit des OLG für Strafsachen in erster Instanz ist nur für besondere Straftaten gegeben, etwa für Hoch- und Landesverrat (§ 120 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GVG). Der Generalbundesanwalt kann zudem die Strafverfolgung für Strafsachen, die eigentlich zur Zuständigkeit der Landgerichte gehören würden, wegen der besonderen Bedeutung des Falles übernehmen, was in der Folge ebenfalls zur Zuständigkeit des OLG in erster Instanz führt (§§ 120 Abs. 2, 74a Abs. 2 GVG).

[68] Die Auswahl des Zeitpunktes, zu dem über einen Beweisantrag entschieden wird, obliegt dem/der Vorsitzenden im Rahmen der Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1 StPO). Sie ist grundsätzlich bis zum Schluss der Beweisaufnahme (§ 258 Abs. 1 StPO) möglich; ein Anspruch auf alsbaldige, oder gar sofortige, Entscheidung besteht nicht. Denkbar erscheint in Ausnahmefällen eine andere Betrachtung unter dem Aspekt eines fairen Verfahrens (BGH, Beschl. v. 17.11.2010 - Az.: 1 StR 145/10, NStZ 2011, S. 168; Dahs, StraFo 1998, S. 253, 254). Die Entscheidung muss allerdings so rechtzeitig verkündet werden, dass die antragstellenden Personen noch die Möglichkeit haben, darauf zu reagieren, etwaige Fehler zu beheben, oder neue Beweisanträge zu stellen (Trüg/Habetha, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 244 Rn. 182). Inzwischen wurde mit dem Gesetz zur effektiveren und praxistauglichen Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.8.2017 (BGBl. I, S. 3202) die Möglichkeit geschaffen, Beweisanträge, die nach Ablauf einer zuvor gesetzten Frist gestellt werden, erst im Urteil zu bescheiden (§ 244 Abs. 6, Satz 2-5 StPO). Hierdurch sollte der Umgang mit Beweisanträgen, die nur zum Zwecke der Verfahrensverzögerung gestellt werden, vereinfacht werden (s. die Begründung in BR-Drs. 796/16, S. 34).

[69] Mit Verfügung vom 7.11.1975 wurde die Bestellung des Rechtsanwalts von Plottnitz zum Pflichtverteidiger für Jan-Carl Raspe aufgehoben (die Verfügung ist abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 70 ff.). S. hierzu auch die auf diese Verfügung gestützte und am 43. Verhandlungstag im Namen des Angeklagten Raspe von Rechtsanwalt Mairgünther vorgetragene Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit (S. 3308 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Er nahm anschließend noch einige Zeit als Wahlverteidiger am Verfahren teil. Ein Unterschied zwischen der Tätigkeit als Pflicht- und der als Wahlverteidiger/in besteht aber darin, dass sich der Vergütungsanspruch bei Letzterer nicht mehr (nur) gegen die Mandant/innen, sondern gegen die Staatskasse richtet (damals § 97 BRAGO, inzwischen ersetzt durch § 45 Abs. 3 RVG). Ohne diese Möglichkeit sind aber besonders aufwendige und lang andauernde Prozesse gegen mittellose Mandant/innen kaum zu bewältigen. Da den Angeklagten neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei weitere Verteidiger zur Sicherung des Verfahrens (gegen ihren Willen) beigeordnet worden waren, konnte die Hauptverhandlung trotz grundsätzlich notwendiger Verteidigung (§ 140 Abs. 1 Nr. 1, 2, 5 StPO) auch bei zwischenzeitlicher Abwesenheit der Vertrauensverteidigung fortgesetzt werden. Die Angeklagten weigerten sich jedoch, mit den von ihnen sog. Zwangsverteidigern zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[70] S. Fn. 2.


[a] Handschriftlich eingefügt: RA

[b] Handschriftlich eingefügt: das

[c] Handschriftlich eingefügt: daß

[d] Handschriftlich eingefügt: mich

[e] Maschinell eingefügt: die Einladung,

[f] Maschinell ersetzt: ... durch Welches Dossier haben Sie denn jetzt,

[g] Handschriftlich ergänzt: Äußerungen

[h] Handschriftlich eingefügt: sind

[i] Maschinell eingefügt: Zg. Tr.: Ich hab’s auch nicht verstanden.

[j] Maschinell ersetzt: ... durch Ich überprüfe die

[k] Handschriftlich eingefügt: machen

[l] Maschinell durch * eingefügt: Angekl. Enss.: Der 3. ist tot.

[m] Maschinell ersetzt: Ökolonistin durch Kolumnistin

[n] Handschriftlich ersetzt: Schi. durch v.Pl.:

[o] Maschinell eingefügt: wenn es

[p] Maschinell ergänzt: gegenüber

[q] Maschinell ersetzt: weiter passuswidrig durch weil verfassungswidrig

[r] Handschriftlich ergänzt: ihm

[s] Maschinell ersetzt: ungenehme durch ungenehmigte

[t] Maschinell eingefügt: ihm

[u] Maschinell eingefügt: weiterhin

[v] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[w] Maschinell ersetzt: Voraussetzungsparagraphen durch Voraussetzung des Paragraphen

[x] Maschinell durchgestrichen: der

[y] Maschinell eingefügt: gar nicht beantworten

[z] Handschriftlich eingefügt: ein

[aa] Maschinell eingefügt: der

[bb] Maschinell durchgestrichen: fertig.

[cc] Maschinell eingefügt: ein

[dd] Maschinell durchgestrichen: eh

[ee] Maschinell durchgestrichen: die

[ff] Maschinell durchgestrichen: ich

[gg] Maschinell durchgestrichen: ein

[hh] Maschinell durchgestrichen: Angekl. Enss.: (zunächst unverständlich):

[ii] Maschinell ersetzt: Dir durch hier

[jj] Maschinell durchgestrichen: Angekl. Wei

[kk] Maschinell ersetzt: liegt durch Relikt

[ll] Handschriftlich durchgestrichen: das

[mm] Handschriftlich eingefügt: er

[nn] Handschriftlich durchgestrichen: kein

[oo] Handschriftlich eingefügt: zu

[pp] Maschinell ersetzt: ... durch Es ist keine Zeugenfrage:

[qq] Maschinell eingefügt: welchem

[rr] Handschriftlich ersetzt: es entstanden durch er verstanden

[ss] Handschriftlich eingefügt: Voltaire

[tt] Handschriftlich durchgestrichen: das

[uu] Handschriftlich ersetzt: ihm durch Ihnen

[vv] Maschinell eingefügt: die

[ww] Maschinell ersetzt: bezieht sich durch spezifisch

[xx] Maschinell durchgestrichen: der

[yy] Handschriftlich ersetzt: in durch on

[zz] Maschinell eingefügt: hat er

[aaa] Maschinell ersetzt: ihm durch er mir

[bbb] Handschriftlich ersetzt: 11:23 durch 11.53

[ccc] Maschinell ergänzt: Tatsache

[ddd] Maschinell durchgestrichen: nach

[eee] Maschinell eingefügt: Angekl.Baa.:...„Vorhalt“

[fff] Handschriftlich eingefügt: OStA Zeis.:

[ggg] Maschinell durchgestrichen: Ausschmückung

[hhh] Maschinell eingefügt: von

[iii] Maschinell ersetzt: ... durch vor

[jjj] Maschinell eingefügt: Herr

[kkk] Maschinell ersetzt: ... durch Studenten

[lll] Handschriftlich eingefügt: Flobert

[mmm] Maschinell eingefügt: - RA König erscheint um 12.06 Uhr wieder im Sitzungssaal. -

[nnn] Maschinell eingefügt: Er

[ooo] Maschinell ersetzt: ... durch Kaffee so

[ppp] Maschinell durchgestrichen: keine

[qqq] Handschriftlich durchgestrichen: jetzt

[rrr] Maschinell durchgestrichen: im W

[sss] Maschinell eingefügt: Tratter

[ttt] Handschriftlich durchgestrichen: müssten

[uuu] Maschinell ersetzt: nicht durch nicht mehr

[vvv] Maschinell eingefügt: wieder

[www] Maschinell eingefügt: wieder

[xxx] Maschinell eingefügt: -Die Angeklagte Meinhof erscheint wieder um 14.07 Uhr im Sitzungssaal.-

[yyy] Maschinell ersetzt: aufweichen durch aufspalten

[zzz] Handschriftlich durchgestrichen: der

[aaaa] Maschinell eingefügt: der Abfassung

[bbbb] Maschinell eingefügt: mehr

[cccc] Handschriftlich ersetzt: der durch durch

[dddd] Maschinell ersetzt: einem durch an dem

[eeee] Maschinell eingefügt: ihn

[ffff] Maschinell eingefügt: er

[gggg] Handschriftlich ersetzt: ... durch Würdigung

[hhhh] Maschinell ersetzt: können Sie durch einfach

[iiii] Maschinell durchgestrichen: als

[jjjj] Handschriftlich ergänzt: Wesentliche

[kkkk] Maschinell ersetzt: man durch Sie

[llll] Maschinell durchgestrichen: der

[mmmm] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch dann

[nnnn] Handschriftlich ersetzt: Besuchten durch Besuch von

[oooo] Maschinell ersetzt: von durch gegen

[pppp] Maschinell eingefügt: wieder

[qqqq] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch so daß

[rrrr] Handschriftlich ergänzt: seinen

[ssss] Handschriftlich durchgestrichen: es

[tttt] Maschinell ergänzt: Verfassungsschutzfunktion

[uuuu] Handschriftlich durchgestrichen: eigenbrödlerischen

[vvvv] Maschinell ersetzt: Revolution durch Repression

[wwww] Handschriftlich eingefügt: 1.

[xxxx] Maschinell durchgestrichen: können

[yyyy] Handschriftlich ergänzt: Angeklaften

[zzzz] Maschinell eingefügt: mit

[aaaaa] Handschriftlich ergänzt: gelesen

[bbbbb] Handschriftlich eingefügt: für

[ccccc] Handschriftlich durchgestrichen: in

[ddddd] Maschinell durchgestrichen: Sie

[eeeee] Maschinell ergänzt: hielte

[fffff] Handschriftlich durchgestrichen: repräsentiert

[ggggg] Handschriftlich ersetzt: Roman durch Homann

[hhhhh] Maschinell eingefügt: wieder

[iiiii] Maschinell eingefügt: (auf die bei d.Akten befindl.Mappe deutend)

[jjjjj] Maschinell eingefügt: wieder

[kkkkk] Maschinell eingefügt: Sitzungssaal -

[lllll] Maschinell eingefügt: wieder

[mmmmm] Maschinell ersetzt: Enss.: durch Meinhof:

[nnnnn] Maschinell ersetzt: Enss.: durch Meinhof:

[ooooo] Maschinell ersetzt: Enss.: durch Mei.:

[ppppp] Maschinell eingefügt: Herr

[qqqqq] Maschinell ersetzt: ... über diese Zeit durch ich weiß nicht ob er an diesem Tage

[rrrrr] Handschriftlich ergänzt: dieser

[sssss] Maschinell eingefügt: Dr.

[ttttt] Handschriftlich eingefügt: Prof. Dr.

[uuuuu] Handschriftlich ersetzt: der durch einer

[vvvvv] Handschriftlich ersetzt: genau durch genug

[wwwww] Maschinell ersetzt: wir heute durch Leute

[xxxxx] Maschinell ersetzt: ... durch ist

[yyyyy] Maschinell ersetzt: ... durch bigottes

[zzzzz] Maschinell ersetzt: Herr Vorsitzender durch Hohes Gericht

[aaaaaa] Maschinell eingefügt: Sie

[bbbbbb] Maschinell ersetzt: ... durch Was Sie

[cccccc] Maschinell ersetzt: worden durch haben

[dddddd] Maschinell eingefügt: sich

[eeeeee] Maschinell ersetzt: abge... durch abgebrochen

[ffffff] Maschinell durchgestrichen: RA.Dr.He.:

[gggggg] Maschinell eingefügt: wieder

[hhhhhh] Maschinell ersetzt: sind durch sind wieder

[iiiiii] Maschinell eingefügt: mehr

[jjjjjj] Maschinell eingefügt: und

[kkkkkk] Maschinell durchgestrichen: um

[llllll] Maschinell eingefügt: Dr.

[mmmmmm] Handschriftlich eingefügt: ja

[nnnnnn] Maschinell ergänzt: Wahlgegenüberstellung

[oooooo] Handschriftlich ergänzt: zubelassen

[pppppp] Maschinell ergänzt: Untersuchung

[qqqqqq] Maschinell durchgestrichen: Zeugen

[rrrrrr] Maschinell durchgestrichen: ob

[ssssss] Maschinell ersetzt: Herrn durch an

[tttttt] Maschinell ersetzt: es durch Sie

[uuuuuu] Maschinell ersetzt: zur durch der

[vvvvvv] Maschinell ersetzt: ... durch abstruse

[wwwwww] Maschinell durchgestrichen: ge-

[xxxxxx] Maschinell ersetzt: ... durch belegen

[yyyyyy] Maschinell eingefügt: nur

[zzzzzz] Handschriftlich ersetzt: Kriminalkommissar als Anwärter durch Kriminalkommissars-Anwärter

[aaaaaaa] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[bbbbbbb] Maschinell ergänzt: waren

[ccccccc] Maschinell ergänzt: waren

[ddddddd] Handschriftlich durchgestrichen: Herrn

[eeeeeee] Handschriftlich durchgestrichen: eine Aspekte

[fffffff] Handschriftlich eingefügt: der

[ggggggg] Handschriftlich ersetzt: die durch der

[hhhhhhh] Handschriftlich durchgestrichen: Aspekte

[iiiiiii] Handschriftlich eingefügt: der

[jjjjjjj] Handschriftlich ergänzt: Bewachung

[kkkkkkk] Handschriftlich ersetzt: jedoch durch mir doch

[lllllll] Handschriftlich durchgestrichen: ist

[mmmmmmm] Maschinell eingefügt: wieder