41. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 28. Oktober 1975, um 9.26 Uhr



[3145] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 28. Oktober 1975, um 9.26 Uhr.

(41. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft - mit Ausnahme von OStA Holland - erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. Sekr. Janetzko,

Just. Ass. z. A. Clemens.

Die Angeklagten sind anwesend mit ihren Verteidigern: Rechtsanwälte Hoffmann, Golzem, Ass. Oberwinder, R. Ref. Dr. Temming, Spangenberg, Köncke, R. Ref. Ripke, Pfaff, Dr. Heldmann, v[on] Plottnitz, Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz, König, Linke und Grigat.

Als Zeugen sind erschienen:

KHK (Kriminalhauptkommissar) Manfred Penzkofer,

KHK Egon Herrmann.

Vors.:

Ich bitte Platz zu nehmen.

Wir können die Sitzung fortsetzen, nachdem der B. Gerichtshof durch Beschluß vom 22.10.1975 die Beschwerden[1] gegen die Entscheidung dieses Senats, die Hauptverhandlung gem. § 231a StPO ohne die Angeklagten fortzusetzen,[3] zurückgewiesen hat.[4] Den Angeklagten steht es frei, an der Verhandlung teilzunehmen, solange sie sich dazu imstande fühlen.

[3146] Wir haben heute bei der Verteidigung einige Veränderungen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, Herr RA Schlaegel hat seine Verhinderung für heute vormittag mitgeteilt. Herr RA v[on] Plottnitz hat mitgeteilt, daß er sich heute vertreten lasse durch Herrn Ger. Ass. Michael Oberwinder als amtlich bestelltem Vertreter.[5]

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich habe mitgeteilt, daß der Kollege Riedel sich durch den Ass. Oberwinder vertreten läßt.

Vors.:

Das habe ich dann falsch mitgeteilt bekommen. Herr Ass. Oberwinder, wer ist das bitte? Darf ich um die Bestallungsurkunde bitten oder wo liegt die?

Assessor Ob[erwinder]:

Die hab ich hier.

Vors.:

Wenn Sie’s nur durchreichen vielleicht bis zum Protokoll.

Ass. Oberwinder übergibt Schreiben vom 27.10.1975 und Bestallungsurkunde vom 15.10.1975

Vors.:

Kann die hier dem Protokoll beigefügt werden, Herr Assessor? Gut.

Die Bestallungsurkunde und das Schreiben werden dem Protokoll als Anl. 1 und 1a beigefügt.

Vors.:

Dann hat sich Herr RA Müller für Frau Ensslin legitimiert, hat dann zwischenzeitlich das Mandat niedergelegt und sich neu legitimiert. Herr RA Müller - ist er anwesend? Nein.

Für Herrn Raspe haben sich legitimiert die Herren RAe Spangenberg, Berlin, und Mairgünther, Kiel. Sind beide Herrn anwesend?

RA Sp[angenberg]:

Herr Spangenberg, das bin ich.

Vors.:

Herr RA Spangenberg.

Niedergelegt hat in dem Zusammenhang Herr RA Laubscher, weil sonst die zulässige Zahl von drei Wahlverteidigern[6] bei Herrn Raspe überschritten worden wäre.

Für Frau Meinhof hat sich heute früh Herr RA Golzem legitimiert.

RA Go[lzem]:

Bin anwesend entsprechend dem Schriftsatz.

Vors.:

Sie sind anwesend.

Herr RA Köncke hat sich für heute auch angemeldet, so daß wir wissen, mit wem wir es zu tun haben.

Jetzt: Das Pflichtmandat für Frau RA’in Becker ist durch Verfügung vom 17.10. aufgehoben worden. Sie hat sich bisher nicht als Wahlverteidigerin gemeldet.

[3147][7] [3148][8] [3149] Referendar Dr. Te[mming]:

Das habe ich dabei. Das ist die Strafprozeßvollmacht, und ich bin Frau Becker ...

Protokollführer:

Bitte, Herr Rechtsanwalt ...

Vors.:

Darf ich Sie bitten, das Mikrophon zu benutzen.

Protokollführer:

Bitte Mikrophon.

Referendar Dr. Te[mming]:

Frau Becker hat mir die Strafprozeßvollmacht gegeben von Frau Ensslin, und ich bin für Frau Becker da als amtlich bestellter Vertreter.

Vors.:

Sind Sie noch im Stadium des Referendars?[9]

Referendar Dr. Te[mming]:

Ja.

Vors.:

Ja?

Referendar Dr. Te[mming]:

Es ist nunmehr nicht der Fall der Pflichtverteidigung sondern der Fall der Wahlverteidigung, und da dürften Ihre ganzen Argumente eh nicht zutreffen.[10]

Vors.:

Das kommt hinzu, daß Frau RA’in Becker ja wohl noch verhindert ist durch diese Krankheit.

Referendar Dr. Te[mming]:

Krankheit.

Vors.:

Gut. Dann ist gegen Ihre Anwesenheit nichts zu sagen.

Haben Sie eine Bestallungsurkunde?

Referendar Dr. Te[mming]:

Ja, ich hab’ eine hier.

Vors.:

Dürfen wir die auch zu Gesicht bekommen?

Referendar Dr. Te[mming]:

Aber gern.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, die B. Anwaltschaft bittet ums Wort.

Vors.:

Darf ich zunächst mal die Bestallungsurkunde nur noch überprüfen, ob sie in Ordnung geht.

Referendar Dr. Temming übergibt Bestallungsurkunde des LG Stuttgart vom 10. Oktober 1975 (Anl. 2 zum Protokoll) und Strafprozeßvollmacht vom 24.10.1975 (Anl. 3 zum Protokoll) der RA’in Becker für die Angeklagte Ensslin.

[a]

Vors.:

Zunächst mal liegt hier also Vollmacht vor für Frau RA’in Becker. Sie ist jetzt für Frau Ensslin als Wahlverteidigerin benannt; bei Frau Ensslin sind - soweit ich sehe - noch keine drei Wahlverteidiger vorhanden. Nein.

Als Wahlverteidiger tritt jetzt auf Herr RA Müller und Frau RA’in Becker.

[3150] Außerdem liegt die Bestallungsurkunde durch den hiesigen Landgerichtspräsidenten vor vom 10. Oktober 1975 - als Krankheitsstellvertreter vom 10. bis einschließlich 30. November 1975 Herr R. Ref. Dr. Temming zugelassen.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, darf ich eine technische Frage anschneiden? Sie erinnern sich, daß ...

Vors.:

Darf ich jetzt zunächst mit Herrn Dr. Temming das zu Ende bringen.

Herr Referendar Dr. Temming, Sie sind bisher für Herrn RA Riedel aufgetreten.

Referendar Dr. Te[mming]:

Das ist erloschen.

Vors.:

Bitte?

Referendar Dr. Te[mming]:

Das ist schon seit längerer Zeit erloschen.

Vors.:

Aber der § 146[ StPO] verhindert eine sukzessive Verteidigung.[11]

Referendar Dr. Te[mming]:

Ja, ja, Herr Vorsitzender, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß ich, wenn ich als amtlich bestellter Vertreter auftrete, wie Sie auch schon in anderem Zusammenhang zu Recht ausgeführt haben, nicht mehr Rechte habe als der Vertretene, aber auch nicht mehr Pflichten, so daß ich jeweils nur für die jeweiligen Anwälte aufgetreten bin, aber nicht als eigenständige Person.

Vors.:

Ich vermute, daß die B. Anwaltschaft zu diesem Punkte das Wort erbeten wollte, erbitten wollte. Bitte schön.

OStA Ze[is]:

So ist es, Herr Vorsitzender.

Die B. Anwaltschaft widerspricht dieser Auffassung. Es liefe auf eine klare Umgehung des § 146 StPO raus, wenn die Rechtsauffassung, die der Herr R. Referendar hier vertreten hat, richtig wäre.

Referendar Dr. Te[mming]:

Darf ich dazu vielleicht noch etwas sagen?

Vors.:

Herr Dr. Temming.

Referendar Dr. Te[mming]:

Das erste ist, daß diese, wie Sie geschrieben haben, neue Rechtsauffassung sich durchgesetzt habe, daß § 146[ StPO] auch auf sukzessive Verteidigung anwendbar sei. Das ist ’ne Rechtsauffassung, die m. E. klar und eindeutig mit dem Ausnahmecharakter des § 146[ StPO] unvereinbar ist. Nun wird das diesen Senat und die [3151][12] [3152][13] [3153] B. Anwaltschaft wiederum mal nicht beeindrucken. Aber die Erstreckung gar noch auf amtlich bestellte Vertreter würde bei ..., die es in § 146[ StPO] jetzt wirklich nicht mehr reinläßt - warum? Ich weiß nicht -; vielleicht sollte dann die B. Anwaltschaft das auch irgend mal versuchen, rechtlich zu begründen.

Vors.:

Haben Sie zu diesem Punkte, Herr RA v[on ]Plottnitz und Herr RA Dr. Heldmann, etwas zu sagen?

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Ich wollte nur ein Wort dazu sagen:

Wir haben ja alle bekommen das Schreiben des Senates im Zusammenhang mit der Entpflichtung der Kollegin Becker, wo es so lapidar heißt: „Es setzt sich die Auffassung durch, daß § 146[ StPO] eine sukzessive Verteidigung nicht gestattet.“

Der Senat hat also an keiner Ste... bzw. der Vorsitzende als der zuständige Richter hat an keiner Stelle auf irgendeine Entscheidung, auf irgendeine Lehrmeinung oder ähnliches rekurriert, die diese Auffassung stützen könnte. Also wenn sich diese Auffassung durchsetzt, dann allenfalls aus Opportunitätsgründen beim Vorsitzenden des Senats, nirgendwo sonst.

Vors.:

Hm. - Herr Dr. Heldmann, zu diesem Punkt speziell.

RA Dr. He[ldmann]:

Dieses sog. Verbot der sukzessiven Verteidigung als Verstoß nämlich gegen § 146[ StPO] n. F. ist eine ganz frische Erfindung weniger Kammern und Senate, die sich mit sog. RAF-Prozessen zu befassen haben.

Vors.:

So. Ich möchte, bevor über die Frage dann entschieden wird, zunächst noch klären bezüglich der Anwesenheit ...

RA Dr. He[ldmann]:

Verzeihen Sie. Ich bin noch nicht fertig.

Vors.:

Ich dachte, Sie seien zu Ende.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein. Ich habe nur die Geduld gehabt, erst Ihr Gespräch zu Ende führen zu lassen, und dann fahre ich fort, wenn Sie erlauben.

Vors.:

Bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Soll ich wiederholen oder haben Sie verstanden, was ich gesagt habe?

Vors.:

Ich habe sehr wohl verstanden. Ich habe mich nur grade befragt, ob wir nun über diese Frage sofort entscheiden werden.

RA Dr. He[ldmann]:

... ist eine Erfindung also einiger weniger Kammern und wenigen Senate, die sich derzeit mit RAF ... sog. RAF-Prozessen zu befassen haben. Im Gesetzestext[14] findet sich [3154] hierfür keine Stütze; im Gegenteil: Die authentische Überschreibung des Gesetzestextes gemeinschaftlicher Verteidiger widerspricht der von Ihnen, Herr Zeis, geäußerten Auffassung.

In den Gesetzesmaterialien[b] findet sich nicht der Ansatz eines Belegs für die hier geäußerte Auffassung. Der Gesetzgeber selbst hat aber seine entgegenstehende, nämlich Ihre Auffassung, und die Auffassung, der Sie im Moment zuzuneigen scheinen, diese Auffassung selbst sich entgegengestellt, und zwar durch die Überleitungsregelung zum § 146[ StPO], indem er gerade die sukzessive Verteidigung normiert, indem er sagt:

Hat ein Verteidiger bis zum Stichpunkt 1.1.75 in einer Sache mehrere Beschuldigte oder Angeklagte vertreten, so kann er hinfort von diesen bisher Vertretenen nur noch einen weitervertreten.

Das ist also grade die Anerkennung der sog., wie Sie es nennen, sukzessiven Verteidigung durch den Gesetzgeber selbst.

Ergebnis:

Für Ihre Erfindung, Verbot der sukzessiven Verteidigung, findet sich nicht nur nirgendwo eine Stütze, sondern sie widerspricht dem ausgesprochenen Willen des Gesetzgebers. Ich verweise also auf Art. 17 des Gesetzes zur Ergänzung des 1. Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 20. Dezember 1974.[15]

Vors.:

Darf ich nun zunächst weiter klären?

Ganz rechts in der oberen Reihe der Herrn Verteidiger sitzt auch ein für uns noch fremdes Gesicht.

RA Hof[fmann]:

Ich heiße Hoffmann.

Vors.:

Herr RA Hoffmann. Sie sind legitimiert für ...

RA Ho[ffmann]:

Frau Meinhof.

Vors.:

Frau Meinhof seit Anbeginn.

Dann sehe ich zwei Damen. -

Herr Rechtsanwalt.

RA Go[lzem]:

Entschuldigen Sie. Ich hab gedacht, die beiden Herrn da vorne hätten ...

Protokollführer:

Bitte Mikrophon, Herr Rechtsanwalt.

RA Go[lzem]:

Ja, gerne, wenn’s an ist, jederzeit.

Protokollführer:

Ja, es ist an.

[3155] Vors.:

Sie haben selbst einen Knopf zum Bedienen. Wir wollen Ihnen ja die Gelegenheit geben, auch bei eingeschaltetem Mikrophon sich wieder zu trennen, wenn Sie mit jemandem was zu besprechen haben.

RA Go[lzem]:

Ja, ausgezeichnet.

Ich dachte, die beiden Herrn hier vorn in der Mitte hätten Stenographenaufgaben, so etwa, wie die Leute hier beim B. Tag. Ich höre aber grade, es handle sich um Zeugen. Ist es hier üblich, daß in Anwesenheit der Zeugen, die erst vernommen werden sollen, verhandelt wird oder wollen wir nicht besser die Herren rausschicken.

Vors.:

Es ist üblich in jedem Gerichtssaal, daß die Teilnahme, die Anwesenheit von Prozeßbeteiligten vor dem Aufruf der Zeugen festgestellt wird. Dann kommen die Zeugen.

Jetzt haben wir also das gehabt mit Herrn RA Hoffmann.

Die beiden Damen.

Ich möchte jetzt bei den beiden Damen zunächst mal fragen:

Frau RA’in Ripke? Ja; und ...

RA v[on] Pl[ottnitz] (unverständlich) ...

Vors.:

Als Protokollführerin.

RA v[on] Pl[ottnitz] (bleibt unverständlich) ...

Vors.:

Bitte, auch bei Ihnen scheint das Mikrophon nicht in Gang zu sein.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Doch, ist in Gang, müßte in Gang sein.

Vors.:

Jetzt.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Sonst ist es nicht eingeschaltet.

Uns war ja vor längerer Zeit bereits die Verwendung eines Tonbandgeräts als technisches Hilfsmittel der Verteidigung gestattet worden; der Frau Schön ist heute früh mitgeteilt worden, es werde nicht gestattet, ein Tonbandgerät hier mit in das Gebäude bzw. in den Sitzungssaal zu bringen.

Ich beantrage also,

das entsprechende Personal anzuweisen,

daß Tonbandgeräte bzw. die Mitnahme des Tonbandgerätes in den Sitzungssaal zu gestatten.

[3156] Vors.:

Es ist die Mitnahme eines batteriebetriebenen Kassettenrekorders bereits genehmigt worden. Bei dieser Entscheidung bleibt es auch. Es ist eine völlig andere Frage, inwieweit die Prozeßbeteiligten dann bereit sind, sich vor einem nicht vom Gericht geführten Protokoll zu äußern.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, die B. Anwaltshaft bittet ums Wort.

Vors.:

Wir wollen’s jetzt noch nicht komplizieren. Ich darf vielleicht bitten, wir wollen also diesen Punkt jetzt nicht weiter ausdehnen.

OStA Ze[is]:

Ja aber, nachdem Herr RA v[on] Plottnitz ...

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Augenblick, Herr ...

OStA Ze[is]:

... gesprochen hat.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, wie ist das? Werden wir dieses Tonbandgerät nun hier auf dem Tisch aufstellen können als unser technisches Hilfsmittel oder wird das nicht [c] gestattet.

Vors.:

Nach entsprechender Überprüfung wird ein batteriebetriebenes Gerät zugelassen.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Das ist ein batteriebetriebenes Gerät.

Vors.:

Das Gerät bleibt dann in Zukunft hier im Hause.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Gerne.

Vors.:

Das ist damals so vereinbart worden, ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Gerne.

Vors.:

so daß es nicht hin- und herbefördert werden kann.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, erteilen Sie doch bitte zu diesem Punkt der B. Anwaltschaft das Wort.

Vors.:

Kann man das nicht auf den Einzelfall ankommen lassen?

Wir wollen ja jetzt noch die Frage mit Herrn R. Ref. Dr. Temming klären. Ich habe schon angedeutet, daß es die Frage sein wird, ob sich einzelne Prozeßbeteiligte gegenüber einem solchen Protokoll dann äußern wollen; die Zustimmung müßte dasein.

OStA Ze[is]:

Eben. Ich bin gern bereit, es zurückzustellen.

Aber ich kann eines schon erklären:

Die B. Anwaltschaft ist nicht bereit, nicht bereit, hier ein privat betriebenes Tonbandgerät zu dulden.

Vors.:

Ja.

[3157] RA v[on] Pl[ottnitz]:

Es ist sehr interessant, Herr Zeis, daß Sie nach vier Monaten diese Feststellung treffen. Die B. Anwaltschaft war ja bisher auch bereit, der Regelung zuzustimmen, wie sie getroffen worden ist. Was veranlaßt die B. Anwaltschaft, jetzt plötzlich ... also welche ...

Vors.:

Ich bitte, diese Fragen, ...

RA v[on] Pl[ottnitz]:

... Angst zu produzieren ... der Verteidigung.

Vors.:

Herr RA v[on] Plottnitz, ich bitte, diese Frage dann außerhalb der Hauptverhandlung an die B. Anwaltschaft zu richten.

Hier ist ganz klar: Es Braucht sich niemand gegenüber einem Tonbandprotokoll zu äußern, es sei denn, er stimme zu oder es wird zu gerichtsinternen Zwecken ein Protokoll angeführt. Die Rechtslage ist eindeutig.[16] Wir haben darauf keinen Einfluß.

Wir haben damit festgestellt, daß sämtliche ...

Oberstaatsanwalt Holland erscheint um 9.40 Uhr.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

..., wenn der Herr Dr. Zeis von Stund an nichts mehr sagt, weil wir ein Tonbandgerät mitlaufen lassen.

Vors.:

Ja, ja. Es ist schon recht.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Keine Einwände.

Vors.:

Herr v[on] Plottnitz, ich sage, das ist eine Auseinandersetzung zwischen Verteidigung und B. Anwaltschaft, die berührt das Gericht nicht.

Ich möchte nun, bevor wir uns kurz über die Frage mit Herrn Ref. Dr. Temming Gedanken machen, die beiden Zeugen aufrufen.

Wir haben anwesend:

Herrn Kriminaloberkommissar - stimmt das noch: Penzkofer?

KHK Pe[nzkofer]:

Nein, Kriminalhauptkommissar.

Vors.:

Bitte, behalten Sie Platz, und ziehen Sie jeweils dann das Mikrophon so auf sich zu, daß man Sie verstehen kann. Ich glaube nicht, daß Sie’s bedienen müssen; das bediene ich von hier aus.

Sie sind inzwischen Kriminalhauptkommissar ...

KHK Pe[nzkofer]:

Ja.

Vors.:

Penzkofer

und Herr Kriminalhauptkommissar Herrmann das gleiche.

[3158] Sie sollen heute vernommen werden.

Ich darf, um Ihnen dann die Möglichkeit zu geben, daß Sie wieder in Abstand gehen können, im Zeugenzimmer warten, zunächst Sie belehren über Ihre Pflichten als Zeugen; bin also von Gesetzes wegen verpflichtet, Sie darauf hinzuweisen, daß Sie vor Gericht die Wahrheit sagen müssen, und Sie wissen, Sie müssen alles, was Sie zur Sache zu sagen haben, bekanntgeben und dürfen nichts verschweigen. Wenn keine der gesetzlichen Ausnahmen vorliegt oder nicht alle Prozeßbeteiligten darauf verzichten, müssen Sie auch Ihre Angaben beeiden,[17] wobei Sie nach der neuen Regelung wählen können zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung, d. h. mit oder ohne Berufung auf Gott. Ferner habe ich Sie darauf hinzuweisen, daß, wer vor Gericht falsche Angaben macht, mit empfindlichen strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hat:

So hat, wer vorsätzlich falsche Angaben macht und diese beschwört - also einen Meineid[18] leistet - mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu rechnen; aber auch, wer solche vorsätzliche falsche Angaben aus gesetzlichen Gründen nicht zu beeidigen hat,[19] hat mit Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren zu rechnen. Schließlich wird auch der, der sich seine Aussagen nicht genau überlegt und sie nun gegen seinen Willen beschwört, wegen fahrlässigen Falscheides[20] bestraft.

Ich muß Sie deshalb schon in Ihrem eigenen Interesse bitten, sich größter Gewissenhaftigkeit bei der Aussage zu befleißigen.

Ich muß Sie darum auch bitten, im Interesse der Wahrheitsfindung, denn das Gericht ist nun mal auf die Verläßlichkeit von Zeugenaussagen angewiesen. Es muß vor allen Dingen klar erkennen können, welcher Angaben Sie sich sicher sind und welche Angaben Sie glauben, daß sie so gewesen sein könnten oder gewesen sind.

Als Polizeibeamte haben Sie möglicherweise - das ist zulässig - auf Ihre Protokolle zurückgegriffen, um sich zu orientieren, was Sie aussagen, welchem Kreise Sie früher Ermittlungen angestellt haben, denn danach werden Sie gefragt werden.

Ich bitte Sie, streng darauf zu achten in diesem Falle, daß Sie nicht uns Angaben machen vom Gelesenen[d] sondern nur, was Ihnen anhand des Gelesenen wieder in das Gedächtnis zurückkehrt.

Wenn hier irgendwelche Zweifel bei Ihnen sind, bitte ich das auch zu kennzeichnen.

[3159] Da wir nun zunächst diese prozessuale Frage zu klären haben, bitte ich beide Zeugen, ins Zeugenzimmer zurückzugehen. Wir werden sehen, daß wir Sie sobald wie möglich zurückrufen. Sollte es sich verzögern, werden wir sehen, daß wir Ihnen davon Nachricht geben, möglichst eine Zeit benennen, wann Sie damit rechnen müssen, doch vorgeholt zu werden.

Ich danke Ihnen.

Die Zeugen Manfred Penzkofer und Egon Herrmann werden um 9.45 Uhr in den Abstand verwiesen.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

... liegt noch eine Mitteilung und ein damit verbundener Antrag

Vors.:

Bitte, die Zeugen können gehen.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Ja, gut. Ich stell das zurück.

Vors.:

Wir werden dann uns über ...

Herr Baader, wollen Sie auch zu dem Punkt mit Herrn ...

Angekl. Baa[der]:

Ja ich möchte einfach mal fragen:

Wie haben Sie sich das denn gedacht hier mit der Erklärung zur Sache?[21] Warum haben Sie denn überhaupt die Zeugen geladen?

Vors.:

Wir werden uns darüber nachher unterhalten.

Also der Senat hat jetzt zuerst die Frage mit Herrn Referendar Temming und seinem Eintreten, als Verteidiger - amtlich bestellter Vertreter - zu klären.

Referendar Dr.Te[mming]:

(unverständlich) ... dem Senat noch einen kleinen Hinweis ...

Vors.:

Bitte.

Referendar Dr. Te[mming]:

also ...

Protokollführer:

Bitte Mikrophon einschalten.

Referendar Dr. Te[mming][e]:

Darf ich dem Senat noch einen kleinen Hinweis mit in das Beratungszimmer geben?

Selbst der B. Gerichtshof in seinem Beschluß vom 22. Oktober 1975, selbst der B. Gerichtshof geht auf S. 7 etwa ohne weiteres davon aus, daß sukzessive Verteidigung trotz § 146[ StPO] möglich ist, d. h. sogar für Anwälte, und das möchte ich doch dem Senat zu bedenken geben.

Vors.:

Darf ich nochmals um die Zitatstelle bitten?

Referendar Dr.Te[mming]:

Seite 7 dieses Beschlusses. Es heißt da:

[3160] „Allein aus dem Umstand, daß eine freiwillige Beendigung des Mandatsverhältnisses zu dem einen der Mitangeklagten einem der anderen die Möglichkeit eröffnet würde, nunmehr seinerseits diesen Verteidiger zu wählen, erwächst diesem Angeklagten kein Anspruch auf rechtliches Gehör.

Die bloße Möglichkeit, später ein solches Mandatsverhältnis zu begründen, ersetzt nicht eine Rechtsbeziehung, die allein einem Angeklagten ...“[22]

- usw, usw.

Das ist dieser Satz, der davon ausgeht, daß sukzessive Verteidigung möglich ist.

Vors.:

Zunächst noch die Frage:

Herr RA Schily als Pflichtverteidiger[23] ist nicht anwesend?

Herr Rechtsanwalt.

Referendar Dr. Te[mming]:

Er hat angerufen, daß er durch Nebel verhindert ist und später kommt.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

So war es nicht.

Er hat gebeten, hier eine Unterbrechung zu beantragen bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er eintrifft. Das wird sein seiner Hoffnung zufolge 12.00 Uhr.

Vors.:

Schön. Darüber werden wir gleich mitberaten.

Der Senat zieht sich um 9.46 Uhr zur Beratung zurück.

Ende von Band 177.

[3161] Nach Wiedereintritt des Senats um 10.07 Uhr wird die Hauptverhandlung wie folgt fortgesetzt:

Vors.:

Wir setzen fort. Das Gericht ist der Auffassung, daß der Vertretung der erkrankten Rechtsanwältin Becker durch Referendar Dr. Temming als amtlich bestellten Vertreter zugestimmt werden kann und zugestimmt wird.

Da sich das Recht des Vertreters von der Vertretenen herleitet[24] und diese [f] keinen § 146 StPO berührenden Mandantenwechsel vorgenommen hat. Der Senat geht im übrigen vom vollen Einverständnis der Mandantin aus, daß Sie die Vertretung führen, denn das ist auch erforderlich nach §[g] 139[ StPO].[25]

Eine Unterbrechung der Verhandlung bis zur Ankunft von Rechtsanwalt Schily wird abgelehnt. Herr Baader, Sie haben die Frage Ihrer Erklärung zur Sache schon angeschnitten ...

RA Pfaff:

... die Anwesenheit der Angeklagten ...

Vors.:

Ja bitte.

RA Pfaff:

Der Bundesgerichtshof hat den Angeklagten gestattet, der Verhandlung beizuwohnen. Sie haben, wenn das unzutreffend ist, dann stellen Sie mich richtig, den Angeklagten 1. den Umschluß während ihrer Teilnahme an der Verhandlung beziehungsweise in diesem Gebäude dann gestrichen. Sie haben 2. gestrichen, für die Verhandlungstage den Hofgang ...

Vors.:

Was hat das mit der Anwesenheit der Angeklagten hier zu tun?

RA P[faff]:

Das betrifft doch das Recht der Angeklagten, hier anwesend zu sein, wenn Sie dieses Recht von vornherein beschneiden, dann ist doch ...

Vors.:

Über die Haftbedingungen, über die Ausführungen im allgemeinen sprechen wir nicht hier in der Hauptverhandlung.[26] Ich habe heute früh einen Anruf bekommen, nachdem die Angeklagten gewisse Bedingungen stellen würden, das war in der Schnelle nicht zu entscheiden. Die Bedingungen, wie das besprochen[h] worden ist heute, gelten zunächst. Wir haben ja ohnedies Anträge vorliegen und müssen die Haftbe- [3162] dingungen noch im weiteren Rahmen überprüfen, da kann auch diese Frage geklärt werden, das wollen wir nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung jetzt machen.

Angekl. B[aader]:

Ne, ne, moment mal, so ist es nicht.

Vors.:

Ich bitte, jetzt das zur Kenntnis zu nehmen, über die Frage der Bedingungen außerhalb der Hauptverhandlung wird hier in der Hauptverhandlung nicht gesprochen.

RA Dr.[i] H[eldmann] spricht ohne Mikrophon. Undeutlich.

Just. Sekr. J[anetzko]:

Bitte Mikrophon, Herr Rechtsanwalt.

Vors.:

Nein, nein, die Teilnahme an[j] der Hauptverhandlung steht den Angeklagten frei. Sie sind nach der Verfügung, die ich dazu gemacht habe, zu befragen jeweils vormittags und nachmittags, sie haben vollkommen freie Entscheidung, ob sie teilnehmen wollen oder nicht. Die Bedingungen, wie sie hier in den Vorführzellen zusammen kommen können, haben mit der Teilnahme an[k] der Hauptverhandlung unmittelbar nichts zu tun.

RA Dr. H[eldmann]:

Doch.

Angekl. Baa[der]:

Doch.[l]

Vors.:

Ich bitte das zur Kenntnis zu nehmen, das ist nicht Gegenstand der Verhandlung, wir können uns außerhalb der Hauptverhandlung darüber unterhalten.

RA. Dr. H[eldmann]:

Ne, das können wir nicht, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Doch das können wir, Herr Rechtsanwalt ...

RA Dr. H[eldmann]:

... aus folgendem Grund ...

Vors.:

... ich habe jetzt darauf hinzuweisen, Herr Rechtsanwalt ...

RA. Dr. H[eldmann]:

... weil nämlich an den Sitzungstagen die Angeklagten nicht mehr ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich gebe Ihnen dazu jetzt nicht mehr das Wort. Herr Rechtsanwalt, Sie haben dazu nicht das Wort. Bitte das Mikrophon abzustellen. Ich möchte jetzt auf folgendes eingehen ...

RA. Dr. H[eldmann]:

... eine Verhandlung vorzubereiten. Das ist doch eine Frage der Hauptverhandlung.

Vors.:

Herr Dr. Heldmann, nehmen Sie bitte folgendes zur Kenntnis: Ich habe Ihnen gesagt, dieser Punkt kann ohne weiteres angesprochen werden aber jetzt nicht in der Hauptverhandlung. Und ich möchte Sie bitten[m], ich möchte Sie bitten[n], [3163] das zur Kenntnis zu nehmen. Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, sobald wir die nächste Pause machen.

Jederzeit.

RA P[faff]:

Herr Vorsitzender das ... im Recht auf rechtliches Gehör. Wie sollen die Angeklagten, wenn sie sich nicht beraten können, durch Umschluß während dieser Verhandlungstage überhaupt sinnvoll das Recht ...

Vors.:

Die Frage des Umschlusses ist eine Frage der Haftbedingungen. Die Haftbedingungen sind außerhalb der Hauptverhandlung festzulegen. Werden hier nicht besprochen.

Im übrigen es gibt kein Recht auf Umschluß oder Zusammenschluß.

RA Dr. H[eldmann]:

Aber es ...

Vors.:

Es ist ein Entgegenkommen des Gerichts.

RA P[faff]:

Gibt es da einen Beschluß von Ihnen, wenn das kein Recht mehr ist?

Vors.:

Ich darf Sie jetzt bitten, diesen Punkt abzubrechen.

Ich habe Ihnen gesagt bei der nächsten Pause stehe ich Ihnen zur Besprechung zur Verfügung. Herr Baader, Sie, nein ich möchte jetzt das Wort behalten und zunächst auf das eingehen. Herr Rechtsanwalt von Plottnitz ich möchte jetzt zunächst meine Ausführungen machen. Ich habe ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

... ich habe einen Antrag zu stellen der unverzüglich gestellt werden muß und wenn jetzt hier über längere Etappen ...

Vors.:

Darf ich fragen, um was für einen Antrag es sich handelt?

RA v[on ]P[lottnitz]:

Es handelt sich um ein Ablehnungsgesuch. Ich meine dazu sollte mir das Wort erteilt werden.

Vors.:

Ja bitte.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Vielleicht vorab dazu noch folgendes: Der Senat beabsichtigt ja offensichtlich, hier, wie die Ladung der Zeugen zeigte, zur Tagesordnung überzugehen. Daß das nicht möglich war, nachdem, was in den letzten Wochen sich in diesem Sitzungssaal zugetragen hat und nicht möglich sein kann, ergibt sich von selbst. Der Antrag, den ich für Herrn Raspe zu stellen habe, lautet wie folgt:

[3164] Der Gefangene Raspe lehnt den Vorsitzenden Richter Dr. Prinzing, sowie die beisitzenden Richter Dr. Foth, Maier, Dr. Berroth und Dr. Breucker wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

Dieses Ablehnungsgesuch stützt sich auf drei Tatsachenkomplexe. Zunächst einmal auf die Art und Weise wie, man kann sagen seit der Sitzung am 13.9.1975, der Verteidigung hier und vor allen Dingen auch den Gefangenen der Mund verboten worden ist, beziehungsweise untersagt wurde, in öffentlicher Sitzung in irgendeiner Weise sich hier noch zu zentralen Fragen der Hauptverhandlung und der weiteren Verteidigung zu äußern. Seit dem 13.9.1975 hat es nur noch Sitzungen gegeben, in denen der Senat gesprochen hat mit der Stimme seines Vorsitzenden. Das Ablehnungsgesuch stützt sich im weiteren auf die Begründung des Beschlusses vom 30.9.1975, auf die Modalitäten dieser Begründung und sie stützt sich schließlich auf die Art und Weise, wie der Senat, wie die abgelehnten Richter ihren Pflichten im Anschluß an die Erstattung der Sachverständigengutachten nicht nachgekommen sind, beziehungsweise sich unter Mißachtung der Inhalte der Gutachten zur Frage der Haftbedingungen verhalten haben. Jede[o] der Tatsachen, die hier zur Begründung des Gesuches genannt wird, rechtfertigt die Besorgnis der Befangenheit, sie rechtfertigt aber auch die Besorgnis, die Besorgnis der Befangenheit ist aber auch gerechtfertigt, soweit es um den Zusammenhang aller Tatsachen, die genannt werden, geht. Das ist relevant für die Frage der Unverzüglichkeit,[27] dazu werde ich später noch etwas sagen. Soweit das, soweit der ...

Vors.:

Darf ich Ihnen den Vorschlag machen, daß Sie gerade diese doch entscheidend wichtige Frage der Unverzüglichkeit vielleicht in den Vordergrund stellen würden. Damit man erkennt, inwieweit ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, wir haben uns schon einmal darüber gestritten, zur Frage, wer hier, wenn Verteidiger Anträge stellen, den Inhalt dieser Anträge zu bestimmen hat, die Struktur dieser Anträge zu bestimmen hat. Ich werde mich nicht davon abbringen lassen[p], Ablehnungsgesuche etwa so zu begrün- [3165] den, wie ich sie für richtig halte und Komplexe in der Reihenfolge anzuführen, wie ich sie für richtig halte. Ich bitte also auch mir da nicht Vorschläge, Empfehlungen zu geben oder den Eindruck zu geben, daß der Senat nur zuhören würde, wenn hier bestimmte chronologische Abfolgen eingehalten werden.

Vors.:

Gut, Herr Rechtsanwalt, ich habe Ihnen keine Vorschriften hier gemacht, ich ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender ich würde jetzt aber trotzdem gerne nicht unterbrochen werden, es ist sehr schwierig ...

Vors.:

Das ist keine Unterbrechung, ich darf Ihnen als Verhandlungsleiter das noch sagen, ich habe lediglich die Bitte geäußert. Die Bitte hat Gründe. Ich würde es trotzdem vorschlagen, daß Sie sich für die Unverzüglichkeit möglichst früh entscheiden. Aber bitteschön, wenn Sie ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, Sie können noch viel vorschlagen, ich kann Sie nicht daran hindern, hier Anträge ohne Rücksicht darauf, ob sie begründet sind oder nicht, abzulehnen, wie in der Vergangenheit, aber Sie können mich nicht daran hindern, hier erst einmal diese Anträge einzubringen. Soweit der Antrag, und das ist ein zentrales Moment, seine Begründung sich auf den Beschluß vom 30.9.1975 stützt, ist das Gesuch nicht deshalb unbegründet, weil dieser Beschluß, beziehungsweise der Tenor dieses Beschlusses und gewisse Passagen seine Begründung inzwischen durch den schdritten Schdaf, inzwischen durch den dritten Strafsenat des Bundesgerichtshofes durch die Beschwerdeentscheidung vom 22.10.1975 Bestätigung gefunden hat.

Man könnte ja darauf kommen zu sagen, also hier würden dann Rechtsauffassungen des Senates im Rahmen von Ablehnungsgesuchen angegriffen werden, was ja nach Lehre und Rechtsprechung unzuläßig wäre. Aber die Begrifflichkeit differierender oder identischer Rechtsauffassung trifft den wahren Kern des Beschlusses der abgelehnten Richter vom 30.9.1975 ebensowenig, ebensowenig wie denjenigen der Beschwerdeentscheidung des BGH vom 22.10.1975. Weder im einen noch im anderen Fall kann von einem Rechtsspruch gesprochen werden. Also für eine am geltenden Recht, und seien es auch nur Sondergesetze, § 231a StPO ist ja ein Sondergesetz,[28] orientierten Ent- [3166] scheidung. Bei den Entscheidungen muß vielmehr von Machtsprüchen gesprochen werden. Es handelt sich um Machtsprüche einer politischen Justiz, die gesetzliche[q] Tatbestandsmerkmale bestehender Rechtsnormen[r] - hier gehts um den § 231a StPO - fingiert oder unterdrückt, um ihre spezifischen Ziele durchzusetzen. Um in der Sprache der Beschwerdeentscheidung des Bundesgerichtshofes zu bleiben, die abgelehnten Richter haben sich mit ihrem Beschluß vom 30.9.1975, das gilt auch für die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 22.10.1975, extrem rechtsfeindlich verhalten. In einem Bericht, in irgendeiner Zeitung vom 30. Oktober, vom 1. Oktober 1975, wurde mal von einem Trick gesprochen im Zusammenhang mit dem Beschluß vom 30. Oktober 1975. In der Tat, das ist das Prinzip, nachdem verfahren wurde. Mit Tricks werden hier Entscheidungen begründet, nicht mehr mit Rechtsauffassung. Im Beschluß vom 30.9.1975 haben die Bemühungen der abgelehnten Richter, die Gefangenen als verteidigungsfähige Subjekte einer Hauptverhandlung einfürallemal auszuschalten, ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden. Mit der Begründung dieses Beschlusses haben die abgelehnten Richter darüber hinaus für jeden, der insoweit noch Zweifel hegte, klargestellt, daß die Verurteilung der Gefangenen längst beschlossene Sache ist. Schon in der Vorgeschichte des Beschlusses vom 30.9.1975 fand die Absicht der abgelehnten Richter, die Gefangenen nicht nur zu stummen, sondern möglichst auch noch [s] unsichtbaren Objekten dieser Hauptverhandlung zu machen, ihren[t] adäquaten[u] Ausdruck. Die schriftlichen Gutachten der Sachverständigen Professor Müller, Professor Schröder, Professor Mende und Professor Rasch gelangten in der sitzungsfreien Zeit zwischen dem 13. und 23.9.1975 zur Kenntnis des Senates. Der Inhalt dieser Gutachten paßte den abgelehnten Richtern nicht ins Konzept. Ein Konzept, das von Anfang an darauf abzielte, die Erörterung der gesundheitszerstörenden Auswirkungen der Isolationshaft in öffentlicher Sitzung, wo nur irgendmöglich, zu unterdrücken und wo diese Unterdrückung nicht gelang, [3167] oder nicht gelingen konnte, die Isolation der Gefangenen ebenso pauschal zu bestreiten, wie ihre Auswirkung auf die körperliche Unversehrtheit der Gefangenen. Wir erinnern uns ja alle daran, daß es hier über Wochen und Monate von Seiten der abgelehnten Richter geheißen hat, die Gefangenen werden nicht isoliert und die Gefangenen sind verhandlungsfähig. Und daß erst nach einem Monat etwa die abgelehnten Richter und zwar auch nur in der Hoffnung, damit hier weiteren „Behelligungen“ von Seiten der Verteidigung der Gefangenen nicht mehr ausgesetzt zu sein, der Einholung von Sachverständigengutachten nicht mehr zugestimmt haben. Das Konzept der abgelehnten Richter geriet durch die schriftlichen Gutachten in Gefahr, denn die Gutachter bestätigten, was die abgelehnten Richter als diejenigen, die seit dem 04.10.1974 für die Haftbedingungen der Gefangenen unmittelbar verantwortlich waren,[29] dann zwangsläufig leugnen mußten: Die seit Jahren betriebene ...

RA Spangenberg:

Herr Vorsitzender, wenn Sie eine Beratungspause brauchen[v], dann nehmen Sie sich die[w] bitte.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Sie können das unterlassen, das ist eine Ungehörigkeit, das Gericht hat das Recht sich auch ein paar ...

RA Golzem:

Das ist Ihre Ungehörigkeit, Herr Vorsitzender, wie Sie sich gegenüber solchen Anträgen verhalten, wir sind das nicht gewöhnt.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Also, Herr Vorsitzender, sind Sie bereit, da zuzuhören oder wollen Sie die Zeit, in der ich begründe, zur Beratung nutzen.

Vors.:

Ich höre zu.

Referendar Dr. Te[mming]:

Können Sie zwei Sachen auf einmal, Herr Vorsitzender?

RA v[on ]P[lottnitz]:

Also ich wiederhole den letzten Satz nochmal: Denn die Gutachter bestätigten, was[x] die abgelehnten Richter als diejenigen, die seit dem 4.10.1974 für die Haftbedingungen der Gefangenen unmittelbar verantwortlich waren, ganz[y] zwangsläufig leugnen mußten: Die seit Jahren betriebene soziale Isolation der Gefangenen, ich erinnere [3168] insoweit an den Satz aus dem Gutachten der Sachverständigen Müller und Schröder, in dem es heißt: „Klar ist, daß die Gefangenen sich seit Jahren in einer sozialen Isolation befinden. Schwere gesundheitliche Schäden, wie sie“ ..., und der Sachverständige Prof.[z] Rasch ist gerade auf diesen Punkt sehr eingehend eingegangen, „typisch sind, als Folge einer lang andauernden sozialen Isolation“ und schließlich haben die Sachverständigen auch bestätigt, die Notwendigkeit der Aufhebung der Isolation als die unabdingbare Voraussetzung für die Wiederherstellung der vollen Verhandlungsfähigkeit der Gefangenen. Die abgelehnten Richter waren mit dem Gutachten in ein Dilemma geraten. Wo sie den Gefangenen die Rolle toter Objekte zugedacht hatten, allenfalls gut dazu, ihre bereits beschlossenen Aburteilung, bezeichnenderweise[aa] findet sich das Wort in der Beschwerdebegründung des BGH vom 22.10.1975 Verwendung, also der Bundesgerichtshof kann sich ebenso wie die abgelehnten Richter dieses Verfahren nur noch als Aburteilung vorstellen. Jeder andere Ausgang findet gar keinen Zugang mehr in das Bewußtsein der insoweit hier beteiligten Richter.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt ich muß Sie auf folgendes hinweisen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender ich wäre dankbar wenn Sie mich nicht unterbrechen würden.

Vors.:

Ich wäre dankbar, wenn Sie mir zuhören, denn es ist wichtig für die Antragstellung, die Sie hier bringen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

... das, was Sie im Augenblick vortragen ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Haben Sie die Absicht, mich alle fünf Minuten hier zu unterbrechen?

Vors.:

Das, was, Sie im Augenblick vortragen, könnte, wenn Sie nicht darlegen, wieso der Antrag unverzüglich ist, dazu führen, daß der Vorsitzende [bb] gezwungen ist, Ihnen die Zeit zu beschränken, die Sie zum Vortrag haben.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich muß sagen, Sie setzen also in der Tat jetzt hier Ihr Verhalten, die Verteidigung mundtot zu machen, setzen Sie sehr adäquat wieder einmal fort. Ich habe darauf hingewiesen, daß dieser Antrag sich auf drei Tatsachenkomplexe stützt, die [3169] jüngst, also vorab zu Ihrer Beruhigung sagen, Tatsachen, die den dritten Komplex betreffen haben sich zugetragen am 22. und 24. Oktober 1975. Ich habe darauf hingewiesen daß es um den Zusammenhang aller dieser Tatsachen geht und ich werde mich von Ihnen gewiss nicht daran hindern lassen, diesen Zusammenhang auch so vorzutragen, wie ich es für notwendig und richtig halte.

Vors.:

Und ich darf Ihnen darauf erwidern, die Unverzüglichkeit ist hier das brennende Problem, das haben Sie selbst bemerkt ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, was das brennende Problem ist oder nicht, können Sie mir in Ihrem Beschluß anschließend sagen.

Vors.:

Augenblick, darf ich meinen Satz zu Ende reden.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Nein, ich mache hier nicht mehr mit, daß Sie mir dauernd den Antrag hier, daß Sie mich daran hindern den Antrag ...

Vors.:

Ich sage Ihnen nochmals, wenn Sie nicht sich auf diesen wesentlichen Punkt der Unverzüglichkeit rechtzeitig erkennbar für das Gericht, erkennbar ...

RA G[olzem]:

Das ist doch das letzte, wo sind wir denn hier überhaupt. Wir sind doch hier nicht in der Seminarprüfung.

Vors.:

Sind sie doch bitte im Augenblick still, Herr Rechtsanwalt.

RA G[olzem]:

Aber Herr Vorsitzender was ...

Vors.:

Sie haben gar nicht dazwischenzureden, ich spreche jetzt gerade mit Herrn Rechtsanwalt von Plottnitz und nicht mit Ihnen.

RA G[olzem]:

... als Verteidigung und das geht uns alle an.

Vors.:

Ich habe Ihnen ...

Ein RA spricht unverständlich dazwischen.

Vors.:

Das geht Sie nichts an.

Ein Vert[eidiger]:

Das ist ja wirklich das letzte.

Vors.:

Es ist so, der Punkt der ...

RA G[olzem]:

Wir sind solche Verfahrensweisen nicht gewöhnt.

Referendar Dr. Te[mming]:

Das gibt es doch gar nicht, Sie können doch einem Verteidiger nicht vorschreiben, wie er sich ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, ich weise Sie darauf hin, auch wenn Ihre übrigen Herrn Kollegen jetzt nicht zur Ruhe zu bringen sind, bitte ich Sie, sich darauf zu [3170] konzentrieren, das ist für Sie ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich weise Sie nochmals ...

Vors.:

Die Frage ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Ich weise Sie nochmals ...

Vors.:

Die Frage der Unverzüglichkeit steht deswegen im Mittelpunkt, weil das Gericht unter Umständen sonst zur Erkenntnis langen müßte, daß langwierige Ausführungen über längst nicht mehr aktuelle ...

Mehrere Rechtsanwälte brüllen unverständlich dazwischen.

Vors.:

... einen Mißbrauch darstellt und das würde, Augenblick, das würde ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, wenn Sie der Auffassung ...

Vors.:

Lassen Sie mich das bitte zu Ende führen, sonst können Sie sich nicht mit Argumenten ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, Sie lassen mich ja hier auch nicht zu Ende führen.

Vors.:

Nein, mein Satz muß ja nun für sich ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Sie lassen mich ja noch nicht mal mein Ablehnungsgesuch zu Ende führen.

Vors.:

Ich habe Ihnen gesagt, dann müßte ich Ihnen wegen Mißbrauchs das Wort entziehen.

RA Go[lzem]:

Sie haben uns überhaupt keine Belehrungen zu erteilen, Herr Prinzing.

Vors.:

Das mildere Mittel ist, wenn ich Ihnen dann die Zeit beschränke. Deswegen habe ich Sie gebeten, sich zunächstmal zum Punkt der Unverzüglichkeit zu äußern. Frage deshalb ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Sie haben das doch gar nicht zu entscheiden, Herr Vorsitzender ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Also Herr Vorsitzender, um es ...

Vors.:

... wollen Sie nicht mit Punkt drei beginnen? Sie sind gewarnt.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich beginne bestimmt nicht mit Punkt drei und ich bin auch nicht gewarnt von Ihnen. Ich weise Sie nochmals darauf hin, daß Sie die Möglichkeit haben, wenn Sie dies Gesuch in seiner Gesamtheit für mißbräuchlich halten, dies in einer entsprechenden Entscheidung auf das Gesuch hin zum Ausdruck bringen. Wozu [3171] Sie nicht das geringste Recht haben ist[cc], mich hier zu unterbrechen oder vorab, bevor das Gesuch in seiner Geschlossenheit begründet worden ist und in seinem Zusammenhang begründet worden ist hier vorab von Rechtsmißbräuchlichkeit zu sprechen. Ich führe jetzt ...

Vors.:

Ich habe ... Augenblick ... das Recht, wenn im Gewande eines Antrags Dinge vorgetragen werden, die nicht mehr vorgetragen werden können, weil sie längst überholt[dd] sind ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, was nicht mehr vorgetragen ...

Vors.:

Daß ich Ihnen das Wort entziehe ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Was nicht mehr vorgetragen kann ...

Vors.:

... und ich sage Ihnen jetzt nochmals, wenn Sie nicht alsbald erkennen lassen, ...

RA Go[lzem]:

... Sie verbindet, Herr Prinzing ...

Vors.:

... daß das kein Vortrag ist, der nur noch zu irgendwelchen ...

Referendar[ee] Dr. Te[mming] (mit lauter Stimme):[ff]

Herr Prinzing, Sie können wenn Sie abgelehnt sind, überhaupt keine Entscheidung mehr treffen, außer solchen, die unaufschiebbar sind.[30]

Vors.:

... prozeßfremden Zwecken deckt, dann werde ich Ihnen die Zeit beschränken.

RA G[olzem]:

Hier ist kein Seminar, hier ist eine Gerichtsverhandlung. Halten Sie sich gefälligst an die Verfahrensregeln.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Also ich werde, ich sage Ihnen nochmal, ich fahre so fort, wie ich den Antrag zu begründen gedenke und nicht so, wie Sie sich das vorstellen. So, ich muß den letzten Satz wieder wiederholen, weil ich unterbrochen worden war. Wo sie, also die abgelehnten Richter, den Gefangenen die Rolle toter Objekte zugedacht hatten[gg], allenfalls gut dazu, ihre bereits beschlossene Aburteilung, so ist das Wort, das man hier verwenden kann, aus der Beschwerdeentscheidung des Bundesgerichtshofs, Ihrer bereits beschlossenen Aburteilung Beifall zu spenden, gehen die Sachverständigen in ihrem Gutachten auf die Gefangenen als Menschen ein und auf die Bedingungen, unter denen sie in der Hauptverhandlung erst als das eingreifen könnten, was ihnen die abgelehnten Richter gerade verwehren wollen, nämlich als verteidigungsfähige Subjekte. In diesem Dilemma konzentrierten die abgelehnten Richter ihre Anstrengung zu allererst darauf, die Gefangenen und ihre Verteidiger [3172] daran zu hindern, den Inhalt der Gutachten und die Rechtspflichten, die sich für die abgelehnten Richter zur Frage der Fortsetzung der Hauptverhandlung, der Änderung der Haftbedingung sowie der unverzüglichen Einleitung der ärztlichen Behandlung der Gefangenen aus dem Inhalt der Gutachten ergeben hätten, in der Hauptverhandlung, also öffentlich zu erörtern. Das betrifft den Punkt des rechtlichen Gehörs zum Inhalt der Gutachten und, wie später noch auszuführen sein wird, auch zum Inhalt des Antrags des Generalbundesanwalts.

Am 23.9.1975, das heißt also in der Sitzung am 23.9.1975, dekretierten Sie in einer Blitzveranstaltung, daß zum Inhalt der Gutachten nur außerhalb der Hauptverhandlung, also in nichtöffentlicher Form, nämlich bis zum 25.9.1975 Stellung genommen werden dürfe. Gleichzeitig teilten Sie mit, daß die von der Verteidigung frühzeitig beantragte Anhörung und Vernehmung der Gutachter in der Hauptverhandlung nicht stattfinden werden, ein eindeutiges Indiz dafür, wie sehr die abgelehnten Richter eine öffentliche Konfrontation mit den Gutachtern und ihren medizinischen Feststellungen fürchteten. Mit Schriftsatz vom 25.9.1975 hatte die Bundesanwaltschaft jederzeit den Ausschluß der Gefangenen gem. § 231a StPO gefordert. Ihr Antrag war nicht von einem ihrer Sitzungsvertreter in dieser Hauptverhandlung, sondern vom Generalbundesanwalt Buback[31] selbst unterschrieben. Für jeden, der die Mechanismen dieses Verfahrens inzwischen kennt, das Signal dafür, daß die Stunde für die weitere Anwesenheit der Gefangenen in der Hauptverhandlung und den sich für ihre Verteidigung hieraus ergebende Möglichkeiten geschlagen hatte. Die Verteidiger und die Gefangenen erhielten von den Absichten des Generalbundesanwalts erst am 22.9.1975 Kenntnis. Rechtliches Gehör wurde ihnen zum Antrag insoweit trotz ausdrücklicher Anträge der Verteidigung in der Sitzung am 23., am 30.9.1975 von den abgelehnten Richtern ohne Begründung verweigert.

Zu dem letzten Punkt beziehe ich mich zur Glaubhaftmachung[32] auf die Sitzungsniederschrift vom 30.9.1975. Die übrigen [3173] Punkte bedürfen nicht der Glaubhaftmachung. Es handelt sich um Tatsachen, die den abgelehnten Richtern aus eigener Kenntnis bekannt sind, um offenkundige Tatsachen. Es bedarf insoweit nicht der Glaubhaftmachung. Nachdem die Gefangenen und ihre Verteidiger erfolgreich daran gehindert worden waren, sich zum Inhalt der Sachverständigengutachten und zur Anwendbarkeit beziehungsweise Unanwendbarkeit des § 231a StPO in öffentlicher Sitzung zu erklären, war das Terrain für die Verkündung des Beschlusses der abgelehnten Richter in der Sitzung am 30.9.1975 planiert. Was sie den Gefangenen und ihren Verteidigern verweigerten, ist ein zentraler Punkt der Begründung eines solchen Gesuchs. Die Möglichkeit von Erklärungen zur Frage des Ausschlusses aus der Hauptverhandlung in öffentlicher Sitzung maßten sich die abgelehnten Richter selbst als Monopol an. Es entspricht diesem Verständnis von öffentlicher Hauptverhandlung, daß die wesentlichen Passagen des Beschlusses vom 30.9.1975 nicht der juristischen Begründung eines Beschlusses, sondern eher einer politischen Kampfschrift gegen die Gefangenen gleicht. Die abgelehnten Richter wußten, daß sie ihr Ziel, die Gefangenen aus der Hauptverhandlung zu eliminieren, sie als verteidigungsfähige Subjekte auszuschalten, mit dem Inhalt der schriftlichen Sachverständigengutachten ebensowenig begründen konnten, wie mit dem Wortlaut des § 231a StPO.[33]

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Vorsitzender, die Bundesanwaltschaft bittet ums Wort ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, Herr Vorsitzender ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Das ist unmöglich, daß das Wort entzogen wird.

Vors.:

Betrifft der Antrag die gleichen Ausführungen?

RA v[on ]P[lottnitz]:

... beantrage rechtliches Gehör.

Reg. Dir. W[idera]:

Der Antrag betrifft die weiteren Ausführungen.

Vors.:

Dann wird Ihnen das Wort erteilt.

Reg. Dir.W[idera]:

Nur zunächst mal, Herr Vorsitzender ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, wie ist das, habe ich kein rechtliches Gehör ...

Reg. Dir.W[idera]:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, mir ist das [3174] Wort erteilt worden ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

... zur Frage, wenn ich unterbrochen werden soll ...

Vors.:

... wenn hier ein Verfahrensantrag zu Ihren Ausführungen gestellt wird.

Reg. Dir. W[idera]:

... und Sie sprechen von Verfahrensverhalten hier ...

Referendar Dr. Te[mming]:

... die Angeklagten auch ...

Reg. Dir. W[idera]:

... zunächst einmal müssen Sie sich daran gewöhnen, daß die Sachleitung beim Vorsitzenden liegt,[34] und wenn Sie das Wort nicht haben, auch Sie hier den Mund zu halten haben ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Soll das eine unaufschiebbare Maßnahme sein?

Während der Antragstellung durch Reg. Dir. Widera rufen die Rechtsanwälte Golzem und Dr. Temming ständig, Rechtsanwalt von Plottnitz und Spangenberg gelegentlich dazwischen.

Reg. Dir. W[idera]:

Ich möchte jetzt zunächst mal ...

Vors.:

Darf ich, Herr Bundesanwalt, nochmals klären, Sie wollen einen Verfahrensantrag zu den weiteren Ausführungen stellen.

Reg. Dir. W[idera]:

So ist es.

Vors.:

Dazu erhalten Sie das Wort.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Dazu möchte ich rechtliches Gehör, ob der Herr Bundesanwalt ...

RAe v[on] Plottnitz, Golzem, R. Ref. Dr. Temming und Dr. Heldmann schreien durcheinander.

Vors.:

Bitte, fahren Sie fort. Lassen Sie sich durch dieses ...

RA Dr. H[eldmann]:

... zwei Anträge die Entscheidung zu treffen.

Reg. Dir. W[idera]:

Der antragstellende Rechtsanwalt von Plottnitz hat drei Komplexe, Tatsachenkomplexe genannt, auf die er seinen Antrag stützen und mit dem er, mit denen er seinen Antrag begründen will ...

RAe Golzem und Temming brüllen unverständlich dazwischen.

Reg. Dir. W[idera]:

... zu allen Tatsachenkomplexen hat er seine zeitliche Vorstellung, zeitliche Eingrenzungen genannt. Er ist deshalb vom Vorsitzenden, der, wie ich nochmals betone, die Sachleitung hier hat und deswegen ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Er hat die Sachleitung nicht ... soll das [3175] eine unaufschiebbare Maßnahme sein ...

Reg. Dir. W[idera]:

... eingreifen muß, wenn es hier so vorgeht, wie es hier vorgeht, unterbrochen worden und hat darauf hingewiesen, daß das Problem, um das es hier geht, einzig und allein das Problem der Unverzüglichkeit ist ...

RAe Golzem, Spangenberg und R. Ref. Dr. Temming schreien andauernd, während Reg. Dir. Widera spricht, dazwischen.

Reg. Dir. W[idera]:

... Herr RA von Plottnitz sieht sich nicht veranlaßt, zu diesen Fragen irgendwelche Ausführungen zu machen. Warum sieht er sich nicht dazu veranlaßt? Aus dem klar ersichtlichen Grund, weil er hier weiter das betreiben will, was er hier seit 40 Verhandlungstagen betreibt: Prozeßverschleppung, das ist der Grund, sonst würde er das ja tun. Es ist ja einfach, diese Frage vorwegzuziehen. Und nun ...

RA Golzem steht auf und schreit.

Reg. Dir. W[idera]:

... nun Herr Rechtsanwalt Golzem ... der gute Ton, Herr Rechtsanwalt Golzem, ...

RA G[olzem] (schreiend):

... da wären Sie heute mitten in der Beweisaufnahme. Sie sind die Saboteure.

Reg. Dir. W[idera]:

... und deswegen der Antrag. Wir beantragen jetzt ...

Vors.:

Bitte den Antrag.

Reg. Dir. W[idera]:

... das Wort Herrn Rechtsanwalt von Plottnitz zur weiteren Begründung seines Antrags nicht zu erteilen, sondern darüber zu entscheiden, ob dieser Antrag zulässig ist.

Die Bundesanwaltschaft ist der Auffassung, er ist unzulässig.

Referendar Dr. Te[mming]:

... hat der Senat gezeigt, Herr Widera nach [§ ]26a StPO.[35]

Vors.:

Ich darf ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Ich frage Sie, Herr Bundesanwalt ...

Vors.:

Halten Sie jetzt bitte den Mund.

RA Sp[angenberg]:

Den Mund halten Sie jetzt.

Referendar Dr. Te[mming]:

Wir werden wohl noch ...

Vors.:

Herr Temming ...[hh]

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... wenn wir hier unterbrochen werden.

Reg. Dir. W[idera]:

Das sollten Sie sich überlegen, Herr Rechtsanwalt Temming.

[3176] Vors.:

Ich habe Ihnen wiederholt gesagt ... Ich darf Ihnen jetzt folgendes sagen ...

RA Golzem steht auf und schreit.

Vors.:

Oh, setzen Sie sich doch hin.

RA Golzem schreit weiter.

Reg. Dir. W[idera]:

Das Benehmen des RA Golzem spricht für sich und bedarf keiner Kommentierung.

Vors.:

Ich darf folgendes, ich darf folgendes feststellen: Das Gesetzt gibt dem Gericht und dem Vorsitzenden keine Möglichkeit, gegen Rechtsanwälte, die sich derartig aufführen, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen.[36]

Mehrere Rechtsanwälte schreien unverständlich durcheinander.

Vors.:

Augenblick. Sie sind jetzt nicht gefragt.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... keine Möglichkeit ... so aufführen.

Vors.:

Ich weise allerdings, ich weise allerdings die Herren Pflichtverteidiger[37] darauf hin, daß nach dem Spruch, den das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit diesem Verfahren erlassen hat,[38] die Pflichtverteidigung im öffentlichen Interesse liegt und nicht nur der Wahrung der Verteidigung des Angeklagten, sondern auch der Sicherung ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

(schreit unverständlich)

Vors.:

Sind Sie ruhig jetzt ... sondern auch einem geordneten Verfahren dient. Wenn die Herren Pflichtverteidiger glauben, Sie können den geordneten Ablauf dieses Verfahrens auf diese Weise weiterhin sabotieren ...

Mehrere Rechtsanwälte schreien durcheinander.

... dann hat es die Konsequenzen.[39] Das Gericht macht jetzt eine Pause, um zu überlegen, ob dieser Antrag weiter vorgetragen werden kann.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, das Gericht macht keine Pause ...

Pause von 10.36 Uhr - 11.13 Uhr

Ende des Bandes 178

[3177] Nach Wiedereintritt des Senats um 11.13 Uhr wurde die Hauptverhandlung wie folgt fortgesetzt.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Die Pause haben wir benützt, um uns einige Fragen im Zusammenhang mit den heutigen Auftritten und auch im Zusammenhang mit der Antragstellung vorzulegen.

Angekl. Ra[spe]:

Während Sie abgelehnt sind oder was?

Vors.:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Herrn Verteidiger erneut und eindringlich ermahnt werden, sich der Verhandlungsleitung des Vorsitzenden zu fügen und insbesondere sich an die Worterteilung zu halten. Eine Verhandlung ist sonst nicht mehr möglich.

RA Spa[ngenberg]:

Diese Ermahnung können wir ungebraucht zurückgeben.

Vors.:

Ich darf auf folgendes hinweisen, daß auch Dahs in seinem Aufsatz „Ausschließung und Überwachung der Strafverteidiger, Bilanz und Vorschau“ NJW 1975 Heft 31 unter anderem zu dem Beispiel, daß Anwälte trotz mehrmaliger Abmahnung weiterreden ...

Angekl. Baa[der]:

Moment nochmal, das wollen wir doch ganz genau [ii] hören.

Vors.:

Sie haben jetzt das Wort überhaupt nicht.

Angekl. Baa[der]:

(unverständlich)

Vors.:

Sie haben jetzt das Wort überhaupt nicht.

Angekl. Baa[der]:

(zunächst unverständlich) ... stellen Sie sich mal vor.

Reg. Dir. Widera:

Ich bitte, den Angeklagten Baader gleich zu belehren, was die Folge eines solchen störenden Verhaltens ist.[40]

Vors.:

Herr Baader dürfte sich über diese Konsequenzen klar sein.

RA v[on ]Pl[ottntiz]:

... wann ich das Ablehnungsgesuch für Herrn Raspe hier zu Ende führen kann.

Vors.:

Ich habe aus ...

Referendar Dr. Te[mming]:

... auf Grund welcher, auf Grund welcher ...

RA v[on] Plottnitz und R. Ref. Dr. Temming reden laut unverständlich dazwischen.

Vors.:

Ich habe folgendes ausgeführt, dass Dahs schreibt, ich zitiere: „Soweit ...

[3178] RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Sind das Maßnahmen nach § 29 StPO,[41] die Sie gerade ...

Vors.:

Das sind Maßnahmen ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Das sind Maßnahmen nach § 29 StPO?

Vors.:

Ja, es ist dringend notwendig. Sie meinen, die Sachleitung sei zu[jj] Ende, weil Sie einen Antrag stellen.[42] Da täuschen Sie sich, müssen Sie die Prozeßordnung mal lesen.

Mehrere Rechtsanwälte schreien unverständlich dazwischen.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... § 29 StPO genau so ... (nicht weiter verständlich, da mehrere Rechtsanwälte laut dazwischenreden).

RA Go[lzem]:

Das ist doch Verfahrenssabotage, Herr Vorsitzender, was Sie machen. Sie wollen uns ...

Vors.:

Ich bitte das insbesondere, was von diesem Herrn Rechtsanwalt kommt, vorhin war[kk] ja das Wort „Ich soll den Mund halten“ von ihm gekommen, jetzt, es sei „Prozeßsabotage“, was ich mache, ausdrücklich zu protokollieren.

Mehrere Rechtsanwälte reden unverständlich dazwischen.

RA Spa[ngenberg]:

Das Wort, ich soll den Mund halten, kam von mir, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Ich lese jetzt diesen Satz vor.

RA Spa[ngenberg]:

... nachdem Sie einen Mitverteidiger ...

Richter Dr. Berroth:

Herr Spangenberg, Sie sind jetzt ruhig.

Mehrere Rechtsanwälte reden unverständlich dazwischen.

Vors.:

(zu Dr. Berroth)[ll] Herr Berroth, lassen Sie sich nicht aufregen dadurch, es hat keinen Wert, es hat keinen Wert.

RA Go[lzem]:

(unverständlich)

Richter Dr. Berroth:

Herr Golzem, für Sie gilt das Gleiche.

Mehrere Rechtsanwälte schreien unverständlich dazwischen.

Referendar Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender[mm], haben Sie Ihrem Beisitzer das Wort erteilt.

Vors.:

Es heißt in diesem Zitat folgendes: „Soweit bei diesen Beispielen und denkbaren ähnlichen Verhaltensweisen die bisherigen gesetzlichen Möglichkeiten des Vorsitzenden nicht ausreichen ...

[3179] Angekl. Baa[der]:

Wollen Sie ein neues Gesetz haben?

Vors.:

... und das Verhalten des Verteidigers praktisch zu einer Lahmlegung der Rechtsfindung im konkreten Verfahren führt, dürfte der Tatbestand der versuchten Nötigung[43] des Gerichts tateinheitlich mit dem Versuch einer Strafvereitelung[44] vorliegen“. Ich bitte das zur Kenntnis zu nehmen ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich schlage vor, bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige zu stellen ...

Mehrere Rechtsanwälte reden durcheinander.

Vors.:

Und nun zu der Antragstellung ist folgende Erklärung abzugeben ...

Assessor Oberwinder:

... ist noch nicht beendet.

Mehrere Rechtsanwälte schreien unverständlich dazwischen.

Vors.:

Punkt 1 und 2 des Antrags beschäftigen sich mit Sachverhalten, die sich bis zum 30.9.1975 zugetragen haben. Ihre Verwendung als Ablehnung ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender, es geht um den Gesamtzusammenhang ...

Vors.:

Ihre ...

Referendar Dr. Te[mming]:

... warum jeder dieser dort oben sitzenden Richter abgelehnt ist. Der Gesamtzusammenhang, der Gesamtzusammenhang, die ganze Perfidie, was hier abläuft, gegenüber den Gefangenen, in der Isolation.

Vors.:

Bitte, Sie haben doch das Mikrophon abgestellt, jetzt (zum Protokollführer)

Referendar Dr. Te[mming]:

... deklariert wird.

Vors.:

Ihre Verwendung als Ablehnungsgrund am 28.10.75 legt es nahe, daß Sie für sich nicht unverzüglich im Sinne des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO geltend gemacht werden.

Rechtsanwälte reden laut unverständlich.

Vors.:

Zu der Frage ... das ist eine Erklärung des Vorsitzenden ...

Mehrere Rechtsanwälte reden unverständlich dazwischen.

Vors.:

Zu der Frage des Begriffes der Unverzüglichkeit sagt der Bundesgerichtshof ...

[3180] RA Sp[angenberg]:

So geht das natürlich nicht ...

Vors.:

... in Band.

Mehrere Rechtsanwälte reden unverständlich dazwischen.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, darauf lass ich mich nicht ein. Ich lasse mich nicht derart ...

Vors.:

Dazu sagt der Bundesgerichtshof ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich sage ja, ich trage jetzt das Ablehnungsgesuch für den Mandanten weiter vor.

Vors.:

Ich mache eine erneute Pause, um das zu Ende vorzutragen. Wenn Sie hier nicht still sind, dann wird die Verhandlung fortgeführt zu Zeiten, wo es bei Ihnen nicht möglich ist ... [nn]

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Wo wird meine Verteidigerpflicht verletzt, wenn ich hier dieses Ablehnungsgesuch jetzt nicht weiter vortrage.

Pause von 11.17 Uhr bis 11.26 Uhr

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung sind die RAe. Schnabel und König nicht mehr anwesend.

Vors.:

Ich bitte Platz zu nehmen.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

(unverständlich)

Vors.:

Zunächst bin ich jetzt am Wort. Herr Rechtsanwalt, Sie haben das Wort nicht.

RA v[on] Pl[ottnitz] redet unverständlich dazwischen.

Vors.:

Ich gebe jetzt folgende Erklärung ab: ... „Punkte 1 und 2 des Antrags ...“

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... Ihre Unterbrechung ... Ich werde deshalb durch diesen Antrag jetzt weiterbegründen.

Vors.:

Ich habe Ihnen gesagt, daß jetzt ich das Wort habe.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich werde diesen Antrag weiterbegründen ...

Vors.:

Sie werden nicht, Sie werden selbstverständlich nicht.

Die Punkte 1 ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... stehengeblieben ...

Vors.:

Wir werden kein Duo hier abgeben.

BA Dr. W[under] (zu RA v[on] Plottnitz):

Sie kommen sich doch lächerlich vor.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Herr Dr. Wunder, ich wäre mit ...

Mehrere Rechtsanwälte schreien unverständlich dazwischen.

[3179-3180][45] [3181] RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Die Verfahrenssaboteure sitzen auf Ihrer Bank und auf der Richterbank.

BA Dr. Wunder:

Ich verwahre mich gegen diese Aussprache.

Vors.:

Sie sind ...

Mehrere Rechtsanwälte schreien unverständlich dazwischen.

RA v[on ]Pl[ottnitz] (schreiend):

Der Herr Vorsitzende hat nicht das geringste Recht, das Ablehnungsgesuch zu unterbrechen ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt ...

RA v[on ]Pl[ottnitz] (Schreiend):

Er hat nicht das geringste Recht sich anzumaßen, ein Urteil über die Zulässigkeit, bevor ein ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt ...

RA v[on ]Pl[ottnitz] (schreiend):

... wenn es begründet worden ist.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Herr Rechtsanwalt ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Und solchen Illegalitäten werde ich mich hier nicht fügen ...

Vors.:

Die Illegalitäten meinen Sie, ich will Ihnen folgendes sagen ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

(unverständlich)

Vors.:

Sie sind jetzt still im Augenblick.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich bin überhaupt nicht still.

Vors.:

Doch, Sie sind jetzt still.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Sie sind jetzt still. Ich lasse mir das nicht ...

Vors.:

Ach so, Sie meinen dem Vorsitzenden sagen zu müssen, er soll still sein. Ich entziehe Ihnen hiermit ausdrücklich das Wort.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich nehme die Rechte, die mir aus der Strafprozeßordnung zustehen.

Vors.:

Ich habe Ihnen das Wort entzogen, haben Sie das zur Kenntnis genommen.

Mehrere Rechtsanwälte schreien unverständlich dazwischen.

Vors.:

Sie haben das Wort nicht, Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz] (mit lauter Stimme):

Sie haben das Wort nicht, Sie haben das Wort nicht, Sie haben ...

Vors.:

Ich gebe Ihnen Gelegenheit ...

Mehrere Rechtsanwälte schreien unverständlich dazwischen.

[3182] RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... keine unaufschiebbare Amtshandlung mir einen solchen Antrag zu unterbrechen.

Vors.:

Ich unterbreche ... Augenblick, ich unterbreche jetzt die Sitzung und bitte die Bundesanwaltschaft Stellung zu nehmen zu der Frage, ob Herrn Rechtsanwalt von Plottnitz weiterhin das Pflichtmandat erhalten werden kann.[46]

Mehrere Rechtsanwälte schreien unverständlich dazwischen.

BA Dr. W[under]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Die Angeklagten ...

Beifall im Sitzungssaal.

Vors.:

Ich bitte im Saal um Ruhe, ich bitte im Saal um Ruhe.

Auf der linken Zuschauerseite - vom Richtertisch aus gesehen - steht ein Mann mit einer grünen Jacke auf, schreit unverständlich dazwischen und gestikuliert mit dem Arm.

Vors.:

Bitte entfernen Sie diesen Herrn.

[oo]

Gerichtswachtmeister Adler versuchte daraufhin diesen Herrn aus dem Sitzungssaal zu entfernen.

Tumultartige Szenen im Sitzungssaal.

Vors.:

Das ist doch unglaublich.

RA Sp[angenberg]:

Das sind doch Jubelperser, die da sitzen, die kennen wir doch schon seit sieben Jahren.

Vors.:

Herr Adler ... Herr Adler ... Herr Adler ... Herr Adler ... Herr Adler ... Herr Adler ... Herr Adler, wenn der Herr still ist, soll er sich setzen, wir wollen jetzt, da wir sowieso unterbrechen, keinen weiteren Auftritt mehr haben. Die Angeklagten sind zurückzuführen, Fortsetzung 14.00 Uhr.

BA Dr W[under]:

Herr Vorsitzender, ein dringender Antrag.

Vors.:

Bitte.

Mehrere Rechtsanwälte sprechen unverständlich dazwischen.

[3183] Referendar Dr. Te[mming]:

Die Verhandlung ist bereits ...

BA Dr. W[under]:

Er betrifft das Tonband der Verteidigung.

Vors.:

Ich eröffne die Sitzung erneut, damit ...

BA Dr. W[under]:

Der Antrag betrifft das Tonband der Verteidigung

Ich stelle den Antrag,

daß das von den Verteidigern funktionsbereit aufgestellte Tonband, mit dem auch in den Pausen Probeläufe gemacht worden sind, aus dem Saal verbracht wird und generell die künftige Mitnahme dieses Tonbandes untersagt wird[pp].

Vors.:

Gut. Die Sitzung wird um 14.00 Uhr fortgesetzt.

Pause von 11.29 Uhr bis 14.06 Uhr.

Ende von Band 179

[3184] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.06 Uhr [qq]

Als weiterer Urkundsbeamter ist Just. Ass. z. A. Scholze anwesend.

Rechtsreferendar Düx ist nunmehr auch[rr] anwesend.

RAe Schnabel und König [ss] sind wieder anwesend.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort oder versuchen, sie fortzusetzen.

Zunächst darf ich noch bemerken, daß die Frage einer eventuellen Entpflichtung, die heute früh angeklungen ist, selbstverständlich zurückgestellt wird, solange ein Ablehnungsgesuch läuft.

Ich habe heute früh versucht, einen Hinweis zu geben, wobei ich nochmals hinzufüge, daß es selbstverständlich das Recht des Vorsitzenden ist, auch im Zusammenhang mit einem Ablehnungsantrag Hinweise zu geben, mit denen versucht werden soll - und um nichts anderes geht es - zu verhindern, daß Anträge, die gestellt werden, als rechtsmißbräuchlich zurückgewiesen werden müßten. Das ist der Sinn dieses Hinweises, den ich nun nochmals geben will.

Die Punkte 1 und 2 des Antrags, des Ablehnungsantrags, wie sie uns heute früh mitgeteilt worden sind, beschäftigen sich mit Sachverhalten, die sich vom 13.9. bis zum 30.9.1975 zugetragen haben. Ihre Verwendung als Ablehnungsgrund heute am 28.10.1975 legt es nahe, daß sie für sich betrachtet nicht unverzüglich im Sinne des § 25 Abs. 2 S. 2 der StPO geltend gemacht werden.

Der BGH sagt im 21. Band, S. 345 zum Begriff der Unverzüglichkeit, es sei ein strenger Maßstab anzulegen.

Ich zitiere weiter:

„Hätte der Angeklagte, was ihm ohne weiteres möglich gewesen wäre, den Ablehnungsgrund alsbald zu Protokoll der Geschäftsstelle vorgebracht, so hätte die Entscheidung darüber vor dem nächsten Hauptverhandlungstag getroffen und die Verhandlung in der Sache selbst entsprechend dem Zweck der förmlichen Regelung des Ablehnungsverfahrens ohne vermeidbare Verzögerung fortgesetzt oder abgebrochen werden können. Das Gesuch ist also in jedem Fall verspätet gestellt worden.“

- Ende des Zitats -.

[3185] Sollen solche wochenlang zurückliegende Gründe unterstützend zu Gründen, die diesem Einwand nicht ausgesetzt sind, herangezogen werden, so müssen diese Gründe vorweg ausgeführt werden, damit für das Gericht rechtzeitig erkennbar wird, ob es sich um eine rechtsmißbräuchliche Antragstellung handelt.

Das war der Sinn des Hinweises, den ich schon zu Beginn des Ablehnungsantrages gegeben habe, und zur Erfüllung dieser Forderung, daß die Gründe, von denen die Verteidigung selbst glaubt, sie hätten den Einwand nicht gegen sich, da sie möglicherweise nicht unverzüglich gestellt seien, zunächst vorgetragen werden müssen, zur Erfüllung dieser Forderung setze ich hiermit eine Frist von 15 Minuten. Innerhalb dieser 15 Minuten muß erkennbar werden, daß sich die Verteidigung zunächst zu diesen Gründen äußert, sonst wäre über einen Wortentzug zu entscheiden.

Ich gebe Ihnen jetzt weiterhin das Wort.

Herr RA Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Darf ich Sie mal fragen, Herr Vorsitzender, wo die StPO die Beschränkung der Redezeit für Antragsbegründungen vorsieht?

Vors.:

Ja, das dürfen Sie fragen.

Das liegt in der Prozeßleitungsbefugnis. Genauso, wie ich das Wort entziehen kann, kann ich als mildere Maßnahme ankündigen - es ist noch nichts geschehen in dieser Richtung -, daß innerhalb einer bestimmten Zeit Gelegenheit ist, prozessuale Vorgänge zu verfolgen, zu begründen, daß dann aber über einen Wortentzug zu entscheiden wäre. Das ist hiermit geschehen.

Herr RA Dr. Heldmann, jetzt hat Herr RA v[on] Plottnitz das Wort, um mit seinem Antrag fortzufahren.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich möchte aber auf einen abermaligen Rechtsirrtum hinweisen.

Vors.:

Nein. Sie haben jetzt nicht das Wort. Ich bitte Sie jetzt, daß dieser Ablehnungsantrag gegen das Gericht fortgesetzt wird. Das, was Sie vorzutragen haben, fällt nicht mehr unter die Pflichten des Vorsitzenden, unverzügliche bzw. nicht aufschiebbare Handlungen sofort vorzunehmen. Der Hinweis war nicht aufschiebbar.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich ergreife das Wort.

Ich werde diesen Antrag gleich ...

RA Dr. He[ldmann]:

(spricht unverständlich dazwischen).

[3186] RA v[on] Pl[ottnitz]:

Ich werde diesen Antrag gleich weiterbegründen. Nur vor ... zuvor eine Bemerkung zu dem, was Sie gesagt haben:

Sie haben aus einer Beschwerdeentscheidung, aus einer Entscheidung des BGHs aus dem 21. Bande zitiert. Die Entscheidung ist uns bekannt. Diese Entscheidung ist eine Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch. Die StPO kennt die Möglichkeit, ein Ablehnungsgesuch als unzulässig, also als rechtsmißbräuchlich, zu ... zu ... abzulehnen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Die StPO kennt in den Vorschriften, die Ablehnungsgesuche regeln, keine Möglichkeit der abgelehnten Richter, zu zensieren die Begründung eines Ablehnungsgesuchs oder einzuschüchtern den Verteidiger, der die Begründung eines solchen Ablehnungsgesuchs vorträgt. Beides ist durch Sie geschehen und gegen beides verwahre ich mich nochmals so, wie ich’s heute vormittag auch getan hab. Und ich sage Ihnen auch jetzt schon, daß ich eine derartig illegale Redezeitbeschränkung von 15 Minuten, innerhalb derer der Senat zu entscheiden gedenkt darüber, ob nun seine Kriterien erfüllt sind oder nicht, daß ich die ablehne.

Und jetzt setze ich die Begründung fort:

Die abgelehnten Richter wußten, daß Sie Ihr Ziel, die Gefangenen aus der Hauptverhandlung zu eliminieren, sie als verteidigungsfähige Objekte auszuschalten, mit dem Inhalt der schriftlichen Sachverständigen ebensowenig begründen konnten, wie mit dem Wortlaut des § 231a StPO. Gleich zu Beginn der Begründung dieses Beschlusses vom 30.9.1975 lösen Sie dieses Problem mit einer Verdrehung der Tatsachen - man könnte auch sagen: mit einer Lüge.

Sie behaupten, die Gefangenen befänden sich, wie es § 231a StPO fordert, in einem ihre Verhandlungsfähigkeit ausschließendem Zustand. Jedoch haben die Sachverständigen in ihren schriftlichen Gutachten, wie jedermann weiß, lediglich eine zeitlich beschränkte Verhandlungsfähigkeit festgestellt. Die abgelehnten Richter tun in diesem Zusammenhang so, als ob zur ordnungsgemäßen Durchführung der Hauptverhandlung i.S.d. § 231a StPO die Einhaltung bestimmter, im Beschluß nicht näher spezifizierter Fristen gehört.

[3187] Ein solcher Grundsatz findet sich jedoch weder in der Sondervorschrift des § 231a StPO noch in irgendeiner anderen Norm der StPO.

Der manipulative Umgang mit den Feststellungen der Sachverständigen bzw. mit dem Tatbestandsmerkmal des § 231a StPO macht deutlich, daß die abgelehnten Richter mit den Gefangenen im wahrsten Sinne des Wortes kurzen Prozeß machen wollen. Sie betrachten die Hauptverhandlung in diesem Verfahren bereits als Bestandteil der Vollstreckung eines längst gefällten Urteiles. Den abgelehnten Richtern geht es nicht mehr um Wahrheitsfindung, um Verteidigungsrechte der Gefangenen, kurz: um all das, was Rechtsförmigkeit und Rechtsstaatlichkeit dieser Hauptverhandlung erst begründen könnte; es geht ihnen nur noch um die störungsfreie Aburteilung der Gefangenen, um nochmals ein Wort aus der Beschwerdeentscheidung des BGHs aufzugreifen.

Daß für die Überzeugungsbildung der abgelehnten Richter nicht das reale Ergebnis der noch ausstehenden Beweisaufnahme, sondern allein die Behauptungen des Generalbundesanwalts und seiner Hilfsbeamten ausschlaggebend sind, ergibt sich auch daraus, daß sie sich auf den Seiten 6 - 13 der Begründung des Beschlusses vom 30.9.1975 in insgesamt zehn Fällen die vom Generalbundesanwalt vorgenommene Zuordnung einzelner Zellenzirkulare zu einzelnen Gefangenen umstandslos und ohne jede Einschränkung zu eigen machen. Es handelt sich dabei durchweg um Schriftstücke, auf die der Generalbundesanwalt seine Anklagevorwürfe in der Hauptverhandlung zu stützen beabsichtigt.

Selbst der BGH, dessen Entscheidung ja auch mit den Verteidigungsrechten der Gefangenen nicht zimperlich umgeht, hat sich diesen Zuordnungspraktiken des Senats nicht anzuschließen getraut. Er hat sich sogar von ihnen distanziert.

Die abgelehnten Richter sind nicht einmal davor zurückgeschreckt, auf S. 16 der Begründung des Beschlusses vom 30.9.1975 die angeblichen Bekundungen eines Justizbeamten zu verwerten, dessen Identität sie wohlweislich im Dunkeln lassen. Daß sie den Gefangenen hierzu noch zum Inhalt der verwerteten Zellenzirkulare rechtliches Gehör zu währ... zu gewähren bereit waren, gehört zu dem Prinzip ihrer Weigerung, die Gefangenen als Subjekte in der Hauptverhandlung anzuerkennen.

[3188] Allerdings offenbart sich die Einstellung der abgelehnten Richter den Gefangenen gegenüber am klarsten dort, wo sie sich in der Begründung ihres Beschlusses über die Haftbedingungen der Gefangenen, deren gesundheitszerstörende Auswirkungen und die hiergegen gerichteten Hungerstreiks äußern. Die entscheidende Passage insoweit findet sich auf S. 15 des Beschlusses und lautet - ich zitiere:

„Soweit deshalb die Haftbedingungen die Gesundheit der Angeklagten und damit ihre Verhandlungsfähigkeit negativ beeinflußt haben mögen, kann das doch nicht aus der Verantwortlichkeit der Angeklagten herausgenommen werden. Sie kannten die Haftbedingungen, wußten, daß mit deren Änderung im Sinne der geforderten vollen Integration nicht zu rechnen sei, wußten andererseits, daß die durch die Hungerstreiks[47] hervorgerufenen [tt] Schäden unter diesen Umständen nicht zu beheben sein würden.“

In diesem Zitat wird das, was nach den Gutachten der Sachverständigen auch nicht mehr möglich wäre, nämlich das Bestreiten der gesundheitszerstörenden Auswirkung der Haftbedingungen vom Senat erstmals aufgegeben; der gesundheitszerstörende Charakter dieser Gesundheit... dieser Haftbedingungen wird anerkannt. Das ist das Entscheidende an diesem Zitat.

Und weil dem so ist, proklamieren die abgelehnten Richter mit diesen beiden Sätzen für sich und damit für die gesamten Staatsorgane der BRD das Recht auf Körperverletzung, man kann auch sagen, das Recht auf Folter gegenüber Gefangenen, die als Folge des Verdachtes eine revolutionäre Veränderung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse für notwendig zu halten und der gegenwärtigen Legalität der BRD die Anerkennung zu versagen, als besonderes ... als besonderes Sicherheitsrisiko eingestuft werden. Folter ist jede Behandlung, die bewußt in die physische oder psychische Gesundheit von Gefangenen eingreift. Ob die damit verbundenen Schmerzen für den Gefangenen physischer oder mentaler Art sind, ist völlig unerheblich. Entscheidend allein ist die Kenntnis der verantwortlichen Staatsorgane von den gesundheitszerstörenden Auswirkungen der von ihnen jeweils praktizierten Behandlung und die Wehrlosigkeit, in der der jeweils betroffene Gefangene der Zerstörung seiner Gesundheit und den mit ihr verbundenen physischen oder [3189] mentalen Schmerzen ausgeliefert ist. Zu einer rechtsstaatlichen Behandlung von Gefangenen, die diesen Namen verdient, gehört die unabdingbare Achtung vor ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, und zwar ohne Rücksicht auf die Art ihrer Einstellung, den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen und der ihr verhafteten Legalität gegenüber.

Die abgelehnten Richter haben sich deshalb mit ihren beiden zitierten Maßstäben ... Zitaten außerhalb rechtsstaatlicher Maßstäbe begeben. Sie bestreiten noch nicht einmal die gesundheitszerstörenden Auswirkungen der Haftbedingungen der Gefangenen und rechtfertigen dennoch deren Vollzug für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, indem sie die Verantwortlichkeit dafür, die natürlich sie - die Richter - tragen, den Gefangenen zu... selbst zuschieben wollen.

In diesem Zusammenhang muß von einer Kriegserklärung der abgelehnten Richter den Gefangenen gegenüber gesprochen werden. Jedoch gäbe es für den Fall des Krieges immerhin die Genfer Konvention,[48] deren Vorschriften die Gefangenen vor dem zu schützen hätte, was dem Beschluß der abgelehnten Richter zufolge Rechtens sein soll: die vorsätzliche Zerstörung ihrer Gesundheit.

Die abgelehnten Richter haben die Gefangenen rechtlos erklärt. Daß die Richter des BGHs diese Rechtloserklärung nicht nur bestätigt, sondern sogar noch ins Zentrum der Beschwerdeentscheidung vom 22.10.1975 gestellt haben, entlastet nicht die abgelehnten Richter, sondern belastet vielmehr die politische Justiz der BRD insgesamt. Die zitierte Passage aus der Begründung der abgelehnten Richter im Beschluß vom 30.9.1975 macht überdies deutlich, daß der Tod von Holger Meins[49] kein Betriebsunfall war, keine Panne in einem ansonsten rechtsstaatlich geführten Verfahren, sondern daß ihm das Prinzip zugrunde liegt, die Gefangenen dieses Verfahrens nicht als Subjekte zu behandeln, deren Menschenrechte, vor allem das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, auch im Vollzuge der Untersuchungshaft zu respektieren wären, sondern als rechtlose Feinde, deren Tod oder gesundheitliche Zerstörung von den Staatsorganen als Mittel der Lösung eines politischen Konfliktes durchaus in Kauf genommen wird.

[3190] Dieses Prinzip manifestiert sich auch darin, daß die abgelehnten Richter bis heute nicht die geringsten Anstalten getroffen haben, um die den Gutachten zufolge aus medizinischer Sicht erforderlichen Voraussetzungen für die Wiederherstellung der vollen Verhandlungsfähigkeit zu schaffen. Die Isolation der Gefangenen, ihre strikte Abschirmung und Ausgliederung aus dem gewöhnlichen Vollzug wird unter der Verantwortung der abgelehnten Richter weiterpraktiziert. Statt den Isolationstrakt im 7. Stock und damit das soziale Vakuum, in dem die Gefangenen leben müssen, aufzulösen und die Gefangenen endlich in den üblichen Haftvollzug zu integrieren, wurden nur geringfügige Änderungen des Vakuums selbst vorgenommen: erweiterte Zusammenschlußmöglichkeiten, längerer Hofgang und Einzel-Fernsehempfang - auf Einzel-Fernsehempfang hat ohnedies in der BRD jeder Untersuchungsgefangene Anspruch.

In einem Schreiben an die Verfahrensbeteiligten, die Anstaltsleitung und die Gutachter vom 3.10.1975 weist der abgelehnte Richter Dr. Prinzing lapidar darauf hin - ich zitiere:

„... daß eine volle Integration der Gefangenen in den gewöhnlichen Haftvollzug aus zwingenden Gründen nicht in Betracht kommen kann.“

- Zitat Ende -.

Welche Gründe dies sein ... dies sein können, warum sie gar zwingend sind, bleibt unerläutert. Ein weiteres Beispiel für Machtsprüche, die in diesem Verfahren an die Stelle richterlicher Tätigkeit getreten sind.

Die von dem Gutachter Prof. Rasch genannte Gefahr, daß sich der gesundheitliche Zustand der Gefangenen bei Fortdauer ihrer Isolation verschlechtern werde, kümmert die abgelehnten Richter nicht, haben sie doch ihre eigene Verantwortung für die Zerstörung der Gesundheit der Gefangenen längst auf die Gefangenen selbst abgewälzt.

Die wiederholt, zuletzt mit Schriftsatz der Verteidigung vom 25.9.1975, beantragte Behandlung durch namentlich bezeichnete und fachlich anerkannte Ärzte des Vertrauens verweigern die abgelehnten Richter bis heute, obwohl die Gutachter die Dringlichkeit einer ärztlichen Behandlung betont haben.

[3191] Zur ärztlichen Betreuung teilt der abgelehnte Richter Dr. Prinzing in einem Schreiben an die JVA in Stammheim vom 1.10.1975 mit - ich zitiere:

„... daß sie Sache des Anstaltsarztes ist.“

- Zitat Ende -.

Dem Anstaltsarzt wohlgemerkt, nicht den Gefangenen, wird gestattet, die Gutachter Prof. Schröder und Müller sowie Dr. med. Beilharz vom Kreiskrankenhaus Böblingen - ich zitiere wieder:

„... beratend ...“

- Zitat Ende -

zuzuziehen, sofern die Gefangenen dies wünschen und die Kosten insoweit selbst zu tragen bereit sind. Obwohl die abgelehnten Richter genau wissen, daß die Gefangenen aus guten Gründen die ärztliche Behandlung durch Anstaltsärzte ablehnen,[50] weisen sie dem Anstaltsarzt auch jetzt noch, nachdem die dringliche Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung von den Sachverständigen unterstrichen worden ist, dabei den Hauptpart zu.

Auch dies ein Beispiel, wie wenig sie in Wahrheit an einer Besserung des Gesundheitszustandes und damit an der Verhandlungsfähigkeit der Gefangenen interessiert sind.

Am 24.10.1975 fand im Mehrzweckgebäude[51] eine Unterredung der abgelehnten Richter mit den Anstaltsleitern Nusser und Schreitmüller sowie den Sachverständigen zur Frage der Haftbedingungen statt. Insoweit wird zur Glaubhaftmachung auf eine dienstliche Äußerung der abgelehnten Richter Bezug genommen. Natürlich wurden auch an diesem Gespräch weder die Gefangenen noch ihre Verteidiger beteiligt, obwohl eine solche gemeinsame Unterredung von den Sachverständigen ausdrücklich als sachdienlich bezeichnet worden ist.

Auch dieser Vorgang zeigt die Entschlossenheit der abgelehnten Richter, die Gefangenen nur als Objekte und sei es um den Preis ihrer physischen oder psychischen Zerstörung zu behandeln. Soweit sich das Ablehnungsgesuch des Gefangenen Raspe gegen den Vorsitzenden Richter Dr. Prinzing richtet, ist es inzwischen auch auf den Inhalt von dessen Verfügung vom 24.10.1975 zu stützen. [3192] Dieser Verfügung zufolge haben die Gefangenen für den Fall, daß sie an der Hauptverhandlung teilzunehmen wünschen, dies bereits jeweils vor Beginn einer Vormittags- bzw. Nachmittagssitzung dem diensttuenden Anstaltspersonal mitzuteilen. Sie sind danach jeweils vor Beginn der jeweiligen Vormittags- bzw. Nachmittagssitzung in ihre fensterlosen Einzelzellen im Tiefgeschoß des Prozeßgebäudes zu verbringen, und zwar ausdrücklich - und ich zitiere aus dieser Verfügung -

„... unabhängig davon, ab wann die Angeklagten im Einzelfall in der Verhandlung anwesend sein wollen.“

- Zitat Ende -.

Es heißt in dieser Verfügung dann weiter - und ich zitiere wieder:

„Die Rückführung in die Vollzugsanstalt erfolgt grundsätzlich nach Beendigung der Vor- oder Nachmittagssitzung.“

- Zitat Ende -.

Der Inhalt dieser Verfügung soll die Gefangenen davor warnen, auf der Grundlage der Entscheidung des BGHs vom 22.10.1975 ihre Verteidigungsrechte in der Hauptverhandlung trotz ihres geschwächten Zustandes und trotz der Risiken einer weiteren Zerstörung ihrer Gesundheit wahrzunehmen; denn die verfügte Regelung führt in der Praxis dazu, daß selbst die minimalen Hafterleichterungen, die die abgelehnten Richter als Konsequenz der Feststellungen der Gutachter der ... den Gefangenen zuzugestehen gezwungen waren, an den Sitzungstagen wieder rückgängig gemacht werden, und genau das ist heute früh den Gefangenen auch erklärterweise von der Anstaltsleitung mitgeteilt worden. Für diese Tatsache beziehe ich mich also auch auf eine einzuholende dienstliche Äußerung des Anstaltsleiters Reg. Dir. Nusser.

Wenn die Gefangenen das von den Sachverständigen genannte zeitliche Limit von drei Stunden etwa dergestalt nutzen wollen, daß sie jeweils nur punktuell an einer Vormittags- oder Nachmittagssitzung teilnehmen, dann heißt es der Verfügung zufolge praktisch: kein Zusammenschluß zu viert an den Sitzungstagen - Dienstag und Donnerstag -, also allenfalls zeitlich reduzierter Zusammenschluß während der Mittagspause, so, wie [3193] er bis zur Verfügung vom 30.9.1975 auch praktiziert wurde; es heißt, kein Hofgang während der drei Sitzungstage und es heißt ein zumindest mehrstündiger Aufenthalt in den fensterlosen und nach außen, also zum Korridor hin, schallisolierten Kellerzellen des Prozeßgebäudes.

Daß unter diesen Umständen eine Besserung des gesundheitlichen Zustandes der Gefangenen nicht zu realisieren wäre, geht aus den Gutachten der Sachverständigen klar hervor.

In der durch die Beschwerdeentscheidung des BGH geschaffenen Situation greift der abgelehnte Richter Dr. Prinzing hastig nach einer weiteren Maßnahme, die die körperliche Unversehrtheit der Gefangenen und ihr Recht auf Verteidigung bedroht und mißachtet, statt eine Regelung zu gestatten, die dem Aspekt der Wiederherstellung der Gesundheit und Verteidigungsfähigkeit der Gefangenen Rechnung trägt.

Ein weiteres Beispiel dafür, daß die Gefangenen in diesem Verfahren als Objekte zerstört und nicht als Subjekte verteidigungsfähig gemacht sein sollen. Es wäre ein Einfaches gewesen, die Anstaltsleitung anzuweisen, jeweils dann, wenn die Gefangenen etwa um halb elf einer Vormittagssitzung sagen: Ich möchte jetzt - weil sie von den Verteidigern erfahren haben, daß eine wichtige Phase ansteht - ich möchte jetzt teilnehmen, daß sie zu diesem Zeitpunkt erst aus dem ... aus der JVA hier ins Prozeßgebäude verbracht werden.

RA Schlaegel erscheint um 14.26 Uhr.

Mit ihrem geschilderten Verhalten, speziell mit der Begründung ihres Beschlusses vom 30.9.1975 haben die abgelehnten Richter für die politische Justiz der BRD die Schwelle einer Entwicklung beschritten, die in einem faschistischen Land wie Spanien derzeit kurz vor ihrem erwünschten Ende steht.[52]

Richter, die erklärtermaßen das Recht auf Zerstörung der körperlichen Unversehrtheit von Gefangenen beanspruchen, sind keinem Angeklagten zumutbar. Die abgelehnten Richter sind deshalb, wie es § 24 StPO für den Fall der Befangenheit vorsieht, von der weiteren Ausübung ihres Richteramtes in diesem Verfahren auszuschließen.

[3194] Soweit die Begründung des Gesuches, das sich auf die Zeit vor dem heutigen Tage bezieht. Das Ablehnungsgesuch ist inzwischen auf Vorgänge, die sich in der heutigen Vormittagssitzung zugetragen haben, zu stützen, und zwar wird das Ablehnungsgesuch des Gefangenen Raspe ausdrücklich auf die Tatsache gestützt, daß der Vorsitzende Richter Dr. Prinzing - und insoweit betrifft also das ... betrifft die Begründung die Ablehnung des Vorsitzenden Richters Dr. Prinzing - in der heutigen Vormittagssitzung den Verteidiger des Gefangenen Raspes mehrfach und wiederholt daran zu hindern gesucht hat - man könnte auch unter Aufgreifen eines Zitats, das der Vorsitzende Richter heute morgen selbst verlesen hat - mehrfach versucht hat, dahingehend zu nötigen, daß er die Begründung des Gesuches nicht in der Weise vornimmt, wie er sie in seiner Eigenschaft als Verteidiger und in seiner Eigenschaft als Organ der Rechtspflege für richtig hielt. Nach Stellung des Ablehnungsgesuchs waren[uu] dem abgelehnten Richter nach § 29 StPO nur noch solche Maßnahmen erlaubt, die unaufschiebbar sind. Die Schranke des § 29 StPO gilt natürlich auch für die Ausübung der Sachleitungsbefugnis, die dem Vorsitzenden zusteht.

Zu dieser Sachleitungsbefugnis gehört es ebensowenig wie zum Bereich der dringenden Maßnahmen gemäß § 29 StPO, einen Verteidiger, der für einen Gefangenen ein Ablehnungsgesuch vorträgt, einzuschüchtern; es gehört dazu nicht der Versuch, den Inhalt der Begründung seines Ablehnungsgesuches zu zensieren; es gehört nicht dazu der Versuch, unter Vorwegnahme einer denkbaren Entscheidung über das Ablehnungsgesuch die Begründung des Ablehnungsgesuchs selbst für rechtsmißbräuchlich zu erklären. Das, was sich heute vormittag hier zugetragen hat, die Unterbrechungsversuche, die Zensurversuche, die Einschüchterungs- und Bedrohungsversuche sind ein weiteres Beispiel - in diesem Fall betrifft es den abgelehnten Richter Dr. Prinzing - für die feindselige, für die in der Tat feindselige Haltung, die dieser Senat und die abgelehnten Richter insgesamt - in diesem Fall der abgelehnte Richter Dr. Prinzing - den Gefangenen entgegenbringen.

[3195] RA Sp[angenberg]:

Ich darf mich diesem Ablehnungsgesuch anschließen ...

Vors.:

Herr RA Spangenberg, bitte.

RA Sp[angenberg]:

... und zur Begründung noch kurz etwas ergänzen, was die aktuellen Vorfälle in der Hauptverhandlung heute vormittag anbetrifft. Es ist noch vorzubringen, daß der abgelehnte Richter Dr. Prinzing, der abgelehnte Richter Dr. Foth und der abgelehnte Richter Dr. Berroth sich während der Verteidiger von Jan-Carl Raspe daran begeben hat, das Ablehnungsgesuch zu begründen, hier minutenlang unterhalten haben, und zwar während der Begründung des Ablehnungsgesuchs über die Zulässigkeit dieses Ablehnungsgesuchs unterhalten haben. Zur Glaubhaftmachung nehme ich insoweit Bezug auf die dienstliche Äußerung dieser drei Richter;

und 2. beziehe ich mich auf einen Vorgang, der gerade eben hier vonstatten ging, nämlich darauf, daß der abgelehnte Richter Dr. Prinzing sich anmaßte, die Redezeit des Verteidigers auf 15 Minuten zu begrenzen.

Befangenheit kommt aus diesen Anordnungen bzw. aus diesem Verhalten deshalb zutage, weil, wenn ein Verteidiger daran gehindert wird, einen Antrag zu Ende zu begründen, das darauf hinausläuft, daß der Gefangene, den er verteidigt, hier im Gerichtssaal in öffentlicher Verhandlung total entrechtet wird. Die völlige Entrechtung, die im Gefängnis vonstatten geht, findet hier ihr Spiegelbild. Der einzige Unterschied, den es gibt, ist der der Personen, die die Entrechtung betreiben; der einzige Unterschied ist der, daß die Personen, die die Entrechtung hier betreiben, einen anderen Bildungsstand und eine andere Sozialisation haben wie Gefängniswärter.

Zu den übrigen Gründen, die der Herr Kollege v[on] Plottnitz vorgetragen hat, auch noch kurz einige Ausführungen:

Art. 2 Abs. 2 des GrundG[53] schützt, wie Sie, wenn Sie rechtskundig sind, wissen, die körperliche Unversehrtheit jedes Menschen, und dieses Recht kann nicht durch die Vorschriften über die Untersuchungshaft, §§ 112 ff d. StPO, eingeschränkt werden.[54] Und dieses Recht wird hier, und da hat der Kollege Plottnitz recht, durch die Kampfansage dieses Senats, durch die Kampfansage der abgelehnten Richter gegen die Gefangenen eingeschränkt.

[3196] Wenn, wie es in dem Beschluß vom 30.9.1975 heißt, besonders gefährliche Gefangene Haftbedingungen unterliegen dürfen, die - wie niemand bestreitet - zerstörerisch sind, dann ist die Garantie auf körperliche Unversehrtheit außer Kraft; denn rechtsstaatliche Garantien gelten entweder für alle, für alle oder sind außer Kraft, und wir konstatieren hier, daß die abgelehnten Richter sie außer Kraft gesetzt haben. Wenn man noch dazu bedenkt, daß die Gefangenen hier eigentlich die Unschuldsvermutung[55] an ihrer Seite haben, dann ist das Vorgehen der abgelehnten Richter gegen die Gefangenen glattweg als eine Verhöhnung zu bezeichnen, als sonst nichts.

Wenn normalerweise verteidigt wird, dann geschieht das mit dem Ziel, eine Strafe zu vermeiden. Das ist das normale Ziel von Verteidigung. Hier aber wird eine Strafe in ihrer schärfsten Form, nämlich in der Form der Zerstörung, durch die abgelehnten Richter vorweggenommen. Und mit solchen Richtern zu verhandeln, ist für die Gefangenen und ihre Verteidiger eine Zumutung, die so schnell wie möglich zu beenden ist. Zur Feststellung, der Gesetzeswortlaut paßt hier nicht ganz. Jan-Carl Raspe lehnt die abgelehnten Richter nicht wegen der Besorgnis der Befangenheit ab; er stellt fest und weiß, daß sie voreingenommen sind.

Vors.:

Weitere Anträge?

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Baader schließt sich diesem Befangenheitsantrag an und begründet ihn selbständig, wobei ich Sie bitte, zunächst Herrn Baader vielleicht fragen zu dürfen, ob er selbst sprechen will, vor mir, oder ob ich erst sprechen soll.

Angekl. Baa[der]:

Naja, die Disposition des Senats ist ja zunächst die, daß er uns zwingt, an dieser Verhandlung teilzunehmen, und zwar möglicherweise 6 Stunden oder fünf Stunden, um dann vielleicht eine Stunde hier rechtliches Gehör wahrnehmen zu können. Das ist doch exakt die Disposition Ihrer Anordnung und die Drohung dieser Anordnung, die uns heute morgen mitgeteilt worden ist. Und ich würde also jetzt sagen, daß sich die anderen Gefangenen dem Ablehnungsgesuch auch anschließen werden. Aber ziemlich sicher ist, daß sie es nicht zu Ende sprechen können oder daß wir nicht dazu kommen, es zu Ende zu [3197] sprechen, zumal es nur konzipiert ist, daß Sie uns morgen den Ablehnungsantrag fortsetzen lassen, d. h. unsere Begründung des Ablehnungsantrags morgen hier sprechen lassen, morgen früh, etwa die drei Stunden, die wir etwa verhandlungsfähig sind.

Vors.:

Die Frage war an Sie, Herr Baader, von Ihrem Herrn Verteidiger, ob Sie jetzt selbst im Moment sprechen wollen oder nicht.

Angekl. Baa[der]:

Naja, dann beantrage ich - is ja einfach ...

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Baader bittet darum, dann seinen eigenen Beitrag zur Begründung dieses Ablehnungsgesuchs morgen früh geben zu können.

Vors.:

Da werden wir uns später drüber unterhalten.

Sie haben damit das Wort.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe das Wort.

Angekl. Baa[der]:

Ja moment, das ist doch so ’ne Frage, was heißt ...

Warum wollen Sie sich darüber später unterhalten? Was bedeutet das?

Vors.:

Herr Dr. Heldmann, bitte.

Angekl. Baa[der]:

Na, das nimmt doch dem Antrag den Sinn, denn Sie zwingen uns dann, obwohl wir jetzt hier eigentlich aus der Verhandlung rausgehen wollen, weil’s uns zu anstrengend ist, zwingen Sie uns, hier sitzenzubleiben und zu warten, ob Sie nicht wieder irgend ’n Manöver unternehmen, um diese Begründung zu unterschlagen oder zu unterdrücken. Das ist doch der Sinn dieses Antrags, d. h., Sie können doch, wenn Herr Heldmann beendet hat und wir drüben in der Anstalt sind, das erfahren wir doch gar nicht. Das heißt, Sie unterdrücken dann explizit unsere Begründung der Ablehnung.

Vors.:

Es steht Ihnen frei, ob Sie an der Sitzung teilnehmen wollen; daß Sie jemand zwänge, hier teilzunehmen, ...

Angekl. Baa[der][vv]:

Ja. Aber Sie haben an unsere Teilnahme an dieser Sitzung

Vors.:

... ist völlig falsch.

Angekl. Baa[der]:

geknüpft den Zwang, sechs Stunden oder fünf Stunden in schallisolierten fensterlosen Zellen isoliert im Keller zu sitzen!

Vors.:

Herr Baader, ...

Angekl. Baa[der]:

Das ist Ihre Disposition!

Vors.:

... Sie können jeder...

Angekl. Baa[der]:

Und das ist auch, das ist auch zwingend ...

Vors.:

... Sie, Sie ... Bitte Herrn Baader das Wort abzustellen.

[3198] Angekl. Baa[der]:

... einer der Gründe der Ablehnung.

Vors.:

Herr Baader, Sie können jederzeit sagen, daß Sie nicht mehr teilnehmen wollen und zurückgeführt werden wollen.

Allerdings: Aus rein personellen Gründen ist es notwendig, daß die Haftanstalt nicht etwa nun einen ständigen Transportverkehr hat, wo jeder der Angeklagten für sich zu bestimmten Rhythmen sagt: Jetzt will ich zurück, jetzt will ich hin; sondern wir haben das vereinheitlichen müssen mit Rücksicht auf die personelle Situation der Haftanstalt. Nur deswegen sind diese Zeiten der Rück- und Zuführung festgelegt worden. Wenn aber sämtliche Angeklagten jetzt etwa erklären: Wir können heute nicht mehr dran teilnehmen, wir wollen zurückgeführt werden, geschieht dies im selben Moment. Selbstverständlich sind Sie nicht gezwungen, hierzubleiben. Sie haben auch drüben alle die Möglichkeiten, die Ihnen eingeräumt worden sind zum Zusammenschluß und Umschluß. Das können Sie jederzeit machen.

Das ist damit beantwortet.

Ich würde jetzt bitten, Herr RA Dr. Heldmann, Sie haben die Möglichkeit, jetzt sich dem Antrag anzuschließen, denn Herr Baader will es ja jetzt nicht tun.

Angekl. Baa[der]:

Ich stelle ausdrücklich fest, daß es damit nicht beantwortet ist.

Vors.:

Herr Dr. Heldmann, bitte, Sie haben das Wort.

Angekl. Baa[der]:

... das ist Ihre Disposition.

Angekl. Me[inhof]:

Wir wollen wissen, ob wir den Ablehnungsantrag morgen früh noch begründen können.

Vors.:

Nein. Sie können den Ablehnungsantrag morgen nicht begründen.

Angekl. Baa[der]:

... Alternative, vor die Sie uns stellen.

Vors.:

Es wird jetzt ...

Angekl. Baa[der]:

... rechtliches Gehör und Isolation fünf Stunden oder daß künftig gesagt wird: ...

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, ...

Angekl. Baa[der]:

... einigermaßen menschliche Haftbedingungen oder Isolation. Das ist doch Ihre Rechnung! Das ist doch Ihre Disposition!

Vors.:

Herr Baader, ...

Angekl. Baa[der]:

... die Rekonvaleszens der Gefangenen ...

Vors.:

... von einer Rechnung zu reden, ist Unsinn.

Angekl. Me[inhof]:

... auch noch etwas dazu sagen. Sie haben das doch heute morgen ... Warum haben Sie das wieder verfälscht? ...

[3199] Vors.:

Herr Dr. Heldmann, wollen Sie sich nun anschließen dem Antrag, für Herrn Baader?

Angekl. Meinhof:

Lassen Sie mich das sagen.

RA Dr. H[eldmann]:

Ja.

Angekl. Baader:

Ja was ...

Angekl. Me[inhof]:

Lassen Sie mich doch ...

Vors.:

Wenn die Angeklagten jetzt ...

Die Angeklagte Meinhof spricht laut unverständlich dazwischen.

Vors.:

Frau Meinhof. Sie haben jetzt nicht das Recht ..., Frau Meinhof.

Angekl. Me[inhof]:

... unter der Bedingung bereit sind, an der Verhandlung teilzunehmen ...

Vors.:

Ich verwarne Sie jetzt. Wenn Sie weiterhin durch Zuruf stören, müssen Sie ausgeschlossen werden.

Die Angeklagte Meinhof spricht weiter laut unverständlich dazwischen.

RA Sp[angenberg]:

Gibt es denn nun rechtliches Gehör für die Gefangenen oder nicht?

Vors.:

Ja, sofern die Angeklagten nicht stören, sonst wird das rechtliche Gehör nicht möglich sein.

RA Go[lzem]:

Das rechtliche Gehör ist offensichtlich ne Störung von Seiten der Angeklagten. Sie tragen doch ganz relevante Dinge vor, die im Rahmen des Ablehnungsgesuchs eine Rolle spielen.

Vors.:

Ich habe Ihnen jetzt gesagt, es besteht die Möglichkeit, sich zu diesem Ablehnungsantrag ...

RA Go[lzem]:

Nehmen Sie das zur Kenntnis, Herr Vorsitzender.

Vors.:

... zu den bereits vorgetragenen Gründen zu äußern, zu sonst nichts.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender.

RA Go[lzem]:

Dann äußern Sie sich jetzt, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Herr RA Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, nachdem Sie bereits die Programmvorschau eröffnet haben, daß morgen früh für eine weitere Ablehnungsbegründung seitens des Herrn Baader kein Raum mehr sei, bitte ich, einfach aus dieser Zwangslage heraus, nun mir zunächst, d. h. vor mir Herrn Baader das Wort zu erteilen zu seinem eigenen Text.

Vors.:

Bitte, Herr Baader, Sie haben das Wort.

Angekl. Baa[der]:

Naja, dann stelle ich nochmals fest - das ist nämlich einer der Ablehnungsgründe -, daß Ihre Disposition die ist, und das ist uns heute morgen klipp und klar mitgeteilt worden, die Alternative für uns ist die Möglichkeit zeitweili- [3200] gen, wie es heißt, rechtlichen Gehörs hier, Anwesenheit in der ... in der ... dieser Veranstaltung hier und dafür den Preis zu zahlen, fünf oder sechs Stunden Isolation da unten in den Zellen oder drüben Umschluß, d. h. hier nämlich minimale Modifikation der Isolation, die Sie drüben eingeräumt haben.

Sie haben also, was Sie so großartig öffentlich haben verkünden lassen, das haben Sie im Zusammenhang mit der Fortsetzung der Hauptverhandlung vollständig wieder liquidiert.

An drei Tagen in der Woche, drei Tage in der Woche ist hier Verhandlung, findet praktisch kein Umschluß statt, findet kein Hofgang statt, schon gar kein verlängerter, ist die Situation der Gefangenen die, daß sie in schallisolierten, schalltoten, fensterlosen Zellen vier oder fünf Stunden am Tag sich aufhalten müssen, und zwar vollständig isoliert, also auch der Umschluß zu zweit, den Sie ja inzwischen zugestanden haben, ist da unten wieder liquidiert, wie wir festgestellt haben heute. Naja.

Aber wir machen das kurz:

Ablehnung - das ist ja sowieso ne Lächerlichkeit bei dem Senat. Man wird ihn in jedem Fall nicht loswerden. Aber dazu wollte ich einfach mal kurz feststellen: Wir sind sicher, Prinzing, daß Sie hier auch an Ihrem eigenen Urteil arbeiten.

Vors.:

Verwenden Sie bitte in der direkten Anrede, wie ich Sie schon wiederholt gebeten habe, das Wort „Herr“. Sie können außerhalb der direkten Anrede jederzeit so verfahren, wie Sie das tun. Aber in der direkten Anrede sage ich Ihnen ...

Angekl. Baa[der]:

Dann möchten Sie mich bitte nicht sofort unterbrechen, wenn ich jetzt ...

Vors.:

Halt, Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

... meine Ablehnung begründen will.

Vors.:

Es dient dazu, Herr Baader, Ihnen Wortentziehung zu ersparen. Bitte, diese Form müssen Sie wenigstens wahren. Das verlangt das Gericht. Nur in der direkten Anrede, sonst ist’s uns völlig gleichgültig.

Angekl. Baa[der]:

Also diese Ablehnung ...

Vors.:

Ich bin nicht der Prinzing, und Sie sind für mich nicht der Baader, sondern Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

Dieser Ablehnungsantrag ist ein Versuch, in dieser Verhandlung hier Ihren politischen Inhalt zu artikulieren, und Ihre Methoden und Ihre Bedeutung stützt sich auf den Widerspruch wesentlich zwischen Ihrem Beschluß, indem Sie ver- [3201] versucht haben, uns loszuwerden, uns aus der Verhandlung zu drängen hier, nach allen anderen Versuchen, die Verteidigung zu zerschlagen in diesem Verfahren und die Gefangenen verteidigungsunfähig zu machen, auch noch den Versuch, abrupt die Anklagebank leerzuräumen, um nicht hier mit dem, was wir zu sagen haben, konfrontiert zu sein, und dem Beschluß des BGHs. Also in diesem Widerspruch zwischen diesen beiden Beschlüssen ist er zum Teil begründet. Er ist auch wesentlich darin begründet - und ich nehme an, daß ich das heute nicht zu Ende bringen kann -, daß Sie Ihren Beschluß auf Fälschungen stützen, explizit Fälschungen, und zwar bewußte Fälschungen, auf Verfälschungen und auf falsche Zuordnungen. Das sind so die drei Muster. Ich würde das für einen zwingenden Ablehnungsgrund halten, weil aus dieser Methode klar wird, daß Sie auch in der Beweisaufnahme so verfahren werden. Also insofern sind beides Ablehnungsgründe: die Verfälschungen, d. h. die Methode eines Gerichts, mit Verfälschungen einen Beschluß zu begründen, der die Gefangenen jeglichen rechtlichen Gehörs, jeglicher Verteidigungsmöglichkeit berauben soll und natürlich auch der ungesetzliche Ausschluß in diesem Beschluß selbst.

Vors.:

Herr Baader, ich bedaure, auch Ihnen den Hinweis geben zu müssen, daß Sie im Zusammenhang mit Ihrem Ablehnungsantrag dem Gericht rechtzeitig erkennbar machen müssen, daß es sich um Umstände handelt, die als unverzüglich angesehen werden können. Sie können also nicht mit Umständen, die längst hätten vorgetragen werden können ...

Angekl. Baa[der]:

Aber hören Sie mal, wir haben den BGH-Beschluß vor 3 Tagen bekommen. Wann hätten wir sie vortragen können?

Vors.:

Unseren Beschluß haben Sie bekommen meines Wissens am 30.9. oder aber spätestens am 1.10.1975.

Angekl. Baa[der]:

Ja wann hätten wir sie denn vortragen können?

Vors.:

Jederzeit.

Angekl. Baa[der]:

Das ist der Verhandlungstag nach ...

Vors.:

Also bitte berücksichtigen Sie diesen Gesichtspunkt.

Angekl. Baa[der]:

Und ich sage Ihnen doch: Wesentlich ist es begründet im Widerspruch, also in der Methode, um es klar zu sagen, [3202] auf der einen Seite den nackten souveränen Faschismus des BGH-Beschlusses und den Windungen einer Staatsschutzmarionette in Ihrem Beschluß. In diesem Widerspruch ist die Ablehnung begründet. Und das war vor ... nicht vor ... heute vorzutragen, weil der BGH-Beschluß uns erst seit drei Tagen bekannt ist.

Vors.:

Und noch ein Hinweis, Herr Baader:

Das Gericht ist nicht bereit, derartige Verunglimpfungen, die Sie im Augenblick gebraucht haben, ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Ist es eigentlich nicht möglich, jemanden ausreden zu lassen?

Vors.:

... die Windungen einer Staatsschutzmarionette, oder wie Sie vorhin sich wieder mal ausgedrückt haben, daß wir bewußte Fälschungen gemacht hätten, hinzunehmen.

Angekl. Me[inhof]:

Ist doch so!

Angekl. Baa[der]:

Das werde ich belegen. Is ja einfach.

Vors.:

Auch solche Umstände würden dazu zwingen, Ihnen das Wort zu entziehen. Halten Sie sich bitte daran.

RA Go[lzem]:

Das schreiben doch selbst die Zeitungen, Herr Prinzing.

Angekl. Baa[der]:

Naja. Also ich möchte nochmals sagen, Sie können ...

Vors.:

Ihr Benehmen könnte auch eine gewisse Auffrischung erfahren, Herr RA Golzem.

RA Go[lzem]:

Aber Herr Vorsitzender, das schreiben die Zeitungen, daß Sie Verfälschungen benutzt haben.

Vors.:

Die Verteidigung hat diesem Senat vorgeworfen, er[ww] würde sich nach Zeitungsmeinungen richten. Jetzt benützt sie plötzlich die Zeitungsmeinung für sich. Sie sollten sich das sparen.

(Durcheinanderreden auf der Verteidigerbank)

Angekl. Enss[lin]:

Allerdings, ha!

Angekl. Baa[der]:

Na also, schön. Ich kann ja, da Sie so unheimlichen Wert drauf legen, dann werde ich jetzt erst mal die ganzen Fälschungen nachweisen.

Also die Konstruktion ...

Vors.:

Bitte, zuerst auf den Gesichtspunkt der Unverzüglichkeit Ihrer Argumentation einzugehen.

Angekl. Baa[der]:

Ja, aber hören Sie mal, warum provozieren Sie denn dauernd? Sie weisen ...

Vors.:

Ich gebe Ihnen 10 Minuten Gelegenheit, sich ...

Angekl. Baa[der]:

Sie weisen, Sie weisen ...

[3203] Vors.:

Augenblick, Herr Baader, ...

Angekl. Baa[der]:

Sie weisen eine Feststellung von mir zurück.

Vors.:

Sie bekommen[xx] 10 Minuten Gelegenheit, sich mit dem Herrn ...

Angekl. E[nsslin][yy]:

Ach ja!

Vors.:

... Verteidiger über diesen rechtlichen Gesichtspunkt,

(Angekl. Ensslin[zz] lacht dazwischen)

der Ihnen vielleicht nicht so geläufig ist, zu unterhalten.

In 10 Minuten ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Herr Prinzing, die Verteidigung hat heute morgen das gleiche Spiel mit Ihnen durchge... durchspielen müssen.

Vors.:

Wollen Sie ...

Referendar Dr. Te[emming]:

Vorhin haben Sie nen Rückzieher gemacht.

Vors.:

Wollen Sie ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Wollen Sie jetzt bei den Angeklagten das gleiche machen?

Vors.:

Herr Referendar ...

Referendar Dr. Te[mming]:

... daß hier ganz bestimmte Dinge praktiziert werden.

Vors.:

Herr Referendar, haben Sie im Augenblick das Wort erhalten oder haben Sie auch nur drum gebeten?

Referendar Dr. Te[mming]:

... da Sie Worte[aaa], wenn Sie’s erteilen sollten, sowieso wieder zerhacken, weil Sie immer dazwischenreden ...

Vors.:

Ich möchte Sie auf das hingewiesen haben, ...

Referendar Dr. Te[mming]:

... statt[bbb] die Leute [ccc] ausreden zu[ddd] lassen, ist es hier praktisch nicht mehr möglich! Im normalen Strafvollzug ist es möglich! Aber Sie verunmöglichen das!

Angekl. Baa[der]:

Vollzug? (lachend): Das ist ein guter Versprecher.

Vors.:

Herr RA Dr. Heldmann, ich glaube nicht, daß die Ausführungen von Herrn R. Ref. Dr. Temming im Augenblick mir Anlaß geben, die Frage zu unterbinden:

Wollen Sie mit Herrn Baader über den Gesichtspunkt sprechen? Es kommt uns drauf an, daß er seine Begründung vortragen kann.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, Herr Vorsitzender. Ich möchte zur Frage der Unverzüglichkeit, soweit die Beschlußgründe Ihres Senats vom 30.9.1975 mitangezogen werden für die Begründung dieses Ablehnungsantrags. Hierzu möchte ich vielleicht vorab - das mag, hoffe ich, rechtsaufklärerisch wirken - einige Bemerkungen machen:

[3204] Die von Ihnen angezogene Entscheidung des BGHs im 21. Band auf den Seiten 334, daß eine Unterbrechung der Hauptverhandlung der Unverzüglichkeit entgegenstehe, trifft für unseren Fall nicht zu. Bitte zur Begründung folgende Anmerkungen, wobei ich einschiebe und noch einmal Ihr Augenmerk darauf lenke, daß die Gründe Ihres Beschlusses - wir sprechen nicht vom Ergebnis - aber die Gründe Ihres Beschlusses einer von mehreren bis zum heutigen Tag währenden Ablehnungstatbeständen darstellen:

1. Binnen Wochenfrist, nach der, wie es abgelaufen ist, haben Sie ja sicher noch in Erinnerung, nach der Verkündung Ihres Beschlusses, in dem nur der Herr Vorsitzende selbst zu Wort kam - erlaubtermaßen wenigstens -, ist diese Frage § 231a StPO, ja oder nein, in die Kompetenz, nämlich mit der sofortigen Beschwerde, in die Kompetenz des BGHs übergegangen.

Vom BGH waren für jeden Juristen nur 2 Antworten denkbar nämlich:

Der § 231-Beschluß bleibt aufrechterhalten;

dann hätte aber die Folgerung hieraus die Einstellung dieses Verfahrens sein müssen, und zwar durch Urteil nach § 260 [Abs. 3 StPO],[56] weil nämlich das Dilemma weder von Ihnen noch vom BGH überhaupt angesprochen worden ist, daß Sie ja dann bis zum 30.9. mit Verhandlungsunfähigen verhandelt haben und folglich juristisch-prozessual die Hauptverhandlung bis zum 30.9. juristisch für die Katz gewesen ist.

Dabei gleich, ob Sie, wie Sie beides angerührt haben, die Verhandlungsfähigkeit zurückgeführt haben auf den Hungerstreik vom 13. September 74 bis zum 15. Februar 75 oder, wie Sie das sehr deutlich selbst erkannt und ausgesprochen haben, auf die seit spätestens Juni 1972 währenden verschärften Haftbedingungen, die von den Sachverständigen als außergewöhnlich und bisher nach ihrer Erfahrung einzigartig gewürdigt worden sind.

Ende von Band 180.

[3205] RA Dr. H[eldmann]

Das war die eine Alternative, die für einen Juristen als BGH-Beschluß auf unsere Beschwerden hin zu erwarten war. Die andere war die Aufhebung des [§ ]231a Beschlusses, und dies wiederum hätte die juristische Folgerung haben müssen: Einstellung des Verfahrens nach § 205[ StPO],[57] nämlich bis zur Wiederherstellung der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten. In beiden Fällen also durften die Angeklagten und mit ihnen ihre Verteidiger und mit ihnen, die, sagen wir, dieses Ding einmal kritisch betrachten, wenn Juristen in diesem Land davon ausgehen, daß die Angeklagten, jedenfalls auf absehbare Zeit, einmal diesen Senat los gewesen wären. 2. Der BGH ist dieser entscheidenden Frage, was eigentlich ist mit der Verhandlungsfähigkeit und mit der prozessualen Tauglichkeit Ihrer Hauptverhandlung bis zum 30.9. los? Dieser Frage ist er komplett ausgewichen. Er hat sozusagen ein juristisches perpetum mobile erfunden, nämlich ohne das Movens der Hauptpersonen in einem Strafprozeß, der Angeklagten, gehts, ganz gleich, ob sie in Wirklichkeit abwesend sind, in Folge ihrer Verteidigungs- ihrer Verhandlungsfähigkeit, oder nicht, jedenfalls das Ding läuft, lief in der Vergangenheit, mag auch in der Zukunft noch laufen. Und dieser Zwickmühle wohl nicht völlig blind gegenüber hat der BGH die Tricklösung gefunden, der Senat darf den Angeklagten nicht verwehren, in dieser Hauptverhandlung teilzunehmen, wenn sie das wünschen. Aber, und das ist nun nach dem Vorangegangenen [eee] entscheidend dafür, daß die Gründe ihres Ausschließungsbeschlusses vom 30.9. heute mit als einer von verschiedenen Tatbeständen für die Ablehnung dieser Richterbank herangezogen werden dürfen. Am 23.10., vor wenigen Tagen also erst, haben wir den Beschluß des BGH erhalten. Und da haben wir nun für die Angeklagten und die Verteidiger mit einer gewissen Genugtuung, und das ist der neue Gesichtspunkt, der für ihre, von ihm aufgeworfene Frage relevant ist, lesen können: Der dritte Strafsenat des BGH hat diesem Senat attestiert, daß es rechtswidrig ist, wie Sie verfahren sind, nämlich, die Gefangenen in der Weise zu vergewaltigen, daß [3206] Sie ihnen die Teilnahme an dieser Hauptverhandlung verbieten. So war es ja der Wille, der aus Ihrem Beschluß deutlich hervorgegangen ist, nämlich rechtswidrig sei der Ausschluß gegen den Willen der Gefangenen.

Damit hat der Senat des BGH diesen Senat in entscheidender Frage korrigiert[fff]. Er hat die totale Rechtlosstellung in die Sie die Angeklagten versetzt haben, aufgehoben. Er hat Ihre, der Richter dieses Senats, Subjektleugnung hinsichtlich der Angeklagten weggewischt und damit, davon handelt dieser Antrag, soweit er sich mit den Gründen Ihres Beschlusses vom 30.9. befaßt, und darum ist heute sich damit zu befassen nicht verspätet und übrigens, wäre es verspätetes Vorbringen, reicht sicherlich keine Verhandlungsführung, wie § 238 Strafprozeßordnung sie dem Vorsitzenden Richter und in Zweifelsfällen dem Senat zubilligt, Antragsbegründungen wegen mutmaßlicher voraussichtlicher Unzulässigkeit des Antrags selbst, die Antragsbegründungen abzublocken. Das geht nicht. Ich möchte im Moment nur soweit sprechen, nur Herr Vorsitzender Richter, Ihre Interpretation Ihrer Rechte zur Verhandlungsleitung aus [§ ]238[ StPO] umfassen mit Sicherheit nicht ein Zensurrecht, ein Vorzensurrecht, bevor Sie gehört haben, was noch kommt zur Begründung Ihres Antrags und sie umfassen mit Sicherheit auch nicht Redezeiten für Antragsbegründungen einzuführen, sondern was Sie können, als Verhandlungsleiter, das halten die einschlägigen Kommentierungen fest, nämlich etwa unzulässige Äußerungen, Weitschweifigkeit und nutzlose Wiederholungen abzumahnen, jedoch nicht Antragsbegründungen zu verbieten, von denen Sie meinten, sie könnten nicht zu dem beabsichtigten prozessualen Erfolg führen. Soviel, wenn Sie mit dieser Einschaltung erlaubt haben, soviel zur Frage der Unverzüglichkeit, soweit diese Antragsbegründungen rekurrieren auf die Gründe Ihres Beschlusses vom 30.9. und damit bitte ich, Herrn Baader nunmehr fortfahren zu lassen.

Vors.:

Ja, Herr Baader, das war gleichzeitig wohl auch die Belehrung[ggg] für Sie durch Ihren Herrn Verteidiger dahin daß ...

[3207] RA Dr. H[eldmann]:

Verzeihen Sie, es war ein Hinweis an das Gericht.

Vors.:

Das ist mir schon klar, aber ich nehme an Herr Baader hat das mit Interesse verfolgt, was Sie zu sagen hatten. Daß insoweit, als Sie jetzt die Gegensätzlichkeit der Entscheidungen geltend machen wollen, die der Herr Verteidiger schon angedeutet hat, das in der Tat als vortragsfähig angesehen werden kann, aber das Problem, das Sie vorhin anschnitten, nämlich die Frage, Herr Baader, jetzt Fälschungen darzutun, das sind Fragen, die zur Gefahr zumindest führen, daß solche Ausführungen hier unterbunden werden müssten[hhh], weil, das sind nun keine Gründe mehr, die unverzüglich zunächst mal zu sein scheinen. Da müßten Sie sich zunächst auf diesen Punkt, zu diesem Punkte wenden und uns klar machen, warum diese Gründe jetzt noch als unverzüglich anzusehen sein sollen.

RA Dr. H[eldmann]:

Das hoffe ich doch getan zu haben.

Vors.:

Nein, Sie haben das nicht getan, Sie haben nur diesen von Ihnen angedeuteten, von Ihnen auch so gesehenen Widerspruch zwischen beiden Entscheidungen angedeutet, das ist der Punkt, wo man die Unverzüglichkeit herstellen kann, nicht aber die behaupteten angeblichen Fälschungen. Herr Baader bitte, Sie haben das Wort.

Angekl. B[aader]:

Na ja, wenn wir uns darüber einig sind, daß das Fälschungen sind, die Sie da verwendet haben, dann kann man ja auch darauf verzichten zunächst mal, sie hier darzulegen. Aber wir machen das mal kurz, wir lehnen Sie ab, als die wirklich lächerliche Form, die uns bleibt, mit Ihnen zu verkehren, weil Sie, was durch den BGH-Beschluß, also einen Beschluß in letzter Instanz, jetzt erwiesenermaßen und so auch offiziell ein Gericht sind, das foltert und zwar exakt nach der Definition der UNO im September in Genf,[58] eine Definition übrigens, die ganz offensichtlich dieser wissenschaftlichen, nämlich psychiatrisch konzipierten Foltermethoden der Metropolen, also der USA, der Bundesrepublik, England bewußt einschließt. Folter ist danach, um Sie mal daran zu erinnern, die Zufügung von heftigem körperlichen oder mentalen Schmerz, der eine Per- [3208] son von einem Agenten des öffentlichen Dienstes, und daß der Richterberuf öffentlicher Dienst ist, das ist ja wahrscheinlich unbestreitbar, zugefügt wird, in der Absicht, Informationen und Geständnisse zu erhalten, eine Person zu bestrafen, einzuschüchtern oder zu verwirren. Daß die Isolation genau das bezweckt, kann seit dem BGH-Beschluß tatsächlich nicht mehr bestritten werden, denn er gibt es explizit zu. Das ist der Sinn dieses Beschlusses.[iii]

Vors.:

Ich mahne Sie nochmals ab, daß das Gericht Beleidigungen dieser Art nicht hinnimmt.

Angekl. B[aader]:

Ab, ja.

Vors.:

Das Gericht ist keine Folterinstanz.

Angekl. M[einhof]:

Was denn sonst?

Angekl. B[aader]:

Hören Sie mal ...

Angekl. M[einhof]:

Steht doch im BGH-Beschluß.

Angekl. B[aader]:

Moment. In dem BGH-Beschluß steht das, na ja lassen Sie es mich doch einfach erklären. Das steht explizit in dem Beschluß des BGH drin. Das Ziel Ihrer Maßnahmen, das Ziel der Haftbedingungen ... Bitte.

Also in dem Beschluß vom 30. September haben Sie es tatsächlich noch gebracht, zu behaupten, Isolation gebe es überhaupt nicht. Wörtlich auf Seite 5 „Isolierung eines Menschen, wie sie in diesem Sinn überhaupt nicht vorliegt“. Dagegen sagt der BGH-Beschluß: „Der Begriff menschenvernichtende Isolationsfolter könnte zwar nur als agitatorische Verleumdung verstanden werden. Der Begriff zeige aber, daß wir uns der nachteiligen Wirkungen der Haftbedingungen bewußt gewesen wären“. Wir uns. Und aufgrund unserer überdurchschnittlichen Intelligenz auch der Auswirkungen der isolierenden Haftbedingungen auf unsere Verhandlungsfähigkeit. Der BGH bestreitet also weder die Isolation noch, daß sie uns ganz selbstverständlich verhandlungsunfähig gemacht hat, also krank. Das er bestreitet, ist allein, daß[jjj] das Recht auf körperliche Unversehrtheit in der Bundesrepublik auch[kkk] für politische Gefangene gilt. Das genau sagt der BGH, kann nicht Rechtens sein. Das ist das eine. Nachdem also dreieinhalb Jahre lang mit einem enormen publizistischen Aufwand bestritten worden ist, daß es überhaupt Isolationen gibt, stellt der BGH lapidar[lll] fest, daß [3209] es sie selbstverständlich gibt, und natürlich, daß sie Rechtens ist. Vogel hat im „Vorwärts“ gesagt, nur Ausländer, die sich in den Details nicht auskennten, ließen sich vor den Karren der Isolationsfolter spannen.

Schmidt im Bundestag: „Sogenannte Anwälte des Rechts würden aus dem An- und Ausland angereist kommen, um den Vorwurf der Isolationfolter zu erheben“. Bevor der Justizminister Hemfler[mmm] von Hessen, hat jedem[nnn] mit einem Strafverfahren gedroht, der Isolation Folter nennt.

Es sind uns die Anwaltsbesuche, die Verwandtenbesuche, die Radios, die Zeitungen vorgerechnet worden, die wir im Lauf eines Monats und im Lauf eines Jahres hatten. Zuletzt von Bender während des Hungerstreiks, um zu behaupten, Isolation gibt es nicht. Und der Zweck natürlich, Holger zum Beispiel, sollte in einem sinnlosen Kampf hingerichtet worden sein, weil es eben keine Isolation gibt. Über[ooo] Sartre[59] wurde, oder ist, nachdem er von Isolation gesprochen hat, die gesamte westdeutsche Publizistik von Springer bis zum Spiegel hergefallen.

Vors.:

Kommen Sie jetzt bitte zur Sache, Sie haben ...

Angekl. B[aader]:

Das ist zur Sache.

Vors.:

... es hier mit dem Gericht, nicht mit der westdeutschen Publizistik, zum Beispiel, zu tun.

Angekl. B[aader]:

Das betrifft sie unmittelbar ...

[ppp]RA Dr. H[eldmann]:

Herr Baader spricht[qqq] von den Haftbedingungen, die Sie festlegen und zwar noch aktuell.

Vors.:

Er spricht von der westdeutschen Publizistik und von nichts anderem.

Angekl. M[einhof]:

Hören Sie doch auf[rrr]

[Vors.:]

Bitte, Herr Baader, fahren Sie fort, aber kommen Sie und bleiben Sie bei der Sache.

Angekl. B[aader]:

Na ja gut, dann erinnere ich Sie an Ihren eigenen Beschluß zu Sartre, in dem Sie sagen, der Besuch Sartre wird zugelassen, damit oder explizit um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Das war doch der Punkt in Ihrem Beschluß. Kramen Sie ihn doch einmal aus, und legen Sie ihn hier vor. Das steht doch in einem unmittelbaren Zusammenhang. Das ist doch überhaupt genau die Linie, die Sie hier die letzten anderthalb Jahre in Ihrer Veranlassung durchgezogen haben, im Gegensatz zu der Linie, die der BGH jetzt entwickelt, indem er [3210] einfach einräumt, daß es Isolation gibt, daß sie vernichtend wirkt und daß das Rechtens ist gegen politische Gefangene. Das sind doch die beiden Differenzen. Und das habe ich vorher angelegt in dem Beschluß. Das ist angelegt. Das habe ich in der Begründung, das ist, darauf steht diese ganze Begründung auf diesem Widerspruch und die zeigt eben auch die beiden verschiedenen Ebenen. Der BGH spricht da ex cathedra als Staat und Sie sprechen als Funktionär des Staatsschutz, das heißt, als vom Staatsschutz abhängig. Das Ganze hat einfach jetzt nur eine andere Ebene erreicht, das ist der Punkt. Und genau aus der Tatsache, wie Sie sich verhalten haben, in diesem Widerspruch, wie Sie sich gewunden haben, wie wir gesagt haben, gefälscht haben, in Ihrem Beschluß, läßt sich Ihre Abhängigkeit belegen, Ihre Voreingenommenheit als Instrument des Staatsschutzes[sss]. Deswegen ist das hier Sache. Na jedenfalls ist die gesamte Publizistik über Sartre hergefallen, weil es für das Ziel des Hungerstreiks die Aufhebung der Isolation im Ausland vor aller Öffentlichkeit hergestellt hatte. Croissant ist deswegen verhaftet worden, der Rechtsanwalt Croissant.[60] Drei Verteidiger sind deswegen wesentlich ausgeschlossen worden aus diesem Verfahren,[61] das heißt, die Vorbereitung der Verteidigung in diesem Verfahren ist in diesem Zusammenhang zerschlagen worden, weil sie behauptet hat, es gebe Isolation und zwar öffentlich. Genau das, das der BGH jetzt zugibt in seinem Beschluß.

Vors.:

Ich entziehe Ihnen jetzt das Wort wegen Abschweifung vom Sachthema. Sie haben keine Möglichkeiten, mit diesen Weitschweifigkeiten den Ablehnungsantrag zu begründen, sondern das sind wieder Darstellungen, die nur unter dem Gewande dieses Antrages vorgebracht werden. Das Wort ist Ihnen entzogen. Will jemand sonst zu dem Antrag noch das Wort ergreifen.

Angekl. B[aader]:

Ja Moment, ja natürlich, reichlich. Habe ich dazu noch rechtliches Gehör? Oder was?

RA Dr. H[eldmann]:

Ja.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. H[eldmann]:

Zunächst stelle ich in Abrede, daß Sie hinreichenden rechtlichen Grund haben, Herrn Baader das Wort zu entziehen.

[3211] Vors.:

Ist das eine Beanstandung[62] meiner?

RA Dr. H[eldmann]:

Ich begründe sie[ttt] aber erst, eh Sie entscheiden.

Vors.:

Ja.

RA Dr. H[eldmann]:

Denn er hat zu den Haftbedingungen gesprochen, wie Sie, dieser Senat diktieren. Obgleich Sie wissen, daß diese Haftbedingungen zu physischer und psychischer Zerstörung der Person, der Persönlichkeit führen müssen. Davon hat Herr Baader gesprochen. Sachkundig, wie Sie vernommen haben, und daraus geht auch sein Ablehnungsinteresse eindeutig hervor, denn[uuu] sein Ablehnungsinteresse geht darin, nicht weiterhin der Jurisdiktion dieses Senats, die seinen weiteren psychisch, physischen Abbau sehenden Auges in Kauf nimmt, unterworfen zu sein. Das ist meine Beanstandung. Ich meine, Ihre Wortentziehung ist unbegründet, obgleich ich nicht verkenne, daß Empfindlichkeiten auf der Bank des Gerichts mit solchen Ausführungen getroffen werden, aber es beseitigt nichts über die Berechtigung von Ablehnungsgründen und nur darum geht es. Wenn Sie also Herr Vorsitzender ...

-Geräusch im Sitzungssaal-[vvv]

Vors.:

Entschuldigung, ich mochte mal sehen, kann man das Geräusch abstellen? Um was handelt es sich? Ach das ist die ...

RA Dr. H[eldmann]:

Wenn Sie also, Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Wird gleich zu Ende sein.

RA Dr. H[eldmann]:

... trotz meiner Vorstellungen ...

Vors.:

Würden Sie freundlicherweise solange zuwarten, bis das erledigt ist. Wie lange dauert das, Herr Bietz, im allgemeinen. 2 Minuten. Bitte Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. H[eldmann]:

In der Hoffnung also, Herr Vorsitzender, daß ich Sie mit diesen wenigen Worten habe überzeugen können, daß Ihre Wortentziehung ungerechtfertigt ist, bitte ich nunmehr das Wort wieder an Herrn Baader zu geben. Sollte mich meine Hoffnung wider Erwarten trügen, dann bitte ich um Senatsbeschluß.

Vors.:

Ja, es wird jetzt ein Senatsbeschluß beraten werden.

(Nach geheimer Umfrage) Der Senat hat beschlossen:

Das Wort bleibt dem Angeklagten Baader entzogen, da er trotz Abmahnung von Weitschweifigkeiten nicht abgelassen hat.

[3212] Die Zeugen KHK Penzkofer und KHK Herrmann werden um 15.00 Uhr entlassen.[www]

RA Pf[aff]:

Herr Dr. Breucker hat sich aber nicht an der Beschlußfassung beteiligt, wie man diesmal ganz deutlich sehen konnte.

Vors.:

Sie irren sich, er hat.

Richter am OLG Dr. Br[eucker]:

Herr Rechtsanwalt Pfaff, ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich meine richterlichen Rechte hier sehr wohl wahrzunehmen weiß. Auch ohne Ihre Unterstützung und in der Tat habe ich an der Beratung teilgenommen.

Angekl. B[aader]:

Das ist uns klar, Breucker.

RA Pf[aff]:

Nicht an der Beschlußfassung, ich spreche von der Beschlußfassung nicht von der Beratung.

Angekl. B[aader]:

Sie haben nicht an der Beschlußfassung teilgenommen.

Vors.:

Ich versichere Ihnen, daß er an der Beschlußfassung teilgenommen hat. Im übrigen hat es sich damit. Sie können jetzt weitere Anschlüsse erklären. Will sich jemand noch zu dem Antrag melden. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. H[eldmann]:

Ja, Herr Baader muß nicht nur diese etwa 155. Wortentziehung in diesem Verfahren, diesen Senat in seinem Verhältnis zu ihm, Herrn Baader, für befangen halten, sondern er muß es auch deswegen tun, weil für jeden ständigen Betrachter dieses Prozesses offenkundig geworden ist, daß die Strafprozeßordnung hier außer Kraft gesetzt wird bis auf die einzige Bestimmung dieses [§] 238[ StPO], nämlich die Verhandlungsleitung des Herrn Vorsitzenden, die allerdings nun auch Interpretationen erfährt, die man in der deutschen Rechtsgeschichte bisher noch nicht kennengelernt hat. Etwa die Vorzensur von Antragsbegründungen oder die Beschränkungen von Redezeiten. Das ist im Ergebnis, so muß der Angeklagte Baader das sehen und da trügt ihn sein Blick ja offenbar nicht, das ist ein Freifahrschein für jegliche richterliche Willkür, für Rechtsbruch, Verletzung prozessualer Rechte von Angeklagten, also sozusagen ein juristischer Nulltarif, der hier an Stelle von Gesetz und Recht diesen Prozeß regiert.

Das letzte Beispiel haben wir noch im Ohr.

Vors.:

Was wollen Sie eigentlich mit diesen Ausführungen be- [3213] zwecken, soll das eine Gegenvorstellung sein, die nicht zulässig ist,[63] oder soll das den Ablehnungsantrag begründen.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Vorsitzender, ich hatte nichts anderes im Sinn, als Sie zu provozieren mich zu unterbrechen. Damit ich meine Antragsbegründung ...

Vors.:

Das ist interessant.

RA Dr. H[eldmann]:

Damit ich meine Antragsbegründung genau wie heute morgen Herr von Plottnitz, vielleicht erst morgen nachmittag fortführen kann. Aber wir können gerne so weiter machen, ich habe Zeit.

Vors.:

Wir nehmen sie uns auch, seien Sie versichert.

RA Dr. H[eldmann]:

Gut.

Vors.:

Darf ich Sie fragen, was diese Ausführungen bezwecken? Soll das der neue Gesichtspunkt der Ablehnung sein.

RA Dr. H[eldmann]:

Das ist, das habe ich vorhin schon mal gesagt.

Der Vorgang von heute morgen, wie Sie Herrn von Plottnitz’s Ablehnungsantragsbegründung behandelt haben, ist Ablehnungstatbestand für sich allein.

Vors.

Ja, jetzt gings aber doch um die Wortentziehung.

RA Dr. H[eldmann]:

Wie bitte?

Vors.:

Sie haben doch an die Wortentziehung angeknüpft. Sie brauchen mir nur zu sagen, daß das Begründung auch weiterhin für den Ablehnungsantrag sein soll.

RA Dr. H[eldmann]:

Sagen Sie, ich mache Ihnen einen anderen Vorschlag, Sie gewähren mir 2 Stunden Pause, ich formuliere schriftlich meine Ablehnungsgründe und legen sie Ihnen zur Vorzensur vor. Einverstanden?

Vors.:

Nein.

RA Dr. H[eldmann]:

Gut, dann lassen Sie mich weiterreden.

Vors.:

Ja bitte. Aber ich möchte eben wissen, was Gegenstand Ihrer Ausführung ist. Das Recht habe ich.

RA Dr. H[eldmann]:

Die Ablehnung des Herrn Vorsitzenden Richters und der Herren Richter dieses Senats für Herrn Baader. Und so, wie hier zum Nachteil der Angeklagten, insbesondere hier meines Mandanten Baader, mit der Strafprozeßordnung gehandhabt wird. Das haben wir heute morgen wieder erlebt, als Sie den [§ ]29 Strafprozeßordnung geleugnet haben, der einem abgelehnten Richter, und das waren Sie Herr Vorsitzender, nur noch das Recht gibt, ausschließlich solche Handlungen vorzunehmen, die [3214] keinen Aufschub gestatten. Stattdessen haben Sie Antragsbegründungen zurückgewiesen, ohne Sie auch nur zu dreiviertel gekannt zu haben. Sie haben trotz Hinweis auf weitere Tatbestände die Antragstellung blockiert. Zum Nachteil aller Angeklagten, auch meines Mandanten.

Sie haben die Antragsbegründung abgebrochen. Sie haben den Versuch unternommen, die Verteidiger durch Hinweis auf alles mögliche, was Ihnen gerade in den Kopf geschossen ist, zu nötigen und haben aber statt dessen, Ihre Ablehnung entgegenzunehmen und die Begründung dafür zu erfahren, andere Anträge angenommen, etwas, was jedenfalls der bisherigen Verfahrensweise dieses Senats widerstreitet. Sie haben den Verteidigern und den Angeklagten, und das trifft meinen Mandanten Baader, vorgeworfen, mit einem Antrag, wie dem heutigen, betrieben wir Prozeßsabotage. Da kommt, so scheint mir, deutlich zum Nachteil meines Mandanten das Wunschdenken dieses Gerichts zum Vorschein, nämlich Lockruf an den Gesetzgeber, doch nun endlich die langerwünschte Neuformulierung, Novellierung der Strafprozeßordnung in Gang zu setzen. Endlich, nachdem wir den [§ ]231a und den [§ ]231[xxx]b[ StPO] haben, für den Ausschluß der Angeklagten,[64] nun endlich auch widerborstige Pflichtverteidiger ausschließen zu können. Dabei gehen Sie von der Doktrin aus, wie heute morgen wieder, daß[yyy] das Redemonopol in diesem Hause bei Ihnen, dem Herrn Vorsitzenden Richter Prinzing liegt, und das geht dann soweit, wie, bis zu Ihrer wörtlichen Äußerung an Herrn Kollegen Temming: „Halten Sie den Mund“. Und wenn Ihnen dann gar nichts mehr kommt, dann rufen Sie Bundesanwaltschaft zu Hilfe und karrikieren hier schließlich auch noch die verfassungsrechtlich verankerte Gewaltentrennung.[65] Was Sie aber damit machen, und was dann immer wieder zu Wortentziehungen, und das ist rechtlich Abschneidung rechtlichen Gehörs, Verwehr rechtlichen Gehörs praktizieren, das ist es ja gerade mit solch Methoden, wie Sie es uns heute morgen gezeigt haben, daß Sie ein prozessuales Notwehrrecht [3215] von Angeklagten und Verteidigern provozieren um dann zu Ihrem Prädikat kommen zu können „Prozeßsabotage“, bishin zu der Androhung, Pflichtverteidigung zu entziehen. Die Ablehnung ...

Richter am OLG Dr. F[oth]:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, eine Frage, das geht ..., Sie sagen es doch, gegen welchen Richter sich Ihre Ausführungen richten? War das bloß gegen Herrn Prinzing?

RA Dr. H[eldmann]:

Es war gegen den Herrn Vorsitzenden Richter Prinzing.

Richter am OLG Dr. F[oth]:

Ah ja, danke.

RA Dr. H[eldmann]:

Es war natürlich wie Sie gleich dem Antrag des Herrn von Plottnitz wissen, dem Herr Baader sich insoweit anschließt, auch gegen die Herren Richter des Senats. Die Ablehnung stützt sich auf 5 Komplexe, das sind die Beschlußgründe vom 30.9. hinsichtlich Unverzüglichkeit habe ich Ausführungen gemacht. Das ist aber dann Ihre Entscheidung vom 16.10.75, entgegen der ausdrücklichen Forderung der untersuchenden Ärzte nach einer gemeinsamen Besprechung mit Angeklagten und Verteidigern, die Verteidiger von dieser Besprechung, in der es um das Schicksal unserer Mandanten geht, auszuschließen. Ihre Entscheidung vom 16.10., die bei uns am 20.10. eingelaufen ist. Das ist ferner Ihr in camera abgehaltenes Gespräch mit dem Sachverständigen in diesem Verfahren, indem sie einmal wieder den früheren Konvent aller Verfahrensbeteiligten gebrochen haben, daß alle Prozeßbeteiligten in gleicher Weise Zugang zur Kommunikation mit den Sachverständigen haben. Das ist ferner die Abschneidung der Ärzte des Vertrauens. Wir haben nämlich von den Sachverständigen, die Sie benannt und die Sie bestellt haben,[zzz] haben wir die Professoren Schröder, Müller, als internistische Ärzte des Vertrauens, bezeichnet. Auch das wieder ohne Gefangene und Verteidiger, und damit haben Sie, ob Sie das beabsichtigt haben oder ob Sie das in Kauf genommen haben, und durch den Ausschluß der Gefangenen ihrer[aaaa] Verteidiger zumindest bei der in der Betrachtungsweise des Mandanten, und auf diese allein kommt es an, die Vorstellung provoziert, daß [3216] das Vertrauensverhältnis zwischen den Patienten und dem Arzt in solcher Weise zerstört werden sollen. Sie haben schließlich gegen die Sachverständigengutachten, etwa Rasch, zuletzt am 22.9. volle Interaktion in der Anstalt als therapeutische Maßnahme zwingend[bbbb], haben Sie die Haftbedingungen nicht geändert. Und Sie haben Behandlung durch Ärzte der Wahl nicht zugelassen, das bedeutet für den Antragsteller Baader, daß der Senat trotz Kenntnis der schwer und akut pathogenen Wirkungen der anhaltenden Haftbedingungssituation und trotz Ihrer Kenntnis von der zwingenden notwendigen, und sobald wie möglich notwendigen Behandlungsbedürftigkeit der Angeklagten, beide Maßnahmen unterlassen haben und damit in Kauf nehmen, daß sich der Zustand der Angeklagten, der psychosomatische Gesundheitszustand der Angeklagten, fortlaufend weiter verschlechtert. Das nehmen Sie in Kauf. Das alleine begründet schon die Besorgnis der Befangenheit, oder wie ich[cccc] es vorhin drastischer ausgedrückt habe[dddd]: „Das zwingende, das existentielle Interesse dieser Gefangenen, meines Mandanten Baader, aus der Jurisdiktion dieses Senats so rasch wie möglich befreit zu werden, damit er seinen Rest an Vitalsubstanz und an Gesundungsmöglichkeiten erhalten kann“. Was am 30.9 in Ihren Beschlußgründen zum Ausdruck gekommen ist, ich möchte auf Einzelheiten jetzt nicht eingehen, das ist, wo bis dahin der Senat von einer Fülle von Beschlüssen, Maßnahmen verhandlungsleitenden Anordnungen, Befangenheit offen demonstriert hat, ist in den Beschlußgründen vom 30.9. Feindseligkeit gegen die Angeklagten diesem Verfahren geradezu kulminiert und umgeschlagen, so würdige ich das juristisch, umgeschlagen in den offenen Rechtsbruch, wo sie Tatsachen aus dem Ärmel gezaubert haben, um diesen unhaltbaren Beschluß zu stützen, von denen Gefangene und Verteidiger nichts gewußt und nichts gehört haben, wo sie kurzerhand den nun, das ist [§] 231a[ StPO] als Prozeßstrafen mißbraucht haben und dann aber auch noch das Rückwirkungsverbot[66] verkannt haben, mit der lapidaren Begründung, das was ihr in früheren Zeiten gemacht habt, [3217] das trifft euch heute noch, das ist Lebensführungsschuld, damit Verlust eurer prozessualen Grundrechte. Wie es also [§ ]231a[ StPO] ohnehin ein Ausnahmegesetz zum Schaden des Gefangenen Baader extensiv interpretiert. Sie haben aus hohler Hand, so möchte ich es formulieren, den Ausnahmezustand, den der Gesetzgeber mit [§ ]231a[ StPO] so nicht hat herbeiführen wollen, durch Ihre Anwendung diese Ausnahmebestimmungen für die Gefangenen dieses Verfahrens herbeigeführt, das korrespondiert dem was ich eingangs sagte, die Strafprozeßordnung gilt hier lediglich noch wo es um die Verhandlungsleitung des Vorsitzenden geht. Symptomatisch die Überraschung der Gefangenen ihrer Verteidiger und das nächste, wie Sie in Ihren Beschlußgründen die ärztlichen Gutachten verbogen und verfälscht haben, zum Nachteil der Angeklagten, das hat Herr von Plottnitz bereits intensiver dargestellt, als ich es jetzt tun möchte.

Vors.:

Es ist bedauerlich, wenn ich einem Verteidiger sagen muß, auch für ihn gilt, daß Verunglimpfung vom Gericht nicht hingenommen werden. Das ist zum Beispiel die Behauptung wir ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, jetzt fängt das schon wieder an mit der Zensur ...

Vors.:

... wir hätten verfälscht.

Referendar Dr. Te[mming]:

... Gefangenen gestützt, das ist ein Vorwurf den man konkret belegen[eeee] kann.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, ein Wort dazu ...

Vors.:

Also diese offenen Rechtsbrüche bei einem bestätigten Beschluß, bei Behauptungen von Verfälschungen Herr Rechtsanwalt, ich würde Ihnen doch empfehlen, daß Sie sich daran erinnern, daß das kein Umgangston ist, den Sie sich hier als Anwalt in einem Gerichtssaal an sich erlauben sollten ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, können ...

Vors.:

... auch nicht unter[ffff] Wahrnehmung berechtigter[gggg] Interessen für die Angeklagten.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzenden, können ... Formulierung ...

RA G[olzem]:

Eigentlich ist das ungeheuerlich, Herr Prinzing.

Vors:

Es ist [hhhh] unglaublich, es demonstriert wieder. Ich [3218] spreche mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann, von dem ich ausgehe, daß er Mann’s genug ist, sich selber zu verteidigen und zu reden.

RA Dr. H[eldmann]:

Das dürfen Sie.

Vors.:

Und da müssen dann wieder sämtliche anderen Verteidiger sofort dazwischen hineinrufen, ohne das Wort bekommen zu haben, ohne darum gebeten zu haben.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, wie oft ...

Vors.:

... das ist ein beschämendes Beispiel wie sie sich aufführen.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Wie oft sind wir heute früh unterbrochen worden, aber ich meine zu Ihren letzten ...

Vors.:

Es hat das Wort Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann und sonst niemand im Augenblick.

RA v[on ]P[lottnitz]:

Dann bitte ich kurz ...

RA Dr. H[eldmann]:

Zwei Bemerkungen dazu. Verunglimpft wird irgendeine Person, sei sie auch in die Position des Unabsetzbaren gerückt, nicht dadurch, daß man seiner juristischen seine[iiii] Amtshandlungen beim Namen nennt, sondern dadurch daß er sie begeht. Das ist das erste. Und wo Sie mir aus Wortwahl Verunglimpfung vorwerfen wollen, dann erlauben Sie mir bitte, Sie zu erinnern an Ihren Beschluß vom 20.8. diesen Jahres und da lesen Sie einmal nach, was Sie dort in jenen Beschlußgründen an Charakterisierungen von Verteidigern aufgenommen haben bishin zu der Unglaublichkeit, die Unglaublichkeit, die von jener Bank kam, in Ihrem Beschluß zu benehmen, Verteidiger auf dieser Bank zielten[jjjj] daraufhin Sie, die Richter des Senats, physisch und psychisch zu zerstören.[67] Wenn wir von Verunglimpfung reden, Herr Vorsitzender Richter Prinzing, dann wollen wir uns erinnern, was von Ihrer Bank hier an unsere Adresse bislang gekommen ist, aber ich wiederhole, ich habe Sie nicht verunglimpft dadurch, daß ich Kritik an Ihrer Rechtsausübung geübt habe. Worin die Verunglimpfung liegt, das habe ich Ihnen auch gesagt.

Vierter und letzter Ablehnungsgrund, die ärztlichen Gutachten, die Sie[kkkk] alle kennen, und deren Indikationen hinsichtlich therapeutischer, zwingender therapeutischen Hotwendigkeiten zur Abänderung der Haftbedingungen zur sofortigen Behandlung durch Ärzte der Wahl und so und so. [3219] Die liegen seit dem 10., 12., 15., 17. Sept. vor. Bis heute hat sich aber weder an den Haftbedingungen, in ihrer Qualität, von kleinen kosmetischen Operatiönchen, es ist schon zuviel gesagt, kleinen kosmetischen Strichlein abgesehen, nichts geändert, obgleich wir alle, und auch Sie, die Herren des Senats, wissen, welche Folgen diese Haftbedingungen in den letzten dreieinhalb Jahren schon gehabt haben - deswegen müssen wir uns heute über [§] 231a [StPO] unterhalten - und welche Sie progressiv für die Zukunft haben werden. Sie, in Kenntnis dieser Umstände, kommen dann, und das ist ja offenbar, an Ihren Handlungen erkennt man, daß sich insoweit bei Ihnen nichts geändert hat, auf Seite 8 Ihres Beschlusses vom 30.9. zu dem Ergebnis: In der Tat waren die Haftbedingungen Rechtens, die Untersuchungshaft muß so gestaltet werden, daß, und so weiter, keine weiteren Straftaten begehen. Sie wissen also, daß Sie hier eigentlich nur noch ein Urteil abzusondern brauchen für die vergangenen Straftaten, und sprechen hier von weiteren Straftaten. Sie halten die Haftbedingungen bei, nehmen[llll] die Zerstörung der Gefangenen in Kauf, sie verwehren die Behandlung durch Ärzte der Wahl, verwehren damit die zwingend notwendige Therapie. Für die Angeklagten, ich spreche hier für den Angeklagten Baader, aber ist danach eine Frage einfach des Überlebens, daß er aus der Jurisdiktion dieses Senats befreit wird und das rechtfertigt diesen Ablehnungsantrag.

Vors.:

Weitere Anträge bitte.

RA Pf[aff]:

Ich ergänze diese Begründung um einen Punkt, und der richtet sich gegen den Vorsitzenden Richter Dr. Prinzing. Der abgelehnte Richter hat im Lauf dieser Nachmittagssitzung sinngemäß geäußert, daß die personelle Situation hier, er meinte damit wohl die Justizvollzugsanstalt, es nicht erlaubt, daß die Angeklagten gemäß ihrer körperlichen Verfassung hier an der Verhandlung teilnehmen können. Zur Glaubhaftmachung verweise ich auf das Tonbandprotokoll und auf das Zeugnis des [3220] abgelehnten Richters. Demgegenüber steht im Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 22.10. auf Seite 9: „Solange sie“ die Angeklagten heißt das „somit erkennen lassen, daß sie sich in ihrer Rolle als Angeklagte an der Hauptverhandlung beteiligen wollen, muß das Gericht sie zulassen, es sei denn, daß andere Gründe ihre Ausschließung rechtfertigen“. Das ist ein sehr deutlicher Satz und ich meine nicht, daß man das Recht der Angeklagten vor ihrem Recht aus Artikel 103[mmmm], Abs. 1 Grundgesetz[68] Gebrauch zu machen durch den Hinweis auf die personelle Situation verweigern kann, in Anbetracht der Tatsache, daß für dieses Verfahren buchstäblich Bataillone von Menschen aufgewandt worden sind, um die Durchführung des Verfahrens zu gewährleisten. Aber es [nnnn] offenbar Ihnen nicht möglich ist, als dem Richter, der in erster Linie [oooo] für die Verhandlung hier verantwortlich ist, dafür zu sorgen, daß noch einige wenige Beamte mehr, wenn das überhaupt notwendig sein sollte, zur Verfügung gestellt werden, um den Angeklagten ihr, sowohl durch den BGH-Beschluß bestätigtes Recht wie auch das Recht, das sich unmittelbar aus der Strafprozeßordnung ergibt, durchzusetzen, die Höherstellung[pppp] der personellen Situation, wie Sie das genannt haben, gegenüber dem Recht aus Art. 103. Obwohl Sie gar nicht versucht haben, einen anderen Weg zu finden, zeigt in Ergänzung einmal mehr, daß Sie kein Interesse daran haben, Ihrer[qqqq] Fürsorgepflicht, wie Sie aus der Strafprozeßordnung sich ergibt, nachzukommen, daß Sie es tatsächlich willkürlich verursachen, daß die Rechte der Angeklagten in diesem Verfahren eingeschränkt werden. Dies nur in Ergänzung zu dem, was von den Kollegen schon vorgetragen worden ist.

Vors.:

Weitere Anträge. Ich sehe nicht, dann bitte ich ...

Referendar Dr. T[emming]:

Moment, können wir vielleicht mal absprechen, wer zuerst spricht?

Vors.:

Dürfen Sie bitte. Frau Meinhof.

Angekl. M[einhof] spricht ohne Mikrophon daher nicht zu verstehen.

Vors.:

Bitte Mikrophon.

Angekl. M[einhof]:

Ja, ich weiß gar nicht, warum Sie hier so hy- [3221] sterisch darauf reagieren, daß wir Sie ablehnen, weil Sie ein Gericht sind, das foltert, nachdem der BGH das ja schließlich bestätigt hat und erklärt hat, daß das Rechtens ist, denn der BGH-Beschluß stellt fest: 1. Daß es Isolation gibt. So damit das klar ist, ich setz das raus, weil es eine gemeinsame Begründung von uns ist. Also 1. Der BGH stellt fest, daß es Isolation gibt. 2. Daß Isolation Folter ist. Und 3. Daß Folter in der Bundesrepublik Rechtens ist. Und das alles im Gegensatz dazu, daß dreieinhalb Jahre lang mit einem enormen publizistischen Aufwand bestritten worden ist, daß es Isolation gibt. 2. Daß Isolation Folter ist und 3. allerdings noch bestritten werden mußte, daß das Rechtens sei, weil es das bis jetzt noch nicht war. Aber das ist noch nicht alles, was der BGH rausläßt. Er behauptet, die staatlichen Organe seien zur Anwendung dieser Haftbedingungen durch unser Verhalten gezwungen worden.

Vors.:

Frau Meinhof, bitte es richtet sich der Antrag gegen die Richter dieses Senats.

Angekl. M[einhof]:

Er richtet sich gegen Sie aufgrund des BGH-Beschlusses und der Wahrheiten, die dieser BGH-Beschluß rausläßt.

Vors.:

Sie können uns nicht ...

Angeklagte M[einhof]:

Und das bin ich jetzt dabei auseinanderzunehmen.

Vors.:

... aus Gründen ab ...

Assessor O[berwinder]:

Herr Vorsitzender, Sie schweifen jetzt wirklich ab. Sie haben der Mandantin das Wort erteilt und sie redet jetzt zur Sache.

Vors.:

Ich werde die Mandantin ermahnen dürfen zur Sache bei der Sache zu bleiben. Frau Meinhof, Sie können nicht mit dem Beschluß des Bundesgerichtshof die Befangenheit dieser Richter begründen das ist nicht sehr logisch.

Angekl. M[einhof]:

Natürlich kann ich den Beschluß des Bundesgerichtshofes dazu heranziehen, um mal Ihnen nachzuweisen, wie Sie in Ihrem Beschluß vom 30. September die Tat- [3222] sachen, auf den Kopf gestellt haben ...

Vors.:

Gut das ist zulässig, da gibt es kein Zweifel.

Angekl. M[einhof]:

... und die Tatsache, daß gefoltert wird und Sie ein folternder Richter sind, abstreiten. Natürlich kann ich das und dazu müssen Sie mir Gelegenheit geben, jetzt, den BGH-Beschluß zu analysieren.

Vors.:

Ja, ich darf Ihnen bei dieser Gelegenheit, weil Sie mich jetzt wieder als den folternden Richter bezeichnet haben auch die Verwarnung mit auf den Weg geben: Mäßigen Sie sich in den Ausdrücken, sonst wird das wieder ein Grund zur Entziehung des Wortes.

Angekl. M[einhof]:

Ich sage Ihnen nochmal, was soll denn diese hysterische Empfindlichkeit. Es ist Rechtens laut BGH-Beschluß. Was haben Sie denn noch dagegen?

Angekl. B[aader]:

Ja eben, was ist denn überhaupt? Sie dürfen doch.

Angekl. M[einhof]:

Bloß wir finden, daß Sie deswegen befangen sind. Also nochmal, das ist nicht alles, was der BGH rausläßt. Er behauptet, die staatlichen Organe seien zur[rrrr] Anwendung dieser[ssss] Haftbedingungen durch unser Verhalten gezwungen worden. Und da wir die nachteiligen Wirkungen der Isolation aufgrund unserer Intelligenz früh erkannt hätten, hätten wir ihre Folgen, ihre Folge unser[tttt] Verhandlungsunfähigkeit, wie der BGH sagt, in Kauf genommen. Dieses Verhalten, das ist wichtig, besteht laut BGH-Beschluß darin, daß sich jeder von uns zu den Zielen der RAF, der Roten-Armee-Fraktion wörtlich, wie der BGH sagt, rückhaltlos bekennt. Und das ist Gesinnungsjustiz. Das Gesinnungsjustiz nennen, ist absolut keine Überinterpretation[uuuu], denn was der BGH auch behauptet, wir würden die Ordnung in der Haftanstalt stören, ist absurd. Wie, wann wo? Wie sollten wir jemals die Ordnung in der Haftanstalt gestört haben, wo wir nie, exakt noch nie in dreieinhalb Jahren mit anderen Gefangenen, also Gefangenen aus der RAF, im Gefängnis gesprochen haben. Und wenn der BGH behauptet, daß andere Haftbedingungen uns die Vorbereitung unserer Befreiung erleichtern, erleichtern würden, dann unterstellt er damit praktisch, zum Beispiel, daß die Berliner Justizbehörden, die aus propagandistischen Gründen alle in Berlin damals noch isolierten Gefangenen[69] zu Beginn des Hungerstreiks vor [3223] einem Jahr in den Normalvollzug integriert haben, die Berliner Behörden begünstigten die Befreiungsversuche von Gefangenen aus der RAF. Das ist alles Unsinn.

Ende des Bandes 181.

[3224] Angekl. Me[inhof]:

Die Frage ist:

Wie kann ein isolierter Gefangener den Justizbehörden zu erkennen geben, angenommen, daß er es wollte, daß er sein verän... sein Verhalten geändert hat? Wie? Wie kann er das in einer Situation, in der bereits jede, absolut jede Lebensäußerung unterbunden ist? Ihm ... ihm bleibt, d. h. dem Gefangenen in der Isolation bleibt, um zu signalisieren, daß sich sein Verhalten geändert hat, überhaupt nur eine Möglichkeit, und das ist der Verrat. Eine andere Möglichkeit, sein Verhalten zu ändern, aufgrund ... auf das der BGH stützt, daß wir isoliert werden, hat der isolierte Gefangene nicht, d. h., es gibt in der Isolation exakt zwei Möglichkeiten: Entweder ...

Vors.:

Frau Meinhof, es ist kein Zusammenhang mehr ...

Angekl. Me[inhof]:

Ich will das jetzt ausführen!

Vors.:

... zum Ablehnungsantrag zu sehen.

Angekl. Me[inhof]:

Entweder Sie bringen einen Gefangenen zum Schweigen, ...

Vors.:

Bitte, entweder ...

Angekl. Me[inhof]:

... d. h., man stirbt daran;

Vors.:

Frau Meinhof, ...

Angekl. Me[inhof]:

oder Sie bringen einen zum Reden - und das ist das Geständnis und der Verrat, und so, an der Realität gemessen, hat der BGH-Beschluß eine klare und definitive Aussage.

Das ist Folter, exakt Folter, durch Isolation definiert an diesem Zweck, Geständnisse zu erpressen, den Gefangenen einzuschüchtern, um ihn zu bestrafen und um ihn zu verwirren. Das ist das Geständnis des BGH-Beschlusses.

Vors.:

Ich entziehe Ihnen hiermit das Wort, weil Sie nicht auf den Sachzusammenhang, nämlich einen Ablehnungsantrag gegen ...

Assessor Oberwinder:

Was ist denn der Zusammenhang? Dann definieren Sie mal, was Abschweifung ist.

Vors.:

Darf ich jetzt meine Begründung dazu wenigstens sagen?

Oder ist das bei Ihnen auch schon nicht mehr üblich.

Ich habe das Wort entzogen, weil die Angeklagte trotz Ab- [3225] mahnung ...

RA Go[lzem]:

Herr Vorsitzender, Ihre Begründung ...

Vors.:

... nicht mehr zum Sachzusammenhang, nämlich einem Ablehnungsantrag gegen die Richter dieses Senats zurückgekehrt ist.

Sie können meine Maßnahme beanstanden ...

RA Go[lzem]:

Herr Vorsitzender, ...

Vors.:

... sonst haben Sie im Augenblick keine Möglichkeiten.

Im übrigen: Herr RA Golzem, Sie sind zum ersten Mal in diesem Saal.

Ich wiederhole es noch einmal:

Es ist erwünscht, daß man sich hier zu Wort meldet, bevor man ständig das Wort einfach ergreift, so wie Sie das machen. So kann eine Verhandlung nicht geführt werden.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, es ist auch erwünscht, daß man vom Vorsitzenden Richter nicht unterbrochen wird, wenn man was vorträgt.

(Unverständliches Durcheinanderreden seitens der Verteidigung).

Vors.:

Jetzt hat Frau Meinhof das Wort gehabt, Herr RA Golzem.

Sie haben sich heute für Frau Meinhof legitimiert. Wenn Sie wünschen, anstelle von Frau Meinhof die Begründung weiter fortzusetzen. Bitte.

RA Go[lzem]:

Richtig. Ich werde die Begründung so fortsetzen, wie sie Frau Meinhof begonnen hat.

Vors.:

Auf die Gefahr hin, daß Sie dasselbe Schicksal dann treffen müßte.

[vvvv]

Assessor Ob[erwinder]:

Bedrohen Sie doch nicht immer die Verteidigung. Das ist ja wirklich unerhört!

Angekl. Baa[der]:

Dasselbe Schicksal!

RA Dr. He[ldmann]:

Er kennt doch das Stammheimer Züchtigungsrecht noch nicht.

RA Go[lzem]:

Herr Vorsitzender, der Ablehnungsgrund ist Ihr Verhalten gegenüber den Sachverständigen am 23.10., Ihr Schreiben vom 24.10., das uns am 27.10. zugegangen ist. Dieses [3226] Schreiben ist nicht verständlich für jemanden, der noch nie etwas gehört hat von der Praxis dieses Gerichtes, von den Haftbeschlüssen, von den verfahrensleitenden Maßnahmen, die Sie andauernd machen, um die Gefangenen ... um den Gefangenen das Wort abzuschneiden. Dieses Verhalten ist nicht verständlich ohne die Aufrollung des Hintergrundes. Dieses Verhalten ist diesem Gericht nicht verständlich, ohne einen BGH-Beschluß heranzuziehen, der diesem Gericht endlich sagt, was es zur Kenntnis zu nehmen hat. Darüber hat Frau Meinhof gesprochen. Das sind die Hintergründe der Ablehnung. Die Ablehnung ist ein altes Lied; aber Sie haben’s am 24.10. erneut gesungen, obgleich man Sie belehrt hatte über das, was ist. Und dieser Tatbestand, daß Sie am 24.10. das alte Lied neu aufgenommen haben, neu aufgelegt haben, das macht es erforderlich, Sie heute als befangen abzulehnen.

Um aber zu zeigen, was das Lied enthält, muß man zurückgreifen auf dreieinhalb Jahre Isolationshaft, nicht auf einen Tag unten in diesen Zellen, nicht auf zwei Stunden in diesen Zellen, nein, auf 3 ½ Jahre. Das ist die Quintessenz der Isolationshaft und das ist die Quintessenz, des Ablehnungsantrages und der fußt auf dem, was Sie am Freitag mit den Sachverständigen gemacht haben. Darin kulminiert eine 3 ½-jährige Entwicklung, die niemand versteht, wenn darauf nicht Rekurs genommen wird. Nichts anderes hat Frau Meinhof gemacht.

Ich trage weiter vor:

und fange gleich an, so vorzutragen, was ich eben begründet habe.

Nachdem 3 ½ Jahre lang die Isolation bestritten worden ist, und das ist jetzt das Neue, daß Sie nicht ... daß Ihnen gesagt worden ist, Sie brauchen sie nicht mehr zu bestreiten. Sie ist da. Sie dürfen sich der Erkenntnis endlich beugen, daß sie da ist, und in dieser Erkenntnis, den BGH-Beschluß in Händen haltend, haben Sie mit den Sachverständigen Kontakt aufgenommen und das getan, was Heldmann beschrieben hat. Die Begründung von Frau Meinhof fährt fort: [3227] Nachdem 3 ½ Jahre lang die Isolation bestritten worden ist und bestritten wurde, daß Isolation als Folter gegen uns eingesetzt wird, ist sie jetzt, wo sie nicht mehr verborgen werden kann, wo die Arztgutachten auf dem Tisch gelegen haben, Rechtens, weil hier ein Widerspruch in der Maschine entstanden ist, an dem sie nicht mehr bestritten werden konnte, die Gerichtsgutachten nämlich. Darin ist der Apparat in seiner militärischen Funktion gegen uns transparent. Immerhin ist es der BGH, der sich zu einer Tatsache bekennt, daß nämlich dieser Staat auf dem Terrain der Justiz Krieg führt.

Wir lehnen diese Richter ab, weil sie seit 1 ½ Jahren die Haftbedingungen, die Folter sind, anordnen, weil uns seit 1 ½ Jahren ... weil sie uns seit anderthalb Jahren foltern und das jetzt nach dem BGH-Beschluß auch nicht mehr bestreiten können; weil das, was Posser[70] 1972 noch den Protesten der Anwälte gegen die Haftbedingungen einfiel, wir hätten vermutlich eine besonders niedrige psychosoziale Reizschwelle, daß dies heute nicht mehr möglich ist. Die Sache ist jetzt medizinisch durch die Arztgutachten und juristisch durch den BGH-Beschluß offiziell. Sie ist öffentlich, sie ist unbestreitbar. Wer jetzt noch sagt, in der Bundesrepublik nicht ... wird nicht gefoltert, spinnt.

Was der BGH bestreitet, daß es sich bei der Isolation, d. h. der Haftform, die an den politischen Gefangenen hier seit 1970 - man wird besser sagen: seit 1972 - vollstreckt wird, um ein Projekt handelt, das es gab, bevor wir verhaftet worden sind, und was er behauptet ist, daß[wwww] für die verantwortlichen Stellen, die Auswirkungen der isolierenden Haftbedingungen zunächst verdeckt geblieben wären. Er sagt, die Gefährlichkeit der Beschwerdeführer ließ den für die Gestaltung der Untersuchungshaft verantwortlichen Stellen keine andere Wahl als die, dem durch eine entsprechende Verschärfung der Haftbedingungen Rechnung zu tragen.

Die Behauptung ist falsch. Sie suggeriert, die Isolation sei nicht von Anfang an so scharf gewesen, wie sie es jetzt ist oder zwischendurch war. [3228] Tatsächlich ist Ulrike am 1. Tag nach ihrer Verhaftung nach Köln gebracht worden und sofort in den toten Trakt,[71] und zwar für 8 Monate eingeschlossen worden.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es ist Grund genug, auch Ihnen jetzt nochmals den Begriff der Weitschweifigkeit zur Kenntnis zu bringen. Als Rechtsanwalt sollten Sie wissen, wie weit Sie gehen können und wie weit nicht. Wenn Sie in diesem Stile fortfahren, wird das zu einem Wortentzug führen müssen, was ich persönlich bedauern würde. Ich mach’s nicht gern bei einem Anwalt. Aber nehmen Sie’s zur Kenntnis.

RA Sp[angenberg]:

Wo liegt denn da der Unterschied?[xxxx]

RA Go[lzem]:

Bei den Gefangenen ist es Ihnen angenehmer oder?

Vors.:

Ich habe nicht von angenehm bei den Gefangenen gesprochen. Aber bei einem Anwalt bedaure ich es, denn er ist an sich rechtskundig und hat die Maßstäbe leichter zur Hand als ein Angeklagter.

RA Go[lzem]:

Herr Vorsitzender, Sie haben am 24.10. versucht, die Sachverständigen, die Ihnen vorher aus dem Ruder gegangen sind, einzuschwören auf das, was der BGH-Beschluß sozusagen für rechtens erklärt hat - nicht sozusagen. Sie haben heute hier gesagt - die andere Seite -: Die Pflichtverteidiger handelten im öffentlichen Interesse und unterlägen deshalb besonderen Verpflichtungen. Das öffentliche Interesse, dem der Pflichtverteidiger dient, ist das öffentliche Interesse daran, daß Angeklagte verteidigt werden. Es ist nicht das öffentliche Interesse an ... daran, dass Gerichtsverfahren entsprechend den Interessen der einzelnen Richter oder der einzelnen Staatsanwälte durchgeführt werden können. Begreifen Sie, daß das öffentliche Interesse an der Verteidigung nichts anderes ist, als das durch die Verfassung und die Verfassungsväter instituierte Mißtrauen gegen Gerichte und Staatsanwaltschaften. Wir sitzen hier als das instituierte, durch das öffentliche Interesse rechtlich abgesicherte Mißtrauen gegen Sie und die Herren von der Staatsanwaltschaft. Daraus ergibt sich die Konfliktsituation.

[3229] Vors.:

Es nützt nichts, daß Sie jetzt noch ...

RA Go[lzem]:

Und wir haben diese Aufgabe ...

Vors.:

... ausschweifendere Ausführungen machen. Wir haben es mit einem ...

RA Go[lzem]:

Wir haben diese Aufgabe bis zum Redeentzug, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Sie haben es mit einem Ablehnungsantrag zu tun ...

RA Go[lzem]:

Das ist Ihnen unangenehm, was ich sage. Das kann ich mir gut vorstellen.

Vors.:

Überschätzen Sie das nicht so, was Sie sagen, Herr RA Golzem.

RA Go[lzem]:

Ich mache hier Rechtsausführungen.

Vors.:

Ihre Rechtsausführungen in Ehren. Aber Sie sind jetzt bei der Begründung eines Ablehnungsantrages und zu ...

Assessor Ob[erwinder]:[yyyy]

In der Tat.

Vors.:

... diesem Sachthema kehren Sie jetzt bitte zurück, sonst werde ich Ihnen das Wort nicht mehr belassen können.

RA Go[lzem]:

Herr Vorsitzender, ich wollte es Ihnen nur sagen:

Haben Sie Mißtrauen gegen Ihre Neigungen, uns das Wort zu verbieten; haben Sie Mißtrauen gegen sich selbst? Wir sitzen hier staatlicherseits instituiert; wir sind Organe der Rechtspflege[72] und wir nehmen diese Aufgaben autonom wahr und wir sind mit dieser Aufgabenwahrnehmung verfassungsrechtlich tätig im Sinne der Verfassung, und Ihre Interessen laufen gegen unsere Interessen. Und Sie haben die Macht und Sie haben hier die Wahl, die Macht zu praktizieren. Sie können mir das Wort abschneiden, keine Frage. Sie können aber auch sich diesem Interessenwiderstreit stellen, wie die Verfassung es für Strafverfahren vorsieht. Aber dann lassen Sie die Verteidiger ausreden, die hier in eigener Verantwortung auftreten.

Ich fahre fort:

Ich habe eben ausgeführt, daß die Behauptung, der Beschwerdeführer hätte ... die Gefährlichkeit, der Beschwerdeführer hätte sozusagen staatliche Vollzugsorgane und die Gerichte dazu gezwungen, ihnen diese Haftbedingungen aufzuerlegen, daß diese Behauptung falsch ist, und zwar deshalb, weil die Isolation vorher schon geplant war und gleich vollzogen wurde nach der Verhaftung von Ulrike Meinhof, bevor sie überhaupt deutlich machen konnte, ob sie gefährlich sei im Strafvollzug.

[3230] Falsch ist auch - zitiere ich weiter - daß die verheerenden Wirkungen der Isolation zunächst verdeckt geblieben wären. Astrid Proll[73] war schon 3 Monate nach ihrer Verhaftung in ärztlicher Behandlung wegen der Isolation. Als sie 6 Monate nach ihrer Verhaftung in den toten Trakt verschleppt wurde, geschah das absolut nicht wegen ihrer Gefährlichkeit. Es gab kein Strafverfahren, kein Hausstrafverfahren[zzzz] und nichts gegen sie. Sie kam in den Trakt, weil es ihr sichtbar schlecht ging in der Isolation und Martin sich ausrechnete, daß sie im Trakt vielleicht zusammenbricht und aussagt.

Vors.:

Ich entziehe Ihnen hiermit das Wort, weil Sie nicht zur Sache sprechen, nämlich zum Ablehnungsantrag gegen die Richter des Senats.

RA Go[lzem]:

Ich habe ja ausgeführt, Herr Vorsitzender, Sie haben die Macht.

Vors.:

Ist das eine Beanstandung?

RA Go[lzem]:

Das ist keine Beanstandung.

Vors.:

Keine Beanstandung.

Weitere Anträge?

Assessor Ob[erwinder]:

Ich möchte dazu noch ergänzend vortragen, weil Sie ja hier deutlich machen ...

Protokollführer:

Bitte Mikrophon einschalten.

Assessor Ob[erwinder]:

... an der Rechtsgültigkeit der Verteidigung, so ist mir in der Tat klar und ist auch hier in aller Öffentlichkeit in der Verhandlung demonstriert, ...

Vors.:

Entschuldigung. Ich muß nur zum Protokoll Ihren Namen feststellen, weil diejenigen, die das schreiben, natürlich den Namen nicht kennen.

Es ist also Herr Assessor Oberwinder in Vertretung für Herrn RA Riedel.

Assessor Ob[erwinder]:

Sie machen hier in der Hauptverhandlung deutlich, ...

Protokollführer:

Bitte Mikrophon einschalten.

Assessor Ob[erwinder]:

... Anwendung der StPO, wie rechtskundige Richter in diesem Verfahren damit umspringen. Dies ist auch - und das trage ich in Ergänzung des Ablehnungsantrags vor - [3231] in Ihrem Beschluß deutlich zum Ausdruck gekommen. Die abgelehnten Richter haben sich in diesem Beschluß ... haben in diesem Beschluß für sich Vorschriften der Menschenrechtskonvention in Anspruch genommen gegen die Rechte der Gefangenen. Sie haben in ihrem Beschluß das Beschleunigungsgebot[74] der Menschenrechtskonvention für sich gegen die Rechte der Gefangenen auf rechtliches Gehör in Anspruch genommen. Meines Wissens ist Sinn der Menschenrechtskonvention Schutz des Gefangenen vor Eingriff des Staates, nicht aber der Schutz staatlicher Eingriffsinstanzen vor den Wirkungen, die sich durch ihre Maßnahmen selber erzielt haben.

Die gleiche Absurdität zeigt sich darin und Ungeheuerlichkeit, daß der Senat in seiner Beschlußbegründung auf die Behandlungsbedürftigkeit der Gefangenen verweist, ohne vor dem Beschluß und auch heute nicht das Geringste für die Behandlungsbedürftigkeit der Gefangenen zu tun.

Bezeichnend ist in dem Zusammenhang die Ausführung auf S. 4. Andererseits heißt es da:

„... ist eine weitere Verzögerung der Hauptverhandlung, die nach Ablauf des ungewissen Versuchs, die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten wiederherzustellen“.

In der Tat scheint mir der Versuch, Ihrerseits die Verhandlungsfähigkeit der Gefangenen wiederherzustellen, ungewiß. Es kommt auch darin zum Ausdruck, daß Sie auf S. 5 des Beschlusses auf die Fürsorge des Senats in der Weise hinweisen, daß in Bezug auf die mögliche Gefahr einer zum Tode führenden Kippreaktion während des Hungerstreiks der Gefangenen eine Intensivstation mit ständigem ärztlichem Bereitschaftsdienst in der JVA eingerichtet wurde.

Es ist gradezu grotesk und zynisch, daß Sie in diesem Zusammenhang auf den Tod des Gefangenen Holger Meins Bezug nehmen; denn genau Sie hätten verhindern müssen - und der abgelehnte Richter Dr. Prinzing hätte es verhindern können - den Tod des Gefangenen Holger Meins. Aber genau hier wird deutlich, worum es hier geht, nämlich um die Vernichtung der Gefangenen aus der RAF.

[3232] Vors.:

Herr Assessor, ...

Assessor Ob[erwinder]:

Ich bitte doch bitte, mich ausreden zu lassen.

Vors.:

... ich glaube, daß die Unterstellung einem Gericht gegenüber, es ginge ihm um die Vernichtung eines Untersuchungshäftlings, eine ungeheure ...

Angekl. Baa[der]:

Aber das ist doch evident. Sie haben doch schon einen umgebracht!

Vors.:

... eine ungeheure Behauptung.

Assessor Ob[erwinder]:

Ich möchte bitte da noch fortfahren.

Vors.:

Ich möchte Sie verwarnen, daß Sie derartige Behauptungen wiederholen.

Assessor Ob[erwinder]:

Ich möchte fortfahren:

Der § 231a-Beschluß, den die abgelehnten Richter verfaßt haben, ist genau Teil dieser Strategie, indem er nämlich die Gefangenen aus der RAF in die Betonzellen zurückverbannen will aus den Augen der Öffentlichkeit. Genau aus den gleichen Gründen sind seinerzeit drei Verteidiger hier ausgeschlossen worden, weil sie nämlich die Öffentlichkeit hergestellt haben. Und genau das geschieht wieder in dem § 231a-Beschluß und begründet die Ablehnung.

Vors.:

Weitere Anträge?

Angekl. Ra[spe]:

Ja ich stell zunächst mal hier fest, daß ...

Ich stell zunächst mal nur fest, daß Ihre Methode der Verhandlungsführung heute tatsächlich auch ne neue Qualität angenommen hat. Was Sie hier tun, ist tatsächlich nur noch Deckel drauf. Aber ansonsten fahre ich fort mit der Begründung der Ablehnung:

Falsch ist, daß die Auswirkungen der Isolation den verantwortlichen Stellen verdeckt geblieben wären. Nichts war verdeckt. Es gab Januar 73 die Stellungnahmen von 3 Gefängnisärzten in Ossendorf,[75] als Ulrike seit 7 ½ Monaten im Trakt war, die ohne Untersuchung erklärten, psychisch-somatische Schäden sind bei der Art von Unterbringung, nämlich in akustischer Isolation, unvermeidlich. Aus psychiatrischer Sicht sei die Grenze der Belastbarkeit erreicht, einfach, weil die Aus- [3233] wirkungen der Isolation angefangen hatten, sichtbar zu werden. Ulrike konnte bei Besuchen nicht mehr sprechen. Außerdem ist in unzähligen Anträgen der Anwälte auf Ärzte unserer Wahl, auf Aufhebung der Isolation, erklärt und mit präzisen wissenschaftlichen Argumentationen nachgewiesen worden, daß die Wirkung der Isolation für jeden nach einer bestimmten Zeit katastrophal sind. Wie Wunder hier, als er seinen Schließmuskel mal wieder nicht halten konnte, selbst gesagt hat:

Isolation ist eine Frage der Zeit ...

Vors.:

Ich entziehe Ihnen das Wort ...

Angekl. Ra[spe]:

... und nicht eine Frage der Entdeckung.

Vors.:

Ich entziehe Ihnen das Wort wegen beleidigender Ausführungen gegenüber einem hier anwesenden Prozeßbeteiligten.

Weitere Wortmeldungen?

RA Sp[angenberg]:

Herr Vorsitzender, wir möchten Sie doch bitten, Herrn Raspe ausreden zu lassen.

Vors.:

Ist das eine Beanstandung?

Angekl. Ra[spe]:

... daß Herr Wunder von der B. Anwaltschaft hier ...

Vors.:

Herr Raspe, Sie haben das Wort nicht.

RA Sp[angenberg]:

Augenblick - nene.

Vors.:

Bitte, Herr RA Spangenberg.

RA Sp[angenberg]:

Das ist eine Beanstandung, die ich auch begründen darf.

Was hier verhindert werden soll - das zur Begründung meiner Beanstandung - was hier verhindert werden soll, ist, daß Tatsachen in einer öffentlichen Hauptverhandlung erörtert werden, die Ihnen - den abgelehnten Richtern - und natürlich auch den Herrn von der B. Anwaltschaft allerdings sehr unangenehm sein müssen. Wenn in diesem Zusammenhang, nachdem nun festgestellt worden ist, daß die Haftbedingungen, denen diese Gefangenen unterliegen, zerstörerisch sind, wenn in diesem Zusammenhang davon die Rede ist, wie diese Methode, politische Gefangene wissentlich zu zerstören, entwickelt worden ist und wie diese Methode quasi experimentell in der Haftanstalt von Ossendorf mit den entsprechenden Personen entwickelt worden ist, dann hat das sehr wohl einen eindeutigen Zusammenhang zu dem, was hier als Ablehnungsgrund geltend gemacht wird.

[3234]Vors.:

Es ging um Beleidigung und nicht um Zusammenhang.

RA Sp[angenberg]:

Es ist ein Unterschied, ob der Senat hier, der abgelehnt wird, Haftbedingungen oktroyiert, nicht wissend, was er damit anrichtet.

Vors.:

Wollen Sie jetzt zur Frage der Beleidigung sich äußern oder wollen Sie jetzt einen Vortrag halten, der ganz außerhalb des Zusammenhangs zur Ablehnung steht?

RA Sp[angenberg]:

Ich nehme auch gleich zur Beleidigung Stellung.

Angekl. Baa[der]:

Was war denn überhaupt beleidigend hier?

RA Sp[angenberg]:

... oder ob der Senat Haftbedingungen oktroyiert, wissend, daß es sich um eine Methode des Staatsschutzes handelt, politische Gefangene zu zerstören und zu eliminieren, wie der Chef des BKA es nennt.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ...

RA Sp[angenberg]:

Nun zu der Beleidigung.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Spangenberg, ...

RA Sp[angenberg]:

Nun zu der Beleidigung.

Vors.:

... ich bitte, Ihnen das Wort abzustellen.

Herr RA Spangenberg, ich weiß nicht, ob Sie nicht gehört haben, daß Herrn Raspe das Wort entzogen worden ist im Zusammenhang mit dieser Beleidigung, dieser Äußerung gegenüber B. Anwalt Dr. Wunder. Dann wollen Sie sich bitte, wenn Sie das beanstanden wollen, ...

RA Sp[angenberg]:

Das habe ich gehört, ich hab ja Ohren.

Vors.:

... mit der Beleidigung auseinandersetzen und nicht jetzt einen davon vollkommen getrennten Vortrag halten.

RA Sp[angenberg]:

Damit wollte ich jetzt beginnen.

Vors.:

Dann wird’s aber Zeit.

RA Sp[angenberg]:

Wann ich das tue, das ist allein meine Sache. Das haben Sie nicht vorzuschreiben.

Vors.:

Keineswegs. Das ist genau der Irrtum der Herrn Verteidiger, daß das etwa ihre Sache ist.

RA Sp[angenberg]:

Nein. Das ist Ihr Irrtum, und das werden Sie auch noch häufig zu spüren bekommen hier, daß das Ihr Irrtum ist.

Wenn hier eine Empfindlichkeit, eine derart gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber solcher Form, sich auszudrücken, herrscht, [3235] dann kann ich das angesichts dessen, was auf der anderen Seite hier genau von den Herren, die angesprochen worden sind und auch von Seiten des Senats angesichts dessen, was hier in Gang gesetzt wird und was hier praktiziert wird, tatsächlich nur als lächerlich bezeichnen. Ich kann es nur als lächerlich bezeichnen, wenn man sich angesichts sachlich begründeter und tatsächlich schwerwiegender Vorwürfe, die zu Recht erhoben werden, an derartigen Formalien und Äußerlichkeiten aufhängt, um einem Gefangenen das Wort abzuschneiden. Ganz abgesehen davon, ganz abgesehen davon, daß die Sprache, die jemand gebraucht, nicht unbedingt immer normiert zu sein braucht und dieselbe zu sein braucht. Ein Gefangener, der einen anderen Sprachgebrauch hat als Sie oder auch als wir, der darf diesen auch benutzen, und es ist kein Grund, wenn er sachliche Vorträge bringt, ihm aus diesem Grund - die von großer Bedeutung sind, Vorträge - ihm aus diesem Grund das Wort abzuschneiden.

Ich beanstande mit dieser Begründung, daß Sie Raspe das Wort abgeschnitten haben,

und ich möchte noch dazu, da ja auch Herr Raspe das Recht hat, zu Ihrer Anordnung, ihm sei das Wort zu entziehen, das Recht hat, Stellung zu nehmen, ihm jetzt hierzu Gelegenheit zu geben.

Vors.:

Herr Raspe, bitte, Sie können die Maßnahme beanstanden. Dazu können Sie das Wort ergreifen.

Angekl. Ra[spe]:

Ja, ich möchte dazu nur sagen, daß ich mir nicht ganz klar bin, was da eigentlich so beleidigend dran gewesen ist, denn es war tatsächlich ansonsten nur Schriftdeutsch, und da es sich darum handelt, nehme ich das auch in diesem Fall zurück.

Das ist dann eben tatsächlich so gewesen ...

OStA Ze[is]:

So geht’s nicht.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Ja, was wollen Sie denn, Herr Zeis?

Vors.:

Der Herr Raspe hat das Wort.

Angekl. Ra[spe]:

Moment mal.

Vors.:

Ich bitte die Herrn Verteidiger, wenigstens die eigenen Mandanten nicht zu unterbrechen.

(Gelächter im Sitzungssaal)

[3236] Vors.:

Im Saal bitte ich möglichst um Ruhe.

Angekl. Ra[spe]:

Ich will nur erklären, daß ich diese Formulierung, wenn sie der Senat benutzt, um mir das Wort zu entziehen, daß ich zurücknehme, denn tat ... es ging um den Satz, den ... den der B. Anwalt Wunder hier offen erklärt hat, rausgelassen hat mit seinem unaussprechlichen Organ, ja.

Isolation ist eine Frage der Zeit, nicht eine Frage der Entdeckung. Das hat er hier erklärt, und das ist der Punkt, um den’s geht.

Vors.: (nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen:

Es bleibt bei der Wortentziehung.

Die Beleidigung ist gefallen. Die Angeklagten wissen genau, daß solche beleidigenden Äußerungen nicht hingenommen werden dadurch, daß sie jetzt nach den Erfahrungen, die sie bisher gemacht haben, später Beleidigungen schlicht wieder zurücknehmen, kann das Geschehene nicht rückgängig gemacht werden.

(Durcheinanderreden auf der Verteidigerbank)

Es ist eine Entscheidung ergangen. Gegenvorstellungen sind nicht ersichtlich, warum die jetzt zugelassen werden sollten.

Herr Raspe hat nicht mehr das Wort. Herr RA v[on] Plottnitz.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Ich darf darauf aufmerksam machen, in der Vergangenheit war es stets so, daß, wenn aus der Sicht des Senats beleidigende oder angeblich beleidigende Äußerungen gemacht worden sind, die eine Wortentziehung in Betracht kommen ließen und diese angeblichen Beleidigungen zurückgenommen wurden, stets eine angedrohte oder realisierte Wortentziehung rückgängig gemacht wurde. Was veranlaßt den Senat, jetzt hier plötzlich in Abkehr ...

Vors.:

Wir wollen jetzt ja kein Gespräch drüber halten. Aber eines ist klar:

Auf diese Weise kann man Beleidigungen aussprechen und dann nachher, wenn’s bedrohlich wird, wenn Konsequenzen kommen, [3237] sagen, ich nehm’s zurück und meint dann grundsätzlich, jetzt sei von Senat ...

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Was heißt bedrohlich, Herr Vorsitzender?

Angekl. Ra[spe]:

Ich kann doch nicht wissen, daß das eine Beleidigung ist.

Vors.:

Es ist klar das Wort entzogen. Eine Gegenvorstellung [aaaaa] gibt’s nicht.[76] Weitere Anträge? Weitere Anträge?

Angekl. Ra[spe]:

Ich hab noch nicht mal „Arschloch“ gesagt.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Jetzt wird es Zeit, ihn von der Verhandlung auszuschließen.

Vors.:

Gut, ja. Das galt also niemand persönlich, sondern das war die Umschreibung, die etwas präzisere Umschreibung dessen, was er vorhin gemeint hat.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Also, Herr Vorsitzender, dann bitte ich ums Wort noch, und zwar möchte ich dann im Namen von Herrn Raspe das für ihn gestellte Ablehnungsgesuch auf ... auch auf die Tatsache der vom Senat ... vom Vorsitzenden des Senats und den Beisitzenden Richtern jetzt angeordneten Wortentziehung stützen. Diese Wortentziehung stellt sich für Herrn Raspe so dar, daß in der Tat - das ist bereits vom Kollegen Spangenberg gesagt worden - verhindert werden soll, daß zur Frage der Isolation und der Beschluß vom 30.9.1975 wie all das, was ihm vorherging und nachfolgte - ich hab das vorgetragen im Ablehnungsgesuch in diesen Zusammenhängen ist immer die Isolation der zentrale Punkt, daß zu dieser Frage hier nichts gesagt werden soll, weil der Senat es nicht hören will und nicht hören kann.

Die abgelehnten Richter haben aber keinerlei Recht, Inhalte dieser Art, die Ablehnungsgründe ... auf die Ablehnungsgründe gestützt werden, zu zensieren bzw. ihre Einführung in die Hauptverhandlung zu verhindern.

Vors.:

Weitere Wortmeldungen zu dem Antrag?

Frau Ensslin.

Zunächst darf ich mal fragen:

Wird bei den Beteiligten - es ist Grund, warum danach zu fragen ist - eine Pause im Augenblick gewünscht, Herr Vötsch? Nicht? Können Sie’s aushalten?

[3238] RA v[on] Pl[ottnitz]:

Wann ist eigentlich heute überhaupt mit dem Sitzungsende zu rechnen? Bisher war’s immer 16.00 Uhr.

Vors.:

Wir sind jetzt ungebunden, und ich glaube, vorhin gehört zu haben, das hat mich überrascht, daß die Herrn Verteidiger sagten: Wir werden uns Zeit nehmen. Ich habe Ihnen erwidert: Wir auch.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Natürlich. Wir haben Zeit, Herr Vorsitzender. Nur wollte ich wissen, ob in Abkehr und auch in Abkehr der insoweit praktizierten Regelung bislang jetzt über 16.00 Uhr hinausverhandelt werden soll.

Vors.:

Ganz gewiß, wenn es notwendig ist.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Bis wann? 19.00, 20.00, 23.00 Uhr?

Vors.:

Da werden wir uns nicht festlegen.

Frau Ensslin, Sie haben jetzt das Wort.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Sie sagen, Sie werden sich nicht festlegen. Können wir also gar keine Disposition mehr treffen, wann hier mit einem Sitzungsende im Regelfall zu rechnen ist?

Vors.:

Es wird die Praxis zeigen, ob wir zu einem erträglichen Sitzungsrhythmus kommen.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Also Herr Vorsitzender, ich muß doch ... wir müssen doch als Verteidiger - und für die Gefangenen gilt das erst recht, in ihrem Zustand - wissen, bis zu welcher Stunde am Nachmittag die Sitzungen regelmäßig dauern sollen. Das ist ja am Anfang der Hauptverhandlung uns hier schließlich auch erklärt worden. Warum soll das jetzt anders sein?

Vors.:

Sie haben keinen Anspruch darauf, daß ich Ihnen im Voraus erkläre, wie lange wir zu verhandeln gedenken ...

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Doch. Aus der Fürsorgepflicht haben Sie die Verpflichtung, uns das hier mitzuteilen. Natürlich.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Ein mobile officium zumindest, und es war bisher immer so, es ist in jedem Gericht so, und lange, bevor Sie an die Verhandlungsunfähigkeit der Angeklagten geglaubt haben, war es ein fester Rhythmus bis 16.00 Uhr.

Vors.:

Nein. Dieser Rhythmus war uns ja ziemlich früh vorgeschrieben durch die medizinischen Gutachten.[77]

Aber ganz abgesehen davon, ...

[3239] RA Dr. He[ldmann]:

Neineineineinein ...

Vors.:

... wissen Sie, in jeder ...

RA Dr. He[ldmann]:

Die Verhandlung hat am 21. Mai begonnen, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es ist das letzte Wort, was ich dazu sage, wenn Sie eine Frage in dieser Richtung an mich richten.

Ich habe bisher in jedem Verfahren mit Beteiligten durchaus in etwa voraussehen können, wie lange eine Verhandlung im Einzelfall dauert. In diesem Verfahren ...

Angekl. Baa[der]:

Bis jetzt waren Sie doch Kinderrichter; jetzt sind Sie auch Staatsschutzrichter.

Vors.:

... in diesem Verfahren ist das nicht möglich, und zwar weitgehend wegen des Verhaltens der Prozeßbeteiligten.

Ich darf jetzt Frau Ensslin das Wort geben.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Ist das wieder eine Prozeßstrafe? Wenn Sie nicht mitteilen ...

Vors.:

Für was Sie’s[bbbbb] ansehen wenn hier verhandelt wird, das ist Ihre Sache. Wir werden uns da jetzt nicht weiter aufhalten.

Frau Ensslin, bitte schön.

Angekl. Enss[lin]:

Der 3. Strafsenat des BGH braucht diese Konstruktionen, also die Behauptungen, irgend etwas sei verdeckt gewesen.

Vors.:

Frau Ensslin, zunächst die Frage:

Wollen Sie auch die Richter des Senats ablehnen. Das müssen wir zuerst erfahren.

Angekl. Enss[lin]:

Es ist ganz klar. Ich möchte die Begründung der Ablehnung fortsetzen.

Vors.:

Sie wollen sich dem Antrag anschließen?

Angekl. Enss[lin]:

Ja.

Vors.:

Ja.

Angekl. Enss[lin]:

Um die Schärfe der Haftbedingungen als verschärfte darzustellen, d. h. [ccccc] als Reaktion auf unser Verhalten und daraus den Schluß zu ziehen, selbst verschuldet und um zu verschleiern, daß ... als Gehirnwäschevollzug ein Projekt der Konterrevolution war vor uns.

Zuruf eines Zuschauers im Saal:

Mikrophon!

[3240] Vors.:

Ich bitte, das im Publikum doch der Verhandlungsleitung zu überlassen. Wir sind kein Theater hier.

Angekl. Enss[lin]:

Das heißt, um zu verstecken ...

Angekl. Baa[der]:

Mach doch keine Witze.

Angekl. Enss[lin]:

Das heißt, um zu verstecken, daß dieser Staat seit der Studentenbewegung counter insurcency plant was auch heißt: die Illegalisierung jeder politischen Opposition. Er muß schließlich ein Verhalten von uns als Ursache der Haftbedingungen erfinden, um nicht offen aussprechen zu müssen, daß es um die Erpressung von Geständnissen, Zerstörung politischer Identität, um Gehirnwäsche, Vernichtung, kurz: eben Folter, geht und um nichts sonst, um Folter und Gesinnungsjustiz. Denn das einzige reale Kriterium in seinem Beschluß dafür, ob einer gefolgert wird oder nicht, ist kein Verhalten, wie der BGH dazu schreibt. Es ist Gesinnung. Es ist die Alternative, Bekenntnis zu bewaffneter proletarischer Politik oder Verrat, RAF oder Geständnis. In der Isolation gibt es keine Praxis außer der des Kampfs der Gefangenen gegen ihre Vernichtung, d. h. der Kampf jedes einzelnen um seine politische Identität, das ist sein Bewußtsein. In der B. Republik wird einer wegen seiner Gesinnung gefoltert. Was das für die legale Linke und jede legale Opposition bedeutet, darüber müßten Sie einmal nachdenken.

Vors.:

Bitte, kommen Sie zum Sachzusammenhang. Auch Ihnen gilt das Wort ...

Angekl. Enss[lin]:

Aber entsprechend konfus sind dann auch die Formulierungen des Beschlusses ...

Vors.:

Es ist besser, Frau Ensslin, Sie hören zu, denn es hat keinen Sinn mehr, ...

Angekl. Enss[lin]:

(spricht unverständlich weiter)

Vors.:

... wenn Ihnen das Wort entzogen wird. Sie sollten sich daran halten, auch Sie sollten den Sachzusammenhang wahren.

Angekl. Baa[der]:

Fangen Sie schon wieder an mit der alten Schweinerei, hier Zusammenhänge zu zerreißen ...[ddddd]

(Angekl. Baa. spricht unverständlich weiter)

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, die B. Anwaltschaft bittet ums Wort. Wir stellen den Antrag,

den mehrfach verwarnten Angeklagten Baader von der heutigen und der morgigen Sitzung auszuschließen wegen fortlaufender Störung der Hauptverhandlung.

[3241] (Durcheinanderreden auf der Verteidigerbank)

Referendar Dr. Te[emming]:

Darf ich jetzt auch mal was dazu sagen?

Vors.:

Nein. Jetzt hat Herr Baader, der zuerst angesprochen ist - gegen ihn richtet sich der Ausschlußantrag - das Wort.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, darf ich dazu vorher noch ...

Vors.:

Nein. Herr Baader hat jetzt das Wort. Herr Baader.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, wo bleibt Ihre Rüge dem Herrn OStA Zeis gegenüber, weil er sich einfach das Wort genommen hat.

Das haben. Sie uns nämlich den ganzen Vormittag vorgeworfen.

Vors.:

Nein, er hat es nicht. Sie täuschen sich.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Natürlich hat er sich das Wort genommen.

Er hat gesagt: Ich bitte ums Wort und hat sich das Wort genommen.

Vors.:

Ich habe ihm zugenickt, daß er das Wort ergreifen kann.

Das ist mein Recht.

(Lautes Durcheinanderreden auf der Verteidigerbank sowie seitens der Angeklagten)

Vors.:

Herr Baader, Sie haben das Wort. Gegen Sie richtet sich der Ausschlußantrag.

Angekl. Baa[der] (lacht):

Zunächst möchte ich mal feststellen, daß ich von Ihnen heute nicht verwarnt worden bin in dem Zusammenhang.

RA Dr. He[ldmann]:

Richtig.

Angekl. Baa[der]:

Das ist doch wohl richtig oder?

Vors.:

Sie sind gleich zu Beginn ...

Angekl. Baa[der]:

Das kann man doch aus dem Protokoll entnehmen.

Und weiter habe ich festzustellen ...

Vors.:

Herr Baader, ... halt, das ist ein Irrtum.

Angekl. Baa[der]:

... daß Sie doch die Leute hier im Saal für dumm verkaufen, wenn Sie erzählen wollen, Sie hätten mit dem Kopf genickt. Jeder weiß, daß Sie nicht mit dem Kopf genickt haben. Diese Art der Telepathie, die Sie mit der B. Anwaltschaft verbindet, die ist hier schon x-mal auf-n Begriff [eeeee] gebracht worden Sie sind ein Staatsschutzrichter! Sie sind von diesen Herrn da drüben auf diesen Stuhl gesetzt worden und da sind Sie unabsetzbar. Das ist die Situation.

[3242] RA v[on] Pl[ottnitz]:

Ich bitte, anhand des Sitzungsprotokolls festzustellen, daß Herr Baader heute nicht verwarnt worden ist, wie es hier gesagt worden ist, zumindest nicht vom Gericht, allenfalls von einem Vertreter der B. Anwaltschaft.

Aber das ist wahrscheinlich identisch inzwischen.

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat den Beschluß gefaßt:

Der Angeklagte Baader wird für den Rest der Verhandlungswoche ausgeschlossen, weil er, obwohl er im Laufe dieses Verfahrens

- es kommt nicht darauf an, ob das heute geschehen ist -

immer wieder ermahnt worden ist, nicht dazwischenzurufen, dazwischenzureden, auch heute davon nicht abgelassen hat, dazwischengerufen hat, es handle sich jetzt um die alte Schweinerei, die betrieben werde und weil er anschließend sich Beleidigungen zuschulden kommen ließ gegenüber dem Vorsitzenden Richter, den er als Staatsschutzrichter bezeichnete, der von der Bundesanwaltschaft auf diesen Stuhl gesetzt worden sei.

Ich bitte, den Angeklagten abzuführen.

RA Dr. He[ldmann]:

Protest!

1. Haben Sie ihn nicht verwarnt. Die Voraussetzung fehlt.

2. fehlen die Voraussetzungen nach § 231b[ StPO][78]:

Den Angeklagten ist in jedem Fall Gelegenheit zu geben, sich zur Anklage zu äußern.

Ihr Beschluß mangelt jeder rechtlichen Grundlage. Ich bitte, ihn zu revidieren. Nehmen Sie das als Gegenvorstellung.

Vors.:

Es gibt keine Gegenvorstellung.

RA Dr. He[ldmann]:

Aha! Aha!

Vors.:

Es sind keine Tatsachen verwendet worden, die nicht allen bekanntgegeben wären.

RA Dr. He[ldmann]:

Es gibt Ihre Art, die StPO zu vergewaltigen. Die gibt es!

Vors.:

Ich bitte, den Angeklagten abzuführen.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, wann und wo und von wem ist Herr Baader verwarnt worden heute?

Vors.:

Ich habe Ihnen schon gesagt, die Verwarnung ist im Laufe des Verfahrens so oft ausgesprochen worden ...

RA Dr. He[ldmann]:

Von der B. Anwaltschaft, ja, ja!

Vors.:

Es kommt nicht auf den heutigen Tag an.

RA Dr. He[ldmann]:

Es kommt nicht auf die Gewaltenteilung an?

[3243] RA Go[lzem]:

Sie wollen doch die Leute loswerden, wie mit Ihrem Beschluß die gleiche Nummer!

Vors.:

So, [fffff] ich bitte dafür zu sorgen, daß der Angeklagte nun entfernt wird.

RA Go[lzem]:

Ist doch ganz egal, warum: Ob a oder b; Hauptsache, die Mandanten sind raus.

RA Pf[aff]:

Herr Vorsitzender, ...

Vors.:

Herr Baader, bitte. Es hat keinen Wert jetzt, es muß dafür gesorgt werden, daß der Angeklagte Baader zurückgebracht wird.

Angekl. Baa[der]:

... daß der Angeklagte abgeräumt wird. Das ist doch klar. Das ist doch das, wofür Sie seit vier Monaten sorgen.

Vors.:

Herr Bubeck, sind Sie so gut, ...

Angekl. Baa[der]:

Das ist doch Ihr Interesse. Sie haben es über [§ ]231 ...

Sie haben es über [§ ]231[ StPO] nicht geschafft! Laß doch!

Da der Angeklagte Baader den Verhandlungssaal nicht freiwillig verlassen will, entsteht ein kleines Gerangel zwischen den Angeklagten und den Vollzugsbeamten.

Unruhe im Saal.

Mehrere Zuschauer auf der linken Besucherseite vom Richtertisch aus gesehen rufen: „He!“

Assessor Ob[erwinder]:[ggggg]

Sollen meine Mandantin in Ruhe lassen!

Vors.:

Jetzt müssen wir dann den Saal ...

RA Go[lzem]:

Sie sind ja ganz heißgemacht. Nun warten Sie doch erst mal ab (zu den Vollzugsbeamten).

Vors.:

Ich bitte. im Saal ... Ich bitte, die Herrn Wachtmeister im Saal, darauf achtzugeben, wer hier diese Störungen ausspricht.

RA Go[lzem]:

Ich bitte auch darauf achtzugeben, daß diese Herrn sich hier nicht an den Frauen vergreifen!

Vors.:

Ich bitte, den Angeklagten Baader abzuführen. Wenn, Herr Bubeck, die Angeklagte Meinhof und der Angeklagte Raspe nicht Platz machen, bitte ich, auch zunächst diese Angeklagten so lange zu entfernen, bis Herr Baader herausgeführt werden kann.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Was ist das denn hier? ...

RA Go[lzem]:

Wo sind wir denn hier überhaupt?

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Wenn der Beschluß nach § 231b[ StPO] ohne rechtliches Gehör, ohne nichts ...

RA Go[lzem]:

Was machen Sie denn hier überhaupt?

[3244] RA v[on] Pl[ottnitz]:

Das ist doch unglaublich, Herr Vorsitzender.

Unglaublich, was Sie hier machen! Hier wird einfach eine kurzfristige Entfernung aus dem Sitzungssaal ohne jedes rechtliche Gehör angeordnet.

RA Go[lzem]:

Was soll denn diese Verfahrensweise?!

RA v[on] Pl[ottnitz]:

So mißachten Sie das Anwesenheitsrecht der Gefangenen hier!

Vors.:

Ich bitte, das Mikrophon bei den Herrn Anwälten einzustellen bei diesen Ausführungen, damit das auch zu Protokoll kommt.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist auch nicht mehr nötig.

RA v[on] Pl[ottnitz]:

Ist doch nicht mehr nötig, Herr Vorsitzender. Sie hören ja doch nicht zu. Sie hören doch sowieso niemandem mehr zu!

Vors.:

So, Herr Bubeck, bitte, jetzt ...

RA Go[lzem]:

Ich bitte, dafür zu sorgen, daß Sie hier keine Leute verletzen (zu den Vollzugsbeamten).

Der Angeklagte Baader wird um 16.13 Uhr aus dem Sitzungssaal abgeführt. Währenddessen erklärt er:

„Ich komme wieder! Mich sind Sie noch nicht los!“

Vors.:

Frau Ensslin hat das Wort.

Assessor Ob[erwinder]:

Herr Vorsitzender, ich bitte ums Wort.

Ich möchte nämlich noch darauf hinweisen, ... Sitzungssaal Sitzungspolizei anmaßen und einen Teil der Öffentlichkeit da eingeschüchtert haben.

Die Angeklagte Meinhof packt ihre Unterlagen zusammen und verläßt die Anklagebank.

Vors.:

Augenblick, ... Augenblick, ... Augenblick, was ist?

Will Frau Ensslin nicht mehr an der Verhandlung teilnehmen.

Das ist Ihr Recht[79], ... Frau Meinhof, das ist Ihr Recht.

Ich bitte, Frau Meinhof zurückzubringen.

Frau Ensslin Sie haben weiterhin dann das Wort.

Assessor Ob[erwinder]:

Haben Sie das zur Kenntnis genommen?

Vors.:

Ich habe es zur Kenntnis genommen.

Assessor Ob[erwinder]:

Kann das jeder jetzt im Saal machen?

[3245] Vors.:

Frau Ensslin, bitte schön.

Angekl. Enss[lin]:

Ja, halten wir mal fest, daß die B. Anwaltschaft befohlen hat, Andreas auszuschließen und dem Senat keine bessere Begründung dafür eingefallen ist, als dafür etwas heranzuziehen, was hier in den letzten vier Monaten also fünfzigmal ausgesprochen worden ist, weil es so ist.

Die Angeklagte Meinhof verläßt um 16.14 Uhr den Sitzungssaal.

Aber weiter:

Entsprechend konfus sind dann auch die Formulierungen des BGH-Beschlusses da, wo er lügt. Da sind dann plötzlich nicht wir isoliert, sondern diese Haftbedingungen sind in ihrem Ausmaß, und ihrer Dauer den Behörden erst durch uns aufgezwungen worden, wonach die Behörden - also nicht die die Haftbedingungen anordnenden Richter - sondern die Behörden oder die verantwortlichen Stellen isoliert sind.

RA Köncke verläßt ebenfalls um 16.14 Uhr den Sitzungssaal.

Und zwischen den Zeilen rutscht dann durch, daß, was Prinzing hier immer abstreitet, natürlich die Sicherungsgruppe[80], das BKA, die Ministerien und schließlich Bonn die Haftbedingungen, eben die Folter, anordnen, was durchrutscht, auch weil der 3. Strafsenat des BGH natürlich von sich als einer für die Folter verantwortlichen Stellen ablenken möchte. Mit diesem Beschluß des BGH ist die Bundesrepublik, soweit wir das übersehen, der erste Staat in der Welt, der vermittels und auf dem Terrain der Justiz foltern ... foltert und foltern läßt.

Vors.:

Ich entziehe Ihnen jetzt hiermit das Wort, ...

Angekl. Enss[lin]:

In allen anderen Staaten ...

Vors.:

... weil Sie nicht mehr zur Sache sprechen.

Es handelt sich um einen Antrag gegen diese Richter des Senats.

[3246] Referendar Dr. Te[mming]:

Moment, ich möchte dazu etwas sagen:

Herr Vorsitzender, es ist etwas eigenartig, daß Sie immer dann das Wort entziehen, weil es angeblich nichts mit der Sache zu tun hätte, wenn’s um die eigentliche Sache hier geht. Ihre und die Verantwortung der anderen Richter auf dieser Erhebung da oben, Ihre Verantwortung und Ihre Beteiligung an der Isolationsfolter, wenn das thematisiert wird und wenn der Zusammenhang, und es ist ... diese Folter äußert sich u. a. darin und dadurch ist es gelungen, das jahr... das jahrelang durch psychologische Kriegsführung zu leugnen im Großteil des Volkes, die äußert sich u. a. darin, daß sie langzeitig ist; und was hier klargestellt werden soll, und das ist ... und genau das ist präzise der Zusammenhang, den Sie nicht sehen wollen - vielleicht können Sie’s nicht, obwohl ich es bezweifle - Das ist der Zusammenhang, daß der Beschluß des BGHs den Versuch dieses Senats, wiederum zu verschleiern, daß Isolationsfolter herrscht, diesen Versuch, den der Senat gemacht hat, indem er es geschoben hat auf die Hungerstreiks, daß der BGH diesen Versuch desavouiert[hhhhh] hat, weil er offenbar der Ansicht ist, er kann es sich zur Zeit leisten, nur noch Machtsprüche abzugeben.

Ende von Band 182.

[3247] Referendar Dr. Temming:

Und in diesem Kontext ist die Analyse des Beschlusses des Bundesgerichtshofes entscheidend und zur Demonstration, was dieser Senat seinerseits mit dem Beschluß vom ... [§ ]231[ StPO] gemacht hat und daran läßt es sich ... daran läßt es sich nur demonstrieren und erst durch diesen Beschluß des Bundesgerichtshofs ist es möglich, das anhand eines anderen und eines höheren Gerichts zu demonstrieren und genau das versucht Frau Meinhof und wenn Sie hier permanent genau an der ... Frau Ensslin, davor Frau Meinhof, davor Herr Baader und davor Herr Raspe. Und jedesmal an dieser Stelle schreiten Sie ein uns sagen, das gehört nicht zur Sache, obwohl es genau die Sache ist: Die Art und Weise, wie die abgelehnten Richter, und sie werden deswegen auch abgelehnt, die abgelehnten Richter sich an der Isolationsfolter selbst beteiligt haben. Und Sie können jetzt Frau Ensslin gleich wohl wieder das Wort entziehen; denn dann werde ich es weiter lesen, weil die Angeklagten ein Recht darauf haben, daß das endlich öffentlich gesagt wird. Und dann werden Sie auch mir wieder das Wort entziehen und es geht so weiter und so weiter und es wird jedesmal einen neuen Ablehnungsantrag geben, das heißt, wenn Sie dieses Verfahren so weiter führen wollen, wie Sie es jetzt tun, Herr Prinzing, dann besteht es praktisch nur noch aus Ablehnungsanträgen.

Vors.:

Herr Referendar, es scheint Ihrer Aufmerksamkeit entgangen zu sein, daß das Wort schon entzogen ist. Darf ich das, was ich sage ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Das war eine Beanstandung, natürlich.

Vors.:

Eben, Ja, ich dachte, Sie redeten im Augenblick davon, Sie befürchteten erst, sowas könne geschehen.

(Nach geheimer Umfrage):

Der Wortentzug bleibt bestehen nach dem Beschluß des Senats.

Begründung:

Weitschweifigkeit, fehlender Sachzusammenhang und außerdem Beleidigung durch die Behauptung, es werde hier gefoltert.

Referendar Dr. Te[mming]:

Darf ich dann für die ...

Die Angeklagten Ensslin und Raspe verlassen um 16.18 Uhr den Sitzungssaal.

R. Ref. Düx verläßt um 16.18 Uhr den Sitzungssaal.

[3248] Vors.:

Ich darf zu Protokoll feststellen, daß die Angeklagten eben, was ihr Recht ist, die Sitzung verlassen haben, sämtliche Angeklagte sind damit nicht mehr anwesend.

Referendar Dr. Te[mming]:

Darf ich dann für die Angeklagte Gudrun Ensslin in der Begründung des Ablehnungsantrags, dem sie sich angeschlossen hat, fortfahren. Wobei ich noch eins hinzufügen möchte. Hier wird permanent gesagt, ... vorwegschicken möchte, ... hier wird permanent gesagt, das sind Beleidigungen, das sind Beleidigungen, was uns hier unterstellt wird. Der Gag ist eigentlich, daß genau das Gericht wegen dem, was es als Beleidigungen empfindet, die Richter, die abgelehnt werden, genau deshalb abgelehnt werden, weil man ihnen das vorwirft. Weil die Gefangenen ihnen das vorwerfen.

Und wenn das Gericht und die Richter, die abgelehnt werden, worden sind, weil sie foltern, wenn die sagen, ich entziehe das Wort, weil das gesagt wird, dann wird ... dann demonstrieren sie, da sie genau im Grunde genommen den Ablehnungsgrund jetzt noch dazu verwenden, um die Thematisierung und das letzte Mittel, was man hat, nämlich den Ablehnungsantrag zu stellen, zu zerhacken. Auch das läuft hier dauernd ab. Auch das ist wieder ein zusätzlicher Ablehnungsgrund. Ich fahre fort mit der Begründung: In allen anderen Staaten Chile, Brasilien, Spanien, Griechenland, der Türkei, auf den Philippinen, selbst Israel sind es das Militär und die Polizei, die foltern. In den faschistischen Regimes der Dritten Welt wollen die Regierungen, will der Staat, will die Justiz nichts davon wissen, daß gefoltert wird.

Vors.:

So, Herr Rechtsanwalt ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Was die Linie ist ...

Vors.:

... Sie kennen die Grenzen des Zusammenhangs.

Referendar Dr. Te[mming]:

... Es gibt keine Isolation, so gibt es auch keine Folter. Es blieb der Bundesrepublik vorbehalten, die Folter über den Justizapparat einzuführen, für Rechtens zu erklären, und dem Dritten Strafsenat des BGH blieb es vorbehalten, auszupacken, was jedes Intelligence-Offizierschwein gefolterten Gefangenen erzählt ...

Vors.:

Ich entziehe Ihnen hiermit das Wort, Herr Rechtsanwalt ...

Während der Vorsitzende spricht, wird er von R. Ref. Dr. Temming unverständlich unterbrochen.

[3249] Vors.:

Das Wort ist auch Ihnen entzogen mangels Sachzusammenhangs. Bitte das Wort abzustellen ... mangels Sachzusammenhangs ...

Referendar Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender, Sie können mir das Wort nicht entziehen, das haben wir doch heute morgen schon durchgespielt.

Vors.:

... von den Beleidigungen wollen wir nicht mehr reden.

Wollen Sie es beanstanden?

Referendar Dr. Te[mming]:

Ich beanstande das natürlich.

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Es bleibt nach dem Beschluß des Senats beim Wortentzug,

weil Sie den Sachzusammenhang nicht gewahrt haben. Es handelt sich um Weitschweifigkeiten, die wieder unter dem Gewande eines Antrags andere Argumentation vortragen sollen.

Referendar Dr. Te[mming]:

Dann stelle ich einen neuen Ablehnungsantrag aus ... gegen den Senat aus diesen Gründen, ebenfalls, den jetzt wir begründen werden. Dürfte ich vielleicht dazu dann das Wort haben. Ich stütze mich nunmehr auf diesen Beschluß des Senats.

Ich lehne die Richter, den Vorsitzenden Richter am 2. Senat des Oberlandesgerichts Dr. Prinzing, die Beisitzer Dr. Foth, Dr. Breucker, Dr. Maier ...

Vors.:

Maier und Dr. Berroth.

Referendar Dr. Te[mming]:

Und vielleicht können Sie mir helfen, den letzten noch ...

Vors.:

Ja, ich sagte schon, Dr. Berroth und Maier ...

Referendar Dr. Te[mming]:

... wegen Besorgnis der Befangenheit namens der Angeklagten Ensslin ab.

Begründung: Der Senat und die abgelehnten Richter haben durch ihren eben gefällten Beschluß erneut verhindert, daß über die Methode, die der Senat verfolgt, über die Strategie, der sich der Senat und die abgelehnten Richter eingeordnet war, öffentlich geredet worden. Das geschieht jedesmal dadurch, daß behauptet würde, das gehöre nicht zur Sache. Damit wiederholt dieser Senat genau das, was ihm [3250] in den anderen Ablehnungsanträgen vorgehalten werden soll, was er aber einfach dadurch verhindert, daß es veröffentlicht oder in die Öffentlichkeit kommt oder öffentlich thematisiert wird, daß er das Wort abschneidet. Auch das ist ein Ablehnungsgrund, der klar zeigt, daß dieser Sen... daß die Gefangenen von diesem Senat und diesen Richtern nichts mehr erwarten können, außer langfristig ihren Tod.

RA Spa[ngenberg]:

Ich schließe mich diesem neuerlichen Ablehnungsantrag, der ja auf eine Begründung ...

Vors.:

Ihnen ist ja das Wort nicht entzogen worden. Es handelt sich ja um einen Ablehnungsgrund, der nur in der Person von Herrn Referendar Temming ...

Referendar Dr. Te[mming]:

... kein Ablehnungsanspruch ... Ablehnungsgrund ... sondern ich habe das im Namen von Frau Ensslin gestellt, der haben Sie das Wort genau so entzogen, Sie haben es vorher allen anderen Gefangenen entzogen. Nicht ich werde hier gefoltert ...

RA Spa[ngenberg]:

Nun, ich kann auch, wenn das gewünscht wird, kurz zur Zulässigkeit eines solchen Antrages Ausführungen machen, schließe ich mich mit diesem ... schließe ich mich diesem Ablehnungsantrag, der jetzt auf den eben gefassten Beschluß des Senats beruht, tatsächlich beruht, im Namen von Jan-Carl Raspe an.

Vors.:

Sie vertreten den Angeklagten Raspe.

RA Spa[ngenberg]:

Ja, eben.

Vors.:

Der Ablehnungsantrag kann nur im Namen von Frau Ensslin allenfalls gestellt werden, weil der Wortentzug den Verteidiger von Frau Ensslin ...

Referendar Dr. Te[mming]:

... wegen des Wortentzugs ...

RA Spa[ngenberg]:

Also, darf ich ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... die Tatsache, die Ablehnungsgründe für einzelne Gefangene begründen, die sie, die nicht ... von denen sie nicht unmittelbar betroffen sind ...

Vors.:

Die Bundesanwaltschaft hat jetzt Gelegenheit, sich zu diesen ...

RA Spa[ngenberg]:

Augenblick mal, Herr Vorsitzender, ich war ... ich war mit der Begründung meines Ablehnungsantrages nicht am Ende. Ich habe gesagt, daß wenn sie ...

Vors.:

Darf ich Sie fragen ...

[3251] RA Spa[ngenberg]:

... Ich habe gesagt, daß, wenn Sie es wünschen, ich auch zur Zulässigkeit eines solchen Antrages kurz Ausführungen machen werde und ich war noch nicht am Ende.

Vors.:

Bitte, wenn Sie das tun wollen, das würde uns interessieren.

RA Spa[ngenberg]:

Die Tatsachen, auf die der eben gestellte Ablehnungsantrag beruht, sind klar, das war der Beschluß des Senats, den er eben gerade verkündet hat. Der Kern der Begründung dieses Ablehnungsantrages war der, daß der Senat mit Beharrlichkeit verhindern muß, um im Lichte der Öffentlichkeit nicht als derjenige Senat dazustehen, der genau für die Zerstörung der Angeklagten verantwortlich ist, verhindern muß, daß die Gründe, die Frau Ensslin ihnen gerade vortrug, öffentlich zur Sprache kommen. Das gilt natürlich, da mein Mandant, Herr Raspe, sich seit dreieinhalb Jahren in haargenau derselben Situation befindet. Das gilt natürlich auch im Hinblick auf seine Person. Die Befangenheit des Gerichts, der einzelnen Mitglieder dieses Gerichts genauer gesagt, kommt ebenso dadurch zum Ausdruck, was meinen Mandanten anbetrifft, dadurch zum Ausdruck, daß der Senat es mit Permanenz verhindern will, daß er hier für das, was er angerichtet hat, und das Sündenregister ist ja nun wirklich lang, für das, was er angerichtet hat, öffentlich zur Verantwortung gezogen werden soll.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, darf ich um’s Wort bitten.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ich beziehe mich auf das Ablehnungsgesuch, das für den Herrn Raspe beziehungsweise die Ablehnungsgesuche, die für den Herrn Raspe bereits gestellt worden sind, und ich möchte sie mit zwei weiteren Tatsachen begründen, beziehungsweise sie auf zwei weitere Tatsachen stützen, die zeitlich sich aus der heutigen Nachmittagssitzung ergeben. Das erste betrifft die ... die Intervention von vor einigen Minuten des Herrn Oberstaatsanwalts Dr. Zeis. Wir erinnern uns, Herr Oberstaatsanwalt, Herr Dr. Zeis, hat nicht nur ums Wort, er nahm sich das Wort, während einer [3252] der Gefangenen hier seine Ablehnungsgründe dem Gericht unterbreitete. Die abgelehnten Richter, der abgelehnte Richter Dr. Prinzing, hat dieser Anmaßung gegenüber keine Rüge vorgenommen. Der Verteidigung gegenüber wurde in vergleichbaren Fällen oder in Fällen, in denen sich einer der Verteidiger das Wort nahm, ohne zuvor formell das Wort erteilt bekommen zu haben, in all diesen Fällen wurde die Verteidigung scharf gemaßregelt. Das Unterlassen einer entsprechenden Rüge an den Herrn Oberstaatsanwalt Dr. Zeis zeigt die Dankbarkeit des abgelehnten Richters Dr. Prinzing für jede Intervention von Seiten der Anklagebehörde und zwar ohne Rücksicht auf deren Qualität und sie illustriert die Feindseligkeit, mit der hier Verteidigeräußerungen in jedem Falle registriert werden von Seiten des abgelehnten Richters Dr. Prinzing. Die zweite Tatsache, auf die das Ablehnungsgesuch, soweit es für den Herrn Raspe gestellt worden ist, gestützt wird, betrifft die Anordnung der abgelehnten Richter, dem Gefangenen Baader, dem Mitgefangenen Baader für die Sitzungstage, die in diese Woche fallen, von der Hauptverhandlung nach § 231b StPO auszuschließen. Wir erinnern uns auch insoweit, die Bundesanwaltschaft hatte beantragt, den Gefangenen Baader auszuschließen, wobei sie in der Begründung ausdrücklich darauf hinwies, der Herr Baader sei am heutigen Sitzungstage, wohlgemerkt am heutigen Sitzungstage, bereits mehrfach verwarnt worden, und auf einen Widerspruch der Verteidigung hin beharrte die Bundesanwaltschaft und beharrten auch die ... beharrte auch der abgelehnte Richter Dr. Prinzing darauf, daß eine solche Verwarnung am heutigen Vormittag, in der heutigen Vormittagssitzung, dem Herrn Baader gegenüber ausgesprochen worden sei. Im Anschluß an die Verkündung des Beschlusses und Bestätigung des Beschlusses durch die abgelehnten Richter, Herrn Baader auszuschließen, wurde erneut diese Frage aufgeworfen, es wurde gefragt, wann ist hier der Herr Baader heu... in der heutigen Sitzung verwarnt worden und es kam heraus, das Argument der abgelehnten Richter, es fand ja auch in der Begründung ihres Beschlusses, ihres Ausschlußbeschlusses seinen Niederschlag, Herr Baader sei zwar [3253] nicht heute verwarnt worden, so wie es also von der Bundesanwaltschaft und auch von den abgelehnten Richter Dr. Prinzing zunächst hier der Verteidigung gegenüber behauptet worden war, er sei aber früher bereits mehrfach verwarnt worden und das rechtfertige es, ihn ... rechtfertige es, ihn auf die Vorgänge hin, die vorhin eine Rolle spielten, auszuschließen. Auch das ein Beispiel für Manipulation, ein Beispiel für Tricks, bislang war es so, daß ... daß an jedem Sitzungstag, an dem überhaupt ein Ausschluß in Betracht gezogen worden ist, zunächst mal eine Abmahnung erfolgt ist von Seiten des Vorsitzenden Richters. Nachdem der Vorsitzende Richter und die abgelehnten Richter feststellten, daß sie an dem heutigen Sitzungstag den Ausschluß ohne eine solche Abmahnung, eine solche Verwarnung ausgesprochen hatten, griffen sie zu dem Trick, zu erklären, heute zwar nicht, aber in den vergangenen Sitzungstagen. Also auch auf diese beiden Tatsachen wurde das Ablehnungsgesuch für den[iiiii] Herrn Raspe gestützt. Wegen der Glaubhaftmachung kann auf die Sitzungsniederschrift vom heutigen Nachmittag verwiesen werden.

Rechtsanwalt Köncke erscheint wieder um 16.29 Uhr im Sitzungssaal.

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Herr Vorsitzender, ich habe noch einen Punkt vergessen, der in der Aufregung unterging. Es gibt so viele Punkte in der Tat, daß es auch schwer ist, alle präsent zu haben. Natürlich ist aus der Sicht des Herrn Raspe das Ablehnungsgesuch auch auf die Tatsache zu stützen, daß am heutigen Vormittag im Verlaufe einer der vielen Unterbrechungen, denen sich sein Verteidiger beim Versuch, das Ablehnungsgesuch zu begründen, ausgesetzt war, daß der abgelehnte Richter Dr. Prinzing sich flehentlich an die Bundesanwaltschaft wandte, in der Vormittagssitzung, und um einen Antrag bat, den Verteidiger von Herrn Raspe, der sein Ablehnungsgesuch begründete, zu entpflichten. Das ist natürlich der massivste Versuch gewesen des heutigen Vormittags, den Herrn Raspe beziehungsweise seinen Verteidiger daran zu hindern, hier ein Ablehnungsgesuch nebst den Tatsachen, auf die es gestützt worden ist, anzubringen. Es wird natürlich auch ausdrücklich auf diesen Vorgang das Ablehnungsgesuch gestützt.

[3254] Vors.:

Gut. Ich will die Bundesanwaltschaft fragen, ob sie irgend etwas schon zu diesen Anträgen äußern wollen. Herr Dr. Wunder, bitte.

BA Dr. W[under]:

Ja, ich bin dazu bereit, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Bitte.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich spreche allerdings in der wohl berechtigten Annahme, daß das Tonband auf der Verteidigungsband still steht.

Vors.:

Ja. Da die Bundesanwaltschaft nicht willens ist, ein privates oder für die Verteidigung selbst geführtes Tonband zu besprechen, bitte ich dafür zu sorgen, daß es nicht läuft.

(Zum Prot. Führer): Ist es sichtbar von Ihnen aus?

Nein.

- RA v[on] Plottnitz redet unverständlich -

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Die Verfügung des Senats, durch welche uns gestattet worden ist, ein Tonband als Hilfsmittel der Verteidigung, als technisches Hilfsmittel der Verteidigung zu verwenden, ... Wird diese Verfügung jetzt aufgehoben, rückgängig gemacht? ...

Vors.:

Nein ... nein ... nein, Herr Rechtsanwalt, nein. Sie haben das Recht, aber es muß auch das Einverständnis des Gesprächspartners da sein, der also das Tonband besprechen will, und solange das nicht existiert, nützt die Bereitschaft des Gerichts, Sie hier ein solches Gerät benützen zu lassen, gar nichts. Das bitte wollen Sie dann aber außerhalb der Sitzung mit der Bundesanwaltschaft regeln. Jetzt im Augenblick ist die Bundesanwaltschaft ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Vielleicht kann die Bundesanwaltschaft einmal erklären, warum sie solche Angst hat ...

Vors.:

Nein, die ... Nein, die Bundesanwaltschaft ...

RA v[on ]P[lottnitz]:

... daß hier ihre Äußerungen, hat sie Angst davor, daß ihre Äußerungen festgehalten werden.

OStA Ho[lland]:

... ich mal ... dazu brauchen wir doch keine Erklärung abzugeben ...

Vors.:

Herr Bundesanwalt Holland, ich bitte doch das zu lassen, der Herr ...

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

... sich Herr Holland.

Vors.:

Rechtsanwalt von Plottnitz hat das Recht nicht, Ihnen die Aufforderungen zu geben, jetzt etwas zu äußern. Das Wort [3255] ist Ihnen erteilt zu der Stellungnahme zu diesen Anträgen, zu nichts anderem. Ich bitte zu sehen, das Band soll nicht laufen, die Bundesanwaltschaft ist damit nicht einverstanden.

Ist das sichtbar, Herr Janetzko ...

... Bitte, sichern Sie mir zu, daß es nicht läuft. Ja ... in Ordnung ...

Protokollführer:

Es ist nicht zu sehen, ob das Tonband läuft von uns aus.

Vors.:

Ich bitte also dafür zu sorgen, daß das Tonband nicht läuft wegen fehlenden Einverständnisses. Geht es in Ordnung.

RA Go[lzem]:

... Tasten gedrückt oder nicht ...

Protokollführer:

Sind zwei Tasten gedrückt.

Vors.:

Wird versichert, daß es nicht läuft?

- Die das Gerät bedienende Bürokraft nickt -

Vors.:

Genügt Ihnen das oder wollen Sie nachher eine Kontrolle.

BA Dr. W[under]:

Danke.

Vors.:

... üben, aber das wäre also wieder mit den Verteidigern zu machen. Bitte, Herr Bundesanwalt.

BA Dr. W[under]:

Danke, das Wort der Dame genügt.

Richterablehnung ist ein prozessual, als prozessuales Institut vom Gesetzgeber für äußerste und extreme Notfälle vorgesehen worden, für nichts anderes. Hier in diesem Verfahren wird es, wie diese 41 Verhandlungstage zur Genüge und überdeutlich zeigen, mißbräuchlich strapaziert. Das vorweg. Soweit das Ablehnungsgesuch alle früheren Vorgänge außerhalb der heutigen Hauptverhandlung betrifft, haben wir bereits Stellung genommen. Ich beziehe mich darauf. Soweit ergänzend zum Schluß Neues vorgetragen wurde, ist das Gesuch ebenfalls unzulässig und zwar insoweit nach § 26a Ziff. 3 der Strafprozeßordnung.[81] Wenn in dieser Sitzung der Begriff Nötigung gebraucht werden darf, dann einzig und allein, einzig und allein in dem Zusammenhang, daß ersichtlich der Vorsitzende dieses Senates heute morgen regelrecht am Sprechen gehindert, andauernd an der Sitzungsleitung verhindert und damit der Senat an der Ausübung jeglicher Gerichtsbarkeit gehindert worden ist. Ein einmaliger Vorgang. Zu dem Begriff der Folter, den insbesondere Herr Baader und Frau Meinhof wiederholt haben bei ihren Stellungnahmen, haben andere Instanzen längst das Erforderliche gesagt. Ich brauche das nicht zu wiederholen. An der Besprechung, die Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann erwähnt hat, die der Senat mit den Ärzten abgehalten [3256] hat, war auch die Bundesanwaltschaft nicht beteiligt. Wir haben das sicher richtig so verstanden, daß es sich hierbei einerseits um unverbindliche, andererseits um bis zur nächsten Sitzung eben nicht gut aufschiebbare Vorgespräche gehandelt hat. Das zu kritisieren, besteht kein Anlaß. Es stellt keinen ernst gemeinten und ernst zu nehmenden Ablehnungsgrund dar. Gerade dieses Gespräch, das der Senat aber abgehalten hat, zeigt, daß der Senat das Problem der Haftbedingungen nicht etwa beiseite geschoben hat, sondern behandelt. Es betrifft vielschichtige Fragen, die nicht sofort, sondern eben nur im Benehmen mit den Ärzten und der Anstaltsleitung entschieden werden können. In dem Zusammenhang steht auch die Anordnung, wann und wie die Angeklagten zum Prozeßgebäude und wieder zurück zu verbringen sind. Daß diese Anordnung etwa anderen zwingenden Bedürfnissen angepasst werden könnte, versteht sich von selbst. Verschleppungsabsicht liegt schließlich dem Antrag des Herrn Referendars Temming und der letzten Ergänzung des Herrn Rechtsanwalts von Plottnitz zu Grunde. Die damit kritisierten Anordnungen des Senats sind zurecht ergangen. Den Entpflichtungsantrag hätte die Bundesanwaltschaft auch ohne Anregung durch den Senat gestellt. Angesichts der Dürftigkeit und der Haltlosigkeit in der Begründung verfolgt das Ablehnungsgesuch mithin, soweit es nicht verspätetes Vorbringen darstellt, für jeden hier Anwesenden erkennbar, nur die Verschleppung dieses Verfahrens.

Ich beantrage,

es als unzulässig zu verwerfen.

Der Vorfall von heute Vormittag, der auch im Zusammenhang dieses Ablehnungsantrags in wahrhaft kunstvoller Entstellung des Geschehens erwähnt wurde, veranlaßt die Bundesanwaltschaft, einen Entpflichtungsantrag zu stellen. Darf ich annehmen, daß der Hohe Senat beabsichtigt, diesen Antrag auch vor Entscheidung über das Ablehnungsgesuch entgegenzunehmen.

Vors.:

Herr Bundesanwalt, ich würde bitten, daß alles ... alle diese Fragen während des laufenden Ablehnungsverfahrens auszuklammern. Ich bitte also jetzt den Antrag nicht zu stellen. Im übrigen, dieser Antrag kann ja jederzeit auch schriftlich gestellt werden, wenn es sein sollte. Das Gericht wird solche Dinge erst berücksichtigen können, wenn überhaupt klar ist, wie das Verfahren nun nach dem Ablehnungsantrag weiterläuft.

[3257] BA Dr. W[under]:

Wir werden diesen Antrag dann in anderer Weise stellen.

Vors.:

Danke. Herr Rechtsanwalt von Plottnitz Sie wollten erwidern[jjjjj].

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Ja, Ja. Also zum ersten Punkt, dem angeblichen Versuch, Nötigungsversuch wurde [kkkkk] glaube ich, sogar[lllll] gesagt, der Verteidigung hier die Ausübung der richterlichen Tätigkeit in der Vormittagssitzung zu verhindern. Der Bundesanwalt Herr Dr. Wunder spricht auch zu diesem Punkte die Sprache der Macht, das haben wir schon mal so gesagt, er[mmmmm] erwähnt mit keinem Wort die notorischen Versuche in der heutigen Vormittagssitzung, die Verteidigung, einen Verteidiger daran zu hindern ein Ablehnungsgesuch für seinen Mandanten anzubringen. Wer schließlich hat denn hier dies ... das Vorbringen zum Ablehnungsgesuch unterbrochen, einer der Verteidiger oder der Vorsitzende des Senates. Wenn es also hier überhaupt etwas gab, was so scheinen könnte wie Widerstand aus den Seiten der Verteidigung, dagegen dann war das ein pro... die Geltendmachung eines prozessualen Notwehrrechts. In der Tat lassen wir uns natürlich durch nichts, weder durch Entpflichtungsandrohungen ... Anträge oder was weiß ich, daran hindern hier unseren Aufgaben als Verteidiger nachzugehen. Speziell nicht in einem Verfahren das schon derartig umfangreich die Aspekte eines Militärgerichtsverfahrens angenommen hat, wie es der Stammheimer Prozeß inzwischen getan hat. Das als erstes. Zur Frage der Unverzüglichkeit um’s nochmal klarzustellen, soweit das heute Vormittag beziehungsweise heute Nachmittag für den Gefangenen Raspe vorgetragen worden ist, stützt sich das Ablehnungsgesuch auf die Verbindung dreier Tatsachenkomplexe.

R. Ref. Düx erscheint wieder um 16.40 Uhr

RA v[on ]Pl[ottnitz]:

Um’s nochmal zu sagen, heute Früh war’s ja nicht möglich das zu sagen, erstens die Weigerung des Senats der Verteidigung zu den Inhalten der Sachverständigengutachten und zum Antrag des Generalbundesanwalts vom 25.7.1975, nämlich Ausschluß nach § 231[nnnnn]a StPO zu verfügen, in [3258] öffentlicher Sitzung rechtliches Gehör zu gewähren. Die abgelehnten Richter haben ... waren sämtlich[ooooo] darum bemüht, Erörterung, Stellungnahme, Erklärung der Verteidigung hierzu aus der öffentlichen Sitzung rauszuhalten. Das ist der erste Komplex aus der ... auf den das Ablehnungsgesuch gestützt wird. Der zweite Tatsachenkomplex betrifft die Begründung der Entscheidung vom 30.9.1975. Die Tat ... eine[ppppp] Begründung die sich dadurch qualifiziert, daß sie den Gefangenen in jeder Beziehung ihre, ihre Stellung als Subjekte in diesem ... in dieser Hauptverfah... Hauptverhandlung bestreitet, sie ihnen zu nehmen versucht. Der dritte Komplex betrifft das, was im Anschluß an die Sachverständigengutachten auch nach der Zeit 30 ... nach dem Zeitpunkt 30.9.1975 nicht geschehen ist. Die Unterlassung insoweit, wie[qqqqq] die Weigerung der abgelehnten Richter nun endlich die volle Integration der Gefangenen in den voll... in den normalen Haftvollzug vorzunehmen, die Weigerung, Ärzte des Vertrauens zuzulassen, die Weigerung die Verteidiger an der Besprechung vom 24.10.1975 zu beteiligen, und wenn der Herr Bundesanwalt Dr. Wunder sagt, auch die Bundesanwaltschaft sei insoweit nicht zugelassen gewesen, dann kann ihn nur geantwortet werden, das ist gewiss nicht aus Mißtrauen gegen die Bundesanwaltschaft geschehen sondern um die ... um zu verhindern, daß die Verteidigung, ... daß der Verteidigung ebenfalls ein Anwesenheitsrecht hätte zugestanden werden müssen. Das war[rrrrr] das, was ich noch mal auf die Ausführung von Herrn Dr. Wunder zu erwidern hatte.

Vors.:

Herr Referendar Temming hat sich zunächst gemeldet dann Herr Dr. Heldmann.

Referendar Dr. Te[mming]:

Auch ich möchte noch kurz zu den beiden Anwürfen Stellung nehmen. Das eine, die Ablehnung sei nur für äußerst und extreme Notfälle vorgesehen, das Institut das ist völlig richtig. Ich frage mich nur, wann ist der äußerste und extremste Notfall gegeben wenn nicht dann, wenn die Gefangenen zu Tode gebracht werden. Das ist für mich ein Fall wo es eigentlich extremer und äußerster nicht mehr [3259] geht. Wenn das noch der Bundesgerichtshof für Rechtens erklärt, ich will nicht auf Artikel 19 Abs. 2[ GG] (Wesensgehalt garantieren)[82] eingehen, das sind alles nur noch schöne Floskeln in diesem Grundgesetz, wenn das aber geschieht, dann muß man zumindest versuchen, und das ist die Aufgabe jeder Verteidigung, man muß versuchen, die Richter, die sich bisher daran beteiligt haben, wegzukriegen, das ist die Funktion des Ablehnungsantrags, es ist der äußerste und extremste Notfall in der Tat gegeben.

Zum zweiten mit der Nötigung: Es heißt, wir hätten jetzt die Ausübung, ich glaub, so war die Formulierung, jeglicher Gerichtsbarkeit verhindert. Ich würde sagen, was hier verhindert worden ist, ist die Ausübung primitivster prozeßualer Rechte und zwar, nehmen wir an, es wäre nicht unverzüglich gewesen, was hier immer wieder behauptet wurde, obwohl es natürlich unverzüglich ohne Schuld auf das zu hören war. Dann lese ich in § 25 Abs. 2[ StPO]: Die Voraussetzungen, unter denen ein Ablehnungsantrag gestellt worden wird ... werden kann, da steht, die Ablehnung muß unverzüglich geltend gemacht werden, Ziff. 2. Was ist, wenn es nicht unverzüglich geltend gemacht wird, dann guck ich mir das Gesetz wieder an, da steht § 26a Abs. 1[ StPO]: Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn erstens die Ablehnung verspätet ist, das heißt, das Gericht, der Senat als solcher, nachdem er natürlich den Antrag gehört hat, nachdem er überhaupt erst beurteilen kann, ob es unverzüglich ist oder nicht, da kann das Gericht als solches nach der Strafprozeßordnung die Ablehnung als unzulässig verwerfen. Was hier geschehen ist, war, daß einer dieser abgelehnten Richter und zwar, der, der am meisten mit da beteiligt war ... mitbeteiligt ist an der Isolation, daß dieser Richter permanent verhindert hat, daß überhaupt die Ablehnung ... der Ablehnungsantrag gestellt werden konnte. Das ist in der Straßprozeßordnung nirgends vorgesehen, und zwar noch mit der Begründung, es sei nicht unverzüglich, selbst wenn zu zuträfe, nochmal, dann hätte der Senat als Senat zu entscheiden gehabt, so steht es in der Strafprozeßordnung und wenn dann dieser Richter permanent wieder interveniert, dann ist es unsere Pflicht, den Richter daran zu hindern, sich illegal zu verhalten.

[3260] Vors.:

Herr Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich will’s wirklich kurz machen. Die Würdigung des Vorgangs heute morgen wird sich aus der Abschrift des Tonbandes ... Tonbandprotokolls ergeben, es ist also müßig, darüber noch Worte zu wechseln. 2. Die Einbeziehung der Senatsbeschlußgründe vom 30.9.1975 ist ausdrücklich in Beziehung gesetzt worden zu den Beschlußgründen des BGH. Der BGH-Beschluß hat unsere Kanzleien erreicht am 23.10.1975, von unverz... von Verspätung kann deswegen keine Rede sein. Das Schreiben vom 24. des Senats über Thematik und Ablauf der Besprechungen der Richter, der abgelehnten Richter, mit den Sachverständigen und mit Vollzugsbeamten hat uns gestern am 27.10. erreicht, unverzüglich kann nicht in Frage stehen. Aber was vorhin unterblieben ist, besonders zu sagen, sind zwei Punkte: A) Der Senat hat in diesem Schreiben, was uns gestern erreicht hat, bekannt, abermals den Sachverständigen eine ins suggestive gehende Frage gestellt zu haben, nämlich ob nicht ein Behandlungserfolg durch die vom BGH ins Belieben der Angeklagten gestellte Anwesenheit in der Hauptverhandlung beeinträchtigt werde. Kommentar überflüssig. Aber gerade davon sind die Verteidiger ausgeschlossen worden und B) der Senat hat unterlassen, ein offenbar entscheidend wichtiges Schreiben, das er als ein solches des Justizministeriums vom 20.10. zu dieser Frage oder zu diesem Fragenkomplex hier zitiert, der Verteidigung oder auch nur den Angeklagten zur Kenntnis zu geben. Danke.

Vors.:

Ich bitte dann die Prozeßbeteiligten, am Donnerstag um 9.00 Uhr wieder hier zu sein. Wir können morgen die Verhandlung nicht fortsetzen wegen des Gesundheitszustands eines der Herren Ergänzungsrichter.[83] Er ist vor vier Tagen operiert worden, eine Bauchoperation, kommt direkt aus dem Krankenhaus hierher und wird heute Abend wieder in’s Krankenhaus zurückkehren müssen. Am Donnerstagvormittag um 9.00 Uhr wird bekanntgegeben, wie die Sitzung fortgesetzt wird. Die Öffentlichkeit ist für den Fortsetzungszeitpunkt vorsorglich zuzulassen.

Damit ist die Sitzung unterbrochen.

Die Sitzung wurde um 16.46 Uhr unterbrochen.

Ende von Band 183.


[1] Die Beschwerde des Rechtsanwalt Dr. Heldmann im Namen von Andreas Baader ist abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 132 ff.

[2] Nach § 231a StPO kann die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Angeklagten fortgeführt werden, wenn diese noch nicht zur Anklage vernommen wurden, sie sich vorsätzlich und schuldhaft in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit versetzt haben und das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält. Die Norm wurde durch das Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) eingeführt. Bereits vor dem Inkrafttreten der neuen Norm war eine solche Vorgehensweise zumindest für den Zeitraum nach Vernehmung der Angeklagten zur Sache (§ 243 Abs. 4 StPO a.F.; heute: Abs. 5) zulässig, da das eigenmächtige Versetzen in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit mit dem eigenmächtigen Entfernen der Angeklagten aus der Hauptverhandlung gleichgesetzt wurde (so BGH, Urt. v. 22.4.1952 - Az.: 1 StR 622/51, BGHSt 2, S. 300, 304). Für diesen Fall galt schon damals § 231 Abs. 2 StPO, der die Fortsetzung der Hauptverhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglichte. Die Einführung des § 231a StPO führte nur insofern zu einer Verschärfung der Rechtslage, als dass die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten nun bereits vor Abschluss der Vernehmung zur Sache möglich wurde. Für die Zeit danach ist auch heute noch § 231 Abs. 2 StPO anwendbar (Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 231 Rn. 16 und § 231a Rn. 1 f., 10; Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 231 Rn. 17 ff.).

[3] Da die vollständige Verhandlungsfähigkeit - d.h. die Fähigkeit, „in und außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen“ (BGH, Beschl. v. 8.2.1995 - Az.: 5 StR 434/94, BGHSt 41, S. 16, 18) - der Angeklagten durch die Verteidigung seit Beginn der Hauptverhandlung immer wieder bestritten wurde, beauftragte das Gericht mit Beschluss vom 18.7.1975 eine Kommission aus Sachverständigen verschiedener Fachrichtungen mit der Begutachtung der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten (der Beschluss selbst ist nicht im Protokoll enthalten, vgl. aber den ergänzenden Beschluss in Anlage 2 zum Protokoll vom 29.7.1975, S. 1570 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 20. Verhandlungstag; zur Chronologie der Beauftragungen der verschiedenen Gutachter s. die Ausführungen des Rechtsanwalts von Plottnitz am 26. Verhandlungstag, S. 2093 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Die abschließenden Gutachten, die am 39. Verhandlungstag bekannt gegeben wurden, legten eine zeitlich beschränkte Verhandlungsfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nahe. Die Gutachten sind im Protokoll nicht enthalten. Auszüge finden sich in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 207 ff., sowie Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 117 ff. Dem lässt sich entnehmen, dass die Internisten Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Schröder von einer eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit von drei Stunden pro Tag ausgingen, wobei kürzere Pausen nicht mit einzubeziehen seien (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 208). Zur Behandlungsmöglichkeit führte der Sachverständige Prof. Dr. Rasch aus: „[D]ie Durchführung einer Behandlung dürfte während der Dauer der Hauptverhandlung und bei Beibehaltung der jetzt gegebenen Haftbedingungen nicht möglich sein“ (so die Wiedergabe des Vorsitzenden Dr. Prinzing auf S. 3112 des Protokolls der Hauptverhandlung, 39. Verhandlungstag). Am 40. Verhandlungstag verkündete der Vorsitzende Dr. Prinzing schließlich den Senatsbeschluss, wonach die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten fortgesetzt werde (s. Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag).

[4] BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228.

[5] Die amtliche Bestellung allgemeiner Vertreter/innen erfolgt nach § 53 BRAO in Fällen längerer Abwesenheit oder im Voraus für alle Verhinderungsfälle in einem bestimmten Zeitraum. Dem/der amtlich bestellten Vertreter/in stehen nach § 53 Abs. 7 BRAO die gleichen anwaltlichen Befugnisse wie der vertretenen Person zu.

[6] Mit dem Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I., S. 3686) traten zum 1.1.1975 zahlreiche Änderungen der Strafprozessordnung in Kraft, die auch die Verteidigung betrafen, darunter die Beschränkung auf drei Wahlverteidiger/innen (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO).

[7] Anlage 1 zum Protokoll vom 28.10.1975: Vertretungsanzeige des Rechtsanwalts Riedel.

[8] Anlage 1 a zum Protokoll vom 28.10.1975: Amtliche Bestellung des Assessor Oberwinder als Vertreter des Rechtsanwalts Riedel.

[9] Nach § 53 Abs. 3 Satz 2 BRAO a.F. konnte die Landesjustizverwaltung auch Referendar/innen, die seit mindestens 12 Monaten im Vorbereitungsdienst beschäftigt waren, zu allgemeinen Vertreter/innen bestellen (heute § 53 Abs. 4 Satz 2, wobei die Bestellung inzwischen nicht mehr durch die Landesjustizverwaltung erfolgt, sondern durch die Rechtsanwaltskammer, die allerdings der Aufsicht der Landesjustizverwaltung unterliegt, § 62 Abs. 2 BRAO).

[10] Am 32. Verhandlungstag trat Rechtsreferendar Düx als amtlich bestellter Vertreter für den Pflichtverteidiger von Plottnitz auf. Der Vorsitzende Dr. Prinzing war der Auffassung, dies sei grundsätzlich nicht zulässig, genehmigte es jedoch für den Einzelfall (s. S. 2570 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung; s. zu den Ausführungen der Verteidigung hierzu auch S. 2591 ff., jeweils 32. Verhandlungstag). Dass Referendar/innen grundsätzlich nicht als Pflichtverteidiger/innen vor dem LG oder OLG auftreten können folgte aus § 142 Abs. 2 StPO a.F., der abschließend diejenigen Fälle der notwendigen Verteidigung nach § 140 StPO aufzählte, in denen Referendar/innen als (Pflicht-)Verteidiger/innen bestellt werden konnten. Ein Verweis auf § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO, der u.a. die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem OLG als einen solchen Fall der notwendigen Verteidigung benennt, war in § 142 Abs. 2 StPO nicht enthalten. Für amtlich bestellte Stellvertreter/innen sieht allerdings § 53 Abs. 7 BRAO vor, dass ihnen alle Befugnisse der vertretenen Person zustehen. Der BGH entschied noch am selben Tag in einem anderen Verfahren, dass die aus den §§ 140, 142 StPO (a.F.) folgenden Einschränkungen für Referendar/innen bezüglich des Auftretens vor Land- und Oberlandesgerichten in den Fällen der amtlich bestellten Stellvertretung keine Anwendung fänden; Gründe, aus denen den §§ 140, 142 StPO Vorrang vor der Wertung des § 53 Abs. 7 BRAO eingeräumt werden sollte, seien nicht ersichtlich (BGH, Urt. v. 2.9.1975 - Az.: 1 StR 380/75, NJW 1975, S. 2351, 2352). An dieser Stelle wirkt sich das Argument des Vorsitzenden Dr. Prinzing aber allein deshalb nicht aus, weil die aus § 142 Abs. 2 StPO a.F. hergeleitete Einschränkung nur für die Pflichtverteidigung galt. Für Wahlverteidiger/innen bestimmt § 139 StPO, dass die Verteidigung auch auf Referendar/innen übertragen werden kann, die bereits eine gewisse Ausbildungszeit (15 Monate) absolviert haben.

[11] Zum 1.1.1975 trat mit dem Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20.12.1974 (BGBl. I, S. 3686) das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) in Kraft. Ob die sog. sukzessive Verteidigung, also der zwischenzeitliche Wechsel der Mandatsbeziehung, bei dem zunächst ein/e Angeklagte/r, später nach Beendigung des Mandatsverhältnisses ein/e andere/r Angeklagte/r verteidigt wird, von dem Verbot umfasst war, war umstritten. In der Rechtsprechung wurde die Zulässigkeit der sukzessiven Verteidigung allerdings verneint (BGH, Beschl. v. 23.3.1977 - Az.: 1 BJs 55/75; StB 52/77, BGHSt 27, S. 154, 155). Inzwischen hat sich die Auffassung aufgrund einer Anpassung des Wortlauts geändert; bei dem heutigen § 146 StPO wird einhellig davon ausgegangen, dass die sukzessive Verteidigung zulässig ist (BGH, Beschl. v. 15.1.2003 - Az.: 5 StR 251/02, BGHSt 48, S. 170, 173; Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 8. Aufl. 2015, Rn. 124; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 146 Rn. 18 ff.).

[12] Anlage 2 zum Protokoll vom 28.10.1975: Bestellung des Referendars Dr. Temming als Vertreter für Rechtsanwältin Becker.

[13] Anlage 3 zum Protokoll vom 28.10.1975: Strafprozessvollmacht für Rechtsanwältin Becker.

[14] § 146 StPO a.F. lautete: „Die Verteidigung mehrerer Beschuldigter durch einen gemeinschaftlichen Verteidiger ist unzulässig.“

[15] Art. 17 Abs. 3 lautet: „Ist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Verteidiger in demselben Verfahren für mehrere Beschuldigte tätig, so hat er auf Aufforderung des Vorsitzenden des Gerichts oder vor Erhebung der öffentlichen Klage der Staatsanwaltschaft binnen zwei Wochen zu erklären, welchen der Beschuldigten er verteidigen will. Macht er von seinem Auswahlrecht keinen Gebrauch, so kann er keinen der Beschuldigten verteidigen“ (BGBl. I, S. 3686, 3692).

[16] Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339; dagegen heute in Bezug auf gerichtliche Tonbänder: Kulhanek, in Knauer [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13). Ob solche Aufnahmen überhaupt angefertigt werden können, liegt aber im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BGH, Urt. v. 13.10.1981 - Az.: 1 StR 561/81, NStZ 1982, S. 42; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.8.1990 - Az.: VI 14/89, NStZ 1990, S. 554). Dabei spielen nicht nur die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, sondern auch die Pflicht zur Wahrheitsermittlung nach § 244 Abs. 2 StPO eine Rolle (s. hierzu bereits BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az. 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.).

[17] Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung sah § 59 StPO a.F. die Vereidigung von Zeug/innen noch als Regelfall vor, wenn nicht ein Vereidigungsverbot (§ 60 StPO a.F.) vorlag. Daneben gab es auch eine Reihe von Gründen, aus denen das Gericht nach seinem Ermessen von einer Vereidigung absehen konnte (§ 61 StPO a.F.). Darunter fiel auch der Verzicht durch Staatsanwaltschaft, Verteidigung sowie der Angeklagten (§ 61 Nr. 5 StPO a.F.).

[18] Der Meineid ist strafbar nach § 154 StGB.

[19] Die falsche uneidliche Aussage ist strafbar nach § 153 StGB.

[20] Der fahrlässige Falscheid war strafbar nach § 163 StGB a.F. (heute: § 161 StGB).

[21] Die Hauptverhandlung beginnt nach dem Aufruf der Sache und Feststellung der Anwesenheit mit der Vernehmung der Angeklagten zur Person, an die sich die Verlesung der Anklage (heute außerdem: Mitteilung über ggf. stattgefundene Erörterungen) sowie die Vernehmung der Angeklagten zur Sache anschließen. Hierauf folgt die Beweisaufnahme (§§ 243, 244 StPO). Die Vernehmung zur Person fand am 26. Verhandlungstag in Abwesenheit der Angeklagten statt, da diese wegen ordnungswidrigen Benehmens von der Hauptverhandlung ausgeschlossen worden waren (§ 177 GVG i.V.m. § 231b StPO). Angaben über ihre persönlichen Verhältnisse wurden in ihrer Abwesenheit aus der Akte mitgeteilt (s. dazu S. 2139 ff., 2154 des Protokolls der Hauptverhandlung, 26. Verhandlungstag). Anschließend wurde der Anklagesatz verlesen. Die Vernehmung der Angeklagten zur Sache hat seitdem allerdings noch nicht stattgefunden. Die Angeklagten waren vielmehr der Auffassung, dass die Vernehmung zur Person „illegal“ gewesen sei und vorher nachgeholt werden müsse (s. die Ausführungen des Angeklagten Raspe am 37. Verhandlungstag, S. 3053 des Protokolls der Hauptverhandlung). Rechtsanwalt Dr. Heldmann bezeichnete die Vernehmung zur Person als rechtswidrig, da die Angeklagten verhandlungsunfähig gewesen seien (S. 2235 des Protokolls der Hauptverhandlung, 27. Verhandlungstag). Am 37. Verhandlungstag wurde den Angeklagten angeboten, die Erklärung zur Sache zusammen mit der Erklärung zur Person abzugeben (S. 2987 des Protokolls der Hauptverhandlung). Dies lehnten sie jedoch ab, zum einen, da zu diesem Zeitpunkt die Gutachten über ihre Verhandlungsfähigkeit - die aufgrund der höheren Belastung in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung war (s. dazu die Ausführungen der Verteidigung auf S. 2998 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 37. Verhandlungstag) - noch nicht abgeschlossen waren, zum anderen, da ihre die Erklärung vorbereitenden Anträge (eigenes Tonbandgerät, Korrekturmöglichkeiten des gerichtlichen Protokolls und längere Aufbewahrung der Tonbänder) in der Hauptverhandlung nicht entgegengenommen wurden (S. 2988 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, ebenfalls 37. Verhandlungstag).

[22] BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: StB 18/75; 1 StE 1/74, BGHSt 26, S. 221, 225.

[23] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Auch zuvor gewählte Verteidiger/innen können als Pflichtverteidiger/innen bestellt werden. Da die Beiordnung als Pflichtverteidiger/in dem öffentlichen Interesse dient, dafür zu sorgen, dass Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhalten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242), gehen mit ihr besondere Pflichten einher. Darunter fällt auch die Anwesenheitspflicht während der Hauptverhandlung, und zwar unabhängig davon, ob weitere (Pflicht-)Verteidiger/innen anwesend sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2015 - Az: 2 Ws 203/15, NStZ 2017, S. 436, 437 f.).

[24] § 53 Abs. 7 BRAO lautet: „Dem Vertreter stehen die amtlichen Befugnisse des Rechtsanwalts zu, den er vertritt.“

[25] § 139 StPO lautet: „Der als Verteidiger gewählte Rechtsanwalt kann mit Zustimmung dessen, der ihn gewählt hat, die Verteidigung einem Rechtskundigen, der die erste Prüfung für den Justizdienst bestanden hat und darin seit mindestens einem Jahr und drei Monaten beschäftigt ist, übertragen.“

[26] Notwendigerweise Gegenstand der Hauptverhandlung ist alles, was der Beantwortung der Schuld- und Straffrage dient, d.h. der Tathergang, die Schuld der/des Angeklagten sowie die Höhe der Strafe, da nur solche Tatsachen zur Begründung des Urteils herangezogen werden dürfen, die (prozessordnungsgemäß) in die Hauptverhandlung eingeführt wurden (§ 261 StPO). Für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für die Haftmodalitäten liegt die gerichtliche Zuständigkeit zwar auch beim Gericht der Hauptsache (§ 126 Abs. 2 StPO); allerdings erfolgt eine Erörterung der Fragen üblicherweise außerhalb der Hauptverhandlung, weil sie zur Beantwortung der Schuld- und Straffrage nicht von Belang sind.

[27] Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit musste nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO a.F. ab dem Zeitpunkt der Vernehmung der Angeklagten zur Sache unverzüglich, also „ohne eine nicht durch die Sachlage begründete Verzögerung“ (BGH, Urt. v. 10.11.1967 - Az.: 4 StR 512/66, BGHSt 21, S. 334, 339) erfolgen (heute gilt dies bereits ab der Vernehmung der/des Angeklagten über die persönlichen Verhältnisse); andernfalls wäre sie nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO wegen Verspätung als unzulässig zu verwerfen. Zulässig ist allerdings, zunächst noch abzuwarten, ob sich der Eindruck der Befangenheit verfestigt (OLG München, Beschl. v. 22.11.2006 - Az.: 4 St RR 182/06, NJW 2007, S. 449, 451).

[28] § 231a StPO wurde mit dem Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20.12.1974 eingeführt und trat am 1.1.1975 in Kraft (s. bereits Fn 2). Durch diese und weitere Reformen wurden die Rechte der Angeklagten sowie der Verteidigung erheblich eingeschränkt (Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 72 ff.). Da viele der Vorschriften im Hinblick auf das anstehende Stammheimer Verfahren beschlossen wurden, wurden sie u.a. als „lex RAF“ kritisiert (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 132 ff.). Sie sind überwiegend noch heute in Kraft.

[29] Ab dem Zeitpunkt der Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht der Hauptsache zuständig für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für Entscheidungen über die Haftbedingungen (§ 126 Abs. 2 StPO).

[30] Eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit hatte nach damaliger Rechtslage zur Folge, dass der/die abgelehnte Richter/in vorläufig amtsunfähig wurde und damit ab dem Zeitpunkt der Ablehnung nicht mehr an Entscheidungen mitwirken durfte; eine Ausnahme galt nur für unaufschiebbare Handlungen (§ 29 StPO a.F.). Unaufschiebbar ist eine Handlung dann, wenn sie wegen ihrer Dringlichkeit nicht aufgeschoben werden kann, bis ein/e Ersatzrichter/in eintritt (BGH, Beschl. v. 3.4.2003 - Az.: 4 StR 506/02, BGHSt 48, S. 264, 265; BGH, Urt. v. 14.2.2002 - Az.: 4 StR 272/01, NStZ 2002, S. 429, 430). Nachdem zwischenzeitliche Gesetzesänderungen weitere Mitwirkungsmöglichkeiten u.a. bei in der Hauptverhandlung gestellten Ablehnungen ermöglichten, wurde das Verfahren nach einer Ablehnung durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2121) grundlegend neu geregelt. Nach § 29 Abs. 1 StPO sind zwar weiterhin nur unaufschiebbare Handlungen gestattet; die Hauptverhandlung wird aber nach § 29 Abs. 2 Satz 1 StPO gesetzlich als unaufschiebbar eingeordnet. Bis zur Entscheidung über die Ablehnung (Frist: zwei Wochen, Abs. 3) findet diese nun unter Mitwirkung des/der abgelehnten Richter/in statt. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, ist der seit Anbringung des Ablehnungsgesuchs durchgeführte Teil der Hauptverhandlung zu wiederholen, es sei denn, dies ist nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand möglich (Abs. 4).

[31] Siegfried Buback war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Generalbundesanwalt und damit Leiter der Strafverfolgungsbehörde „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“, welche das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 GVG) ausübt (§ 142a Abs. 1 GVG).

[32] Der Grund, aus welchem Richter/innen abgelehnt werden, muss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung, als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt. Mittel der Glaubhaftmachung kann auch das Zeugnis des/der abgelehnten Richter/in sein (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO).

[33] § 231a Abs. 1 Satz 1 StPO lautet: „Hat sich der Angeklagte vorsätzlich und schuldhaft in einen seine Verhandlungsfähigkeit ausschließenden Zustand versetzt und verhindert er dadurch wissentlich die ordnungsmäßige Durchführung oder Fortsetzung der Hauptverhandlung in seiner Gegenwart, so wird die Hauptverhandlung, wenn er noch nicht über die Anklage vernommen war, in seiner Abwesenheit durchgeführt oder fortgesetzt, soweit das Gericht seine Anwesenheit nicht für unerläßlich hält.“

[34] § 238 Abs. 1 StPO lautet: „Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden.“

[35] § 26a Abs. 1 StPO benennt die Fälle, in denen eine Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist, nämlich bei Verspätung der Ablehnung (Nr. 1), wenn ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb einer bestimmten Frist benannt wird (Nr. 2) sowie wenn durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen (Nr. 3).

[36] Die sitzungspolizeilichen Ordnungsmittel des § 178 GVG (Ordnungsgeld oder Ordnungshaft) sowie die Ausschlussmöglichkeit nach § 177 GVG sind gegenüber Verteidiger/innen unzulässig (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 177 Rn. 3a).

[37] Zur Beiordnung in den Fällen der notwendigen Verteidigung s. bereits Fn. 23. Auch einige der ursprünglich der gewählten Verteidiger/innen waren den Angeklagten beigeordnet worden. Nach inzwischen erfolgter Entpflichtung der Rechtsanwältin Becker traf das zu diesem Zeitpunkt noch auf die Rechtsanwälte Dr. Heldmann, Riedel, Schily und von Plottnitz zu.

[38] Das Bundesverfassungsgericht führte in seinem Beschluss vom 8.4.1975 aus: „Vielmehr besteht ihr [Anm. d. Verf.: der Pflichtverteidigung] Zweck ausschließlich darin, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, daß der Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen (§ 140 StPO) rechtskundigen Beistand erhält und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird“ (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242). Das Urteil betraf eine Verfassungsbeschwerde des Rechtsanwalts Dr. Croissant gegen den Widerruf seiner Bestellung als Pflichtverteidiger von Andreas Baader.

[39] Eine mögliche Konsequenz pflichtwidrigen Verhaltens ist die Zurücknahme der Bestellung als Pflichtverteidiger/in (Entpflichtung). Diese war zwar als Reaktion auf pflichtwidriges Verhalten gesetzlich nicht vorgesehen, es war allerdings in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, dass dies im Falle eines Fehlverhaltens von besonderem Gewicht und nach voriger Abmahnung ausnahmsweise zulässig ist (Willnow, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 143 Rn. 4). Bloßes prozessordnungswidriges oder unzweckmäßiges Verhalten reicht hingegen nicht aus, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, die ordnungsgemäße Erfüllung der Verteidigungspflichten zu überwachen (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 25 ff.; s auch Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 143 Anm. 3). Seit dem 13.12.2019 enthält § 143a Abs. 2 Nr. 3 StPO (eingeführt durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128) ausdrücklich die Möglichkeit der Entpflichtung, wenn „aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung des Beschuldigten gewährleistet ist“. Darunter wird auch der Fall der groben Pflichtverletzung gefasst (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 26).

[40] § 177 GVG eröffnet die Möglichkeit, Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer zu entfernen. Nach § 231b Abs. 1 StPO kann die Hauptverhandlung sodann in Abwesenheit der Angeklagten fortgeführt werden, wenn das Gericht ihre Anwesenheit nicht für unerlässlich hält und solange weitere schwerwiegende Störungen zu befürchten sind.

[41] § 29 Abs. 1 Satz 1 StPO lautet: „Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.“

[42] Zur Beschränkung zulässiger Handlungen abgelehnter Richter/innen auf unaufschiebbare Handlungen s. bereits Fn. 30.

[43] Wegen Nötigung wird nach § 240 Abs. 1 StGB bestraft, wer „einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt“. Nach Abs. 2 ist die Tat rechtswidrig, „wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.“

[44] Wegen Strafvereitelung wird nach § 258 Abs. 1 StGB bestraft, wer „absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, daß eine andere Person dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft oder einer Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) unterworfen wird“.

[45] Anlage 4 zum Protokoll vom 28.10.1975: Mit einem Vermerk des Vorsitzenden Dr. Prinzing versehene Protokollseiten 3179 und 3180.

[46] Zur Zurücknahme der Bestellung als Pflichtverteidiger/in wegen pflichtwidrigen Verhaltens s. bereits Fn. 39.

[47] Die inhaftierten RAF-Mitglieder bezeichneten ihre Haftbedingungen als „Isolationsfolter“ (s. zu den Haftbedingungen Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff., insbesondere 103 ff. zum Vorwurf der Isolationsfolter; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 270 ff.). Um ihre Forderungen, u.a. die Zusammenlegung aller RAF-Häftlinge, durchsetzen zu können, traten sie ab 1973 mehrfach in Hungerstreik. Der dritte und längste Hungerstreik dauerte von September 1974 bis Februar 1975. RAF-Mitglied und ursprünglich ebenfalls Beschuldigter im Stammheimer Verfahren Holger Meins überlebte ihn nicht: Im November 1974 starb er an den Folgen der Mangelernährung (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 58).

[48] Für die Behandlung von Kriegsgefangenen gelten nach dem humanitären Völkerrecht (welches im internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt anwendbar ist) besondere Bestimmungen. Diese sind im Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen (III. Genfer Konvention) von 1949, sowie in den beiden Zusatzprotokollen von 1977 niedergelegt. Danach sind Kriegsgefangene jederzeit mit Menschlichkeit zu behandeln (Art. 13 der III. Genfer Konvention), sie haben unter allen Umständen Anspruch auf Achtung ihrer Person und ihrer Würde (Art. 14 der III. Genfer Konvention). In Art. 13 heißt es außerdem: „Jede unerlaubte Handlung oder Unterlassung seitens des Gewahrsamsstaates, die den Tod oder eine schwere Gefährdung der Gesundheit eines in ihrem Gewahrsam befindlichen Kriegsgefangenen zur Folge hat, ist verboten und als schwere Verletzung des vorliegenden Abkommens zu betrachten.“

[49] Holger Meins, ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Da zu diesem Zeitpunkt der Senat als Gericht der Hauptsache zuständig für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für Entscheidungen über die Haftbedingungen war (§ 126 Abs. 2 StPO), machten die Angeklagten den Senat, insbesondere den Vorsitzenden Dr. Prinzing, unmittelbar verantwortlich für den Tod von Holger Meins. Gegen ihn (und weitere) erstattete Rechtsanwalt von Plottnitz im Namen von Meins’ Angehörigen sowie im eigenen Namen Strafanzeige wegen Mordes (Auszüge der Strafanzeige sind abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 195 f.; vollständig, aber schlecht lesbar, befindet sich die Strafanzeige auch im Anhang zu Anlage 1 zum Protokoll vom 19. Juni 1975, 7. Verhandlungstag, S. 644 ff.). Eine auf die Ereignisse um den Tod Holger Meins’ gestützte Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit durch die Angeklagte Ensslin findet sich in Anlage 1 zum Protokoll vom 19. Juni 1975 (7. Verhandlungstag, S. 620 ff.). Die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden Dr. Prinzing befindet sich auf S. 677 ff. (ebenfalls 7. Verhandlungstag).

[50] Zur Ablehnung der Untersuchung durch Vollzugsärzte s. die Ausführung des Angeklagten Baader am 26. Verhandlungstag (S. 2111 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung); s. auch die Ablehnung des Anstaltsarztes Dr. Henck als Sachverständigen (S. 517 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 5. Verhandlungstag). Neben der Voreingenommenheit betonte die Verteidigung auch die mangelnde Sachkunde des Anstaltsarztes.

[51] Die Hauptverhandlung fand in dem sog. Mehrzweckgebäude (auch „Mehrzweckhalle“) statt, einem Gerichtsgebäude aus Stahl und Beton, das in Vorbereitung auf den Prozess unmittelbar neben dem Gefängnis für etwa 12 Millionen DM errichtet wurde (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 69; krit. hierzu auch Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 100 f.).

[52] Nach einem Militärputsch gegen die junge Zweite Republik im Jahr 1936 und einem anschließenden dreijährigen Bürgerkrieg errichtete der General Franciso Franco 1939 eine autoritäre Diktatur. Erst nach dem Tod Francos im November 1975 erfolgte die weitgehend gewaltfreie Umwandlung der Diktatur in eine parlamentarische Monarchie (Bernecker, Geschichte Spaniens im 20. Jahrhundert, 2010, S. 135 ff., 174 ff., 188 ff., 269 ff.).

[53] Art. 2 Abs. 2 GG lautet: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“

[54] Art. 2 Abs. 2 GG enthält einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt. Eingriffe in den Schutzbereich können daher gerechtfertigt sein, erforderlich ist hierfür allerdings ein förmliches Gesetz. Rechtsgrundlage für Anordnungen im Rahmen der Untersuchungshaft waren § 119 Abs. 3 StPO a.F. i.V.m. der Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO). Da die UVollzO gerade kein förmliches Gesetz, sondern lediglich eine Verwaltungsvorschrift des Bundes zur Ausgestaltung der Untersuchungshaft ist, waren verfassungsrechtliche Bedenken hieran durchaus angebracht (s. Baumann, in Bockelmann/Gallas [Hrsg.], Festschrift für Eberhard Schmidt zum 70. Geburtstag, 1961, S. 525 ff.; Baumann, JZ 1990, S. 107 ff.; Rössner, JZ 1988, S. 116 ff.). Trotz der spätestens nach der Grundsatzentscheidung des BVerfG zur Strafhaft (BVerfG, Beschl. v. 14.3.1972 - Az.: 2 BvR 41/71, BVerfGE 33, S. 1) aufkommenden Zweifel an einer zureichenden rechtsstaatlichen Grundlage scheiterten alle Bemühungen um ein Bundesuntersuchungshaftvollzugsgesetz. Erst nachdem mit der Föderalismusreform 2006 die Gesetzgebungskompetenz auf die Länder überging, machten diese sämtlich von ihrer Ersetzungskompetenz (Art. 125a Abs. 1 GG) Gebrauch und erließen entsprechende Landesgesetze (Höflich/Schriever/Bartmeier, Grundriss Vollzugsrecht, 4. Auf. 2014, S. 229 f.; Laubenthal, Strafvollzug, 6. Aufl. 2011, Rn. 929, 933). Der UVollzO kommt daher mittlerweile keine Bedeutung mehr zu.

[55] Die Unschuldsvermutung ist in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankert: „Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“ Sie wird auch aus dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitet, wodurch ihr auch Verfassungsrang zukommt (BVerfG, Beschl. v. 26.3.1987 - Az.: 2 BvR 589/79, BVerfGE 74, S. 358, 370).

[56] § 260 Abs. 3 StPO lautet: „Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.“

[57] § 205 StPO enthält eine Regelung für vorrübergehende Hindernissen tatsächlicher oder rechtlicher Art: „Steht der Hauptverhandlung für längere Zeit die Abwesenheit des Angeschuldigten oder ein anderes in seiner Person liegendes Hindernis entgegen, so kann das Gericht das Verfahren durch Beschluß vorläufig einstellen. Der Vorsitzende sichert, soweit nötig, die Beweise.“

[58] Vom 1. bis zum 12. September 1975 fand in Genf der 5th United Nations Congress on the Prevention of Crime and the Treatment of Offenders statt. Der Kongress verabschiedete den Entwurf für die „Erklärung über den Schutz aller Personen vor Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“ (s. dazu den Abschlussbericht des Kongresses, A/Conf.56/10, S. 36 ff.), die schließlich am 9.12.1975 von der UN-Generalversammlung verabschiedet wurde (A/RES/30/3452). Im Abschlussbericht wird Folter folgendermaßen definiert: „For the purpose of this Declaration, torture means any act by which severe pain or suffering, whether physical or mental, is intentionally inflicted by or at the instigation of a public official on a person, for such purposes as obtaining from him or a third person information or confession, punishing him for an act he has committed or is suspected of having committed, or intimidating him or other persons.“

[59] Während des dritten Hungerstreiks in Stammheim besuchte der französische Philosoph Jean-Paul Sartre am 4. Dezember 1974 Andreas Baader in der Haftanstalt. Über ihren Anwalt Dr. Croissant hatten die RAF-Mitglieder zuvor Kontakt zu Sartre aufgenommen, damit dieser persönlich die von ihnen als „Isolationsfolter“ bezeichneten Haftbedingungen bezeugen konnte. In einer anschließenden Pressekonferenz bestätigte Sartre diese Angaben. Allerdings ist mittlerweile bekannt, dass Sartre während des relativ kurzen und für beide Seiten enttäuschenden Gesprächs mit Baader zu keiner Zeit Zugang zu dessen oder anderen Zellen hatte, um sich ein eigenes Bild zu machen. Nichtsdestotrotz rief Sartre auf der Konferenz zur Gründung eines internationalen Komitees zum Schutz der politischen Gefangenen in der BRD auf (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 254 ff.; Terhoeven, Deutscher Herbst in Europa, 2014, S. 275 ff.).

[60] Rechtsanwalt Dr. Croissant wurde am 22.4.1975 wegen des Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung als Verteidiger von Andreas Baader von der weiteren Mitwirkung im Strafverfahren ausgeschlossen (§ 138a StPO). Auch ein Ermittlungsverfahren wurde gegen ihn eingeleitet. Am 23.6.1975 wurden seine Kanzleiräume durchsucht, er selbst wurde vorläufig festgenommen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 161, 223). Der Vorwurf der Unterstützung der kriminellen Vereinigung, die die RAF aus der Haft heraus fortführen würde, stützte sich u.a. auf die Verwendung bestimmter Wörter, so etwa die Wortwahl des Rechtsanwalts Dr. Croissant im Rahmen eines Aufrufs, die Forderungen der RAF hinsichtlich ihrer Haftbedingungen durch einen dreitägigen Hungerstreik zu unterstützen. In der Ausschließungsentscheidung heißt es dazu: „Bezeichnend für diese Einstellung des Verteidigers ist es, daß er bei dieser Gelegenheit von ‚Vernichtungsinteresse‘, ‚Isolationsfolter‘, ‚Vernichtungshaft‘ und ‚Vernichtungsinteresse der Bundesanwaltschaft und der Staatsschutzbehörden‘ sprach. Er hat sich in Form und Inhalt seiner Äußerungen [...] der Ausdrucksweise der Mitglieder der kriminellen Vereinigung angeglichen [...], die er mit ‚Du‘ und dem Vornamen anzuschreiben pflegt“ (abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 17 f.).

[61] Zwischen dem 22. April und dem 13. Mai 1975 und damit kurz vor Beginn der Hauptverhandlung, wurden neben Rechtsanwalt Dr. Croissant auch die Rechtsanwälte Groenewold und Ströbele, zu diesem Zeitpunkt ebenfalls Verteidiger von Andreas Baader, auf Grundlage des erst am 1.1.1975 in Kraft getretenen § 138a StPO wegen des Verdachts der Tatbeteiligung (Unterstützung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB) von der Mitwirkung im Verfahren ausgeschlossen; zudem wurden strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 156 ff., S. 537 ff.; s. auch die angehängte Chronik in Dreßen [Hrsg.], Politische Prozesse ohne Verteidigung?, 1976, S. 104 f.).

[62] Sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden können als unzulässig beanstandet werden (§ 238 Abs. 2 StPO). Über die Beanstandung entscheidet sodann das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung.

[63] Eine Gegenvorstellung ist ein Rechtsbehelf, der zwar nicht in der Strafprozessordnung vorgesehen, allerdings in Rechtsprechung und Literatur überwiegend anerkannt ist. Sie beinhaltet die formlose Aufforderung, über eine getroffene Entscheidung erneut zu befinden und die Entscheidung aufzuheben oder abzuändern (Hoch, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafprozessordnung, 4. Aufl. 2020, Vor §§ 296 ff. Rn. 39 ff.). Sie ist grundsätzlich nur zulässig, wenn das Gericht auch befugt wäre, die eigene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben, so z.B. in den Fällen, in denen eine ordentliche Beschwerde zulässig wäre (die Abänderungsbefugnis ergibt sich für diesen Fall aus § 306 Abs. 2 StPO). Da die Beschwerde gegen Beschlüsse des OLG in erster Instanz in der Regel ausgeschlossen ist (§ 304 Abs. 4 Satz 2 StPO), kommt auch eine Gegenvorstellung in diesen Fällen grundsätzlich nicht in Betracht. Ausnahmen sollen aber für Fälle gelten, in denen eine Grundrechtsverletzung (auch in Form der Verletzung rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht wird (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Vor § 296 Rn. 25) oder die Beseitigung groben prozessualen Unrechts anders nicht behoben werden kann (Allgayer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 296 Rn. 14). Diese Ausnahmen sind durchaus umstritten (ablehnend etwa Allgayer, a.a.O. Rn. 15).

[64] Mit dem Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) wurden zwei Ausschlusstatbestände eingeführt, die die Fortsetzung der Hauptverhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglichten, und zwar im Falle vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführter Verhandlungsunfähigkeit (§ 231a StPO), sowie im Falle ordnungswidrigen Benehmens (§ 231b StPO). Der zeitweise Ausschluss wegen ordnungswidrigen Benehmens war allerdings bereits zuvor möglich nach § 247 Abs. 2 StPO a.F. Auch das Hineinversetzen in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit wurde durch die Rechtsprechung mit dem eigenmächtigen Entfernen des/der Angeklagten nach § 231 Abs. 2 StPO gleichgesetzt (BGH, Urt. v. 22.04.1952 - Az.: 1 StR 622/51, BGHSt 2, S. 300, 304), wodurch eine Verhandlung in Abwesenheit zumindest für den Zeitraum nach Vernehmung der Angeklagten zur Sache (§ 243 Abs. 4 StPO a.F.; heute: Abs. 5) möglich war. Durch die Einführung des § 231a StPO wurde diese Rechtslage nur insoweit verschärft, als nun ein Ausschluss nach § 231a StPO auch bis zum Abschluss der Vernehmung zur Sache ermöglicht wurde. Für den Zeitraum danach gilt auch heute weiterhin § 231 Abs. 2 StPO (Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 231 Rn. 16 und § 231a Rn. 1 f., 10; Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 231 Rn. 17 ff.).

[65] Der Grundsatz der Gewaltenteilung ist in Art. 20 Abs. 2 GG normiert und sieht vor, dass die staatliche Gewalt durch „besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung“ ausgeübt wird. Diese Dreiteilung dient u.a. der gegenseitigen Kontrolle der Staatsgewalten (Grzeszick, in Maunz/Dürig [Begr.], Grundgesetz, 92. Ergänzungslieferung, Stand: August 2020, Art. 20 Rn. 35 ff.). Die Staatsanwaltschaft gehört trotz ihrer Eingliederung in die Justiz zur Exekutive (BVerfG, Urt. v. 20.2.2001 - Az.: 2 BvR 1444/00, BVerfGE 103, S. 142, 156).

[66] Die rückwirkende Anwendung des § 231a StPO durch das OLG Stuttgart wurde durch den BGH und das BVerfG bestätigt (BGH, Beschl. v. 22.20.1975 - Az.: StB 60 - 63/75, StB 60/75, StB 61/75, StB 62/75, StB 63/75, BGHSt 26, S. 228; BVerfG, Beschl. v. 22.1.1976 - Az.: 2 BvR 941/75, BVerfGE 41, S. 246). Während das BVerfG die Rückwirkungsproblematik überhaupt nicht thematisierte, hielt der BGH diesbezügliche Bedenken für nicht durchgreifend, da es sich bei der Anwendung des § 231a StPO um die Gestaltung von „Modalitäten des Verfahrens“ handele, für die Art. 103 Abs. 2 GG nicht einschlägig sei (BGH a.a.O., S. 232). Auch wenn man allerdings davon ausgeht, dass Verfahrensrecht grundsätzlich nicht dem Rückwirkungsverbot unterfällt, so ist die Lage bei Prozessvoraussetzungen und -hindernissen doch komplexer und verlangt eine differenziertere Herangehensweise (dazu statt vieler Roxin/Greco, Strafrecht Allgemeiner Teil, Band 1, 5. Aufl. 2020, § 5 Rn. 57 ff.). Kritisch zu den Entscheidungen des BGH und BVerfG auch Grünwald, JZ 1976, S. 766 ff.

[67] Am 7. Verhandlungstag trug Rechtsanwalt Schily im Namen seiner Mandantin Gudrun Ensslin eine Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit vor (S. 620 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 7. Verhandlungstag). Hierbei stützte er sich auf die Begleitumstände des Todes von Holger Meins, welcher an den Folgen des dritten Hungerstreiks verstarb, während er sich in Untersuchungshaft und damit in staatlicher Obhut befand. Da der Senat ab Eröffnung der Hauptverhandlung für Entscheidungen über die Haftbedingungen zuständig war (§ 126 Abs. 2 StPO), warfen die Angeklagten dem Senat, insbesondere aber dem Vorsitzenden Dr. Prinzing vor, Holger Meins ermordet zu haben. Die Bundesanwaltschaft wiederum warf Schily in ihrer Stellungnahme vor, an der „psychische[n] und physische[n] Vernichtung eines Richters“ mitzuwirken (S. 694 des Protokolls der Hauptverhandlung, 7. Verhandlungstag).

[68] Art. 103 Abs. 1 GG lautet: „Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.“

[69] In Berliner Haftanstalten befanden sich u.a. Brigitte Mohnhaupt, Ingrid Schubert, Irene Goergens und Heinrich Jansen. Brigitte Mohnhaupt befand sich seit ihrer Festnahme vom 9.6.1972 in Untersuchungshaft in Berlin. Am 30.8.1974 wurde sie vom Landgericht Berlin wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und unerlaubtem Waffenbesitz zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 92 ff.). Ingrid Schubert und Irene Goergens saßen wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes seit ihrer Verurteilung vom 21.5.1971 in Berlin in Strafhaft (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 310). Sie waren gemeinsam mit Horst Mahler und Brigitte Asdonk Anfang Oktober 1970 von der Berliner Polizei festgenommen worden (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 285 ff.; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 136). Heinrich Jansen saß unter strengen Haftbedingungen in der JVA Berlin-Moabit ein (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 285 ff.).

[70] Diether Posser (SPD) war von 1972 bis 1978 Justizminister in Nordrhein-Westfalen. Als solcher war er auch zuständig für die JVA Köln-Ossendorf, in der Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Astrid Proll zwischen 1971 und 1973 für unterschiedlich lange Zeiträume in Einzelhaft untergebracht waren. Die dortigen besonders harten Haftbedingungen wurden von Rechtsanwalt Ulrich Preuß als einem der ersten als „Folter“ bezeichnet. Anfang 1973 erstattete Preuß Strafanzeige gegen Posser (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 103 f.; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 96 f., 103 ff.).

[71] Mit „Trakt“, auch „Toter Trakt“, bezeichneten die Angeklagten einen isolierten Trakt innerhalb einer JVA. In der JVA Köln-Ossendorf befand sich ein solcher Trakt in der psychiatrischen Frauenabteilung, in der zunächst Astrid Proll untergebracht war, später auch Ulrike Meinhof, bevor sie im April 1974 nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurde. Im Februar 1974 wurde auch Gudrun Ensslin für zwei Monate nach Köln-Ossendorf verlegt (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff.). Meinhof beschrieb den Zustand im Trakt mit den Worten: „Das Gefühl, es explodiert einem der Kopf (das Gefühl, die Schädeldecke müsste eigentlich zerreißen, abplatzen) - das Gefühl, es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepresst [...]. das Gefühl, die Zelle fährt [...] rasende Aggressivität, für die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Bewußtsein, daß man keine Überlebenschance hat [...]“ (Erklärung von Ulrike Meinhof, abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 103 ff.; s. auch die Ausführungen im Antrag der Angeklagten am 5. Verhandlungstag, Anlage 1 zum Protokoll vom 12.6.1975, insbes. die S. 425 ff. des Protokolls bzw. 20 ff. der Anlage; s. zu den Haftbedingungen in Köln-Ossendorf aber auch Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 95 ff.).

[72] § 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) lautet: „Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege.“ Diese Formel wurde allerdings für verschiedene Zwecke dienstbar gemacht: Neben einer Stärkung der Stellung der Anwaltschaft, die den anderen Verfahrensbeteiligten auf Augenhöhe begegnen sollte, wurde sie, insbesondere durch die Rechtsprechung, eher zu disziplinierenden Zwecken herangezogen, weshalb sie zuweilen aus Sicht der Anwaltschaft eher kritisch beurteilt wird (Salditt, in Widmaier/Müller/Schlothauer [Hrsg.], Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 2. Aufl. 2014, § 1, Rn. 4 ff.).

[73] Astrid Proll war seit ihrer Verhaftung im Mai 1971 in der JVA Köln-Ossendorf untergebracht, zunächst im Hafthaus für weibliche erwachsene Gefangene, später, ab dem 22. November 1971, im als „toter Trakt“ bezeichneten isolierten Bereich in der psychiatrischen Frauenabteilung der JVA. Nach einer Rückverlegung im Januar 1972 wurde sie am 12. April 1972 erneut dorthin verlegt. Als Ulrike Meinhof am 16. Juni 1972 in den „toten Trakt“ verlegt wurde, wurde Astrid Proll in einem Haftraum der psychiatrischen Beobachtungsstelle für männliche Gefangene untergebracht. Die benachbarten Zellen blieben jedoch unbelegt, um eine Kontaktaufnahme zu Mithäftlingen zu vermeiden. Im Herbst 1973 musste das Verfahren gegen Astrid Proll vor dem LG Frankfurt unterbrochen werden. Sie wurde im Februar 1974 wegen Haftunfähigkeit aufgrund ihres sich stark verschlechterten Gesundheitszustandes entlassen (Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 97 ff., 125 f.).

[74] Art. 6 EMRK enthält das Recht auf ein faires Verfahren. Dazu gehört u.a. der Anspruch, dass eine Strafanklage innerhalb angemessener Frist verhandelt wird (Abs. 1 Satz 1). Hierdurch soll erreicht werden, dass das Strafverfahren ohne vermeidbare Verzögerungen durchgeführt wird, damit Angeklagte den belastenden Auswirkungen eines gegen sie gerichteten Strafverfahrens nicht unnötig lang ausgesetzt werden. Befindet sich eine Person in Untersuchungshaft, erlangt der Beschleunigungsgrundsatz eine noch größere Bedeutung (Gaede, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, Art. 6 EMRK Rn. 361 f.).

[75] Der Anstaltspsychiater Dr. Goette schrieb am 1.2.1973 an die Anstaltsleitung der JVA Köln-Ossendorf, dass bei Ulrike Meinhof die Grenze der gesundheitlichen Belastbarkeit erreicht sei (Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, S. 115). Andere Gutachter stellten ebenfalls den schlechten Gesundheitszustand Meinhofs aufgrund der isolierten Unterbringung vom normalen Anstaltsleben dar. Auch der Anstaltsleiter Brückner sprach sich gegen die Beibehaltung der Haftsituation Meinhofs aus und wandte sich an den Generalbundesanwalt; etwas später lockerten sich schließlich Meinhofs Haftbedingungen (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 98 f.).

[76] S. dazu Fn. 63.

[77] In einem vorläufigen Gutachten nahmen die Sachverständigen Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Schröder eine eingeschränkte Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten an, nämlich für täglich nicht mehr als drei Stunden (S. 2169 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 27. Verhandlungstag). Der Vorsitzende Dr. Prinzing teilte den Verfahrensbeteiligten in diesem Zusammenhang mit, dass ihm auf telefonische Nachfrage, wie die Zeitangabe „drei Stunden“ zu verstehen sei, die Auskunft erteilt worden sei, dass die reine Verhandlungszeit ohne Pausen und Unterbrechungen gemeint sei (S. 2169 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 27. Verhandlungstag). Diese Mitteilung sorgte für einige Diskussion. Der Antrag der Verteidigung, die Sachverständigen zu laden, um sie in der Hauptverhandlung dazu befragen zu können, wurde abgelehnt (S. 2192 ff., 2210 des Protokolls der Hauptverhandlung, 27. Verhandlungstag).

[78] § 231b Abs. 1 StPO lautet: „Wird der Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer entfernt oder zur Haft abgeführt (§ 177 des Gerichtsverfassungsgesetzes), so kann in seiner Abwesenheit verhandelt werden, wenn das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für unerläßlich hält und solange zu befürchten ist, daß die Anwesenheit des Angeklagten den Ablauf der Hauptverhandlung in schwerwiegender Weise beeinträchtigen würde. Dem Angeklagten ist in jedem Fall Gelegenheit zu geben, sich zur Anklage zu äußern.“

[79] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[80] Die Sicherungsgruppe ist eine Abteilung des Bundeskriminalamtes. Die SoKo B/M (Sonderkommission Baader/Meinhof) wurde 1971 als Teil der Sicherungsgruppe für Ermittlungen betreffend die RAF eingerichtet (Klaus, Sie nannten mich Familienbulle, 2008, S. 23).

[81] Nach § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO ist die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen, wenn durch die sie offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

[82] Art. 19 Abs. 2 GG enthält die sog. Wesensgehaltsgarantie: „In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.“ Diese Bestimmung rief bereits in den Anfangsjahren des Grundgesetzes erhebliche Diskussionen hervor. Sie gilt grundsätzlich für alle drei Gewalten (statt vieler Brüning, in Stern/Becker [Hrsg.], Grundrechte-Kommentar, 3. Aufl. 2019 Art. 19 Rn. 37). Insbesondere die Ermittlung des Inhaltes der Wesensgehaltsgarantie bereitet Schwierigkeiten. So wird etwa diskutiert, ob Art. 19 Abs. 2 GG einen absoluten oder nur einen relativen Schutz garantiert; im letzteren Fall wäre eine Beeinträchtigung der Abwägung zugänglich. Freilich bleibt dann die Frage offen, welche Bedeutung Art. 19 Abs. 2 GG neben der ohnehin vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung zukommt. Darüber hinaus lässt sich die Wesensgehaltsgarantie individuell oder generell interpretieren. Die individuelle Interpretation stellt auf die Bedeutung des Grundrechts für den/die einzelne/n Grundrechtsträger/in ab, für den/die stets ein Wesenskern des Grundrechts verbleiben müsse, was z.B. im Hinblick auf den sog. finalen Rettungsschuss problematisch ist (S. näher Ipsen, Staatsrecht II, 23. Aufl. 2020, Rn. 209 ff.; Manssen, Staatsrecht II, 17. Aufl. 2020, Rn. 218 ff.; Windthorst, in Gröpl/Windthorst/Coelln [Hrsg.], Studienkommentar Grundgesetz, 4. Aufl. 2020, Art. 19 Rn. 28 ff., jeweils m.w.N., auch zur nicht ganz eindeutigen Rechtsprechung des BVerfG).

[83] Nach § 192 Abs. 2 GVG kann der/die Vorsitzende bei Verhandlungen längerer Dauer die Zuziehung von Ergänzungsrichter/innen anordnen, die der Verhandlung beiwohnen und im Falle der Verhinderung eines/einer Richter/in für diese/n einzutreten haben. Stehen in einem solchen Verhinderungsfall keine Ergänzungsrichter/innen zur Verfügung, die der Hauptverhandlung von Beginn an beigewohnt haben, so muss die Verhandlung wiederholt werden. Dies folgt aus § 226 Abs. 1 StPO („Die Hauptverhandlung erfolgt in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen sowie der Staatsanwaltschaft und eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle“). Werden Ergänzungsrichter/innen eingesetzt, die nicht an der gesamten Hauptverhandlung teilgenommen haben, ist dies zudem ein absoluter Revisionsgrund i.S.d. § 338 Nr. 1 StPO (vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts) und führt zur Aufhebung des Urteils (BGH, Urt. v. 12.7.2001 - Az.: 4 StR 550/00; NJW 2001, S. 3062; Arnoldi in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 226 Rn. 11; Gmel in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 226 Rn. 4).


[a] Maschinell durchgestrichen: Vors.: Darf ich vielleicht zunächst mal die

[b] Handschriftlich ersetzt: dem Gesetz Materialien durch den Gesetzesmaterialien

[c] Handschriftlich durchgestrichen: (Text unleserlich)

[d] Handschriftlich ergänzt: Gelesenen

[e] Handschriftlich eingefügt: Dr. Te.:

[f] Handschriftlich durchgestrichen: keine

[g] Handschriftlich eingefügt: §

[h] Handschriftlich ersetzt: gesprochen durch besprochen

[i] Maschinell eingefügt: Dr.

[j] Handschriftlich eingefügt: an

[k] Handschriftlich eingefügt: an

[l] Maschinell eingefügt: Angekl. Baa.: Doch.

[m] Handschriftlich ergänzt: bitten

[n] Maschinell eingefügt: Sie bitten,

[o] Handschriftlich durchgestrichen: Jeder

[p] Handschriftlich eingefügt: lassen

[q] Handschriftlich durchgestrichen: gesetzlichen

[r] Handschriftlich ergänzt: Rechtsnormen

[s] Handschriftlich durchgestrichen: zu

[t] Handschriftlich ersetzt: in durch ihren

[u] Handschriftlich ersetzt: adäquatem durch adäquaten

[v] Handschriftlich ersetzt: benötigen durch brauchen

[w] Handschriftlich ersetzt: sie durch sich die

[x] Handschriftlich ersetzt: daß durch was

[y] Handschriftlich ersetzt: dann durch ganz

[z] Handschriftlich eingefügt: Prof.

[aa] Handschriftlich ergänzt: bezeichnenderweise

[bb] Handschriftlich durchgestrichen: dazu

[cc] Handschriftlich eingefügt: ist

[dd] Handschriftlich ersetzt: überlegt durch überholt

[ee] Handschriftlich ersetzt: RA durch RRef.

[ff] Maschinell eingefügt: (mit lauter Stimme)

[gg] Handschriftlich ersetzt: haben durch hatten

[hh] Maschinell durch * eingefügt: R.Ref. Dr. Te.: Wir werden doch wohl noch ...

V.: Herr Temming ...

[ii] Maschinell durchgestrichen: wissen

[jj] Handschriftlich eingefügt: sei zu

[kk] Handschriftlich ersetzt: was durch war

[ll] Handschriftlich eingefügt: (zu Dr. Berroth)

[mm] Handschriftlich ersetzt: Vorsitzer durch Vorsitzender

[nn] Maschineller Vermerk: --- Der frühere Vorsitzende Dr. Prinzing hatte die ursprüngliche Tonbandniederschrift an dieser Stelle mit einem Vermerk versehen (siehe Anlage 4 zum Protokoll).

[oo] Maschinell durchgestrichen: Tumultartige Szenen im Sitzungssaal.

[pp] Handschriftlich ersetzt: wurd durch wird

[qq] Maschinell durchgestrichen: in derselben Besetzung wie heute morgen.

[rr] Maschinell eingefügt: nunmehr auch

[ss] Maschinell durchgestrichen: waren anwesend.

[tt] Maschinell durchgestrichen: Hungerstreiks

[uu] Maschinell ergänzt: waren

[vv] Maschinell eingefügt: Baa.:

[ww] Handschriftlich ersetzt: sie durch er

[xx] Maschinell ersetzt: Ich gebe Ihnen durch Sie bekommen

[yy] Maschinell ersetzt: Baa. durch E.

[zz] Maschinell ersetzt: Baader durch Ensslin

[aaa] Maschinell eingefügt: Worte

[bbb] Handschriftlich ersetz: da Sie durch statt

[ccc] Handschriftlich durchgestrichen: nicht

[ddd] Handschriftlich eingefügt: zu

[eee] Maschinell durchgestrichen: Schreiben

[fff] Handschriftlich ersetzt: pogiert durch korrigiert

[ggg] Handschriftlich ersetzt: Bewährung durch Belehrung

[hhh] Handschriftlich ergänzt: müssten

[iii] Maschinell eingefügt: Das ist der Sinn dieses Beschlusses.

[jjj] Handschriftlich eingefügt: daß

[kkk] Handschriftlich ersetzt: auf durch auch

[lll] Handschriftlich ersetzt: BGH-Bedarf durch BGH lapidar

[mmm] Handschriftlich ersetzt: Hänsler durch Hemfler

[nnn] Maschinell ergänzt: jedem

[ooo] Maschinell eingefügt: Über

[ppp] Handschriftlich durchgestrichen: V.: Herr Baader....

[qqq] Handschriftlich ersetzt: ... durch Herr Baader spricht

[rrr] Maschinell durch * eingefügt: Angekl. M.: Hören Sie doch auf

[sss] Handschriftlich ergänzt: Staatsschutzes

[ttt] Maschinell eingefügt: sie

[uuu] Handschriftlich ergänzt: denn

[vvv] Maschinell eingefügt: -Geräusch im Sitzungssaal-

[www] Maschinell eingefügt: Die Zeugen KHK {Penzkofer} und KHK {Herrmann} werden um 15.00 Uhr entlassen.

[xxx] Handschriftlich ergänzt: 231

[yyy] Handschriftlich eingefügt: daß

[zzz] Maschinell eingefügt: die Sie bestellt haben,

[aaaa] Maschinell eingefügt: ihrer

[bbbb] Maschinell ersetzt: erwähnt durch zwingend

[cccc] Handschriftlich eingefügt: ich

[dddd] Handschriftlich ersetzt: wurde durch habe

[eeee] Handschriftlich ersetzt: beleben durch belegen

[ffff] Handschriftlich ersetzt: zur durch unter

[gggg] Handschriftlich ersetzt: der durch berechtigter

[hhhh] Handschriftlich durchgestrichen: nicht

[iiii] Handschriftlich durchgestrichen: seiner

[jjjj] Handschriftlich ersetzt: hielten durch zielten

[kkkk] Handschriftlich ersetzt: wir durch Sie

[llll] Handschriftlich ersetzt: nämlich durch nehmen

[mmmm] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch 103

[nnnn] Handschriftlich durchgestrichen: ist

[oooo] Handschriftlich durchgestrichen: hier

[pppp] Handschriftlich ergänzt: Höherstellung

[qqqq] Handschriftlich ergänzt: Ihrer

[rrrr] Handschriftlich ergänzt: zur

[ssss] Handschriftlich ersetzt: anderen in diesen durch Anwendung dieser

[tttt] Handschriftlich durchgestrichen: unsere

[uuuu] Maschinell ergänzt: Überinterpretation

[vvvv] Maschinell durchgestrichen: RA Go.: Bedr

[wwww] Handschriftlich eingefügt: daß

[xxxx] Handschriftlich von unten eingefügt: RA Sp.: Wo liegt denn da der Unterschied?

[yyyy] Maschinell ersetzt: RA Od.: durch Ass.Ob.:

[zzzz] Handschriftlich ersetzt: Hauptstrafverfahren durch Hausstrafverfahren

[aaaaa] Maschinell durchgestrichen: bit

[bbbbb] Handschriftlich ersetzt: ich’s durch Sie’s

[ccccc] Maschinell durchgestrichen: auf

[ddddd] Maschinell eingefügt: hier Zusammenhänge zu zerreisen...

[eeeee] Maschinell durchgestrichen: gemacht worden.

[fffff] Maschinell durchgestrichen: dann wird..

[ggggg] Maschinell ersetzt: RA Go.: durch Ass. Ob.:

[hhhhh] Handschriftlich ersetzt: deabuiert durch desavouiert

[iiiii] Maschinell eingefügt: den

[jjjjj] Handschriftlich ersetzt: erläutern... durch erwidern

[kkkkk] Maschinell durchgestrichen: sogar

[lllll] Maschinell eingefügt: sogar

[mmmmm] Handschriftlich eingefügt: er

[nnnnn] Handschriftlich ersetzt: 331 durch 231

[ooooo] Handschriftlich durchgestrichen: sämtlichst

[ppppp] Handschriftlich ersetzt: die durch eine

[qqqqq] Handschriftlich ersetzt: die durch wie

[rrrrr] Handschriftlich ersetzt: was durch war