164. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 30. November 1976 um 9.03 Uhr



[12663] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 30. November 1976 um 9.03 Uhr

164. Verhandlungstag

Gericht und Bundesanwaltschaft - mit Ausnahme von Reg. Dir. Widera - erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend: Just. Ass. Scholze

Just. Ass. Clemens.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind erschienen, Rechtsanwälte Pfaff (als Vertreter von RA. Dr. Heldmann), Künzel, Schnabel, Schwarz, Herzberg (als ministeriell bestallter Vertreter von RA Schlaegel) und Grigat.

Als Zeuge ist erschienen: KOK Hermann Freimuth.

Vors.:

Ich bitte Platz zu nehmen. Wir setzen die Sitzung fort.

Die Verteidigung ist gewährleistet. Zunächst der Hinweis: Herr Habekost, der als Zeuge geladen ist zusammen mit Herrn Freimuth, ist als Nachfolge einer [Gesundheitsdaten] nicht reisefähig zur Zeit. Es liegt eine ärztliche Bescheinigung vor. Wie üblich ist in der Bescheinigung nicht erwähnt, wie lange dieser Zustand andauert. Aber wir werden es jetzt klären lassen, telefonisch. Der Arzt ist noch nicht in der Praxis. Wir wollen dann sehen, daß wir das noch bekanntgeben können.

Rechtsanwalt Dr. Augst (als Vertreter von Rechtsanwalt Eggler) erscheint um 9.04 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Wir haben damit heute früh zunächst nur Herrn Freimuth.

Für morgen war Frau Barz geladen. Auch sie ist, sie ist ja eine ältere Dame, nicht mehr reisefähig nach ärztlichem Attest. Wir hatten Gründe gehabt, anzunehmen,[a] daß die Zeugin zu dem morgen anstehenden Beweisthema einiges sagen könnte. Wir [12664] haben ja hier diese Akten der Bundesanwaltschaft für alle Beteiligten vorliegen - 1 BJs 31/75 - und es wäre eben die Frage an die Frau Zeugin zu richten gewesen, ob sie in der letzten Zeit, insbesondere zu der Zeit, die morgen interessieren wird, irgendwelche Lebenszeichen von Ihrer Tochter[2] erhalten hat. Ob wir die Zeugin dann tatsächlich brauchen, benötigen, das wollen wir morgen nach der Zeugenvernehmung entscheiden. Jedenfalls steht damit morgen nur 1 Zeugin auf dem Programm, sofern wir heute mit allen fünf Herrn, die von der Polizei kommen, zurande kommen, was ich hoffe.

Vors.:

Haben Sie sich zu Wort melden wollen, Herr Rechtsanwalt Pfaff, bitte?

RA Pfaff:

Herr Vorsitzender, hab ich richtig verstanden, daß heute Vormittag nur Herr Freimuth?

Vors.:

Nein. Auf 10 Uhr sind die Herrn aus Hamburg geladen.

Nur vom BKA sollte Herr Habekost und Herr Freimuth kommen. Herr Habekost ist erkrankt. Herr Freimuth, hatten wir Sie hier schon als Zeugen?

Zeuge Frei[muth]:

Nein.

Der Zeuge KOK Freimuth wird gem. § 57 StPO[3] belehrt.

Der Zeuge KOK Freimuth erklärt sich mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[4]

Vors.:

Ich darf Sie um Ihre Personalien bitten.

Der Zeuge KOK Freimuth machte folgende Angaben zur Person:

Hermann Freimuth, 34 Jahre alt, Kriminaloberkommisar beim BKA, Abt. TE., wohnh. Bad Godesberg,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Es sind verschiedene Beweisthemen von Seiten der Verteidigung bekannt gegeben worden, zu denen Sie gehört [12665] werden sollen. Wir wollen der Reihe nach vorgehen.

Ich möchte aber zunächst bekannt geben, daß hier die Aussagegenehmigung[5] vorliegt. Sie hat folgenden Wortlaut:

Der Vorsitzende gibt inhaltlich[b] die Aussagegenehmigung des Zeugen KOK Freimuth bekannt, die als Anlage 1 dem Protokoll beigefügt wird.

Vors.:

Das ist eine umfassende Aussagegenehmigung auf Wunsch des Gerichts. Die später bekanntgegebenen Beweisthemen, die Herr Rechtsanwalt Schily erst am Freitag mitteilte, sind zum Teil vielleicht damit eingeschlossen. Darüber ist noch keine Entscheidung ergangen.

Ist Herr Rechtsanwalt Schily heute nicht anwesend, Herr Rechtsanwalt Pfaff? Können Sie uns darüber Auskünfte geben?

RA Pfaff:

Ja es ist auf jeden Fall jemand aus dem Büro unterwegs, das kann ich sagen.

Vors.:

Also nur die Verspätung.

Herr Freimuth, zunächst sollen Sie nach dem Beweisantrag etwas sagen können zu einem Gespräch, das zwischen dem Zeugen Müller[6] und einem Journalisten namens Schwarberg am 26. Februar 1975 stattgefunden hat. Ist Ihnen dieses Gespräch ein Begriff?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, da liegt also ganz offensichtlich ein Irrtum vor. Da müßten wohl die Hamburger Kollegen etwas dazu sagen können. Ich habe an diesem Gespräch nicht teilgenommen, sondern nur einen Teil der Vernehmung von Herrn Müller geführt.

RA Pfaff:

Herr Vorsitzender, ...

Vors.:

Ja, ich sehe es gerade. Herr Freimuth ist nicht benannt.

Es ist eingegrenzt die Zeugen 1-4.

Jawohl, das war nun meinerseits ein Irrtum. Sie stehen zwar im Beweisantrag namentlich drinne, aber in den Gründen sind Sie schon wieder ausgenommen, so daß wir jetzt zum nächsten Thema kommen können.

Ist Ihnen etwas bekannt, daß Herr Müller im Laufe der Vernehmungen, an denen, wie Sie schon andeuteten, teilge- [12666] nommen haben, auch einen Vorfall schilderte, der einen Transport von „Düngemitteln“ zwischen Hannover und Frankfurt, genauer gesagt, zwischen Laatzen und Frankfurt betrifft?

Zeuge Frei[muth]:

Ich kann mich an die Passage der Vernehmung erinnern. Soll ich den Vorgang schildern, so wie ich ihn in Erinnerung habe?

Vors.:

Sie könnten, wenn Sie es noch im Kopfe haben uns schildern, ansich ist es in den Akten 1 BJs 7/76 auf Blatt 11 und 12 nachlesbar. Aber bitte, wir müssen es durch Sie einführen.[7]

Zeuge Frei[muth]:

In groben Zügen kann man sagen, daß Müller zusammen mit Meins[8] diese Fahrt durchführte. Meins als Fahrer fungierte und Müller auf dem Beifahrersitz saß. Die beiden fuhren von der Autobahn ab, um zu tanken und zwar an einer Tankstelle, die nicht an der Autobahn lag. Während dieses Tankvorgangs an der Tankstelle erschien ein Zivilstreifenwagen der Polizei. Meins hatte sich mittlerweile in den Hintergrund begeben. Müller wurde kontrolliert von den Polizeibeamten. Es ergab sich da nichts Verdächtiges. Und anschließend, nachdem die Polizeibeamten wieder weg waren, nach der Kontrolle, erschien auch Meins wieder und sagte dem Herrn Müller, daß er sich hinter einer Mülltonne versteckt hätte mit einer Pistole.

Vors.:

Ja, das entscheidende dabei ist: Sie erwähnen den Namen Meins als den anderen Reisebegleiter. Ist Ihnen das noch sicher im Gedächtnis verhaftet?

Zeuge Frei[muth]:

Das ist mir sicher im Gedächtnis.

Vors.:

Ist der Name Baader im Zusammenhang mit diesem Vorfall gefallen bei dieser Vernehmung?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, in keiner Weise.

Vors.:

Das ist dieses Thema gewesen. Herr Freimuth, dann noch einige zusätzliche Fragen. Die Verteidigung hat wiederholt Beweisanträge gestellt mit der Behauptung, daß Müller mit Versprechungen zu seinen Aussagen gebracht worden sei. Ich möchte Sie in dieser ganz allgemeinen Form fragen, ist Ihnen darüber etwas bekannt?

Zeuge Frei[muth]:

Mir ist nichts davon bekannt. Herrn[c] Müller sind weder von mir, noch von meinen Kollegen, die an den Vernehmungen beteiligt waren, weder während der Vernehmung [12667][9] [12668][10] [12669] noch vorher oder nachher, irgend etwas versprochen worden.

Vors.:

Könnte es sein, daß man Herrn Müller angedeutet hat, daß, wenn er Aussagen mache, daß es für ihn irgendwelche Vorteile mit sich bringen, die, sagen wir mal, nicht unbedingt als Versprechungen ausgelegt werden müßten, aber als Andeutungen von möglichen Vorteilen?

Zeuge Frei[muth]:

Von unserer Seite aus ist das nicht ins Spiel gebracht, worden.

Vors.:

Wenn Sie jetzt[d] so einschränken: „von unserer Seite aus“, was ist darunter zu verstehen?

Zeuge Frei[muth]:

Ich kann mich erinnern, daß Herr Müller von sich aus mal Andeutungen machte, d.h. Hoffnungen äußerte, daß er möglicherweise mit einer Reduzierung seiner Strafe rechnen könnte. Aber das waren, wie gesagt, Hoffnungen seinerseits und das war nur ganz lapidar von ihm geäußert.

Vors.:

War damit gemeint eine mildere Beurteilung beim Gericht?

Zeuge Frei[muth]:

Wahrscheinlich. Oder eine Begnadigung, das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Nun, wir hatten dieses Thema hier schon öfters angeschnitten. Ich mein, es ist eine Erfahrung, die jedermann weiß, daß Geständnisse oder Aussagebereitschaften tatsächlich zur milderer Beurteilung führen können.[11] Hat es sich darum gehandelt oder konnten Sie aus der Äußerung des Herrn Müller entnehmen, daß er Erwartungen hegt, die außerhalb dieses Erfahrungsrahmens lagen?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, den Eindruck habe ich nicht gewonnen.

Vors.:

Es ist ganz speziell von der Verteidigung immer wieder darauf abgehoben worden, daß Müller gesagt worden sei, er bekomme 50 % Straferlaß. Also diese Prozentzahl ist immer wieder im Gespräch gewesen.

Zeuge Frei[muth]:

Davon ist mir nichts bekannt.

Vors.:

Da wissen Sie nichts?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, diese Prozentzahl habe ich nie gehört. Wir haben überhaupt nie in Prozenten gesprochen. Das heißt, auch Herr Müller hat sich in keiner Weise so geäußert.

[12670] Vors.:

Was heißt jetzt das, wir haben nie in Prozenten gesprochen?

Zeuge Frei[muth]:

Ja das heißt also, ich hatte gerade gesagt, daß Herr Müller die Hoffnung geäußert hatte, möglicherweise mit einer Reduzierung seines Strafmaßes rechnen zu können. Und in diesem Zusammenhang hat er keine Prozentzahlen gebraucht. Er hat auch gar keine Zeitangaben genannt.

Vors.:

Ist man auf diese Hoffnungen des Herrn Müller eingegangen und hat ihm das etwa in irgend einer Form bestätigt? Wenn ja, wie ist das geschehen?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, so etwas haben wir kommentarlos zur Kenntnis genommen.

Vors.:

Nun es gibt natürlich auch die Möglichkeit, d.h., es gibt sie rechtlich nicht, aber man könnte es sich theoretisch vorstellen, daß so etwas behauptet wird. Daß man einem Zeugen Hoffnungen macht, daß er schon hinsichtlich der Vorwürfe, die man ihm zur Last legt, besser wegkommt, wenn er etwa Aussagen macht. Und auch das ist von der Verteidigung immer wieder gesagt worden. So sei es geschehen. Verstehen Sie das, wie ich das meine. Ich möchte es absichtlich so allgemein halten.

Zeuge Frei[muth]:

Nun haben wir ja Herrn Müller nicht als Beschuldigten, sondern als Zeugen betrachtet[12] und insofern sind darauf nicht zu sprechen gekommen.

Vors.:

Ist also von Ihrer Seite in dieser Richtung nichts geäußert worden?

Zeuge Frei[muth]:

Nein.

Vors.:

Die Verteidigung behauptet ganz konkret. Man habe dem Herrn Müller angedeutet, wenn er aussage, bekomme er eine relativ milde Strafe. Man könne aber, wenn er nicht aussage, auch ganz anders. Dann bekäme er nämlich lebenslang. Ist Ihnen von solchen Andeutungen gegenüber Herrn Müller etwas bekannt?

Zeuge Frei[muth]:

Nein. Diese Behauptung wäre ja auch etwas absurd. Herr Müller war verurteilt[13] und wir haben nicht über ihn zu richten, sondern wir wollten ihn vernehmen als Zeugen.

Vors.:

Was heißt, Herr Müller war verurteilt?

Zeuge Frei[muth]:

Das Urteil gegen Herrn Müller war inzwischen ge- [12671] sprochen worden, d.h. seine Strafe ...

Vors.:

Als Sie die Vernehmung durchführten?

Zeuge Frei[muth]:

Als ich die Vernehmung durchführte, ja.

Ich weiß jetzt nicht mehr, ob das Urteil während der Vernehmung erging oder ob es in den Anfang der Vernehmung hineinfiel.

Vors.:

Sie waren also erst beteiligt bei den Vernehmungen ab 31. März 76?

Zeuge Frei[muth]:

Ja.

Vors.:

Also Sie wissen von solchen Andeutungen nichts?

Zeuge Frei[muth]:

Nein.

Vors.:

Ist Ihnen darüber etwas bekannt, daß man Herrn Müller Hoffnungen machte, wenn er aussagt, dann werde man ihm auch Gelegenheit geben, diese Aussagen gewinnbringend bei der Presse unterzubringen?

Zeuge Frei[muth]:

Nein. Diese Kontakte mit der Presse, die hat Herr Müller selbständig wahrgenommen. Da waren wir in keiner Weise beteiligt.

Vors.:

Herr Freimuth, sind Ihnen die Akten 3 ARP, Ihre Vernehmungen laufen ja unter einem anderen Aktenzeichen 1 BJs 7/76,[14] 3 ARP[15] ein Begriff?

Zeuge Frei[muth]:

Ein Begriff sind sie mir, ja.

Vors.:

Kannten Sie sie inhaltlich?

Zeuge Frei[muth]:

Nein.

Vors.:

Daran knüpft nämlich auch eine Frage an. Es ist so, wenn man die Akten 3 ARP mit 1 BJs vergleicht, dann stellt man fest, daß Müller hinsichtlich der Frage, ob er Hoff kennengelernt hat[16] und in dessen Werkstatt gewesen ist, andere Angaben macht. Was in 3 ARP steht, muß bei unbefangener Auslegung so klingen: „Ich kannte Hoff, ich[e] war auch dort und habe persönliche Eindrücke in der Werkstatt gewonnen.“ Er hatte ihn auch anhand von Bildern identifiziert. In Ihrer Vernehmung Blatt 36 unten heißt es lapidar: „Ich selbst habe nie Kontakt mit dem Pfirsich gehabt“ - daß er unter „Pfirsich“ den Hoff verstand, ist geklärt - „Was ich von ihm und seiner Werkstatt weiß, habe ich aus Berichten von Raspe und Meins.“ Also zwei gegensätzliche Angaben. Hieran knüpft die Ver-[12672] teidigung in ihren Beweisanträgen mit der Behauptung, man habe solche Vorhalte gegenüber Müller unterlassen, die sich aus den Akten 3 ARP bei dieser Aussage bei Ihnen hätten ergeben müssen. Können Sie dazu etwas sagen?

Zeuge Frei[muth]:

Ja, ich habe das eben schon erwähnt, daß wir auf die Aussagewilligkeit von Herrn Müller angewiesen waren, d.h., wir mußten die Aussage von Herrn Müller so akzeptieren, wie sie kam. Wenn wir ihn in der Form vernommen hätten, wie wir es mit einem Beschuldigten tun, d.h., ihm Vorhalte gemacht hätten. Wir haben es teilweise versucht, dann hat Herr Müller sich sofort eingeigelt und das Gespräch war weg.

Vors.:

Die Verteidigung behauptet ganz konkret, man habe die Vorhalte bewußt unterlassen, um keine Widersprüche zwischen den Aussagen Müller’s und natürlich auch den Aussagen Hoff und Müller aufdecken zu lassen.

Zeuge Frei[muth]:

Nein, wir haben die Vorhalte nicht bewußt unterlassen, sondern Herr Müller hat darauf bestanden, daß die Vernehmung so formuliert wird, wie er es gesagt hat und für den Fall, daß es dort Abweichungen gäbe oder daß wir die Vernehmung so formulierten, wie es nicht in seinem Sinne wäre, dann hätte Herr Müller sich nicht damit einverstanden erklärt und die Vernehmung nicht unterschrieben.

Vors.:

Nach dem, was Sie zu Ihrer Kenntnis hinsichtlich der Akten 3 ARP sagten, muß ich die Frage an Sie richten, hätten Sie überhaupt die Möglichkeit gehabt, so einen Vorhalt zu machen?

Zeuge Frei[muth]:

Ich habe in die Akte 3 ARP nie Einblick nehmen können. Diese Akte ist, soweit mir bekannt ist, aus dienstlichen Gesprächen, beim BKA gar nicht vorhanden gewesen, allenfalls eine Durchschrift und wahrscheinlich auch nur eine unvollständige. Wir hatten damals während unserer Vernehmung einige Fotokopien, d.h. Auszüge aus dieser ARP-Akte als Arbeitsunterlage für unsere Vernehmung. Und diese Auszüge waren beschränkt auf die Themen, die wir damals behandelten, d.h. also Sprengstoffbeschaffung und Sprengstoffanschläge.

Vors.:

Hätten Sie danach die Möglichkeit gehabt, einen Vorhalt [12673] zu machen. Das heißt, wußten Sie bei der Vernehmung, daß Müller bei 3 ARP eine Angabe gemacht hat, die anders lautete als in Ihrem Falle.

Zeuge Frei[muth]:

Das wußte ich, ja.

Vors.:

Und Sie haben vorhin angedeutet „die Vorhalte nicht“, weil Herr Müller die nicht akzeptiert hätte.

Zeuge Frei[muth]:

Ja.

Vors.:

Ist denn der Versuch überhaupt unternommen worden, wie Müller auf solche Vorhalte dann tatsächlich reagieren würde?

Zeuge Frei[muth]:

Der Versuch ist gemacht worden. Nur, wer Herrn Müller kennt, der weiß, daß er also ein schwieriger Gesprächspartner ist, der also sehr auf seinen eigenen Formulierungen beharrt und sich da auf gar keine Konzessionen einläßt.

Vors.:

Schließlich spielte bei den Vernehmungen, die Sie mit Herrn Müller durchführten, die Sache Barz eine Rolle?

Zeuge Frei[muth]:

Ich habe Herrn Müller zu dem Fall Barz nicht vernommen.

Vors.:

Die Verteidigung bringt dieses Thema immer wieder ins Gespräch durch Beweisanträge und legt insbesondere Wert darauf auf Feststellungen hinsichtlich der Ergebnisse, der neuesten Ergebnisse der Fahndung nach Ingeborg Barz. Können Sie zu dem Thema etwas sagen?

Zeuge Frei[muth]:

Dazu kann ich nichts sagen. Ich war damit nicht befaßt.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe, die Kollegen des Gerichts nicht. Die Herrn der Bundesanwaltschaft? Nein. Die Herrn Verteidiger? Herr Rechtsanwalt Pfaff, bitteschön.

RA Pfaff:

Herr Zeuge, Sie haben Herrn[f] Müller auch vernommen zum Komplex Sprengstoffanschlag Heidelberg.[17] Können Sie sich an eine Vernehmung entsinnen vom 13.4.1976, wo es darum ging, wem die Idee gekommen sein soll, Heidelberg auszuwählen. Können Sie sich entsinnen, was Herr Müller angegeben hat?

Zeuge Frei[muth]:

Das kann ich jetzt aus dem Kopf nicht mehr sagen, da müßte ich zunächst mal Einblick in die Vernehmung nehmen.

[12674] RA Pfaff:

Ich halte es Ihnen gerne vor. Das ist die Akte 1 BJs 7/76, Vernehmung vom 13.4.76, Blatt 75. „Nach den bisher beschriebenen Anschlägen vertraten die vier Gruppenmitglieder Baader, Meins, Ensslin und Raspe die Meinung, daß wieder ein Anschlag gegen eine amerikanische Einrichtung durchgeführt werden solle, um Sympathisanten, die die Anschläge gegen die Polizei,[18] Buddenberg[19] und Springers Arbeiter[20] verurteilten, zu neutralisieren und zu beruhigen. Von wem die Idee kam, speziell das US-Hauptquartier in Heidelberg auszuwählen, weiß ich nicht mehr.“ Mir kommt es vor allen Dingen auf den letzten Teil an.

Zeuge Frei[muth]:

Ja, ich habe dem natürlich nichts hinzuzufügen.

RA Pfaff:

Können Sie sich entsinnen, daß die Aussage so gemacht wurde?

Zeuge Frei[muth]:

Ich gehe davon aus. Wir haben also alles so aufgeschrieben. Das hat ja Herr Müller wahrscheinlich auch zum Ausdruck gebracht, wie es von ihm wortwörtlich kam. Es ist also kein Wort hinzugefügt oder unterlassen worden. Da hat also der Herr Müller äußerst Wert darauf gelegt.

RA Pfaff:

Also wenn es so dasteht, dann gehen Sie davon aus, daß es richtig ist?

Zeuge Frei[muth]:

Ja.

RA Pfaff:

Können Sie sich entsinnen, was Herr Müller über seinen Decknamen sagte?

Zeuge Frei[muth]:

Ja, sein Deckname war „Harry“.[21] Soweit ich mich erinnere, ist in der Gruppe zunächst mal darüber diskutiert worden, welchen Decknamen er bekommen sollte und dabei ist wohl auch der Name „Hardy“ gefallen. Man hat sich aber dann später auf „Harry“ festgelegt.

RA Pfaff:

Wenn es zu Widersprüchen innerhalb der Aussage Herrn Müllers vor Ihnen gekommen ist, haben Sie ihm denn die Widersprüche vorgehalten?

Zeuge Frei[muth]:

Wir sind selbstverständlich darauf eingegangen.

RA Pfaff:

Oder haben Sie auch in diesem Falle einfach das so hingenommen, wie Herr Müller das aussagte?

[12675] Zeuge Frei[muth]:

Nein, wir haben Widersprüche gesprächsweise erwähnt, sind darauf eingegangen. Konnten allerdings nur das niederschreiben, was Herr Müller akzeptierte.

RA Pfaff:

Haben Sie davon Gebrauch gemacht, Dinge, die er nicht akzeptierte, niederzuschreiben, in Gesprächsvermerken niederzulegen?

Zeuge Frei[muth]:

Nein. Wir haben außer den Vernehmungsprotokollen keine Vermerke zu den Vernehmungen gefertigt.

RA Pfaff:

Was heißt „wir“?

Zeuge Frei[muth]:

Das heißt, die Kollegen, die an der Vernehmung beteiligt waren. Das ist der Herr Habekost und Herr Stellmacher und ich, ja.

RA Pfaff:

Ich habe keine Fragen mehr.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schwarz, bitteschön.

RA Schw[arz]:

Herr Zeuge, noch einmal zum Komplex „Pfirsich“, Wohnung Hoff. Ich habe Sie vorhin richtig verstanden, daß Sie im Zeitpunkt Ihrer Vernehmung in Hamburg darüber unterrichtet waren, daß Herr Müller über seine Bekanntschaft mit Herrn Hoff in einem anderen Stadium andere Angaben gemacht hat. Frage, wie kam man in Ihrer Hamburger Vernehmung überhaupt auf den Komplex, Kennen des „Pfirsich“ und „Kenntnis über die Werkstatt“ und ähnliches mehr?

Zeuge Frei[muth]:

Wenn man einen Komplex in Angriff nimmt, in diesem Fall also „Pfirsich“, dann bietet es sich zumeist in vernehmungstaktischer Hinsicht an, nach dem kennenlernen zunächst mal zu fragen. Das haben wir bei allen anderen Kontaktpersonen von Herrn Müller auch so getan.

RA Schwa[rz]:

War Ihnen im Zeitpunkt dieser Vernehmung, ich spreche jetzt von dieser letzten Vernehmung, bekannt, daß im Hamburger Verfahren gegen Müller es zu einer Gegenüberstellung zwischen Müller und Hoff gekommen war und wie diese Gegenüberstellung verlaufen ist?

Zeuge Frei[muth]:

Wenn ich mich recht entsinne, hat Herr Müller mal darüber berichtet und gesagt, daß Hoff sich an ihn [12676] nicht erinnerte, d.h., nicht wiedererkannt hat vor Gericht.

RA Schwa[rz]:

Es war Ihnen also auch bekannt. Nun frage ich mich, Sie haben vorher zur Begründung des Unterlassens von Vorhalten neben der von Ihnen geschilderten Eigenheit des Herrn Müller auch den Unterschied zwischen einer Beschuldigten- und zwischen einer Zeugenvernehmung gemacht. Wollen Sie damit sagen, daß man Zeugen üblicherweise keine Vorhalte macht, wenn klar ersichtlich ist, daß sie in einem anderen Stadium einer Vernehmung konträrere Angaben gemacht haben?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, das wollte ich damit nicht sagen. Sondern ich wollte damit nur zum Ausdruck bringen, daß wir daran interessiert waren, die Vernehmung mit Herrn Müller fortsetzen zu können und ein gespanntes Verhältnis zu Herrn Müller zu vermeiden. Das hätte dazu möglicherweise geführt, daß wir die Vernehmung hätten abbrechen müssen.

RA Schw[arz]:

Gut. Nun gehe ich aber davon aus, daß diese Vernehmung doch bei Ihnen in erster Linie dazu diente, Erkenntnisse und zwar wahre Erkenntnisse für irgendwelche weiteren Verfahren oder auch das Verfahren gegen Herrn Müller im weiteren Sinn zu gewinnen. Was hat es dann für einen Sinn, einen solchen Mann zu vernehmen, wenn man genau weiß, der sagt hier jetzt praktisch das Gegenteil von dem, was er ein halbes Jahr vorher gesagt hat. Sie unterlassen es aber, auch nur darauf hinzuweisen. Weil der Ihnen nämlich sagt, so wie ich es jetzt sage, so wird es geschrieben und kein Wort mehr und kein Wort weniger. Hätte sich dann nicht angeboten, zu sagen, unter diesen Umständen hat ja eine weitere Vernehmung gar keinen Sinn. Und es war ein Punkt, wenn ich das fortsetzen darf, wo Sie konkret wußten, er sagt das genaue Gegenteil von dem, was er früher gesagt hat.

Zeuge Frei[muth]:

Wir haben darauf hingewiesen, allerdings nur gesprächsweise und Herr Müller machte zumeist geltend, daß er sich durch seine Aussage selbst belasten würde. Und aus diesem Grunde entfielen die Vorhalte und auch ein weiteres Eingehen auf diesen Komplex.

[12677] RA Schwa[rz]:

Ja nun macht es aber einen Unterschied, ob sich ein Zeuge, Sie sagen die Vernehmung als Zeuge, ob der sich auf gesetzliche Rechte aus § 55[ StPO][22] beruft - das darf er ja - oder ob er nun mit der Begründung „sonst müßte ich mich belasten“ möglicherweise Ihnen eine schlichte Lüge zu Protokoll gibt. Haben Sie ihn nicht auf die Möglichkeit hingewiesen, zu sagen: dann bitte gar keine Angaben, berufe dich auf § 55[ StPO], wenn du Angst hast, du belastest dich. Aber er macht ja Angaben.

RA Geulen (als Vertreter von RA. Schily) erscheint um 9.30 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Frei[muth]:

Nun, wir mußten die Haltung von Herrn Müller akzeptieren, es blieb uns nichts weiteres übrig. Wenn er sagt, daß er sich durch seine Aussagen selbst belastet, und aus diesem Grunde entweder nichts sagt oder bei einer schon einmal geäußerten Auffassung oder Aussage bleibt, dann mußten wir das hinnehmen.

RA Schw[arz]:

Ja wollen Sie mir noch die Frage beantworten, ob Sie ihn über die Rechte aus [§ ]55[ StPO] belehrt haben und ob er die überhaupt ins Spiel gebracht hat.

Zeuge Frei[muth]:

Herr Müller wurde belehrt zu Beginn jeder Vernehmung. Wurde nochmal darauf eingegangen, daß er, also ich glaube, Ende März war es, am 31. März, wo er ausführlich und eingehend belehrt wurde. Es wurde also jedesmal Bezug auf diese eingehende Belehrung genommen und dann wurde die Vernehmung fortgesetzt.

RA Schw[arz]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. W[under]:

Darf ich noch eine Frage stellen, Herr Zeuge. Gingen Sie bei dieser Vernehmung davon aus, daß Herr Müller seine Aussagen, die er Ihnen gegenüber gemacht hat, noch vor Gericht zu machen haben wird oder waren Sie etwa der Meinung, daß es bei den protokollierten polizeilichen Vernehmungen sein Bewenden haben würde?

Zeuge Frei[muth]:

Nein. Wir sind davon ausgegangen, daß Herr Müller das, was er sagte, vor Gericht wiederholen mußte.

BA Dr. W[under]:

Dankeschön.

[12678] Vors.:

Herr Rechtsanwalt Pfaff?

RA Pfaff:

Welche Teile der Akte 3 ARP lagen Ihnen vor?

Zeuge Frei[muth]:

Das kann ich heute nicht mehr sagen. Es waren, wie ich vorhin schon erwähnte, Teile, die sich mit der Sprengstoffbeschaffung und den Sprengstoffanschlägen befaßten.

Vors.:

Gut. Ich glaube, dann können wir den Herrn Zeugen vereidigen. Keine ...

RA Geu[len]:

Ich hätte schon noch eine Frage an den Herrn Zeugen.

Vors.:

Ja bitte. Ich hab vorhin gefragt und Sie haben sich nicht gemeldet.

RA Geu[len]:

Achso, ja, weil Herr Pfaff vor mir war.

Vors.:

Bitteschön.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, ich hätte zunächst mal die Frage, wann die Akte 1 BJs 7/76 angelegt worden ist? Zunächst die Frage, kennen Sie diese Akte?

Zeuge Frei[muth]:

Die Akte 1 BJs 7/76 ist die Vernehmung des Zeugen Gerd Müller. Und sie wurde angelegt mit dem ersten Tag der Vernehmung.

RA Geu[len]:

Ist es richtig, daß das der 22. Juli war?

Zeuge Frei[muth]:

Das kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, daß der erste Vernehmungstag der 31. März 1976 war.

RA Geu[len]:

Ahja. Und die weitere Frage. Auf wessen Weisung ist diese Akte angelegt worden. Sind Sie da von sich aus tätig geworden oder sind Sie dazu angewiesen worden?

Zeuge Frei[muth]:

Ich bin dazu angewiesen worden. Soweit mir bekannt ist, kam der Auftrag von der Bundesanwaltschaft.

RA Geu[len]:

Darf ich fragen, warum sich in der Akte keine Einleitungsverfügung befindet, wenn Sie angewiesen worden sind?

Zeuge Frei[muth]:

Das weiß ich nicht.

RA Geu[len]:

Ist es nicht üblich, wenn Sie Akten anlegen über Vernehmungen, daß dort zunächst mal die Verfügung, also diese Anweisungsverfügung, sozusagen die erste Seite dieser Akte sein muß?

Zeuge Frei[muth]:

So eine Verfügung kann ja auch mündlich erteilt werden.

RA Geu[len]:

Sie sind mündlich angewiesen worden?

[12679] Zeuge Frei[muth]:

Ich bin persönlich mündlich angewiesen worden.

RA Geu[len]:

Und von wem sind Sie jetzt auch als Person angewiesen worden. Von welcher Person sind Sie angewiesen worden?

Zeuge Frei[muth]:

Von meinem Vorgesetzen.

RA Geu[len]:

Von Ihrem Vorgesetzen, der natürlich nicht von der Bundesanwaltschaft ist. Und von wem ist der angewiesen worden?

Zeuge Frei[muth]:

Das kann ich nicht sagen.

RA Geu[len]:

Wissen Sie es nicht oder?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, ich kann nicht sagen, von wem er angewiesen worden ist. Ich gehe nur davon aus, daß es die Bundesanwaltschaft war, und diese Annahme stützt sich auf mein Erinnerungsvermögen. Ich habe diese Vorgänge nur gesprächsweise mitbekommen.

RA Geu[len]:

Und es ist auch während der weiteren Zeit seit dieser mündlichen Anweisung keine schriftliche Anweisung erfolgt und keine schriftliche Einleitungsverfügung für dieses Vernehmungsprotokoll Ihnen vorgelegt worden?

Zeuge Frei[muth]:

Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern.

RA Geu[len]:

Wenn man die Aktenblätter, diese Akte 1 BJs anschaut, dann stellt man fest, daß diese Akten entgegen der sonstigen ganz strikten Gewohnheit nicht paginiert sind, also keine durchlaufenden Seitenzahlen haben. Sie haben zwar Seitenzahlen, aber die sind im wesentlichen nur Seitenzahlen für die einzelnen Vernehmungstage. Aber die Akte enthält keine durchlaufende Paginierung. Ich würde Sie bitten, das zu erklären.

Zeuge Frei[muth]:

Meines Erachtens ...

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, ich beanstande den Vorhalt, er ist natürlich nicht richtig. Ich darf vielleicht noch hinzufügen, ein Blick in die Akten würde das Gegenteil dessen, was Herr Rechtsanwalt Geulen eben behauptet hat, ergeben. Es fängt mit Blatt 1 an und hört mit Blatt 251 auf.

Vors.:

So[g] sehe ich es auch. Es fehlen allerdings Paginierungen bezüglich dieser Info-Materialien, die Müller bei der Ver- [12680] nehmung abgegeben hat, die sind in Anlageform zu den Akten genommen. Aber im übrigen ist doch die Vernehmung vollkommen durchbeziffert.

RA Geu[len]:

Ein Teil der Akten ist nicht durchlaufend paginiert. Das ist doch, glaube ich, offensichtlich.

Vors.:

Wo? Bitte benennen Sie mal diese Stellen.

RA Geu[len]:

Ja es sind zunächst mal die Anlagen. Da fehlt die Paginierung und da ist auch nicht ganz ersichtlich, zu welchen Seiten diese Anlagen eben Anlagen sind. Ob sie allgemeine Anlagen zu der Akte sind. Und außerdem sind die Akten selbst nicht in sich paginiert, so daß nicht festgestellt werden kann, ob die Anlagen vollständig sind.

Vors.:

Wie bitte. Die Anlagen sind doch mit der Nummer ganz genau bezeichnet. Anlage 3, 4, usw. Die Anlagen sind doch angegeben, Herr Rechtsanwalt.

RA Pfaff[h]:

Es fehlt eine Paginierung.

Vors.:

Ja das haben wir ja festgestellt, daß die Anlagen in sich zum Teil paginiert sind, aber das scheinen nur die Originalpaginierungen zu sein, die noch von den ... Ich weiß es nicht, ich kann es nicht beurteilen. Aber die Anlagen sind eben zusammengefaßt als solche Anlage 1, 2, 3 usw. So sehe ich die Dinge jedenfalls.

RA Geu[len]:

Ja meine Frage an den Zeugen ist die, 1. sind Sie auch der Meinung, daß die Anlagen Bestandteil der Akte ist und 2. warum sind die Anlagen nicht durchlaufend paginiert. Der Sinn dieser Frage liegt ja auf der Hand. Die Paginierung hat die Funktion, daß erstens die Chronologie der Anlage der Akte festgestellt werden kann und zweitens, daß die Vollständigkeit dieser Akte festgestellt werden kann und das kann hinsichtlich der Anlagen, die ja sehr wesentlich sind, nicht geschehen. Ich darf also meine Frage wiederholen, warum ist die Akte nicht in vollem Umfang, insbesondere hinsichtlich der Anlagen durchgängig paginiert, also mit Seitenziffern versehen?

Zeuge Frei[muth]:

Ich bin der Meinung, daß wir in den Vernehmungsprotokollen auf die Anlagen eingegangen sind, so daß sich eine Paginierung erübrigte. Wir haben sie in ihrer Gesamtheit bezeichnet mit 1, 2, 3 usw., und damit, meine ich, [12681] bedurfte es keiner weiteren Erklärung und keiner weiteren Paginierung.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen, ich darf Sie beispielsweise auf Blatt 132 hinweisen. Da beginnt es mit der Anführung der Erörterung der Anlagen. Nur zum Verständnis dessen, was der Herr Zeuge im Augenblick gesagt hat. Der oberste Absatz.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, können Sie ausschließen, daß in diesem Zusammenhang noch weitere Anlagen aufgetaucht sind, die zu dieser Akte nicht gelangt sind, insbesondere, daß weitere Anlagen Ihnen vorgelegen haben, die nicht Bestandteil dieser uns vorgelegten Akte 1 BJs sind.

Zeuge Frei[muth]:

Ja, das kann ich ausschließen. Es ist alles, was von Herr Müller als Anlage zur Vernehmung mitgebracht worden ist, [i] als Anlage in die Vernehmung eingefügt worden und zwar auf Wunsch von Herrn Müller.

RA Geu[len]:

Haben während dieses Vernehmungszeitraumes noch weitere Gespräche stattgefunden mit Herrn Müller, die in diesen Akten nicht aktenkundig geworden sind?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, wir haben Herrn Müller nur zum Zweck der Vernehmung kontaktiert.

RA Geu[len]:

Das letzte habe ich jetzt nicht verstanden. Zum Zweck der Vernehmung?

Zeuge Frei[muth]:

Kontaktiert.

RA Geu[len]:

Ja, das beantwortet die Frage aber nicht. Die Frage war, ob Gespräche stattgefunden haben über die in diesen Akten kein - sei es Vernehmungsprotokoll oder sei es ein Aktenvermerk - von Ihrer Seite angefertigt worden ist.

Vors.:

Die Frage war schon beantwortet. Der Zusatz mit dem Kontaktieren war nur zur Erläuterung der Antwort, die nein gelautet hat.

RA Geu[len]:

Wenn der Zeuge sagt, er hat nur zum Zwecke der Vernehmung kontaktiert, so schließt das natürlich nicht aus, daß er, das ist doch selbstverständlich, das ist doch das Motiv des Zeugen ...

Vors.:

Er hat aber vorher gesagt, jetzt auf Ihre Frage, nein.

Als Sie fragten, ob weitere Gespräche stattgefunden hätten, die dann nicht in diese Akten gelangt seien, sagte er nein. Und dann hat er diesen Zusatz nur zur Erläuterung noch angeknüpft.

[12682] RA Geu[len]:

Ja Herr Zeuge, zur Konkretion. Können Sie ausschließen, daß Gespräche stattgefunden haben während der Zeit dieser Vernehmung, die in dieser Akte nicht aktenkundig geworden sind, insbesondere durch Aktenvermerke von Ihrer Seite?

Zeuge Frei[muth]:

Soweit es sich um das Thema der Vernehmung handelte, ist alles schriftlich niedergelegt worden was besprochen wurde. Natürlich führt man Gespräche mit einem Zeugen über das Wetter und andere Dinge, aber die werden dann natürlich nicht aktenkundig gemacht.

RA Geu[len]:

Was war denn das Thema der Vernehmung, Herr Zeuge?

Zeuge Frei[muth]:

Das Thema der Vernehmung war zunächst mal: Sprengstoffbeschaffung und Sprengstoffanschläge durch die RAF.

RA Geu[len]:

War das auch die konkrete Weisung, die Ihnen erteilt worden ist, dieses Thema?

Zeuge Frei[muth]:

Das war die konkrete Weisung. Wir hatten die Weisung, nach einem bestimmten Schema vorzugehen, so wie ich es eben gesagt hatte. Das heißt also Komplexweise.

RA Geu[len]:

Und zu diesem Thema sind, das habe ich eben so verstanden, zu diesem Thema sind weitere Gespräche mit Herrn Müller nicht geführt worden, die nicht auch Gegenstand dieser Akten sind, insbesondere durch Aktenvermerke?

Zeuge Frei[muth]:

Von mir nicht.

Vors.:

Zum dritten Mal ist die Frage jetzt gestellt, Herr Rechtsanwalt.

Zeuge Frei[muth]:

Ja der Zeuge schränkt es aber immer ein. Z.B. sagt er jetzt wieder, „von mir nicht.“ Herr Vorsitzender, das könnten Sie auf Ihrer Seite bemerken. Es könnte ja z.B. sein, daß der Zeuge davon gehört hat, daß er sie selbst nicht geführt hat.

Vors.:

Ja dann stellen Sie die Frage, ob er dazu gehört hat.

Die dürfen Sie ja, das ist ja was Neues.

RA Geu[len]:

Ja wenn Sie jedesmal sagen, die Frage sei schon beantwortet worden und wenn der Zeuge die Beantwortung immer wieder einschränkt. Also haben Sie davon gehört, daß solche Gespräche geführt worden sind?

Zeuge Frei[muth]:

Ich habe auch nichts davon gehört.

RA Geu[len]:

Auch später nicht mehr?

Zeuge Frei[muth]:

Auch später nicht.

[12683] RA Geu[len]:

Herr Zeuge stand, nein, zunächst folgende Frage.

Sind dem Zeugen Müller während seiner Vernehmung Vorhalte gemacht worden? Vorhalte in förmlicher Form.

Vors.:

Das ist heute früh erörtert worden. Ich kann die Wiederholung nicht zulassen. Sie müssen dafür Sorge tragen, daß Sie pünktlich hei den Vernehmungen erscheinen können.

RA Geu[len]:

Sind der Vernehmung, bzw. vor Beginn der Vernehmung des Zeugen Müller, Vorgespräche mit dem Zeugen Müller von Ihrer Seite geführt worden?

Zeuge Frei[muth]:

Vorgespräche sind nicht geführt worden. Herr Müller wurde uns vorgestellt und wir sind dann gleich in die Vernehmung eingetreten.

RA Geu[len]:

Herr Müller wurde Ihnen vorgestellt. Und vor diesem Tag, im März war das wohl 1976, an dem das erste Vernehmungsprotokoll angefertigt worden ist, haben Sie da Herr Müller schon einmal gesehen?

Zeuge Frei[muth]:

Ich habe Herrn Müller vorher nie gesehen.

RA Geu[len]:

Und von wem ist er Ihnen vorgestellt worden?

Zeuge Frei[muth]:

Von den Kollegen in Hamburg.

RA Geu[len]:

Und hatten die schon mal mit Herrn Müller Gespräche geführt vor diesem Tag im März 1976?

Zeuge Frei[muth]:

Davon gehe ich aus.

RA Geu[len]:

Sind Ihnen Vermerke oder Akten über diese Gespräche vorgelegt worden?

Zeuge Frei[muth]:

Ich habe vorhin schon ...

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, ich beanstande die Frage. Sie ist beantwortet worden. Herr Rechtsanwalt Pfaff hat schon danach gefragt.

RA Geu[len]:

Herr Pfaff hat nach der Akte 3 ARP gefragt. Meine Frage ist sehr viel allgemeiner und bezieht sich auf andere Akten, insbesondere auch Vermerke ...

Vors.:

Ja es ist vielleicht ein Mißverständnis entstanden.

Als der Herr Zeuge sagte: Ich gehe davon aus, bezog er sicher auf die aktenkundig gewordene Vorgänge[j]. Aber der Herr Rechtsanwalt Geulen meint, ob solche Vorgespräche, wie er sie bei Ihnen vorher erfragen wollte, vielleicht durch andere Kollegen ... Sie sagten, ich nicht. Ich habe auch nichts davon gehört. Aber ob die Hamburger Kollegen direkt, ob die vielleicht solche Gespräche gemacht haben, die also [12684] nicht in die Akten 3 ARP gelangt sind, sondern ein Zwischenstadium darstellen.

Zeuge Frei[muth]:

Dazu kann ich nichts sagen. Ich weiß nur, daß die Hamburger Kollegen schon vorher Kontakt mit Herrn Müller hatten, und diesen Kontakt dazu benutzten, Herr Müller mit uns bekannt zu machen.

RA Geu[len]:

Ob darüber also Aktenvermerke oder sonstige Aktenunterlagen, schriftliche Unterlagen angefertigt worden sind, wissen Sie nicht?

Zeuge Frei[muth]:

Das weiß ich nicht.

Vors.:

Jetzt muß ich aber, Herr Rechtsanwalt Geulen, damit kein falscher Eindruck entsteht, insofern eingreifen. Gehen Sie jetzt davon aus, daß tatsächlich der Zeuge bekundet habe, es hätten Gespräche die außerhalb der Vernehmung 3 ARP stattgefunden hätten, kein Niederschlag in irgendwelchen Schriftstücken gefunden.

RA Geu[len]:

Ich gehe davon aus, daß der Zeuge gesagt hat, daß Ihm der Zeuge Müller im März 1976 vorgestellt wurde, daß er ihn da zum ersten Mal gesehen hat. Wohl an dem Tag an dem die Akte beginnt und daß vorher die Hamburger Kollegen die ihn vorgestellt haben, Gespräche mit Herrn Müller geführt hat und daß er nicht weiß, daß darüber Akten angelegt worden sind. Das hat der Zeuge gesagt.

Vors.:

Der Zeuge weiß aber, dann müßte man das klären. Herr Zeuge ...

Zeuge Frei[muth]:

Ja ich habe jetzt die Frage so aufgefaßt, daß von den Hamburger Kollegen Gespräche mit Herrn Müller dahingehend geführt worden sind, die darauf abzielen, Herr Müller darauf vorzubereiten, daß er von Beamten des Bundeskriminalamts vernommen wird. So hatte ich die Frage verstanden. Zuvor hatte ich ja die Frage nach der ARP Akte beantwortet. Und ob darüber ...

Vors.:

Und da sagen Sie, Sie gehen davon aus, daß solche Gespräche wohl stattgefunden hätten, aber ...

Zeuge Frei[muth]:

Davon gehe ich aus, ja. Aber ich weiß nicht, ob darüber etwas Schriftliches vorliegt. Ich hab auch nichts gesehen.

Vors.

Bittesehr, Herr Rechtsanwalt Geulen.

[12685] RA Geu[len]:

Aber Herr Zeuge, wenn sich diese Vorgespräche oder Gespräche Ihrer Hamburger Kollegen offensichtlich doch auf die weitere Vernehmung durch Sie bezogen, mußten Sie doch an sich davon ausgehen, daß die schriftlichen Unterlagen über diese - das ist meine Frage - die schriftliche Unterlagen über diese Gespräche selbst schon Bestandteil der Akten sein mußten und mußten doch, das möchte ich Sie fragen und Ihnen vorhalten, Ihre Kollegen fragen, wo diese Unterlagen sind, um diese Akte fortführen zu können?

Zeuge Frei[muth]:

Ich hatte vorhin schon gesagt, daß ich von der Existenz dieser ARP Akte wußte, mehr aber nicht. Das heißt, mir ist bekannt geworden, daß in dieser ARP Akte Protokolle über Gespräche mit Herrn Müller enthalten waren.

RA Geu[len]:

Es geht ja nicht nur unbedingt um die 3 ARP Akte, Herr Zeuge, sondern überhaupt um die ordnungsgemäße aktenkundige Erfassung der Vorgespräche von denen Sie sagten, daß nach Ihrer Kenntnis Ihrer Hamburger Kollegen, sie geführt haben mit dem Zeugen Müller.

Zeuge Frei[muth]:

Ja von einer schriftlichen Niederlegung von Gesprächsinhalten in anderer Form habe ich nichts gehört. Mir ist also nur bekannt, daß Herr Müller im Rahmen dieser ARP-Akte bereits gehört worden ist, daß darüber etwas Schriftliches existierte. Alles andere kann ich nicht beantworten.

RA Geu[len]:

In den Teilen der Akte 3 ARP die Ihnen zugänglich war, war da zu erkennen, um welche Teile es sich handelt. Das heißt, war da zu erkennen, welche Teile aus dieser Akte entnommen worden sind?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, das war nicht zu erkennen, es gab keine Nummerierung. Das waren einige Fotokopien die willkürlich zusammengestellt worden waren.

RA Geu[len]:

Können Sie sagen, welchen Umfang rein quantitativ das hatte. Die Frage hatte der Zeuge noch nicht beantwortet. Ungefähr natürlich nur? In Seitenzahlen?

Zeuge Frei[muth]:

Das könnten etwa 50 Blatt gewesen sein. Aber ich will mich da nicht festlegen.

[12686] Etwa 50 Blatt, die nicht paginiert waren, sondern wie Sie sagten, zufällig ...

Zeuge Frei[muth]:

Das waren Fotokopien, ja.

Ende von Band 750

[12687] RA Geu[len]:

Können Sie sich daran erinnern, daß in diesen Akten auch zum Beispiel Angaben von Herrn Müller über Banküberfälle stammten. z.B. in Ludwigshafen oder andere Banküberfälle?

Zeuge Frei[muth]:

Daran kann ich mich nicht erinnern. Wir haben uns, das heißt, ich habe mich in diesen Unterlagen ganz allein an den Komplexen orientiert, die uns zum jeweiligen Zeitpunkt der Vernehmung interessierten. Und das war, wiegesagt, die Sprengstoffbeschaffung und die Sprengstoffanschläge.

RA Geu[len]:

Darf ich [k] fragen, warum in der Akte 1 BJs praktisch überhaupt keine formellen Vorhalte verzeichnet sind, die dem Zeugen Müller gemacht worden wären.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, wir beanstanden die Frage.

Vors.:

Ja, sie ist eine Wiederholung, das wollten Sie sicher zum Ausdruck bringen, was auch zutrifft. Auch das ist heute früh schon erörtert worden, Herr Rechtsanwalt Geulen.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, ich habe noch eine weitere Frage. Ist Ihnen bekannt, daß Herrn Müller durch die Polizei bzw. das BKA die Benutzung eines Radios mit Ukw-Teil gestattet worden ist?

Zeuge Frei[muth]:

Das ist mir nicht bekannt. Über die Haftbedingungen, die für Herrn Müller Geltung hatten, ist mir nichts bekannt.

RA Geu[len]:

Eine weitere Frage. Nachdem Sie die Akte angelegt hatten, bzw. die Vernehmung mit Herrn Müller durchgeführt hatten, was ist dann aus dieser Akte geworden?

Zeuge Frei[muth]:

Ich habe die Akte nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt mitgeführt, das heißt an den Vernehmungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt teilgenommen. Ich glaube, es war der Juli. Und über den weiteren Verbleib der Akte kann ich nichts sagen, weil ich damit nicht mehr befaßt war.

RA Geu[len]:

Ist Ihnen eine Akte bekannt, mit dem Aktenzeichen T 79/75 VS-Vertraulich?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, kenne ich nicht.

RA Geu[len]:

Kann es sein, daß bei den Unterlagen aus der Akte 3 ARP oder bei den Teilen aus dieser Akte, die Ihnen zur Verfügung stand, dieses Aktenzeichen verzeichnet war?

[12688] Zeuge Frei[muth]:

Das weiß ich nicht.

RA Geu[len]:

Können Sie es [l] ausschließen oder können Sie es nicht ausschließen?

Zeuge Frei[muth]:

Ich kann dazu überhaupt nichts sagen.

RA Geu[len]:

Weil Sie es nicht wissen oder?

Zeuge Frei[muth]:

Weil ich es nicht weiß, ja.

RA Geu[len]:

Und das Aktenzeichen 99/75 VS-Vertraulich?

Zeuge Frei[muth]:

Auch das Aktenzeichen sagt mir nichts.

RA Geu[len]:

Haben Sie eigentlich mal, als Sie die Akte 3 ARP oder die Teile, die Sie davon hatten, sich angeschaut haben, die Aktenzeichen, die auf diesen Aktenseiten oben verzeichnet waren, angesehen und miteinander verglichen?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, mich hat nur der sachliche Inhalt interessiert.

RA Geu[len]:

Sie haben sich nicht die Aktenzeichen angeguckt auf dieser Akte?

Zeuge Frei[muth]:

Nein.

RA Geu[len]:

Die Akte 207/75 VS-Vertraulich, ist die Ihnen bekannt?

Zeuge Frei[muth]:

Ist mir auch nicht bekannt.

RA Geu[len]:

Hatten Sie den Eindruck, daß bei den Teilen der Akten 3 ARP, die Ihnen vorlagen, die ersten Seiten dieser Akte beigelegt waren.

Zeuge Frei[muth]:

Ich weiß nur, daß es ein unvollständiger, willkürlich zusammengelegter Stapel von Blättern war. Inwieweit diese Blätter mit dieser ARP-Akte identisch waren, kann ich nicht beurteilen.

RA Geu[len]:

Ja, das beantwortet aber die Frage nicht, ob nach Ihrem Eindruck die ersten Seiten dieser Akte, also insbesondere mit einer Einleitungsverfügung oder eben solchen ...

Zeuge Frei[muth]:

Nein, das war keine komplette Akte, sondern das war willkürlich herausgenommen, das heißt, es fing an mit irgendeinem Sprengstoffanschlag, bzw. mit der Sprengstoffbeschaffung. Das ging mitten in die Sache hinein.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, wenn Sie jemanden vernehmen und den Eindruck haben, daß er möglicherweise Straftaten begangen hat, deretwegen noch nicht ermittelt wird, ist es dann richtig, daß Sie von Amts wegen verpflichtet sind und [12689] auch persönlich sich daran halten würden, eine ... von Amts wegen eine Anzeige zu erstatten, bzw. Ermittlungen anzuregen?

Zeuge Frei[muth]:

Das ist richtig.

RA Geu[len]:

Hatten Sie nach der Vernehmung des Zeugen Müller hierzu Anlaß?

Zeuge Frei[muth]:

Wir waren der Meinung, das heißt, ich war der Meinung, daß Herr Müller für die Straftaten, die er begangen hatte, abgeurteilt worden war. Und mir ist nicht der Eindruck gekommen, daß Herr Müller sich durch seine Aussagen weiter belastete. Das lag ja auch in seinem Interesse, das zu vermeiden.

RA Geu[len]:

Waren Ihnen die konkreten Straftaten, deretwegen Herr Müller in Hamburg angeklagt war, bekannt?

Zeuge Frei[muth]:

Konkret nicht.

RA Geu[len]:

Ich habe im Augenblick keine Frage an den Zeugen.

Ich würde aber bitten, den Zeugen nicht zu entlassen und zwar aus dem einfachen Grund, weil die weiteren Zeugen, die heute vormittag vernommen werden, Zeugen sind, die Aussagen machen können über die Akte 3 ARP. Und die Akte, die dieser Zeuge angelegt oder mitgeführt hat, ist nachträglich entstanden und es ist selbstverständlich, daß sich aus der Vernehmung der anderen Zeugen weitere Fragen an diesen Zeugen ergeben können.

Vors.:

Da wird nichts im Wege stehen. Wir würden Sie also bitten, Herr Freimuth, daß Sie jetzt - wir wollen Sie zwar jetzt vereidigen - noch nicht den Gerichtsort verlassen. Herr RA Pfaff noch eine Frage? Bitte.

RA Pf[aff]:

Herr Zeuge, woher wußten Sie eigentlich, daß die Blätter, die Ihnen vorgelegt wurden, Teile der Akte 3 ARP waren, wenn Ihnen [m] keine Einleitungsverfügung vorlag, kein Umschlag vorlag, sondern ein willkürlich zusammengesetzter Stoß.

Zeuge Frei[muth]:

Das ist mir gesagt worden.

RA Pf[aff]:

Von wem?

Zeuge Frei[muth]:

Das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Herr RA Geulen.

[12690] RA Geu[len]:

Dann möchte ich doch noch fragen: Stand das auch auf der Akte drauf oder ist Ihnen das nur gesagt worden?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, das ist mir nur gesagt worden.

RA Geu[len]:

Und die Akte selbst, hatte die überhaupt kein Aktenzeichen?

Zeuge Frei[muth]:

Ich habe auf der Akte kein Aktenzeichen gesehen, habe auch nicht darauf geachtet.

RA Geu[len]:

Danke.

Der Zeuge KOK Freimuth wird vorschriftsmäßig vereidigt.

Vors.:

Herr Freimuth, um 14.00 Uhr bitte ich Sie nochmals anwesend zu sein.

Der Zeuge KOK Freimuth wird um 9.56 Uhr vorläufig entlassen.

Vors.:

Ich bitte jetzt sämtliche 4 Zeugen hereinzurufen.

Folgende auf 10.15 Uhr geladene Zeugen erscheinen um 9.56 Uhr im Sitzungssaal:

KOM Hartmut Mann

KOM Gerhard Jonasson

KHK Lothar Opitz

Die Zeugen KOM Mann, KOM Jonasson und KHK Opitz werden gem. § 57 StPO belehrt.

Während der Belehrung der Zeugen verläßt OStA Holland um 9.57 Uhr den Sitzungssaal.

Die Zeugen KOM Mann, KOM Jonasson und KHK Opitz erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Die Zeugen KOM Jonasson und KHK Opitz werden um 9.58 Uhr in Abstand verwiesen.

[12691] Der Zeuge KOM Mann macht folgende Angaben zur Person:

Hartmut Mann, 34 Jahre alt,

KOM b. Polizei Hamburg FD 721,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Der Zeuge KOM Mann übergibt seine Aussagegenehmigung dem Gericht.

Sie wird als Anl. 2 dem Protokoll beigefügt.

Der Vorsitzende gibt den wesentlichen[n] Inhalt dieser Aussagegenehmigung bekannt.

Vors.:

Die Verteidigung hat Sie als Zeugen benannt. Sie sollen uns unter anderem berichten können, daß Herr Müller mit dem Journalisten Schwarberg am 26.2.1975 ein Gespräch geführt habe, betreffend einen Transport von Düngemitteln zwischen Frankfurt und Hannover; Laatzen ist die genauere Bezeichnung. Ist Ihnen dieses Gespräch bewußt?

Zeuge Mann:

Ja, das ist mir bewußt.

Vors.:

Sind Sie dabei gewesen?

Zeuge Mann:

Ich bin dabei gewesen.

Vors.:

Können Sie sich inhaltlich noch etwa entsinnen?

Zeuge Mann:

Ja das kann ich.

Vors.:

Bitte, wenn Sie uns schildern wollten, was Müller gegenüber dem Journalisten damals geäußert hat.

Zeuge Mann:

Ja, das war ein Interview, das der Journalist Schwarberg und Müller hatten, das dauerte fast 2 Stunden.

Das Interview hatte noch mehr Gesprächsinhalte, nicht nur diesen Düngemitteltransport. Und unter anderem erzählte dann Gerhard[o] Müller, daß er zusammen mit einem anderen einige Säcke Düngemittel - Wort Düngemittel, das[p] hat er [q] gebraucht, um vielleicht[r] etwas anderes nicht sagen zu wollen - von Hannover nach Stuttgart, glaube ich ...

Vors.:

Hannover/Frankfurt, waren wohl die Endpunkte der Reise?

Zeuge Mann:

... ja, Hannover/Frankfurt bringen. Diese Säcke mit Düngemittel, das[s] waren wohl etliche Zentner, wurden in einem großen Wagen verteilt, über den ganzen Wagen, weil sonst [12692] der Wagen zu schräg gestanden hätte, wenn es nur[t] in den Kofferraum geladen worden wär. Und[u] unterwegs - es war wohl nachts - mußten sie tanken. Sie sind dazu auf eine Selbstbedienungstankstelle gefahren. Der zweite Mann mußte mal austreten und verschwand dann, während Gerhard[v] Müller versuchte zu tanken. In diesem Moment kam ein ziviler Polizeiwagen mit zwei Schutzleuten oder Kriminalbeamten, und kontrollierte Gerhard[w] Müller.

- OstA Holland erscheint um 10.02 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Er zeigte dann auch seinen oder einen Führerschein und Fahrzeugpapiere vor. Er erzählte dann noch, er hatte während des Transports eine Maschinenpistole bei sich, die er hinter dem Rücksitz auf die Papiersäcke gelegt hatte, offen, die aber die Beamten nicht gesehen haben. Als die beiden Beamten dann wieder abfuhren, nach der Kontrolle, kam dann der 2. Mann hervor und meinte, daß er die ganze Zeit mit der Pistole im Anschlag gewartet hätte.

Vors.:

Ihre Schilderung zeigt uns, daß Sie den Vorfall meinen, den hier die Verteidigung mit dem Beweisantrag im Auge hat. Wichtig ist jetzt, wer war der andere? Sie sprachen immer von einer anderen Person.

Zeuge Mann:

Ja, ich habe damals geschrieben Andreas Baader.

Vors.:

Was heißt das: Ich habe damals geschrieben?

Zeuge Mann:

Ja, wenn ich das richtig überlege, kann es auch jemand anderes gewesen sein. Ich sagte ja dieses Gespräch, dieses Interview mit dem Journalisten Schwarberg dauerte ca. 2 Stunden; und es sind sehr viele Namen gefallen und viele verschiedene kleine Begebenheiten. Ich bin der Meinung, ich könnte mich auch da geirrt haben, daß es jemand anderes war.

Vors.:

Es ist also nach der Beweisbehauptung der Verteidigung so, daß Müller geschildert haben soll. „Einmal mußte ich mit Andreas Baader“, und durchgehend wird dann der Name Baader nur als der andere erwähnt. Wir wissen nun nicht, ob das auf die Schilderung des Zeugen zurückzuführen ist, die er dann vielleicht in einer Presseveröffentlichung oder sonst wo bekanntgegeben hat oder worauf diese Kenntnis der Verteidigung beruht. Sie jedenfalls meinen, es sei damals der [12693-12694][23] [12695] Name Baader genannt worden; aber Sie machen heute Einschränkungen, wenn ich ...

Zeuge Mann:

Als ich das geschrieben habe; ich habe ja nicht während des Interviews mitgeschrieben; ich mußte nachher, habe erst am Nachmittag dann so aus dem Gedächtnis versucht, das aufzuschreiben, an was ich mich noch erinnerte. <Und ich hatte damals überlegt: Hat er nun Andreas Baader gesagt. Und nach reiflicher Überlegung bin ich zu der Überzeugung gelangt, er hatte Andreas Baader gemeint. Aber es könnte auch sein, daß ich mich vertan habe.

Vors.:

Welche Namen sind denn sonst noch genannt worden? Haben Sie ungefähr eine Vorstellung? Wenn Sie uns ein paar noch aufführen könnten.

Zeuge Mann:

Ja, er hat praktisch alle bekannten Namen aus der Gruppe genannt: Raspe, Holger Meins, Frauennamen, Gudrun Ensslin ...

Vors.:

Also Meins wurde im Zusammenhang mit den Gesprächen auch aufgeführt?

Zeuge Mann:

Ja, mehrmals.

Vors.:

Gegenüber dem Herrn Schwarberg?

Zeuge Mann:

Ja.>

Vors.:

Nun, Herr Mann, waren Sie beteiligt bei den Vernehmungen ...

RA Geu[len]:

Ich werd’ jetzt trotzdem die Frage, auch wenn es der Zeuge beantwortet hat, beanstanden,[24] Herr Vorsitzender. Es ist wirklich zu durchsichtig, daß Sie versuchen nun diese Art, wie der Zeuge die Widersprüche, dieser Zeuge die Widersprüche ...

Vors.:

Herr RA, darf ich Sie um eines bitten: Wenn Sie ...

RA Geu[len]:

Ja, Sie haben eine Schlußfolgerung gemacht, die nicht zulässig ist, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Darf ich Sie auf eines hinweisen, Sie können ...

RA Geu[len]:

Darf ich das jetzt beanstanden zunächst.

Vors.:

Sie können Fragen beanstanden, aber ich möchte ...

RA Geu[len]:

Ja, ich beanstande die Frage; und ich begründe das, wenn Sie gestatten.

Vors.:

... Sie grundsätzlich bitten, nicht ständig ...

RA Geu[len]:

Sie unterbrechen mich; ich möchte jetzt zunächst die Beanstandung begründen.

Vors.:

Nein, Sie haben mich unterbrochen zunächst mal ...

RA Geu[len]:

Sie haben mich doch unterbrochen ...

[12696] Vors.:

Ich möchte Sie bitten, mich nicht sofort ... indem Sie ...

RA Geu[len]:

Sie unterbrechen mich; und wenn ich weiterrede sagen Sie, daß ich Sie unterbreche.

Vors.:

Bitte stellen Sie dem Herrn RA das Mikrofon ab. Sie können mir nicht vorwerfen, daß ich hier zu durchsichtige Fragen stellen wollte, mit irgendeinem Zweck. Ich stelle meine Fragen, weil ich glaube, daß sie zur Aufklärung notwendig sind. Und Sie können sich diesen anzüglichen Ton sparen. Und jetzt bringen Sie Ihre Beanstandung vor, bitte.

RA Geu[len]:

Der Zeuge hat auf Ihre Frage, über wen noch bei dieser ersten Vernehmung gesprochen wurde, einige Namen genannt, unter anderem auch den Namen des Herrn Meins. Das ist, wie offensichtlich ist, der Name, derjenige Name, den der Zeuge in einer späteren Aussage, nämlich am 1. April 1976 als die Person angegeben hat, die er in der Aussage vom 26.2.75 als Herrn Baader bezeichnet hat. Und daraufhin haben Sie gesagt, Herr Vorsitzender, was der Zeuge, was sich aus den Angaben, was sich aus den Aussagen des Zeugen überhaupt nicht ergab. Es kann also sein - also, also, als folge das gewissermaßen aus den Aussagen des Zeugen, - daß Herr Müller mit dieser Person auch Herrn Meins genannt haben kann. Und das folgt überhaupt nicht aus den Aussagen des Zeugen ...

Vors.:

Habe ich auch nicht gesagt. Ich bitte nochmals, bevor Sie Ihre Beanstandung weiter vortragen, das vorspielen zu lassen, was ich gefragt habe.

RA Geu[len]:

Ja, würde ich auch darum bitten.

Ich bitte die vorhergehende, Ihre vorhergehende Frage, dann die Aussage des Zeugen und dann Ihre Frage ...

Vors.:

Sie kriegen das vorgespielt.

Und ich bitte Sie darauf zu achten, daß ich ganz behutsam vermieden habe, den Herrn Zeugen auf einen bestimmten Namen zu lenken, sondern ganz allgemein gefragt habe, ob Namen genannt sind, sonstige; und hab ihn sogar noch aufführen lassen.

Ich bitte jetzt dieses Fragespiel nochmals vorzuspielen.

[12697] An dieser Stelle wird das Tonband gestoppt, zurückgespult und die mit <> gekennzeichnete Stelle auf der Seite 12695 des Protokolls nochmals laut vorgespielt.

Ende des Bandes 751

[12698] Vors.:

Gut, das hieße also, Meins wurde im Zusammenhang mit den Gesprächen auch aufgeführt. Das, was Sie behaupten, ist absolut unrichtig.

Ist damit die Beanstandung erledigt?

RA Geu[len]:

Die Beanstandung ist nicht erledigt. Zunächstmal besteht überhaupt kein Anlass, hier[x] besonders auf Herrn Meins hinzuweisen, außer der, daß, wie wir später sehen werden, in der weiteren Aussage der Zeuge Müller eben Herrn Baader und Herrn Meins ausgetauscht hat. Und das zweite ist, daß, ich meine, daß sich aus dem Kontext dieses gesamten Dialoges ergibt, daß hier der Versuch gemacht werden soll, von Ihrer Seite, und daher behalte ich die Beanstandung aufrecht, daß Herr Müller, was sich aus der Aussage vom 26.2.75 überhaupt nicht ergibt, unter Umständen Herrn Baader mit Herrn Meins verwechselt haben kann.

Vors.:

Der Senat fühlt sich außerstande zu erkennen, was Sie eigentlich jetzt beanstandet haben. Welche Frage haben Sie im Augenblick beanstandet, die gestellt worden ist?

RA Geu[len]:

Ich habe die Frage in dem, ... die mit dem Wort „also“ wohl begann, beanstandet, diese - es war ja offensichtlich auch eine suggestive Frage, das ist gar keine Polemik, Herr Vorsitzender, das war auch so gemeint -, „also der Name von Herrn Meins ist in diesem Zusammenhang, bei diesen Gesprächen - so war sinngemäß die Frage - auch gefallen“. Das ist eine suggestive Frage und dieses „also“ habe ich beanstandet. Aber die Beanstandung ist eigentlich ja erledigt, denn der Zeuge hat die Frage beantwortet.[25] Das macht aber die Beanstandung natürlich nicht hinfällig, denn es ist wichtig, darauf hinzuweisen.

Ich bestehe also nicht auf einem Beschluß des Gerichts.

Vors.:

Sie legen also keinen Wert mehr[y] auf eine Entscheidung des Senats. Aber ich lege Wert darauf, Herr Rechtsanwalt, Ihnen nochmals zu sagen, diese Unterstellungen, daß Absichten oder sonstwas dahintersteckten, sind vollkommen neben der Sache. Selbstverständlich interessierte der Name Meins durch den Zusammenhang des Beweisantrags. Und deswegen habe ich diese Frage nochmals zur Vertiefung stellen müssen; das dient nur der Aufklärung der Sache. Im übrigen ist sie in der neutralsten Form geschehen, die überhaupt möglich war in diesem Zusammenhang. Jetzt [12699] bitte ich, weitere Fragen zu stellen.

Herr Rechtsanwalt Pfaff.

RA Pf[aff]:

Also meines Wissens waren Sie noch gerade in der Befragung. Wollen Sie jetzt das Wort gleich an uns abgeben?

Vors.:

Sie haben recht. Diese Zwischenfrage von Herrn, bzw. die Zwischenbemerkung von Herrn Geulen hat mich in der Richtung drausgebracht.

Wir waren soweit gekommen, daß Sie das Gespräch mit dem Journalisten Schwarberg geschildert haben, uns mitgeteilt haben, daß Sie sich heute nicht mehr sicher seien, ob Sie sich beim Namen, den Sie im Zusammenhang für den anderen Fahrer erwähnt haben, vertan haben könnten.

Zu dem Zusammenhang, wollen Sie da von sich aus noch irgendetwas beitragen?

Zeuge Mann:

Ja. Herr Schwarberg hat das ganze Gespräch auf einen Kassettenrecorder aufgezeichnet. Es müsste sich ja eigentlich klären lassen, falls er das Band noch hat, was damals gesagt worden ist, welcher Name.

Vors.:

Wissen Sie, ob Herr Schwarberg später dieses Gespräch in einer Veröffentlichung mitgebracht hat?

Zeuge Mann:

Das weiß ich nicht, nein.

Vors.:

Das wissen Sie nicht.

Wir sind oder wir müssen die Möglichkeit annehmen, daß Sie Vernehmungen von Herrn Müller durchgeführt haben, die sich 1975 angebahnt haben. Ist das richtig, waren Sie daran beteiligt?

Zeuge Mann:

Nein, das ist nicht richtig. Ich war nicht daran beteiligt.

Vors.:

Ist Ihnen 3 ARP als Aktenzeichen ein Begriff?

Zeuge Mann:

Ich habe das nicht verstanden; 3 AR ...

Vors.:

3 ARP.

Zeuge Mann:

Nein.

Vors.:

Sind Ihnen diese Akten kein Begriff?

Zeuge Mann:

Das Aktenzeichen ist mir kein Begriff, nein.

Vors.:

Haben Sie an keinen Vernehmungen des Herrn Müller teilgenommen, die außerhalb dieses Gesprächs gelegen hätten?

Zeuge Mann:

Also ich meine, daß ich an keiner Vernehmung dabei war.

Vors.:

Ja, das ist durchaus möglich. Ich frage es, wir wollen es ...

[12700] Zeuge Mann:

Ich muß das überlegen.

Vors.:

Bitte überlegen Sie, gerne.

Zeuge Mann:

Ja, ich habe jetzt überlegt. Ich bin der Meinung, ich bin nicht dabeigewesen.

Vors.:

Also nur, um es nochmals ganz klar herauszustellen: bei diesem Gespräch Schwarberg-Müller sind Sie dabeigewesen?

Zeuge Mann:

Da war ich dabei, ja.

Vors.:

Und das war ja wohl keine Vernehmung, sondern ein Interview, das überwacht wurde.

Zeuge Mann:

Das war ein Interview, ja.

Vors.:

So daß Sie überwachende Funktionen[z] hatten?

Zeuge Mann:

Ja.

Vors.:

Haben Sie irgendwelche Kenntnisse davon erlangt, daß, sei es durch Gespräche im Kollegenkreise, daß Herr Müller durch bestimmte Umstände dazugebracht worden ist, aussagebereit zu sein?

Zeuge Mann:

Nein, darüber habe ich keine Kenntnisse.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Sehe ich beim Gericht nicht.

Die Herren der Bundesanwaltschaft? Auch nicht.

Die Herren Verteidiger.

Herr Rechtsanwalt Pfaff.

RA Pf[aff]:

Herr Zeuge, kennen Sie den Vornamen von Herrn Baader?

Zeuge Mann:

Ja, Andreas.

RA Pf[aff]:

Kennen Sie den Vornamen von Herrn Meins?

Zeuge Mann:

Holger.

RA Pf[aff]:

Halten Sie es für möglich, daß Sie sich auf 23 Zeilen Protokoll mindestens 3 mal in der Protokollierung eines Namens irren?

Vors.:

Ich darf folgende Frage zunächst richten, an Sie, Herr Rechtsanwalt Pfaff. Aus was wird jetzt möglicherweise vorgehalten? Wir haben also kürzlich die Beanstandung der Verteidigung gehabt, daß die Bundesanwaltschaft sich schriftlicher Unterlagen bedient hat, die dem Gericht nicht vorgelegen haben. Das Gericht hat damals erklärt: Es hat grundsätzlich gegen Vorhalte aus solchen Dingen nichts; es muß sich aber die Überzeugung verschaffen können, daß korrekte Vorhalte gemacht werden. Das heißt, wir müssten diese schriftlichen Unterlagen bekommen zu der Vernehmung hier.

RA Pf[aff]:

Das ist das Beweisthema, ich zitiere aus dem Beweis- [12701] antrag des Kollegen Schily. Es ist die Abschrift aus der Akte 3 ARP Bl. 5.

Vors.:

Also wenn Sie jeweils uns dann bekanntgeben, woraus die Vorhalte gemacht werden; und sollte es sich um Aktenbestandteile handeln, die dem Gericht bisher nicht zugänglich waren, dann müssten wir uns irgendwie die[aa] Gewißheit verschaffen können, daß korrekte Vorhalte gemacht werden.

Ich bitte jetzt weiter zu fragen.

RA Pf[aff]:

Herr Zeuge, haben Sie meine Frage noch im Gedächtnis?

Zeuge Mann:

Ja, ich habe sie, glaube ich, noch richtig[bb] im Gedächtnis, ja.

RA Pf[aff]:

Nicht mehr im Gedächtnis?

Zeuge Mann:

Ich habe sie noch im Gedächtnis, ja.

RA Pf[aff]:

Dann bitte ich sie zu beantworten.

Zeuge Mann:

Ich habe mich nicht 3 x[cc] geirrt in den 23 Zeilen oder wieviel das waren, sondern ich habe mich insgesamt einmal geirrt, indem ich wahrscheinlich oder möglicherweise Andreas Baader mit Holger Meins verwechselt habe. Ich hab schon gesagt, daß in dem ganzen Interview sehr viele Namen gefallen sind und etliche verschiedene Begebenheiten, so daß ich bei dieser einen Begebenheit evtl. die Namen der Beteiligten verwechselt haben kann.

RA Pf[aff]:

Wäre es bei Ihnen auch möglich gewesen, daß Sie den Namen Ulrike Meinhof etwa mit Jan-Carl Raspe verwechseln?

Zeuge Mann:

Männer und Frauen verwechsle ich meistens nicht.

RA Pf[aff]:

Aber Männer[dd] verwechseln Sie leicht, die Namen von Männern?

Zeuge Mann:

Leicht nicht.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, haben Sie in letzter Zeit, in den letzten Monaten insbesondere, mit Kollegen im BKA und zwar insbesondere mit den Kollegen, die hier heute mit Ihnen als Zeugen vernommen werden sollen, über den Gegenstand Ihrer heutigen Aussage geredet?

Zeuge Mann:

Nein, das habe ich nicht.

RA Geu[len]:

Darf ich fragen, ob Sie gemeinsam mit Ihren Kollegen hierhergefahren sind, heute vormittag, die eben mit Ihnen vereidigt worden sind?

Zeuge Mann:

Ja, wir sind vom Hotel hierhergefahren.

Vors.:

Ja welche Kollegen sind jetzt gemeint? Weil die Kollegen, die gerade gemeinschaftlich belehrt worden sind, auf die Sie ja abheben, stammen ja nicht vom BKA, und Sie knüpften [12702] die Frage an, ob Gespräche mit dem BKA ...

RA Geu[len]:

Ja, ich meine auch insbesondere den Kollegen, Herr Zeuge, der heute vormittag vor Ihnen verhört worden ist.

Vors.:

Herr Freimuth.

Zeuge Mann:

Mit Herrn Freimuth bin ich nicht zusammen hergekommen; der hat meines Wissens in einem anderen Hotel übernachtet.

RA Geu[len]:

Haben Sie auch mit Herrn Freimuth in den letzten Monaten oder überhaupt in den letzten 1 ½ Jahren über den Gegenstand Ihrer Vernehmung heute und den Gegenstand dieser Vernehmung vom 26.2. oder einer späteren des Herrn Müller geredet?

Vors.:

Also die Frage in der Form ist an sich eine ungeeignete Frage, daß er in den letzten Jahren über die heutige Vernehmung gesprochen haben könnte.

RA Geu[len]:

Na seit dem 26.2.1975 beispielsweise, den letzten 1 ½ Jahren war die Frage.

Zeuge Mann:

Also in den letzten 1 ½ Jahren habe ich mit Herrn Freimuth nicht über die heutige Vernehmung gesprochen.

RA Geu[len]:

Also auch nicht seit dem 1. April 1976?

Zeuge Mann:

Nein.

RA Geu[len]:

Ist Ihnen bekannt, daß der Herr Müller am 1. April 1976 über den gleichen Gegenstand eine Aussage gemacht hat, den Sie in Ihrer Vernehmung oder in Ihrer Überwachung am 26.2.75 protokolliert haben, also diese Geschichte mit den Düngemittelsäcken an der Tankstelle?

Zeuge Mann:

Ich kenne die Aussagen von Herrn Müller nicht; ich hab die noch nicht gelesen.

RA Geu[len]:

Ja ist Ihnen denn bekannt, daß Herr Müller darüber zu einem späteren Zeitpunkt nochmal Aussagen gemacht hat?

Zeuge Mann:

Nein, das weiß ich nicht.

RA Geu[len]:

Das wissen Sie nicht.

Zeuge Mann:

Ja, außer daß es eben angedeutet wurde.

RA Geu[len]:

Wie bitte? Außer daß es mir angedeutet wurde?

Zeuge Mann:

Ja jetzt eben, vor meiner Vernehmung.

RA Geu[len]:

Hier im Gerichtssaal?

Zeuge Mann:

Ja, Herr Prinzing sagte so was ähnliches, daß eine zweite Aussage oder irgendsowas, ich weiß nicht mehr genau.

RA Geu[len]:

Und ansonsten war Ihnen vor Beginn dieser Verhandlung, um es nur klarzustellen, nicht bekannt, daß Herr Müller hierzu [12703] nochmal Aussagen gemacht hat, und daß darüber Protokolle existieren?

Zeuge Mann:

Nein. Das ist richtig so.

RA Geu[len]:

War Ihnen nicht bekannt?

Zeuge Mann:

War mir nicht bekannt.

RA Geu[len]:

Ich möchte jetzt gerne von Ihnen wissen, wie ist dieses Gespräch mit dem[ee] Herrn Schwarberg zustande gekommen?

Hat er sich an Sie gewandt oder an Ihre Behörde oder umgekehrt?

Zeuge Mann:

Das wird nicht von meiner Aussagegenehmigung erfasst.

RA Geu[len]:

Ja, dann darf ich mal bitten, die Aussagegenehmigung zu überprüfen und gegebenenfalls den Zeugen daraufhinzuweisen, daß das sehr wohl von seiner Aussagegenehmigung umfasst wird, dazu Aussagen zu machen.

Vors.:

Ich habe vorhin die Aussagegenehmigung bekanntgegeben;

sie entspricht genau der Bitte des Gerichts, nämlich umfassend Aussagegenehmigung zu erteilen zu den Vernehmungen mit Gerhard Müller in den Jahren 75/76 und über das Ergebnis der[ff] dazu angestellten polizeilichen Ermittlungen, soweit nicht der Sperrvermerk[26] entgegensteht. Und außerdem erstreckt sich die Aussagegenehmigung auf das Gespräch des Gerhard Müller mit dem Journalisten Schwarberg, betreffend Transport einiger Papiersäcke usw.

Jetzt, wie war die Frage nochmals genau?

RA Geu[len]:

Die Frage war, wie dieses Gespräch mit dem Herrn Schwarberg zustandegekommen ist. Die Frage wird offensichtlich von der Aussagegenehmigung gedeckt im Hinblick auf diese Formulierung „Gespräch mit dem Journalisten Schwarberg“, ein Sperrvermerk steht auch nicht entgegen, das ist jedenfalls nicht bekannt und müsste natürlich auch vorgetragen werden, daß der Zeuge die Frage beantworten muß.

Vors.:

Auf Anhieb würde ich auch meinen, daß diese umfassende Aussagegenehmigung diesen Punkt umfassen könnte. Wenn Sie Bedenken dagegeben haben? Sie müssen es ja ...

Zeuge Mann:

Also ich habe im Grunde genommen keine Bedenken, da ich nämlich nicht weiß, wie das Gespräch zustandegekommen ist.

RA Geu[len]:

Wer hat Sie denn aufgefordert, an diesem Gespräch teilzunehmen oder wie ist Ihre Teilnahme zustandegekommen an [12704] diesem Gespräch?

Zeuge Mann:

Es gab eine richterliche Verfügung darüber.

RA Geu[len]:

Es gab eine richterliche Verfügung, die ist[gg] Ihnen vorgelegt worden [hh]. Von Ihren Dienstvorgesetzten oder von wem?

Zeuge Mann:

Von wem sie mir vorgelegt, ... ja, ich nehme an von meinem Dienstvorgesetzten.

RA Geu[len]:

Und was war der Inhalt dieser richterlichen Verfügung oder Entscheidung?

Zeuge Mann:

Das kann ich so genau nicht mehr sagen, aber in etwa, daß dem Journalisten Schwarberg ein Interview mit dem Untersuchungsgefangenen Gerhard Müller gestattet wird, das sich auf ca. 2 Stunden erstrecken darf oder so ähnlich.

RA Geu[len]:

Und von wem die Ihnen vorgelegt worden ist, wissen Sie nicht mehr. Doch wohl sicher nicht vom Gericht selbst?

Zeuge Mann:

Ja, das Gericht wird sie uns übersandt haben.

RA Geu[len]:

Ihrer Behörde?

Zeuge Mann:

Unserer Behörde, ja.

RA Geu[len]:

Und wie ist sie dann zu Ihnen gekommen, und die Anweisung oder was auch immer, an diesem Gespräch teilzunehmen?

Zeuge Mann:

Jetzt verstehe ich die Frage nicht. Ich bekomme dann diese Verfügung, und gehe dann an dem betreffenden Tag zu der bestimmten Zeit hin.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge[ii], mich interessiert vor allem, wie Sie angewiesen worden sind. Es ist ja doch wohl eine Anweisung oder eine Verfügung, eine dienstinterne Verfügung Ihnen gegenüber, an diesem Gespräch als Beobachter oder was auch immer, teilzunehmen.

Zeuge Mann:

In der Verfügung stand drin, daß ein Beamter von unserer Dienststelle an diesem Gespräch teilzunehmen hat.

RA Geu[len]:

Ja und das kam dann zu Ihrer Dienststelle, und wie ist es dann zu Ihnen gekommen? Doch wohl durch Ihren Dienstvorgesetzten oder ist das falsch?

Zeuge Mann:

Durch den Dienstvorgesetzten, der hat mir das wahrscheinlich gegeben.

RA Geu[len]:

Hat er Ihnen dann dazu eine schriftliche Anweisung oder einen schriftlichen Auftrag gegeben oder hat er das mündlich gemacht?

Zeuge Mann:

Keine schriftliche Anweisung und auch kein Auftrag; und mündlich auch nichts weiter, außer daß ich dahingehen [12705] soll, wahrscheinlich. Also daran kann ich mich jetzt nicht mehr erinnern, ob und was gesagt wurde.

RA Geu[len]:

Ja.

Sind Sie während der gesamten Zeit des Gespräches zwischen Herrn Müller und Herrn Schwarberg anwesend gewesen?

Zeuge Mann:

Ja.

RA Geu[len]:

Sind während dieser Zeit auch, ist während dieser Zeit auch über die Honorierung von Herrn Müller gesprochen worden seitens Herrn Schwarberg’s oder des „Stern“ oder einer dritten Seite?

Zeuge Mann:

Da kann ich mich nicht mehr erinnern. Außerdem möchte ich nochmal darauf hinweisen, in der Aussagegenehmigung steht: „Die Aussagegenehmigung erstreckt sich außerdem auf das Gespräch des Gerhard Müller mit dem Journalisten Herrn Schwarberg betreffend den Transport einiger Papiersäcke mit ‚Dünger‘ von Hannover nach Frankfurt.“ Also die Aussagegenehmigung erstreckt sich nur auf diese eine Sache dieses Interviews.

RA Geu[len]:

Nein, da irren Sie sich, Herr Zeuge.

Zeuge Mann:

Ich kann doch lesen, das steht doch hier.

RA Geu[len]:

Ja, das ist nur die Bezeichnung dieses Gesprächs, um das Gespräch zu konkretisieren; das bezeichnet aber nicht den Umfang Ihrer Aussagegenehmigung insofern, daß nur über diesen Teil des Gespräches geredet werden kann. Die Aussagegenehmigung erstreckt sich - ich bitte[jj] auch [kk] den Vorsitzenden, den Zeugen daraufhinzuweisen -, auf dieses Gespräch, das zu diesem Punkt stattgefunden hat, und natürlich auf[ll] sämtliche Punkte dieses Gespräches. Im übrigen wäre eine weitergehende Einschränkung, überhaupt eine Einschränkung der Aussagegenehmigung auch gar nicht rechtmäßig.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich darf auf folgendes hinweisen: Die Schwierigkeiten bei den Aussagegenehmigungen liegen im allgemeinen nicht bei den Behörden, sondern bei den fehlenden Bezeichnungen der Beweisthemen, die die Verteidigung zu erörtern wünscht. Das zeigt sich auch hier wieder. Hier ist ein ganz eng abgegrenzter Beweisantrag. Aufgrund dieses Beweisantrags habe ich die Behörden zu bitten, Aussagegenehmigung zu erteilen. Ich kann aber nicht über mehr meine Bitte erstrecken als das, was mir die [12706] Verteidigung anzeigt. Ich habe deswegen ganz allgemein bei[mm] sonstigen Punkten bei Gerhard Müller versucht, eine Fassung zu finden; aber in diesem Punkte geht es um den Widerspruch dieser zwei Vernehmungen Und mehr konnte aus der Aussagegenehmigung nicht herausgeholt werden. In der Tat ist die Aussagegenehmigung deswegen beschränkt auf das Gespräch zu diesem Punkte. Aber, Herr Zeuge, ich meine, wenn im Zusammenhang mit diesem Gespräch Honorarfragen besprochen worden wären, dann würden die ja auch im Zusammenhang stehen mit der Auskunft, die Herr Müller zu diesem Punkte gegeben hat. Und[nn] insoweit, glaube ich, könnten Sie, gestützt auf Ihre Aussagegenehmigung, diese Frage beantworten.

Zeuge Mann:

Ja, also ich sagte eben schon - wenn ich mich recht erinnere - ich weiß nicht, ob Honorarfragen angeschnitten wurden; aber ich glaube es nicht.

RA Geu[len]:

Heißt das, daß Sie es auch nicht ausschließen können, daß während dieses Gespräches über eine Honorierung von Herrn Müller gesprochen worden ist mit Herrn Schwarberg?

Zeuge Mann:

Ja, da ich mich nicht mehr genau erinnere, kann ich es natürlich auch nicht ausschließen.

RA Geu[len]:

Ist Ihnen auf andere Weise bekanntgeworden, daß oder ob Herr Müller vom „Stern“ oder von einem sonstigen Presseorgan oder von sonstigen Journalisten Honorare gezahlt worden sind für Interviews oder für dieses Interview?

Zeuge Mann:

Nein, ist mir nicht bekanntgeworden.

RA Geu[len]:

Ist dieses Gespräch vom 26.2.1975 und dieser Tag, der einzige Tag gewesen, an dem Sie Herrn Müller gesehen haben oder haben Sie ihn vorher oder nachher nochmal gesehen? Sie sagten eben, um den Anknüpfungspunkt Ihnen zu erklären, Sie sagten eben - so habe ich das verstanden -, daß Sie an weiteren Vernehmungen oder überhaupt an Vernehmungen von Herrn Müller nicht teilgenommen haben. Meine Frage ist also zunächstmal. haben Sie Herrn Müller vor dem 26.2. schon mal gesehen?

Zeuge Mann:

Ja, ich habe ihn schon gesehen vorher.

RA Geu[len]:

Und in welchem Zusammenhang?

Zeuge Mann:

Da frage ich mich natürlich nun, ob sich das, ob die Aussagegenehmigung sich darüber erstreckt, zu sagen, in welchem Zusammenhang ich Herrn Müller sonst noch gesehen habe.

[12707] RA Geu[len]:

Der erste Punkt der Aussagegenehmigung ist ja nicht die Gespräche, sondern Vernehmungen im allgemeinen Sinne, soweit ich das verstanden hab.

Vors.:

Unter Punkt 1 würde es wohl durchaus zulässig sein, daß Sie darauf eine Aussage geben. Wie gesagt, Herr Zeuge, wir können Ihnen die Entscheidung letztlich nicht abnehmen, wir müssten notfalls Klärung finden, aber wir können Ihnen gerne unsere Meinung dazu sagen. Ich meine tatsächlich, Punkt 1 umfasst das.

Zeuge Mann:

Ich habe Herrn Müller gesehen bei anderen Besuchen, die er vorher schon gehabt hat, bei[oo] einen oder zwei, die Anzahl weiß ich nicht mehr.

RA Geu[len]:

Haben Sie bei diesen Besuchen, also es waren Besuche doch wohl von anderen Personen als von Beamten, davon kann ich ausgehen, ja? Also von dritten Personen.

Zeuge Mann:

Ja.

RA Geu[len]:

Und Sie sind dabeigesessen bei diesen Besuchen in der gleichen Funktion, in der Sie auch diesem Gespräch mit dem Journalisten beigewohnt haben?

Zeuge Mann:

Ja.

RA Geu[len]:

Haben Sie darüber Vermerke oder etwas ähnliches angefertigt über diese Besuche? Insbesondere über den Inhalt der Gespräche, die dort stattgefunden haben?

Vors.:

Ich muß [pp] daraufhinweisen - (zu RA Geulen)[qq] ich bitte das aber nicht falsch zu verstehen, nicht, daß wieder Ihre Art kommt, zu meinen, da soll irgendetwas gesteuert werden - meine Belehrung dahin, daß es von der Aussagegenehmigung umfasst werde, bezog sich natürlich auf Punkte, wo Sie an irgendwelchen Vernehmungen, Anhörungen von Herrn Müller beteiligt waren. Ich muß es Ihnen überlassen, wieweit Sie das, ... es handelt sich ja offenbar um Besuchsüberwachung.

Zeuge Mann:

Das waren reine Besuchüberwachungen, das waren keine Vernehmungen.

Vors.:

Jeder Anwalt weiß doch, wie Besuchsüberwachungen stattfinden seitens der Beamten. Also ich muß es Ihnen überlassen, ob Sie darauf Antwort geben wollen. Ich würde sagen, geben Sie [rr], wenn Sie es[ss] mit Ihrem dienstlichen Gewissen vereinbaren können, Antwort, damit daran nicht noch weitere Anträge geknüpft werden. Aber zwingen kann Sie [12708] niemand, aufgrund der Aussagegenehmigung, dazu.

Zeuge Mann:

Ja, dann möchte[tt] ich nochmal die Frage hören.

RA Geu[len]:

Die Frage war, ob Sie über Ihre Teilnahme oder Überwachung von Besuchen bei Herrn Müller irgendwelche schriftlichen Aufzeichnungen, insbesondere Aktenvermerke gemacht haben? Insbesondere natürlich über Inhalt dieser Gespräche.

Zeuge Mann:

Ich überlege gerade.

RA Geu[len]:

Ja.

Zeuge Mann:

Also ich bin der Meinung, daß ich keine Aufzeichnungen gemacht habe, weil das nur reine Privatbesuche waren.

RA Geu[len]:

Sie sind der Meinung, heißt das, daß Sie es nicht mehr genau wissen oder heißt das, daß Sie es ausschließen können, daß Sie darüber irgendwelche Akten oder schriftliche Unterlagen angelegt haben?

Zeuge Mann:

Das heißt, daß ich es nicht mehr genau weiß.

RA Geu[len]:

Ich würde jetzt bitten, Herrn Pfaff ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Pfaff, bitte.

RA Pf[aff]:

Herr Zeuge, mir will das nicht so[uu] richtig in den Schädel rein. Haben Sie, während Herr Müller sprach, sich Notizen gemacht, gegebenfalls in Stenogramm oder wie?

Zeuge Mann:

Ich habe mir keine Notizen gemacht.

RA Pf[aff]:

Was wir hier vorliegen haben, nämlich die wörtliche Wiedergabe eines Berichtes von Herrn Müller - ich verweise auf dieselbe Stelle wie vorhin - haben Sie das nach dem Gespräch aus dem Gedächtnis niedergeschrieben?

Zeuge Mann:

Ja.

RA Pf[aff]:

Ohne sich vorher Notizen gemacht zu haben, Herr Zeuge?

Zeuge Mann:

Ja.

RA Pf[aff]:

Ich halte das für schlechterdings ausgeschlossen, daß Sie eine wörtliche, auch noch in Anführungszeichen, eine detaillierte, wörtliche Schilderung über einen Vorfall nachträglich niederschreiben. Wann haben Sie es denn niedergeschrieben?

Zeuge Mann:

Am Nachmittag.

RA Pf[aff]:

Und wann hat das Gespräch stattgefunden? Wann hat Herr Müller sich über diesen Düngemittelvorfall geäußert?

Zeuge Mann:

Das war um die Mittagszeit.

RA Pf[aff]:

Wie kommen Sie dann dazu, das in wörtliches Zitat zu setzen, also Anführungszeichen, Anfang und Ende?

Zeuge Mann:

Das sollte zeigen, daß der Herr Müller das gesagt hat. Sonst hätte ich jedesmal bei jedem Satz schreiben müssen: [12709] meinte Herr Müller, sagte Herr Müller oder so ähnlich.

RA Pf[aff]:

Ja, das ist doch das allgemein übliche bei kriminalpolizeilichen Vernehmungen, daß man sich des indirekten Stils bedient.

Zeuge Mann:

Das war ja keine Vernehmung. Ich habe zugehört, wie Herr Müller interviewt wurde von Herrn Schwarberg.

RA Pf[aff]:

Und da machen Sie sich während des Interviews keine Notizen und gehen dann nach Hause und schreiben das, so eine gute halbe Seite, schreiben das wörtlich nieder.

Zeuge Mann:

Ja. Das ist nicht genau wörtlich niedergeschrieben, sondern das war ein Gedächtnisprotokoll.

RA Pf[aff]:

Aber Sie haben es doch in Anführungszeichen gesetzt.

Zeuge Mann:

Ja, um zu bekunden, daß Herr Müller so etwas gesagt hat.

RA Pf[aff]:

Wieso schreiben Sie dann nicht: Herr Müller berichtete folgendes, machen einen Doppelpunkt und setzen das ab oder: Herr Müller berichtete, er sei usw. Sind Sie dieses Sprachgebrauchs nicht mächtig?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es heißt hier „Müller erzählte als Beispiel folgende Begebenheit:“, und dann kommt es genau. Welchen Unterschied zu Ihrer Fragestellung sehen Sie nun in dieser freilich etwas anderen Formulierung, die aber doch sinngemäß das gleiche bedeutet? Was hat diese Frage für einen Sinn; es steht doch genauso da: „Müller erklärte folgendes, er erzählte folgende Begebenheit:“

RA Pf[aff][vv]:

Ja und dann kommt wörtlich, und dann kommt ein Zitat ...

Vors.:

Aber Sie fragen doch jetzt ...

RA Pf[aff][ww]:

Und dann kommt:[xx] „Einmal musste ich mit Andreas Baader ...“ usw.

Vors.:

Aber Sie fragen doch jetzt, warum haben Sie nicht geschrieben, „Müller erklärte:“ und dann kommt der Bericht; so ist es ja hier. Was Sie beanstanden, ist - und das haben Sie ja mehrfach jetzt in der Frage zum Ausdruck gebracht - ist doch das Anführungszeichen; dazu hat aber der Herr Zeuge bereits die Erklärung gegeben. Natürlich ist es nach deutscher Grammatik nicht korrekt; das sieht jeder, das Anführungszeichen. Aber es wird eben, er hat ja gesagt, was er damit tun wollte. Jetzt bitte ich aber die Frage neu zu stellen oder eine andere Frage zu stellen; die ist doch beantwortet.

[12710] RA Pf[aff]:

Also, Herr Vorsitzender, Sie haben vorhin beanstandet, daß man Ihre Fragen durchsichtig nennt; ich möchte sie nicht gerade undurchsichtig nennen.

Vors.:

Also bitte, stellen Sie die Frage nochmals und dann erklären Sie, wenn Sie meinen, ob da ein Unterschied zu der vom Zeugen gewählten Formulierung besteht. Und dann müssen Sie erklären, welchen Sinn die Fragen haben könnte.

RA Pf[aff]:

Ich glaube, daß es keinen Sinn mehr hat. Ich halte den Zeugen in diesem Punkte ...

Vors.:

Ja, ich bin derselben Meinung, denn der Herr Zeuge hat das geschrieben, was Sie ihm vorhalten.

RA Pf[aff]:

... für absolut unglaubwürdig, und ich würde ihn an Ihrer Stelle ...

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender ...

RA Pf[aff]:

... an Ihrer Stelle würde ich ihn warnen, ihn hier unter Eid zu nehmen.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, ich beanstande diese Art und Weise ...

RA Pf[aff]:

Herr Bundesanwalt Zeis, wie kommen Sie dazu, mich zu unterbrechen ohne die Erlaubnis des Vorsitzenden zu haben?

OStA Holl[and]:

Hatten Sie die Erlaubnis des Vorsitzenden?

Vors.:

Darf ich ...

OStA Z[eis]:

Herr Rechtsanwalt Pfaff ...

RA Pf[aff]:

Ich bin momentan beim Wort.

OStA Z[eis]:

Sie geben Ihre Erklärung nach [§ ]257 StPO[27] ab. Das steht Ihnen ...

Vors.:

Meine Herren - pardon -, meine Herren, darf ich um folgendes bitten: Es ist jetzt von beiden Seiten etwas laut geredet worden; ich habe diesen Ton heute früh bei einer Bemerkung von Herrn Rechtsanwalt Geulen auch angeschlagen. Ich würde vorschlagen, jetzt ist die Balance hergestellt zwischen allen. Fahren Sie jetzt normal wieder mit Fragen fort, wenn Sie welche haben.

RA Pf[aff]:

Ich sehe es als meine Pflicht an, darauf hinzuweisen, daß ich davor warne, diesen Zeugen auch noch unter Eid zu nehmen.

Vors.:

Die Frage der Vereidigung ist im Augenblick noch gar nicht akut. Wir wollen sehen, ob weitere Fragen an den Herrn Zeugen sind.

Herr Rechtsanwalt Schwarz hat sich jetzt schon gemeldet.

RA Schw[arz]:

Herr Zeuge, kannten Sie das Beweisthema, zu dem Sie heute hier vernommen werden?

[12711] Zeuge Mann:

Aus meiner Aussagegenehmigung geht ja schon ein Teil hervor; eben Transport einiger Papiersäcke mit Dünger usw.

RA Schw[arz]:

Mir geht es konkret um die Frage, ob Sie wussten, daß es bei Ihrer Aussage darauf ankommt, wer der damalige Begleiter des Herrn Müller war bei der Fahrt „Transport/Papiersäcke“? Wussten Sie das?

Zeuge Mann:

Nein.

RA Schw[arz]:

Haben Sie dann eine Erklärung dafür, daß Sie diesen Papiersacktransport über einen längeren Zeitraum schildern und - das bekenne ich offen - wohl zur Überraschung aller immer von einer zweiten Person sprachen. Was sollte diese Einschränkung? Es hätte doch nahegelegen, daß Sie sofort die Schilderung über die Fahrt beginnen und sagen, es ist gefahren Müller. Und jetzt hätten Sie ja eine Wahl anbieten können und sagen können, entweder Meins oder Baader waren seine Begleiter. Sie sprechen aber bis zum Ende von einer zweiten Person und überlassen es dem Herrn Vorsitzenden, Sie zu fragen: „Uns interessiert insbesondere die zweite Person.“ Und jetzt kommen Sie spontan und sagen: Ja, da habe ich mich möglicherweise damals geirrt. Es hat Ihnen noch niemand gesagt, zu diesem Zeitpunkt, wen Sie damals genannt haben. Wie kommt es dazu, daß Sie schon auf die Frage des Herrn Vorsitzenden nach der von Ihnen als zweite Person benannten Frage, jetzt alternativ Baader und Meins in den Raum stellen? Das deutet für mich - ich halte es Ihnen ganz konkret vor, um das auszusprechen - daraufhin, daß Sie genauestens im Bilde waren, um was es hier geht. Und ich frage Sie, ob das zutrifft oder nicht?

Zeuge Mann:

Das trifft nicht zu, daß ich vorher wusste, um was es hier gehen soll.

RA Schw[arz]:

Wann haben Sie letztmals diese Urkunde gelesen, die wir jetzt so eingehend erörtert haben, wo Sie Äußerungen des Herrn Müller in Anführungszeichen gesetzt haben?

Wann haben Sie die letztmals gesehen?

Zeuge Mann:

Das weiß ich nicht mehr.

RA Schw[arz]:

Ja, haben Sie es überhaupt, nach dem Sie sie fertiggestellt und zu den Akten gegeben haben, noch einmal gesehen?

Zeuge Mann:

Nein, ich habe sie nicht mehr gesehen.

RA Schw[arz]:

Können Sie dann erklären, weshalb nach einem so langen Zeitraum für Sie jetzt plötzlich, heute, hier an diesem Vormittag Zweifel auftauchen, und zwar Zweifel, die spontan kommen, ohne daß Sie einen Anhaltspunkt dafür bekommen?

[12712] Zeuge Mann:

Ich hatte schon, als ich[yy] die Begebenheit erzählte, gesagt, daß ich mir bei der Niederschrift des Protokolls Gedanken gemacht hatte, wen hat er nun eigentlich gemeint. Und ich bin, nachdem ich mir das reiflich überlegt hatte, zu dem Entschluß gekommen, er hatte Andreas Baader gemeint, gesagt.

RA Schw[arz]:

Gut; und wenn Sie damals schon Zweifel hatten, können Sie erklären, weshalb Sie diese Zweifel nicht irgendwie zu Papier brachten? Es wäre ja nahegelegen zu schreiben, Müller sprach von Baader oder Meins.

Zeuge Mann:

Ich sagte, ich habe mir das reiflich überlegt. Und ich bin damals zu dem Entschluß gekommen, er hat Andreas Baader gesagt.

RA Schw[arz]:

Gut, und[zz] jetzt möchte ich von Ihnen eine Erklärung, weshalb Sie nach Monaten plötzlich zu dem Entschluß kommen: Ob es Baader war, kann ich heute nicht mehr sagen; sondern heute tendieren Sie wieder in Richtung, möglicherweise Meins.

Zeuge Mann:

Ja, es[aaa] ist ja auch nun schon fast 2 Jahre her ...

RA Schw[arz]:

Gerade deshalb.

Zeuge Mann:

... und insofern kann ich mich natürlich noch weniger daran erinnern.

RA Schw[arz]:

Danke.

Vors.:

Nur zu Ihrer Unterrichtung, die Anfrage hinsichtlich der Aussagegenehmigung lautete: „Beweisthemen: 1. Gespräch Müller mit dem Journalisten Schwarberg betreffend Transport einiger Papiersäcke mit „Dünger“ von Hannover nach Frankfurt.“ Zum Thema selbst war weiter nichts gesagt.

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Herr Rechtsanwalt Pfaff, bitte.

RA Pf[aff]:

Herr Zeuge, in Ihrer Notiz über das Interview gibt es auch noch andere Stellen. Ich halte vor - das steht auf derselben Seite, Bl. 5 - „Über Andreas Baader: Der wollte immer nur Bomben werfen; der hat sich als einziger gefreut, als Schmid erschossen wurde.[28] Er hatte eine Strichliste für Bullen, Soldaten und Genossen, da hat er immer abgehackt, wenn einer erschossen wurde.“ Herr Zeuge, halten Sie es für möglich, daß Sie sich hier in dem Namen Andreas Baader getäuscht haben, könnte das Herr Meins gewesen sein, den Herr Müller in seinem Gespräch hier beschreiben wollte?

Zeuge Mann:

Nein, das war Andreas Baader.

RA Pf[aff]:

Wieso wissen Sie das so genau?

[12713] Zeuge Mann:

Warum ich es genau weiß, weiß ich nicht, ich weiß es eben.

RA Pf[aff]:

Und könnte die Person, die da erschossen worden ist, vielleicht nicht ein Herr Schmid, sondern eine andere Person gewesen sein, Maier, Schulze?

Zeuge Mann:

Ich kenne keinen erschossenen Herrn Maier oder Herrn Schulze. In Hamburg ist damals der Schmid erschossen worden. Und danach ist, meiner Meinung nach, von Herrn Schwaberg auch gefragt worden.

RA Pf[aff]:

Aber so gut wie Sie wissen, daß Herr Schmid erschossen wurde, kennen Sie auch Herrn Baader?

Zeuge Mann:

Ich verstehe jetzt die Frage nicht.

RA Pf[aff]:

Trotzdem täuschen Sie sich, meinen Sie sich unter Umständen im Namen Andreas Baader zu täuschen, aber nicht im Namen Schmid?

ZeugeMann:

Es wurde nur über einen erschossenen Kollegen gesprochen, während aus der damaligen Gruppe sehr viele Namen gefallen sind, also konnte ich den erschossenen Kollegen nicht mit irgendeinem anderem verwechseln.

RA Pf[aff]:

Da gibt es noch eine weitere Stelle. Da heißt es über Gudrun Ensslin: „Als Andreas festgenommen wurde ...“ usw. Kann das evtl. auch eine andere Person gewesen sein als Frau Ensslin?

Zeuge Mann:

Nein, auch nicht.

RA Pf[aff]:

Das wissen Sie genau.

Zeuge Mann:

Ja.

RA Pf[aff]:

Und die Person, die hier genannt wird: „Als Andreas festgenommen wurde“, kann das Holger gewesen sein?

Zeuge Mann:

Die sind damals zur gleichen Zeit festgenommen worden. Und ich bin der Meinung, daß Herr Schwarberg extra[bbb] auf irgendwie ein Verhältnis Andreas Baader/Gudrun Ensslin eingehen wollte.

RA Pf[aff]:

Also in diesem Zusammenhang erinnern Sie sich daran, daß es mit Sicherheit Andreas war und nicht ein anderer Name?

Zeuge Mann:

Ja, da bin ich mir sicher.

RA Pf[aff]:

Aber in dem „Düngemittelfall“ sind Sie sich nach wie vor nicht sicher?

[12714] Zeuge Mann:

Ich habe nicht verstanden.

RA Pf[aff]:

In dem „Düngemittelkomplex“ sind Sie sich nach wie vor nicht sicher?

Zeuge Mann:

Das ist richtig.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, habe ich [ccc] richtig verstanden, daß Sie eben sagten, Herr Müller ist bei diesem Gespräch von dem Herrn Schwarberg auch nach den Vorgängen um die Erschießung des Polizeibeamten Schmid gefragt worden oder habe ich mich da verhört?

Zeuge Mann:

So, wie Sie das fragen[ddd], ist das vielleicht nicht ganz richtig, sondern Herrn Schwarberg ging es scheinbar darum zu wissen, wie das Verhältnis innerhalb der Gruppe war, was man für Empfindungen hatte bei bestimmten Anlässen.

Und ein Anlaß war z. B. die Erschießung des Norbert Schmid.

RA Geu[len]:

Und darüber ist geredet worden in diesem Gespräch.

Zeuge Mann:

Ja.

RA Geu[len]:

Und können Sie mal kurz wiedergeben, was der Herr Müller da gesagt hat dazu, und was der Herr Schwarberg gefragt hat oder[eee] auch gesagt hat?

Zeuge Mann:

Nein, da erinnere ich mich nicht mehr.

RA Geu[len]:

Überhaupt nichts mehr?

Zeuge Mann:

Nein.

- Nach einer längeren Pause -[fff]

Vors.:

Bedeutet das, daß Sie mit Ihren Fragen am Ende sind?

RA Geu[len]:

Nein, das bedeutet das nicht: Es ist nur angesichts der Kühlheit, mit der der Zeuge seine Erinnerungsunfähigkeit hier präsentiert, Überlegungen machen.

Ich habe eine weitere Frage. Herr Zeuge, wissen Sie, von wem der Anstoß zu dem Gespräch ausgegangen zwischen Herrn Müller und Herrn Schwarberg?

Zeuge Mann:

Nein, das weiß ich nicht.

RA Geu[len]:

Das wissen Sie nicht. In Ihrem Protokoll, das ja wohl doch von Ihnen unterzeichnet und auch von Ihnen angefertigt worden ist vom 26.2., das ist das Protokoll, worüber wir dauernd reden - Bl. 4 der Akte 3 ARP - steht, von Ihnen unterschrieben; „Anscheinend war der Anstoß dazu von G. Müller ausgegangen“, also zu diesem Gespräch, zu diesem Interview.

Zeuge Mann:

Ja, anscheinend, d. h. also, daß ich es nicht genau wusste.

RA Geu[len]:

Wollen Sie damit sagen, daß Ihre jetzige Beantwortung [12715] auf diesen Vorhalt nicht im Widerspruch steht zu Ihrer vorhergehenden Aussage? Sie haben zuerst gesagt: Sie wissen es nicht, und[ggg] Sie wissen gar nichts dazu. Und dann haben Sie gesagt: Anscheinend ging die Initiative oder der Anstoß dazu von Herrn Müller aus. Wenn Sie also etwas wissen, müssen Sie das halt auch sagen, dann müssen Sie es eben dann relativieren; aber Sie müssen die Aussage dann auch machen. Also das scheinen Sie wieder zu erinnern, daß der Anstoß dazu von Herrn Müller anscheindend ausging?

Zeuge Mann:

Jetzt, wo Sie das vorgelesen haben, ja.

RA Geu[len]:

Und worauf begründete sich dieser Anschein, den Sie hatten? Sie haben ja einen Grund gehabt sicher, das dahinzuschreiben nachmittags in das Protokoll.

Zeuge Mann:

Ja, den Anschein, ... worauf er sich begründete, das kann ich jetzt nicht mehr sagen.

RA Geu[len]:

Vielleicht denken Sie nochmal einen Augenblick nach, Herr Zeuge, das wird sonst wirklich etwas unglaubwürdig, was Sie hier machen.

Zeuge Mann:

Da brauche ich nicht nachdenken. Das Gespräch dauerte immerhin rund 2 Stunden. Und da ist so viel gesagt worden, daß ich das, wenn ich das damals genau schon gewusst hätte, dann hätte ich das natürlich auch hingeschrieben; aber ich wusste das nicht. Also ich kann es auch nicht mehr sagen, vielleicht aufgrund der Fragen die davorlagen oder in welchem Zusammenhang ich auf dieses „anscheinend“[hhh] gekommen bin, [iii] weiß ich nicht mehr.

RA Geu[len]:

Dieser Anschein hat ja wohl vermutlich nicht während des, ist ja wohl [jjj] vermutlich nicht[kkk] während des Gespräches begründet worden, sondern vorher, das entspräch jedenfalls der Lebenserfahrung. Vielleicht denken Sie da nochmal drüber nach, ob durch irgendwelche Informationen, die Sie aus Ihrer Behörde vielleicht hatten und sonst wo her, Sie zu diesem Satz gekommen sind zu schreiben: „Anscheinend war der Anstoß dazu von Herrn Müller ausgegangen, zu dem Gespräch.“

Zeuge Mann:

Ich hatte da keine Informationen.

RA Geu[len]:

Also auch wenn Sie näher nachdenken, können Sie sich nicht erinnern, wieso Sie zu dieser Überlegung kamen, daß das von Herrn Müller ausgegangen ist?

[12716] Zeuge Mann:

Das ist richtig so.

RA Geu[len]:

Ist Ihnen eigentlich bekannt, daß der Herr Müller angeklagt war bzw. daß damals ermittelt wurde gegen ihn wegen - unter anderem - wegen Mord, wegen vollendeten Mordes an dem Polizeibeamten Schmid, von dem wir eben sprachen?

ZeugeMann:

Das ist mir natürlich bekannt; ich bin ja in der Dienststelle, die das bearbeitet hat. Außerdem möchte ich aber jetzt darauf hinweisen, daß das[lll] ein anderes Verfahren ist, und hier, bei mir steht: „Die Aussagegenehmigung gilt ferner nicht für dienstliche Tätigkeiten in anderen Verfahren.“

RA Geu[len]:

Naja, ist gut, Herr Zeuge. Ich wollte daran noch eine andere Frage anschließen; Sie haben die Frage ja nun beantwortet. Wenn Sie an einem Gespräch teilnehmen, wie diesem Gespräch, und selber anscheinend, wie Sie sagten, die Ermittlungen betrieben haben in diesem Mordverfahren gegen Herrn Müller, und es ist nun bei diesem Gespräch, wie Sie eben sagten, geredet worden über die Erschießung von dem Herrn Schmid. Finden Sie es nicht eigentümlich oder, ich frage ganz neutral, warum haben Sie eigentlich nicht diese Äußerungen von Herrn Müller dazu in diesen Vermerk mit aufgenommen?

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, wir beanstanden den Vorhalt.

Der Zeuge hat nie gesagt, daß von ihm die Ermittlungen in der Todessache des Polizeibeamten Schmid durchgeführt worden sind.

RA Geu[len]:

Ich kann das gerne anders formulieren.

Vors.:

Wir haben das auch zur Kenntnis genommen, sind aber davon ausgegangen, daß der Herr Zeuge das in seiner Antwort gleich richtig stellen wird.

RA Geu[len]:

Er hat an den Ermittlungen doch[mmm] mitgewirkt, hat er eben gesagt. Es ist manchmal auch akustisch nicht ganz[nnn] zu verstehen.

Vors.:

Auf der Dienststelle, nicht er, Dienststelle.

Ist die Frage noch gegenwärtig?

Zeuge Mann:

Nein, ich ...

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, anknüpfend an Ihre Feststellung, daß von Ihrer Dienststelle und mit Ihrer Kenntnis damals gegen Herrn Müller ermittelt wurde wegen Mordes an dem Polizisten Schmid, ausgehend davon und ausgehend zweitens davon, daß Sie gesagt haben, daß während dieses Gespräches auch von Herrn Schwarberg und Herrn Müller darüber geredet wurde über [12717] die Ermordung von Herrn Schmid, ist jetzt meine Frage: Warum Haben Sie das nicht zum Gegenstand oder warum ist das nicht in Ihrem Aktenvermerk aufgetaucht über dieses Gespräch?

Zeuge Mann:

Es ist doch aufgetaucht. Ich habe doch geschrieben - das haben Sie selbst vorgelesen, die Passage - daß Andreas Baader der einzige war, der sich über die Erschießung des Norbert Schmid freute oder so ähnlich, haben Sie gelesen.

RA Geu[len]:

Ja, das ist etwas, was als wörtliches Zitat von Herrn Baader wiedergegeben ist und was eine Reaktion von Herrn Baader ist auf diese[ooo] Vorgänge. Meine weitere Frage ist die: Ist nicht auch im weiteren Umfang über diese[ppp] Vorgänge geredet worden oder ist nur darüber geredet worden, welche Reaktion Herr Baader - das ist der Inhalt dieses Satzes hier auf Bl. 5 der Akten - auf diese Tötung von Herrn Schmid gezeigt hat?

Zeuge Mann:

Ich habe die Frage nicht verstanden.

RA Geu[len]:

Dieser Satz, ich kann ihn gerne vorlesen, auf Bl. 2 Ihres Protokolls, der beinhaltet eine Aussage über die Reaktion von Herrn Baader - eine Aussage von Herrn Müller über die Reaktion von Herrn Baader - auf diese Tötung von Herrn Schmid. Und meine ist die: Ist nur darüber geredet worden, nämlich über die Reaktion von Herrn Baader, oder ist über weiteres im Zusammenhang mit der Tötung von Herrn Schmid geredet worden?

Zeuge Mann:

Über weiteres ist nicht geredet worden.

RA Geu[len]:

Das können Sie mit Sicherheit ausschließen?

Zeuge Mann:

Ja. Herr Müller wollte sich ja auch evtl. nicht selbst belasten. Er konnte ja nur ganz allgemeine Angaben machen.

RA Geu[len]:

Ja Moment, Herr Zeuge, die Frage war, ich lese Ihnen den Satz vielleicht doch mal vor, wenn Sie erlauben?

Vors.:

Bitte.

RA Geu[len]:

Nur damit der Herr Zeuge die Frage richtig versteht. Also Seite 2 Bl. 5 ist das der Akte 3 ARP „Über Andreas Baader: ‚Der wollte immer nur Bomben werfen; der hat sich als einziger gefreut, als Schmid erschossen wurde ...‘.“ Das weitere könnte ich auch vorlesen, aber das bezieht sich nicht auf Herrn Schmid. Das ist also der einzige Satz: „der hat sich immer als einziger gefreut, als Schmid erschossen wurde.“ Das ist das einzige, was hier über den Herrn Schmid [12718] drinsteht. Und meine Frage ist die: Können Sie ausschließen, daß auch über, in einem weiteren Zusammenhang, über diesen Vorgang der Tötung von Herrn Schmid gesprochen wurde während dieses Gespräches? Nicht wahr, das hier ist ja doch nur eine Reaktion von Herrn Baader darauf; Sie verstehen doch diese Frage?

Zeuge Mann:

Ja, ich habe sie schon verstanden. Nur, ich kann mich nicht erinnern, daß noch weiter gesprochen wurde über den Mord an Norbert Schmid.

RA Geu[len]:

Ausschließen können Sie es nicht, aber Sie können sich nicht erinnern? Können Sie es ausschließen?

Zeuge Mann:

Ganz ausschließen kann ich es nicht.

RA Geu[len]:

Und wenn darüber weiter geredet worden wäre, hätten Sie das dann in die Akte aufgenommen?

Zeuge Mann:

Wenn es etwas Bedeutendes gewesen wäre, und ich hätte mich daran erinnert, gewiß.

RA Geu[len]:

Ja. Herr Zeuge, ich habe jetzt eine weitere Frage.

Ich würde Sie bitten kurz zu schildern, wie eigentlich dieses Gespräch abgelaufen ist, und zwar am Anfang, das heißt, wo das Gespräch - das ist die erste Frage - stattgefunden hat. Hat es in der Zelle von Herrn Müller stattgefunden oder in einem anderen Raum der Haftanstalt?

Zeuge Mann:

Das war in einem Besuchsraum, wo alle Besuche stattfinden.

RA Geu[len]:

Und sind Sie da gemeinsam mit Herr Schwarberg reingegangen oder haben Sie Herrn Müller von der Zelle geholt, oder wie ist das abgelaufen?

Zeuge Mann:

Wenn ich mich recht erinnere, ist Herr Schwarberg von einem Untersuchungshaftanstaltsbeamten[qqq] in diesen Raum gebracht worden; und dieser Beamte hat auch später Herrn Müller geholt.

RA Geu[len]:

Und dann sind Sie dazugekommen, ja?

Zeuge Mann:

Und ich bin [rrr] reingegangen, ja.

RA Geu[len]:

Haben Sie mit den beiden Personen, also mit Herrn Schwarberg und mit Herrn Müller geredet dann, als Sie[sss] den Raum betreten haben oder haben Sie nur da stumm beigesessen, vielleicht in der Ecke, wie das ja nicht selten der Fall ist bei solchen Überwachungen, und haben nichts gesagt?

Zeuge Mann:

Ja, außer „Guten Tag“ habe ich wahrscheinlich nichts [12719] gesagt. Ich hab am Tisch mitgesessen. Aber während der Unterredung habe ich in das Gespräch nicht eingegriffen.

RA Geu[len]:

Und vorher und nachher, insbesondere vorher?

Zeuge Mann:

Also mit Herrn Müller habe ich auf keinen Fall vorher gesprochen, weil der ja erst aus der Zelle geholt wurde. Und mit Herrn Schwarberg, das kann ich jetzt gerade nicht mehr erinnern.

RA Geu[len]:

Sie wissen nicht, ob Sie mit Herrn Schwarberg vorher, vor diesem Gespräch geredet haben?

Zeuge Mann:

Nein, ich weiß es nicht.

RA Geu[len]:

Und ob Sie nachher mit ihm geredet haben?

Zeuge Mann:

Da erinnere ich mich auch nicht mehr, ich glaube aber nicht.

RA Geu[len]:

Kann es sein, daß der Herr Schwarberg, als er dorthin kam, zunächst mit Ihnen zusammengetroffen ist und sich mit Ihnen in dem Zimmer[ttt], in dem[uuu] Sie, in dem Dienstzimmer quasi, in dem Sie sich aufgehalten haben, unterhalten hat?

Zeuge Mann:

Nein, ich, nein, das haben wir nicht.

RA Geu[len]:

Das können Sie ausschließen, ja?

Zeuge Mann:

Soweit ich mich erinnere, ja.

Ende Band 752

[12720] RA Geu[len]:

Herr Zeuge, können Sie’s ausschließen oder können Sie’s nicht ausschließen?

ZeugeMann:

Ich war mit ihm zusammen mit Herrn Schwarberg in diesem Besuchszimmer nicht allein. Das kann ich ausschließen, ja.

RA Geu[len]:

Das ist ja eine sehr eigentümliche und interessante Beantwortung, Herr Zeuge.

Vors.:

Bitte, diese Formulierungen, Herr Rechtsanwalt, sind doch ständige Beeinflussungen eines Zeugen.

RA Geu[len]:

Ja, Sie haben recht, Herr Vorsitzender, ich nehme es zurück.

Vors.:

Ich würde Sie jetzt bitten, doch Ihre Fragen zu stellen. Sie haben nachher bei § 257 StPO die Gelegenheit, sich dazu zu äußern, was Sie von den einzelnen Antworten halten. Aber das geht doch einem Zeugen gegenüber nicht.

RA Geu[len]:

Der Zeuge muß die Frage beantworten, und ich kann die Frage gerne nochmals in anderer Form stellen.

Vors.:

Sie haben keine gestellt, sondern Sie haben nur gesagt, der Herr Zeuge habe hier eine ganz eigentümliche und auffällige - oder wie Sie’s formulierten - Antwort gegeben, statt daß Sie ’ne weitere Frage stellen.

RA Geu[len]:

Ja, das ist richtig, Herr Vorsitzender; das war keine Frage. Also dann stelle ich die Frage nochmals, die der Zeuge nicht beantwortet hat. Die Frage war:

Haben Sie vor diesem Gespräch zwischen[vvv] diesen beiden Personen mit dem Herrn Schwarberg zusammen in einem Raum gesessen und sich unterhalten, und darauf hat der Zeuge - nur nochmal zur Erklärung - gesagt, er habe nicht alleine mit dem Herrn Schwarberg gesessen. Ja, gut, also [www] die Frage beantworten bitte.

Vors.:

Ja wollen Sie jetzt wissen, wer der Dritte war oder?

RA Geu[len]:

Ja zunächst mal möchte ich gerne wissen von dem Zeugen, ob er mit dem Herrn Schwarberg, was er ja eben noch nicht erinnern konnte, vor diesem Gespräch zusammengesessen hat und sich unterhalten hat?

Zeuge Mann:

Ich hab nicht mit ihm zusammengesessen. Wir haben nämlich zusammen im Flur gewartet, und da weiß ich nicht, ob wir uns unterhalten haben, und im Flur haben wir gestanden.

[12721] RA Geu[len]:

Herr Zeuge, das steht doch im Widerspruch, - das halte ich Ihnen vor - zu der Aussage, Sie sind nicht allein mit dem Herrn Schwarberg zusammen in einem Raum oder im Flur gewesen, d. h. doch, Sie waren da zu mehreren. Das ist ein Vorhalt.

Zeuge Mann:

Ja in dem Raum waren wir auch zu mehreren, und zwar Herr Schwarberg, Gerd Müller, ein Beamter des UG und ich.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, Sie hatten doch eben gesagt, daß der Herr Müller in diese Vernehmungszelle oder Besucherzelle geführt worden sei von einem Beamten der Vollzugsanstalt, d. h., Sie sind doch nicht zusammen dahin gekommen? Und meine Frage ist die - und das ist doch auch wohl sehr deutlich -, ob Sie vorher mit dem Herrn Schwarberg - natürlich nicht mit dem Herrn Müller, der da reingeführt wurde - zusammengesessen sind, insbesondere in der Haftanstalt? Erstens ist das die Frage, und die zweite Frage ist die, ob Sie mit ihm geredet haben?

Zeuge Mann:

Und da hab ich gesagt, ich hab nicht mit ihm zusammengesessen, ...

RA Geu[len]:

... auch nicht auf dem Flur?

Zeuge Mann:

Da sind keine Stühle, also da hätten wir wenigstens stehen können, und da haben wir natürlich - also wenn ich mich da recht erinnere - zusammengestanden. Aber ob wir miteinander gesprochen haben, weiß ich nicht.

RA Geu[len]:

Sie haben zusammen gestanden, und Sie wissen nicht mehr, ob Sie miteinander geredet haben.

Darf ich Sie fragen, was nach dem Gespräch stattgefunden hat?

Sind Sie dann alleine weggegangen oder mit Herrn Schwarberg zusammen?

Zeuge Mann:

Ich bin alleine zur Dienststelle gefahren ...

RA Geu[len]:

... und haben sich von Herrn Schwarberg verabschiedet und sind nicht mit ihm zusammen aus dem Hause gegangen?

Zeuge Mann:

Meinen Sie jetzt aus der Haftanstalt oder aus ...?

RA Geu[len]:

Nein, ich meine, aus dem Vernehmungsraum, aus dem Besucherzimmer?

ZeugeMann:

Ich kann nicht sagen, ob wir gleichzeitig den Raum verlassen haben.

[12722] RA Geu[len]:

Haben Sie noch mit Herrn Schwarberg geredet nach diesem Gespräch mit dem Herrn Müller, also unmittelbar danach insbesondere, nachdem der Herr Müller weg war?

Zeuge Mann:

Das kann ich nicht mehr sagen; das weiß ich nicht.

RA Geu[len]:

Vielleicht denken Sie nochmals nen Augenblick nach. Es ist ja doch relativ wichtig.

Zeuge Mann:

Ich sagte schon, ich weiß es nicht mehr.

RA Geu[len]:

Ich hab im Augenblick keine Fragen mehr an den Zeugen; würde aber auch bitten, den Zeugen noch nicht zu entlassen, zumal das wohl auch ...

Vors.:

Das ist selbstverständlich. Die Herrn von Hamburg fahren sicherlich gemeinschaftlich wieder nach Hause. Ist doch anzunehmen, ja?

Zeuge Mann:

Wir fahren, ja, wenn wir gleichzeitig entlassen werden.

Vors.:

Wir hoffen, daß wir mit allen Zeugen aus Hamburg heute noch zu Ende kommen.

Ich möchte den Herrn Zeugen vereidigen.

Der Zeuge KOM Mann wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.55 Uhr vorläufig entlassen.

Wir machen jetzt eine Pause von einer Viertelstunde. Ich möchte aber vorweg die Frage richten - Herr RA Pfaff oder Herr RA Geulen, da sind Sie wohl kompetent dafür:

Es ist ja immer wieder jetzt der Name des Herrn Schwarberg gefallen. Ist beabsichtigt, den Antrag zu stellen, Herrn Schwarberg als Zeugen zu hören? Dann würden wir uns in der Pause bemühen, ob wir ihn bis morgen bekommen.

Ist es richtig, wenn wir davon ausgehen, daß Herr Schwarberg über dieses Gespräch im „Stern“ etwas veröffentlicht hat?

Also Ihnen liegt da auch nichts drüber vor?

RA Pfaff:

Mir nicht.

RA Geu[len]:

Also im Augenblick nicht. Ich weiß es nicht. Ich nehm’s nur an.

Vors.:

Nicht, also Herr RA Schily hat uns eben erklärt, daß der Zeuge Schwarberg deshalb nicht benannt werden würde, weil die Verteidigung davon ausgehe, er werde sich doch auf § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO[29] berufen.

[12723] RA Geu[len]:

Ich kann jetzt also nur meine persönliche Kenntnis wiedergeben, nicht die von Herrn Schily. Mir liegt dieser Bericht nicht vor. Ich kann aber jedenfalls bis zur Mittagspause das nochmals abklären.

Vors.:

Es wäre mir lieb. Wenn ein Antrag käme, dann würden wir natürlich versuchen, ob wir’s bis morgen gleich noch auf die Beine bekommen würden.

Bis um 11.15 Uhr Pause.

Pause von 10.56 Uhr bis 11.19 Uhr.

Vors.:

Wir können fortsetzen.

Über dieses Interview des Herrn Müller scheint im „Stern“ dann in der Nr. 13 vom 20.3.75 der Bericht gekommen zu sein. Und hier wird die Geschichte, die Gegenstand des Beweisantrags ist und hier jetzt mehrfach erörtert worden ist, auch beschrieben - ich sage das nur zur Information gem. § 251 Abs. 3 StPO[30] wegen der Ladung des Zeugen Schwarberg -, und da heißt es:

„Einmal mußten Holger und ich von Hannover nach Frankfurt ein paar Säcke transportieren. Wir fuhren einen Commodore ...“

- und dann kommt die ganze Geschichte.

Wird unter diesen Umständen von Ihrer Seite auf den Zeugen Schwarberg Wert gelegt?

Herr RA Geulen.

RA Geu[len]:

Ja Herr Vorsitzender, das hat mit diesen Umständen und mit dem, was Sie jetzt da wiedergegeben haben aus dem Bericht, nichts zu tun, sondern es hat nur was damit zu tun, ob der Zeuge unter Umständen eine Aussage machen würde, was ich jetzt nicht weiß. Aber ich würde bitten, das bis 14.00 Uhr noch zurückzustellen. Ich werde es[xxx] dann sagen nach Rücksprache mit meinem Büro.

Vors.:

Gut. Es könnte sein, daß wir bis dahin von Amts wegen dann Schritte bezüglich der Ladung des Herrn Zeugen Schwarberg in die Wege leiten. Ich wollte es nicht versäumt haben, drauf hinzuweisen, weil Sie ja sagten, Sie wüßten nicht, ob dieser Artikel erschienen ist darüber. Er liegt dem Gericht auch im Original vor. Sie können sich also bedienen.

[12724] RA Geu[len]:

Das bezog sich natürlich auf meine persönliche Kenntnis.

Vors.:

Sicher. Nein, das beinhaltet keinen Vorwurf. Ich möchte Ihnen das Angebot machen, sich des Artikels zu bedienen. Es könnte natürlich unter Umständen sein, daß auch manche heute früh in aller Schärfe gestellten Fragen bei Kenntnis dieser Umstände etwas weniger scharf gestellt werden müssen in Zukunft.

Der Zeuge KOM Jonasson erscheint um 11.22 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KOM Jonasson macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Jon[asson]:

Gerhard Jonasson, 35, Kriminalobermeister,

Hamburg; Dienststelle: FD 7;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Die Verteidigung benennt Sie auch dazu, daß Sie Kenntnisse über ein Gespräch hätten, das zwischen Gerhard Müller und einem Journalisten namens Schwarberg am 26. Februar 1975 stattgefunden habe.

Ist Ihnen von diesem Vorgang etwas bekannt? Waren Sie anwesend?

Zeuge Jon[asson]:

Ja, das ist richtig.

Vors.:

In welcher Eigenschaft haben Sie an dem Gespräch teilgenommen?

Zeuge Jon[asson]:

Ja dazu muß ich erläutern, daß vom Gericht ein Beschluß ergeht und dort ist dann ...

Vors.:

Sicher. Nein, wie der Weg war ...-

In welcher Eigenschaft waren Sie beteiligt?

Zeuge Jon[asson]:

Als Aufsichtsperson.

Vors.:

Ja nun, das handhaben wir ja bei Besuchen auch so.

Ich kann ihn das fragen:

Wenn wir also hier Besuch haben, dann wird gesagt: unter Überwachung durch das LKA. Ist das vergleichsweise dieselbe Tätigkeit?

Zeuge Jon[asson]:

So ist es.

Vors.:

Können Sie uns zu einem bestimmten Punkt, der die Verteidigung interessiert, noch Angaben aus dem Gedächtnis machen, und zwar handelt es sich hier um einen Transport von Düngemittelsäcken zwischen Hannover und Frankfurt.

[12725] Zeuge Jon[asson]:

Also dazu kann ich nichts sagen. Also während meiner Anwesenheit ist darüber mit Herrn Schwarberg nicht gesprochen worden. Ich erinnere mich jedenfalls nicht.

Vors.:

Wissen Sie, ob dieses Gespräch mit Herrn Schwarberg sich über mehrere Tage erstreckt hat?

Zeuge Jon[asson]:

Ich glaube, Herr Schwarberg war zweimal in der JVA.

Vors.:

Können Sie sich heute noch an das Datum erinnern, als Sie eingesetzt waren?

Zeuge Jon[asson]:

Nein, kann ich nicht.

Vors.:

Können Sie sich an den Monat erinnern?

Zeuge Jon[asson]:

Es muß Anfang des Jahres gewesen sein.

Vors.:

Dieser Begriff umfaßt mehrere Monate.

Zeuge Jon[asson]:

Februar, März würde ich sagen.

Vors.:

Können Sie’s noch präzise festlegen: War es Februar oder März?

Zeuge Jon[asson]:

Nein, das kann ich nicht mehr.

Vors.:

Wir haben hier die Daten, daß sowohl am 26. Februar Herr Schwarberg mit Herrn Müller gesprochen haben soll, als auch am 13. März, wenn ich’s recht gelesen hab.

Waren Sie bei dem ersten oder bei dem zweiten Gespräch dabei?

Zeuge Jon[asson]:

Ich glaube, ich war bei dem ersten Gespräch dabei.

Vors.:

Aber grade bei diesem ersten Gespräch am 26. Februar soll laut einer Aktennotiz, die wir hier vorliegen haben, dieser Punkt erörtert worden sein.

Zeuge Jon[asson]:

Das muß ja vermerkt sein, wenn ich das geschrieben hätte.

Das kann ich so nicht mehr sagen.

Vors.:

Herr Jonasson, Sie erinnern sich, einen Vermerk drüber gemacht zu haben?

Zeuge Jon[asson]:

Ja.

Vors.:

Dieser Vermerk ist hier vorhanden; er trägt das Datum 13.3.75 ...

Zeuge Jon[asson]:

Ach, dann ist es wohl so richtig.

Vors.:

... und beginnt:

„Fortsetzung des Interviews Müller-Schwarberg, Illustrierte ‚Stern‘“.

Zeuge Jon[asson]:

Ja.

[12726] Vors.:

Also Sie können dann zu dem Punkte, den wir im Augenblick Ihnen vorgehalten haben - Transport von diesen Düngemittelsäcken - überhaupt nichts aussagen?

Zeuge Jon[asson]:

Nein.

Vors.:

Haben Sie Kenntnisse erlangt, wie es überhaupt dazu gekommen ist, daß Müller, der ja einer Gruppierung angehört, die üblicherweise ... oder deren Mitglieder üblicherweise keine Aussagen bei der Polizei machen oder gemacht haben, daß er bereit war, Aussagen zu machen?

Zeuge Jon[asson]:

Also ich weiß nicht, ob das meine Aussagegenehmigung berührt.

Vors.:

Sie haben die Aussagegenehmigung wohl entsprechend dem Herrn Mann, Vernehmung des Gerhard Müller in den Jahren 75/76?

Zeuge Jon[asson]:

Ja.

Der Zeuge KOM Jonasson übergibt seine Aussagegenehmigung dem Gericht;

die Aussagegenehmigung wird als Anl. 3 zu Protokoll genommen.

Vors.:

Ja, das ist die gleiche. Ich seh’s schon. Danke schön.

Ich denke, der Punkt 1 umfaßt das - ich werd’s nachher konkretisieren -, aber ich will jetzt nur möglichst allgemein an Sie herantragen, was hier gefragt werden soll.

Zeuge Jon[asson]:

Also darüber hab ich keine Kenntnis.

Vors.:

Dann will ich direkter fragen:

Die Verteidigung hat hier mit Beweisanträgen wiederholt die Behauptung aufgestellt, es seien Herrn Müller bestimmte Aussichten gemacht worden für den Fall, daß er bereit wäre, Aussagen abzugeben.

Ist Ihnen davon etwas bekannt?

Zeuge Jon[asson]:

Darüber weiß ich nichts.

Vors.:

Zum Beispiel war die Rede von 50 %igem Strafnachlaß.

Zeuge Jon[asson]:

Davon weiß ich nichts.

Vors.:

Wissen Sie, ob man Herrn Müller in Aussicht gestellt hat, wenn er Aussagen mache, dann ließe sich das auch wirtschaftlich irgendwie verwerten?

Zeuge Jon[asson]:

Nein.

[12727] Vors.:

Etwa durch publizistische Verwertung?

Zeuge Jon[asson]:

Über diese Dinge weiß ich nichts; kann ich nichts sagen.

Vors.:

Wissen Sie, ob man mit Herrn Müller ganz generell darüber gesprochen hat, ob Aussagebereitschaft zur Milderung führen könnte [yyy] vor Gericht?

Zeuge Jon[asson]:

Auch darüber kann ich nichts sagen.

Vors.:

Nochmals eine konkrete Beweisbehauptung:

Müller sei gesagt worden, milde Strafe, wenn er aussage; sonst könne man aber auch ganz anders, dann habe er mit lebenslang zu rechnen.

Ist Ihnen darüber etwas bekannt?

Zeuge Jon[asson]:

Auch darüber weiß ich nichts.

Vors.:

Haben Sie im Zusammenhang mit Herrn Müller irgendwie mit Vernehmungen was zu tun gehabt? Sie waren ja hier nur in der Form der Aufsichtsperson.

Zeuge Jon[asson]:

Ja bei einigen Vernehmungen war ich auch dabei, aber in gleicher Eigenschaft, nicht als Vernehmungsbeamter, sondern nur für die Sicherheit verantwortlich.

Vors.:

Wissen Sie, ob im Zusammenhang damit, als Sie dabeiwaren, von dem Fall Barz[31] gesprochen worden ist? Wenn ja, wissen Sie, zu welchen Ergebnissen die weiteren Ermittlungen geführt haben?

Zeuge Jon[asson]:

Also ob ich da dabei war, das kann ich im Moment gar nicht sagen. Ich weiß davon, daß dann gegraben worden ist und mit negativem Ergebnis.

Vors.:

Wissen Sie, ob heute irgendwie das Ergebnis verfestigt ist in diesem Falle? Haben Sie da irgendwie dienstlich davon Kenntnis bekommen?

Zeuge Jon[asson]:

Na, also daß es negativ ist ...

Vors.:

... damals, die Bemühungen. Aber das liegt ja nun auch schon wieder einige Zeit zurück. Wissen Sie, ob heute irgendwelche neuen Erkenntnisse hierüber ...?

Zeuge Jon[asson]:

Nein, weiß ich nicht.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe, beim Gericht nicht.

Die Herrn der B. Anwaltschaft?

Die Herrn Verteidiger?

Herr RA Geulen, bitte.

[12728-12729][32] [12730] RA Geu[len]:

Herr Zeuge, als Sie diesem Gespräch beiwohnten, war Ihnen da irgendeine Unterlage über das vorhergehende Gespräch zwischen Herrn Müller und Herrn Schwarberg bekannt?

Zeuge Jon[asson]:

Nein, darüber war mir nichts bekannt.

RA Geu[len]:

Wissen Sie, wie dieses Gespräch - das zweite Gespräch oder gegebenenfalls auch das erste - zustandegekommen ist, auf wsssen Initiative und in welcher Form?

Zeuge Jon[asson]:

Also Genaues kann ich nicht sagen; ich glaube, daß Herr Schwarberg vom „Stern“ sich an Herrn Müller gewandt hat, aber wie das zustandegekommen ist, dazu kann ich nichts sagen.

Vors.:

Es ist freundlich, daß Sie sich den Fragern zuwenden. Aber man versteht Sie nicht richtig.

Zeuge Jon[asson]:

Also es ist möglich, daß Herr Schwarberg vom „Stern“ sich an Herrn Müller gewandt hat; aber wie das zustandegekommen ist - ob schriftlich oder telefonisch oder sonstwie - dazu kann ich nichts sagen, weiß ich nichts.

RA Geu[len]:

Haben Sie selbst während Ihrer Beiwohnung bei diesem Gespräch geredet mit Herrn Müller oder mit Herrn Schwarberg, oder haben Sie lediglich dabeigesessen - vielleicht nur in einer Ecke - und haben gar nichts gesagt?

Zeuge Jon[asson]:

Ja lediglich dabeigesessen.

RA Geu[len]:

Sie haben zu beiden kein Wort gesagt oder?

Zeuge Jon[asson]:

Das ist richtig.

RA Geu[len]:

Da sind Sie ganz sicher?

Zeuge Geu[len]:

Da bin ich ganz sicher.

RA Geu[len]:

Und vor dem Gespräch, wie [zzz] war das da? Wie sind Sie da hingekommen zu diesem Ort, an dem das stattfand? Alleine?

Zeuge Jon[asson]:

Ich bin alleine mit dem Wagen in die JVA gefahren, und wenig später kam dann auch wohl Herr Schwarberg - oder vielleicht war der schon da, das weiß ich nicht mehr genau -, dann wurde Herr Müller vorgeführt, und dann lief das Gespräch in einem Raum ab.

RA Geu[len]:

Haben Sie vor dem Beginn des Gesprächs mit Herrn Schwarberg geredet, etwa auf dem Flur oder in einem Raum?

Zeuge Jon[asson]:

Nein, ich kannte ihn ja nicht.

[12731] RA Geu[len]:

Und in dem Vernehmungsraum selbst auch nicht, in dem Besucherraum?

Zeuge Jon[asson]:

Nein, auch nicht.

RA Geu[len]:

Ist vor Beginn des Gespräches irgendwas stattgefunden, was nach Ihrer Meinung ... oder hat etwas stattgefunden, was nach Ihrer Meinung geheimhaltungsbedürftig war?

Zeuge Jon[asson]:

Das weiß ich nicht; kann ich nicht sagen.

RA Geu[len]:

Haben Sie entsprechende Vertraulichkeitsvermerke in das Protokoll gemacht?

Zeuge Jon[asson]:

Ich selbst?

RA Geu[len]:

Ja? Sie haben doch ein Protokoll angefertigt über das Gespräch am 13.3.?

Zeuge Jon[asson]:

Ein Gedächtnisprotokoll über den Inhalt des Gesprächs Herr Schwarberg und Herr Müller.

RA Geu[len]:

Steht da irgend etwas geheimhaltungsbedürftiges drin in dem Protokoll?

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender, die Aussagegenehmigung erstreckt sich nicht auf Vorgänge, die nach § 96 StPO noch[aaaa] von diesem Sperrvermerk umfaßt sind.[33] Ich halte deswegen die Frage des Herrn RA Geulen für unzulässig und beanstande sie deshalb.

Vors.:

Es ist nicht möglich, das im Wege der Beanstandung dem Herrn Zeugen nahezubringen. Er muß selbst, wie er’s bei mir ja auch getan hat, sich immer bewußt sein, ob die Aussagegenehmigung ihn deckt. Aber ich muß Sie drauf hinweisen: Sie müssen sie beachten, Herr Zeuge.

RA Geu[len]:

Die Frage war ja ganz einfach, ob der Zeuge irgend etwas Geheimhaltungsbedürftiges nach seiner Meinung ...

Vors.:

Da ist vielleicht zweckmäßig, wenn die B. Anwaltschaft, die ja vielleicht in der Richtung uns weiter informieren kann, sagen kann, wann der § 96 StPO die Zone erreicht; denn für uns ist es auch nicht so ohne weiteres erkennbar, und der Herr Zeuge weiß es ja wohl auch nicht im Einzelfalle.

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender, das ergibt sich an und für sich aus Bl. 12 des Vorganges. Der erste Absatz ist hier zurückbehalten worden gem. Erlaß des B. Ministers der Justiz vom 9.11.1976; und grade zu diesem Thema beginnt jetzt Herr RA Geulen den Zeugen zu befragen.

[12732] Vors.:

Bloß, woher wissen wir, daß das das Thema ist? Ich habe hier einen Leerzettel und mehr nicht. Ich kenne das Thema, das sich hinter diesem Absatz verbirgt, nicht. Also es ist für mich nicht erkennbar.

RA Geu[len]:

Außerdem erstreckt sich das natürlich nicht auf die Aussagegenehmigung des Zeugen. Das ist eine Zurückhaltung im Hinblick auf die Akten oder auf einen kleinen Teil der Akten, aber hat nichts mit der Aussagegenehmigung zu tun, zumal § 96 StPO sowieso nichts mit einer Aussagegenehmigung zu tun hat und insofern eine Einschränkung auch nicht vorliegt.

Vors.:

Nein, Herr RA Geulen, das ist ein Irrtum. Ich habe ausdrücklich darum ersucht - und so ist auch die Aussagegenehmigung erteilt worden - über den Inhalt der Vernehmung des Zeugen Gerhard Müller; und das Ergebnis der dazu angestellten polizeilichen Ermittlungen auszusagen, ist genehmigt, [bbbb] soweit nicht der Sperrvermerk des B.Justizministeriums usw. entgegensteht. Soweit also darauf der Hinweis gegeben wird, daß hier der Sperrvermerk berührt wird oder die Zone, die der Sperrvermerk abgrenzt, dann hätte der Herr Zeuge das sehr wohl zu beachten, und wir würden ihn dann auch, soweit wir’s erkennen können, immer drauf hinweisen.

Jetzt bitte ich, die Frage nochmals zu formulieren, wenn Sie sie überhaupt wiederholen wollen.

RA Geu[len]:

Die Frage war einfach, ob dieser Aktenvermerk, den Sie gemacht haben - der ist zwei Seiten lang, das werden Sie wohl bestätigen können -, ob auf diesen beiden Seiten irgend etwas [cccc] ist, was nach Ihrer Meinung geheimhaltungsbedürftig ist?

Zeuge Jon[asson]:

Darüber kann ich nichts sagen; das weiß ich nicht.

Ich hab den Vermerk so geschrieben und abgegeben.

RA Geu[len]:

Ja ich meine nur - Sie können das ja auch selber natürlich beurteilen, müssen Sie ja auch, wenn Sie vertrauliche Dinge machen, dann müssen Sie mit dem Hinweis auf „VS vertraulich“ etwa eine[dddd] entsprechende Anregung machen -:

Hatten Sie Anlaß zu der Meinung, daß hier irgend etwas vertraulichkeitsbedürftig ist in Ihrem Vermerk?

[12733] Vors.:

Sie haben’s ja - die Frage wird nur wiederholt - an sich beantwortet, Sie wüßten nichts darüber; aber ich muss sie darauf hinweisen, daß Ihre Aussagegenehmigung auch noch die Einschränkung umfaßt:

„Sie umfaßt nicht Äußerungen, die zu den Aufgaben eines Sachverständigen gehören, wie z. B. die Antwort Abgabe von Werturteilen sowie die Beantwortung von Rechtsfragen.“

Die Frage der Geheimhaltungsbedürftigkeit im Sinne des § 96 StPO beispielsweise ist eine Rechtsfrage, und hier sind Sie durch Ihre Aussagegenehmigung, so wie sie uns vorliegt, nicht gedeckt. Jetzt bitte ich, weitere Fragen zu stellen.

RA Geu[len]:

Ja das ist auch gar nicht die Aufgabe eines Zeugen, Rechtsfragen zu beantworten, insofern ergibt sich das schon aus der StPO. Aber hier geht es ja gar nicht darum, was rechtens und was nicht rechtens ist - das würde ich den Zeugen gar nicht fragen, und dazu könnte er auch gar nichts sagen, selbst wenn er im übrigen sachkundig wäre -, sondern es geht nur darum, ob der Zeuge selbst Anlaß hat - und das ist natürlich keine Rechtsfrage, ob der Zeuge selbst Anlaß hatte -, hier anzuregen, daß über irgendeine Passage dieser beiden Seiten oder über die beiden Seiten in ihrer Gesamtheit irgendwie ein Vertraulichkeitsschutz erstreckt wird. Das war meine Frage, ob Sie dazu Anlaß hatten.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, können Sie die Frage nicht in der konkreten Form stellen, ob der Herr Zeuge selbst dazu eine Anregung gegeben hat? Das wäre ein tatsächlicher Vorgang, über den er Auskunft geben könnte.

RA Geu[len]:

Gut, ich kann die Frage zunächst mal so stellen.

Vors.:

So würde ich Sie bitten, die Frage zu stellen, dann kann man sie zulassen.

RA Geu[len]:

Haben Sie die Frage verstanden?

Zeuge Jon[asson]:

Ja, ich habe die Frage verstanden. Ich hab keinerlei Anlaß dazu gegeben.

RA Geu[len]:

Also Sie hatten keinerlei Anlaß, hinsichtlich dieses Protokolls vom 13.3.1975 anzuregen, daß hier ein Vertraulichkeitsschutz zugrundegelegt wird.

Zeuge Jon[asson]:

So ist es richtig. Ich hatte keinerlei Anlaß.

[12734] RA Geu[len]:

Ist Ihnen bekannt, daß später hinsichtlich, und zwar bis heute hinsichtlich eines Teiles dieses Protokolls von Ihnen, nämlich hinsichtlich der ersten, ja, 5 oder 6 Zeilen - man kann es ja nicht genau feststellen - ein Sperrvermerk seitens des B. Ministers der Justiz formuliert worden ist mit der Folge, daß die Akten, die dem Gericht und den Prozeßbeteiligten vorliegen, insofern geweißt sind, also daß diese ersten Sätze hier nicht vorgelegt worden sind in den Fotokopien?

Zeuge Jon[asson]:

Darüber weiß ich nichts.

RA Geu[len]:

Können Sie sich das erklären, wieso das gemacht worden ist?

Vors.:

Das ist nun wirklich keine Zeugenfrage. Der Herr Zeuge ist hier nicht da, um zu erklären, ob er eine Erklärung für eine Handlung des B. Justizministers hat. Das ist also wirklich weit über das hinaus, was einem Zeugen zugemutet werden kann.

RA Geu[len]:

Gut, ich kann die Frage anders formulieren:

Der Zeuge hat ja gesagt, daß er keinen Anlaß dazu hatte seinerseits. Jetzt sage ich, daß von einer andern Stelle, nämlich von der formell zuständigen Stelle, das gleichwohl gemacht worden ist, und man kann das auch als Vorhalt begreifen: Ich halte das dem Zeugen vor, wie er sich das erklärt?

Vors.:

Das ist nichts Besseres, Herr Rechtsanwalt. Es ist zwar etwas anders eingepackt, aber ist inhaltlich das gleiche.

RA Geu[len]:

Also ich kann mir jetzt trotzdem nicht erklären, warum das gemacht worden ist. Es ist auch nicht meine Aufgabe, darüber nachzudenken, warum es gemacht worden ist.

Wissen Sie noch ungefähr, was der Inhalt dieses gesamten Aktenvermerkes gewesen ist?

Vors.:

Also das ist mit Sicherheit nicht ...

RA Geu[len]:

Ich sprach grade vom gesamten Aktenvermerk, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Ja ich bitte, das zu konkretisieren, was Sie aus dem Aktenvermerk wissen wollen, und ich bitte, nur Vorhaltungen zu machen aus den Passagen, die tatsächlich allen Prozeßbeteiligten zugänglich sind, wobei ich erneut drauf hinweise, was die Verteidigung gelegentlich übersieht, daß für ein Gericht - ohne jede Möglichkeit, etwas dagegen zu tun - ein Sperrvermerk nach § 96 StPO [12735] die Sache tabu macht; und das Gericht kann es auch nicht zulassen, daß auch nur Fragen gestellt werden, die in diesen Bereich hineingehen könnten, und deswegen bitte ich um Präzisierung.

RA Geu[len]:

Es ist ja, nachdem die Akte nun nicht vollständig vorgelegt worden ist, was übrigens ja noch verwaltungsgerichtlich überprüft wird,[34] um so günstiger, glücklicher, daß wir einen Zeugen vor uns haben, der uns darüber Auskunft geben könnte; aber ich will mich der Sache gar nicht so sehr inhaltlich nähern, sondern den Zeugen nur fragen, ob er sich - das war meine Frage und ich wiederhole sie -, ob er sich an den wesentlichen Inhalt dieser beiden Seiten seines Aktenvermerkes erinnert?

Vors.:

Ich weise Sie drauf hin kraft Ihrer Aussagegenehmigung, daß Sie, soweit - und darauf sind Sie hingewiesen worden - hier ein Sperrvermerk besteht, keine Aussagegenehmigung haben; bezüglich des ersten Absatzes Ihres damaligen Protokolls - Gedächtnisprotokolls, wie man annehmen darf - haben Sie keine Aussagegenehmigung. Unter diesem Aspekt bitte ich Sie, jetzt zur Antwort zu schreiten, wenn Sie können.

Zeuge Jon[asson]:

Also ich möchte hier von meiner Aussagegenehmigung Gebrauch machen und verweigere die Aussage.

RA Geu[len]:

Zunächst mal, Herr Zeuge:

Meine Frage war doch nur, ob Sie über den wesentlichen Inhalt ihres Aktenvermerkes, des gesamten Aktenvermerkes, Bescheid wissen noch?

Zeuge Jon[asson]:

Aber selbstverständlich. Aber ich hab darüber keine Aussagegenehmigung.

Vors.:

Nur, soweit § 96 StPO [eeee] im Wege steht.

Zeuge Jon[asson]:

Ja, selbstverständlich.

Vors.:

Soweit Sie zu diesem Gespräch etwas sagen können, was freigegeben ist - gerichtsverwertbar ist -, können Sie auch meines Erachtens Aussagen machen.

Aber wir legen Ihnen jetzt, damit Sie das vor Augen haben, ...

RA Geu[len]:

Ja, das würde ich auch anregen.

Vors.:

Bloß ist’s so, Herr Zeuge: Ich bitte Sie dann, daß Sie nicht jetzt etwa die Frage, die an Sie gestellt ist, anhand der schnellen Lektüre dann beantworten, sondern Sie müssen sich jetzt bloß einen Eindruck verschaffen aus dem Gedächtnis, was unter Ihre Schweigepflicht fällt.

[12736] Dem Zeugen wird der Aktenvermerk vom 13.3.1975

- Bl. 12/13 aus der Akte 3 ARP 74/75 I (Sonderordner 128) -

vorgelegt.

Also Sie sehen ja etwa, ab wo Ihr Protokoll wieder freigegeben ist. Dort, wo der Text beginnt, nicht?

Zeuge Jon[asson]:

Ja.

Vors.:

Und ab dieser Stelle können Sie Fragen nach dem Inhalt des Herrn Rechtsanwalts beantworten - nicht nach dem Inhalt des Herrn Rechtsanwalts, sondern Ihres Protokolls natürlich.

RA Geu[len]:

Sie haben die Frage mit „ja“ beantwortet, nicht? Daß Sie im wesentlichen über den Inhalt dieses Vermerkes Bescheid wissen?

Zeuge Jon[asson]:

Ja, sicher.

RA Geu[len]:

Darf ich fragen, wann Sie diesen Vermerk zuletzt gelesen haben?

Zeuge Jon[asson]:

Also ich würde sagen, als ich ihn geschrieben hab oder danach, als der Vermerk fertiggeschrieben war.

RA Geu[len]:

Ja. Das war am 13.3.75 nach dem Datum.

Haben Sie ihn danach nochmals gelesen?

Zeuge Jon[asson]:

Danach hab ich ihn nicht mehr gesehen und auch nicht mehr gelesen, ...

RA Geu[len]:

... also auch nicht unmittelbar vor dieser Verhandlung jetzt?

Zeuge Jon[asson]:

Nein.

Vors.:

Also ich meine jetzt, abgesehen von der kurzen Einsicht, die der Zeuge eben reingenommen hat, ...

RA Geu[len]:

Nein.

Vors.:

... nicht, daß nachher was Falsches im Protokoll steht.

RA Geu[len]:

Also so durchsichtig würde ich die Fragen dann auch nicht stellen.

Herr Zeuge, ich hab noch eine weitere Frage:

Haben Sie bei weiteren Vernehmungen oder überhaupt Vernehmungen, denn das war ja wohl keine von Herrn Müller, teilgenommen im Jahre 1975?

Zeuge Jon[asson]:

Also ich hatte schon zum Herrn Vorsitzenden gesagt, daß ich bei einigen Vernehmungen als Aufsichtsbeamter anwesend war, nur kann ich heute nicht mehr genau sagen, wann das genau war, ob 75 oder 76. Also da kann ich mich mit bestem Wissen nicht dran erinnern.

[12737] RA Geu[len]:

Ja haben Sie sich an diesen Vernehmungen oder bei diesen Vernehmungen beteiligt, indem Sie da selber Fragen gestellt haben, geredet haben oder sich in einer sonstigen Weise beteiligt?

Zeuge Jon[asson]:

Auch das hatte ich schon zum Herrn Vorsitzenden gesagt:

Ich war lediglich als Aufsichtsbeamter dabei und nicht als Vernehmungsbeamter; hab mich auch an den Vernehmungen nicht beteiligt ...

RA Geu[len]:

... in keiner Form? Sie haben also während dieser gesamten Vernehmungen 1975 des Herrn Müller zur Sache sozusagen kein Wort gesagt?

Zeuge Jon[asson]:

So ist es richtig.

RA Geu[len]:

Trifft es zu, daß Sie mehrere Vernehmungsprotokolle aus diesem Zeitraum selbst unterschrieben haben, und zwar unter den Worten „Geschlossen“, also „Geschlossen“ und dann auf der einen Seite die Vernehmungsbeamten bzw. die Beamten und auf der andern Seite Herr Müller, und daß Sie zu diesen Beamten zählen und dort unterschrieben haben?

Zeuge Jon[asson]:

Ja, sämtliche anwesenden Beamten haben unterschrieben nach Beendigung der Vernehmung, darunter auch ich.

RA Geu[len]:

Sie haben also unterschrieben, ohne daß Sie selber da Vernehmungsbeamter waren? Ja, die Frage ist schon beantwortet.

Herr Zeuge, wer ist denn der oder die, der Herr oder die Frau Mathiesen ... Mathis - Entschuldigung - auch mit der Abkürzung „MS“, die auch in diesen Protokollen auftaucht?

Zeuge Jon[asson]:

Ja „MS“ bedeutet Maschinenschreiberin, und das ist die Dame, die das Protokoll auf der Maschine geschrieben hat.

RA Geu[len]:

Also „MS“ ist nicht ’ne Abkürzung für Mathis, sondern ...

Zeuge Jon[asson]

... eine Abkürzung für Maschinenschreiberin - das ist, glaube ich, in jeder Behörde so.

RA Geu[len]:

Ja, das ist mir nicht bekannt.

Herr Zeuge, ist Ihnen noch der Inhalt dieser Vernehmungen, die Sie ja mitunterschrieben haben oder soweit Sie daran teilgenommen haben, in einigen Grundzügen bekannt oder ist es so, um Ihnen den Sinn dieser Frage zu erklären, daß Sie eigentlich nur sozusagen den äußeren Ablauf überwachen und selber dem Inhalt gar nicht folgen.

[12738] Zeuge Jon[asson]:

So ist es richtig: den äußeren Ablauf und eben als Bewachungsbeamter, nicht als Vernehmungsbeamter.

RA Geu[len]:

Und ist Ihnen zum Inhalt dieser Vernehmungen noch etwas bekannt?

Zeuge Jon[asson]:

Das kann ich so nicht sagen. Es ist möglich, daß ich hin und wieder etwas gehört habe, aber ich habe ja, wie gesagt, nicht teilgenommen an der Vernehmung.

RA Geu[len]:

Haben Sie vor diesen Vernehmungen irgendwelche Akten oder Schriftstücke über vielleicht frühere Vernehmungen von Herrn Müller gesehen?

Zeuge Jon[asson]:

Nein, darüber hab ich nichts gesehen.

RA Geu[len]:

Haben Sie selber die Akte oder die Akten mitgeführt über diese Vernehmungen?

Zeuge Jon[asson]:

Nein, auch das nicht.

RA Geu[len]:

Ist Ihnen bekannt, und waren Sie vielleicht selber zuständig dafür, daß oder ob dem Herrn Müller ein Radio mit UKW-Teil in der Zelle gestattet worden ist zu benutzen?

Zeuge Jon[asson]:

Auch darüber kann ich nichts sagen. Ich weiß nicht mal, ob er überhaupt ein Radio hat.

RA Geu[len]:

Wer war bei dieser zweiten Besprechung, bei der Sie mitanwesend waren zwischen Herrn Schwarberg und Herrn Müller, noch dabei? Noch jemand oder waren Sie allein zu dritt?

Zeuge Jon[asson]:

Ein Beamter der JVA, und ich nehme an, kann es aber nicht mit Bestimmtheit sagen, seine Anwältin, Frau Dr. Gottschalk-Solger.

RA Geu[len]:

Das wissen Sie nicht mehr sicher, aber das vermuten Sie, ja, daß die Anwältin noch dabei war?

Zeuge Jon[asson]:

Ich nehme an, daß zu diesem Zeitpunkt die Anwältin dabei war?

RA Geu[len]:

Anwältin oder Anwälte?

Zeuge Jon[asson]:

Anwältin, Frau Dr. Gottschalk-Solger.

RA Geu[len]:

Und der Beamte der JVA, hat der sich an der Vernehmung beteiligt oder?

Zeuge Jon[asson]:

Nein, das ist ein Aufsichtsbeamter der JVA, der auch nur dabeisitzt, ...

RA Geu[len]:

... also in der gleichen Rolle wie Sie.

Zeuge Jon[asson]:

Genau.

[12739] RA Geu[len]:

Wissen Sie den Namen dieses Beamten noch?

Zeuge Jon[asson]:

Nein, kann ich Ihnen nicht sagen. Das ist jedesmal ein anderer.

RA Geu[len]:

Hat sich die Anwältin an den Gesprächen beteiligt oder hat sie interveniert? Hat sie überhaupt geredet während dieses Gespräches?

Zeuge Jon[asson]:

Das kann ich heute auch nicht mehr sagen.

RA Geu[len]:

Ich hab im Augenblick keine Fragen an den Zeugen mehr, würde aber auch bitten, den Zeugen noch nicht zu entlassen.

Vors.:

Und ich würde generell bitten: in Zukunft, wenn solche Beweisanträge gestellt werden, daß, wenn’s der Verteidigung möglich ist, Vorfragen gestellt werden. Ich meine, ob das sehr sinnvoll ist, Zeugen, die bloß in dieser Funktion beteiligt waren, nun hierherzubitten, das ist ’ne andere Frage.

Herr RA Pfaff, haben Sie weitere Fragen? Bitte schön.

RA Pfaff:

War bei der Fortsetzung dieses Interviews ein Polizeibeamter namens Mann anwesend?

Zeuge Jon[asson]:

Ja, da war Herr Mann dabei - wie gesagt, das wechselt ja immer.

RA Pfaff:

Er war dabei?

Zeuge Jon[asson]:

Diesen Besuch hat Herr Mann wahrgenommen, ja.

Vors.:

Augenblick, Herr Rechtsanwalt, es könnte sein ...

RA Pfaff:

Nein, Herr Vorsitzender, ich irre mich nicht. Ich irre mich nicht.

Vors.:

Nein, ich bitte Sie, Ihre Frage vielleicht daraufhin zu überprüfen; es könnte sein, daß hier ein Irrtum entstanden ist.

RA Pfaff:

Nein, nein, ich irre mich nicht.

Vors.:

Sie irren sich nicht; es kommt drauf an, ob der Herr Zeuge sich möglicherweise irrt - um das geht’s. Nicht auf Sie kommt’s an, sondern er muß seine Aussage verantworten.

RA Pfaff:

Das können wir nachher ja feststellen.

Hat sich Herr Mann Notizen gemacht während des Interviews?

Zeuge Jon[asson]:

Das kann ich nicht sagen, ich war ja nicht dabei.

Vors.:

Sehen Sie, jetzt zeigt sich genau das, was ich Ihnen sagte in dieser Antwort: Sie haben ihn mißverstanden, weil Sie die Frage so gestellt haben, daß der Herr Zeuge Sie mißverstehen konnte; [12740] und da habe ich die Pflicht, einzugreifen, damit keine falsche Aussage zustande kommt. Aber das wird sich jetzt ohnedies ergeben.

RA Pfaff:

Das kann man jetzt machen, Herr Vorsitzender. Zunächst mal wollte ich meine Frage gestellt haben.

Vors.:

Nein. Das kann man sofort machen. Wenn man einen Zeugen korrekt und fair befragt, muß man das tun, wenn man sieht, daß er offensichtlich einem Irrtum erliegt.

RA Pfaff:

Offensichtlich war das keineswegs.

Vors.:

Aber ich hab’s doch sofort auch gemerkt, und so gut konnten Sie’s doch auch bemerken.

RA Pfaff:

Um einen möglichen Irrtum aufzuklären: Ich meine jetzt, ob während des Gesprächs zwischen Herrn Schwarberg und Herrn Müller, dem Sie ja beigewohnt haben, auch ein Polizeibeamter namens Mann beigewohnt hat?

Zeuge Jon[asson]:

Also da war ich alleine dabei; da war Herr Mann nicht dabei - dann ist das ein Mißverständnis gewesen. Sie sprachen von dem ersten und von dem zweiten Besuch mit Herrn Dr. Schwarberg, und den einen Besuch - hatte ich ja gesagt -, den hatte ich wahrgenommen, und den anderen Besuch hat der Herr Mann wahrgenommen. Wir waren niemals gleichzeitig dabei.

RA Pfaff:

Gut. Das ist das, was ich wissen wollte.

Der Herr Vorsitzende hat ja vorhin gesagt, daß er nicht weiß, was sich hinter diesem Sperrvermerk verbirgt. Nun könnte es ja sein, daß er grade infolgedessen Fragen stellt, die diesen Themenbereich betreffen. Sie würden sich dann auf Ihre Aussagegenehmigung berufen, auf die Grenzen Ihrer Aussagegenehmigung?

Zeuge Jon[asson]:

Jawohl.

RA Pfaff:

Ich hab keine Fragen mehr.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Bevor wir jetzt zur Vereidigung schreiten, frage:

Sollen wir fortsetzen? Wenn wir jetzt nicht mit Herrn Opitz beginnen, was ich beinahe vorschlagen möchte, dann würde ich bitten, daß wir aber dann um 13.45 Uhr fortsetzen können.

Dann werden wir jetzt den Herrn Zeugen vereidigen.

[12741] Der Zeuge KOM Jonasson wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 11.50 vorläufig entlassen.

Fortsetzung: 13.45 Uhr.

Pause von 11.50 Uhr bis 13.50 Uhr.

Ende von Band 753.

[12742] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 13.50 Uhr.

OStA Holland ist nicht mehr anwesend.

Reg. Dir. Widera ist nunmehr auch anwesend.

RAe. Geulen, Pfaff und Schnabel sind nicht mehr anwesend.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Ist Herr Mann schon wieder anwesend? Wir hatten ihn ja für evtl. Rückfragen noch gebeten, wiederzukommen. Bitte zunächst Herrn Mann reinzuschicken. Ich nütze die Zwischenzeit, solange der Herr Zeuge geholt wird, um darauf hinzuweisen, daß dem Senat ein Schreiben, unterschrieben von den drei Angeklagten, zugegangen ist, mit folgendem Text:

Der Vorsitzende verliest das Schreiben der Angeklagten vom 30.11.76.

Eine Ablichtung dieses Schreibens wird als Anl. 4 zu Protokoll genommen.

Während der Verlesung dieses Schreibens erscheint der Zeuge KOM Mann um 13.51 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Vors.:

Die Herren, die hier angesprochen sind, haben von diesem Schreiben, wie ich vorhin erfahren habe, Kenntnis bekommen und nehmen mit Rücksicht auf den Inhalt dieses Schreibens an der Nachmittagssitzung nicht mehr teil. Das Gericht wird sich natürlich überlegen müssen, wie es sich in zukünftigen Fällen zu verhalten hat, wenn etwa solche Vertretungen noch von Seiten dieser Herrn Verteidiger ins Auge gefaßt werden sollten. Bitte, Herr BA Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Ich würde nur baldmöglichst um eine Kopie bitten, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Die ist vorhanden, sie kann Ihnen sofort zugegeben werden; auch die Herren Verteidiger ... Also wenn hier Wert darauf gelegt wird, ich weiß aber nicht. Herr RA Schwarz.

Ablichtungen des verlesenen Schreibens - siehe Anl. 4 zum Protokoll - werden der Bundesanwaltschaft und den anwesenden Verteidigern ausgehändigt.

RA Schw[arz]:

Ich wäre nur bei dieser Situation dankbar, wenn das Ihnen heute ja offensichtlich zugegangene Schreiben [12743] über den Gesundheitszustand des für heute entschuldigten Zeugen dann eingeführt werden könnte; denn jetzt wird ja die Frage der Erklärung zu diesem Schreiben und zur Frage der Vernehmung des heute erkrankten Zeugen uns obliegen. Ich würde also bitten, dass wir rechtzeitig dann den Inhalt dieses Schreibens kennen. Sie haben heute morgen an die Kollegen dort drüben die Frage gerichtet, ob dieser Zeuge noch gewünscht. wird. Ich werde mich jetzt wohl dazu erklären müssen.

Vors.:

Ich habe dieses Schreiben drüben auf dem Schreibtisch liegen. Es wird sofort das ärztliche Attest dann eingeführt. Aber wir können in der Zwischenzeit mit Herrn Mann beginnen. Herr Mann, wir haben Sie nochmals zu einer Rückfrage; ich habe Sie heute früh schon danach gefragt, ob Ihnen bekanntgeworden ist, inwieweit Herr Schwarberg von den beim Interview erlangten Kenntnissen publizistisch Gebrauch gemacht habe. Sie haben darauf gesagt: Es sei Ihnen nichts dazu bekannt geworden. Trifft das zu?

Zeuge Mann:

Ja, das habe ich gesagt.

Vors.:

Trifft das nach wie vor zu, auch wenn ich Ihnen jetzt bekanntgebe, daß hier eine Ausgabe des „Stern“, Heft Nr. 13 vom 20. März 75, vorliegt, in der ein großer Artikel auf S. 166 ff. enthalten ist, mit Bildern, die vielleicht bekanntgeworden sind, unter der Überschrift „Einer packt aus“.

Vorsitzender zeigt den Artikel „Einer packt aus“ aus dem Stern Nr. 13 v. 20.3.75 vom Richtertisch aus dem Zeugen vor.

Zeuge Mann:

Ich muß sagen, der Artikel kommt mir irgendwie bekannt vor. Also das Bild da von Gerhard Müller, von hieraus gesehen rechts, das scheint an dem Tag aufgenommen zu sein.

Vors.:

Ob Sie diesen Artikel seinerzeit zur Kenntnis genommen haben oder gar in jüngster Zeit, können Sie dazu noch was sagen?

Zeuge Mann:

Also in jüngster Zeit garantiert nicht; und damals, ich weiß nicht, wann der Stern rausgekommen ist. Ich kann mich nicht daran erinnern.

[12744][35] [12745] Gem. § 249 StPO[36] werden aus einem Originalexemplar der Zeitung „Stern“ Nr. 13 vom 20.3.1975 von dem Bericht auf den Seiten 166 bis 172 und von dem Impressum auf Seite 230 die folgenden Auszüge verlesen, welche dem Protokoll in beglaubigter Ablichtung als Anl. 5 beigefügt sind.

Vors.:

Sie haben jetzt den vollen Text dieses Inhalts gehört. Wenn man es vergleicht mit dem, was Sie uns heute früh berichtet haben über Ihre Erinnerung an dieses Gespräch, müßte es sich eigentlich um den identischen Vorfall handeln, würden Sie das auch so ansehen?

Zeuge Mann:

Ja. Es muß so sein.

Vors.:

Und nun ist hier von Meins die Rede als Mitfahrer, als Transportbegleiter. Sie haben heute früh ja angedeutet, daß, wo Sie in Ihrem Bericht Baader erwähnt haben, möglicherweise ein Irrtum vorliegen könnte. Wenn Sie jetzt gehört haben, daß möglicherweise dieser Reporter, der dieses Interview gehabt hat, nicht von Baader, sondern von Meins spricht, gibt das[ffff] für Sie [gggg] eine zusätzliche Erinnerungsstütze, ob es sich tatsächlich damals bei der Erwähnung des Namens Baader um einen Irrtum gehandelt hat oder müssen Sie nach wie vor sagen: Ich kann es nicht bestätigen?

Zeuge Mann:

Ja, also eine zusätzliche Erinnerungsstütze. Es ist natürlich so, der Reporter hatte das Tonband oder die Tonbandcassette, die er dann abschreiben konnte; also kann ich voraussetzen, daß er das richtig abgeschrieben hat, weil er sich das ja wohl mehrmals vorspielen lassen konnte. Und ich mußte das aus der Erinnerung schreiben, und ich bin nach wie vor der Meinung, daß ich mich da durchaus wohl doch geirrt haben muß.

Vors.:

Gerade, weil Sie jetzt erfahren haben, daß auch der Reporter den Namen Meins als den 2. Mann ins Gespräch bringt?

Zeuge Mann:

Ja.

Vors.:

Sind sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Sehe ich nicht.

Der Zeuge KOM Mann versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits heute früh geleisteten Eid (§ 67 StPO) und wird im allseitigen Einvernehmung um 13.59 Uhr endgültig entlassen.

Vors.:

Herr RA Schwarz, nun zu Ihrer Bitte zunächst. Es liegt also - von Herrn Freimuth überreicht -, folgendes ärztliche Attest vor:

[12746] Der Vorsitzende verliest das ärztliche Attest über den Zeugen KHK Habekost vom 29.11.76.

Eine Ablichtung dieses Attestes wird als Anl. 6 zu Protokoll genommen.

Der Vorsitzende gibt weiterhin den Inhalt des Aktenvermerks vom heutigen Tage bakannt.

Eine Ablichtung dieses Aktenvermerks wird als Anl. 7 zum Protokoll genommen.

Vors.:

Wir müssen also dann uns darüber schlüssig werden, wie wir nun die Vernehmung des Herrn Zeugen ansehen, ob wir den Zeugen benötigen oder nicht.[hhhh]

RA Schw[arz]:

Ich gebe heute dazu keine Erklärung ab: Ich gehe davon aus, daß die Verteidiger, die das Vertrauen der Angeklagten genießen,[37] nach der neuen Situation morgen anwesend sind. Und ich stelle meine etwaige Erklärung zurück, solange bis die Kollegen Gelegenheit hatten, für einen Beweisantrag, den sie ja gestellt haben, auch eine Erklärung dazu abzugeben.

Vors.:

Dann, glaube ich, können wir jetzt Herrn Opitz bitten.

Der Zeuge KHK Opitz erscheint um 14.01 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KHK Opitz macht folgende Angaben zur Person:

Lothar Opitz, 50 Jahhre alt, KHK

bedienstet bei der Fachdirektion 7 in Hamburg,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Die Verteidigung hat Sie zu mehreren Punkten als Zeugen beantragt, und zwar stellt sie folgendes in Ihr Wissen: Zunächst einmal, Sie sollen[iiii] über ein Gespräch des Zeugen Gerhard Müller mit einem Journalisten namens Schwarberg, das am 26.2.75 stattgefunden hat und sich mit einem Transport von Düngemittelsäcken zwischen Hannover und Frankfurt befaßt hat, etwas sagen können.

Zeuge Opi[tz]:

Zu dem Gespräch kann ich sehr wenig sagen, weil ich das Gespräch nicht mitgehört habe, sondern das [jjjj] ist ein Kollege meiner Dienststelle gewesen, der Herr Mann, der beauftragt war, dort hinzugehen. Und das war der 1. Teil dieses Gespräches; und der 2. Teil, der ca. 14 Tage oder 1 Woche[kkkk] später stattfand, da wurde der Herr [12747-12748][38] [12749][39] [12750][40] [12751] Jonasson beauftragt, dorthinzugehen.

Vors.:

Aber über das Inhaltliche, sind Sie da nur durch Gespräche mit Herrn Mann informiert oder haben Sie direkte Kenntnis in irgendeiner Form erlangt?

Zeuge Opi[tz]:

Ja, Herr Mann, sowohl Herr Mann als auch Herr Jonasson waren beauftragt, irgendetwas niederzuschreiben; und das ist dann ja auch geschehen. Und ich habe es also nicht mehr in Erinnerung, was da genau gesagt worden ist von Herrn Müller. Ich müsste mich da auf irgendein Protokoll berufen, das hier wahrscheinlich vorliegt.

Vors.:

Zu diesem Punkte dann keine Frage.

Zeuge Opi[tz]

Herr Vorsitzender, meine Aussagegenehmigung.

Der Zeuge KHK Opitz übergibt seine Aussagegenehmigung dem Gericht.

Die Aussagegenehmigung wird als Anl. 8 zum Protokoll genommen.

- Der Sitzungswachtmeister übergibt ein Schriftstück -

Vors.:

Wir haben hier im Augenblick, das können wir bekanntgeben, folgenden Antrag vorliegen, schriftlich von Herrn Rechtsanwalt Geulen,

die Verhandlung bis Mittwoch, 1. Dez. 76, 9.30 Uhr auszusetzen.

Gegenwärtig ist die Verteidigung nicht gewährleistet, da kein Verteidiger des Vertrauens der Angeklagten Ensslin anwesend ist. Am 1. Dez. 76 wird RA Schily wieder anwesend sein.

Ich beabsichtige, diesem Antrag nicht stattzugeben, da die Verteidigung vollauf gewährleistet ist.[41]

Den Antrag nehmen wir zu Protokoll.

Der von RA Geulen gestellte schriftliche Antrag wird als Anl. 9 zu Protokoll genommen.

Vors.:

So, damit können wir mit der Vernehmung fortfahren. Es wird in Ihr Wissen ferner folgendes gestellt: Daß der Zeuge Gerhard Müller bei einer Vernehmung am 9. April 1976 eine bestimmte Äußerung getan hat. Frage: Erinnern Sie sich daran, daß Sie eine Vernehmung miterlebt haben am 9. April 75 mit Herrn Müller oder ein Gespräch, das er mit anderen Personen geführt hat?

Zeuge Opi[tz]:

Ich kann natürlich heute nicht mehr sagen, ob es der 9. April gewesen ist. Aber daß ich in diesem Zeitraum mit [12752] Herrn Müller mehrere Gespräche geführt habe, das stimmt.

Vors.:

Kann man davon ausgehen, daß Sie ganz oder zum Teil an den Anhörungen und Gesprächen beteiligt waren, die mit Herrn Müller stattgefunden haben und später Eingang fanden in die Akte, die unter dem Namen 3 ARP läuft. Ist Ihnen das ein Begriff?

Zeuge Opi[tz]:

Ja, es geht aus der Aussagegenehmigung hervor.

Dieses Aktenzeichen ist mir bis dahin kein Begriff gewesen; aber jetzt. Ja, ich kann davon ausgehen, oder es ist davon auszugehen, daß ich bei den meisten dieser Gespräche zugegen gewesen bin. Es gab aber Gespräche oder Vernehmungen, an denen ich nur teilweise dabei gewesen bin, weil ich ja noch andere Aufgaben zu erfüllen hatte in der Dienststelle.

Vors.:

Es wäre also immerhin denkbar, daß Sie bei einem solchen Gespräch Teilnehmer waren. Und hier soll Herr Müller geäußert haben: Nach dem Verrat von Ruhland[42] habe Baader beabsichtigt, diesen - Ruhland nämlich - auch zu erschießen. Er habe deshalb über verschiedene alte Bekannte von Ruhland - es wird dann ein bestimmter Name genannt - versucht, den Aufenthalt Ruhlands zu erfahren.

Zeuge Opi[tz]:

Ja.

Vors.:

Erinnern Sie sich an so einen Vorgang?

Zeuge Opi[tz]:

Daran erinnere ich mich, zumal es[llll] im Zusammenhang mit den 1. Aussagen in Sachen Ingeborg Barz[43] geschah. Es ist auch ein Vermerk von Herrn Petersen, meine ich, und mir niedergelegt worden, dergestalt, wie Sie eben zitiert haben. Zu dem Zeitpunkt saß ja Herr Baader schon ein, als Herr Ruhland festgenommen war. Mir ist also jetzt der, die Zeit nicht gegenwärtig, wann Herr Ruhland auf freien Fuß gesetzt wurde. Das kann ich aus dem Stegreif jetzt nicht sagen.

Vors.:

Wissen Sie, ob damals in dieser Richtung irgendwelche Vorhalte gemacht wurden gegenüber Herrn Müller? Daß man sagte, ja wie soll das geschehen, es war doch Ruhland sicher verwahrt, beispielsweise.

Zeuge Opi[tz]:

Daß diese Ermittlung später getätigt werden sollten, war klar. Aber welche Ermittlungen dort getätigt sind, hinsichtlich dieses Vermerks, entzieht sich meiner Kenntnis.

[12753-12754][44] [12755][45] [12756] Vors.:

Das war dieser Punkt; dann wird in Ihr Wissen gestellt, daß sich Müller in einer bestimmten Weise, jedenfalls in einem engeren Zusammenhang mal geäußert habe, darüber, wie weit er sein Einverständnis zur Verwertung seiner - möglicherweise vor Ihnen gemachten - Angaben gebe. Ist Ihnen darüber etwas bekannt, daß Müller sagte: Ja, das, was ich Ihnen jetzt erzähle, das können sie da verwerten, dort aber nicht.

Zeuge Opi[tz]:

Es ging meines Wissens um die Aussage, die er in Sachen Groenewold[46] gemacht hat. Das muß auch 1 ½ Jahre etwa zurückliegen. Und er sagte damals, daß diese, seine Aussage, für das Verfahren gegen Groenewold verwendet werden könnte, aber - hat er nun nach Möglichkeit gesagt oder hat er gesagt ganz bestimmt nicht - in einem anderen Verfahren. Gemeint war dann also wahrscheinlich hier das damals angelaufene Verfahren gegen Baader, Meinhof und Ensslin, Raspe.

Vors.:

Also an diese Einschränkrung erinnern Sie sich?

Zeuge Opi[tz]:

Ja.

Vors.:

Nun haben Sie erwähnt, es handle sich hier um Angaben betreffend den RA Groenewold. Galt die Einschränkung nur hinsichtlich dieser Aussagen zu[mmmm] Groenewold oder war die ganz allgemein gemeint für alles, was er gesagt hatte und noch sagen würde?

Zeuge Opi[tz]:

Nein, das galt, so habe ich es jedenfalls verstanden damals, für die Aussage Groenewold.

Vors.:

Es ist hier in den Akten, das halte ich Ihnen aus Bl. 129 des Ordners 128 vor, folgender Vermerk zu finden unter dem 3.6.1975. „Herr Müller machte nach einem allgemeinen Gespräch folgende Angaben zum Fortführen der kriminellen Vereinigung aus der Haft heraus.[47] Dazu wollte er bei einer offiziellen Vernehmung durch K 4 21 Angaben machen. Er sei damit einverstanden, daß seine Aussage bei dem Ehrengerichtsverfahren[48] gegen RA Groenewold Verwendung finde, jedoch nicht schon im Stuttgarter-Verfahren.“ Das ist der Text eines Vermerkes. Bezieht sich der auf das, was Sie uns eben geschildert haben?

Zeuge Opi[tz]:

Ja.

Vors.:

Hier ist nun zwar richtig erkennbar, so, wie Sie sagten, [12757] nur beim Verfahren gegen RA Groenewold, nicht etwa in Stuttgart. Es ist aber nicht so ohne weiteres aus diesem Vermerk erkennbar, daß die Einschränkung nur diese Aussagen, betreffend den RA Groenewold, betrifft; man könnte es nur sinngemäß aus dem Text herauslesen, weil sonst hätte es ja keinen Sinn: „im Ehrengerichtsverfahren.“ Nur diesen Vorhalt nochmals, um Ihre Erinnerung abzuklopfen: Bleiben Sie auch angesichts dieses Vorhalts dabei, daß es sich um Aussagen gehandelt hat, die sich gegen RA Groenewold richteten und die von dieser Beschränkung betroffen sein sollten[nnnn]?

Zeuge Opi[tz]:

Ich meine Herrn Müller so verstanden zu haben, daß das nur für die Aussage Groenewold galt.

Vors.:

Nun noch ein paar allgemeine Fragen. Wir haben hier schon verschiedene Zeugen auf Antrag der Verteidigung gehört, wobei die Verteidigung in das Wissen dieser Zeugen bestimmte Kenntnisse darüber, wie Müller zu Aussagen gekommen ist, gestellt hat. Zum Verständnis, Herr Müller kommt aus einer Gruppierung her, deren Mitglieder im allgemeinen keine Angaben zu machen bereit gewesen sind. Wie ist es dazu gekommen, daß Herr Müller bereit war, solche zu machen? Haben Sie da Kenntnisse?

Zeuge Opi[tz]:

Herr Vorsitzender, diese Frage wird von meiner Aussagegenehmigung nicht mehr gedeckt.

Vors.:

Ja, nun ich würde Ihre Aussagegenehmigung anders verstehen. Im Punkte 1 meine ich, heißt es doch allgemein, daß Sie die Genehmigung haben, über die Vernehmung des Zeugen Gerhard Müller auszusagen, im Jahre 75 und 76. Wenn Sie Bedenken haben, können Sie die geltend machen; ich kann Ihnen aber die Frage auch etwas konkreter stellen. Es geht darum, daß die Verteidigung mit ihren Beweisanträgen Beweis führen will, daß auf Müller unlauter eingewirkt worden sei.

Zeuge Opi[tz]:

Dazu kann ich sagen, daß von mir auf Herrn Müller nicht in irgendeiner unlauteren[oooo] Weise eingewirkt worden ist. Sondern Herr Müller hat von sich aus mit der Roten-Armee-Fraktion gebrochen und war bereit, den Ermittlungsbehörden seine Kenntnisse zu übermitteln. Und dazu sind Herr Petersen und ich in 1. Linie mit Herrn [12758] Müller längere Wochen, längere Monate im Gespräch gewesen, ohne daß zu irgendeinem Zeitpunkt auch nur der Hauch einer unlauteren Vernehmungsmethode oder was weiß ich, irgendwelche Versprechungen oder welche Art auch immer, von uns gemacht worden ist.

Vors.:

Gerade um die Versprechungen geht es. Hier ist immer wieder durch die Beweisbehauptungen die Möglichkeit angedeutet worden, Herrn Müller habe man z.B. versprochen, er bekomme 50 % Straferlaß für den Fall, daß er Aussagen mache, man werde ihm die Möglichkeit geben, seine Aussagen bei der Presse gewinnbringend zu verwerten. Also viele Pressekontakte bekommen, damit er zu Honoraren gelange auf diese Weise. Ist Ihnen darüber, zu diesen einzelnen Behauptungen irgendetwas bekannt?

Zeuge Opi[tz]:

Nein, keinesfalls. Welche Versprechungen können wir als Kriminalbeamte denn hinsichtlich der Hälfte der zu verbüßenden Strafe geben; das ist doch illusorisch.

Vors.:

Also Sie sagen, dazu haben Sie keine Kenntnisse. Es wäre noch denkbar - und auch das wurde immer wieder angedeutet -, daß man Herrn Müller sagt. Wenn du aussagst, dann werden wir die strafrechtlichen Vorwürfe möglichst niedrig halten. Sagst du nichts aus, dann werden wir alles bekanntgeben, und dann droht dir lebenslang. Ist Ihnen so etwas bekannt?

Zeuge Opi[tz]:

Nein, auch nicht. Wir haben also normale Gespräche geführt. Er hat ausgesagt, wir haben es aufgeschrieben. Wir haben uns unterhalten auch nicht nur über das strafrechtliche, sondern auch, ich möchte beinahe sagen, privates Wort mal gesprochen. Das ist so üblich in längeren Vernehmungen.

Vors.:

Ist Ihnen bekannt, ob sich Herr Müller im Rahmen dieser Äußerungen, dieser Vernehmungen, über die Frage erklärt hat, ob er Herrn Hoff persönlich kennengelernt hat und ob er in dessen Werkstatt mal gewesen ist?[49]

Zeuge Opi[tz]:

Es ist also der Name Hoff in dieser Befragung, - ich weiß jetzt gar nicht mal genau, ob es eine Vernehmung war oder ob es ein[pppp], ich glaube das war[qqqq], was Hoff, den später er- [12759] mittelten Hoff, betraf, in einem Gedächtnisprotokoll, glaube ich, niedergelegt wurde. Ich kann das also aus dem Stegreif nicht sagen; das müßte aber aus der Akte hervorgehen. Dort ist der Name Hoff nie gefallen, sondern es ist immer von einem „Pfirsich“ die Rede gewesen.

Vors.:

Aber ist es nun nicht, oder wissen Sie etwas darüber, ob man versucht hat, anhand von Bildern festzustellen, wen Herr Hoff ... wen Herr Müller mit dem „Pfirsich“ meint? Und hat er ein Bild erkannt, von dem er sagte, das ist der „Pfirsich.“

Zeuge Opi[tz]:

Das ist zu einem späteren Zeitpunkt aber geschehen, die Lichtbildvorlage.

Vors.:

Und wie ist die verlaufen?

Zeuge Opi[tz]:

Auch das muß aus der Akte hervorgehen. Ich meine daß er gesagt habe, bei der Vorlage eines Lichtbildes, das ist „Pfirsich“. Aber ich mochte mich hier nicht ganz 100%ig festlegen, das müßte aus einem Vermerk hervorgehen.

Vors.:

Als Erinnerungsstütze ebenfalls Bl. 129 dieses Ordners 128. Hier wird vermerkt - und dieser Vermerk trägt dann unter anderem die Unterschrift „Opitz“, womit[rrrr] man annehmen kann, daß Sie beteiligt waren: „Herrn Müller wurden insgesamt 13 Lichtbilder (Personen und der Objekte) zur Identifizierung vorgelegt. Unter ihnen befanden sich zwei Bilder des „Pfirsich“, ein Bild der Amerikanerin, eine Aufnahme der Werkstatt und eine Aufnahme des VW-Busses von „Pfirsich“. Herr Müller zeigte bei dieser Wahlvorlage auf die beiden Aufnahmen von Dierk Ferdinand Hoff und bezeichnete ihn als die Person, die er unter dem Spitznamen „Pfirsich“ kennengelernt habe.“ Nachdem Sie jetzt diesen Vermerk gehört haben, Frage: Stärkt das Ihre Erinnerung, daß es so gewesen ist?

Zeuge Opi[tz]:

Ja.

Vors.:

Können Sie das bestätigen?

Zeuge Opi[tz]:

Ja, das kann ich bestätigen.

Vors.:

Hat man damals aus der Art, wie er dieses Bild wiedererkannt hat und darauf zeigte, das ist der „Pfirsich“, [12760] schließen können, daß er tatsächlich diese Person persönlich kennengelernt hat? Oder hat er dazu etwas ausdrücklich geäußert?

Zeuge Opi[tz]:

Ich möchte sagen, ja.

Vors.:

Nun haben Sie auch, was die übrigen Aussagen des Herrn Müller zu diesem Punkte anlangt, auf die Akten insofern verwiesen, daß Sie sich da nicht mehr erinnerten und Vorhalte wünschten. Dazu kann ich Ihnen aus Bl. 70 dieses Ordners 128 folgendes vorhalten: Danach soll Müller, so heißt es in einem Gedächtnisprotokoll, das wiederum die Unterschrift Opitz trägt, soll Müller einen Herstellungsort für die geschweißten Sprengkörper beschrieben haben. Ein Eckhaus, älterer Bauart, 4stöckig. An der Vorderfront befände sich eine tieferliegende, etwa halbes Kellergeschoß, eine tieferliegende, etwa ein halbes Kellergeschoß, befindliche Einfahrt mit Tor, über das[ssss] die Werkstatt mit dem Wohnraum zu erreichen gewesen sei. Bei dem Inhaber dieser Werkstatt handle es sich um einen Feinmechaniker mit dem Spitznamen „Pfirsich“. Es folgt dann eine Beschreibung, Alter: 20 - 35, ca. 1,75 cm groß, hager, kurzes braunes Haar, kein Bart, kein Brillenträger, ledig, trug Jeans. Dieser „Pfirsich“ habe dort seinerzeit mit einer Amerikanerin weißer Hautfarbe gelebt, die sich unangemeldet in Deutschland aufgehalten habe. Kinder habe er, gemeint Müller, dort nicht gesehen. Soweit der Vorhalt.

Zeuge Opi[tz]:

Den letzten Satz bitte, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Kinder habe er dort nicht gesehen. Erinnern Sie sich daran, daß Müller tatsächlich so eine Beschreibung abgab, daß er auch eine Beschreibung des „Pfirsich“ abgab und daß er auf die Amerikanerin hingewiesen hat, und schließlich erinnern Sie sich insbesondere auch an den Satz: „Kinder habe er dort nicht gesehen“?

Zeuge Opi[tz]:

An den Satz erinnere ich mich nicht mehr. Es ist durchaus möglich und ... daß ich hier teilweise rausgerufen gewesen bin. Es[tttt] müßte dann evtl. der Zusatz gemacht worden sein, teilweise anwesend.

Vors.:

Ist nicht der Fall.

[12761] Zeuge Opi[tz]:

Dann habe ich das wohl vergessen.

Vors.:

Es liegt ja einige Zeit zurück. Aber, ich meine, wenn man das im Zusammenhang liest - das ein weiterer Vorhalt -, dann müßte man eigentlich das Gefühl haben, daß hier Herr Müller Kenntnisse von sich gibt, die auf persönlicher Erfahrung beruhen.

Zeuge Opi[tz]:

Na ja, gefühlsmäßig kann ich sagen, war es wohl so.

Vors.:

Daher die Frage: Sind die Vernehmungsbeamten damals zur Überzeugung gelangt, aufgrund der gesamten Vernehmungen des Herrn Müller, seiner mündlichen Ausführungen, seiner Identifizierung eines Bildes, daß er Hoff persönlich gekannt haben mußte?

Zeuge Opi[tz]:

Das schon, aber doch, so entstand bei mir jedenfalls der Eindruck, daß er ihn flüchtig, nur flüchtig gekannt hat. Daß er ihn zwar mal gesehen hat, vielleicht auch ein - oder zweimal, aber nicht unbedingt - das Gefühl hatte ich dabei jedenfalls -, daß er da nun aus- und eingegangen war.

Vors.:

Ist Ihnen bekannt, daß Müller ab März 1976 nochmals vernommen wurde? Wenn ja, waren Sie an solchen Vernehmungen, späteren Vernehmungen nochmals beteiligt?

Zeuge Opi[tz]:

Ab März. Ich bin dort teilweise bei den Vernehmungen anwesend gewesen. Teilweise, aber sehr selten nur.

Vors.:

Haben Sie - vielleicht gerade bei so einer Anwesenheit - mitbekommen, wie sich Müller nun zu der Frage, ob er Hoff kannte, bei diesen späteren Vernehmungen geäußert hat?

Zeuge Opi[tz]:

Nein, ich bin bei der Geschichte nicht dabei gewesen, als das behandelt wurde.

Vors.:

Wissen Sie aber, daß das behandelt worden ist?

Zeuge Opi[tz]:

Daß es behandelt wurde, weiß ich, ja.

Vors.:

Haben Sie das gesprächsweise gehört oder wie kamen Sie da zur Kenntnis?

Zeuge Opi[tz]:

Ich habe zum Teil die Vernehmungen, wenn ich wieder rausgerufen war, nachgelesen.

Vors.:

Und wissen Sie nun von diesen Quellen her, wie sich der Herr Müller geäußert hat, zu derselben Frage?

Zeuge Opi[tz]:

Das ist mir also nicht mehr erinnerlich. Es ist ja immer so, wenn man nicht direkt beteiligt ist daran, dann [12762] geht das im Gedächtnis doch wesentlich schneller unter, möchte ich mal ...

Vors.:

Dann möchte ich Ihnen aus Bl. 36 des Ordners 127 - die Akten 1 BJs 7/76 - sagen, daß Müller dort bestreitet, Hoff persönlich kennengelernt zu haben und jemals in seiner Werkstatt gewesen zu sein. Wenn ich Ihnen das so vorhalte, fällt Ihnen das wieder ein?

Zeuge Opi[tz]:

Ja, ich meine ja, daß es so gewesen ist, daß er das gesagt hat, daß er nie dort in der Werkstatt gewesen ist. Ich glaube, ja.

Vors.:

Das ist also ein eklatanter Widerspruch. Hier hatte man den Eindruck, bei den 3 ARP-Akten, in früheren Vernehmungen: er kennt ihn, er war dort. Später bestreitet er das. Wissen Sie, ob dazu irgendwelche Vorhalte gemacht wurden, gegenüber Müller in der späteren Vernehmung?

Zeuge Opi[tz]:

Ich meine, daß diese Vorhalte gar nicht von den eigentlichen Vernehmungsbeamten gar nicht gemacht werden konnten, weil sie über dieses Gedächtnisprotokoll, wie es von uns seinerzeit niedergelegt war, gar nicht orientiert waren, so daß also ein Widerspruch, ... ihm gar kein Vorhalt gemacht werden konnte.

Vors.:

Also davon mal abgesehen; wir haben auch schon eine gegenteilige Aussage dazu bekommen. Nur die Frage an Sie: Wissen Sie, ob Vorhalte gemacht worden sind oder nicht?

Zeuge Opi[tz]:

Vorhalte sind oft gemacht worden.

Vors.:

Auch zu diesem Punkte?

Zeuge Opi[tz]:

Hier kann ich nur sagen, ich nehme es an. Ich bin nicht dabei gewesen. Aber es ist ja dann oft so gewesen, daß, wenn daß nicht geschrieben wurde, was Herr Müller unbedingt wollte - es wurde ja oft um Worte, beinahe stundenlang gerungen, mit Herrn Müller, - daß er dann auch sich bockig stellte und sagte: Nein, dann sage ich überhaupt nichts mehr.

Vors.:

Gesetzt den Fall, Sie hätten damals diese Kenntnis, die Sie für möglich halten, erlangt, daß Müller eine widersprüchliche Aussage in dieser späteren Vernehmung macht, bezüglich des Punktes Hoff, dann läge es an sich nahe, daß Sie Ihre besseren Kenntnisse, daß er sich früher schon anders geäußert hatte, einbringen in diese Vernehmung.

[12763] Wissen Sie, ob so etwas geschehen ist?

Zeuge Opi[tz]:

Das ist von meiner Seite aus nicht geschehen.

Vors.:

Wissen Sie, ob bestimmte Gründe vorhanden waren, warum man dieses Thema, ich sage Ihnen ja, daß in den Akten 1 BJs 7/76 Müller unwidersprochen sagt: Ich kenne Hoff nicht und war nie in seiner Werkstatt, warum da keine sichtbaren Vorhalte gemacht wurden?

Zeuge Opi[tz]:

Es ist also jetzt nur eine Vermutung meinerseits, evtl. wäre dann die weitere Vernehmung gar nicht mehr möglich gewesen, daß er dann erklärt hätte, ich mache keine weiteren Aussagen mehr. Es ist eine Vermutung meinerseits.

Vors.:

Es ist natürlich so, daß unter solchen Voraussetzungen die Gefahr besteht, daß ein Zeuge - Müller mußte ja mit dem möglicherweise noch als Zeuge auftreten - in das offene Messer rennt, nämlich in eine falsche Aussage, wenn man das stehenläßt. Die Verteidigung verbindet sogar mit der Unterlassung solcher Vorhalte noch ganz andere Gesichtspunkte, die ich Ihnen nachher vorhalten möchte. Deswegen versuchen wir zu klären, wie kommt es daß man Müller nicht sagte: Freund du hast doch aber früher in dem Punkte dich jedenfalls so verhalten, daß man meint, das stimme nicht, was du hier sagst.

Zeuge Opi[tz]:

Rückblickend muß man natürlich sagen, man hätte ihm das vorhalten müssen; aber aus der Situation heraus war es wohl zu dem Zeitpunkt untunlich, das zu tun.

Vors.:

Die Verteidigung meint, die Ermittlungsbeamten hätten dieses Thema bewußt ausgespart, um keine Widersprüche innerhalb der Aussage Müllers oder Widersprüche zwischen Müllers und Hoffs Aussagen kenntlich zu machen. Sozusagen, um das unter den Tisch zu kehren und als eine einheitliche Aussage darzustellen. Was können Sie dazu sagen?

Zeuge Opi[tz]:

Ganz bewußt, in dieser Richtung bewußt ganz bestimmt nicht. Sondern das kann unter Umständen auch eine - landläufig ausgedrückt - eine Laschigkeit[uuuu] von uns gewesen sein.

Vors.:

Schließlich noch eine Frage: Bei der Vernehmung des Herrn Müller im Jahre 75, der ersten, von der Sie gesprochen haben, ist ja wohl auch die Geschichte mit der Ingeborg Barz zur Sprache gekommen. Erinnern Sie sich daran?

[12764] Zeuge Opi[tz]:

Ja.

Vors.:

Hier will nun die Verteidigung durch Beweisherbungen[vvvv] immer wieder klären, wie das Schicksal der Ingeborg Barz wirklich gewesen sei: Daher an Sie die Frage, wissen Sie, ob neuerdings irgendwelche zusätzlichen Erkenntnisse darüber gewonnen wurden, ob sie noch am Leben ist oder nicht?

Zeuge Opi[tz]:

Meine Dienststelle ist nicht die sachbearbeitende Dienststelle in Sachen Barz. Und ich weiß auch nicht, was inzwischen dort neu ermittelt ist oder ob überhaupt etwas neu ermittelt worden ist.

-BA Dr. Wunder verläßt um 14.30 Uhr den Sitzungssaal für ca. ½ Minute.-

Vors.:

Sonstige Fragen, beim Gericht, an den Herrn Zeugen?

Sehe ich nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft?

Keine. Die Herren Verteidiger? Herr RA Schwarz bitte.

RA Schw[arz]:

Herr Opitz, Sie wurden befragt über die Vernehmung des Herrn Müller, Kenntnis der Person Hoff und der Wohnung Hoff betreffend. Wie kommen Sie zu der Erklärung, Sie hätten nicht den Eindruck gehabt, Müller habe zum Ausdruck bringen wollen, er sei dort ein- und ausgegangen. Wer hat behauptet, Müller habe erklärt, er sei dort ein- und ausgegangen? Es war Ihre wörtliche Erklärung? Ich hatte nicht den Eindruck, daß Müller sagen wollte, er sei dort ein- und ausgegangen. Und ich würde Sie bitten uns zu erklären, wie Sie zu dieser Aussage kommen?

Zeuge Opi[tz]:

Diese Formulierung ist von mir im Augenblick hier an Ort und Stelle so gebraucht worden, um auf die Frage des Herrn Vorsitzenden eine plausible Darstellung zu geben, daß nach meiner Meinung nach, Müller zwar den „Pfirsich“ gesehen hat, aber daß er keinen engeren Kontakt oder einen ständigen Kontakt mit ihm unterhalten hat, deswegen diese Formulierung.

RA Schw[arz]:

Nur wurden Sie danach nicht gefragt Herr Opitz[wwww], ob Müller - nach seiner Behauptung - einen ständigen Kontakt hatte, sondern Sie wurden gefragt, ob es richtig ist, daß Müller in dieser Vernehmung angegeben hat, er kenne Hoff, [12765] er erkenne ihn anhand der Bilder wieder. Daß er gesagt hat, er wisse mit wem er zusammenlebe, daß er gesagt hat, er sei in seiner Wohnung, bzw. Werkstatt gewesen, und daß er noch ergänzend dazu gesagt hat: Kinder habe er in der Werkstatt nie gesehen, woraus - wie[xxxx] der Herr Vorsitzenden Ihnen [yyyy] mit Recht vorgehalten hat - ja[zzzz] zwingend der[aaaaa] Schluß gezogen werden muß, daß er in dieser Werkstatt war. Und das beantworten Sie dann mit dem Hinweis darauf: Keineswegs wollte er damit - Ihrer Meinung nach - zum Ausdruck bringen, er sei dort ein- und ausgegangen. Ich halte Ihnen vor, das ist meine nächste Frage: Gehe ich recht in der Annahme, daß Sie mit den Zeugen heute bereits vernommenen Zeugen[bbbbb] über den Inhalt von deren Aussagen bis zu Ihrer jetzigen Vernehmung nicht gesprochen haben?

Zeuge Opi[tz]:

Nein, über Details ist mit den Kollegen nicht gesprochen worden. Es ist natürlich eine[ccccc] ganze Selbstverständlichkeit, daß, global, na wie wars usw. Wir haben ja kein Redeverbot, Herr Anwalt.

RA Schw[arz]:

Nein, also meine Annahme, Sie haben nicht darüber gesprochen, ist falsch. Sie sagen, wir haben sehr wohl gesprochen. Ich habe auch nicht behauptet, Sie hätten ein Redeverbot. Und es schließt sich, nachdem Sie meine Annahme widerlegt haben, die Frage an: Haben Sie mit heute bereits vernommenen Zeugen etwa darüber gesprochen, daß bei deren Vernehmung der Widerspruch zwischen zwei Müller-Vernehmungen, was das Kennen von Hoff, der Person und dessen Werkstatt eine Rolle spielt.

Zeuge Opi[tz]:

Zu diesem Punkt kann ich ganz klar erklären, darüber ist mit den Zeugen nicht gesprochen worden.

RA Schw[arz]:

Dann eine weitere Frage. Ist Ihnen die Vorschrift des § 129 des Strafgesetzbuches bekannt? Es handelt sich um die kriminelle Vereinigung, und die Strafbarkeit der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung.

Ist[ddddd] Ihnen Abs. 6 dieser Bestimmung[50] bekannt?

Zeuge Opi[tz]:

Sicher ist sie mir bekannt; aber verlangen Sie von mir nicht, daß ich sie vorbete.

RA Schw[arz]:

Nein, das sollen Sie nicht. Es geht mir darum, [12766] Sie wurden ja gefragt, ob im Gespräch mit Herrn Müller die Frage angeschnitten wurde, wie es sich denn so mit seiner Bestrafung verhalte. Und da frage ich nun - unter Hinweis auf diese Bestimmung des § 129[ StGB] -, ob Sie bei Ihrer Darstellung bleiben, daß in den ganzen Vernehmungen des Herrn Müller von Ihrer Seite aus nie über die Frage einer Strafmilderung oder etwas ähnlichem gesprochen wurde?

Zeuge Opi[tz]:

Jedenfalls haben solche Gespräche nie einen offiziellen Charakter gehabt. Ich sagte ja schon gleich: Es bleibt nicht aus, wenn man monatelang sich mit einem Menschen zu unterhalten hat, daß der dann auch mal so halbwegs privat eine Frage stellt: Na, und wie sehen Sie denn so etwas, oder wie sehen Sie denn das? Das ist mitunter in parteipolitischen Dingen gewesen; das ist hier wohl auch mal in dieser oder jener Form dann angesprochen worden. Das ist ja auch eigentlich ganz selbstverständlich, daß ein Gefangener auch mal wissen möchte: Na, wie wird’s denn mit mir nun weitergehen.

Ende des Bandes 754.

[12767] Immer wenn so ein Gespräch geführt worden ist, dann ist von meiner Seite immer darauf hingewiesen worden, daß sich die, daß wir erstens einmal, daß wir von uns aus keinerlei Versprechungen machen können, daß andererseits es ja ganz legal ist, wenn bei guter Führung Leute vorzeitig entlassen sind, das ist heute Gang und Gebe, das weiß Herr Müller auch und da wird er in dieser Richtung auch von seinen Anwälten beraten worden sein. Und daß sich die Wahrheit immer wieder auszahlt, auch[eeeee] das ist in dieser Form gesagt worden, in diesen Unterhaltungen.

RA Schw[arz]:

Herr Opitz, daß Sie mit Herrn Müller so allgemeine Lebenserfahrungen ausgetauscht haben, auch was Straferwartungen Straffälliger anbelangt, das nehme ich Ihnen gerne ab. Aber ich frage Sie jetzt konkret, denn Sie wären beinahe der erste Polizeibeamte der mit Herrn Müller zu tun hat, ob Sie ihn nicht auf diese Wohltat des § 129 Abs. 6[ StGB] hingewiesen haben, denn wir hörten von zahlreichen Ihrer Kollegen, die sagten, selbstverständlich in diesem Paragraphen steht’s ja drin, was einer zu erwarten hat, wenn er sich so und so verhält und wir hielten das für unsere Pflicht, diesen Inhaftierten darüber aufzuklären. Bei Ihnen vermisse ich das bis jetzt, vielleicht fällt es Ihnen jetzt ein.

Zeuge Opitz:

Sicher. Sie verlangen von mir, daß ich jetzt sage, nicht, weil das ... ich habe ... ja, ich habe sogar ... stimmt überhaupt. Ich habe sogar einmal das Strafgesetzbuch mitgehabt und habe ...

RA Schw[arz]:

Vorgelesen.

Zeuge Opitz:

... ich habe vorgelesen ...

RA Schw[arz]:

Sehen Sie.

Zeuge Opitz:

... das ist also, naja Mitte der ganzen Zeit etwa gewesen bei der Vernehmungszeit, so etwa April, Mai. Ja, müsste wohl sein, ja.

RA Schw[arz]:

Ja, gut, bis dahin. Und nun die weitere Frage.

Im Rahmen dieser menschlichen Gespräche, die sich bis über die Parteienlandschaften der Bundesrepublik und über alles mögliche, wie Sie[fffff] uns schilderten, hinzog. Hat da der Herr Müller seinerseits etwa Erwartungen zum Ausdruck gebracht, die er hinsichtlich seines künftigen Schicksals hat?

Zeuge Opitz:

Herr[ggggg] Anwalt, daß jeder Gefangene erwartet, daß er recht früh ...

[12768] RA Schw[arz]:

Herr Opitz, darf ich Sie unterbrechen? Es wäre mir angenehm, wenn wir uns nicht über jeden Gefangenen unterhalten, sondern ich frage bezüglich des Herrn Müller.

Zeuge Opitz:

Ich wäre darauf gekommen.

Ja, jeder Gefangene hat natürlich den Wunsch so früh wie möglich herauszukommen. Warum sollte Herr Müller da eine Ausnahme sein. Natürlich hat er gesagt, hoffentlich ist dieser ganze Unsinn bald zu Ende, hoffentlich bin ich bald auf freiem Fuß.

RA Schw[arz]:

Herr Opitz, das ist nicht meine Frage. Was Sie jetzt gerade sagen, das bezieht sich, ich möchte beinahe das abschätzende Wort „Gemeinplätze“ gebrauchen, darauf sondern ich will von Ihnen konkret wissen, ob der Zeuge Müller bei Vernehmungen Ihnen gegenüber gesagt hat, ich bin ja jetzt abgesprungen, ich habe die und die Antworten gegeben. Ob er Ihnen vielleicht gesagt hat, andere Leute über einen Anwalt oder über irgendjemand hätten ihm in Aussicht gestellt, bei diesem Verhalten könnte er mit einer wesentlichen Milderung einer Strafe rechnen. Er könne beispielsweise damit rechnen, der Herr Vorsitzende hat Ihnen das schon vorgehalten, daß man dann vielleicht gegen ihn nicht wegen Mord-Anklage, sondern wegen einer, mit einer geringeren Strafe vom Gesetz bedachten Handlung; in dieser Richtung? Hat er solche Erwartungen Ihnen gegenüber zum Ausdruck gebracht?

Zeuge Optiz:

Nun, daß er auf Milde oder mit Milde gerechnet hat, das hat[hhhhh] er wiederholt zum Ausdruck gebracht, ja. Und daß er sehr enttäuscht war, als das Urteil in Hamburg[51] gesprochen wurde, sehr enttäuscht.

RA Schw[arz]:

Also Sie wollen sagen, seine Erwartungen gingen noch weit über das hinaus, was ihm in Hamburg mit den 10 Jahren dann tatsächlich zudiktiert wurde?

Zeuge Opitz:

Ja, so etwa.

RA Schw[arz]:

Das würde aber dann darauf schließen lassen, der Herr Müller kennt ja den Grad seiner Verstrickung, in die Dinge die hier verhandelt werden, selbst am Besten, daß er sich hier doch offensichtlich entweder selbsttäuscherischen Trugschlüssen hingegeben hat oder daß er eben doch von irgendeiner Seite her mit Zusagen oder Andeutungen versorgt wurde, die er jetzt enttäuscht sah. Denn in Hamburg hätte es ja [12769] für Herrn Müller auch noch anders ausgehen können, nach dem dortigen Anklagesatz.

Zeuge Opitz:

Nun, er ist in Hamburg wegen Mordanklage vor Gericht gewesen und er ist wegen [§ ]129[ StGB] angeklagt gewesen und wegen Beihilfe zu Sprengstoffverbrechen und dafür ist er bestraft worden. Und mit einer Strafe die, das ist also jetzt meine persönliche Meinung, nicht unbedingt so erbärmlich milde ausgefallen ist.

RA Schw[arz]:

Ja, nun, Herr Opitz, ich gehe vielleicht davon aus, daß Sie doch hier nicht voll informiert sind, denn der Herr Müller ist ja sicher in Hamburg nicht wegen der[iiiii] Mordanklage auch bestraft worden,[52] dann wäre er sicher nicht[jjjjj] mit 10 Jahren bestraft worden[kkkkk].[53]

Zeuge Opitz:

Nein, eben, die Anklage war ja nicht aufrechtzuerhalten. Er ist also nur wegen der Beihilfe zu den Sprengstoffverbrechen verurteilt worden und nach [§ ]129[ StGB].

RA Schw[arz]:

Gut. Und jetzt kommen wir zum Ausgangspunkt meiner Frage zurück. Ob er im Laufe aller Gespräche, die Sie jemals mit ihm führten, zu erkennengegeben hat, daß er glaubt, zuversichtlich seinem Verfahren entgegensehen zu können, weil ihm Gewisses gesagt wurde? Ich drücke mich jetzt mal bewusst neutral aus; hat er das jemals erkennen lassen? Denn Sie haben ihn ja mit Ausnahme des Vorlesens des [§ ]129 Abs. 6[ StGB] nichts gesagt, was ihn hier hätte zu besonderer Zuversicht verleiten können.

Zeuge Opitz:

Naja, das ist, ich kann eigentlich mich nur wiederholen, Herr Anwalt, daß er schon geglaubt hat, günstig wegzukommen und dann also sehr enttäuscht war als er 10 Jahre bekam. Ich kann mich dazu nicht näher ausdrücken.

RA Schw[arz]:

Danke.

Rechtsanwalt Schnabel erscheint um 14.44 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Künzel, bitte.

Ich darf nochmal darauf hinweisen, Herr Rechtsanwalt Schnabel war entschuldigt für den Zeitraum wo er abwesend gewesen ist.

RA Kün[zel]:

Herr Zeuge, es ist Ihnen vorhin vorgehalten worden, daß dem Herrn Müller bei seiner ersten Vernehmung Lichtbilder in der Wahlvorlage vorgehalten wurden und daß er auf [12770] einem Bild oder zwei Bildern den „Pfirsich“ wiedererkannt hat. Wissen Sie, daß ihm auch Bilder von weiblichen Personen vorgelegt wurden und Bilder von Gegenständen, insbesondere Autos? Und wissen Sie, ob und was er wiedererkannt hat?

Zeuge Opitz:

Bilder von Gegenständen?

RA Kün[zel]:

Und von weiblichen Personen oder umgekehrt; nehmen wir zuerst die weiblichen Personen und dann die Gegenstände.

Zeuge Opitz:

Ich erinnere das nicht, daß ihm derartige Bilder auch vorgelegt worden sind.

RA Kün[zel]:

Bilder von der Braut oder Bilder bei deren Vorlage es darum ging, ob er die Braut des „Pfirsich“ erkennt?

Zeuge Opitz:

War die dabei? Ich weiß es nicht.

RA Kün[zel]:

Bilder von Autos.

ZeugeOpitz:

Das müsste aber aus dem Protokoll hervorgehen.

RA Kün[zel]:

Wenige Zeilen nach dem Sie diese Wahlvorlage schildern kommt dann Ihre Unterschrift. Sie müssten es eigentlich doch wohl wissen. Entsinnen Sie sich, ob er die Braut ...

Zeuge Opitz:

Ich selbst habe sie nicht vorgelegt, ich weiß gar nicht mal welcher der Kollegen sie vorgelegt hat. Wer war das?

RA Kün[zel]:

Sie müssten aber eigentlich dabeigewesen sein.

Zeuge Opitz:

Bitte?

RA Kün[zel]:

Sie müssen aber eigentlich dabeigewesen sein.

Sie müssten dabeigewesen sein, ...

Zeuge Opitz:

Naja ...

RA Kün[zel]:

... denn offenbar geschah diese Vorlage zeitlich im Zusammenhang mit der Vorlage von männlichen Personen, also Bilder von männlichen Personen auf denen er dann „Pfirsich“ wiedererkannte.

Zeuge Opitz:

Ich müsste dabeigewesen sein; das ist schon eine richtige Formulierung, aber es gab immer wieder Stunden wo ich abgerufen wurde oder halbe Stunden oder was weiß ich, Viertel-Stunden. Und die Lichtbildvorlage, ja nun, die erfolgte also, eine Wahllichtbildvorlage, ich meine, es waren von 13 verschiedenen Bildern die Rede, nicht, wenn ich das noch rekapituliere.

RA Kün[zel]:

Ja, wenn Sie so genaue Kenntnisse haben, dann müssten Sie es doch eigentlich noch wissen.

Vors.:

Ja, das habe ich vorgehalten ...

[12771] Zeuge Opitz:

Ja, das habe ich jetzt eben wieder erfahren, daß es 13 Bilder waren, Herr Anwalt.

Vors.:

Auf das hat der Herr Zeuge ersichtlich Bezug genommen.

OStA Zeis verlässt um 14.47 Uhr für ca. 1 Minute den Sitzungssaal.

Zeuge Opitz:

Und nun da ist nichts besonderes dabei, nicht wahr, das geht nach einem bestimmten Ritus, nicht wahr, die werden also vorgelegt und der betreffende Zeuge, nicht wahr, der sagt dann anschließend, dieses und jenes Bild, der kommt mir bekannt vor, oder der ist es, das ist der und der usw. ...

RA Kün[zel]:

Wissen Sie, ob die Braut ...

Zeuge Opitz:

... das ist das ganze Geheimnis ...

RA Kün[zel]:

Herr Zeuge, wissen Sie, ob er die Braut des „Pfirsich“ auf einem Bild wiedererkannte und ob er das Fahrzeug wiedererkannte und an was er das Fahrzeug wiedererkannte?

Zeuge Opitz:

Ja, das weiß ich nicht. Es tut mir leid, das weiß ich nicht.

RA Kün[zel]:

Nun hat vorhin der Herr Vorsitzende Sie auf den Umstand gebracht, daß eine zweite Vernehmung stattfindet, stattfand und daß bei dieser Vernehmung diese ganze Frage, Wiedererkennen „Pfirsich“, ausgeklammert war. Und als Sie nun offenbar gemerkt haben, daß die Sprache noch darauf kommt, haben Sie gesagt, „ich kenne diese Geschichte“. Was haben Sie denn da gemeint, welche Geschichte Sie da kennen? Sie haben übergeleitet, Sie haben die Hinleitung durch den Herrn Vorsitzende dann[lllll] aufgenommen mit der Erwähnung, „Ich kenne diese Geschichte“. Welche Geschichte?

Zeuge Opitz:

Das ist eine Redewendung gewesen. Ich weiß nicht worauf ich mich da bezogen hab. Eine[mmmmm] bestimmte Geschichte habe ich bestimmt nicht gemeint. Ich wüsste jetzt nicht was damit ...

RA Kün[zel]:

... zu Ihnen, Sie haben es gesagt. Sie haben gesagt, „Ich kenne diese Geschichte“, und für mich kann es eigentlich nur die Bedeutung haben, daß Sie die ganze Vorgänge, weshalb nämlich bei der zweiten Vernehmung nicht mehr mit dieser Gegenüberstellung aus der ersten Vernehmung, Wiedererkennen „Pfirsich“ die Rede war, daß Sie diese Geschichte meinen. Und mich würde interessieren, was Sie darunter eigentlich verstehen, was das für eine Geschichte ist.

[12772] Hatte das keine Bedeutung, als Sie vorhin sagten, ich kenne - einfach so - eine Geschichte ...

Zeuge Opitz:

Das habe ich einfach so dahergesagt. Damit ist keine Geschichte gemeint oder keine besondere Affäre oder Vernehmung oder was weiß ich.

RA Kün[zel]:

Gut. Wissen Sie dann noch, wer bei der zweiten Vernehmung den Komplex „Wiedererkennen Pfirsich“ oder „Frage Pfirsich“ kennen, „Müller Pfirsich“ behandelt hat? Sie sagten ja, Sie waren gelegentlich dabei oder auch nicht dabei.

Zeuge Opitz:

Ja, die Vernehmungen haben seinerzeit zwei Beamte des Bundeskriminalamtes geführt; das wechselte auch ab und zu. Ich kann nicht mal sagen wer zu diesem Komplex den Herrn Müller vernommen hat, aber das muß ja aus der Akte hervorgehen.

RA Kün[zel]:

Haben Sie über diese Vernehmung, zu diesem Komplex mit diesen Beamten gesprochen?

Zeuge Opitz:

Soweit ich mich erinnern kann, nicht.

RA Kün[zel]:

War Ihnen damals, also bei dieser zweiten Vernehmung, von dem Ergebnis bekannt, daß Müller sagt, er kenne „Pfirsich“ nicht, oder dazu gar nichts sagt, daß er ...?

Zeuge Opitz:

Herr Anwalt, ich sagte schon, daß ich gerade bei diesen Vernehmungen nur sehr selten anwesend gewesen bin.

RA Kün[zel]:

Es genügt ja einmal, es kann nur einmal sein.

Zeuge Opitz:

Und das geht auch aus der Protokollierung hervor, daß das dort stehen muß, „teilweise nur anwesend“, meine Person, also Opitz.

RA Kün[zel]:

Herr Zeuge, Sie haben dann vorher gesagt, daß es in bestimmten Punkten nicht möglich war, daß man zum Teil stundenlang mit Müller gerungen hat, um die Formulierung, und daß es zum Teil auch[nnnnn] nicht möglich war gewisse Dinge wieder vorzuhalten und dann festzuhalten. War es so etwa?

Zeuge Opitz:

Ja, das ist also meine eigene Erfahrung von den ersten Gesprächen mit Müller und das hat sich ja dann fortgepflanzt, fortgesetzt, nicht wahr, daß er also sehr penibel ist[ooooo] in der Niederlegung der Formulierungen. Er will dann bestimmte Ausdrücke mit hineingebracht haben und manchmal kommt der Sinn des Satzes dann nicht so ganz hin und da gehts dann los. Nicht wahr, dann sagt er, er [12773] möchte nicht im Polizeideutsch dort sprechen, nicht wahr und oder verstanden werden, nicht wahr. Er möchte das so und so haben ...

RA Kün[zel]:

Herr Zeuge, schon klar, schon klar.

Zeuge Opitz:

... und dann gibt es also wer weiß wie lange Sätze, die überhaupt keinen Sinn ergeben, wenn man am Ende ist und dann muß man wieder von vorne anfangen und sagen, also Herr Müller ...

RA Kün[zel]:

Wissen Sie konkret, Herr Zeuge ...

Zeuge Opitz:

... da müssen wir doch ein bißchen mal Sinn und Verstand hineinbringen.

RA Kün[zel]:

Wissen Sie konkret etwas darüber, ob bei der zweiten Vernehmung Müller, bei diesem Punkt: Kenntnis „Pfirsich“, diese Schwierigkeiten gemacht hat, sich schließlich geweigert hat dazu was zu sagen. Wissen Sie da etwas Konkretes?

Zeuge Opitz:

Das kann ich, ich sagte schon, ich bin da nicht zugegengewesen, bei diesem, als dieser konkrete Punkt abgehandelt wurde ...

RA Kün[zel]:

Herr Zeuge, ...

Zeuge Opitz:

Ich habe dieses oder jenes dafür nachgelesen.

RA Kün[zel]:

Wenn nun Müller zu gewissen Punkten nicht mehr zu einer Aussage zu bewegen war oder eine Formulierung mit ihm nicht gefunden werden konnte, so daß man dann zu diesem Punkt offenbar gar nicht mehr weiter ermitteln konnte, hat man dann diesen Umstand irgendwo festgehalten? Ist es in den Akten überhaupt nie, während des Vorhalts taucht es sowieso nicht auf, aber ist es nirgends festgehalten zu welchen Punkten Müller nun gefragt wurde und über welche Aussagen eine Formulierung mit ihm nicht gefunden werden konnte?

Zeuge Opitz:

Dann würden die Aktenbände über diese Geschichte das doppelte und dreifache enthalten.

RA Kün[zel]:

Ich frage nicht was dann wäre, sondern ob man das alles nicht festgehalten hat?

Zeuge Opitz:

Naja, man hat sich dann, also das kann ich nur aus meiner Sicht sagen, letztlich dann immer darauf geeinigt auf eine verständliche Formulierung. Und er hat dann immer erklärt, jawohl, das ist also der Sinn dessen was ich gesagt habe.

[12774] RA Kün[zel]:

Keine Frage mehr.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Sehe ich nicht.

Der Zeuge KHK[ppppp] Opitz wird vorschriftsmäßig vereidigt und um 14.54 Uhr vorläufig entlassen.

Der auch auf 10.15 Uhr geladene Zeuge KOK Petersen erscheint um 14.54 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KOK Petersen übergibt seine Aussagegenehmigung dem Gericht.

Die Aussagegenehmigung wird als Anl. 10 zu Protokoll genommen.

Der Zeuge KOK Petersen wird gemäß § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge KOK Petersen erklärt sich mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge KOK Petersen macht folgende Angaben zur Person:

Friedrich-Peter Petersen,

47 Jahre alt, Kriminaloberkommissar, wohnhaft in Hamburg 1, [Anschrift],

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesdelikten nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Petersen, auch Sie sind von der Verteidigung für verschiedene Behauptungen als Zeuge benannt; Sie sollen dazu Angaben machen können bzw. das wissen, was die Verteidigung behauptet. Zunächst dreht es sich um ein Gespräch, das stattgefunden hat am 26.2.1975, zwischen dem Zeugen Gerhard Müller und einem Journalisten namens Schwarberg, das zum Gegenstand den Transport von Düngemitteln, Säcken mit Düngemittel, zwischen Frankfurt und Hannover hatte. Wissen Sie von dem Gespräch etwas? Waren Sie selbst beteiligt? Wenn Sie was wissen sollten ...

Zeuge Pet[ersen]:

An dem Gespräch war ich nicht beteiligt. Ich weiß aber, daß das Gespräch stattgefunden hat.

Vors.:

Haben Sie nur von den Kollegen, die beteiligt waren etwas [12775-12776][54] [12777] darüber gehört?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich weiß nicht mehr[qqqqq] genau, ob ich das gehört habe oder gelesen habe damals, aber ich weiß, daß dieses Gespräch stattgefunden hat.

Vors.:

Jedenfalls, wenn Sie uns darüber etwas sagen[rrrrr] könnten, dann allenfalls mittelbar über das, was Sie durch Kollegen gehört oder aus ihren Vermerken gelesen haben?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, so ist das, ja.

Vors.:

Dann wollen wir zu diesem Punkte wohl nicht allzusehr in Sie dringen.

Sie sollen weiterhin bei einer Vernehmung oder einem Gespräch, das am 9. April 1975 mit Herrn Müller stattgefunden hat, beteiligt gewesen sein. Zunächstmal die allgemeine Frage: Wir wissen, daß in diesem Zeitraum Herr Müller Angaben gemacht hat, die teils in Gesprächsnotizen, teils in ordentlicher Protokollform festgehalten worden sind. Waren Sie an diesen Anhörungen Müllers beteiligt?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich war sehr häufig beteiligt; ich kann nicht sagen grundsätzlich, weil ich nicht immer beteiligt war.

Vors.:

Nicht durchgängig.

Nun bei diesem Gespräch am 9. April 75 soll Müller geäußert haben, Baader habe nach dem, wie er es bezeichnete, Verrat von Ruhland, beabsichtigt diesen ebenfalls zu erschießen und er habe sich deswegen bemüht über alte Bekannte den Aufenthalt Ruhlands zu erfahren. Ist Ihnen davon was bekannt?

ZeugePet.:

Ja, ich erinnere mich daran. Ich überlege nur, ob ich das gelesen habe oder ob ich selbst am Gespräch beteiligt war. Das kann ich so aus dem Kopf nicht mehr genau sagen. Ich würde fast sagen, ich war am Gespräch beteiligt.

Vors.:

Hatte dieses Gespräch über das hinaus, was ich Ihnen vorgehalten habe, noch einen weiteren Inhalt zu diesem Punkte? Gibt es da was zu ergänzen?

Zeuge Pet[ersen]:

Nach meiner Erinnerung, nicht. Ich kann mich nur erinnern, daß er darauf hingewiesen hat auf diese Möglichkeit, daß eben Baader versucht hätte oder geplant hätte die Adresse von Ruhland zu erfahren.

Vors.:

Nun zunächst, wissen Sie wo Ruhland damals sich befunden hat? Könnte es sein, daß er zu jener Zeit als das, was Müller schilderte, zugetroffen haben soll, schon in Haft [12778] gewesen ist?

Zeuge Pet[ersen]:

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ob Ruhland in Haft gewesen ist?

Vors.:

Ja. Nicht, es heißt ja, „nach dem Verrat von Ruhland“ und Ruhland hat ja im Laufe dann seiner Haftzeit diese Aussagen gemacht.

Zeuge Pet[ersen]:

Also ich habe das so aufgefasst, daß Ruhland bereits wieder entlassen war.

Vors.:

Also soll das möglicherweise nach der Entlassung Ruhlands gewesen sein?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, so solls aufgefasst werden.

Vors.:

Und nun heißt es hier, hier[sssss] habe Baader beabsichtigt diesen ebenfalls zu erschießen. Worauf bezieht sich dieses Wort „ebenfalls“ zu erschießen?

Zeuge Pet[ersen]:

Ebenfalls zu erschießen. Ja, offensichtlich auf die Erschießung von der Ingeborg Barz.

Vors.:

Also ist es im Zusammenhang mit dem Komplex Ingeborg Barz zur Sprache gekommen. Kann das zutreffen?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, so ist es nach meiner Erinnerung gewesen.

Vors.:

Bleiben wir gerade bei diesem Punkte. Wissen Sie, ob neuerliche Erkenntnisse vorliegen hinsichtlich des Todes oder Lebens von Ingeborg Barz?

Zeuge Pet[ersen]:

Mir sind keine neuen Erkenntisse bekannt.

Vors.:

Erinnern Sie sich daran, ob Müller bei seinen Aussagen, hinsichtlich deren Verwertung, irgendwelche Einschränkungen gemacht hat, daß er beispielsweise sagte, ich bin einverstanden, daß die zu jenem, zu diesem Zwecke verwandt werden, aber nicht zu einem anderem?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich will sagen, an[ttttt] grundsätzliche Einschränkungen kann ich mich nicht erinnern. Ich weiß, daß er in der Anfangszeit nur bereit war gesprächshalber, im Gespräch Mitteilung zu machen und daß er einmal eine Aussage offiziell gemacht und auch unterschrieben hat. Da meine ich, hat er gesagt, die sollte für ein Ehrengerichtsverfahren gegen einen Anwalt sein.

Vors.:

Jetzt die Frage, nur zu dem Ehrengerichtsverfahren und zu anderen Zwecken nicht? Das war ja gerade die Frage, ob hier Differenzierung stattgefunden haben, bei ihm.

Zeuge Pet[ersen]:

Ich weiß es aus dem Kopf nicht, ich müsste das ... Ich [12779] kann auch nicht genau sagen, wie das da besonders schriftlich festgehalten wurde.

Vors.:

Dann halte ich Ihnen vor - aus Ord. 128, Bl. 129 - eine Gesprächnotiz unterschrieben unter anderem mit dem Namen Petersen und das deutet auf Ihre Anwesenheit hin. Und da heißt es, daß Müller gefragt zur Fortführung der kriminellen Vereinigung aus der Haft heraus, gesagt haben soll: Dazu wolle er bei einer offiziellen Vernehmung durch K 421[uuuuu] Angaben machen. Er sei damit einverstanden, daß seine Aussagen bei dem Ehrengerichtsverfahren gegen Rechtsanwalt Groenewold Verwendung finde, jedoch nicht schon im Stuttgarter Verfahren. Bringt Ihnen das die Erinnerung zurück, dieser Vorhalt?

Zeuge Pet[ersen]:

Naja ...

Vors.:

Ich meine, wenn Ihnen das jetzt nicht einfällt ...

Zeuge Pet[ersen]:

Wenn das da geschrieben steht, dann wird es auch so gewesen sein. Ich versuche das jetzt gerade zu rekonstruieren; wie war das denn damals?

Ich kann im Moment das auch so aus dem Zusammenhang ...

Vors.:

Man kann die Frage nochmals dahinstellen, ich meine, Sie hätten es vorhin schon angedeutet. Wissen Sie, ob Herr Müller hinsichtlich des Gesamtkomplexes, den er schilderte, Einschränkungen gemacht hat, die dürften nur zu bestimmten Zwecken verwendet werden, diese Angaben? Oder ob solche Vorkommnisse, wie ich sie Ihnen vorhalte, die Sie aber im einzelnen nicht mehr im Kopf haben, allenfalls vereinzelt geschehen sein konnten?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, das auf jeden Fall, das muß vereinzelt gewesen sein. Grundsätzlich hat er keine Bedingung oder Einschränkung gemacht.

Vors.:

Dann noch ein paar allgemeine Fragen, auch an Sie, sie sind an alle anderen Zeugen auch schon gestellt. Wir haben mit Herrn Müller einen Mann vor uns, der aus einer Gruppierung kommt, die normalerweise nach der Verhaftung geschwiegen hat - keine Angaben machte -. Deswegen die Frage, sind hier bestimmte Mittel angewandt worden, die ich gar nicht beschreiben möchte, im Einzelnen, um Herrn Müller so weit zu bringen, daß er Aussagen macht oder wie kam er zu seinen Angaben?

Zeuge Pet[ersen]:

Mir sind also solche Mittel nicht bekannt. Und ich [12780] kann nur sagen, zu dem Zeitpunkt als wir mit ihm gesprochen haben, da war er grundsätzlich bereit zum Reden.

Vors.:

Es soll also nach der bisherigen Antrags-, nach ... Flut ist zuviel gesagt, aber jedenfalls nach vielen Beweisanträgen der Verteidigung, Herrn Müller mit Versprechungen nachgeholfen worden sein. Ist Ihnen davon etwas bekannt?

Zeuge Pet[ersen]:

Nein, von solchen Versprechungen ist mir nichts bekannt.

Vors.:

Und wenn nicht Versprechungen, dann möglicherweise Drohungen; wenn er nicht aussage, dann werde er Nachteile erlangen.

Zeuge Pet[ersen]:

Auch von Drohungen ist mir nichts bekannt.

Vors.:

Dann ganz konkret: Es sei ihm versprochen worden, daß er 50 % Straferlaß bekäme, und daß man ihn seine Aussagen dann wirtschaftlich verwerten lasse, indem man ihm nämlich möglichst reichhaltige Pressekontakte einräume.

Zeuge Pet[ersen]:

Das ist mir auch nicht bekannt.

Vors.:

Nichts? Auch nicht, ich meine, Sie müssten natürlich hier, weil es zum Zusammenhang gehörte, auch nur, sagen wir mal, auch die üblichen Andeutungen im Hinblick auf mögliche Strafmilderung und dergleichen erwähnen.

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, also ich, ich konnte, also normalerweise konnten wir ihm[vvvvv] ja nicht versprechen, daß also, das war, ich halte das für unmöglich, daß überhaupt in meiner Gegenwart so was gesagt wurde, daß er[wwwww] 50 % Strafnachlass bekommt, und das ist sicher auch nicht gesagt worden.

Vors.:

Es mag ja sein, aber ich meine, es wäre ja nicht außer der Welt, daß ein Polizeibeamter einem zu Vernehmenden oder Anzuhörenden sagt, die Erfahrung zeigt, daß jemand der aussagt oder geständig[55] ist, im allgemein eher auf Milde hoffen kann vor Gericht, z. B.

Zeuge Pet[ersen]:

Das könnte gesagt worden sein. Aber ich kann nur wiederholen, daß also Herr Müller bereits ein Stadium erreicht hatte, wo er bereit war zum Aussagen.

Vors.:

Haben Sie irgendwelche Beobachtungen gemacht, daß Herr Müller selbst solche Erwartungen hegte, daß er für seine Aussage wohl auf Milde rechnen dürfe[xxxxx] und gar, ob diese Erwartungen, wenn sie vorhanden waren, irgendwelche konkrete Gestalt hatte?

Zeuge Pet[ersen]:

Konkret nicht, aber ich würde sagen, ich hatte manchmal den Eindruck, daß er hofft, daß er vielleicht einen Strafnachlass bekommt.

[12781] Vors.:

Und nun enthält ja das Gesetz sogar Bestimmungen, die gerade in Fällen der Vorwürfe, wie sie auch gegen Herrn Müller erhoben worden sind, wirksam werden können. Sollte das dem Herrn Müller nicht gesagt worden sein? Ich erinnere jetzt an den [§ ]129 Abs. 6[ StGB].

Zeuge Pet[ersen]:

Ich weiß, aber ich weiß es nicht mehr konkret, ob[yyyyy] das in meiner Gegenwart gesagt worden ist; das kann ich also im Moment nicht mehr sagen.

Vors.:

Diese zwei letzten Möglichkeiten, die ich andeuteten, wären völlig legal.

Zeuge Pet[ersen]:

Ich weiß, ich weiß.

Vors.:

Es steht einem Polizeibeamten durchaus zu zu sagen, hör mal zu, so, es kann ...

Zeuge Pet[ersen]:

Ich weiß, aber im Moment erinnere ich mich nicht, daß das also ...

Vors.:

Aber jetzt nochmals dann[zzzzz] die Frage, haben Sie irgendwelche Vorstellungen, ob über das hinaus, was die Erfahrung mit sich bringt, was legal ist, Herrn Müller Hoffnungen gemacht worden sind, sei es von Ihnen oder von anderer Seite? Daß er z. B. Ihnen mal erzählt hat, da hat mir doch der Herr Sowieso gesagt, das würde für mich gut ausgehen; man wird mich milder behandeln und vorzeitig rauslassen, und mit Geld versorgen, und ins Ausland bringen und Pressekontakte gewähren, und alles solche Möglichkeiten. Ist Ihnen davon was zu Ohren gekommen?

Zeuge Pet[ersen]:

Daß ihm diese Versprechungen offiziell gemacht oder überhaupt gemacht wurden? Habe ich nichts davon gehört.

Vors.:

Nun, andererseits wird behauptet, Müller sei gedroht worden. Wenn er nicht aussage, dann habe er mit Lebenslang zu rechnen. Dann würde man also alles, was man gegen ihn auf der Hand habe auch publik machen oder ins Verfahren einführen; wogegen man im Falle seiner Aussagebereitschaft da durchaus zurückhaltender sein werde. Ist Ihnen davon was bekannt?

Zeuge Pet[ersen]:

Nein, habe ich auch nicht gehört.

Vors.:

Nichts.

Sie waren bei den Vernehmungen des Herrn Müller im Frühjahr 75 beteiligt, die sich ja über längere Zeit hinzogen. Innerhalb dieser Vernehmungen haben, nach dem was wir wissen, auch Fragen nach dem Zeugen Hoff eine gewisse Rolle gespielt.

[12782] Erinnern Sie sich daran?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja.

Vors.:

Erinnern Sie sich auch daran, daß er[aaaaaa] ein gewisses Interesse für sich beanspruchte, ob Herr Müller Hoff persönlich kennengelernt hat und ob er mal in seiner Werkstatt gewesen ist?

Zeuge Pet[ersen]:

Das muß ich mal überlegen. Das war, glaube ich, da war ich, ich war zugegen; normal müssen das Vernehmungen sein, die schon von Beamten des BKA durchgeführt wurden.

Vors.:

Da waren zwei Herren des BKA dabei, das ist richtig.

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ist richtig. Ich bin also bei diesen Vernehmungen von den Beamten des BKA zeitweise zugegen gewesen, auch manchmal während der ganzen Vernehmung. Ich habe diese Vernehmungen aber nicht mehr alle im Kopf.

Vors.:

Also kann man davon ausgehen, wenn Gesprächsnotizen oder Vernehmungsprotokolle die Unterschriften, auch von BKA-Beamten tragen, daß Sie dann nicht mehr federführend bei der Vernehmung waren, sondern nur noch anwesend und das Recht hatten zuzuhören? Ist das richtig?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja.

Vors.:

Nun, da liegt eine Gesprächsnotiz vor, die laut Bl. 73 des Ordners 128 vier Namen trägt: Opitz, Petersen einerseits und andererseits die Namen von zwei BKA-Beamten. Und innerhalb dieser Vernehmung, die bzw. diese Gesprächsnotiz, ist davon die Rede, daß Herr Müller die Lage und das Aussehen des Werkstattgebäudes beschreibt, daß er erwähnt, der Inhaber dieser Werkstatt sei ein gewisser „Pfirsich“ - Spitzname -, daß er diesen Mann beschreibt, dem Alter nach, der Größe nach, der Haartracht nach, der Bart, ob er Bart oder Brillenträger gewesen sei, auch ein Detail der Kleidung, die er getragen hat wird beschrieben. Außerdem, dort habe eine Amerikanerin mit ihm zusammengelebt, weißer Hautfarbe, und Kinder habe er in diesem Gebäude nicht gesehen.

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, daran kann ich mich erinnern.

Vors.:

Erinnern Sie sich daran?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja.

Vors.:

Wenn man das im Zusammenhang hört, müsste man den Eindruck [12783] bekommen, daß Herr Müller damals andeutete, persönliche Eindrücke von dem Werkstattgebäude und der Werkstatt und diesem Inhaber bekommen zu haben. War das damals auch Ihr Eindruck?

Zeuge Pet[ersen]:

Der Eindruck, daß er persönlich in der Werkstatt war?

Vors.:

Ja, in dem Gebäude zumindest.

Also ich erinnere insbesondere an den Satz: Kinder habe er dort nicht gesehen.

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ja, ich weiß, ja, ja, wenn ich das ...

Ja, man könnte den Eindruck haben, muß ich sagen, ja.

Ich habe also ...

Vors.:

Das ist nicht die Frage, wie man es ... Daß man es könnte, das ist klar.

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ich weiß; ob ich damals den Eindruck hatte.

Ich habe Sie richtig verstanden. Nur ich weiß heute schlecht, welchen Eindruck ich damals hatte; das ist also für mich sehr schwierig zu beurteilen.

Vors.:

Dann noch weiter. Wissen Sie, ob später dem Herrn Müller Bilder vorgelegt worden sind?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, das weiß ich.

Vors.:

Wissen Sie, ob darunter auch Bilder waren, die ihm gegeben wurden, um zu erklären, ob er den „Pfirsich“ darauf erkenne oder dessen Werkstatt oder sonstige Habe?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich kann mich erinnern, daß ich Bilder, daß ich dabei war zumindestens, vielleicht war ich auch sogar ..., also es sind Bilder vorgelegt worden von Personen. Ob da Bilder von der Werkstatt dabei waren, das weiß ich nicht mehr.

Vors.:

Bleiben wir bei den Personen. Waren da auch Bilder dabei, die diesen „Pfirsich“ wiedergaben?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja.

Vors.:

Und wie hat sich Herr Müller dabei verhalten, wissen Sie es noch?

Zeuge Pet[ersen]:

Nach meiner Erinnerung, muß er, nach meiner Erinnerung hat er diese Person „Pfirsich“ rausgesucht, meine ich.

Vors.:

Ja, so soll es ja auch gewesen sein. Wir haben hier in Bl. 129 des erwähnten Ordners einen entsprechenden Vermerk, der wiederum diese vier Unterschriften, die ich vorhin erwähnt habe, trägt - auch Ihren Namen - und da heißt es, Herrn Müller seien insgesamt 13 Lichtbilder vorgelegt worden und darunter hätten sich zwei Bilder des „Pfirsich“ befunden. Die habe Müller erkannt, darauf gezeigt und gesagt, das sei [12784] die Person, die er unter dem Spitznamen „Pfirsich“ kennengelernt habe. Wenn man das also jetzt nun hinzunimmt, zu dem Wissen, das Sie bereits mitbrachten aus einer früheren Äußerungen: „Kinder habe ich dort nicht gesehen.“ Und der Mann sah so und so aus, Personenbeschreibung und hier zeigt und sagt, das ist die Person, die ich als „Pfirsich“ kennengelernt habe. Ist dann nach dieser Anhörung bei Ihnen der Eindruck verfestigt[bbbbbb] gewesen, der muß den Mann persönlich gekannt haben?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ja sicher; den Eindruck habe ich gehabt, daß er den Herrn persönlich kennt.

Vors.:

Kann man es so verstehen, was Sie gerade sagen, daß Sie diese Vernehmungen mit dem Eindruck verlassen haben, Müller müsse den Hoff persönlich kennengelernt haben?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja.

Vors.:

Nun ist Müller später wieder vernommen worden; ab dem 31. März 1976. Waren Sie an diesen Vernehmungen beteiligt?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich bin bei einigen Vernehmungen anwesend gewesen.

Vors.:

Also es müssten sogar relativ viele gewesen sein; soweit ich es überblicke, sind es[cccccc] nur etwa 7, 8 Vernehmungen von insgesamt geschätzt 25 gewesen, an denen Sie nicht beteiligt waren. Zunächstmal Frage, waren Sie dort nur als Zuhörer beteiligt oder haben Sie in die Vernehmungen selbst eingegriffen?

Zeuge Pet[ersen]:

Ich war eigentlich als Zuhörer nur beteiligt.

Vors.:

Sind Sie, aus welchem Grunde sind Sie dazugezogen worden, wissen Sie das heute noch?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ich würde sagen im Ansatz vermutlich, weil ich den Müller länger kannte.

Vors.:

Weil Sie den Müller kannten?

Zeuge Pet[ersen]:

Länger kannte.

Vors.:

Sollte das nur zur psychologischen ...?

Zeuge Pet[ersen]:

Als Überbrückung würde ich sagen.

Vors.:

... psychologischen Auflockerung des Herrn Müller oder sollten Sie Wissen und Erfahrungen, die Sie bei früheren Anhörungen und Vernehmungen erworben haben, mit einbringen in diese Vernehmung?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, beide Teile würde ich wahrscheinlich für richtig halten.

Vors.:

Das würde also möglich sein?

[12785] Zeuge Pet[ersen]:

Ja.

Vors.:

Wissen Sie noch, wie sich hei diesen späteren Vernehmungen Herr Müller bei der Frage verhalten hat, ob er Hoff und dessen Werkstatt kenne?

Zeuge Pet[ersen]:

Also nach meiner Meinung hat er auch bei späteren Vernehmungen immer bestätigt, daß er den Hoff kennt.

Vors.:

Auch bei den Vernehmungen ab dem 31. März?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja. Nach meiner Meinung, daß er den Hoff nicht kenne, das hat er[dddddd], meine ich, hat er nie bestritten. Also den Namen Hoff, den hat er, glaube ich, nicht gekannt, aber diesen „Pfirsich“.

Vors.:

Es liegt hier ein Protokoll vor vom 6.4.1976. Es hat, was die Anwesenheit von Ihnen anbetrifft, ein paar Eigentümlichkeiten, die ich[eeeeee] Ihnen dann vorhalte. Ich möchte aber zunächst die Stelle, auf die es mir hier ankommt, aus dieser Vernehmung, bekanntgeben. Laut Bl. 36 des Ordners 127 soll Müller gesagt haben: „Ich selbst habe nie einen Kontakt mit dem „Pfirsich“ gehabt. Was ich von ihm und über seine Werkstatt weiß, habe ich aus den[ffffff] Berichten von Raspe und Meins.“ Das wäre also das glatte Gegenteil von dem, was er[gggggg] bei diesen anderen Vernehmungen angedeutet hat. Ist Ihnen das gegenwärtig?

Zeuge Pet[ersen]:

Das ist mir im Moment, das ist mir nicht gegenwärtig.

Vors.:

Ist es Ihnen bei den Vernehmungen damals auch nicht aufgefallen, daß da so ein ...?

Zeuge Pet[ersen]:

Ist mir eigentlich auch nicht aufgefallen.

Vors.:

Nun ist es so, bei dieser Vernehmung, wo dieser Satz gefallen sein müsste, heißt es: „Zeitweilig anwesend war KOK Petersen von der Kripo Hamburg.“ Im übrigen ist die Vernehmung durch Beamte des Bundeskriminalamtes durchgeführt worden.

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, ich sagte ja schon, ich war also bei diesen Vernehmungen manchmal länger zugegen, manchmal bin ich nur ½ Stunde Stunde dagewesen, das war also sehr verschieden.

Vors.:

Ja, muß man das so verstehen, wenn Sie jetzt eigentlich mit einer gewissen Überraschung vermerken, daß dieser Widerspruch in diesen Vernehmungen steckt, daß Sie damals das nicht miterlebt haben; oder gab es, wenn Sie es miterlebt hätten, irgendwelche Gründe auf diesen Widerspruch nicht hinzuweisen?

Zeuge Pet[ersen]:

Nein, ich habe das damals nicht miterlebt. Ich muß [12786] sagen, also es überrascht mich tatsächlich jetzt im Moment.

Vors.:

[hhhhhh] Unterstellen wir mal, - man soll an sich keine hypothetischen Fragen an Zeugen stellen, - aber es wäre damals, in Ihrer Gegenwart dieser Widerspruch aufgetaucht, hätten Sie die Möglichkeit gehabt einzugreifen und darauf hinzuweisen, aber da haben Sie doch oder hast Du doch damals was ganz anderes geschildert?

Zeuge Pet[ersen]:

Ja, die Möglichkeit hätte ich gehabt.

Vors.:

Kann man daraus schließen, daß für Sie keine Anweisung bestanden hat, so einen eklatanten Widerspruch schlechthin zu verschleiern?

Zeuge Pet[ersen]:[iiiiii]

Um Gottes Willen, nein, solche Anweisung hat es nicht gegeben.

Vors.:

Die Verteidigung knüpft an diesen Widerspruch und die Tatsache, daß keine Vorhalte gemacht worden sind, die Beweisbehauptung, das sei geschehen, um eben solche Widersprüche unter den Tisch zu kehren. Können Sie dazu was sagen?

Zeuge Pet[ersen]:

Das trifft nicht zu.

[12787] Vors.:

Sonst war bei der Vernehmung, das läßt sich also ohne weiteres durch Vergleich der beteiligten Beamten klären, keiner anwesend, der diese Äußerung des Herrn Müller bei den früheren Vernehmungen gehört haben könnte. Es sind hier andere Zeugen gewesen. Zum Fall Barz, habe ich da schon eine Frage an Sie gerichtet? Ich glaube nicht. Letzte Frage deswegen: Es ist also uns aus den Akten bekannt, daß Herr Müller auch den Komplex Ingeborg Barz angeschnitten hat. Frage, haben Sie Kenntnisse, neuerliche Kenntisse über das Verbleiben von Ingeborg Barz, ob sie noch lebt oder ob sie tot ist?

Zeuge Pe[tersen]:

Nein, ich habe keine neuen Erkenntnisse.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht beim Gericht. Die Herrn der Bundesanwaltschaft? Bitte, Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Z[eis]:

Herr Petersen, ist es richtig, daß bei diesen Gesprächen und Vernehmungen im Jahr 1975 die Sprengstoffanschläge eine gewisse Rolle spielten?

Zeuge Pe[tersen]:

Ja.

OStA Z[eis]:

Ist es richtig, daß Herr Müller Angaben gemacht hat zum Sprengstoffanschlag in Frankfurt,[56] Mai 72?

Zeuge Pe[tersen]:

Ja, das ist alles richtig. Ich kann nur heute nicht mehr sagen, ob das in Vernehmungsart geschehen ist oder bei Gedächtnisniederschriften.

OStA Z[eis]:

Hier ist ein Gesprächsvermerk auf Blatt 65 des ARP-Vorganges vom 15.5.75 der u.a. von Ihnen unterschrieben ist, Herr Petersen. Und dazu will ich Ihnen da einen Vorhalt machen. Auf Blatt 65 heißt’s unter der Überschrift Bombenanschlag auf’s Hauptquartier des 5. Corps der US-Armee am 11.5.1972 in Frankfurt/Main u.a. 3. Satz: „Die Tat selbst sei von der Ensslin und zwei anderen RAF-Mitgliedern ausgeführt worden.“ Herr Müller wurde dann ja in Frankfurt zu dem Sprengstoffanschlag, wie Sie wohl wissen werden, nochmal ab 31.3.1976 vernommen worden. Ist Ihnen erinnerlich, wieviel Tatbeteiligte er damals angegeben hat?

Zeuge Pe[tersen]:

Das kann ich jetzt nicht mehr sagen. Ich muß dazu folgendes sagen. Ich hatte natürlich mehr Wissen im Raum Norddeutschland, in Hamburg speziell. Während bis auf den [12788] Anschlag bei Springer die Sprengstoffdelikte ja alle im Raum Frankfurt, Heidelberg und weiter im süddeutschen Raum lagen, so daß ich kein[jjjjjj] Hintergrundwissen[kkkkkk] von der Sache her hatte. Und deshalb kann es durchaus angehen, daß es mir nicht aufgefallen ist.

OStA Z[eis]:

Es ist also so, daß im ARP-Vorgang sich es insgesamt um Ensslin und zwei andere RAF-Mitglieder handelt, also drei insgesamt. In der Vernehmung 1 BJs 7/76 sind es dann vier namentlich[llllll] Benannte; Nämlich Baader, Meins, Raspe und Ensslin. Haben Sie von sich aus irgendeine Erklärung zu diesem Widerspruch?

Zeuge Pe[tersen]:

Ich habe keine Erklärung. Ich weiß im Moment auch nicht, war ich bei beiden Vernehmungen dabei?

OStA Z[eis]:

Ja, ja.

Können Sie ausschließen, Herr Petersen, daß Sie insoweit einem Hörfehler unterlegen sind?

RA Kün[zel]:

Die Frage ist nicht ...

OStA Z[eis]:

Bitte?

RA Kün[zel]:

Die Frage dürfte nicht zulässig sein, weil niemand ausschließen kann, ob er einem Hörfehler unterliegt.

OStA Z[eis]:

Ich halte die Frage für zulässig.

Vors.:

Zulässig ist sie sicher. Es ist eher die Frage, ob sie sinnvoll ist, weil sie kann ständig beantwortet werden mit „ja“. Das kann kein Mensch ausschließen, es sei denn, er traue sich Eigenschaften zu, die ein Mensch normalerweise nicht hat. Also zulässig ist sie sicher, aber sie bringt nichts, weil das selbstverständlich ist.

OStA Z[eis]:

Dann frage ich direkt. Herr Petersen, könnte es möglich sein, daß Herr Müller damals schon angegeben hat, Ensslin und drei andere RAF-Mitglieder, der erste Teil der Frage und der zweite Teil, könnte es möglich sein, daß von Ihnen ein[mmmmmm] weiteres RAF-Mitglied, namentlich benanntes RAF-Mitglied vergessen worden ist, in diesen Gesprächsvermerk aufzunehmen?

RA Kün[zel]:

Die Frage müßte eigentlich das gleiche Schicksal haben, wie die andere Frage.

Vors.:

Nein. Sie ist natürlich, Herr Rechtsanwalt Künzel, jetzt [12789] doch konkretisiert und ich meine, es gibt hier einen Bereich, daß ein Zeuge sagen kann, diese Dinge waren damals für uns so vordergründig und so wichtig, daß ich es ausschließen kann, etwas Falsches protokolliert zu haben. Insofern wäre durchaus die Möglichkeit eines gewissen Spielraums für den Zeugen gegeben. Ich möchte die Frage auch zulassen.

Zeuge Pe[tersen]:

Ich muß sagen, ich kann das nicht ausschließen.

OStA Z[eis]:

Ich habe keine weiteren Fragen mehr, danke.

Vors.:

Die Herrn Verteidiger? Herr Rechtsanwalt Künzel, bitteschön.

RA Kün[zel]:

Herr Zeuge, kannten Sie aus Ihren Vernehmungen und dann auch bei Ihren Vernehmungen den Spitznamen des Müller?

Zeuge Pe[tersen]:

Bitte? Den Spitznamen des Müller?

RA Kün[zel]:

Ja, ja.

Zeuge Pe[tersen]:

Ich meine, es war von „Harry“ die Rede.

RA Kün[zel]:

Standen Ihnen bei der zweiten Vernehmung dann die Aussagen des „Pfirsich“ zur Verfügung?

Zeuge Pe[tersen]:

Nein. Mir standen sie nicht zur Verfügung. Ich sagte ja schon, bei der zweiten Vernehmung war ich zeitweise zugegen. Diese Vernehmungen wurden vom Beamten des BKA durchgeführt.

RA Kün[zel]:

War bei der zweiten Vernehmung die Bedeutung des „Harry“ für die Gesamtaufklärung des Sachverhalts bekannt? War sie Ihnen bekannt?

Zeuge Pe[tersen]:

Ich würde sagen, der „Harry“ hatte eine genauso große Bedeutung wie alle anderen Beteiligten.

RA Kün[zel]:

Ja wußten Sie etwas von der Nahtstelle, die „Harry“ darstellt zwischen „Pfirsich“ und der Gruppe?

Zeuge Pe[tersen]:

Bitte entschuldigen Sie, habe ich nicht verstanden.

RA Kün[zel]:

Die Übergangsstelle, die nun „Harry“ darstellt zwischen „Pfirsich“ und der Gruppe, daß er etwa Lieferant war oder Träger, Übermittler?

Zeuge Pe[tersen]:

Die Übergangsstelle zwischen „Harry“ und der Gruppe?

RA Kün[zel]:

Zwischen „Pfirsich“ und der Gruppe, war Ihnen da die Bedeutung des „Harry“ bekannt?

[12790] Vors.:

Das ist vielleicht für den Herrn Zeugen schwer verständlich, weil es zu allgemein gesprochen ist. Es bezieht sich ja auf einen bestimmten Komplex, wo diese Verbindung hergestellt worden ist. Wenn Sie es so darstellen, als sei das die Übergangsstelle überhaupt zur Gruppe, dann gibt das ein falsches Bild. Vielleicht wenn Sie es verdeutlichen.

RA Kün[zel]:

War Ihnen bekannt, daß zum Teil Produkte, die „Pfirsich“ herstellte, von einem „Harry“ abgeholt wurden?

Zeuge Pe[tersen]:

Ob mir das damals schon bekannt war bei der Vernehmung?

RA Kün[zel]:

Bei der zweiten Vernehmung.

Zeuge Pe[tersen]:

Das kann ich heute nicht mehr sagen.

In der Zwischenzeit weiß ich es natürlich, aber ich weiß nicht woher, ob ich es aus der Presse oder irgendwo her erfahren hab. Ob ich das damals wußte, weiß ich nicht.

RA Kün[zel]:

Und wenn Sie Ihr Gedächtnis mal sehr anstrengen.

Zeuge Pe[tersen]:

Wenn ich mein Gedächtnis sehr anstrenge?

RA Kün[zel]:

Ja, ja.

Zeuge Pe[tersen]:

Ich strenge mein Gedächtnis sehr an.

RA Kün[zel]:

Ja und dann?

Zeuge Pe[tersen]:

Das kann ich heute nicht mehr sagen.

RA Kün[zel]:

Keine Frage mehr.

Vors.:

Sonstige Fragen sehe ich nicht. Einwendungen gegen die Vereidigung des Herrn Zeugen keine.

Der Zeuge KOK Petersen wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.27 Uhr entlassen.

Die Zeugen KOM Jonasson und KHK Opitz werden ebenfalls um 15.27 Uhr endgültig entlassen.

Der Zeuge KOK Freimuth erscheint um 15.28 Uhr im Sitzungssaal wieder.

Vors.:

Sie haben erwähnt, bei den Vernehmungen die Sie ab März 1976 durchgeführt haben, d.h. schon nach der Verurteilung von Herrn Müller, daß, als nach Decknamen gefragt wurde, er unter der Bezeichnung „Harry“ oder „Hardy“ gelaufen sei. Haben Sie diese Kenntnis bekommen [12791] aus diesen Vernehmungen oder ist die Ihnen durch irgendwelche anderen Umstände, aus früheren Vernehmungen z.B. die Unterlagen bekannt geworden, von denen Sie heute früh sprachen?

Zeuge Frei[muth]:

Nein, dieser Umstand ist mir bekannt geworden durch die Vernehmung zu dem sog. Ensslin-Kassiber,[57] in dem auch der Deckname „Hardy“ auftaucht und an dieser Vernehmung habe ich teilgenommen. Da wurde diese Sache aufgeklärt.

Vors.:

Und nun, in der Tat, in dem Ensslin-Kassiber ist die Rede von dem „Hardy“. Aber der Name „Harry“, glaube ich, ist im Kassiber selbst nicht erwähnt.

Zeuge Frei[muth]:

Das ist richtig. Aber im Verlauf dieser Vernehmung wurde auf beide Namen eingegangen. Herr Müller sagte von sich aus, daß zunächst der Deckname „Hardy“ für ihn im Gespräch war, man sich dann anschließend aber auf „Harry“ einigte.

Vors.:

Wir überprüfen gerade nur den Kassiber, wo der Text zum „Hardy“ kommt. Und da heißt es nun Blatt 92 des Ordners 128 „Gerhard Müller“. Es ist aber hinter dem Decknamen „Hardy“ sonst kein Kommentar, daß das synonym für „Harry“ sei. Und soweit wir erkennen können ... Ja richtig, es heißt dann doch in Blatt 86 unter der Abkürzung: Ha.= Gerhard Müller auch „Hardy“ oder „Harry“. Ist das die Stelle, auf die Sie sich beziehen?

Zeuge Frei[muth]:

Das ist die Stelle, ja.

Vors.:

Das sind jetzt Vorhalte gewesen aus der Vernehmung, die wir unter der Aktenbezeichnung 3 ARP laufen haben, mit der Sie nicht beteiligt waren, nicht befaßt gewesen sind, sondern nach Ihrer heutigen Aussage nur durch Arbeitsunterlagen Kenntnis erlangt haben davon. Ist das richtig?

Zeuge Frei[muth]:

Ja.

Vors.:

Wogegen in der Vernehmung 1 BJs 7 lediglich folgendes gesagt ist, das wird Ihnen aus Blatt 142 hier vorgehalten: „Unter H ist „Hardy“ zu verstehen. Das war mein Deckname. Als ich im Sommer zur RAF stieß, kamen von verschiedenen Seiten Vorschläge, welchen Decknamen ich erhalten sollte. Schließlich setzte sich der Name „Hardy“ [12792] durch. Später sprach mich dann jeder mit „Hardy“ an“. Von „Harry“ ist da nicht die Rede.

Zeuge Frei[muth]:

Dann habe ich Sie eben mißverstanden. Haben Sie eben aus der ARP-Akte zitiert?

Vors.:

Das, was ich Ihnen jetzt vorgehalten habe, sind die Vernehmungen, an denen Sie selbst beteiligt gewesen sind, Herr Freimuth.

Zeuge Frei[muth]:

Ja das, was zuvor zur Sprache kam ...

Vors.:

Das war ARP-Akte.

Zeuge Frei[muth]:

Ja, dann bin ich da von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Ich hatte eben geglaubt, es wäre das Vernehmungsprotokoll, und zwar unseres.

Vors.:

Gerade um das zu klären, wollen wir fragen, damit da nichts Falsches stehen bleibt ...

Zeuge Frei[muth]:

Nein, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß wir den sog. Ensslin-Kassiber abgehandelt haben und daß im Verlaufe der Vernehmung zum Ensslin-Kassiber die Rede davon war, wie der Deckname von Herrn Müller entstanden ist. Und soweit ich mich erinnere, wurden zu beiden Namen, also zu „Hardy“ und auch zu „Harry“ Erklärungen abgegeben von Herrn Müller.

Vors.:

Eben nicht in 1 BJs 7/76. Da wird nur der Name „Hardy“ erläutert. Er habe sich durchgesetzt und sei eben auf die und die Weise zustande gekommen. Und nur die Akten 3 ARP - die 75iger Vernehmungen -, die für Sie nur Arbeitsgrundlage waren, enthalten eine Erklärung „Ha = Harry“ oder „Hardy“.

Zeuge Frei[muth]:

Also da bin ich mir immer noch nicht ganz sicher, ob ich nicht doch recht habe. Da müßte ich vielleicht noch einmal die Akte durchlesen, vielleicht ist es jetzt nur nicht zu finden.

Vors.:

Wir sind uns hier beim Gericht, die diese Akten natürlich genau studiert haben, ich möchte sagen, nahezu 100 %ig sicher.

Zeuge Frei[muth]:

Dann mag es also sein ...

Vors.:

... daß „Harry“ hier in diesen Akten eben nicht auftaucht. Denn ich kann es Ihnen auch deswegen bestätigen, weil der Name „Harry“ identisch war für den Bombenabholer nach der Aussage des Herrn Hoff. Und deswegen es natürlich [12793] sehr wichtig war - wir hatten ja bloß die Akten, die Vernehmungen, die Sie angefertigt haben - zu klären, ob „Hardy“ gleich „Harry“ ist. Und es bedurfte eindringlicher Vorhalte gegenüber Herrn Müller bei seiner Vernehmung, bis er dann nach einer Überlegungspause von einer Nacht zugegeben[nnnnnn] hat, er sei tatsächlich „Harry“.[58] Wäre das schon in den Akten, die uns vorgelegt worden sind, enthalten gewesen, dann hätte es dieses Umweges nicht bedurft.

Zeuge Frei[muth]:

Ja, ich weiß jetzt nicht, wie ich zu meiner Auffassung gelange. Ich bin mir da also ziemlich sicher. Wenn es also nicht auf dem Vernehmungsprotokoll beruht, dann kann es also nur in einem Gespräch mit Herrn Müller erklärt worden sein. Jedenfalls habe ich es so in Erinnerung.

Vors.:

Das wäre aber dann nicht zu Protokoll gelangt, dieses Gespräch.

Zeuge Frei[muth]:

Es müßte so sein, ja.

Vors.:

Nun Sie haben ja, glaube ich, an Nachvernehmungen des Herrn Müller dann auch teilgenommen. Ist das richtig, nach der Vernehmung in Stuttgart?

Zeuge Frei[muth]:

Ich habe anschließend, glaube ich, noch eine Vernehmung gemacht zum „Pfirsich“, eine Nachvernehmung.

Vors.:

Genau, ja, richtig. „Meine bisherigen Angaben über „Pfirsich““, Blatt 218 dieser Akten in Ordner 127 enthalten, trägt Ihre Unterschrift. Und da heißt es ausdrücklich drinne, auf Blatt 142: „Bei meiner Vernehmung habe ich ausgesagt, mein Deckname in der RAF sein „Hardy“ gewesen. Richtig ist, daß mein Hauptdeckname „Harry“ war.“ Also Sie sehen, Sie selber haben ihn nachträglich auf diesen ...

Zeuge Frei[muth]:

Ja, ich wußte also, daß es irgendwo steht. Ich kann jetzt also nicht sagen, mit Gewißheit sagen, ich muß mich doch jetzt korrigieren, nicht daß es in der Abhandlung des Ensslin-Kassibers war, sondern in der Vernehmung. Das ist ein Irrtum.

Vors.:

In dieser Nachvernehmung, die das Datum 22.7.1976 trägt.

Zeuge Frei[muth]:

Ich war mir nur absolut sicher, daß es zur Sprache gekommen war.

[12794] Vors.:

Richtig, gut. Dann ist das geklärt. Nur daß da nichts Falsches stehen bleibt. Denn das wäre nun in der Tat objektiv nicht richtig gewesen, was Sie heute früh da angegeben haben.

Sind sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Sehe ich nicht mehr in dem Zusammenhang. Wenn Sie sich auf den heute früh geleisteten Eid berufen für die Richtigkeit der jetzt ergänzend gemachten Aussagen gilt das als neue Vereidigung.

Der Zeuge KOK Freimuth versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen heute früh geleisteten Eid (§ 67 StPO) und wird im allseitigen Einvernehmen um 15.38 Uhr endgültig entlassen.

Vors.:

Wir wollen eine kurze Pause einlegen von 10 Minuten. 10 Minuten vor 4 Uhr treffen wir uns wieder. Der Senat wird dann noch zwei oder drei Beschlüsse bekanntgeben.

Pause von 15.38 Uhr bis 15.53 Uhr

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung ist Rechtsanwalt Künzel nicht mehr anwesend.

Vors.:

Der Senat hat insgesamt 3 Beschlüsse zu verkünden.

Zunächst folgender Beschluß:

Der von Rechtsanwalt Schily gestellte Antrag, die Kriminalbeamten Pollmann und Leidl als Zeugen zu vernehmen, wird abgelehnt.

Die in das Wissen der Zeugen gestellte Beweisbehauptung wird so behandelt, als wäre die behauptete Tatsache wahr. (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO).[59]

Wenn in der Beweisbehauptung der Ausdruck „seine Angaben“ verwendet wird, so sind damit die Angaben „zum Fortführen der kriminiellen Vereinigung aus der Haft heraus“ gemeint; insoweit hat der Antragsteller seinen Antrag durch Hinweis auf Blatt 129 der Akte 3 ARP 74/75 I präzisiert.

[12795] Vors.:

Nächster Beschluß:

Der von Rechtsanwalt Dr. Heldmann gestellte Antrag, Herrn Klaus Jünschke als Zeugen zu vernehmen, wird abgelehnt.

Rechtsanwalt Dr. Heldmann beantragt, Klaus Jünschke als Zeugen zum Beweis dafür zu vernehmen, daß er am 6. Juni 1972 Ingeborg Barz in Hamburg getroffen und gesprochen habe. Der Beweisantrag soll der Überprüfung der Glaubwürdigkeit des Zeugen Gerhard Müller dienen.

Klaus Jünschke ist jedoch als Beweismittel völlig ungeeignet (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Rechtsanwalt Dr. Heldmann hat schon früher die Vernehmung des Zeugen Jünschke beantragt, damals zu Struktur, Organisation und Informationsaustausch der „RAF“. Jünschke, der in Kaiserslautern unter dem Vorwurf, sich wie die hier Angeklagten an der „Roten Armee Fraktion“ beteiligt zu haben, vor Gericht steht, war daraufhin geladen und aus der JVA Zweibrücken, wo er sich in Untersuchungshaft befindet, zur Hauptverhandlung am 28.7.1976 herbeigeschafft worden. Er machte zur Sache keine Aussagen, erklärte sich zwar „generell“ bereit, als Zeuge auszusagen, machte das aber davon abhängig, daß ihm zunächst die bei der Polizei und in der hiesigen Hauptverhandlung bei der Vernehmung des Zeugen Müller angefallenen Protokolle ausgehändigt würden, daß er dann 14 Tage lang Gelegenheit hätte, diese Protokolle durchzulesen, und daß er anschließend 3 Stunden lang mit den hier angeklagten Personen - Baader, Ensslin, Raspe - sprechen könne; anschließend würde er aussagen.[60]

Da am 28.7.1976 keine Aussage zu erlangen war, auch keine Frage mehr gestellt wurde (auch nicht vom Antragsteller, Rechtsanwalt Dr. Heldmann, der von anderen Zeugen, die sich zur RAF zählen, im Gegensatz zu Gericht und Bundesanwaltschaft Antworten erhalten hatte), sollte der Zeuge entlassen werden. Klaus Jünschke, der schon während seiner Anwesenheit im Gerichtssaal aus seiner feindlichen Einstellung gegenüber Gericht und Bundesanwaltschaft kein Hehl gemacht hatte (zur Bundesanwaltschaft: „... mit diesen [12796] dreckigen Faschisten da drüben“; zum Vorsitzenden: „Du Faschist“), unterstrich diese Haltung dadurch, daß er sich plötzlich über den Richtertisch hinweg auf den Vorsitzenden stürtzte und ihn mit den Worten „Für Ulrike,[61] Du Schwein“ samt dessen Stuhl zu Boden riß.[62]

Mit Beschluß vom 3.8.1976 ordnete der Senat die Vernehmung des Zeugen Jünschke durch das hierum ersuchte Amtsgericht in Zweibrücken an. Der Senat wollte nichts unversucht lassen, trotz der mit Beharrlichkeit gestellten Bedingungen doch noch zu einer Aussage des Zeugen zu gelangen. Ob die bei dem ersuchten Richter gemachte Aussage - wenn es zu sachlicher Äußerung kam - gem. § 251 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StPO durch Verlesung in die Hauptverhandlung einzuführen[63] oder ob die nochmalige Anhörung des Zeugen in der Hauptverhandlung geboten gewesen wäre, sollte nach Vorliegen der Vernehmungsniederschrift entschieden werden.

Der Zeuge hat sich am 13.8.1976 vor dem ersuchten Richter in Zweibrücken geweigert, Angaben zu machen. Er hat weiter erklärt:

„Ich bin bereit, Angaben zu machen, aber nicht hier. Ich bin bereit, Angaben zu machen beim erkennenden Gericht in Stammheim.“

Gleichzeitig bezog er sich auf eine dem ersuchten Richter übergebene schriftliche Erklärung, in der er unter anderem darauf hinwies, er habe sich auch am 28.7.76 in Stammheim zur Aussage bereit erklärt; das war eben jene Äußerung, in der der Zeuge seine Aussage von der Erfüllung der schon erwähnten drei Bedingungen abhängig gemacht hatte. Dabei bezeichnete Jünschke in der dem ersuchten Richter übergebenen schriftlichen Erklärung den Zeugen Gerhard Müller - um dessen Glaubwürdigkeit ging es damals [oooooo] und geht es auch jetzt - als „gekaufte Figur“; seine Aussagen seien die „Produktion der Staatsschutzgehirnwäsche“, sie seien als „dreckige Projektion der psychologischen Kriegs- [12797] führung“ entlarvt.

Da immerhin eine gewisse Aussicht bestand, der Zeuge „Jünschke“ werde in der Hauptverhandlung doch aussagen, ließ der Senat trotz der nach wie vor beträchtlichen Befürchtung, der Transport nach Stuttgart werde wieder vergeblich sein, dem Zeugen durch die Anstaltsleitung in Zweibrücken befragen, ob er ohne die genannten oder sonstigen Bedingungen zur Aussage bereit sei. Das wurde vom Zeugen bejaht. Gleichwohl leitete der Zeuge Jünschke in der Hauptverhandlung vom 25.8.76 seine Vernehmung mit dem Satz ein:

„Ja, und bevor ich vielleicht hier überhaupt Fragen oder irgendwas beantworten werde, verlange ich, daß Manfred Grashof nochmal reinkann ...“.

Trotz Belehrung, daß der Abschluß der vorangegangenen Vernehmung des Zeugen Grashof nicht seine Sache sei, blieb der Zeuge bei seiner Aussageverweigerung. Er sagte:

„Und hier läuft überhaupt nichts, bevor er nicht ...“

„Dann läuft hier [pppppp] nichts mehr, das ist ganz einfach.“

„Ich werde jetzt gehen, da hier nichts mehr läuft mit uns.“

Eindringliche Ermahnungen durch den Vorsitzenden und die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 70 Abs. 1 StPO[64] fruchteten nichts; der Zeuge war zur Aussage nicht zu bewegen. Allerdings ließ er die Gelegenheit nicht aus, dem Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft „Du Schwein, halt die Fresse!“ zuzurufen.

Rechtsanwalt Dr. Heldmann, der den Zeugen Jünschke benannt hatte, war in der Hauptverhandlung vom 25.8.76 vom Vorsitzenden darauf angesprochen worden, seinerseits auf den Zeugen einzuwirken, Aussagen zu machen. Dies geschah im Hinblick auf die erwähnte Beobachtung, daß Rechtsanwalt Dr. Heldmanns Aufforderung eine andere, von ihm benannte, ebenfalls zur RAF sich zählende, dem Gericht gegen- [12798] über aussageunwillige Zeugin zur Aussage veranlaßt hatte. Rechtsanwalt Dr. Heldmann antwortete dem Vorsitzenden jedoch lediglich:

„Wenn der Zeuge hier sagt, daß er nicht auszusagen bereit ist, gleich unter welchen Kautelen, habe ich dem nichts hinzuzufügen.“

Im Hinblick auf diese Vorgänge ist der Senat davon überzeugt, daß es völlig nutzlos sein würde, Herrn Jünschke als Zeugen zur Hauptverhandlung zu bringen.

Sein gänzlicher Unwert als Beweismittel steht fest, eine verwertbare Aussage ist von ihm mit Sicherheit nicht zu erwarten. Das gilt in zweierlei Hinsicht:

Zum einen ist der Senat überzeugt, daß Klaus Jünschke, in die Hauptverhandlung gebracht, erneut Bedingungen stellen würde, die - weil mit ordnungsgemäßer Prozeßführung nicht vereinbar - vom Senat nicht erfüllt werden könnten; das würde zu erneuter Aussageverweigerung führen.

Zum anderen wäre einer Aussage von Klaus Jünschke - wenn sie je doch zustande käme - keinerlei Beweiswert zuzumessen. Er zählt sich selbst zu der in der Anklage als kriminielle Vereinigung nach § 129 StGB bezeichneten „RAF“; das ergibt sich unter anderem aus der in Zweibrücken am 13.8.76 übergebenen schriftlichen Erklärung. Den von anderen Angehörigen der RAF wörtlich bekundeten Leitsatz, das Verhältnis zu diesem Gericht sei Krieg, mit solchen Leuten rede man nicht, sondern schieße auf sie, hat er durch seine wörtlichen und tätlichen Angriffe auch für sich als maßgebend bezeichnet. Ein solcher Leitsatz, zumal wenn er zur Tat wird, schließt aber Angaben, die auch nur irgendwie zur Wahrheitsfindung beitragen könnten, aus. Das ganze Verhalten und die Äußerungen von Klaus Jünschke dem Senat gegenüber - übrigens auch dem Zeugen Müller gegenüber - zeigen, daß er sich nach wie vor im Kollektiv den Zielen der „RAF“ verpflichtet fühlt und allein hieran mißt, was er tut und sagt. Das würde aber sein Zeugnis - selbst wenn es zustande käme - völlig nutzlos [12799] machen. Nicht die Vermittlung von Zeugenwissen, sondern allein der Kampf für die RAF wären Motiv und Richtschnur. Seine Ladung wäre zumindest objektiv bloße Prozeßverschleppung (vgl. BGHSt. 14, 342[65]).

Deshalb lehnt der Senat den Beweisantrag ab. Klaus Jünschke ist als Zeuge völlig ungeeignet.

- - -[qqqqqq]

Während der Verlesung des Beschlusses:

Rechtsanwalt Künzel erscheint um 15.55 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Vors.:

Es ist ferner der Beschluß zu verkünden:

Der von Rechtsanwalt Dr. Heldmann gestellte Antrag, Frau Irmgard Möller als Zeugin zu laden, wird abgelehnt.

Gründe:

Rechtsanwalt Dr. Heldmann beantragt, Frau Irmgard Möller als Zeugin zum Beweis dafür zu vernehmen, daß sie am 6.6.1972 Ingeborg Barz in Hamburg getroffen und gesprochen habe. Der Antrag soll der Überprüfung der Glaubwürdigkeit des Zeugen Gerhard Müller dienen.

Frau Möller ist jedoch als Beweismittel völlig ungeeignet (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Rechtsanwalt Dr. Heldmann hatte ihre Vernehmung als Zeugin schon früher beantragt, damals zu Struktur, Organisation und Informationsaustausch der „RAF“; es ging ebenfalls um Angaben des Zeugen Gerhard Müller. Frau Möller (vom LG Hamburg am 16.3.76 u.a. wegen Beteiligung an der kriminiellen Vereinigung „RAF“, derselben Vereinigung, deren Mitgliedschaft auch den hier Angeklagten vorgeworfen wird, nicht rechtskräftig[66] verurteilt) war daraufhin am 3.8.76 zur Hauptverhandlung gebracht worden. Nachdem der Vorsitzende sie gem. § 69 Abs. 1 StPO[67] unterrichtet hatte, erklärte die Zeugin:

„Ich will erst mal erklären, daß ich auf Fragen von Ihnen und der Bundesanwaltschaft nicht antworte. Das Verhältnis ist Krieg. Sie brauchen keine Fragen [rrrrrr] stellen.“[68]

[12800] Daraufhin machte die Zeugin unter Benutzung umfangreicher Aufzeichnungen Angaben im Zusammenhang. Unter anderem führte sie aus, der Zeuge Gerhard Müller ziele mit seinen Aussagen auf Fraktionierung und Zwang in der „RAF“, um den Mord an Ulrike (Meinhof) zu legitimieren; er spucke die Funktion der Bundesanwaltschaft aus; in seinen Briefen komme die Hetze der psychologischen Kriegsführung zum Vorschein.

Nach Beendigung ihrer Angaben erklärte Frau Möller dem Vorsitzenden erneut:

„Also Ihre Fragen werde ich überhaupt nicht beantworten.“

Später sagte sie:

„Die Bundesanwaltschaft braucht gar nicht zu fragen, weil sie keine Antwort kriegen wird ... Sie brauchen keine Fragen zu stellen.“

Ein eindringlicher Hinweis des Vorsitzenden auf § 70 StPO, auch die Verhängung eines Ordnungsgeldes fruchteten nichts:

„Ich habe schon erklärt, daß ich keine Fragen beantworte.“

Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, daß keine der angeführten Äußerungen irgendwie im Zusammenhang mit § 55 StPO[69] stand.

Die Zeugin beantwortete lediglich Fragen der Rechtsanwälte Schily und Dr. Heldmann, also der das Vertrauen der Angeklagten genießenden Verteidiger. Während ihrer gesamten Aussage ließ die Zeugin keine Zweifel daran, daß sie sich nach wie vor zur „RAF“ zählt:

„Wir sind ja eine politisch-militärische Organisation ... Wir sind eine bewaffnete Organisation.“

Das gesamte - vor den Augen des Senats sich abspielende - Verhalten von Frau Möller offenbart ihre völlige persönliche Unzuverlässigkeit als Zeugin. Sie zur Hauptverhandlung zu laden, könnte nicht der Sachaufklärung dienen, sondern liefe zumindest objektiv auf blosse Prozeßverschleppung hinaus (vgl. BGHSt 14, 342). Frau Möller würde ihr Prozeßverhalten und ihre Aussage allein daran messen, was [12801] der „RAF“ nützen würde. Irgendwelche Verpflichtung, die Wahrheit zu sagen, würde sie nicht anerkennen; dem Kriegsfeind gegenüber gibt es dergleichen nicht. Versuche, die Zeugin dennoch zur Wahrheitsfindung zu nutzen, wären von vornherein zum Scheitern verurteilt, da die Zeugin, wie dargestellt, auch ihr Prozeßverhalten und gerade ihre Bereitschaft, Fragen zu beantworten, allein dem Interesse der „RAF“ unterordnen würde. Daß das auch und gerade dort gilt, wo es um Aussagen des Zeugen Gerhard Müller geht, zeigen ihre Angaben am 3.8.76 mit aller Deutlichkeit. Deshalb lehnt der Senat den Beweisantrag ab.

- - -[ssssss]

Vors.:

Das waren die zu verkündenden Beschlüsse. Wir haben hier Ankündigungen von Beweisanträgen, die noch nicht formell behandelt werden können. Sie stammen von Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann, weil sie ja noch nicht in der Hauptverhandlung gestellt sind. Es handelt sich um drei Zeugen. Immerhin ist soviel daraus festzustellen. Wir haben morgen noch die Zeugen Hochstein, die soeben wohl gekommen sein dürfte. Frau Barz fällt aus. Am Donnerstag ist mit Sicherheit keine Sitzung durchzuführen, weil kein Beweisprogramm vorhanden ist. Wir können allerdings auf den nächsten Dienstag sagen, daß wir mit den Zeugen, die hier benannt werden sollen morgen, fortfahren werden und dann am Mittwoch voraussichtlich oder Donnerstag, das muß leider wieder mal offenbleiben, Herrn Habekost vernehmen können. Das wird sich auch noch abklären lassen. Ich bedauere es außerordentlich, daß ich den Herrn Rechtsanwälten und auch den übrigen Prozeßbeteiligten keine genaueren Hinweise geben kann. Es liegt allein an der Art, wie hier die Beweisanträge gestellt werden. Auch ist es darauf zurückzuführen, daß wir zur Zeit mit einem uns ganz unerwünschten zweitägigen Sitzungsprogramm pro Woche verhandeln müssen, statt wie üblich die drei Tage ausnützen zu können.

Jedenfalls morgen früh Fortsetzung um 9 Uhr und ich bitte sich darauf einzustellen, am kommenden Dienstag Fortsetzung der Sitzung mit den morgen zu benennenden Zeugen und in den folgenden Tagen eventuell Herrn Habekost. Damit ist die Sitzung für heute beendet.

Ende der Sitzung 16.06 Uhr

Ende von Band 756


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 – Az.: 1 StE 1/74 – StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] Ingeborg Barz war ein frühes Mitglied der RAF. Zuvor war sie Teil der Hilfsorganisation Schwarze Hilfe und bildete u.a. gemeinsam mit Angela Luther, Inge Viett, Verena Becker und Waltraud Siepert eine feministische Gruppe namens Die schwarze Braut. Über Barz’ Position in der RAF ist nicht viel bekannt. 1971 soll sie beim Überfall auf eine Bank in Kaiserslautern mitgewirkt haben. Von der Verhaftungswelle 1972 war Barz nicht betroffen, gilt aber wie Angela Luther seitdem als verschwunden. Über ihren Verbleib existieren nur Spekulationen. Unter anderem stand der Verdacht im Raum, dass sie als Spitzel des Verfassungsschutzes enttarnt und von Baader erschossen worden sei (Kraushaar, Verena Becker und der Verfassungsschutz, 2010, S. 31 ff., 37 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S 299, 820). Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass die Behauptung, Baader habe Barz erschossen, von Gerhard Müller aufgestellt worden sei, um Baader wahrheitswidrig zu belasten (s. den Beweisantrag des Rechtsanwalts Dr. Heldmann am 142. Verhandlungstag, S. 11467 des Protokolls der Hauptverhandlung). Durch den Beweis der Unwahrheit dieser Tatsache sollte die Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen Müller insgesamt erschüttert werden (s. dazu etwa die Diskussion um den am 147.Verhandlungstag gestellten Beweisantrag, S. 11684 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Zu den Angaben, die Müller über in diesem Zusammenhang gemacht haben soll, s. auch die Ausführungen des Vernehmungsbeamten KHK Opitz am 152. Verhandlungstag (S. 11855 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[3] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[4] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 – Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 – Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[5] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[6] Gerhard Müller war ein ehemaliges Mitglied der RAF und einer der Hauptbelastungszeugen in diesem sowie in weiteren Verfahren gegen Mitglieder der RAF. Er wurde ab dem 124. Verhandlungstag als Zeuge vernommen. Die Verteidigung versuchte u.a. durch das Aufdecken von Widersprüchen in den verschiedenen Aussagen Müllers dessen Glaubwürdigkeit zu erschüttern.

[7] Das Strengbeweisverfahren (auch „förmliche Beweisaufnahme“) ist in den §§ 244 bis 256 StPO geregelt. Es findet Anwendung zum Beweis aller Tatsachen, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe, und zeichnet sich u.a. durch eine Beschränkung auf bestimmte Beweismittel (Zeugenbeweis, Sachverständigenbeweis, Urkundsbeweis und Augenscheinsbeweis) aus. Die Tatsachen müssen zudem Eingang in die Hauptverhandlung gefunden haben (§ 261 StPO) und grundsätzlich mündlich vorgetragen und erörtert worden sein (sog. Mündlichkeitsprinzip, s. dazu Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 261 Rn. 7).

[8] Holger Meins war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Für seinen Tod machten die Angeklagten staatliche Akteure, u.a. den Vorsitzenden Dr. Prinzing sowie die Bundesanwaltschaft verantwortlich (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.).

[9] Anlage 1 zum Protokoll vom 30. November 1976: Aussagegenehmigung für KOK Freimuth.

[10] Fehlblatt.

[11] Nach § 13 Abs. 2 StGB a.F. (heute: § 46 Abs. 2 StGB) sind bei der Strafzumessung alle Umstände, die für oder gegen den/die Täter/in sprechen, gegeneinander abzuwägen. Einige werden namentlich genannt, darunter auch das Nachtatverhalten. In diesem Rahmen wirkt sich ein Geständnis in der Regel positiv auf die Strafzumessung aus, wenn auch mit unterschiedlichem Gewicht. Aspekte, die hierbei eine Rolle spielen sind z.B., zu welchem Zeitpunkt das Geständnis erfolgte (wurde dem/der Verletzten die weitere Belastung durch eine Zeugenaussage erspart?), oder ob es von Reue und Schuldeinsicht getragen oder lediglich als Reaktion auf eine erdrückende Beweislage erfolgte (ausführlich Eschelbach, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafgesetzbuch, 4. Aufl. 2019, § 46 Rn. 128 ff.). Da zu den grundlegenden Verteidigungsrechten in einem Strafverfahren das Recht gehört, nicht zur Sache aussagen zu müssen (§ 136 Abs. 1 StPO), ist das Fehlen eines Geständnisses kein zulässiger Anknüpfungspunkt für eine Strafschärfung; gleiches gilt grundsätzlich auch für das Leugnen (BGH, Beschl. vom 8.11.1995 – 2 StR 527/95, NStZ 1996, S. 80; s. auch bereits BGH, Urt. v. 18.10.1960 – Az.: 5 StR 332/60, NJW 1961, S. 85). Vor diesem Hintergrund erfährt die regelmäßige strafmildernde Berücksichtigung von Geständnissen (bzw. der durch sie in Erscheinung tretenden Umstände) durchaus Kritik (Dencker, ZStW 102, S. 51, 56 f.; Eschelbach, in Fischer/Bernsmann [Hrsg.], Festschrift für Ruth Rissing-van Saan zum 65. Geburtstag, 2011, S. 115, 130 f.; Streng, in Feltes/Pfeiffer/Steinhilper [Hrsg.], Festschrift für Hans-Dieter Schwind zum 70. Geburtstag, 2006, S. 447, 448 ff.). In einer Entscheidung aus dem Jahr 2010 führte der BGH aus, die im Rahmen von (seit 2009 in § 257c StPO gesetzlich geregelten) Verfahrensabsprachen auftretende „Sanktionsschere“ – also die Differenz der zu erwartenden Sanktion und der für den Fall eines Geständnisses zugesagten Strafobergrenze – dürfe nicht zu groß sein, damit nicht inakzeptabler Druck auf bisher nicht geständige Angeklagte ausgeübt werde (BGH, Beschl. v. 20.10.2020 – Az.: 1 StR 400/10, NStZ 2011, S. 592, 594).

[12] Die Eigenschaft einer Person als Beschuldigte/r wird ab der Eröffnung des Ermittlungsverfahrens angenommen (BGH, Urt. v. 18.10.1956 – Az.: 4 StR 278/56, BGHSt 10, S. 8, 11; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, Einl. Rn. 76 f.) Die Beschuldigteneigenschaft hat u.a. zur Folge, dass die Person nicht mehr als Zeug/in, sondern nur als Beschuldigte/r unter Wahrung der Beschuldigtenrechte vernommen werden darf. Hierzu gehört, dass sie zu Beginn der (ersten) polizeilichen Vernehmung über ihre Rechte zu belehren ist; ihr ist zu eröffnen, welche Tat ihr zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen (§§ 163a, 136 StPO). Da die Frage, in welcher Rolle eine Person im Strafverfahren auftritt (Mitbeschuldigte/r oder Zeug/in), von erheblicher Bedeutung für die Rechte und Pflichten, insbesondere für die Wahrheitspflicht, ist, gibt es große Uneinigkeit über die strafprozessuale Einordnung von Personen, gegen die in derselben Sache ermittelt wird. Während manche unabhängig von den prozessualen Gegebenheiten auf eine materielle Sachbeziehung zu dem Anklagegegenstand abstellen, wird wohl überwiegend ein rein formaler Beschuldigtenbegriff vertreten, der lediglich danach fragt, ob eine äußere Einheit mehrerer Verfahren mit dem gleichen Verfahrensstand besteht (zum Meinungsstand s. Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 10. Aufl. 2017, Rn. 927 ff.; Lenckner, in Baumann [Hrsg.], Festschrift für Karl Peters zum 70. Geburtstag, S. 333, 334 ff.).

[13] Das LG Hamburg verurteilte Gerhard Müller mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zum Mord, Beteiligung an Bombenanschlägen und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, S. 113 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29). Müller selbst legte zunächst das Rechtsmittel der Revision ein. Trotz dadurch eingetretener Hemmung der Rechtskraft (§ 343 Abs. 1 StPO), hatte Müller eine Verschlechterung seiner Situation (etwa durch Erhöhung des Strafmaßes) zum Zeitpunkt seiner Aussagen kaum noch zu befürchten. Die Frist zur Einlegung einer Revision (eine Woche ab Verkündung des Urteils, § 341 Abs. 1 StPO) für die Staatsanwaltschaft war abgelaufen; § 358 Abs. 2 StPO enthält ein Verbot der Schlechterstellung im Rahmen der Revision u.a. für den Fall, dass nur der/die Angeklagte Revision eingelegt hat. Weitere Rechtsmittel stehen gegen ein Urteil des Landgerichts nicht zur Verfügung; ein erneutes Verfahren wegen der abgeurteilten Taten ist nach Art. 103 Abs. 3 GG ausgeschlossen. Die Möglichkeit der Wiederaufnahme eines Verfahrens zuungunsten des/der Verurteilten besteht nur in eng begrenzten Ausnahmesituationen (§ 362 StPO). In der Zwischenzeit hatte Müller seine Revision wohl zurückgenommen, sodass das Urteil gegen ihn in Rechtskraft erwachsen war (so Rechtsanwalts Schily am 148. Verhandlungstag, S. 11728 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[14] Die Akte 1 BJs 7/76 enthielt Protokolle über Vernehmungen des Zeugen Müller in einem Verfahren, das offiziell gegen „Unbekannt“ geführt wurde. Nachdem bereits ein Teil der Akte übergeben worden war, beantragte Rechtsanwalt Schily am 159. Verhandlungstag, die noch fehlenden Seiten beizuziehen (S. 12307 f. des Protokolls der Hauptverhandlung). Diese konnten schließlich nach Herausgabe durch die Bundesanwaltschaft am 161. Verhandlungstag an die übrigen Prozessbeteiligten verteilt werden (s. S. 12347 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[15] In der Akte 3 ARP 74/75 I befanden sich weitere Vernehmungsprotokolle mit Angaben des Zeugen Müller. Für diese Akte hatte der damalige Bundesjustizminister Vogel zunächst eine umfassende Sperrerklärung nach § 96 StPO („Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch Behörden und öffentliche Beamte darf nicht gefordert werden, wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde“) abgegeben. Die Verteidigung bemühte sich lange darum, Einblick in die Akte zu erhalten. Die Prüfung und Entscheidung darüber, die Sperrerklärung wieder aufzuheben, wurde schließlich der Bundesanwaltschaft anvertraut (s. die Mitteilung des Vorsitzenden Dr. Prinzing am 157. Verhandlungstag, S. 12215 des Protokolls der Hauptverhandlung). Am 158. Verhandlungstag gab die Bundesanwaltschaft nach erneuter Prüfung einen Großteil der Akte heraus (S. 12262 des Protokolls der Hauptverhandlung; s. zu den Vorgängen und Vermutungen rund um diese Akte auch Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 368 ff.). Am 159. Verhandlungstag wurde ein Schreiben des Bundesjustizministers bekanntgegeben, in welchem die letzten noch geheimhaltungsbedürftigen Passagen konkretisiert wurden (s. Anlage 2 zum Protokoll vom 9.11.1976, S. 12306 des Protokolls der Hauptverhandlung, 159. Verhandlungstag).

[16] Der Zeuge Dierk Hoff (Deckname „Pfirsich“), der in seiner Werkstatt einige der später von der RAF verwendeten Sprengkörperhüllen hergestellt hatte, wurde als einer der Hauptbelastungszeugen ab dem 68., sowie am 98. Verhandlungstag vernommen. Auch am ersten Tag seiner Vernehmung im Stammheimer Verfahren gab der Zeuge Müller an, Dierk Hoff nicht zu kennen (S. 10248 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 124. Verhandlungstag). Diese Angabe widerrief er zu Beginn des 126. Verhandlungstages (S. 10407 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[17] Am 24. Mai 1972 explodierten in Heidelberg auf dem Gelände des Hauptquartiers der 7. US-Armee und der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR) zwei zuvor dorthin verbrachte Kraftfahrzeuge. Hierbei kamen drei amerikanische Soldaten ums Leben, weitere Personen gerieten in Lebensgefahr oder wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 28 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 74. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[18] Am 12. Mai 1972 kam es zu zwei Sprengstoffanschlägen in München und Augsburg. In Augsburg detonierten drei Sprengkörper in der Polizeidirektion. Mehrere Personen wurden hierbei verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 6 ff.). In München explodierte auf dem Parkplatz des Bayrischen Landeskriminalamts eine mit Sprengstoff gefüllte Gasflasche. Auch hierbei wurden mehrere Personen verletzt, es entstand zudem ein erheblicher Sachschaden (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 9 ff.). Diese Vorgänge waren ab dem 85. Verhandlungstag (München) bzw. 87. Verhandlungstag (Augsburg) Gegenstand der Beweisaufnahme.

[19] Am 15.5.1972 fand in Karlsruhe ein Anschlag auf den damaligen Richter am Bundesgerichtshof Buddenberg statt, dessen Auto mit einer Sprengvorrichtung versehen wurde. Bei der Explosion wurde seine Frau schwer verletzt. Dieser Vorgang war am 96. und 97. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[20] Im zwölfstöckigen Verlagshaus Springer in Hamburg detonierten am 19. Mai 1972 zwei Sprengkörper; drei weitere Bomben, die nicht zündeten, wurden am Abend und am nächsten Tag gefunden. Mehrere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 – Az.: 2 StE 1/74, S. 18 ff.; Peters, RAF, 1991, S. 121). Der war ab dem 100. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[21] Der Zeuge Gerhard Müller stritt in seiner Aussage in diesem Verfahren zunächst ab, den Decknamen „Harry“ benutzt zu haben. Damit einher ging die Behauptung, er habe den Zeugen Dierk Hoff nie getroffen (S. 10399 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 125. Verhandlungstag); dieser hatte im Rahmen seiner Zeugenaussage allerdings ein Treffen mit einem „Harry“ geschildert, den er inzwischen als Müller identifizierte, s. S. 5948 des Protokolls der Hauptverhandlung, 68. Verhandlungstag). Auch diese Aussage widerrief Müller schließlich am 126. Verhandlungstag (S. 10407 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[22] Nach § 55 Abs. 1 StPO steht Zeug/innen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn sie sich selbst oder ihre Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) durch die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Zum damaligen Zeitpunkt sah die StPO aber im Rahmen einer polizeilichen Zeugenvernehmung schon gar keine Aussagepflicht vor. Diese bestand nur bei der Ladung und Befragung durch die Staatsanwaltschaft (§ 161a Abs. 1 Satz 1 StPO a.F.); bei einer Vernehmung durch die Polizei waren Zeug/innen weder zum Erscheinen noch zu einer Aussage verpflichtet (Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 163a Anm. 6). § 163 Abs. 3 StPO sieht heute eine solche Pflicht vor, wenn die Ladung von Ermittlungsbeamten der Staatsanwaltschaft und im Auftrag der Staatsanwaltschaft erfolgt.

[23] Anlage 2 zum Protokoll vom 30. November 1976: Aussagegenehmigung für KOM Mann.

[24] Über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet – soweit der/die Vorsitzende sie nicht bereits nach § 241 Abs. 2 StPO zurückweisen kann (insbesondere eigene Fragen sowie solche der beisitzenden Berufsrichter/innen) – gem. § 242 StPO das Gericht, das ist in diesem Fall der Senat in voller Besetzung (zur Anwendbarkeit des § 242 StPO auf Fragen von Berufsrichter/innen s. Schünemann, StV 1993, S. 607 ff.).

[25] Anders als ein Verzicht der fragenden Person, führt die vorschnelle Beantwortung nicht zur Überflüssigkeit der Entscheidung über die Zulässigkeit der Frage. Wird sie im Nachhinein für unzulässig befunden, so darf sie im Verfahren nicht verwertet werden, sie wird auch nicht Bestandteil der Aussage (Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 241 Rn. 21, 23; s. aber auch Gaede, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 241 Rn. 29, der eine Verwertbarkeit zumindest in den Fällen entlastender Angaben fordert).

[26] Ein Sperrvermerk kann nach § 96 StPO durch die oberste Dienstbehörde angebracht werden, wenn „das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde“ (§ 96 StPO a.F.; entspricht heute § 96 Satz 1 StPO). Eine entsprechende Sperrerklärung existierte (zunächst umfassend, inwzischen nur noch in geringem Umfang) für die Akte 3 ARP 74/75 I, die Aussagen des Zeugen Müller enthielt (s. bereits Fn. 15).

[27] Der Verteidigung ist auf Verlangen – ebenso wie der Staatsanwaltschaft – nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[28] Der Polizeibeamte Norbert Schmid wurde bei einem Festnahmeversuch des RAF-Mitglieds Margrit Schiller erschossen. Er war das erste Todesopfer der RAF. Der genaue Tatvorgang, insbesondere die Täterschaft, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Schiller selbst belastete Gerhard Müller schwer, der mit Urteil vom 16.3.1976 vom LG Hamburg zwar für andere Taten, darunter Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Beihilfe zum Mord, nicht aber für den Mord an Schmid verurteilt wurde (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29). Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass der Freispruch Müllers in Bezug auf den Mord an Norbert Schmid Teil einer unzulässigen Absprache mit den Strafverfolgungsbehörden gewesen sei (s. dazu etwa die Beweisanträge in den Anlagen 8 und 12 zum Protokoll vom 20.7.1976, S. 10649 f., 10659 des Protokolls der Hauptverhandlung, 128. Verhandlungstag).

[29] § 53 StPO enthält das Zeugnisverweigerungsrecht für Angehörige bestimmter Berufsgruppen zur Wahrung des Berufsgeheimnisses. Darunter fallen nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StPO auch bestimmte Personen aus dem Presse- und Rundfunkbereich.

[30] § 251 Abs. 3 StPO enthält eine Ausnahme von dem Verlesungsverbot bestimmter Schriftstücke aus § 250 Satz 2 StPO. In der damals gültigen Fassung lautete er: „Soll die Verlesung anderen Zwecken als unmittelbar der Urteilsfindung, insbesondere zur Vorbereitung der Entscheidung darüber dienen, ob die Ladung und Vernehmung einer Person erfolgen sollen, so dürfen Vernehmungsniederschriften, Urkunden und andere als Beweismittel dienende Schriftstücke auch sonst verlesen werden.“ Seit dem 1.1.2018 bezieht sich die Vorschrift auf „Protokolle und Urkunden“, womit jedoch keine inhaltliche Änderung bezweckt war; die sprachliche Neufassung sollte vielmehr auch elektronische Dokumente umfassen und Überflüssiges streichen (so die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 236/15, S. 59, 63).

[31] S. Fn. 2.

[32] Anlage 3 zum Protokoll vom 30.11.1976: Aussagegenehmigung für KOM Jonasson.

[33] S. Fn. 15.

[34] Vor dem Verwaltungsgericht Köln war noch ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz anhängig. Rechtsanwalt Dr. Heldmann hatte dort im Namen des Angeklagten Andreas Baader beantragt, die Bundesrepublik im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, die verbliebene Sperrerklärung hinsichtlich der Akte 3 ARP 74/75 I aufzuheben (vgl. die Ausführungen und den Aussetzungsantrag des Rechtsanwalts Schily auf S. 12937 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 167. Verhandlungstag).

[35] Anlage 4 zum Protokoll vom 30. November 1976: Erklärung der Angeklagten: Ablehnung der Vertretung durch die Rechtsanwälte Pfaff und Geulen.

[36] Urkunden wurden zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 Satz 1 StPO a.F.). Heute ist zu diesem Grundsatz eine weitere Möglichkeit des Urkundenbeweises hinzugetreten: Anstelle der Verlesung kann die Urkunde in einigen Fällen mittels Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt werden (§ 249 Abs. 2 StPO), was eine Ausnahme zum sonst im Strengbeweis geltenden Mündlichkeitsgrundsatz darstellt (Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, Einl. Rn. 185, 189).

[37] Die Verteidigung bestand aus zwei „Lagern“: Zum einen den Vertrauensverteidiger/innen, die von den Angeklagten ursprünglich frei gewählt (§§ 137, 138 StPO) und ihnen z.T. als Pflichtverteidiger/innen beigeordnet worden waren (§ 141 StPO); zum anderen den von den Angeklagten sog. Zwangsverteidigern, die ihnen durch das Gericht gegen ihren Willen zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet worden waren. Die Hauptverhandlung konnte daher trotz grundsätzlich notwendiger Verteidigung (§ 140 Abs. 1 Nr. 1, 2, 5 StPO) stets weitergeführt werden, auch wenn keine/r der Vertrauensverteidiger/innen anwesend war. Die Angeklagten weigerten sich allerdings, mit den von ihnen abgelehnten Verteidigern zu sprechen. Die Zweiteilung der Verteidigung wurde auch räumlich sichtbar: Während die Vertrauensverteidigung bei den Angeklagten Platz nehmen konnte, saßen die von den Angeklagten abgelehnten Verteidiger ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Saales, neben den Vertretern der Bundesanwaltschaft (s. auch die Skizze in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 185).

[38] Anlage 5 zum Protokoll vom 30. November 1976: Auszugsweise Ablichtung aus einen Originalexemplar der Zeitschrift „Stern“ Nr. 13 vom 20. März 1975.

[39] Anlage 6 zum Protokoll vom 30. November 1976: Ärztliches Attest für den Zeugen Habekost.

[40] Anlage 7 zum Protokoll vom 30. November 1976: Aktenvermerk über ein Telefonat mit Herrn Dr. Sell.

[41] Den Angeklagten waren neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei Verteidiger (gegen ihren Willen) durch das Gericht als Pflichtverteidiger zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet (Fn. 37). Zwischen der Vertrauensverteidigung und dem Senat bestand allerdings Uneinigkeit darüber, ob die Verteidigung durch sie auch ordnungsgemäß sei (s. dazu bereits die Diskussionen am 1. Verhandlungstag, S. 90 ff., sowie den Entpflichtungsantrag der Rechtsanwältin Becker in Anlage 1 zum Protokoll vom 10.06.1975, S. 184 ff., 3. Verhandlungstag). Die Angeklagten lehnten die von ihnen sog. Zwangsverteidiger vehement ab und weigerten sich, mit ihnen zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung). Auch in der Literatur war diese Vorgehensweise – die Beiordnung von Pflichtverteidiger/innen gegen den Willen der Angeklagten neben vorhandenen (Wahl-)Verteidiger/innen – lange umstritten (s. dazu Thomas/Kämpfer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 141 Rn. 6). Die Rechtsprechung ließ diese sog. Sicherungsverteidigung zu (BVerfG, Beschl. v. 28.3.1984 – Az.: 2 BvR 275/83, BVerfGE 66, S. 313, 321; BGH, Urt. v. 11.12.1952 – Az.: 3 StR 396/51, BGHSt 3, S. 395, 398; s. auch EGMR, Urt. v. 25.9.1992 – Az.: 62/1991/314/385, EuGRZ 1992, S. 542, 545 f.). Erst mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2128) wurde hierfür in § 144 StPO auch eine gesetzliche Regelung geschaffen.

[42] Der Schlosser Karl-Heinz Ruhland wurde im Dezember 1970 verhaftet. Erst wenige Monate zuvor hatte Ruhland wohl aus Geldsorgen begonnen, die RAF mit dem Frisieren gestohlener Autos zu unterstützen. Am 29. September 1970 beteiligte sich Ruhland an den Berliner Banküberfällen. Bis zu seiner Verhaftung kundschaftete er u.a. gemeinsam mit Meinhof und Jansen mögliche Einbruchsziele aus und beging Diebstähle. In mehreren Verfahren gegen RAF-Mitglieder fungierte Ruhland, der sich von der RAF losgesagt hatte, als umstrittener Belastungszeuge. Mit Urteil vom 15.3.1972 wurde er vom OLG Düsseldorf wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt; nach nur zweieinhalb Jahren wurde er vom damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann begnadigt. Im Laufe seiner verschiedenen Aussagen verstrickte er sich in zahlreiche Widersprüche (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 243 ff., 253 ff., 260, 271 ff.; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 243 ff.). Rechtsanwalt Heinrich Hannover bezeichnete ihn auch als „berühmtesten oder richtiger ruhmlosesten aller bisherigen Kronzeugen“ (Hannover, Terroristenprozesse, 1991, S. 140).

[43] S. bereits Fn. 2.

[44] Anlage 8 zum Protkoll vom 30. November 1976: Aussagegenehmigung für KHK Opitz.

[45] Anlage 9 zum Protokoll vom 30. November 1976: Aussetzungsantrag des Rechtsanwalts Geulen.

[46] Rechtsanwalt Kurt Groenewold war zu Beginn des Verfahrens als gemeinschaftlicher Verteidiger allen Angeklagten beigeordnet. Nach Inkrafttreten des Verbots der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) am 1.1.1975 war eine Neusortierung der Mandatsverhältnisse erforderlich geworden, infolge derer er dem Angeklagten Baader beigeordnet wurde. Mit Verfügung vom 3.2.1975 wurde allerdings seine Beiordnung aufgehoben, da „nicht ausschließen“ sei, daß er „von den Bestimmungen über den Ausschluß von Verteidigern im Strafverfahren betroffen werden“ könne (so der Vorsitzende Dr. Prinzing am 3. Verhandlungstag, S. 235 f.) Schließlich erging am 2.5.1975 auf Grundlage des ebenfalls neu eingeführten § 138a StPO die Entscheidung des Ausschlusses wegen des Verdachts der Tatbeteiligung (s. zur Chronologie der Bestellungen und Verfügungen die Ausführungen des Vorsitzenden Dr. Prinzing am 3. Verhandlungstag, S. 229 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung; s. auch die angehängte Chronik in Dreßen [Hrsg.], Politische Prozesse ohne Verteidigung?, 1976, S. 104 f.; zu den Hintergründen s. auch Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 156 ff., S. 537 ff.). Gegen ihn wurde schließlich auch ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet; am 10.7.1978 wurde er vom OLG Hamburg zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007. S. 522). In einem Ehrengerichtsverfahren wurde zudem ein fünfjähriges Teilberufsverbot nur für Strafsachen gegen ihn ausgesprochen (Interview mit Groenewold, in Diewald-Kerkmann/Holtey [Hrsg.], Zwischen den Fronten, 2013, S. 49, 70 f.). Diese Möglichkeit eines Teilberufsverbots für bis zu fünf Jahre war erst mit Gesetz vom 20.8.1976 (BGBl. I, S. 2181) in § 114 Abs. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) aufgenommen worden.

[47] Rechtsanwalt Groenewold wurde, wie auch den Rechtsanwälten Dr. Croissant und Ströbele, u.a. vorgeworfen, durch die Beteiligung am „INFO“ – einem Informations- und Kommunikationssystem, das einen Austausch von Rundbriefen, Zeitungsartikeln etc. unter den inhaftierten RAF-Mitgliedern ermöglichte – dazu beigetragen zu haben, dass die inhaftierten RAF-Mitglieder auch aus der Haft heraus ihre kriminelle Vereinigung hätten fortführen können (zum Vorwurf der Fortführung der kriminellen Vereinigung aus der Haft heraus s. S. 338 ff. der Anklage, Teil D, Abschnitt V). Dabei ging es nicht um das INFO an sich, sondern um die Weiterleitung ganz bestimmter Unterlagen. Auch Dr. Croissant und Ströbele wurden zu Freiheitsstrafen verurteilt; gegen Dr. Croissant wurde zudem ein zeitweiliges Berufsverbot verhängt Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 521 ff.; s. auch die Interviews mit Groenewold und Ströbele, in Diewald-Kerkmann/Holtey [Hrsg.], Zwischen den Fronten, 2013, S. 49, 58 f., 70 f. sowie S. 121, 132 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 52).

[48] Ehrengerichtsverfahren (heute: anwaltsgerichtliche Verfahren) können im Falle einer Verletzung berufsrechtlicher Pflichten von Anwält/innen durch die Staatsanwaltschaft vor speziellen Anwaltsgerichten, früher „Ehrengerichte“ eingeleitet werden (§ 121 BRAO). Diese können verschiedene Maßnahmen gegen den Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin verhängen; diese reichen – je nach Schwere des Verstoßes – von einer Warnung (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) bis zum Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO a.F.; heute: § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO). Gegen die Verteidiger/innen in den RAF-Prozessen wurden zahlreiche solcher Ehrengerichtsverfahren eingeleitet (s. dazu etwa das Interview mit von Plottnitz, in Diewald-Kerkmann/Holtey [Hrsg.], Zwischen den Fronten, 2013, S. 91, 95 f.; s. auch die Dokumentation von Ehrengerichtsverfahren von Spangenberg, Kritische Justiz 1976, S. 202).

[49] S. Fn. 16.

[50] § 129 Abs. 6 StGB a.F. (heute: Abs. 7) enthält eine Regelung zur sog. tätigen Reue. Danach kann das Gericht „die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 15 [Anm. d. Verf.: heute § 49 Abs. 2 StGB]) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter 1. sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder 2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können; erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft“.

[51] Das LG Hamburg verurteilte Gerhard Müller mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zum Mord, Beteiligung an Bombenanschlägen und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29).

[52] S. Fn. 28.

[53] Eine Verurteilung wegen Mordes hätte zwingend eine lebenslange Freiheitsstrafe zur Folge gehabt (§ 211 Abs. 1 StGB).

[54] Anlage 10 zum Protokoll vom 30.11.1976: Aussagegenehmigung für KOK Petersen.

[55] S. bereits Fn. 11.

[56] Am 11. Mai 1972 detonierten im sog. I.G.-Farben-Hochhaus, dem Hauptquartier des 5. US-Corps, in Frankfurt a.M. 3 Sprengkörper. Dabei wurde eine Person getötet und eine andere in nahe Lebensgefahr gebracht; weitere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977, 2 StE 1/74, S. 1 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 65. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[57] Gemeint ist hier das bei der Festnahme von Ulrike Meinhof gefundene und offenbar von Gudrun Ensslin stammende Schreiben, in welchem sich Schilderungen konkreter Geschehnisse im Zusammenhang mit Ensslins Verhaftung befanden (das Schreiben wird am 59. Verhandlungstag thematisiert, S. 5396 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung; Auszüge finden sich im Urteil auf S. 152). Da es nur wenige Tage nach der Verhaftung Ensslins außerhalb der Haftanstalt aufgefunden wurde, wurde schnell der Verdacht geäußert, Rechtsanwalt Schily habe diesen Kassiber im Rahmen eines Anwaltsbesuches illegal aus der Haftanstalt herausgeschmuggelt. Sichere Beweise hierfür gab es allerdings nicht (s. hierzu Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 65 ff.).

[58] Zur Korrektur der Aussage durch den Zeugen Müller s. S. 10406 f. des Protokolls der Hauptverhandlung (126. Verhandlungstag).

[59] § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO a.F. (heute: § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 6 StPO) ermöglicht die Wahrunterstellung für erhebliche Tatsachen, die zur Entlastung der Angeklagten bewiesen werden sollen.

[60] S. 10951 und 10955 des Protokolls der Hauptverhandlung (131. Verhandlungstag).

[61] Zweieinhalb Monate vor der Vernehmung des Zeugen Jünschke, am Morgen des 9. Mai 1976, wurde die frühere Mitangeklagte Ulrike Meinhof tot in ihrer Zelle aufgefunden. Die Umstände ihres Todes – offiziell Suizid durch Erhängen – wurden, nicht zuletzt durch die Vertrauensverteidigung, erheblich angezweifelt (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 268 ff.). Der Angeklagte Raspe erklärte am 109. Verhandlungstag: „Wir glauben, daß Ulrike hingerichtet worden ist; wir wissen nicht, wie, aber wir wissen, von wem“ (S. 9609 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[62] S. 10957 des Protokolls der Hauptverhandlung (131. Verhandlungstag).

[63] Nach § 250 Satz 2 StPO darf die Vernehmung einer Person über Tatsachen, die sie wahrgenommen hat, grundsätzlich nicht durch die Verlesung einer früheren Vernehmung oder einer schriftlichen Erklärung ersetzt werden Die §§ 251 ff. StPO enthalten aber enge Ausnahmen von diesem Grundsatz. So ist die Verlesung der Niederschrift über eine frühere richterliche Vernehmung etwa nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StPO a.F. (heute: § 251 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StPO) zulässig, wenn dem Erscheinen des/der Zeug/in für eine längere Zeit nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen, oder ihm/ihr das Erscheinen in der Hauptverhandlung wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung der Aussage nicht zugemutet werden kann.

[64] Zeug/innen sind grundsätzlich zur Aussage vor Gericht verpflichtet (seit 2009 explizit in § 48 Abs. 1 Satz 2 StPO geregelt; zuvor war dies bereits als allgemeine staatsbürgerliche Pflicht angesehen, s. BVerfG, Beschl. v. 10.10.1978 – 2 BvL 3/78, BVerfGE 49, S. 280, 284). Nach § 70 Abs. 1 StPO können Zeug/innen, die sich ohne gesetzlichen Grund weigern auszusagen, die hierdurch verursachten Kosten auferlegt werden, außerdem wird ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, gegen sie festgesetzt. Nach § 70 Abs. 2 StPO kann zur Erzwingung des Zeugnisses auch die Haft von bis zu 6 Monaten angeordnet werden.

[65] Der BGH führt in der genannten Entscheidung aus, es sei einem Tatgericht nicht zuzumuten „Beweise zu erheben, von deren völliger Nutzlosigkeit es überzeugt ist, weil sie nicht der Sachaufklärung dienen können, sondern zumindest objektiv auf eine bloße Prozessverschleppung hinauslaufen würden“. Das könne nicht nur der Fall sein, „wenn die persönliche Unzuverlässigekit der genannten Beweisperson so sehr zu Tage liegt, daß mit einer der Wahrheitsfindung dienenden Aussage nicht zu rechnen ist, sondern selbstverständlich auch dann, wenn es nach den Umständen auszuschließen ist, daß die in Anspruch genommene Beweisperson überhaupt in der Lage sein könnte, sich zu der vorgelegten Beweisfrage sachlich zu äußern“ (BGH, Urt. v. 14.6.1960 – Az.: 1 StR 73/60, BGHSt 14, S. 339, 342 f.).

[66] Ein gerichtliches Urteil erwächst in (formeller) Rechtskraft, wenn kein Rechtsmittel mehr dagegen erhoben werden kann, es also im selben Verfahren unanfechtbar geworden ist. Dies ist der Fall, wenn die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels abgelaufen ist, oder wenn alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind und eine letztinstanzliche Entscheidung ergangen ist. Mit der Rechtskraft entfaltet die Entscheidung auch ihre dauerhafte Wirkung, die nur in Ausnahmefällen wieder durchbrochen werden kann, etwa durch die begrenzten Wiederaufnahmemöglichkeiten in §§ 359 ff. StPO (Nestler, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 1. Aufl. 2019, § 449 Rn. 27).

[67] Vor der Vernehmung zur Sache ist dem/der Zeug/in der Gegenstand der Untersuchung und die Person des/der Beschuldigten zu bezeichnen (§ 69 Abs. 1 Satz 2 StPO).

[68] So die Zeugin Möller am 133. Verhandlungstag (S. 11096 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[69] Nach § 55 Abs. 1 StPO steht Zeug/innen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn sie sich selbst oder ihre Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) durch die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.


[a] Maschinell eingefügt: anzunehmen,

[b] Maschinell ersetzt: verliest durch gibt inhaltlich

[c] Handschriftlich ergänzt: Herrn

[d] Maschinell ersetzt: nun durch jetzt

[e] Maschinell ersetzt: und durch ich

[f] Handschriftlich ergänzt: Herrn

[g] Maschinell ersetzt: Nun durch So

[h] Maschinell ersetzt: Geu. Durch Pfaff

[i] Handschriftlich durchgestrichen: ist

[j] Maschinell eingefügt: Vorgänge

[k] Handschriftlich durchgestrichen: mal

[l] Maschinell durchgestrichen: auch nicht

[m] Maschinell durchgestrichen: vorgelegt wurden

[n] Maschinell eingefügt: wesentlichen

[o] Maschinell ersetzt: Gerd durch Gerhard

[p] Maschinell eingefügt: das

[q] Handschriftlich durchgestrichen: vielleicht

[r] Maschinell eingefügt: vielleicht

[s] Maschinell eingefügt: das

[t] Maschinell eingefügt: nur

[u] Maschinell eingefügt: Und

[v] Maschinell ersetzt: Gerd durch Gerhard

[w] Maschinell ersetzt: Gerd durch Gerhard

[x] Maschinell eingefügt: hier

[y] Maschinell ersetzt: darauf durch mehr

[z] Maschinell ergänzt: Funktionen

[aa] Maschinell eingefügt: die

[bb] Maschinell eingefügt: richtig

[cc] Maschinell eingefügt: 3 x

[dd] Maschinell eingefügt: Männer

[ee] Maschinell eingefügt: dem

[ff] Maschinell eingefügt: der

[gg] Maschinell eingefügt: ist

[hh] Handschriftlich durchgestrichen: ist

[ii] Maschinell ersetzt: Verzeihung durch Herr Zeuge

[jj] Maschinell eingefügt: ich bitte

[kk] Maschinell durchgestrichen: auf

[ll] Maschinell ersetzt: auch durch auf

[mm] Maschinell eingefügt: bei

[nn] Maschinell eingefügt: Und

[oo] Maschinell ersetzt: etwa durch bei

[pp] Maschinell durchgestrichen: Sie

[qq] Handschriftlich eingefügt: (zu RA Geulen)

[rr] Handschriftlich durchgestrichen: es

[ss] Maschinell eingefügt: es

[tt] Maschinell ersetzt: müsste durch möchte

[uu] Maschinell eingefügt: so

[vv] Maschinell ersetzt: Geu. durch Pf.

[ww] Maschinell ersetzt: Geu. durch Pf.

[xx] Maschinell ersetzt: ... durch Und dann kommt:

[yy] Maschinell eingefügt: ich

[zz] Maschinell eingefügt: und

[aaa] Maschinell eingefügt: es

[bbb] Maschinell ersetzt: etwa durch extra

[ccc] Maschinell durchgestrichen: Sie

[ddd] Maschinell ersetzt: sagen durch fragen

[eee] Maschinell ersetzt: und durch oder

[fff] Maschinell eingefügt: - Nach einer längeren Pause -

[ggg] Maschinell eingefügt: und

[hhh] Maschinell ersetzt: Anschein durch „anscheinend“

[iii] Handschriftlich durchgestrichen: das

[jjj] Handschriftlich durchgestrichen: nicht

[kkk] Maschinell eingefügt: nicht

[lll] Maschinell eingefügt: das

[mmm] Maschinell eingefügt: doch

[nnn] Maschinell eingefügt: ganz

[ooo] Handschriftlich ergänzt: diese

[ppp] Handschriftlich ergänzt: diese

[qqq] Maschinell ergänzt: Untersuchungshaftanstaltsbeamten

[rrr] Handschriftlich durchgestrichen: dann

[sss] Maschinell ersetzt: die durch Sie

[ttt] Maschinell eingefügt: Zimmer

[uuu] Maschinell eingefügt: in dem

[vvv] Maschinell ersetzt: mit durch zwischen

[www] Maschinell durchgestrichen: gut

[xxx] Maschinell eingefügt: es

[yyy] Maschinell durchgestrichen: oder nicht?

[zzz] Maschinell durchgestrichen: sind Sie dahingekommen

[aaaa] Maschinell eingefügt: noch

[bbbb] Maschinell durchgestrichen: solange

[cccc] Maschinell durchgestrichen: steht

[dddd] Maschinell eingefügt: eine

[eeee] Maschinell durchgestrichen: nicht

[ffff] Handschriftlich ersetzt: es durch das

[gggg] Handschriftlich durchgestrichen: noch

[hhhh] Maschinell eingefügt: V.: Wir müssen also dann uns darüber schlüssig werden, wie wir nun die Vernehmung des Herrn Zeugen ansehen, ob wir den Zeugen benötigen oder nicht.

[iiii] Handschriftlich durchgestrichen: sollten

[jjjj] Maschinell durchgestrichen: es

[kkkk] Maschinell eingefügt: oder 1 Woche

[llll] Maschinell eingefügt: es

[mmmm] Handschriftlich eingefügt: zu

[nnnn] Handschriftlich ergänzt: sollten

[oooo] Maschinell ersetzt: Art und durch unlauteren

[pppp] Maschinell eingefügt: ein

[qqqq] Maschinell eingefügt: war

[rrrr] Handschriftlich ergänzt: womit

[ssss] Handschriftlich ersetzt: dem durch das

[tttt] Maschinell ersetzt: Ich durch Es

[uuuu] Handschriftlich ersetzt: Lächigkeit durch Laschigkeit

[vvvv] Handschriftlich durchgestrichen: Beweisantragerhebungen

[wwww] Maschinell eingefügt: Herr Opitz

[xxxx] Maschinell eingefügt: - wie

[yyyy] Handschriftlich durchgestrichen: wieder

[zzzz] Maschinell ersetzt: der durch ja

[aaaaa] Maschinell ersetzt: zwingende durch zwingend der

[bbbbb] Maschinell eingefügt: Zeugen

[ccccc] Maschinell eingefügt: eine

[ddddd] Maschinell ersetzt: Sind durch Ist

[eeeee] Maschinell eingefügt: auch

[fffff] Maschinell eingefügt: Sie

[ggggg] Maschinell ersetzt: Das durch Herr

[hhhhh] Maschinell eingefügt: hat

[iiiii] Maschinell eingefügt: der

[jjjjj] Maschinell ersetzt: sicherlich durch sicher nicht

[kkkkk] Maschinell ersetzt: ... durch bestraft worden

[lllll] Maschinell eingefügt: dann

[mmmmm] Maschinell ersetzt: Ich durch Eine

[nnnnn] Maschinell eingefügt: auch

[ooooo] Maschinell eingefügt: ist

[ppppp] Maschinell eingefügt: KHK

[qqqqq] Maschinell eingefügt: mehr

[rrrrr] Maschinell eingefügt: sagen

[sssss] Maschinell eingefügt: hier

[ttttt] Handschriftlich eingefügt: an

[uuuuu] Handschriftlich ergänzt: K 421

[vvvvv] Maschinell eingefügt: ihm

[wwwww] Maschinell eingefügt: er

[xxxxx] Maschinell eingefügt: dürfe

[yyyyy] Maschinell eingefügt: ob

[zzzzz] Maschinell eingefügt: dann

[aaaaaa] Handschriftlich eingefügt: er

[bbbbbb] Handschriftlich ersetzt: befestigt durch verfestigt

[cccccc] Maschinell eingefügt: es

[dddddd] Handschriftlich eingefügt: er

[eeeeee] Handschriftlich eingefügt: ich

[ffffff] Handschriftlich eingefügt: den

[gggggg] Maschinell eingefügt: er

[hhhhhh] Maschinell durchgestrichen: Man

[iiiiii] Maschinell ersetzt: V.: durch Zg.Pet.:

[jjjjjj] Handschriftlich durchgestrichen: keinen

[kkkkkk] Maschinell ergänzt: Hintergrundwissen

[llllll] Maschinell ersetzt: Namen, die ich durch namentlich

[mmmmmm] Maschinell eingefügt: ein

[nnnnnn] Handschriftlich ersetzt: angegeben durch zugegeben

[oooooo] Handschriftlich durchgestrichen: und jetzt

[pppppp] Handschriftlich durchgestrichen: überhaupt

[qqqqqq] Handschriftlich eingefügt: - - -

[rrrrrr] Handschriftlich durchgestrichen: zu

[ssssss] Handschriftlich eingefügt: - - -