152. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 13. Oktober 1976 um 9.04 Uhr



[11800] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 13. Oktober 1976 um 9.04 Uhr

(152. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft - mit Ausnahme von OStA Holland - erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. O. Sekr. Janetzko

Just. Ass. Clemens

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind erschienen, Rechtsanwälte

Dr. Heldmann (mit seinem Gehilfen, Herrn Wackernagel), Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel und Grigat.

Als Zeuge ist anwesend:

Rolf Pohle

- vorgeführt aus der JVA Straubing -

mit Rechtsanwältin Gaugel, in Untervollmacht für Rechtsanwalt Wächtler als Rechtsbeistand.[2]

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort.

Herr Rechtsanwalt Eggler wird durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Augst vertreten. Er wird später kommen. Herr Rechtsanwalt Geulen verspätet sich um wenige Minuten.

Die Beweisaufnahme wird vom Vorsitzenden wieder eröffnet.[3]

Anwesend ist als Zeuge zunächst Herr Rolf Pohle und Frau Rechtsanwältin Gaugel als Beistand.

[11801] Der Zeuge Pohle wird gemäß § 57 StPO[4] belehrt.

Während der Belehrung des Vorsitzenden:

RA Dr. Augst, als Vertreter von RA Eggler, erscheint um 9.05 Uhr im Sitzungssaal.

Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden ist,[5] erklärt der Zeuge:

Zeuge Pohle:

Ja, ich möchte zunächst einmal sagen, daß ich hier bin, um der Verteidigung der Genossen Baader, Ensslin und Raspe ein paar Fragen zu beantworten; und daß ich denen nicht Rede und Antwort stehe, die für die Haftbedingungen der Genossen verantwortlich sind, die zumindest mitverantwortlich sind für den Tod von Holger Meins[6] und Ulrike Meinhof:[7] Das ist die Bundesanwaltschaft, das sind ...

Vors.:

Herr Pohle, bevor Sie jetzt weiter zu Aussagen kommen: Ich bedaure ...

Zeuge Pohle:

... das Mikrophon abzustellen.

Vors.:

Herr Pohle, lassen Sie mich bitte ...

Zeuge Pohle:

Ich habe 3 Sätze zu sagen. Die können Sie sich wohl noch anhören.

Vors.:

Gut, die 3 Sätze, hören wir uns an, der Einfachheit halber.

Zeuge Pohle:

Also das ist die Bundesanwaltschaft, die gesetzlichen und der ungesetzliche Richter[8] und die Pflichtverteidiger des Gerichts.[9] Ich stehe Ihnen nicht Rede und Antwort, weil Sie zu feige sind, den Prozeßgegenstand hier wenigstens zu benennen; den Prozeßgegenstand, der mit dem Prozeßbunker, dem sogenannten Mehrzweckgebäude hier,[10] für alle Welt sichtbar ist; nämlich die Angst der herrschenden ...

Vors.:

Jetzt sind es aber 3 Sätze. Herr Pohle, ich muß Sie nun jetzt zu Ihren Personalien zuerst hören. Sie kennen als ehemaliger Referendar ganz genau den Rechtsgang.

Zeuge Pohle:

... nämlich die Angst der herrschenden ...

Vors.:

Ein Zeuge ...

Zeuge Pohle:

... vor revolutionärer Gewalt.

[11802] Vors.:

Herr Pohle, ich muß Sie von vornherein darauf hinweisen: Wenn Sie hier eine Zeugenvernehmung - Sie sind von der Verteidigung beantragt und Sie werden vom Gericht als Zeuge deswegen gehört -, wenn Sie die in ihrem Ablauf stören würden dadurch, daß Sie sich nun nicht an den gesetzlichen Rahmen halten, der uns vorgeschrieben ist, das wissen Sie genau, dann würde Ihnen in dem Fall natürlich Ordnungsstrafe drohen. Sie kennen den Inhalt ...

Zeuge Pohle:

Der letzte Satz lautet: ...

Vors.:

Sie können den Satz nachher noch anbringen.

Ich möchte jetzt aber den Gang der Dinge wahren, wie er im Gesetz steht.

Auf die nochmalige Frage des Vorsitzenden, ob der Zeuge mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden ist, erhebt er keine Einwendungen.

Der Zeuge zur Person:

Rolf Pohle, geb. [Tag].[Monat].1942 in Berlin, z. Zt. in Strafhaft in der JVA Straubing, Beruf: Referendar,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, wegen Eidesdelikten nicht vorbestraft.

[Vors.:]

Herr Pohle, trotz Ihrer Ankündigung möchte ich Ihnen, muß ich Ihnen das Beweisthema benennen, das ja von der Verteidigung stammt.

Sie sollen angeben können, daß der Zeuge Gerhard Müller[11] in Gesprächen im Herbst 1971 in Ihrer Gegenwart die Erschießung des Polizeibeamten Schmid[12] in Hamburg eingeräumt habe; daß daraufhin Kritik geübt worden sei von den übrigen Gesprächsteilnehmern, daß aber Herr Müller diese Kritik nicht angenommen habe, sondern seinen Äußerungen zufolge sogar stolz habe erkennen lassen, daß er den Polizeibeamten erschossen habe. Außerdem wüßten Sie etwas über den Versteckort der von Herrn Müller seinerzeit benützten Waffe. Das sind die Beweisthemen; bitte, Sie können jetzt ohne weitere Fragen im Zusammenhang antworten.

Zeuge Pohle:

Ja, zunächst noch der letzte Satz, warum ich Ihnen nicht Rede und Antwort stehe, nämlich, weil Sie heimtückisch aus niedrigen Beweggründen und mit gemeingefährlichen Mitteln revolutionäre Gewalt in herrschende Gewalt, das heißt sinn- und ziellosen massenhaften Terror umzulügen versuchen.

[11803] Vors.:

Jetzt zur Sache bitte.

-Gelächter bei den Zuhörern-

Vors.:

Ich bitte im Saal um Ruhe.

Zeuge Pohle:

Das war die Sache.

Ich habe der Verteidigung nur kurz etwas zu sagen: Und zwar in den Tagen nach der Erschießung des Polizisten Norbert Schmid habe ich mit Leuten gesprochen, die anwesend gewesen sind, Augenzeugen gewesen sind dieses Vorfalles. Unter ihnen war auch Gerhard Müller. Und die Darstellung von ihnen, also auch von Gerhard Müller, war übereinstimmend, daß Gerhard Müller den Polizisten Norbert Schmid erschossen hat. Gerhard Müller selbst erzählte dies mit sichtlichem Stolz, der so weit ging, daß er Diskussionen darüber, ob das notwendig gewesen sei, ablehnte. Ja, das ist alles.

Vors.:

Und nun das Thema Tatwaffe, wissen Sie dazu etwas?

Zeuge Poh[le]:

Herr Müller hat erzählt, daß er die Waffe, wenn ich mich recht erinnere, das weiß ich nicht genau, soll es eine Smith & Wessen-Pistole gewesen sein, daß er diese Waffe versteckt hat und er wird ... und wo er sie versteckt hat; und er wird Ihnen sicher dann sagen, wo er sie versteckt hat.

Vors.:

Also Sie selbst wissen den Ort nicht oder kennen den Ort nicht?

Zeuge Poh[le]:

Ich weiß, wo der Ort ist, mache aber von meinem Aussageverweigerungsrecht diesbezüglich Gebrauch, da es in den letzten 6 Jahren üblich geworden ist, daß Waffen, die im Zusammenhang mit revolutionären Aktionen gefunden wurden oder gebraucht wurden mir zugerechnet wurden.

Der Zeuge Pohle wird nunmehr noch gem. § 55 StPO[13] belehrt.

Vors.:

Nur noch die Frage, wer war bei dem Gespräch anwesend, das Sie eben schildern, Herr Pohle?

Zeuge Poh[le]:

Ich beantworte nur Fragen der Verteidigung.

Vors.:

Herr Pohle das ist unvernünftig. Sie wissen ganz genau, daß das Gericht Sie vernehmen muß. Aber wenn Sie glauben, Sie haben das Beweisthema bis jetzt beantwortet, mir genügen Ihre Antworten.

Sie weitere Fragen seitens des Gerichts? Nicht.

[11804] Die Herren der Bundesanwaltschaft?

OStA Z[eis]:

Wir stellen unsere Fragen vorläufig zurück, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Danke.

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Pohle, haben Sie zu den bekannten Beweisthemen über das hinaus, was Sie eben gesagt haben, weiteres beizutragen, das heißt den Komplex nach dieser oder jener Seite hin[a] zu ergänzen?

Zeuge Poh[le]:

Bitte?

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie zu den Ihnen[b] bekannten Beweisthemen, hier für Sie, über das hinaus, was Sie eben gesagt haben, noch weiteres beizutragen?

Zeuge Poh[le]:

Nein.

RA Dr. He[ldmann]:

Oder ist[c] Ihre Aussage zu diesem Beweisthema damit erschöpft?

Zeuge Poh[le]:

Ja, ich glaube, das ist klar, was ich gesagt habe.

RA Dr. He[ldmann]:

Klar ist es.

Zeuge Poh[le]:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie wollen sonst noch weiter nichts sagen?

Zeuge Poh[le]:

Nein, in[d] dieser Situation hier nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Das kann ich verstehen. Vielen Dank.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Keine Fragen von uns.

Vors.:

Wird ein Antrag auf Vereidigung gestellt?

Anträge auf Vereidigung des Zeugen werden nicht gestellt.

Der Zeuge Pohle bleibt unbeeidigt gem. § 60 Ziff. 2 StPO[14] wegen des fortbestehenden Verdachts der Tatbeteiligung und wird im allseitigen Einvernehmen um 9.15 Uhr entlassen.

Beim Verlassen des Gerichtssaales ruft der Zeuge: „Schöne Grüsse an die Genossen“ mit erhobener geballter Faust in Richtung Zuschauerraum.

Die Rechtsanwältin Gaugel verlässt ebenfalls um 9.15 Uhr den Sitzungssaal.

[11805] Es ist so, daß wir an sich nicht mit einem so raschen Ablauf gerechnet hatten. Wir hatten insbesondere vermutet, daß die Verteidigung doch etwas mehr Fragen an den Herrn Zeugen hätte und haben deswegen die weiteren Zeugen, Herrn Opitz und Herrn Wolf, erst auf 10.30 Uhr geladen. Ich möchte aber die Pause benützen um mit Ihnen, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, und Herrn Rechtsanwalt Geulen, wenn er kommt, und vielleicht auch zusammen mit der Bundesanwaltschaft, die Frage zu besprechen, die sich ergibt aus der Aussagegenehmigung,[15] die inzwischen vom Bundesjustizministerium erteilt worden ist. Ich weiß nicht, ob Sie darüber bereits informiert sind?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich bin seit gestern und zwar per Telefon davon informiert. Herr Geulen wird in schätzungsweise 10 Minuten hier eintreffen. Ich nehme an, daß er, da das prozessual notwendig sein wird, einen neuen Antrag insoweit in der Tasche haben dürfte.

Vors.:

Auf das kam’s heraus, daß wir das erfahren, ob ein neuer Antrag gestellt werden soll. Dann würde ich Sie bitten, dann brauchen wir das Gespräch nicht gleich aufzunehmen. Wenn Herr Rechtsanwalt Geulen kommt, daß Sie dann vielleicht doch bei mir im Zimmer vorbeisehen.

RA Dr. He[ldmann]:

Das tu ich.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung dann um 10.30 Uhr fort.

Pause von 9.17 Uhr bis 10.33 Uhr

Ende Band 698

[11806] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.33 Uhr.

OStA Holland ist nunmehr auch anwesend.

Als Zeugen sind nunmehr anwesend:

KHK Hans Wolf und

KHK Lothar Opitz

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen.

Zunächst der Hinweis:

Es war ja von Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann auch die Vernehmung des Kollegen Dr. Stiefenhöfer aus Kaiserslautern beantragt - der Antrag ist zurückgenommen worden. Herr Dr. Heldmann, Sie bestätigen das.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja.

Vors.:

Dankeschön.

RA Geulen (als Vertreter von RA Schily)[e] erscheint um 10.34 Uhr im Sitzungssaal.

Die Zeugen Wolf und Opitz werden gem. § 57 StPO belehrt.

Die Zeugen Wolf und Opitz erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussagen auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge Opitz übergibt noch seine Aussagegenehmigung. Sie ist dem Protokoll als Anlage 1 beigefügt, (in Ablichtung)

Der Zeuge Opitz wird um 10.35 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge Wolf macht folgende Angaben zur Person:

Hans Wolf, Kriminalhauptkommissar, 53 Jahre,

Bonn-Bad Godesberg,

[Anschrift]

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Wolf, die Aussagegenehmigung ist, wie gesagt, eben gekommen.

Sie lautet wie folgt:

[11807] Ich gebe Ihnen nachher den Text runter, so daß Sie sich daran auch orientieren können, aber es sollen auch die übrigen Prozeßbeteiligten den Inhalt kennenlernen. Gleichzeitig bitte ich Sie darauf aufzumerken, weil das, was hier vorgelesen und angegeben ist, gleichzeitig das Beweisthema, die Beweisthemen umreißt.

Der Vorsitzende gibt nunmehr den Inhalt der Aussagegenehmigung bekannt.

Eine Fotokopie dieser Aussagegenehmigung wird als Anlage 2 zum Protokoll genommen.

Vors.:

Es ist natürlich für Sie eine vielleicht schwierige Abgrenzungsfrage im Einzelfall. Wir lassen Ihnen, wenn Sie sich im unklaren sind, ob das gedeckt ist durch Ihre Aussagegenehmigung oder nicht, natürlich die Gelegenheit, das selbst zu überprüfen. Notfalls stehen wir auch zu einem Gespräch hierüber zur Verfügung.

Dem Zeugen wird die Aussagegenehmigung übergeben.

Vors.:

Also, kommen wir nun zum ersten Thema. Die Verteidigung behauptet Sie wüßten, daß Vernehmungsbeamte versucht haben mit verschiedenen Mitteln, den jetzigen Zeugen Gerhard Müller von seiner Verhaftung an zu Aussagen gegen die RAF zu bewegen.

Zeuge Wolf:

Das stimmt.

Vors.:

Können Sie uns ganz kurz schildern, in welcher Art, diese Versuche ...

Zeuge Wo[lf]:

In der Art, daß dem damalig Beschuldigten Müller der § 129 Abs. 6[ StGB][16] eindeutig erstens einmal mündlich übermittelt und zweitens im Text vorgelesen worden ist, ihm die Möglichkeit sogar gegeben war, es selbst zu lesen; und nachdem er sich keine Entscheidung abringen konnte, ihm insoweit noch entgegengekommen worden ist um seine Entscheidung zu erleichtern, ein baldiger Besuch seiner Eltern veranlaßt worden ist.

Vors.:

Kann man davon ausgehen, daß Sie damit die Hoffnung verbunden haben, daß die Eltern ihm zureden würden?

Zeuge Wolf:

Ja, er hat also gesagt, ein Gespräch mit seinen Eltern könnte ihm die Entscheidung erleichtern.

Vors.:

Und das ist dann ermöglicht worden.

[11808][17] [11809-11810][18] [11811] Zeuge Wolf:

Das ist ermöglicht worden.

Vors.:

Nun, die Polizei hat ein Interesse natürlich, von jemanden Auskünfte zu bekommen, das ist völlig legitim; jetzt aber behauptet die Verteidigung, Sie könnten dazu sagen, daß Herrn Müller von Vernehmungsbeamten für den Fall von Aussagen in Aussicht gestellt worden sei, er würde finanziell gut wegkommen und daß, wenn er andererseits nicht aussagen wolle, man auch anders könne.

Zeuge Wolf:

Ja das sind also wieder zwei Punkte. Da darf ich also zu dem ersten folgendes sagen: Während des Besuchs der Eltern hat der Vater des Müller erklärt, daß seit seiner Festnahme ihm das Haus eingerannt werde von Journalisten. Daß unter anderem ein Journalist, ich glaube, er nannte damals „Spiegel“ oder „Stern“, angeboten habe, die Verteidigung von Müller zu organisieren, wenn Müller, wenn er das Recht bekäme von dem Sohn Müller, exklusiv über seine „Geschichte“ innerhalb der RAF zu berichten. Müller zeigte sich damals interessiert an dieser Angelegenheit. Und bei dem Gespräch, bei dem Besuch ist es auch soweit gekommen, daß Müller seinen Vater beauftragt hat, näheren Kontakt mit diesem Rechtsanwalt aufzunehmen. In etwas sarkastischer Form oder Art habe ich bei diesem Gespräch gesagt: „Naja, da können Sie ja auch noch Geld verdienen an Ihrem Werk, das Sie vollbracht haben.“ Es ist also in keiner Weise irgendwie Geldzuwendungen, - wo sollten sie auch herkommen - versprochen worden.

Vors.:

Sie haben ihm also, wenn ich es recht verstehe, die Möglichkeit angedeutet, daß er auf diese Weise Geld verdiene, ohne aber ...

Zeuge Wolf:

Nein, habe ich nicht angedeutet.

Vors.:

Nun, weil Sie das ergänzt haben und sagten, da können Sie ja durch Ihre Geschichte noch zu Geld kommen, einen Kommentar dazu gegeben, aber nicht in dem Sinne, daß das ein Anreiz für ihn werden sollte, Aussagen zu machen.

Zeuge Wolf:

Nein, ich sagte das noch in sarkastischer Form; ich konnte mir das auch nicht vorstellen, wie das möglich sein sollte. Denn wenn ein Zeuge tatsächlich den Rat seines Anwalts bekommt, Aussagen zu machen, wie soll das gleichzeitig in die[f] Presse kommen. Also das wäre ja sowieso eine sinnlose Sache gewesen.

Vors.:

Wenn also der Beweisantrag dahin geht, Sie sollen sagen können, daß Müller für den Fall von Aussagen finanziell gut wegkomme, dann müßten Sie darauf sagen, dazu, das kann ich nicht bestätigen. Ist [11812] das richtig?

Zeuge Wolf:

Da kann ich nicht bestätigen, also wenn das mir als Ermittlungsbeamter vorgeworfen wird, kann ich das nicht bestätigen.

Vors.:

Punkt 2: Man habe bedeutet, wenn er nicht aussage, könne man auch anders.

Zeuge Wolf:

Anders könne? Das sagt mir nichts, dieser Vorwurf.

Vors.:

Nun, ich meine, das scheint allgemein verständlich zu sein, wenn man zu jemand sagt: „Wenn Du nicht, das tust, was ich will, dann kann ich auch anders;“ das heißt, man spielt dann die vorhandenen Machtmittel aus, etwa durch strengere Behandlung oder sonst irgendetwas. Es muß als Drohung empfunden werden. Wissen Sie davon etwas?

Zeuge Wolf:

Ja, also der Behandlung sind ja Grenzen gesetzt, die in keiner Weise in irgendeiner Form als Bedrohung aufgefasst werden könnten, also ich, dieser Vorwurf sagt mir nichts; und ich kann dazu nichts sagen.

Vors.:

Sie können das nicht bestätigen?

Zeuge Wolf:

Nein.

Vors.:

Dann der 2. Punkt: Man habe Müller für den Fall, daß er bereit sei, Aussagen gegen die Angeklagten dieses Verfahrens zu machen, ein Angebot gemacht, nämlich Strafnachlaß oder gar Straferlaß, sowie wiederum finanziell lohnende Pressekontakte, und andererseits habe man gesagt: „Wenn du aber nicht aussagst oder wenn Sie nicht aussagen, dann droht lebenslange Freiheitsstrafe.“

Zeuge Wolf:

Ja also die ersten zwei Fragen scheinen mir ja schon durch meine Antwort zu Punkt 1 beantwortet zu sein. Zu der angeblichen Androhung einer lebenslangen Freiheitsstrafe kann ich also nur dazu sagen, daß zu dem Zeitpunkt, wo diese Dinge geschehen sein sollen, über den Umfang der Tat des damals Beschuldigten Müller nichts bekannt war. Es war lediglich bekannt, daß er gemeinsam mit Ulrike Meinhof festgenommen worden ist. Es waren bekannt die Dinge, die er bei sich führte, Waffen, Sprengstoff, Geld, größere Summen usw., Aufzeichnungen und Verschiedenes, die lediglich die Vermutung rechtfertigten, daß er Mitglied der RAF ist. Für die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sind Höchststrafen[19] festgesetzt. Also mir ist nicht in Erinnerung, daß in [§ ]129[ StGB] in irgendeiner Form etwas von lebenslanger Freiheitsstrafe genannt ist. Andererseits wäre es meines Erachtens legitim, einen [11813] Beschuldigten auf die Höchststrafe, die er zu erwarten hat aufgrund der bekannten Straftat, hinzuweisen. Da hier aber nicht, also keine Straftat bekannt war, ist also so eine Androhung in keiner Form geschehen.

Vors.:

Wollen wir die Frage gleich ausdehnen, ob sie an[g] späteren Vernehmungen beteiligt gewesen sind, wo solche Äußerungen, Drohungen, Andeutungen gefallen sein könnten?

Zeuge Wolf:

Nein.

Vors.:

Nun Sie sagten, das sei schon durch die erste Frage beantwortet. Ganz richtig ist das jedenfalls nicht im Punkte Strafnachlaß oder Straferlaß. Das ist also nun ganz speziell ein Vorteil, der angeboten worden sein soll für eine Aussage.

Zeuge Wolf:

Von mir nicht. Es ist lediglich darauf hingewiesen worden, was also der § 129/6[ StGB] vorsieht und ein Nachlaß oder Erlaß von Seiten der Ermittlungsbehörde ist ja dort keine Rede. Es sind natürlich im Zusammenhang Gespräche geführt worden. Es wurden also Beispiele angeführt. Es war damals kurz oder einige Zeit nach der Verurteilung von Ruhland.[20] Ich habe also meine Meinung dazu kundgetan. Ich habe gesagt: „Sie sehen das Beispiel Ruhland.“ Meines Erachtens hätte Ruhland, wenn er nicht ausgesagt hätte, bestimmt eine erheblich höhere Strafe bekommen und Müller wollte also wissen, in welcher Form sich das bemerkbar machen könnte. Da sage ich: „Ja da müssen Sie sich selbst ein Bild drauf machen. Wenn Sie Ruhland sehen, der viereinhalb Jahre Freiheitsstrafe bekommen hat aufgrund dessen, daß er aussagte, und Sie nehmen dann an, daß er entsprechend mehr bekommen hätte, da können Sie sich das ausrechnen.“ Also in keiner Weise sind irgendwie Zusicherungen gemacht worden, die uns ja überhaupt auch unmöglich gewesen wären.

Vors.:

Kann man diesen Themenkreis dahin zusammenfassen, daß Sie dem damals Beschuldigten angedeutet haben, daß Geständnisse sich im allgemeinen vor Gerichten strafmildernd auswirken?[21]

Zeuge Wolf:

Das sagt ja der [§ ]129-6[ StGB] deutlich aus.

Vors.:

Nun ja, ich meine, das ist, von der Polizei wird das häufig Leuten vorgehalten bei Vernehmungen, daß es nicht zu ihrem Nachteil gereicht im allgemeinen, wenn sie Angaben machen würden. Ich meine, ist das in dieser Form auch bei Müller geschehen?

Zeuge Wolf:

Ja ja, auf jeden Fall.

Vors.:

Nun sollen Sie sagen können, daß Sie im Zusammenhang mit Ihren Ermittlungen bemerkt haben, daß Müller versucht habe, andere [11814] Personen wahrheitswidrig zu belasten. So auch den Zeugen Dierk Hoff[22] und Sie sollen weiter sagen können, daß die daraufhin angestellten Nachforschungen die Unrichtigkeiten dieser belastenden Behauptung gegen andere Personen ergeben hätten.

Zeuge Wolf:

Im Rahmen meiner Ermittlungen sind mir keine Punkte bekannt geworden, die also jetzt in den nachfolgenden Beweisthemen hier positiv beantwortet werden könnten.

Vors.:

Was ist darunter zu verstehen: positiv beantwortet werden könnten?

Zeuge Wolf:

Ja in der Form, daß also die Unwahrheit gesagt worden wäre von ihm. Ich sage, im Zeitraum meiner Ermittlungen.

Vors.:

Haben Sie bei Ihren Ermittlungen den Eindruck gewonnen oder gar Anhaltspunkte dafür bekommen, daß Müller andere Leute zu Unrecht nicht nur belastet, sondern belasten will, und haben Sie bei Überprüfungen Unrichtigkeiten festgestellt hinsichtlich dieser Angaben?

Zeuge Wolf:[h]

In der Zeit meiner Ermittlungen hat Müller über andere Personen keine Aussagen gemacht.

Vors.:

Also Sie können dieses dritte Beweisthema nicht bestätigen.

Zeuge Wolf:

Die weiteren Beweisthemen, also dazu kann ich nichts sagen.

Vors.:

Wir wollen sie aber doch noch durchgehen. Sie sollen - das ist nun eine ganz allgemeine Behauptung, die auch in gar keiner Weise spezifiziert ist - Sie sollen einfach sagen können, daß Müller mehrfach Sachverhalte unrichtig geschildert habe und zwar in der Absicht, eigene Straftaten zu verschleiern und daß Sie diese Unrichtigkeiten, die hier behauptet werden, selbst festgestellt hätten im Zusammenhang mit Ermittlungen.

Zeuge Wolf:

Solche Dinge habe ich nicht festgestellt. Ich muß also nochmals wiederholen, ich habe keine spätere Vernehmung von Müller gelesen. Mir ist also nicht bekannt, ob Müller in irgend einer Form Aussagen gemacht hat, die sich als Unwahrheit bestätigt hätten.

Vors.:

Soweit Sie in Ihren, im Rahmen Ihres Ermittlungsauftrags beobachtet haben, wie sich andere Vernehmungsbeamte verhalten haben: Könnte es sein, daß von deren Seiten derartige Äußerungen, Andeutungen, Versprechungen gemacht worden sind oder daß die solche Unrichtigkeiten festgestellt haben?

Zeuge Wolf:

Zu dem ersten Teil der Frage muß ich sagen, ich glaube es nicht, denn es sind bei Müller sicherlich keine Vernehmungsbeamten dran [11815] gewesen, die also unerfahren gewesen wären und ein erfahrener Ermittlungsbeamter, für den möchte ich also sagen, halte ich es für ausgeschlossen, daß Versprechungen oder Drohungen in der Form, wie sie also hier in diesen Beweisthemen vorgebracht werden, gemacht worden sind.

Zu dem zweiten Punkt, ob[i] Unwahrheiten in seinen Aussagen festgestellt worden sind, kann ich nichts sagen ...

Vors.:

Durch Kollegen, die es Ihnen vielleicht dann mitgeteilt haben. Können Sie auch nicht sagen. Und jetzt der letzte Punkt: Ingeborg Barz.[23] Müller habe die Tötung dieser Ingeborg Barz durch Andreas Baader bekundet; die Nachforschungen hätten die Unrichtigkeit dieser Behauptung Müllers ergeben.

Zeuge Wolf:

Da muß ich auch sagen, daß ich aus eigener Tätigkeit dazu nichts sagen kann. Vom Hörensagen weiß ich nur, daß die Leiche Ingeborg Barz nicht gefunden worden ist.

Vors.:

Sie selbst waren mit diesem Themenkreis nicht befasst bei den Vernehmungen?

Zeuge Wolf:

Nein.

Vors.:

Sind weitere Fragen beim Gericht? Ich sehe nicht.

Die Herren der Bundesanwaltschaft? Keine Fragen. Die Herren Verteidiger, Herr Rechtsanwalt Geulen.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, habe ich eben richtig verstanden, daß Sie gesagt haben: In der Zeit meiner Ermittlungen hat Müller keine Aussagen oder Angaben über andere Personen gemacht? Im Zusammenhang mit dem Punkt 5 war das wohl, diese ...

Zeuge Wolf:

Richtig.

RA Geu[len]:

Ist Ihnen Herr Hoff bekannt, Herr Zeuge? Dierk Hoff?

Zeuge Wolf:

Ja, aus der Presse.

RA Geu[len]:

Sie haben keine Gespräche mit Herrn Hoff geführt?

Zeuge Wolf:

Nein.

RA Geu[len]:

Haben Sie eine ungefähre Vorstellung von der Zahl der Gespräche, die Sie mit Herrn Müller geführt haben? Wieviel Gespräche Sie mit Herrn Müller geführt haben, nur ungefähr.

So genau wie möglich natürlich.

Zeuge Wolf:

Acht bis zehn.

RA Geu[len]:

Acht bis zehn ungefähr?

Zeuge Wolf:

Fünf bis sechs, also ich kann’s Ihnen heute nicht mehr sagen.

RA Geu[len]:

Können Sie ungefähr angeben, wenn da nicht über andere Personen [11816] gesprochen worden ist, worüber davor nämlich gesprochen worden ist, außerdem was Sie anfangs schon gesagt haben, vor allem die Vermittlungen dieses Gesprächs mit den Eltern.

Zeuge Wolf:

Das darf ich Ihnen sagen. Nach dem Gespräch mit seinen Eltern war also Müller recht unentschieden, ob er nun Aussagen machen wolle oder nicht. Müller wartete daraufhin auf seinen Verteidiger, der ja in irgendeiner Form, der Besuch war ja also von ihm erwartet worden und zwar von seinem Wahlverteidiger.[24] Der kam aber längere Zeit nicht, hat also Müller in der Haftanstalt längere Zeit nicht aufgesucht. Es war meine Pflicht, weiterhin zu versuchen, solange also noch keine Festlegung von Müller erfolgt war, ob er Aussagen machen werde oder nicht, weiterhin zu versuchen, von ihm Aussagen zu erlangen. Müller hat dann Aussagen gemacht über die Gegenstände, Waffen und dergleichen, die bei ihm gefunden worden sind bei seiner Festnahme, hat eingewilligt, daß seine Kleidung kriminaltechnisch untersucht wird und hat erst nach dem Besuch seines Rechtsanwalts, ich schätze, daß der etwa 14 Tage nach seiner Festnahme lag, konstant von dort ab die Aussage verweigert und hat sich also in seinem Verhalten gegenüber mir radikal verändert in der Form, daß er also ablehnte, überhaupt ein Gespräch zu führen oder überhaupt noch ‚Guten Tag‘ zu sagen und sich geweigert, aus der Zelle zu gehen.

Reg. Dir. Widera verläßt um 10.55 Uhr den Sitzungssaal.

RA Geu[len]:

Das war der wesentliche Umfang dieser, etwa acht, glaube ich, sagten Sie, Gespräche, die Sie geführt haben.

Zeuge Wolf:

Ja, richtig.

RA Geu[len]:

Sie können also mit Sicherheit auch ausschließen, daß Sie mit Herrn Müller über Herrn Hoff gesprochen haben?

Zeuge Wolf:

Das kann ich mit Sicherheit ausschließen.

[j] RA Geu[len]:

Und zwar nicht nur über den Namen von Herrn Hoff sondern auch über die Person von Herrn Hoff, unabhängig von der Nennung des Namen?

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Geu[len]:

Haben Sie über diese Gespräche Vermerke angefertigt?

Zeuge Wolf:

Ja es sind hier Vernehmungen gemacht worden.

RA Geu[len]:

Von Ihnen?

Zeuge Wolf:

Bitte?

[11817] RA Geu[len]:

Sie haben Vernehmungen gemacht?

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Geu[len]:

Und darüber auch Protokolle erstellt?

Zeuge Wolf:

Ja, richtig.

RA Geu[len]:

Die auch unterschrieben worden sind?

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Geu[len]:

Von Ihnen und Herrn Müller?

Zeuge Wolf:

Ob von Müller unterschrieben worden ist, weiß ich heute nicht mehr. Ich glaube, er hat die Unterschrift verweigert. Ich kann es Ihnen aber nicht mit Sicherheit sagen.

RA Geu[len]:

Was ist aus diesen Protokollen geworden?

Zeuge Wolf:

Die sind zu den Akten gegangen.

RA Geu[len]:

Zu welchen Akten, Ihrer Behörde oder haben Sie die ...?

Zeuge Wolf:

Zu den Ermittlungsakten.

RA Geu[len]:

Also sind die aus Ihrer Behörde rausgekommen oder sind sie noch bei Ihrer Behörde oder sind sie zur Bundesanwaltschaft gekommen?

[Zeuge Wolf:]

Ja nun Herr Rechtsanwalt, Sie werden doch den Gang der Akten kennen selbstverständlich sind sie[k] zu der Bundesanwaltschaft gegangen.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge ... darauf kommt es nicht an, mich interessiert, wo diese Akten, die uns noch nicht vorliegen, wo diese Akten ...

Zeuge Wolf:

Bitte?

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, Sie müssen ja nur die Frage beantworten, wo Sie diese Akten hingeschickt haben.

Zeuge Wolf:

Ich habe die nicht persönlich weggeschickt, das kann ich Ihnen nicht sagen.

RA Geu[len]:

Sie nicht persönlich, aber Ihre Behörde natürlich, Herr Zeuge.

Zeuge Wolf:

Ja also die Behörde mit Sicherheit an die Bundesanwaltschaft.

RA Geu[len]:

Ja, das wollte ich wissen. Also es sind Protokolle angefertigt worden und diese sind von Ihrer Behörde an die Bundesanwaltschaft geschickt worden.

Zeuge Wolf:

Muß ich annehmen, weil das der übliche Gang ist.

RA Geu[len]:

Sie wissen’s nicht sicher, aber Sie nehmen’s an, ist richtig, weil es der übliche Gang ist.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen, vielleicht der Hinweis, natürlich die Polizei schickt die Akten der[l] Staatsanwaltschaft, hier Bundesanwaltschaft, und die Akten dürften zu dem Verfahren Müller gelangt [11818] sein, also dort wären sie zu suchen. Sie haben mit unserem Verfahren hier unmittelbar nichts zu tun.

RA Geu[len]:

Das ist eine sehr interessante Feststellung, Herr Vorsitzender, daß die Vernehmungsprotokolle des Zeugen Müller mit diesem Verfahren, also diese Vernehmungsprotokolle mit diesem Verfahren nichts zu tun haben. Aber ich möchte mit der Befragung des Zeugen fortfahren.

Haben Sie mit Herrn Müller einmal oder ist bei Ihren Gesprächen mit Herrn Müller einmal der Name „Harry“[25] gefallen oder mehrmals dieser Name.

Zeuge Wolf:

Ich habe Sie nicht [m] verstanden.

RA Geu[len]:

Der Name „Harry“.

Zeuge Wolf:

Nein.

RA Geu[len]:

Sie haben nicht mit Herrn Müller über diesen Namen gesprochen. Sie können das mit Sicherheit ausschließen, daß dieser Name gefallen ist?

Zeuge Wolf:

Nein, Sie können mit Sicherheit ausschließen, daß ich mit Herrn Müller über diesen Namen nicht gesprochen habe.

RA Geu[len]:

Das kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden?

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Geu[len]:

Haben Sie nach der Anfertigung dieser Protokolle oder vielleicht auch schon während dessen weitere Ermittlungen also insbesondere danach[n] weitere Ermittlungen angestellt über den Wahrheitsgehalt der Aussagen von Herrn Müller?

Zeuge Wolf:

Ich darf Ihnen sagen, daß Herr Müller lediglich einmal protokollierte Aussagen gemacht hat und da ging es also insbesondere um die Gegenstände, habe ich also vorhin schon erwähnt, die bei ihm sichergestellt worden sind anläßlich seiner Festnahme. Und da hat also der Herr Müller ein recht gutes Gedächtnis. Er wußte sogar die Anzahl der Patronen und wußte, welche eingekerbt waren und welche nicht eingekerbt waren und konnte also aus dem vermischten Material von beiden Festgenommenen damals sein[o] eigenes recht gut unterscheiden und raussuchen. Er hat sogar die Rückgabe verlangt dieser Dinge, seiner Pistole, der Munition, des Geldes undsoweiter.

RA Geu[len]:

Habe ich Sie richtig verstanden, daß die Ermittlungen, deretwegen Sie damals tätig waren, sich nur auf Vorwürfe nach § 129 bezogen, StGB, oder waren noch weitere Vorwürfe beziehungsweise ...

[11819] Zeuge Wolf:

Nur auf diese Vorwürfe, denn zu dem Zeitpunkt der Vernehmungen, als Müller noch nicht mit seinem Anwalt gesprochen hatte und noch halb aussagewillig und -fähig oder- willig war, sind nur über diese Dinge gesprochen worden. Weitere Ermittlungen sind zwar noch geführt worden, aber Müller hat dazu, hat sich also jeden Kontakt mit der Polizei verbeten, also er konnte also nicht mehr aufgesucht werden.

RA Geu[len]:

Sie haben also als Ermittlungsbeamter in einem Ermittlungsverfahren nach § 129[ StGB], das ja die Gründung oder Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung unter Strafe stellt, eine protokollierte Vernehmung eines Beschuldigten vorgenommen und dabei - ich referiere nur Ihre Aussage und möchte Ihnen das vorhalten - dabei nicht über andere Personen gesprochen, obwohl doch der Vorwurf der ist, der Mitgliedschaft oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.

Zeuge Wolf:

Es ist mit Sicherheit also über Ulrike Meinhof gesprochen worden, ob diese anderen Dinge der Ulrike Meinhof gehören würden.

RA Geu[len]:

Sie haben also mit Herrn Müller über Ulrike Meinhof gesprochen?

Zeuge Wolf:

Ja, also in der Form ...

RA Geu[len]:

Wie verträgt sich das denn mit Ihrer vorigen Aussage, Herr Zeuge?

Zeuge Wolf:

Bitte?

RA Geu[len]:

Wie verträgt sich das mit Ihrer vorherigen Aussage, daß sie mit Sicherheit ausschließen können, nicht über andere Personen gesprochen, über andere Personen gesprochen zu haben?

Zeuge Wolf:

Ich bin gerade dabei, Ihnen das zu erklären, Herr Rechtsanwalt. Wenn Sie mir also einen kleinen Moment zuhören würden. Bei der Sortierung der Dinge, also Müller hat zum Beispiel gesagt: „Das ist meine Pistole, das ist meine Munition, das sind meine Sachen“, wurde also gefragt, ob die anderen Dinge Ulrike Meinhof gehören würden und darauf hat Müller keine Antwort gegeben. Also es ist zwar der Name Ulrike Meinhof gefallen, aber über die Ulrike Meinhof konnte mit Müller nicht gesprochen werden.

RA Geu[len]:

Also Sie halten Ihre zunächst gegebene, auf die Frage des Vorsitzenden gegebene Behauptung, die Sie auch auf meine Nachfrage bestätigt haben, aufrecht, daß in der Zeit Ihrer Ermittlungen, also auch während dieser Protokollierungen, nicht mit Herrn Müller und Ihnen über andere Personen - als Herrn Müller selbst natürlich gesprochen wurde. Halten Sie das nun aufrecht oder nicht? Ich möchte Ihnen das vorhalten, weil es ja doch ein Widerspruch ist zu dieser Aussage jetzt.

[11820] Zeuge Wolf:

Das ist kein Widerspruch.

RA Geu[len]:

Ja vielleicht können Sie das erklären.

Zeuge Wolf:

Ja wenn Sie mich fragen, ob über Personen gesprochen worden ist, dann muß ich also das so verstehen, ob versucht worden ist, Aussagen von ihm zu bekommen über Personen, daß er also angedeutet hat Dinge über Personen. Wenn Sie mich aber fragen, ob ein[p] anderer Name genannt worden ist, da muß ich Ihnen sagen, daß ich ihm persönlich vorgehalten habe, diese Dinge seien wohl der Ulrike Meinhof, also habe ich einen Namen dabei genannt; und dieser Vorhalt von mir, daß die anderen Waffen, es ging also um so einen selbstgebauten Sprengkörper und dergleichen, das hat er nicht bestätigt. Also zwischen Namen nennen und über Personen sprechen dürfte ein kleiner Unterschied sein.

RA Geu[len]:

Ja gut. Ich habe es Ihnen halt hier nur vorgehalten und Sie behalten also, wenn ich das richtig verstehe, Ihre alte Aussage aufrecht, daß Sie mit Herrn Müller nicht über andere Personen gesprochen haben.

Zeuge Wolf:

Richtig. Nicht über andere Personen, keine Vernehmung mit ihm über andere Personen geführt habe.

Vors.:

Es ist jetzt genügend erläutert, in welchem Sinne der Herr Zeuge seine Antwort verstanden haben will. Mehr können Sie wohl vom Zeugen nicht erwarten, er hat es jetzt zwei oder drei mal bestätigt, wie er es meint. Sie können ihn also nicht festnageln auf eine Formulierung, die er jetzt in einem anderen Zusammenhang nochmals erläutert hat.

RA Geu[len]:

Ich will ihn auch nicht festnageln, ich halte ihm seine Widersprüche vor und jetzt auch seine Einschränkung, die Sie auch, Herr Vorsitzender, hätten bemerken können, denn er hat anfangs gesagt noch auf meine Frage: „Während der gesamten Gespräche mit Herrn Müller“ und jetzt hat er gesagt: „während der Protokollierung“ ... ich halte den vor, das will ich beanstanden.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es ist ja verdienstvoll, daß Sie das jetzt geklärt haben, daß die ursprüngliche Aussage etwas zu eng gefasst war, aber damit hat sich’s ja wohl. Jetzt können wir doch nicht zum vierten mal fragen, ob er seine alte Aussage aufrecht erhalte, wenn es bereits modifiziert ist.

RA Geu[len]:

Herr Vorsitzender, es ist nicht modifiziert, ich habe ihn [11821] eben wieder gefragt, ob er die alte Aussage aufrechterhält, und da hat er das bestätigt, also nicht modifiziert. Ich verstehe, daß Sie ein Interesse daran haben, das jetzt wieder zu glätten, aber das ist nicht möglich, die alte Aussage ist jetzt aufrechterhalten worden. Ich setze jetzt meine Fragen fort.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich habe nur Interesse, daß Sie nicht ständig Fragen wiederholen. Die Bemerkung, daß ich Aussagen glätten wollte, ist überflüssig. Sie ist auch nicht richtig.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, haben Sie mit Herrn Müller mal darüber gesprochen, zu welchem Zeitpunkt die von Ihnen angefertigten Protokolle über die Vernehmung von Herrn Müller verwertet werden soll, beziehungsweise was aus diesen Protokollen gemacht werden soll? Oder was damit geschehen soll.

Zeuge Wolf:

In keiner Form.

RA Geu[len]:

Er hat Sie auch nicht gefragt, hat sich nicht dafür interessiert?

Zeuge Wolf:

Auch nicht.

RA Geu[len]:

Sie haben also gar nicht darüber geredet, zu welchem Zeitpunkt diese Protokolle weitergegeben werden sollen, und eine weitere Frage, auch wie zum Beispiel das Ermittlungsverfahren jetzt weiterlaufen soll, da haben Sie auch mit Herrn Müller nicht drüber geredet.

Zeuge Wolf:

Den letzten Teil habe ich nicht gehört.

RA Geu[len]:

Haben Sie mit Herrn Müller über den weiteren Verlauf, im Zusammenhang mit der Protokollierung hätte das nahegelegen, über den weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens geredet?

Zeuge Wolf:

Ja also, Herr Rechtsanwalt, ich weiß nicht, was Sie sich vorstellen unter einer polizeilichen Vernehmung, also ich, Sie tun da, als wenn das irgendwie ein Pferdemarkt wäre. Ich habe Ihnen vorher klipp und deutlich gesagt, daß nach dieser Aussage über diese Dinge, die bei ihm gefunden worden sind, danach der Besuch seines Wahlverteidigers stattfand und daß von diesem Zeitpunkt an Müller keine Aussagen mehr machte und nicht mehr aus seiner Zelle ging und sich nicht mehr zur Vernehmung vorführen ließ. Ich kann also den Sinn Ihrer Fragen nicht verstehen.

RA Geu[len]:

Den brauchen Sie ja[q] nicht zu verstehen, Herr Zeuge, Sie müssen die Frage nur beantworten. Die Frage war sehr einfach.

-Gelächter im Sitzungssaal.-

[11822] Zeuge Wolf:

Ich kann sie nur beantworten, wenn ich sie verstehe.

Vors.:

Ich bitte jetzt im Saale wieder um Ruhe.

RA Geu[len]:

Es war eine faktische Frage, die sehr einfach war, nämlich ob der Zeuge, der hier anwesend ist, mit dem Zeugen Müller gesprochen hat, einmal während dieser Gespräche über die, über den weiteren Gang des Ermittlungsverfahrens.

Zeuge Wolf:

Ja nun also Herr Rechtsanwalt, ich muß nochmal sagen, ich verstehe den Sinn Ihrer Frage nicht. Was habe ich mit Herrn Müller über den Fortgang seines Verfahrens zu sprechen?

RA Geu[len]:

Ja das ist doch Ihr Problem, Herr Zeuge. Ich will doch von Ihnen nur wissen, ob Sie’s gemacht haben oder nicht.

Zeuge Wolf:

Ich habe Ihnen doch deutlich gesagt nein.

RA Geu[len]:

Also zuerst haben Sie den Sinn der Frage nicht verstanden und haben dann anscheinend vorher schon gesagt nein. Sie beantworten anscheinend die Frage, ohne den Sinn zu verstehen. Also die Antwort ist jetzt nein, Sie haben nicht mit Herrn Müller, habe ich das richtig verstanden?

Zeuge Wolf:

Das haben Sie richtig verstanden.

RA Geu[len]:

Sie sprachen eben über, darüber, daß Sie mit Herrn Müller mal über Herrn Ruhland gesprochen haben.

Zeuge Wolf:

Ja, das stimmt.

RA Geu[len]:

Kann es sein oder nicht nur kann es sein, sondern ist es richtig, daß Sie in diesem Zusammenhang gesagt haben „Herr Ruhland ist kein Denunziant, Verräter, sondern fast mein bester Kumpel“, ich zitiere das wörtlich „fast mein bester Kumpel. Ein Mensch, der geachtet ist und geehrt wird“. Kann es sein, daß Sie das so wörtlich oder sinngemäß zu Herrn Müller gesagt haben?

Zeuge Wolf:

Weder so wörtlich, noch so sinngemäß, wie Sie es vorgelesen haben.

RA Geu[len]:

Sie können das mit Sicherheit ausschließen?

Zeuge Wolf:

Nein, ich darf Ihnen das erklären. Müller sagte: „Wenn ich jetzt Aussagen machen würde, dann haltet ihr mich doch sowieso für einen Verräter. Und nach dem Motto ‚Ich liebe den Verrat, aber nicht den Verräter‘.“ Das waren also Gespräche, Herr Rechtsanwalt, dabei wurde also versucht, dem Müller deutlich zu machen, daß Ruhland in keiner Form bei seinen Vernehmungen als irgendwie ein Verräter betrachtet wurde oder ihm das zu erkennen gegeben worden [11823] sei. Wie Sie zu diesen Formulierungen jetzt kommen in der Form, wie Sie die vorgebracht haben, das ist mir allerdings unverständlich.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, hören Sie doch auf, Sie brauchen das doch nicht zu verstehen, Sie sollen die Frage beantworten, die Frage war einfach gestellt: Haben Sie Herrn Ruhland als „Kumpel“ bezeichnet oder nicht?

Zeuge Wolf:

Als Kumpel?

RA Geu[len]:

Ich hatte Sie das doch eben schon gefragt, Herr Zeuge. Ich kann es Ihnen auch gerne nochmal vorlesen.

Zeuge Wolf:

Herr Rechtsanwalt, also das tut mir leid, ich kann mich nicht als Kumpel von Ruhland fühlen und hab mich also nicht ...

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, das ist auch nicht die Frage, Sie sollen nur sagen, ob Sie sich gegenüber Herrn Müller als „Kumpel“ bezeichnet haben von dem Ruhland oder nicht.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen, vielleicht würden Sie dem Herrn Zeugen die Möglichkeit geben, seine Antwort zu vollenden. Er hat begonnen „Ich kann mich nicht als Kumpel von Herrn Ruhland fühlen“ und war dabei, noch weiteres hinzuzufügen, bitteschön.

Zeuge Wolf:

Ich kann mich nicht als Kumpel von Ruhland fühlen und würde mich dann auch in keiner Weise als Kumpel von Ruhland bezeichnen.

RA Geu[len]:

Haben Sie sich auch nicht als Kumpel von Ruhland bezeichnet, nicht würde, sondern haben Sie oder haben Sie nicht?

Zeuge Wolf:

Nein, habe ich nicht.

RA Geu[len]:

Sie können das mit Sicherheit ausschließen?

Zeuge Wolf:

Das muß ich ausschließen, weil das also gegen den Strich ginge.

RA Geu[len]:

Haben Sie mal zu Herrn Müller gesagt, er könne, wenn er auspackt, oder wenn er Aussagen macht, sinngemäß, wieder ein bürgerliches Leben anfangen nach einiger Zeit? Sinngemäß natürlich nur.

Zeuge Wolf:

Herr Rechtsanwalt, das weiß ich nicht, also das kann ich Ihnen also weder positiv noch negativ beantworten.

RA Geu[len]:

Haben Sie mal mit Herrn Müller in Ihren Gesprächen das Wort „deal“ gebraucht[r]?

Zeuge Wolf:

Bitte, das Wort?

RA Geu[len]:

Das Wort „deal“, das ist ein amerikanisches Wort, sinngemäß: Handel.

[11824] Zeuge Wolf:

Das ist ein Wort, das liegt nicht in meinem Sprachgebrauch, aber ich glaube, es liegt im Sprachgebrauch von Herrn Müller.

RA Geu[len]:

Kann es sein, daß Herr Müller in Gesprächen mit Ihnen mal dieses Wort gebraucht hat? Ich kann Ihnen vielleicht, weil Sie ja immer den Sinn von Fragen genau verstehen wollen, den Hintergrund kurz sagen: „deal“ ist hier in dem Sinne gemeint, daß ein Handel gemacht werden soll - das ist eine Unterstellung natürlich - zwischen den Vernehmungsbeamten, den Ermittlungsbeamten und Herrn Müller in diesem konkreten Fall des Inhalts, wie er sich aus den Beweisthemen ja ergibt. Das ist der Hintergrund dieser Frage. Kann es sein, daß Herr Müller in Gesprächen mit Ihnen dieses Wort mal gebraucht hat? Ich kann die Frage auch noch konkretisieren. Kann es sein, daß Herr Müller mal zu Ihnen sinngemäß gesagt hat: „Ich frage, ist das ein „Deal“, was Sie hier mit mir vorhaben?“ und daß Sie dann gesagt haben, ja. Natürlich nur sinngemäß, Herr Zeuge, auf das Wort „deal“ kommt es auch nicht an.

Zeuge Wolf:

Herr Rechtsanwalt, es kann also, in dieser Form ist die Frage also von Müller nicht gestellt worden. Denn Müller war absolut unentschieden zu dem damaligen Zeitpunkt seiner Vernehmung und hat sich absolut vorbehalten, erst mit seinem Rechtsanwalt zu sprechen. Ob er das Wort „deal“ gebraucht hat, ob das ein „deal“ wäre, was man mit ihm vorhat, und ob das mit ja oder ... es wäre ja mit Sicherheit mit ja beantwortet worden, wenn die Frage gestellt worden wäre, denn das im Endeffekt vulgär ausgedrückt ist ja nun der [§ ]129-6[ StGB] ein „deal“, wenn Sie das also so betrachtet sehen wollen, wäre ihm vielleicht die Frage mit ja beantwortet worden. Ich kann mich aber an eine solche Frage von Müller nicht erinnern.

RA Geu[len]:

Also wenn Herr Müller Ihnen diese Frage gestellt hätte damals, was Sie nicht mehr genau wissen und nicht verneinen und nicht bejahen können, dann hätten Sie diese Frage mit ja beantwortet, es wär ein „deal“ gewesen?

Zeuge Wolf:

Ich hätte sie ehrlicherweise mit ja beantworten müssen.

RA Geu[len]:

Und Sie können nicht ausschließen, daß Herr Müller das damals gesagt hat, Sie wissen es nicht mehr.

Zeuge Wolf:

Ich kann nicht ausschließen, daß er sie[s] gestellt hat, ich kann aber genau so wenig ausschließen, daß er sie nicht gestellt hat

RA Geu[len]:

Ein Letztes jetzt noch in diesem Zusammenhang. Haben Sie [11825] zu Herrn Müller gesagt, daß er 50 %, daß Sie ihm versichern können, daß er 50 % Strafnachlaß erhält, wenn er Aussagen macht?

Zeuge Wolf:

Nein.

RA Geu[len]:

Können Sie mit Sicherheit ausschließen?

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Geu[len]:

Sie können auch mit Sicherheit ausschließen, daß Sie sinngemäß gesagt haben, er könnte dann groß rauskommen, wenn er Aussagen macht. Es würde ihm Geld bezahlt und zwar von Ihrer Behörde, beziehungsweise durch Ihre Vermittlung.

Zeuge Wolf:

Das kann ich also mit Sicherheit ausschließen.

RA Geu[len]:

Gut danke, ich habe dann im Augenblick keine Fragen.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

RA Dr. He[ldmann]:

Ja.

Vors.:

Bitte, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich lasse aber dem Herrn Oberstaatsanwalt Zeis gerne den Vortritt, wenn er welche hat.

Vors.:

Jetzt hatten die Herren Verteidiger Gelegenheit, Entschuldigung, ich habe es nicht bemerkt, aber ich würde sagen, wir lassen jetzt die Verteidiger die Fragen stellen, Sie hatten vorhin keine ...

OStA Zeis:

Selbstverständlich, Herr Vorsitzender, mein Griff ging auch zunächst nur zum Mikrofon, weil ich annahm, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann hätte keine Frage mehr.

Vors.:

Herr Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Zeuge, welchen der Tatbestände des § 129-6[ StGB] haben Sie denn Herrn Müller, als Sie ihn seinerzeit befragt, vernommen haben, vorgehalten?

Zeuge Wolf:

Ja also nun, Müller wurde erst anfänglich, man geht ja nicht hin und fängt an, kommentarlos vorzulesen, wurde die Möglichkeit angedeutet, daß das Strafgesetzbuch die Möglichkeit einräumt, einem Beschuldigten, der einerseits schwerwiegende Folgen hilft abzuwenden,

OStA Holland verläßt um 11.13 Uhr den Sitzungssaal.

der Aussagen macht, die geeignet sind, eine kriminelle Vereinigung aufzuklären, daß das Gesetz vorsieht, einen Strafnachlaß beziehungsweise sogar die Einstellung des Verfahrens ermöglicht, also das Gesetz es ermöglicht. Und daß diese Dinge von Seiten der Staatsanwaltschaft beantragt werden können und daß ein Gericht [11826] über diese Dinge, über diese Sache zu entscheiden habe. Um dieses Gespräch zu untermauern, wurde das Strafgesetzbuch zur Hand genommen, wurde vorgelesen und wurde die Möglichkeit gegeben dem Beschuldigten Müller, den Text selbst zu lesen. Und ich bin davon überzeugt, daß Müller einen so hohen Intelligenzgrad besitzt, daß er in der Lage ist, was dort steht, auch zu verstehen. Und es dürfte also gar kein Zweifel herrschen, daß die Belehrung und der Hinweis darauf ganz eindeutig im Sinne des [§ ]129 Abs. 6[ StGB] erfolgt ist und keine Versprechungen gemacht worden sind, denn die lassen keinerlei Versprechungen zu.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe gar keinen Zweifel geäußert, sondern ich habe Sie gefragt, welchen der Tatbestände des § 129 Abs. 6[ StGB] haben Sie Herrn Müller vorgehalten mit dem Hinweis also auf eine strafrechtliche Privilegierung?

Zeuge Wolf:

Auf die strafrechtliche ...?

RA Dr. He[ldmann]:

Privilegierung.

Zeuge Wolf:

Die Tatsache ... Herr Rechtsanwalt, Müller war für uns ein absolut unbeschriebenes Blatt bei seiner Festnahme. Über Müller war lediglich bekannt durch seine Festnahme, daß er wohl dazu gehören muß, weil er bewaffnet war und sonstige Gegenstände mit sich führte und Sachen mit sich führte, die eindeutig auf die Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung schließen ließen. Und darüber hinaus war über Müller nichts bekannt.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich stelle die Frage jetzt zum dritten Mal, aber wenn Sie sie nicht beantworten können oder wollen, Herr Zeuge, sagen Sie das, dann sparen wir uns nämlich unsere Zeit.

Welchen der beiden Tatbestände haben Sie Müller vorgehalten?

Vors.:

Wollen Sie vielleicht die beiden Tatbestände zur Aufklärung des Herrn Zeugen vortragen.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich hatte die bisher, bislang den Eindruck, daß das nicht notwendig ist, weil der Herr Zeuge ja nun gerade den [§ ]129-6[ StGB] dem seinerzeit festgenommenen Müller vorgehalten und erläutert hat.

Vors.:

Vor vier Jahren, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, vor vier Jahren. Ich glaube nicht, daß man daraus schließen müßte, daß er nun heute noch den gesetzlichen[t] Wortlaut im Kopf hat, aber ich kann es jetzt ...

RA Dr. He[ldmann]:

Wollen wir schließen, daß dem Zeugen beruflich notwendige Kenntnisse innerhalb der letzten vier Jahre abhanden gekommen sind?

[11827] Vors.:

Also ich habe ihn nicht im Kopf. Ich weiß nicht, Herr Zeuge, haben Sie den Wortlaut des [§ ]129-6[u][ StGB] im Kopf?

Zeuge Wolf:

Wortwörtlich nicht.

Vors.:

Also dann will ich Ihnen das vorhalten und dann können Sie die Frage vielleicht beantworten.

OStA Holland erscheint wieder um 11.16 Uhr im Sitzungssaal.

Es heißt hier also im Absatz 6 des [§ ]129[ StGB]: Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1. sich freiwillig ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern oder

2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können. Erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

Also ein ziemlich langer Text, und jetzt bitte daran die Frage zu knüpfen.

Zeuge Wolf:

Ja, also der ist komplett ihm vorgehalten worden, nicht nur der eine oder der andere Punkt, sondern beide.

RA Dr. He[ldmann]:

Beide. Und in welcher Weise vorgehalten. Haben Sie ...

Zeuge Wolf:

Herr Rechtsanwalt, ich habe das gerade vorhin geschildert, daß einleitende Gespräche geführt worden sind, daß darüber vorgelesen worden ist, daß ihm die Möglichkeit gegeben worden ist, es selbst zu lesen und daß ich der Überzeugung bin, daß Müller das verstanden hat.

RA Dr. He[ldmann]:

Vielleicht ein kleiner Hinweis wieder aus dem Text. Da steht doch „das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen ...“ undsoweiter ...

Zeuge Wolf:

Auch das habe ich bereits beantwortet, indem, in der Form, daß ich gesagt habe, daß ein Polizeibeamter das nie selbst, sondern daß das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft, und ich habe sogar für andere Kollegen insoweit gesprochen, daß ich gesagt habe, ich halte es nicht für wahrscheinlich, daß andere Kollegen, die Müller zu einem späteren Zeitpunkt vernommen haben, diesen Fehler gemacht hätten.

Ende von Band 699.

[11828] RA Dr. He[ldmann]:

Sie erwähnten in diesem Zusammenhang die Staatsanwaltschaft.

Zeuge Wolf:

Ja, nun, also die Ermittlungsbehörde beantragt nie selbst, sondern geht immer über die Staatsanwaltschaft.

RA Dr. He[ldmann]:

Beantragt[v] die Ermittlungsbehörde etwas bei der Staatsanwaltschaft?

Zeuge Wolf:

Ja, sie macht[w] zumindest die Staatsanwaltschaft darauf aufmerksam, wenn in irgendeiner Form etwas vorfällt, was also wissenswert ist und was irgendwie einer[x] Entscheidung zugeführt werden muß.

RA Dr. He[ldmann]:

Wissen Sie noch, wie das bei dem Zeugen Ruhland war? Wie das da gegangen ist?

Zeuge Wolf:

Bitte?

RA Dr. He[ldmann]:

Wie das da gegangen ist?

Zeuge Wolf:

Ich war nicht zugegen; aber wenn Sie mich fragen, ob ich das weiß, ich weiß es also vom Hörensagen. Ich weiß, daß da ursprünglich ein Staatsanwalt bei der Vernehmung mit zugegen war, bei den Erstvernehmungen und daß das[y] in irgendeiner Form dann eingeleitet worden ist.

RA Dr. He[ldmann]:

In irgendeiner Form dann eingeleitet. Aber wie diese Form war, wissen Sie das auch noch?

Zeuge Wolf:

Nein, das weiß ich nicht; ich hatte[z] damit nichts zu tun.

RA Dr. He[ldmann]:

Als Herr Rechtsanwalt Geulen Sie zu Äußerungen von Ihnen über Herrn Ruhland befragt hat, da haben Sie gesagt: „Ihn als Kumpel zu bezeichnen, das ginge[aa] mir gegen den Strich“.

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Wielange haben Sie den Herrn Ruhland denn[bb] als Ermittlungsbeamter in Arbeit gehabt?

Zeuge Wolf:

Die ersten drei, vier Tage; und dann habe ich ihn abgegeben an einen anderen Kollegen.

Gelächter im Sitzungssaal.

Vors.:

Ich bitte aber jetzt im Saal um Ruhe. Ich verstehe auch nicht, warum es da etwas zu lachen gibt.

RA Dr. He[ldmann]:

Warum haben Sie dann den Herrn Ruhland abgegeben[cc]?

Zeuge Wolf:

Nachdem der Ruhland Aussagewilligkeit erkennen ließ, war es an und für sich leichter, wenn ein sachkundiger Beamter die weitere Vernehmung führt. Das waren also die Gründe.

[11829] RA Dr. He[ldmann]:

Und ihn einmal als Kumpel bezeichnet zu haben, warum ginge Ihnen das wider den Strich?

Zeuge Wolf:

Ich glaube, Herr Rechtsanwalt, Sie müssen mir es überlassen, wen ich als Kumpel bezeichne, und wen ich also als Kumpel anerkenne und nicht. Also überhaupt, ich kenne kein Kumpanentum.

RA Dr. He[ldmann]:

Sehr gerne überlasse ich Ihnen das.

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe mich aber dafür interessiert, warum hier? Warum hier, es ginge mir ...

Zeuge Wolf:

Ja, ich glaube, Ihre Frage habe ich vorhin beantwortet.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, sonst würde ich ja nicht nochmal fragen.

Zeuge Wolf:

Ich habe gesagt, es geht mir gegen den Strich, jemand als Kumpel zu bezeichnen oder sogar Ruhland als Kumpel oder Müller als Kumpel zu bezeichnen; deshalb würde ich es nie tun.

RA Dr. He[ldmann]:

Es geht Ihnen also grundsätzlich gegen den Strich, jemanden als Kumpel zu bezeichnen, ist es jetzt so? Der Begriff „Kumpel“ liegt Ihnen nicht oder?

Zeuge Wolf:

Nein, der liegt mir nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Ah ja.

Zeuge Wolf:

Ich bin also kein Bergmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein.

Wie ist eigentlich Ihre Dienststellung jetzt?

Zeuge Wolf:

Bitte?

RA Dr. He[ldmann]:

Wie ist eigentlich Ihre Dienstbezeichnung heute?

Zeuge Wol[f]:

Das habe ich auch angegeben, Kriminalhauptkommissar.

RA Dr. He[ldmann]:

Kriminalhauptkommissar. Wielange waren Sie denn Sachbearbeiter für den Herrn Müller?

Zeuge Wolf:

Das kann ich Ihnen aus der Erinnerung eindeutig nicht mehr sagen. Das können zwei bis drei Monate gewesen sein.

RA Dr. He[ldmann]:

Zwei bis drei Monate?

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie haben vorhin zu diesem Komplex, zum Komplex nämlich Ihrer Befragungen und Vernehmungen angegeben, eine andere Straftat als die des § 129[ StGB] waren Ihnen bei diesen Vernehmungen oder Befragungen nicht bekannt?

Zeuge Wolf:

Richtig.

RA Dr. He[ldmann]:

Richtig. Ist nicht in jenen zwei Monaten bereits die Frage aufgetaucht, ob Herr Müller bei seiner Festnahme evtl. [11830] einen Mord, den Versuch eines Mordes unternommen hätte?[26]

Zeuge Wolf:

Ich war bei seiner Festnahme nicht zugegen. Ich kann also die näheren Umstände der Festnahme nicht bekunden und kann mir also auch kein Urteil erlauben, ob dort ein Mordversuch, die Tatsache eines Mordversuches behauptet werden kann.

RA Dr. He[ldmann]:

Nicht dahin zielte meine Frage, was Sie selbst im Zeitpunkt der Festnahme oder im Verlauf der Festnahme gesehen haben könnten, wären Sie zugegen gewesen, sondern dorthin, was Ihr Wissen zur Zeit Ihrer Vernehmungen und Befragungen des Herrn Müller, also während jener zwei Monate gewesen ist.

Zeuge Wolf:

Sie müssen also unterscheiden zwischen meinem Wissen zum Zeitpunkt der Vernehmungen und zum Zeitpunkt des Endes meiner Ermittlungen. Und soweit ich Ihnen also bereits vorhin schon gesagt habe, zum Zeitpunkt dieser Vernehmungen war über die Tatsache, daß Müller Zugehöriger einer kriminellen Vereinigung sein müsse, keine weiteren Straftaten bekannt. Mir sind allerdings bei meinen späteren Ermittlungen Tatsachen bekannt geworden, die den Verdacht rechtfertigen, daß Müller an anderen schwerwiegenderen Straftaten beteiligt war.

RA Dr. He[ldmann]:

Und als Sie während etwa zweier Monaten, so sagten Sie, Herr Müller vernommen und befragt haben ...

Zeuge Wolf:

Nein, Sie verdrehen das schon wieder. Ich habe gesagt, daß ...

RA Dr. He[ldmann]:

Verzeihung, was habe ich verdreht?

Zeuge Wolf:

Ja, ich habe gerade deutlich gesagt, daß zum Zeitpunkt meiner Vernehmungen, und die waren am Anfang, die Anfangstage dieser zwei Monate; ich habe schon zweimal versucht klarzulegen, daß Müller etwa 14 Tage nach seiner Festnahme von seinem Rechtsanwalt besucht worden ist und von diesem Zeitpunkt an es abgelehnt hat,[dd] ein Gespräch zu führen.

RA Dr. He[ldmann]:

Während des Zeitraumes, in welchem Sie Herrn Müller vernommen haben oder mit ihm gesprochen haben, lagen Ihnen da nicht Protokolle über seine Festnahme vor?

Zeuge Wolf:

Die lagen mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor; die waren, so viel ich weiß, gefertigt. Und zur Vorführung beim Ermittlungsrichter sind die den Weg gelaufen über die Bundesanwaltschaft, und lagen zu dem Zeitpunkt der ersten Vernehmungen nicht vor.

RA Dr. He[ldmann]:

Und lagen Ihnen diese Protokolle oder solche Protokolle zum Abschluß Ihrer Ermittlungstätigkeit in Sachen Gerhard Müller [11831] vor?

Zeuge Wolf:

Das kann ich Ihnen nicht mit Sicherheit sagen, ob die zum Abschluß meiner Ermittlungen schon vorlagen. Sie meinen doch also jetzt die Protokolle über die Festnahme in Hannover?

RA Dr. He[ldmann]:

Ja.

Zeuge Wolf:

Ja. Kann ich Ihnen nicht mit Sicherheit sagen, ob die da schon vorlagen.

RA Dr. He[ldmann]:

Und war Ihnen zum Abschluß Ihrer Ermittlungstätigkeit in Sachen Gerhard Müller bekannt geworden, daß auch die Ermittlungen wegen eines Mordversuches in Betracht kam?

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Woher war Ihnen das bekannt geworden?

Zeuge Wolf:

Durch eine Gegenüberstellung.

RA Dr. He[ldmann]:

Mit wem?

Zeuge Wolf:

In Hamburg wurde der Polizeibeamte Schmid[27] erschossen. Und der zweite Polizeibeamte, der - ich kenne also den Namen heute nicht mehr - der mit Schmid in dieser Nacht auch angeschossen wurde, hat bei einer verdeckten Gegenüberstellung ausgesagt, daß Müller einer der Täter sei.

RA Dr. He[ldmann]:

Bitte, können Sie jetzt noch datieren; wann war der Zeitraum Ihrer Ermittlungstätigkeit in Sachen Gerhard Müller zu Ende?

Zeuge Wolf:

Ich sagte, also ich kann es Ihnen nicht mit Sicherheit sagen jetzt. Es dürften also zwei, drei Monate gewesen sein.

RA Dr. He[ldmann]:

Zwei drei Monate, von welchem Tag oder von welchem Zeitpunkt an gerechnet?

Zeuge Wolf:

Etwa drei Tage nach seiner Festnahme, drei oder vier Tage nach seiner Festnahme.

RA Dr. He[ldmann]:

Von wem haben Sie denn Ihre Weisungen erhalten für die Ermittlungstätigkeit in Sachen Gerhard Müller?

Zeuge Wolf:

Wie soll ich diese Frage verstehen?

RA Dr. He[ldmann]:

Bundesanwaltschaft direkt?

Zeuge Wolf:

Die Bundesanwaltschaft gibt keine Weisungen an einen einzelnen Beamten diese Ermittlungen zu führen, sondern das ergibt sich aus der Einteilung innerhalb der dienstlichen Möglichkeit.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie in dieser Ermittlungstätigkeit unmittelbar mit Herren der Bundesanwaltschaft zusammengearbeitet, ich frage, unmittelbar?

[11832] Zeuge Wolf:

Ja, also unmittelbar in der Form, daß die Bundesanwaltschaft immer frühzeitig die entsprechenden Unterlagen, es ging ihnen[ee] damals auch um Beschlagnahmen[ff] und alle mögliche Dinge, bekommen hat. Aber ich weiß nicht, ob Sie sich das nicht[gg] vorstellen können, wie ein Schriftwechsel oder Verbindungen zwischen Ermittlungsbehörde und der ausführenden Organisationen stattfinden soll.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich möchte meine Vorstellungen hier gänzlich außer acht lassen und nur Ihnen Fragen stellen und Ihr Wissen versuchen herauszubekommen.

Haben Sie bestimmte Weisungen hinsichtlich des Verlaufs Ihrer Ermittlungstätigkeit in Sachen Gerhard Müller empfangen, bestimmte Weisungen?

Zeuge Wolf:

Ja, was verstehen Sie unter bestimmten Weisungen?

RA Dr. He[ldmann]:

Weiche Welle, harte Welle.

Zeuge Wolf:

Ich weiß nicht, wo Sie diese Ausdrücke hernehmen. Vielleicht sehen Sie zuviele Krimis, ich kann es Ihnen nicht ...

RA Dr. He[ldmann]:

Können Sie sich was darunter vorstellen?

Zeuge Wolf:

Ich kann mir nichts darunter vorstellen. Ich kann darunter vorstellen, was Sie sich vorstellen, ja.

Gelächter im Sitzungssaal.

RA Dr. He[ldmann]:

Naja, dann reden wir ja vomselben.

Vors.:

Aber ich darf jetzt nochmals bitten, also eine Vernehmung braucht nicht auszuarten in ein allgemeines Vergnügen.

Es ist klar, was gemeint war, wie es der Herr Zeuge[hh] ausdrückte, Herr Rechtsanwalt, ich glaube, es ist beantwortet.

Zeuge Wolf:

Ja. Eine Weisung dieser Art gibt es bei uns nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie Weisungen bekommen, Herrn Müller mit dem strafrechtlichen Vorwurf zu konfrontieren, er habe bei seiner Festnahme den Versuch eines Mordes unternommen, dadurch, daß er etwa seine Pistole zu ziehen versucht hatte, um zu schießen?

Zeuge Wolf:

Ich weiß noch, daß Weisung gegeben worden ist, an die Beamte, die die Festnahme Müllers durchführten, einen Tatbefundsbericht zu erstellen, und daß die Aussagen - das ist alles in Hannover geschehen ohne mein Beisein oder ohne mein Beitun - und daß diese Dinge den Akten beigefügt werden. Was also in den ersten Tagen nach der Festnahme nicht vorlag.

RA Dr. He[ldmann]:

Und haben Sie das, was hier nach den Akten beizufügen war, auch selbst in Händen gehabt?

[11833] Zeuge Wolf:

Das kann ich heute, ich habe vorhin schon gesagt, ich kann es Ihnen nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob ich das selbst gelesen habe.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie wissen es nicht mehr. Aber haben Sie davon, nachdem Sie den Inhalt kannten, bei Ihren Ermittlungstätigkeiten in Sachen Müller, Gebrauch gemacht, Vernehmung, Gespräch?

Zeuge Wolf:

Es haben, als diese Dinge vorlagen - ich muß es nochmal erwähnen - keine Vernehmungen stattgefunden.

Vors.:

Also, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann - verzeihen Sie, Herr Zeuge - ich möchte jetzt auch, daß das nicht immer wieder ins Gespräch gebracht wird. Es ist ganz klar geworden, daß der Herr[ii] Zeuge sagt, in der Zeit, in der er Vernehmungen durchgeführt hat, hat er mit einem geringeren Kenntnisstand gearbeitet, und deswegen auch geringere Vorhalte gemacht, als sie ihm später möglich gewesen wären[jj] als[kk] er schon keine Vernehmungen mehr durchführte. Und auf das, was Sie jetzt wieder anspielen, bezieht sich das Wissen, das Sie ihm jetzt wieder abfragen, nämlich das mit diesen Unterlagen. Sie müssen sich also daran halten, daß der Herr[ll] Zeuge sagte, im Zeitpunkt der Vernehmungen habe ich nur gewusst vom strafrechtlichen Vorwurf des [§ ]129[ StGB]; später habe ich dazu erfahren, aber dann habe ich nicht mehr vernommen.

RA Dr. He[ldmann]:

Wenn der Zeuge das jetzt so in einem Satz gesagt hätte, wäre es ganz klar gewesen.

Vors.:

Das hat der Herr Zeuge viel kürzer vorhin und prägnanter gesagt ich habe es jetzt bloß so deutlich gemacht, weil es zum dritten Mal ins Gespräch kommt.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie haben auf die Frage des Herrn Vorsitzenden, ob Ihnen wahrheitswidrige Belastungen des Herrn Müller gegenüber Dierk Hoff bekanntgeworden seien, geantwortet: „Im Rahmen meiner Ermittlungen“ und bei Wiederholung: „Im Zeitpunkt meiner Ermittlungen, nicht“. Sind Ihnen wahrheitswidrige Belastungen des Dierk Hoff durch Gerhard Müller zu einem anderen Zeitpunkt der Ermittlungen bekanntgeworden?

Zeuge Wolf:

Mir sind nur, mir ist nur vom Hörensagen bekannt, daß Müller über Hoff Aussagen gemacht hat. Mir ist nicht bekannt, daß er wahrheitswidrige Aussagen gemacht habe; aber ich erkläre nochmals, vom Hörensagen.

[11834] RA Dr. He[ldmann]:

Vom Hörensagen.

Und Sie haben auf eine[mm] Frage des Herrn Vorsitzenden geantwortet, aus eigener Ermittlungstätigkeit sei Ihnen lediglich bekannt, daß die Leiche der angeblich toten Ingeborg Barz nicht gefunden worden [nn] sei.

Zeuge Wolf:

Ich habe nicht gesagt, daß durch eigene Ermittlungstätigkeit mir das bekannt sei.

RA Dr. He[ldmann]:

Aus eigener Tätigkeit habe ich Sie wiederholt ...

Zeuge Wolf:

Das ist nicht wahr.

Vors.:

Nein, das hat er nicht gesagt.

RA Dr. He[ldmann]:

Darf ich Sie dann bitten mein Gedächtnis aufzufrischen, wie haben Sie es denn gesagt?

Vors.:

Es ist auch eine Wiederholung. Der Herr Zeuge sagt, aus eigener Tätigkeit hat er darüber nichts erfahren; es sei ihm auch durch Hörensagen oder durch[oo] Presseberichte bekanntgeworden, daß die Leiche nicht gefunden worden sei.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen durch Hörensagen bekanntgeworden oder durch Presseberichte bekanntgeworden?

Zeuge Wolf:

Ich weiß, daß sie nicht gefunden worden ist.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, woher, möchte ich wissen.

Zeuge Wolf:

Bitte?

RA Dr. He[ldmann]:

Woher?

Zeuge Wolf:

Ja, aus Gesprächen mit Kollegen, die gesucht haben und aus der Presse.

RA Dr. He[ldmann]:

Aus Gesprächen mit Kollegen, die selbst gesucht haben?

Zeuge Wolf:

Ja. Ich weiß zwar nicht, wer selbst gesucht hat; ich weiß also nur, daß sie zurückgekommen sind und haben gesagt, dort haben wir sie nicht gefunden.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen aus solchen Gesprächen auch bekannt, daß der Verdacht, sie könnte tot sein, auf eine Aussage Müllers zurückzuführen war?

Zeuge Wolf[pp]:

Herr Rechtsanwalt, das kann ich Ihnen jetzt nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob ich das zu dem damaligen Zeitpunkt hörte oder gewußt habe.

RA Dr. He[ldmann]:

War Ihnen zum damaligen Zeitpunkt bekannt, daß der Tod, der angebliche Tod der[qq] Ingeborg Barz, der vermutete Tod der Ingeborg Barz auf Herrn Baader zurückzuführen gewesen sein soll?

Zeuge Wolf:

Auf[rr] Herrn Mahler?

RA Dr. He[ldmann]:

Baader.

Zeuge Wolf:

Auf[ss] Herrn Baader? Ja, das ist also mir bekannt.

[11835] RA Dr. He[ldmann]:

Und woher wußten Sie damals das?

Zeuge Wolf:

Herr Rechtsanwalt, ich bin Angehöriger einer Behörde. Und wenn also so schwerwiegende Dinge sind, daß also die Ingeborg Barz aus der eigenen Gruppe liquidiert worden sein soll, und[tt] daß danach gesucht wird, sind das Dinge, die man zwangsläufig mitbekommt. Da ich aber zu diesem Zeitpunkt mit dem ganzen Verfahren nichts mehr zu tun hatte, habe ich mich im Einzelnen darum nicht gekümmert, und habe auch da keine Nachfragen irgendwie gestellt. Es vermischt sich[uu] in mir ein Wissen vom Hörensagen und vom Lesen aus der Presse in diesen Bereichen; ich kann Ihnen dazu nichts sagen.

RA Dr. He[ldmann]:

Von wem kam das Hörensagen?

Zeuge Wolf:

Bitte?

RA Dr. He[ldmann]:

Von wem kam das Hörensagen?

Vors.:

Es ist eben vom Herrn Zeugen erläutert worden, durch wen er es gehört hat. Ich lasse die Wiederholung dieser Frage nicht mehr zu.

RA Dr. He[ldmann]:

Der Zeuge hat gesagt, daß die Leiche nicht gefunden worden ist, weiß ich[vv] aus Gesprächen mit Kollegen, die die Leiche gesucht haben. Der Herr Zeuge hat nicht meine jetzige Frage beantwortet, nämlich wer, wo er, wie vom Hörensagen weiß er, daß Baader getötet haben soll; das ist ein anderes Denken.

Vors.:

Der Zusatz mit Baader wird zugelassen, ja.

Zeuge Wolf:

Bitte?

Vors.:

Der Zusatz mit Baader wird zugelassen.

Zeuge Wolf:

Ich wußte damals, ich kann es Ihnen heute nicht sagen, ob ich damals erfahren habe, daß also der Baader Ingeborg Barz erschossen haben soll oder ob ich es später erst aus späteren Gesprächen erfahren habe. Das sind also Dinge, die habe ich also nicht selbst[ww] aus unmittelbarem Erleben in Erinnerung. Das kann ich Ihnen also nicht sagen.

RA Dr. He[ldmann]:

Aus Gesprächen, sagten Sie.

Zeuge Wolf:

Bitte?

RA Dr. He[ldmann]:

Aus Gesprächen ebenfalls wie vorhin, Gesprächen mit ...

Zeuge Wolf:

Ich habe sie nicht aus unmittelbarem Erleben in Erinnerung. Und deshalb fällt es mir also schwer, Ihnen darauf konkrete Antwort zu geben.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie wissen es also nicht genau?

Sie wissen es nicht genau?

Zeuge Wolf:

Ich weiß es nicht genau.

[11836] RA Dr. He[ldmann]:

Gut, danke.

Vors.:

Die nächste Wortmeldung war Herr Bundesanwalt Zeis oder jedenfalls die Bundesanwaltschaft, dann Herr Kollege Dr. Breucker, bitte.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Zeuge, ich habe eine Frage. Haben Sie in der gesamten Zeit Ihrer Tätigkeit in der Sache Müller jemals Weisungen oder dergleichen - von wem auch immer - erhalten, irgendetwas zu vertuschen oder zu unterdrücken?

Zeuge Wolf:

Ich habe weder Weisungen zu vertuschen noch zu unterdrücken bekommen, noch habe ich überhaupt je in meiner Tätigkeit direkte Weisungen erhalten, die sich darauf erstreckten, wie ich meine Ermittlungen zu führen habe.

BA Dr. Wu[nder]:

Dankeschön.

OStA Z[eis]:

Herr Wolf, eine Frage. Sie haben vorhin gesagt, die ersten 14 Tage sei Müller unentschlossen gewesen, nach diesem Anwaltsbesuch dann sehr entschlossen, sogar so entschlossen, daß er[xx] noch nichtmal mehr aus seiner Zelle herausgegangen ist und sich hat vorführen lassen. Ist Ihnen zufällig noch der Name des Herrn Rechtsanwalts bekannt, nachdem dieser Sinneswandel eingetreten ist?

Zeuge Wolf:

Wenn mich also meine Erinnerung nicht täuscht, war es Rechtsanwalt Stroebele. Aber ich möchte also diese Antwort nicht hier als absolut sicher gegeben angesehen haben. Also nachprüfbar wäre es mit Sicherheit in der Haftanstalt.

Vors.:

Die Frage ist damit beantwortet.

Sonst keine Fragen mehr?

Bitte, Herr Dr. Breucker.

Richter Dr. Br[eucker]:

Herr Wolf, ich knüpfe an Ihre Aussage an, Herr Müller habe Ihnen gegenüber Einzelheiten über die Gegenstände angegeben, die aus Anlaß[yy] seiner Verhaftung sichergestellt worden seien, und Sie sprachen[zz] da unter anderem auch von der Einkerbung bestimmter Geschosse, die in seiner Waffe geladen waren.

Zeuge Wolf:

Nein, da bin ich also sicherlich falsch verstanden worden. Es war also Munition dabei, die also normale Vollmantelgeschoss, heißt das glaube ich, nach einem[aaa] Fachausdruck, und Geschosse, die vorne kreuzförmig eingekerbt waren, also man bezeichnet diese Geschosse wohl als Dum-Dum-Geschosse. Also nicht Spuren, die irgend wie durch laden und wieder entladen an Hülse und Geschoss zurückbleiben.

[11837] Richter Dr. Br[eucker]:

Können Sie sich noch daran erinnern, ob Herr Müller Aussagen über den Typ der von ihm geführten Waffe gemacht hat?

Zeuge Wolf:

Aus der Erinnerung nicht mehr, das müsste ...

Richter Dr. Br[eucker]:

Könnte es eine P 38 von Walter gewesen sein?

Zeuge Wolf:

Ich kann mich erinnern, es waren insgesamt 3 Pistolen gefunden worden; eine P 38, eine Heckler & Koch und irgendwie noch eine, die nicht funktionierte, oder die Heckler & Koch war nicht funktionsfähig. Die P 38 ist die Pistole wohl gewesen, die Müller selbst führte; aber das wüsste mit Sicherheit, also geht mit Sicherheit aus den Ermittlungen bzw. den Protokollen aus seiner Festnahme in Hannover hervor. Ich kann es also nur aus der schwachen Erinnerung sagen.

Richter Dr. Br[eucker]:

Ist Ihnen noch etwas darüber bekannt, ob Herr Müller sich dazu geäußert hat, ob die Waffe in schußbereitem Zustand war?

Zeuge Wolf:

Ich glaube, das, also mir ist es nicht bekannt, nicht mehr bekannt. Dem Verlauf der Vernehmungen nach würde sich aber vermutlich Müller in dieser Form wahrscheinlich nicht festgelegt haben, bei meiner Vernehmung.

Richter Dr. Br[eucker]:

Danke.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen, bitte.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, die Gespräche mit Herrn Müller, durch wessen Initiative sind die zustandegekommen? Hat Herr Müller Sie gebeten zu kommen oder sind Sie zu Herrn Müller gegangen?

Zeuge Wolf:

Herr Müller wurde von mir vernommen, weil ich für die Vernehmung des Müllers eingeteilt war.

RA Geu[len]:

Also Sie haben ihn zu einer Vernehmung geladen in der Haftanstalt?

Zeuge Wolf:

Nein, er war ja festgenommen.

RA Geu[len]:

Ja, haben die in der Zelle stattgefunden oder in Ihrem Arbeitsraum oder in einem Raum des Gefängnisses?

Zeuge Wolf:

Im Dienstraum des Bundeskriminalamts.

RA Geu[len]:

Und Herr Müller hat vorher nicht darum gebeten, bei Ihnen empfangen zu werden?

Zeuge Wolf:

Ich habe also keinen Brief von Müller bekommen, in der er diese Bitte aussprach.

RA Geu[len]:

Und das war, das habe ich richtig verstanden, wenige Tage nach der Festnahme?

Zeuge Wolf:

Richtig.

[11838] RA Geu[len]:

Ja. Sie haben auch eben von Herrn Ruhland berichtet, daß Sie den auch Anfangs besucht haben; war das auch wenige Tage nach der Festnahme oder, es kommt jetzt nur ungefähr auf eine Angabe an, so genau wie möglich?

Zeuge Wolf:

Ja, also bei Ruhland lag zwischen Festnahme und Vernehmung mehrere Tage dazwischen. Es könnten also bei Ruhland etwa 10, zwischen 8 und 14 Tagen wohl gewesen sein.

RA Geu[len]:

Und Sie sagten dann, daß Sie die weiteren Ermittlungen in Sachen Ruhland abgegeben haben. Ich möchte gerne den Grund wissen. Ist es richtig, so verstehe ich auch Ihre Antwort, ich schließe daran eine weitere Frage an, ist es richtig, daß Sie sie abgegeben haben, weil eben ein anderer oder andere Beamte ihrer Behörde - Kollegen von Ihnen - dafür zuständig waren und[bbb] diese Ermittlungen, also Sachkenntnis oder Geschäftsverteilung, fortsetzten?

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, ...

Vors.:

Der Herr Zeuge hat die Frage bereits vorhin beantwortet.

RA Geu[len]:

Ja, er hat sie mit ja beantwortet und ich schließe ...

Vors.:

Nein, nicht mit ja.

RA Geu[len]:

Doch, er hat es gesagt, daß andere Vernehmungsbeamte zuständig waren, daß er dafür nicht zuständig war und deshalb abgegeben hat.

Zeuge Wolf:

Sachkundigere, habe ich gesagt.

Vors.:

Das hat er nicht gesagt. Er sagte, nachdem Ruhland Aussagebereitschaft gezeigt habe usw. und daran hat er dann seine Antwort noch angeknüpft.

RA Geu[len]:

Und hat es dann an sachkundigere Kollegen weitergegeben; und jetzt kommt meine Frage. Herr Zeuge, kann man aus diesem doch eigentümlichen Verfahren, daß Sie als nichtsachkundigerer, sondern weniger sachkundiger Vernehmungsbeamter Vernehmungen durchführen - im Fall Ruhland, anscheinend auch im Fall Müller - kann man daraus schließen, daß Sie im Bundeskriminalamt zuständig sind dafür, verdächtigte, von Ihnen verdächtige Mitglieder krimineller Vereinigungen, sagen wir mal, weichzumachen?

Zeuge Wolf:

Herr Rechtsanwalt, dazu darf ich Ihnen also; zu was ich berüchtigt oder berechtigt bin, kann ich Ihnen also keine Auskunft geben. Ich darf Ihnen aber nur eines sagen: Bei Beschuldigten, die Aussagen gemacht haben, sind denen Versprechungen gemacht worden von Beamten des Bundeskriminalamtes, von anderen, [11839] die keine gemacht haben, die sind bedroht worden. Diese Masche, die ist doch also langsam abgedroschen, die haben wir doch in Berlin und überall ...

Vors.:

Herr Zeuge, ich möchte jetzt ...

RA Geu[len]:

Sie sind doch hier nicht im Wahlkampf[ccc], Herr Zeuge, beantworten Sie doch die Fragen, bitte.

Vors.:

... es ist nicht ganz unverständlich; aber für Sie sollte es sich darauf beschränken, eine Antwort zu geben, ob Sie so als der große Weichmacher eingesetzt werden würden in der Dienststelle.

Zeuge Wolf:

Ja, also mein Name ist nicht Fewa, ich weiß das nicht.

RA Geu[len]:

Sie wissen nicht, ob Sie im Bundeskriminalamt zuständig sind, verdächtige Mitglieder krimineller Vereinigungen weichzumachen oder nicht, das wissen Sie nicht?

Zeuge Wolf:

Nein, weiß ich nicht.

RA Geu[len]:

Ich habe noch eine weitere Frage, Herr Zeuge, nämlich Sie sprachen eben von dem Besuch der Eltern von Herrn Müller bei Herrn Müller oder diesem Treffen, an dessen Vermittlung Sie, so habe ich die Beantwortung verstanden, Sie beteiligt waren. Meine Frage ist, haben Sie, sind Sie an die Eltern herangetreten von Herrn Müller, haben Sie angerufen oder in welcher Form, und haben die gebeten, Herrn Müller zu besuchen?

Zeuge Wolf:

Die Eltern von Herrn Müller haben kein Telefon; ich habe sie also nicht angerufen. Nachdem Herr Müller darum gebeten hat, einen Besuch seiner Eltern zu bewerkstelligen, ist die Genehmigung des Ermittlungsrichters eingeholt worden, also die Besuchserlaubnis eingeholt worden. Und ich habe über die örtliche Polizei, ich glaube bei Horb unten, da im[ddd] Württembergischen, den Eltern des Beschuldigten Müller bestellen lassen, daß eine Besuchserlaubnis vorliege, daß sie ihren Sohn besuchen könnten.

RA Geu[len]:

Haben Sie einen Brief geschrieben, ist das so zu verstehen oder was heißt das?

Zeuge Wolf:

Nein telefoniert.

RA Geu[len]:

Sie haben mit der Polizeidienststelle telefoniert in Horb oder in diesem Ort. Und diese sind dann, nach Ihrer Kenntnis natürlich nur, zu den Eltern Müller gegangen[eee] und haben ihnen das vorgetragen?

Zeuge Wolf:

Ja.

[11840] RA Geu[len]:

Und dann kam der Besuch zustande. Sind Sie selbst dabeigewesen, bei diesem Besuch?

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Geu[len]:

Waren noch andere Beamte dabei?

Zeuge Wolf:

Ja, war noch ein Beamter dabei.

RA Geu[len]:

Können Sie die Namen mal nennen bitte?

Zeuge Wolf:

Herr Geisler.

RA Geu[len]:

Herr Geisler, mit zwei s, ja?

Vors.:

Ist bereits als Zeuge hier vernommen, Herr Rechtsanwalt Geulen.

RA Geu[len]:

Ist mir sehr wohl bekannt.

Waren noch andere Beamte dabei?

Zeuge Wolf:

Nein, ich glaube nicht. Ich muß also dazu folgendes sagen, daß im Anfangsstadium von Vernehmungen und Ermittlungen es durchaus möglich ist, daß der eine oder andere einmal auf ein paar Minuten in den Vernehmungsraum kommt, um sich vielleicht mal kurz zu überzeugen, wie das läuft, was gesprochen wird; aber, wie gesagt, nur ganz kurz. Ich glaube aber nicht, daß beim Besuch der Eltern von Herrn Müller ein weiterer Beamter mit in diesem Zimmer war.

RA Geu[len]:

Ist Ihnen Herr Schneider bekannt?

Zeuge Wolf:

Ja.

RA Geu[len]:

War der vielleicht dabei, wenigstens zeitweise?

Zeuge Wolf:

Nein.

RA Geu[len]:

Das können Sie mit Sicherheit ausschließen, daß Herr Schneider ...?

Zeuge Wolf:

Kann ich mit Sicherheit ausschließen.

RA Geu[len]:

Er war mit Sicherheit zu keinem Zeitpunkt dabei, auch nicht in dieser Form, die Sie eben beschrieben?

Zeuge Wolf:

Richtig.

RA Geu[len]:

Ja, daß er mal zur Türe reinschaut, wie Sie ...?

Zeuge Wolf:

Nein.

RA Geu[len]:

Gut, ich habe dann keine Fragen mehr.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Sehe ich nicht.

Einwendungen gegen die Vereidigung? Keine

- Der Zeuge Wolf wird vorschriftsmäßig vereidigt -.

Herr Zeuge, es ist notwendig, aufgrund einer Angabe, die Sie gerade gemacht haben im Zusammenhang mit der Frage, welche weiteren Beamten dabeigewesen sind, daß wir eine Protokoll- [11841] stelle nachlesen. Es könnte sein, daß Ihnen doch noch einen Vorhalt gemacht werden müsste. Ich würde Sie bitten, hier im Saal zu bleiben. Wir machen eine Pause von 10 Minuten. Aber ich darf dann darauf hinweisen, den Herrn Zeugen Opitz werden wir erst um 14.00 Uhr vernehmen. Es sollte allerdings dann, Herr Rechtsanwalt Geulen, wenn ein Antrag gestellt werden soll im Hinblick auf die Aussagegenehmigung, die ja dem Büro Schily gestern zugegangen ist, das sollte heute Vormittag noch geschehen, damit wir uns in der Mittagspause schlüssig werden können. Das kann dann im Anschluß geschehen, wenn wir diese Pause hier hinter uns gebracht und die Sache aufgeklärt haben. Wir treffen uns um 12.00 Uhr dann.

RA Geu[len]:

Darf ich vielleicht kurz sagen, es ist beabsichtigt, eine größere Zahl von Anträgen zu stellen. Ich wollte es nur sagen im Hinblick auf die Terminierung zur Mittagspause, also es werden mehrere Anträge gestellt werden.

Vors.:

Ist darunter auch ein Antrag auf die Vernehmung des Generalbundesanwalts?

RA Geu[len]:

Das ist bisher nicht vorgesehen, Herr Vorsitzender;

aber darüber müsste noch geredet werden auch. Es ist ein Antrag auf Terminierung, aber nicht ein Beweisantrag, aber vielleicht können wir das dann zum gegebenen Zeitpunkt erörtern.

Vors.:

Das verstehe ich nicht ganz; ein Terminierungsantrag, das können wir ja außerhalb der Hauptverhandlung machen.

RA Geu[len]:

Das können wir gerne auch außerhalb machen.

Vors.:

Um 12.00 Uhr treffen wir uns wieder.

Pause von 11.50 Uhr bis 11.59 Uhr

Vors.:

Zunächst können wir jetzt den Herrn Zeugen endgültig entlassen. Die Protokollstelle hat nicht, wie wir überprüfen wollten, irgendeinen Widerspruch, der gleich hätte aufgeklärt werden können, ergeben, so daß wir Ihnen danken. Die Vernehmung ist damit abgeschlossen.

Der Zeuge Wolf wird im allseitigen Einvernehmen um 12.00 Uhr entlassen.

Ich habe gerade von Herrn Rechtsanwalt Geulen erfahren, daß die erteilte Aussagegenehmigung die Verteidigung zu der Ab- [11842] sicht geführt hat, Herrn Generalbundesanwalt Buback unmittelbar zu laden.[28] Ich habe gesagt, dem würden wir zuvorkommen dadurch, daß, nachdem die Beweisthemen sich über dem Rahmen des § 136a[ StPO][29] ja ausgedehnt haben, den Generalbundesanwalt von amtswegen laden. Es ist jetzt noch nicht genau zu sagen, wann der Termin liegt; wir müssen da natürlich versuchen, wie der Herr Zeuge uns zur Verfügung steht. Es wird versucht, ob es möglich ist den Herrn Zeugen morgen schon zu hören, im anderen Fall würden wir am kommenden Dienstag versuchen, mit der Vernehmung zu beginnen. Endgültig ist aber darüber noch nichts zu sagen; jedenfalls die Vorladung des Herrn Zeugen wird aufgrund dieser Mitteilung der Herrn Verteidiger von amtswegen angeordnet. Der Termin wird heute Nachmittag bekanntgegeben. Ich muß deswegen die Sitzung heute Mittag erst um 14.30 Uhr beginnen lassen, weil vorher eine Gesprächsmöglichkeit wohl nicht besteht mit dem Herrn Zeugen für mich.

Es ist aber angekündigt worden, daß noch weitere Beweisanträge gestellt würden.

Herr Rechtsanwalt Geulen, ich möchte Ihnen dazu das Wort geben.

RA Geu[len]:

Sollen sie jetzt gestellt werden, ja, vor der Vernehmung?

Vors.:

Ich würde bitten.

RA Geu[len]:

Es wird beantragt:

Rechtsanwalt Geulen verliest nunmehr den aus Anlage 3 des Sitzungsprotokolls ersichtliche Antrag, der anschließend übergeben wurde und dem Protokoll in Ablichtung beigefügt ist.

Es wird ferner beantragt:

Rechtsanwalt Geulen verliest nunmehr den aus Anlage 4 des Sitzungsprotokolls ersichtliche Antrag, der anschließend übergeben wurde und dem Protokoll in Ablichtung beigefügt ist.

Es wird ferner beantragt:

Rechtsanwalt Geulen verliest nunmehr des aus Anlage 5 des Sitzungsprotokolls ersichtlichen Antrag, der anschließend übergeben wurde und dem Protokoll in Ablichtung beigefügt ist.

[11843] Es wird ferner beantragt:

Rechtsanwalt Geulen verliest nunmehr den aus Anlage 6 des Sitzungsprotokolls ersichtliche Antrag, der anschließend übergeben wurde und dem Protokoll in Ablichtung beigefügt ist.

Das sind die Beweisanträge, und ich habe noch weitere Anträge zu stellen, was ich auch jetzt machen kann. Ich würde dann aber bitten, das Tonband mitlaufen zu lassen, weil ich die nicht schriftlich habe.

Es wird ferner beantragt:

alle Protokolle über weitere Vernehmungen des Zeugen Müller, insbesondere die Vernehmungen vom 13.9.1976, 14.9.1976, 15., 16., 17., 20., und 21.9.1976 herbeizuziehen und der Verteidigung zugänglich zu machen.

Vors.:

Wo sind diese Protokolle angefallen?

RA Geu[len]:

Diese Protokolle sind in dem Kaiserslauterner Strafverfahren[30] unter dem Aktenzeichen Ks 2/75 bei der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern.

Vors.:

Sie wollen das Hauptverhandlungsprotokoll haben für diese Tage. Verstehe ich das recht?

RA Geu[len]:

Das wird jetzt noch weiter beantragt. Hier das sind Vernehmungsprotokolle, polizeiliche Vernehmungsprotokolle des Zeugen Müller.

Es wird weiter beantragt, ...

Ich möchte erst[fff] zur Begründung dieses Antrages folgendes angeben:

Diese Vernehmungsprotokolle beinhalten im großem Umfang Ausführungen und Behauptungen des Zeugen Müller über die hier Angeklagten, sowie über die hier angeklagten Straftaten. Diese Vernehmungsprotokolle sind, wie sich aus den Vernehmungsdaten ergibt, erst im September, in der zweiten Hälfte September angefertigt worden, und die sind selbstverständlich Gegenstand des Akteneinsichtsrechts der Verteidigung; und das Gericht ist verpflichtet, sie herbeizuziehen.

[11844-11845][31] [11846][32] [11847][33] [11848][34] [11849] Es wird zweitens beantragt - angesichts des zu erwartenden Umfanges dieser Protokolle -

die Hauptverhandlung ab Vorliegen dieser Protokolle, vom Vorliegen dieser Protokolle an für mindestens 14 Tage zu unterbrechen.

Zur Begründung wird angegeben[ggg], daß zu erwarten ist, daß diese Protokolle in so großem Umfang tatsächliche Behauptungen des Zeugen Müller über die hier Angeklagten und die hier angeklagten Straftaten enthalten[hhh], daß es erforderlich ist, diese Protokolle zunächst zur Kenntnis zu nehmen und zwar für alle Prozeßbeteiligten, soweit diese nicht schon - insbesondere gilt das[iii] für die Bundesanwaltschaft - im Besitz dieser Protokolle sind[jjj].

Es wird ferner beantragt,

die Akte 3 ARP 74/75 I[35] herbeizuziehen und der Verteidigung zugänglich zu machen.

Zur Begründung dafür - dieser Antrag ist schon einmal gestellt worden und ist schon einmal vom Gericht abgelehnt worden, also verbraucht und wird jetzt nochmal gestellt - zur Begründung beziehe ich mich auf den dem Gericht vorliegenden, wenn ich das richtig verstanden habe, auf die Aussagegenehmigung, die Herrn Buback erteilt worden ist und zwar mit Datum von gestern, hier heißt es unter Ziffer 3, als Gegenstand der Aussagegenehmigung, - es[kkk] ist ein Schreiben des Bundesjustizministers an Herrn Buback: „Soweit Sie als Zeuge bekunden sollen, daß die Akten der Bundesanwaltschaft - 3 ARP 74/75 I - das sind die Akten, deren Herbeiziehung beantragt wird - Niederschriften und oder Vermerke über die Aussagen des Zeugen Müller enthalten, die von den[lll] in der Zeit vom 31.3. bis 26.5.1976 von dem Bundeskriminalamt protokollierten Aussagen des Zeugen Müller in erheblichem Umfang abweichen, insbesondere auch hinsichtlich der Sprengstoffanschläge in Frankfurt/M., Heidelberg, München, Augsburg, Karlsruhe und Hamburg“; insofern wird Aussagegenehmigung erteilt, nach diesem Schreiben, so daß auch diese Akten dem Gericht und dann auch der Verteidigung zugänglich gemacht werden müssen.

Jetzt wird Herr Heldmann einen Antrag stellen und dann ich noch einen weiteren.

[11850] Vors.:

Warum können Sie nicht im Zusammenhang Ihre ...?

RA Geu[len]:

Das ist jetzt ein Sachzusammenhang, der Antrag von Herrn Heldmann.

Vors.:

Bitte, Herr Dr. Heldmann.

Ende Band 700

[11851] RA Dr. H[eldmann]:

Ich schließe mich den Beweisanträgen, die Herr Kollege Geulen verlesen hat, an. Ergänze den Beweisantrag, die von der Staatsanwaltschaft in Kaiserslautern unter dem dortigen Aktenzeichen Ks 2/75 dem Schwurgericht Kaiserslautern vorgelegten Vernehmungsprotokolle des Zeugen Müller beizuziehen und der Verteidigung zur Einsicht zu geben, hinsichtlich des Beweisthemas. Aus jenen Akten wird sich ergeben, daß Müller im September 1976 Aussagen zu Protokoll gegeben hat, die mit Aussagen, welche[mmm] er [nnn] in diesem Verfahren gemacht hat, unvereinbar sind.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen?

RA Geu[len]:

Es wird ferner beantragt: In dem Strafverfahren in Kaiserslautern, Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft Ks 2/75, die Protokolle über die mündliche Verhandlung der Vernehmung des Zeugen Müller aus den vergangenen beiden Wochen, also der Woche die auf den 4. und der Woche die auf den 11. Oktober 1976 folgt, beizuziehen und der Verteidigung zugänglich zu machen.

Die Begründung ergibt sich aus den gleichen Überlegungen, die auch den Antrag begründen, die Protokolle über die weitere Vernehmung des Zeugen Müller herbeizuziehen. Der Zeuge Müller hat in dieser Hauptverhandlung im großem Umfang Aussagen gemacht, die sich auf die hier Angeklagten und auf[ooo] die hier angeklagten Straftaten beziehen.

Und es wird schließlich beantragt: ...

Vors.:

Bitteschön, Herr Rechtsanwalt ...

RA Dr. H[eldmann]:

Ich schließe mich auch diesem Antrag an und ergänze hinsichtlich des Beweisthemas: Aus den beizuziehenden Protokollen wird sich ergeben, daß Müller in der Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht Kaiserslautern Angaben als Zeuge gemacht hat, welche mit denjenigen Aussagen, die er als Zeuge in diesem Verfahren gemacht hat, nicht vereinbar sind.

RA Geu[len]:

Es wird schließlich beantragt:

Die stenografischen Mitschriften der Protokollanten in dieser Hauptverhandlung - während der Plädoyers der Bundesanwaltschaft - der Verteidigung zugänglich zu machen.

Zur Begründung wird angegeben, daß dies Akten des Gerichts sind, die nach § 147[ StPO][36] Gegenstand des Akteneinsichtsrechts[37] sind. Es ist ein Unterschied, ob die Richter selbst Aufzeichnungen [11852] anfertigen, die selbstverständlich nur ihnen zustehen und wo kein Akteneinsichtsrecht besteht - die auch nicht Gegenstand der Akten sind - oder ob von den Protokollführern Aufzeichnungen gemacht werden, die Gegenstand des Akteneinsichtsrechts sind.

Das sind die Anträge.

Vors.:

Also zum letzten Antrag. Da bitte ich Sie doch nochmals zu berücksichtigen, was die Prozeßordnung für den Inhalt des Protokolls vorschreibt.[38]

RA Geu[len]:

Ich habe noch eine letzte Bemerkung.

Ich stelle den Antrag: Einen Termin anzusetzen für die Vernehmung des Zeugen Buback und zwar für den nächsten Donnerstag, den 20.10., auch im Hinblick oder auch unter Berücksichtigung Ihres Hinweises. Wenn Sie dem zuvorkommen durch eine Ladung von Ihrer Seite, dann müßte auch über diesen Antrag noch entschieden werden.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann?

RA Dr. H[eldmann]:

Hinsichtlich des letzten Antrags, der nach § 147[ StPO] begründet worden ist, schließe ich mich an und begründe weiter:

Zwar schreibt die Strafprozeßordnung nicht wörtliche Protokollierung einer Zeugenaussage vor. Wo aber wörtliche Protokollierung voll oder teilweise geschieht - durch die Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in deren Eigenschaft in der Hauptverhandlung - so werden diese Abschriften, Reinschriften, Bestandteil des Protokolls. Und also[ppp] auch insoweit hat die Verteidigung hinsichtlich der vollen Wortprotokolle Akteneinsicht.

Vors.:

Ja, aber es geht doch hier nicht um eine Zeugenaussage, es geht um Plädoyers, wenn ich recht verstanden habe, was Sie wollen.

RA Dr. H[eldmann]:

Dafür gilt insoweit nichts anderes, als die Protokollbeamten wörtliche Mitschriften gemacht haben.

Vors.:

Gut. Wir setzen die Sitzung um 14.30 Uhr fort.

Pause von 12.13 Uhr bis 14.33 Uhr

Ende von Band 701

[11853] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.33 Uhr.

Reg. Dir. Widera ist nunmehr wieder anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Zunächst, es ist ja bereits die Vernehmung des Zeugen Generalbundesanwalt Buback von Amts wegen angeordnet. Der Zeuge steht uns morgen zur Verfügung und zwar um 10.00 Uhr, so daß, um das gleich vorzumerken, morgen Sitzung beginnt um 10.00 Uhr mit der Vernehmung dieses Zeugen. Der Termin, den die Verteidigung benannt hat, wäre sowieso nicht einzuhalten gewesen. Der Herr Generalbundesanwalt wäre am 20.10. auf jeden Fall unabkömmlich gewesen. Will die Bundesanwaltschaft zu den sonstigen Beweisanträgen Stellung nehmen? Bitte, Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Zu einem Teil, Herr Vorsitzender, gleich jetzt: Einer Vernehmung der Zeugen Stellmacher, Kersten und Carmen Roll treten wir nicht entgegen. Für das übrige aber wollen wir uns eine Stellungnahme zum späteren Zeitpunkt noch vorbehalten.

Vors.:

Danke. Dann kann auch in diesem Punkte gleich verfügt werden, wie es mit diesen Zeugen aussehen soll, soweit darüber schon eine Entscheidung getroffen werden kann. Die Zeugen Stellmacher und Kersten sind vorgesehen auf Dienstag, 19.10., 9.00 Uhr. Die Zeugin Roll wird geladen auf Donnerstag, 21.10., 9.00 Uhr. Bei der Verkäuferin Klement bleibt es offen, ob sie geladen werden soll. Wenn, dann bitte ich aber die Prozeßbeteiligten, sich darauf einzurichten, daß auch sie am Donnerstag, 21.10.76, 9.00 Uhr im Zusammenhang mit der Zeugin Roll geladen werden würde. Bezüglich des Zeugen Wader ist noch keine Entscheidung bekanntzugeben. Ebenso nicht für die Anträge auf Aktenbeiziehung. Es muß vorbehalten bleiben - ich kann es noch nicht sagen, wie es läuft - daß auch am Mittwoch, den 20., Sitzung vorgesehen werden muß. Ich kann also, weil wir jetzt 19., Dienstag, und 21., Donnerstag, bestimmt haben, nicht ausschließen, ob wir nicht den Mittwoch auch für die Sitzung [11854] benötigen. Möglicherweise nicht, das muß allerdings gesehen werden. Jetzt bitte ich den Zeugen Opitz.

RA Geu[len]:

Ich habe noch eine kurze Frage.

Vors.:

Bitte.

RA Geu[len]:

Ob Sie über unseren Antrag auf konsularische Vernehmung, über meinen Antrag auf konsularische Vernehmung[39] der Zeugin Roll entschieden haben. Denn ich hatte ja das auch beantragt, schriftlich und nicht Ladung hierher.

Vors.:

Die Strafprozeßordnung sieht in erster Linie die Vernehmung vor dem Prozeßgericht vor; und diesen Weg haben wir jetzt beschnitten, zunächst. Damit ist im Augenblick auch natürlich über den weiteren und von der Prozeßordnung als entfernteren Weg für die Zeugenvernehmung vorgesehene Möglichkeit der konsularischen Vernehmung entschieden.

RA Geu[len]:

Der Grund für die konsularische Vernehmung bei diesem Antrag war einfach der, daß schonmal die Vernehmung der Zeugin hier nicht geklappt hat, und wir nicht verschulden wollen, daß aus diesem Grunde nun der Prozeß weiter rausgezögert wird.

Vors.:

Ja, die Vorgänge sind natürlich hier auch bekannt. Wir haben trotzdem Gründe, Wert darauf zu legen, die Zeugin möglichst hier persönlich hören zu können. Sollte das nicht klappen, dann wäre daran möglicherweise eine neue Überlegung zu knüpfen. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Besteht vielleicht gegen die Zeugin neuerdings ein Haftbefehl?

Vors.:

Ich weiß nicht, welche Kenntnisse Sie haben, um die Frage auch nur in dieser Form zu stellen. Vielleicht sind Sie besser unterrichtet; wir wissen nichts davon. Darf ich bitten, Herr Opitz.

RA Dr. He[ldmann]:

Vielleicht kann man die Frage an den Herrn Bundesanwalt weiterleiten.

Vors.:

Dann fragen Sie bitte den Herrn Bundesanwalt direkt, wenn Sie fragen wollen, und nicht mich. Ich weiß es nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Es würde mich schon interessieren.

Vors.:

Ich weiß nicht, ob Sie Anhaltspunkte dafür haben.

RA. Dr. He[ldmann]:

Ich habe gehört, es stünde heute so dies und jenes von neuesten Müller-Aussagen in der Zeitung, woraus sich

[11855] - Der Zeuge KHK Opitz erscheint um 14.36 Uhr im Sitzungssaal. -

diese und jene Schlußfolgerung ergibt. Herr Müller produziert ja, wie[qqq] wir wissen, ständig Neues. Deswegen haben wir auch neue Akten beantragt.

Vors.:

Ja, also Sie sind tüchtig und fleißig beim Zeitungslesen. Ich darf Ihnen sagen: Uns sind keine neuen Kenntnisse bekannt über die Absicht, Frau Roll zu verhaften.

RA Dr. He[ldmann]:

Wir möchten noch tüchtiger und fleißiger sein, und auch Aktenlesen. Und infolgedessen haben wir auch bestimmte Aktenanträge heute gestellt.

Vors.:

Ich habe dazu bereits etwas gesagt. Ich hoffe, daß Sie es gehört haben. Wenn nicht, dann wird Ihnen vielleicht Herr Rechtsanwalt Geulen mitteilen können, was ich gesagt habe.

RA Dr. He[ldmann]:

Vielen Dank, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Bitte. Dann Herr Opitz, Sie sind bereits belehrt worden heute. Ich darf Sie jetzt gleich um die Personalien bitten.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Lothar Opitz, 50 Jahre alt, Kriminalhauptkommissar b. Kriminalamt in Hamburg,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Opitz, die Verteidigung hat Sie als Zeuge benannt, Sie sollen Aussagen machen können zu folgenden Punkten:

1. Daß der Zeuge Gerhard Müller Andreas Baader beschuldigt habe, Ingeborg Barz getötet zu haben, 2. daß die diesbezüglichen Angaben Müllers als unwahr erkannt worden seien. Ihrer Aussagegenehmigung, die Sie heute früh überreicht haben, ist zu entnehmen, daß Sie die Berechtigung haben, zu diesen Punkten Angaben zu machen. Bitte.

Zeuge Op[itz]:

Ich kann bestätigen, daß Gerhard Müller mir gesagt hat, daß Baader die Ingeborg Barz etwa in den letzten Februar-Tagen Anfang März 1972 getötet hat. Ich kann nicht bestätigen, daß diese Angaben falsch sind.

Vors.:

Haben sich im Anschluß an die Angaben Müllers irgendwelche [11856] Bemühungen angeschlossen, diese Angaben zu überprüfen? Auch dazu können Sie sicherlich Angaben machen.

Zeuge Op[itz]:

Ja, aufgrund der Angaben sind, oder bin ich in das bezeichnete Gebiet zunächst hingefahren, und habe mich dort umgesehen, anhand der Beschreibung, die ich von dem Gerhard[rrr] Müller bekommen hatte. Wir sind dann einige Tage später mit Müller dorthin geflogen; und Müller bestätigte einmal vom Hubschrauber aus ein Waldstück, das wir vorher aufgrund seiner Beschreibung schon ausfindig gemacht hatten, vom Hubschrauber aus bestätigte er daß es sich dort in dieser Rheinwiese, in diesem Rheinwald südlich von Leimersheim, um dieses Gebiet handeln sollte, wo Ingeborg Barz erschossen sein sollte. Wir sind dann mit Müller aus verschiedenen Richtungen zu Fuß und mit Fahrzeugen herumgefahren. Er kam immer wieder auf diese Stelle zurück, die er als die Stätte, wo Ingeborg Barz erschossen worden ist, sein soll, zurück. Wir haben dann dort einige Erdbewegungen gemacht, und konnten aber dort keinerlei Leichenreste finden.

Vors.:

War man sonst bemüht, irgendwelche Nachforschungen über den Verbleib von Ingeborg Barz zu treffen, insbesondere, ob über Angehörige und dergleichen ein Lebenszeichen zu erhalten war von ihr?

Zeuge Op[itz]:

Das war bereits vorher geschehen von Hamburg aus. Und die Angaben des Müller, und[sss] die Angaben der Mutter der Frau Barz deckten sich in etwa mit dem Zeitpunkt, wo Ingeborg Barz sich zuletzt bei der Mutter gemeldet hatte.

Vors.:

Sind Sie heute noch Sachbearbeiter in dieser Angelegenheit?

Zeuge Op[itz]:

Nein.

Vors.:

Haben Sie irgendwelche Kenntnisse erlangt, ob inzwischen von Frau Barz ein Lebenszeichen zu erhalten war?

Zeuge Op[itz]:

Meiner Erinnerung nach nicht.

Vors.:

Hat Ihnen Müller die Dinge so geschildert, als sei er selbst Zeuge dieser Exekution, wenn man so bezeichnen kann, geworden, der angeblichen Exekution, oder hat er das nach seiner Darstellung auch nur durch andere Beteiligte erfahren?

Zeuge Op[itz]:

Er hat das nur von anderen gehört. Und zwar einmal, wie er bekundete, von Andreas Baader und von Holger Meins.

Vors.:

Also er war kein Beteiligter?

[11857] Zeuge Op[itz]:

Er ist kein Beteiligter bei dieser Exekution gewesen.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Die Herren der Bundesanwaltschaft? Keine Fragen. Die Herren Verteidiger?

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Zeuge, ist Ihnen bekannt, daß bis in die jüngste Vergangenheit, das heißt also sagen wir vielleicht bis in dieses Jahr hinein, nach Ingeborg Barz gefahndet worden ist?

Zeuge Op[itz]:

Selbstverständlich ist mir das bekannt, Herr Anwalt.

RA. Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen bekannt, daß noch immer nach Ingeborg Barz gefahndet wird?

Zeuge Op[itz]:

Ja, das ist ja auch nichts außergewöhnliches, denn nach jeder Vermißten wird gefahndet.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen bekannt, daß es Lebenszeichen von Ingeborg Barz aus der Zeit nach Baaders Festnahme gibt?

Zeuge Op[itz]:

Ist mir nicht bekannt.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen bekannt, daß Ingeborg Barz etwa schriftliche Bestellungen noch nach der Festnahme Baaders aufgegeben hat?

Zeuge Op[itz]:

Ist mir nicht bekannt.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen bekannt, daß Ingeborg Barz in einem Falle eine Zahlkarte im November 73 - ungefähr - handschriftlich ausgefüllt hat?

Vors.:

Ich würde bloß bitten, bei der Frageform sorgfältig zwischen „daß“ und „ob“ zu unterscheiden. Die Frage wäre sonst suggestiv gestellt. Sie wollen also fragen, ob dem Zeugen bekannt ist, ob Frau Barz so etwas getan hat.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich will ihn fragen, ob ihm die Tatsachen, die ich weiß, bekannt sind. Die Tatsachen können ja auch dem Gericht bekannt sein. Sie könnten dem Gericht bereits als erwiesen gelten, wenn es meinen dahingehenden Beweisantrag nicht abgelehnt hätte. Für mich ist ...

Vors.:

Es hat ihn nicht abgelehnt. Es hat die behauptete Tatsache für dieses Verfahren so behandelt, als wäre sie wahr.[40]

RA Dr. He[ldmann]:

Also gehen wir von der Wahrheit dieser Tatsachenbehauptung aus.

Vors.:

Damit ist sie[ttt] noch keine Tatsache; sie wird nur so behandelt, als wäre sie wahr. Das ist eine prozessuale Regel. Aber Sie [11858] können sie nicht als Tatsache behandeln. Es sei denn, es sei erwiesen diese Tatsache, bei der Zeugenbefragung hier.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich nehme nicht an, daß das Gericht eine Nichttatsache als wahr oder unwahr behandeln will, sondern daß es hier um Tatsachen geht, um ...

Vors.:

Eine behauptete Tatsache ... Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, entschuldigen Sie bitte, es ist die prozessuale Regel ausgesprochen worden, die der § 244[ StPO] hergibt, daß eine behauptete Tatsache so behandelt wird, als wäre sie wahr, eine behauptete Tatsache. Aber das ist nicht geeignet, einem Zeugen das in der Form vorzuhalten, als wäre es eine erwiesene Tatsache im Zusammenhang mit der Beweisbefragung.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen bekannt, Herr Zeuge, daß dieser Senat die Tatsachenbehauptung, Ingeborg Barz hätte noch nach der Festnahme Baaders[uuu] gelebt, als wahr behandeln will?

- Gelächter im Sitzungssaal -

Vors.:

Ich bitte um Ruhe im Saal.

Zeuge Op[itz]:

Ich muß mich in diesem Fall auf meine Aussagegenehmigung berufen. Ich bin nur berechtigt auszusagen über das Gespräch mit Müller und über das Ermittlungsergebnis, das anläßlich des Suchens nach den Leichenresten erfolgt ist.

Vors.:

Ich darf vielleicht [vvv] ergänzend für die Herren Verteidiger mitteilen, daß die Aussagegenehmigung folgende Passage enthält: „Die Genehmigung zur Aussage als Zeuge beschränkt sich auf tatsächliche Bekundungen. Sie umfaßt nicht Äußerungen, die zu den Aufgaben eines Sachverständigen gehören, wie zum Beispiel die Abgabe von Werturteilen, sowie die Beantwortung von Rechtsfragen.“ Hier geht es natürlich um eine Tatsachenfrage, ob das Tatsachenwissen des Zeugen dahin reicht. Aber in der Tat: Die Aussagegenehmigung ist eben auf den Punkt des Antrags abgestellt. Danach geht es um die Frage, was Müller zu Ingeborg Barz angegeben hat, und was die Ermittlungen ergeben haben.

RA Geu[len]:

... Daraus folgt, daß der Zeuge die Frage beantworten muß, wenn ich es richtig verstehe. Denn die Beschränkung [11859] bezieht sich ja nur auf die Abgrenzung zwischen Tatsachen und Rechtsfragen, und die ist sowieso selbstverständlich. Also bitte ich das Gericht zu belehren den Zeugen, daß er die Frage beantworten muß.

Vors.:

Ich glaube, im Augenblick ist Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann derjenige, der die Frage gestellt hat und weiterhin das Fragerecht hat, und wenn er solche Wünsche an das Gericht hat selbst vortragen kann.

RA Geu[len]:

Wir wechseln hier uns einvernehmlich ab, Herr Vorsitzender, das können Sie auch ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe gegen ...

Vors.:

Ich kann Doppelwortführungen eben in der Verhandlung nicht zulassen.

RA Geu[len]:

Ich habe eben ganz alleine geredet.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe gegen[www] solche nützlichen Hinweise meines Herrn Kollegen überhaupt nichts einzuwenden, ganz im Gegenteil. Ich genieße sie als äußerst hilfreich.

Vors.:

Ja, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie haben weiterhin das Fragerecht.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Zeuge ...

RA Geu[len]:

... Vorsitzender, daß Sie den Zeugen belehren, daß er die Frage beantworten muß.

Vors.:

Ich habe bis jetzt nicht gesehen, Sie haben sich das Wort genommen; aber sind Sie jetzt im Augenblick derjenige, der das Wort weiterführen will.

RA Geu[len]:

Ich habe es gerade geführt, es war, glaube ich, akustisch zu vernehmen.

Vors.:

Ich habe jetzt das Fragerecht Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann gegeben. Ich würde bitten, daß er es auch weiterhin ausübt.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Zeuge, es ist Ihnen also bekannt, ich frage erneut, es ist Ihnen also bekannt, daß dieses Gericht die Tatsachenbehauptung, Ingeborg Barz hätte noch nach der Festnahme Baaders gelebt, als wahr behandeln will?

Vors.:

Herr Zeuge, ich weiß nicht, ob Sie über die Bescheidung eines entsprechenden Beweisantrags Kenntnis erlangt haben. Das Gericht hat eine entsprechende Wahrunterstellung ausgesprochen - das ist von Amts wegen zu sagen - in öffentlicher Sitzung geschehen. Wenn Sie das erfahren haben, glaube ich, das wäre gedeckt durch Ihre Aussagegenehmigung, daß Sie da sagen, ja das ist mir bekannt. Wenn Sie es nicht wissen, müssen Sie halt, [11860] also es geht nur um die Frage, ob Sie das erfahren haben oder nicht.

Zeuge Op[itz]:

Ich habe es nicht erfahren.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Zeuge, wissen Sie, daß es Pressemeldungen gegeben hat und zwar am 29. und 30. April 1974 in der Hamburger Presse, wonach Beamte ihres Amtes, - nehme ich an, K 4 ist die Bezeichnung Ihres Amtes?

Zeuge Op[itz]:

Ja, zur Zeit.

RA Dr. He[ldmann]:

K 4 - die Presse davon unterrichtet haben sollen, Müller hätte gesagt, Andreas Baader hätte Ingeborg Barz erschossen?

Zeuge Op[itz]:

Diese Pressemeldung ist mir nicht bekannt. Sie sagten von 1974?

RA Dr. He[ldmann]:

Pressemeldungen vom 29. und 30. April 1974.

Zeuge Op[itz]:

Die Meldung ist mir nicht bekannt.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Beamte Ihres Amtes oder haben Sie selbst die Presse von dieser Verdächtigung unterrichtet, Verdächtigung also Müllers, Andreas Baader hätte Ingeborg Barz erschossen?

Zeuge Op[itz]:

Weder von mir noch von einem meiner Mitarbeiter ist irgendeine derartige Meldung in die Presse gelangt.

RA Dr. He[ldmann]:

Können Sie aus eigenem Wissen, Herr Zeuge, etwas sagen ...

Zeuge Op[itz]:

Ich habe Sie eben nicht verstanden, Herr Anwalt.

RA Dr. He[ldmann]:

Können Sie aus eigenem Wissen sagen, warum Ihr Dienstvorgesetzter Ihnen die Aussagen zu diesen Beweisthemen hier verweigert hat mit der Begründung, weil Ihre Aussage dann dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten würde?

Zeuge Op[itz]:

Das ist nicht meine Aufgabe, dazu Stellung zu nehmen.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, ich habe ja nicht um eine Stellungnahme gebeten, sondern gefragt, ob Sie etwas wissen warum?

Zeuge Op[itz]:

Nein, das weiß ich nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Und Sie haben auch keine Erklärung dafür?

Zeuge Op[itz]:

Wenn hier vom Wohl des Bundes die Rede ist, ich glaube, dann wird sich das darauf berufen haben, weshalb ich zunächst keine Aussagegenehmigung erhalten habe.

RA Dr. He[ldmann]:

Gibt es oder gab es eine dienstliche Anweisung, diesen Komplex Ingeborg Barz geheim zu behandeln?

Zeuge Op[itz]:

Diese Anweisung, daß es[xxx] eine vertrauliche Angelegen- [11861] heit war, war selbstverständlich und ist auch als solche behandelt worden, von Anfang an.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist sie als vertraulich behandelt worden, auch nachdem sie bereits Pressepublikationen erfahren hatte?

Zeuge Op[itz]:

Sie ist nach wie vor vertraulich behandelt worden.

RA Dr. He[ldmann]:

Können Sie uns etwas sagen, warum dieser Komplex vertraulich behandelt wird?

Zeuge Op[itz]:

Das vermag ich nicht zu sagen; das ist nicht mein Amt, darüber zu befinden.

RA Dr. He[ldmann]:

Keine Frage mehr danke.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Herr Rechtsanwalt Geulen.

RA Geu[len]:

Herr Zeuge, wissen Sie noch, wie groß ungefähr die Fläche war, auf der Sie[yyy], wie Sie sagten, Erdbewegungen gemacht haben, einige Erdbewegungen gemacht haben. Also wie groß diese Fläche war ungefähr?

Zeuge Op[itz]:

Das mag etwa eine Quadratmetergröße von[zzz], schätzungsweise 3 bis 500 m2 gewesen sein, die abgeräumt wurde.

RA Geu[len]:

300 bis 500 ja?

Zeuge Op[itz]:

Zwischen 3 und 500 m2 etwa.

RA Geu[len]:

3 und 500 oder 300 und 500?

Zeuge Op[itz]:

300 und 500.

RA Geu[len]:

Und diese Fläche hat oder die Begrenzung dieser Fläche ergab sich aus den Angaben von Herrn Müller, ja?

Zeuge Op[itz]:

Ja.

RA Geu[len]:

Hatten Sie noch andere Hinweise?

Zeuge Op[itz]:

Nein, aus den Angaben von Herrn Müller.

RA Geu[len]:

Vielleicht können Sie uns erklären, wie das oder beschreiben, wie das konkret aussah. Sie sind mit dem Hubschrauber gekommen, wenn ich das richtig verstanden habe, und Herr Müller hat dann, das ist meine Frage, ist das richtig, daß Herr Müller dann aus dem Hubschrauber diese Fläche von oben bezeichnet hat?

Zeuge Op[itz]:

Die Fläche nicht, das Waldstück hatte ich eingangs gesagt, und so war es auch. Ich darf vorwegschicken, nicht wahr, daß ich aufgrund der Beschreibung des Herrn Müller diese eine Fläche dort in dem Waldgebiet in den Rheinwiesen oder Waldgebieten südlich von Leimersheim ausfindig gemacht habe. Und komischerweise ist Herr Müller oder ist beim Anflug hat Herr Müller dann vom Hubschrauber aus schon das [11862] Waldstück bezeichnet. Und er hat dann, wie ich eingangs auch schon sagte, diese gleiche Fläche, die er uns beschrieben hat - und das war für einen Ortsfremden immerhin keine Kleinigkeit, so etwas zu finden; deswegen war ich sehr überrascht, daß er auf die gleiche Fläche kam, auf die gleiche Stelle kam, die er mir seinerzeit beschrieben hatte.

RA Geu[len]:

Es ist noch nicht ganz klar, Herr Zeuge: Ist es so, daß Herr Müller, er hat es ja wohl zuerst wörtlich oder mündlich Ihnen beschrieben und nicht gezeigt, und dann sind Sie dahin gefahren und haben das gecheckt [aaaa], wenn ich so ausdrücken darf, und dann kam die Geschichte mit dem Hubschrauber, das habe ich richtig verstanden ja?

Zeuge Op[itz]:

Das haben Sie richtig verstanden.

RA Geu[len]:

Können Sie nochmal sinngemäß wiedergeben, wie Herr Müller das bezeichnet hat. Hat er den Namen dieses Waldstückes gesagt oder hat er gesagt, es ist ein Waldstück oder hat er gesagt, in der Nähe des Ortes, oder wie war das?

Zeuge Op[itz]:

Er hat den Ort Germersheim als grobe Richtung angegeben. Er hat von der Fähre Germersheim gesprochen, von einem militärischen Gelände, das auf der anderen Seite schräg gegenüber der Fähre etwa gewesen ist, was sich dann auch bestätigt hat. Er hat ferner von einem Weg gesprochen, der mit Auto befahrbar war, bis zu einer bestimmten Stelle, wo der Weg dann - in einer ... nein, im Rhein direkt möchte ich sagen - endete. Er hat ferner von Wegen gesprochen, die dann rechts in das Waldgelände führten. Und er hat von zwei Bäumen gesprochen, von einer kleinen Schonung gesprochen und von zwei Bäumen gesprochen, wo das Grab ausgehoben worden sein soll.

RA Geu[len]:

Kann ich auf Ihre Wiedergabe, - Entschuldigung, wenn Sie noch weiterreden wollten?

Zeuge Op[itz]:

Nein.

RA Geu[len]:

Kann ich auf dieser Wiedergabe dieses Gespräches schließen, daß Sie den Eindruck hatten und auch jetzt noch haben, daß Herr Müller selbst ortskundig war, also daß er da schonmal gewesen war?

[11863] Zeuge Op[itz]:

Sehr wohl, sehr richtig. Herr Müller ist dort gewesen, auf Anweisung des Herrn Baader immer, was mir Gerhard Müller gesagt hat, um dort eine Stelle zu suchen, wo man Munition und Sprengstoffe vergraben könnte. Es ist aber andererseits, noch später hat er dazu gesagt, das ist wohl nur ein Vorwand gewesen, in Wirklichkeit sollte eine abgelegene Stelle in den Rheinwiesen gefunden werden, wo man ungestört graben konnte, und wo man ungestört einen Menschen dann auch beseitigen könnte. Ich hatte keinen Zweifel daran, daß diese Angaben von Herr Müller stimmten. Und deswegen sind dann auch die nachfolgenden Ermittlungsaktionen angelaufen.

RA Geu[len]:

Und als Sie dann mit dem Hubschrauber da ankamen, dann, da war Herr Müller dabei; das habe ich richtig verstanden?

Zeuge Op[itz]:

Da war Herr Müller dabei, ja.

RA Geu[len]:

Können Sie sagen, was er gesagt hat, als er, wenn ich Sie wiedergeben darf, dieses bestimmte Waldstück aus dem Hubschrauber beschrieb oder bezeichnete, was er da gesagt hatte, sinngemäß nur!

Zeuge Op[itz]:

Ja sinngemäß: „Also hier muß es sein. Hier bin ich gewesen, hier haben wir das ausgesucht.“ Und Herr Meins und Herr Raspe, nein, Herr Raspe nicht, Herr Meins hat ihm bestätigt, daß er mit Herrn Raspe an der Stelle, die Müller und Raspe ausgesucht hatten, angeblich auch das Grab[bbbb] gegraben worden ist.

RA Geu[len]:

Das ist das, was Herr Müller Ihnen erzählt hat?

Zeuge Op[itz]:

Das ist das, was Herr Müller mir erzählt hat.

RA Geu[len]:

Und eine letzte Frage noch. Diese Erdbewegungen, von denen Sie sprachen, können Sie kurz sagen, wie die aussahen. Ist das mit einem Bagger gemacht worden oder haben Sie da ...

Zeuge Op[itz]:

Ja, die sind, anfangs hat man gegraben, und das brachte dann recht wenig. Und dann ist also ein, so ein Schieber beschafft worden, wo wir dann selbstverständlich ständig dabeigewesen sind, um irgendwelche Erdveränderungen feststellen zu können. Das ganze Unternehmen ging natürlich sehr langsam vor sich. Und an der betreffenden Stelle, an der unmittelbaren Stelle, ist dann auch noch etwas - am [11864] nächsten Vormittag - noch etwas tiefer gebuddelt worden mit einem Schaufelbagger. Ergebnislos, wie Sie wissen. Das sagt nun mir allerdings noch nicht, daß das Grab der Ingeborg Barz dort, auch an der Stelle ausgehoben worden ist, daß, an der Stelle, an der Müller, oder die Stelle, die Müller ausgesucht hat, korrekt gesagt ... Es ist durchaus möglich, daß Herr Raspe und Herr Meins, die angeblich diese Erdarbeiten bewältigt haben sollen, vielleicht in der Meinung gewesen sind, an der gleichen Stelle zu sein. Bei diesem unübersichtlichen Gelände in der dortigen Gegend ist es durchaus möglich, daß man der Meinung ist - nicht wahr - hier oder dort ist die bezeichnete Stelle gewesen. Ich darf nochmal wiederholen, daß ich keinen Zweifel daran habe, daß Ingeborg Barz tatsächlich umgebracht worden ist.

RA Geu[len]:

Sie haben auch heute keinen Zweifel daran?

Zeuge Op[itz]:

Ich habe auch heute noch keinen Zweifel daran.

RA Geu[len]:

Eine letzte Frage noch. War Herr Müller auch bei diesen Ausgrabungen oder Erdbewegungen anwesend?

Zeuge Op[itz]:

Größtenteils ja. Andererseits habe ich darauf gedrungen, daß man auch noch von, daß er[cccc] also von anderen Seiten auch noch immer wieder herangeführt wurde oder herumgeführt wurde in diesem Gelände, um eventuell noch eine andere Stelle dort zu finden. Aber er[dddd] kam, wie gesagt, immer wieder auf diese Stelle zurück. Vom Fahrzeug aus und zu Fuß auch.

RA Geu[len]:

Haben Sie mit Herrn Müller dann nochmal darüber geredet und ihn zur Rede gestellt oder ihm das vorgehalten oder ihn gefragt, wie er sich das erklärt, daß Ingeborg Barz ja offensichtlich nicht da zu finden war.

Zeuge Op[itz]:

Nun, das hatte er ja gesehen, daß wir dort keine Leichenteile gefunden hatten. Und er erklärte sich die Sache dann also damit, daß er also entweder von Meins und Baader hinsichtlich der Stelle des Grabes gelinkt worden sei oder aber man habe wirklich in der Meinung, man sei dort gewesen, an der ausgesuchten Stelle, und in Wirklichkeit aber doch einige hundert Meter - vielleicht nur oder auch vielleicht nur einige zig-Meter - entfernt das Loch ausgegraben.

[11865] Vors.:

Herr Dr. Heldmann, bitte.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen bekannt, Herr Zeuge, ob auch an anderen Orten nach einer vermeintlichen Leiche der Ingeborg Barz geforscht worden ist.

Zeuge Op[itz]:

Ich weiß nicht, worauf Sie anspielen. Mir ist eine Sache bekannt, daß im Bayerischen Raum oder irgendwo eine Leiche gefunden worden ist, von der man zunächst einmal annahm, daß es eventuell Ingeborg Barz sein könnte. Wenn Sie darauf anspielen, das ist mir bekannt. Weiteres ist mir nicht bekannt.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie hierzu auch Holger Meins gehört?

Zeuge Op[itz]:

Nein, Holger Meins haben wir dazu ... Wir haben ihn nicht gehört; aber ich überlege eben, ob er noch am Leben ... nein, er war ja schon tot damals.[41] Zu dem Zeitpunkt war er tot, als Müller die Aussagen machte. Der Tod von Holger Meins ist ihm ja besonders nahe gegangen. Deswegen hat er sich ja endgültig von der RAF getrennt.

RA Dr. He[ldmann]:

Wann hat denn Müller diese Aussage gemacht?

Zeuge Op[itz]:

Nach dem Tode von Holger Meins.

RA Dr. He[ldmann]:

Das sagten Sie gerade. Könnten wir es etwas konkretisieren?

Zeuge Op[itz]:

Im April 75.

RA Dr. He[ldmann]:

April 75.

Zeuge Op[itz]:

April 75, jawohl.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie Raspe, haben Sie Jan-Carl Raspe zu diesen Angaben des Herrn Müller gehört?

Zeuge Op[itz]:

Nein, ich nicht. Und daß das ein anderer getan hat, weiß ich nicht. Im übrigen hatte das ja wohl auch keinen Sinn ihn zu befragen, denn Angaben wurden ja von den Herren nicht gemacht.

RA Dr. He[ldmann]:

Wieso hatte das keinen Sinn.

Vors.:

Er hat gesagt, die Herren hätten keine Angaben gemacht.

Zeuge Op[itz]:

Die haben keine Angaben gemacht, allgemein, wenn Kriminalbeamte gekommen sind.

RA Dr. He[ldmann]:

Sind Sie sicher, daß Herr Raspe nicht manchmal einfach „Nein“ gesagt hat?

Vors.:

Was soll diese hypothetische Frage. Wenn man ihn gehört hätte, ob er sich da sicher sei oder wie?

RA Dr. He[ldmann]:

Sind Sie sicher, ob nicht Herr Raspe manchmal einfach [11866] „Nein“ gesagt hat?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, vielleicht können Sie es dem Herrn Zeugen einfacher machen, präzisieren. Daß er in der Zwischenzeit gelegentlich „Nein“ gesagt hat, ist wohl anzunehmen; aber auf was beziehen Sie es?

RA Dr. He[ldmann]:

Woher kommen Sie zu dem Wissen, daß Herr Raspe auf keine Frage Antwort gegeben hat, seit seiner Festnahme am 1.6.72?

Zeuge Op[itz]:

Das ist allgemein bekannt.

RA Dr. He[ldmann]:

Allgemein bekannt?

Zeuge Op[itz]:

Allgemein bekannt. Vielleicht hat er mit „ja“ und „nein“ irgendwo geantwortet, bei mir nicht. Ich habe ihn nicht vernommen und ob Kollegen des Bundeskriminalamtes ihn vernommen haben, die ja aktenführend in der ganzen Sache waren, entzieht sich meiner Kenntnis.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie nun aufgrund dieses Sachverhalts gegen Baader eine Anzeige oder ein Verfahren wegen des Verdachts des Mordes an Ingeborg Barz eingeleitet?

Zeuge Op[itz]:

Es ist selbstverständlich, daß über dieses Gespräch mit Müller ein Protokoll gefertigt wurde, und das dann an die entsprechenden Stellen weitergeleitet wurde.

RA Dr. He[ldmann]:

An wen haben Sie dieses Protokoll weitergeleitet?

Zeuge Op[itz]:

An die Generalbundesanwaltschaft.

RA Dr. He[ldmann]:

Wissen Sie vielleicht ein Aktenzeichen der Generalbundesanwaltschaft?

Zeuge Op[itz]:

Kann ich aus dem Kopf nicht sagen.

RA Dr. He[ldmann]:

Wissen Sie ein Aktenzeichen Ihrer Behörde?

Zeuge Op[itz]:

Ich weiß es jetzt im Kopf nicht. Es ist eine Vertrauenssache, eine „VS-Sache“, gewesen.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist Ihnen, nachdem Sie also nun ...

Zeuge Op[itz]:

Ich kann mir nicht alle Aktenzeichen merken.

RA Dr. He[ldmann]:

Nachdem Sie nun Waldpartien haben umgraben lassen; ist Ihnen im Verlaufe dieser Ermittlungen der Verdacht gekommen, Müller selbst habe nach der Festnahme Baaders Ingeborg Barz umgebracht?

[11867] Zeuge Op[itz]:

Warum sollte mir der Verdacht gekommen sein, Herr Anwalt. Die Angaben, die Müller in anderen Sachen gemacht hatte und soweit sie nachprüfbar waren, entsprachen ja den Tatsachen. Warum sollte er in diesem Falle die Unwahrheit gesagt haben, zumal er in dem Gespräch ja auch über die Situation jener Zeit in der Roten-Armee-Fraktion ausreichende Kenntnisse hatte, und darüber auch einiges gesagt hat. Und eben aus diesem Drum und Dran, wenn ich es mal so bezeichnen darf, habe ich damals nicht gezweifelt und zweifle auch heute nicht daran, daß Ingeborg Barz in dieser Form, wie Müller es gesagt hat[eeee], zumindest aber in einer ähnlichen Form umgebracht war. Ingrid Barz war den Leuten im Wege. Ingrid Barz war nervös. Sie war nicht bei der Sache, sie wollte ausscheren und man mußte ein Exempel statuieren ...

Vors.:

Damit ist die Frage wohl ausreichend beantwortet. Der Herr Zeuge hat den Verdacht gegen Müller nicht gerichtet.

Zeuge Op[itz]:

Nein.

RA Dr. He[ldmann]:

Woher wissen Sie denn, daß Ingeborg Barz anderen im Wege war?

Zeuge Op[itz]:

Aus den Aussagen des Herrn Müller.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie auch gehört, daß Herr Müller wiederholt vor Gericht die Falschaussage gemacht hat, er hätte Dierk Hoff nicht kennengelernt?[42]

Zeuge Op[itz]:

Was, wen hat er kennengelernt?

RA Dr. He[ldmann]:

Er hätte Dierk Hoff nicht kennengelernt.

Zeuge Op[itz]:

Ich weiß nicht, ob das hier im Gericht gesagt worden ist. Die Presse hat darüber einiges geschrieben. Das weiß ich.

RA Dr. He[ldmann]:

Und wollen Sie immer noch bei Ihrer Meinung bleiben, die sie eben als Zeugenaussage formuliert haben, Sie hätten auf diese Müller-Aussage hinsichtlich Baader/Barz vertraut, weil Sie wüßten, daß Müller im übrigen immer die Wahrheit gesagt hat.

Zeuge Op[itz]:

Müller hat ... na gut, wenn das also hier so gewesen ist, daß er hier vielleicht einmal falsch formuliert hat, dann muß ich meine Aussage dahingehend einschränken. Dennoch kann mich das in keiner Weise beeinflußen, daß er in Sachen Ingeborg Barz die Unwahrheit gesagt hat.

[11868] RA Dr. He[ldmann]:

Daß er in Sachen Ingeborg Barz die Unwahrheit gesagt hat?

Vors.:

Ja, in dieser Richtung könne ihn das nicht beeinflußen, was ihm eben mitgeteilt worden sei. Wobei, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, wenn Sie schon für wichtig halten, solche Vorhalte zu machen, natürlich die Ergänzung dazugehört, wie sich Müller hier verhalten hat.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, nein, im Moment kam es ja darauf an, daß der Zeuge sagte: Der Herr Müller sagt immer die Wahrheit. Er hat auch hier die Wahrheit gesagt.

Zeuge Op[itz]:

Herr Anwalt, Sie können mir doch den Glauben nicht ausreden an die wahre Aussage, das können Sie doch nicht.

Vors.:

Das ist ja auch nicht Sinn der Zeugenbefragung, daß man einen Glauben ausredet. Ich bitte weitere Fragen zu stellen.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich weiß auch durchaus zu unterscheiden, was Zeugen-Wissen und was Glaubenssache ist. Und der Herr Zeuge sprach nun zuletzt von seinen Glaubenssachen. Herr Zeuge, ich habe die nächste Frage. Haben Sie eine richterliche Aussage des Herrn Müller über diese Geschichte herbeigeführt?

Zeuge Op[itz]:

Ich nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Wer denn?

Zeuge Op[itz]:

Das weiß ich nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Ist hierüber Müller richterlich vernommen worden?

Zeuge Op[itz]:

Ich weiß es nicht. Von mir aus nicht.

RA Dr. He[ldmann]:

Warum haben Sie im Falle, da Sie bearbeitende Behörde waren[ffff], im Falle einer Mordanschuldigung keine richterliche Vernehmung[43] herbeigeführt? Ich habe die Frage, damit kein Mißverständnis aufkommt, Herr Zeuge, an Sie und nicht an die Herren Bundesanwälte gerichtet, an Sie.

Vors.:

Das Mißverständnis ist nicht aufgekommen. Aber ich weiß nicht so recht, ob diese Fragen sinnvoll sind. Aber bitte, Sie können es beantworten.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, ob sie sinnvoll ist, das ist doch nun wirklich keine Frage, über die der Herr Zeuge grübeln sollte. Er braucht nur meine Frage zu beantworten.

Vors.:

Ja aber über den Sinn der Frage haben wir nachzugrübeln. Deswegen das Gespräch hat mit Ihnen stattgefunden nicht mit dem Herrn Zeugen.

[11869] RA Dr. He[ldmann]:

Halten Sie sie für unzulässig? Wollen Sie die Frage beanstanden?

Vors.:

Nein, ich sage ja, ich habe nachgegrübelt.

RA Dr. He[ldmann]:

... daß der Zeuge sie nun beantwortet.

Vors.:

Ja, das habe ich schon gesagt, der Herr Zeuge möge es beantworten.

Zeuge Op[itz]:

Herr Anwalt, ich habe ja bereits erklärt, daß ich das nicht im stillen Kämmerlein für mich behalten habe, sondern daß ich weiterberichtet habe.

RA Dr. He[ldmann]:

Das heißt also, wie Sie sagten, an die Bundesanwaltschaft?

Zeuge Op[itz]:

Ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht. Einwendungen gegen die Vereidigung? Auch nicht.

Der Zeuge Opitz wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einverständnis um 15.14 Uhr entlassen.

Vors.:

Soweit ich sehe, sind wir am Ende des heutigen Sitzungsprogramms. Morgen früh Fortsetzung ... Herr Bundesanwalt Dr. Wunder, bitte.

BA Dr. Wu[nder]:

Darf ich in dem Zusammenhang eine Erklärung abgeben, die eine Beweisanregung enthält. Der Zeuge Opitz ist vernommen worden. Die von ihm angesprochenen Ermittlungsergebnisse zum Fall Barz sind in der Ermittlungsakte der Bundesanwaltschaft 1 BJs 31/75 zusammengefaßt. Dieses Verfahren wurde aufgrund von Angaben des Zeugen Müller eingeleitet, nachdem Ingeborg Barz von Andreas Baader getötet worden sein soll. Der Vorgang ist noch nicht abgeschlossen. Ich bin bereit, dem Gericht die Akten 1 BJs 31/75 vorzulegen. Aus ihnen ergibt sich, daß an den von dem Zeugen Müller bezeichneten Orten eine Leiche nicht gefunden worden ist. Die bisherigen Ermittlungen haben jedoch nichts dafür erbracht, daß Müllers Angabe, die im wesentlichen solche vom Hören-Sagen sind, nicht der Wahr- [11870] heit entsprechen, vielmehr sind Anhaltspunkte dafür gewonnen worden, die für die Richtigkeit seiner Darstellung sprechen. Dazu könnten die Kriminalbeamten Freter und Bitzer vom Bundeskriminalamt gehört werden, wenn dies der Senat für erforderlich hält. Die Bundesanwaltschaft hat bisher von einer Vorlage dieser Akten abgesehen, weil sie sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollte, mit einem noch nicht zur Anklage gestellten und auch noch nicht anklagereifen Sachverhalt gegen Andreas Baader und seine Mitangeklagten Voreingenommenheit erzeugen zu wollen. Angesichts der Tatsache, daß die Verteidigung diesen Sachverhalt durch die Vernehmung des Zeugen Opitz eingeführt hat, glaubt die Bundesanwaltschaft jedoch, ihre Zurückhaltung nunmehr aufgeben zu sollen. Die Akten stehen dem Senat zur Verfügung. Ebenfalls meine abgegebene Erklärung.

Bundesanwalt Dr. Wunder übergibt die Akte 1 BJs 31/75 und seine schriftlich vorliegende Erklärung dem Gericht.

Diese Erklärung wird als Anl. 7 zum Protokoll genommen.

Vors.:

Danke. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie verdient Dank, diese Mitteilung des Herrn Bundesanwalts, wenn sie auch reichlich spät kommt. Natürlich weiß jeder Prozeßbeteiligte, daß diese Frage, Verdächtigung des Andreas Baader, Ingeborg Barz ermordet zu haben, eine der wesentlichen Fragen ist für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des sogenannten Kronzeugen[44] Gerhard Müller. Nun, sie kommt spät, aber sie kommt nicht zu spät, diese Bekanntgabe der vorhandenen Akte und ihres Zeichens und ich beantrage nunmehr,

diese Akte beizuziehen.

Vors.:

Also wir werden dann die Akte, sie scheint ja schon hier zu sein, beiziehen. Und die Herren Verteidiger haben auf der Geschäftsstelle Gelegenheit, Einsicht in die Akten zu nehmen.

[11871-11871a][45] [11872] RA Geu[len]:

Ich schließe mich dem Antrag an.

Vors.:

Ja, ist schon beschieden, positiv.

RA Geu[len]:

Also den Antrag muß ich doch selbst stellen, oder wie verstehe ich das.

Vors.:

Ja nun, Sie können ja die Sache jetzt von sich aus hier genauso behandeln, als wäre der Antrag nicht gestellt gewesen. Sie können es in der Geschäftsstelle einsehen, was hier übergeben worden ist. Wir sind damit am Ende des heutigen Sitzungsprogramms. 10.00 Uhr morgen früh Fortsetzung mit der Vernehmung des Generalbundesanwalts.

Ende der Sitzung 15.16 Uhr.

Ende des Bandes 702.


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 – Az.: 1 StE 1/74 – StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] 1974 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das Recht auf ein faires Verfahren verlange, Zeug/innen grundsätzlich das Recht zuzugestehen, einen Rechtsbeistand des Vertrauens zur Vernehmung hinzuzuziehen, wenn sie es für die Wahrnehmung ihrer prozessualen Befugnisse erforderlich hielten. Insbesondere die Lage derjenigen Zeug/innen, die sich durch ihre Aussage der eigenen Strafverfolgung aussetzen könnten, sei mit der Lage von Beschuldigten in einem Strafverfahren vergleichbar (BVerfG, Beschl. v. 8.10.1974 – Az.: 2 BvR 747/73, BVerfGE 38, S. 105, 112 ff.). Inzwischen ist dieses Recht gesetzlich in § 68b StPO verankert.

[3] Der Vorsitzende Dr. Prinzing hatte die Beweisaufnahme bereits am Ende des 148. Verhandlungstages geschlossen (S. 11767 des Protokolls der Hauptverhandlung) und die Bundesanwaltschaft ab dem 149. Verhandlungstag plädiert. Auch nach ihrer Schließung bleibt jedoch ein Wiedereintritt in die Beweisaufnahme möglich. Die Verfahrensbeteiligten haben bis zum Beginn der Urteilsverkündung das Recht, Beweisanträge zu stellen, das Gericht ist zur Entgegennahme verpflichtet (BGH, Urt. v. 3.8.1966 – Az.: 2 StR 242/66, BGHSt 21, S. 118, 123). Der Wiedereintritt wird – auch konkludent – angenommen, sobald Verfahrensvorgänge durchgeführt werden, die für die Sachentscheidung des Gerichts von Bedeutung sein können; dies sind insbesondere Prozesshandlungen, die in den Bereich der Beweisaufnahme fallen, aber auch wenn sonst der Wille des Gerichts erkennbar wird, es wolle mit den Prozessbeteiligten in der Beweisaufnahme fortführen. Dies kann bereits bei der Erörterung von Anträgen der Fall sein (BGH, Beschl. v. 5.2.2019 – Az.: 3 StR 469/18, NStZ 2019, S. 426 f. m.w.N.).

[4] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“

[5] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 – Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 – Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[6] Holger Meins, ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Da zu diesem Zeitpunkt der Senat als Gericht der Hauptsache zuständig für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für Entscheidungen über die Haftbedingungen war (§ 126 Abs. 2 StPO), machten die Angeklagten den Senat, insbesondere den Vorsitzenden Dr. Prinzing, unmittelbar verantwortlich für den Tod von Holger Meins. Gegen ihn (und weitere) erstattete Rechtsanwalt von Plottnitz im Namen von Meins’ Angehörigen sowie im eigenen Namen Strafanzeige wegen Mordes (Auszüge der Strafanzeige sind abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 195 f.; vollständig, aber schlecht lesbar, befindet sich die Strafanzeige auch im Anhang zu Anlage 1 zum Protokoll vom 19. Juni 1975, 7. Verhandlungstag, S. 644 ff.). Eine auf die Ereignisse um den Tod Holger Meins’ gestützte Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing durch die Angeklagte Ensslin findet sich in Anlage 1 zum Protokoll vom 19. Juni 1975 (7. Verhandlungstag, S. 620 ff.). Die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden Dr. Prinzing befindet sich auf S. 677 ff. (ebenfalls 7. Verhandlungstag).

[7] Am Morgen des 9. Mai 1976 wurde Ulrike Meinhof tot in ihrer Zelle aufgefunden. Die Umstände ihres Todes – offiziell Suizid durch Erhängen – wurden, nicht zuletzt durch die Vertrauensverteidigung, erheblich angezweifelt. Meinhofs Tod wurde zu einem medial breit diskutierten Ereignis (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 394 ff.; Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 268 ff.; März, Linker Protest nach dem Deutschen Herbst, 2012, S. 159 ff.; Terhoeven, Deutscher Herbst in Europa, 2014, S. 398 ff.). Der Angeklagte Raspe erklärte am 109. Verhandlungstag: „Wir glauben, daß Ulrike hingerichtet worden ist; wir wissen nicht, wie, aber wir wissen, von wem“ (S. 9609 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[8] Der Zeuge Pohle dürfte sich auf die Besetzung der Position des Vorsitzenden beziehen. Auch die Verteidigung rügte schon früher die Besetzung des Gerichts, insbesondere die Besetzung der Position des Vorsitzenden mit Dr. Prinzing und äußerte die Vermutung, dieser sei durch die Staatsschutzbehörden ausgewählt worden, um das Verfahren in Stammheim zu führen; die eigentlich besetzte – allerdings wohl nicht mit dem geeigneten Kandidaten – Stelle sei dafür eigens freigeschaffen worden. Siehe hierzu den Antrag des Rechtsanwalts Schily auf Einstellung des Verfahrens (Anlage 2 zum Protokoll vom 5.6.1975, S. 123 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 2. Verhandlungstag), sowie die Ablehnung des Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit am 7. Verhandlungstag (Teil II der Anlage 1 zum Protokoll vom 19.6.1975, S. 44 ff. der Anlage). Zur dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden Dr. Prinzing s. S. 681 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, ebenfalls 7. Verhandlungstag.

[9] Den Angeklagten wurden je zwei Verteidiger (gegen ihren Willen) durch das Gericht als Pflichtverteidiger zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet. Die Angeklagten lehnten die von ihnen sog. Zwangsverteidiger vehement ab und weigerten sich, mit ihnen zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[10] Die Hauptverhandlung fand in dem sog. Mehrzweckgebäude (auch „Mehrzweckhalle“) statt, einem Gerichtsgebäude aus Stahl und Beton, das in Vorbereitung auf den Prozess unmittelbar neben dem Gefängnis für etwa 12 Millionen DM errichtet wurde (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 69; krit. hierzu auch Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 100 f.).

[11] Gerhard Müller war ein ehemaliges Mitglied der RAF und einer der Hauptbelastungszeugen in diesem sowie in weiteren Verfahren gegen Mitglieder der RAF. Er wurde ab dem 124. Verhandlungstag als Zeuge vernommen. Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass die umfassende Aussage Müllers, mit der er die Angeklagten schwer belastete, u.a. durch das Versprechen diverser ungesetzlicher Vorteile unzulässig beeinflusst worden war (s. hierzu etwa die Beweisanträge in den Anlagen 4 bis 19 zum Protokoll zum 20.7.1976, S. 10643 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 128. Verhandlungstag; s. zu den Vorwürfen der Verteidigung auch Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 305 ff.).

[12] Der Polizeibeamte Norbert Schmid wurde bei einem Festnahmeversuch des RAF-Mitglieds Margrit Schiller erschossen. Er war das erste Todesopfer der RAF. Der genaue Tatvorgang, insbesondere die Täterschaft, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Schiller selbst belastete Gerhard Müller schwer, der mit Urteil vom 16.3.1976 vom LG Hamburg zwar für andere Taten, darunter Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Beihilfe zum Mord, nicht aber für den Mord an Schmid verurteilt wurde (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29). Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass der Freispruch Müllers in Bezug auf den Mord an Norbert Schmid Teil einer unzulässigen Absprache mit den Strafverfolgungsbehörden gewesen sei (s. dazu etwa die Beweisanträge in den Anlagen 8 und 12 zum Protokoll vom 20.7.1976, S. 10649 f., 10659 des Protokolls der Hauptverhandlung, 128. Verhandlungstag).

[13] Nach § 55 Abs. 1 StPO steht Zeug/innen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn sie sich selbst oder ihre Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) durch die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Hierüber sind sie zu belehren (§ 55 Abs. 2 StPO), in der Regel allerdings erst, sobald Anhaltspunkte für eine solche Gefahr erkennbar werden (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 55 Rn. 14).

[14] Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung war die Vereidigung von Zeug/innen nach § 59 f. StPO a.F. grundsätzlich vorgeschrieben. Ausnahmen galten nur für wenige Vereidigungsverbote, darunter bei Personen, die selbst wegen der Beteiligung der gegenständlichen Tat verdächtig oder bereits verurteilt worden waren (§ 60 Nr. 2 StPO). Darüberhinaus hatte das Gericht die Möglichkeit, in bestimmten Fällen von der Vereidigung abzusehen (§ 61 StPO a.F.).

[15] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[16] Der Tatbestand des § 129 StGB (Bildung krimineller Vereinigungen) enthält eine Regelung zur sog. tätigen Reue. Danach kann das Gericht „die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 15 [Anm. d. Verf.: heute § 49 Abs. 2 StGB]) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter 1. sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder 2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können; erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft“ (§ 129 Abs. 6 StPO a.F.; heute Abs. 7).

[17] Anlage 1 zum Protokoll vom 13.10.1976: Aussagegenehmigung für KHK Opitz.

[18] Anlage 2 zum Protokoll vom 13.10.1976: Aussagegenehmigung für KHK Wolf.

[19] Der Strafrahmen für die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied enthält eine Strafobergrenze von fünf Jahren.

[20] Der Schlosser Karl-Heinz Ruhland wurde im Dezember 1970 verhaftet. Erst wenige Monate zuvor hatte Ruhland wohl aus Geldsorgen begonnen, die RAF mit dem Frisieren gestohlener Autos zu unterstützen. Am 29. September 1970 beteiligte sich Ruhland an den Berliner Banküberfällen. Bis zu seiner Verhaftung kundschaftete er u.a. gemeinsam mit Meinhof und Jansen mögliche Einbruchsziele aus und beging Diebstähle. In mehreren Verfahren gegen RAF-Mitglieder fungierte Ruhland, der sich von der RAF losgesagt hatte, als umstrittener Belastungszeuge. Mit Urteil vom 15.3.1972 wurde er vom OLG Düsseldorf wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt; nach nur zweieinhalb Jahren wurde er vom damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann begnadigt. Im Laufe seiner verschiedenen Aussagen verstrickte er sich in zahlreiche Widersprüche (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 243 ff., 253 ff., 260, 271 ff.; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 243 ff.). Rechtsanwalt Heinrich Hannover bezeichnete ihn auch als „berühmtesten oder richtiger ruhmlosesten aller bisherigen Kronzeugen“ (Hannover, Terroristenprozesse, 1991, S. 140).

[21] Nach § 46 Abs. 2 StGB sind bei der Strafzumessung alle Umstände, die für oder gegen den/die Täter/in sprechen, gegeneinander abzuwägen. Einige werden namentlich genannt, darunter auch das Nachtatverhalten. In diesem Rahmen wirkt sich ein Geständnis in der Regel positiv auf die Strafzumessung aus, wenn auch mit unterschiedlichem Gewicht. Aspekte, die hierbei eine Rolle spielen sind z.B., zu welchem Zeitpunkt das Geständnis erfolgt (wurde dem/der Verletzten die weitere Belastung durch eine Zeugenaussage erspart?), ob es von Reue und Schuldeinsicht getragen ist oder ob es lediglich als Reaktion auf eine erdrückende Beweislage erfolgt (ausführlich Eschelbach, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafgesetzbuch, 4. Aufl. 2019, § 46 Rn. 128 ff.). Da zu den grundlegenden Verteidigungsrechten in einem Strafverfahren das Recht gehört, nicht zur Sache aussagen zu müssen (§ 136 Abs. 1 StPO), ist das Fehlen eines Geständnisses kein zulässiger Anknüpfungspunkt für eine Strafschärfung; gleiches gilt grundsätzlich auch für das Leugnen (BGH, Beschl. vom 8.11.1995 – 2 StR 527/95, NStZ 1996, S. 80; s. auch bereits BGH, Urt. v. 18.10.1960 – Az.: 5 StR 332/60, NJW 1961, S. 85). Vor diesem Hintergrund erfährt die regelmäßige strafmildernde Berücksichtigung von Geständnissen (bzw. der durch sie in Erscheinung tretenden Umstände) durchaus Kritik (Dencker, ZStW 102, S. 51, 56 f.; Eschelbach, in Fischer/Bernsmann [Hrsg.], Festschrift für Ruth Rissing-van Saan zum 65. Geburtstag, 2011, S. 115, 130 f.; Streng, in Feltes/Pfeiffer/Steinhilper [Hrsg.], Festschrift für Hans-Dieter Schwind zum 70. Geburtstag, 2006, S. 447, 448 ff.).

[22] Der Zeuge Dierk Hoff, der in seiner Werkstatt einige der von der RAF verwendeten Sprengkörperhüllen hergestellt hatte, wurde als einer der Hauptbelastungszeugen ab dem 68., sowie am 98. Verhandlungstag vernommen.

[23] Ingeborg Barz war ein frühes Mitglied der RAF. Zuvor war sie Teil der Hilfsorganisation Schwarze Hilfe und bildete u.a. gemeinsam mit Angela Luther, Inge Viett, Verena Becker und Waltraud Siepert eine feministische Gruppe namens Die schwarze Braut. Über Barz’ Position in der RAF ist nicht viel bekannt. 1971 soll sie beim Überfall auf eine Bank in Kaiserslautern mitgewirkt haben. Von der Verhaftungswelle 1972 war Barz nicht betroffen, gilt aber wie Angela Luther seitdem als verschwunden. Über ihren Verbleib existieren nur Spekulationen. Unter anderem stand der Verdacht im Raum, dass sie als Spitzel des Verfassungsschutzes enttarnt und von Baader erschossen worden sei (Kraushaar, Verena Becker und der Verfassungsschutz, 2010, S. 31 ff., 37 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S 299, 820). Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass die Behauptung, Baader habe Barz erschossen, von Gerhard Müller aufgestellt worden sei, um Baader wahrheitswidrig zu belasten (s. den Beweisantrag des Rechtsanwalts Dr. Heldmann am 142. Verhandlungstag, S. 11467 des Protokolls der Hauptverhandlung). Durch den Beweis der Unwahrheit dieser Tatsache sollte die Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen Müller insgesamt erschüttert werden (s. dazu etwa die Diskussion um den am 147. Verhandlungstag gestellten Beweisantrag, S. 11684 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[24] Beschuldigte können sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers oder einer Verteidigerin bedienen (§ 137 Abs. 1 StPO). Zum 1.1.1975 wurde durch das Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) die Zahl möglicher Wahlverteidiger/innen auf drei beschränkt (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO).

[25] „Harry“ war ein Deckname, den Gerhard Müller in der RAF benutzte. In seiner Vernehmung als Zeuge stritt Müller dies zunächst ab. Damit einher ging die Behauptung, er habe den Zeugen Dierk Hoff nie getroffen (S. 10399 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 125. Verhandlungstag); dieser hatte im Rahmen seiner Zeugenaussage allerdings ein Treffen mit einem „Harry“ geschildert, den er inzwischen als Müller identifizierte, s. S. 5948 des Protokolls der Hauptverhandlung, 68. Verhandlungstag). Müller korrigierte seine Aussage schließlich am 126. Verhandlungstag (S. 10407 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[26] Der Vorwurf des versuchten Mordes dürfte sich darauf beziehen, dass Müller bei seiner Verhaftung versucht haben soll, seine Schusswaffe zu ergreifen. Hierzu kam es aufgrund des schnellen Eingreifens der Polizeibeamten nicht mehr (s. Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 297 f.).

[27] S. Fn. 12.

[28] Lehnt der/die Vorsitzende die Ladung einer Person ab, so können Angeklagte die Person selbst unmittelbar laden (§ 220 Abs. 1 StPO). Für diese „präsenten Beweismittel“ enthielt § 245 StPO a.F. im Vergleich zu absenten Beweismitteln nur sehr eingeschränkte Ablehnungsgründe; die Ablehnung präsenter Beweismittel war nur möglich, wenn die Beweiserhebung unzulässig war oder nur zum Zwecke der Prozessverschleppung beantragt wurde. Für präsente Beweismittel bestand daher eine verstärkte Beweiserhebungspflicht des Gerichts (Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 245 Anm. 1). Inzwischen wurde die Erstreckung der Beweisaufnahme auf präsente Beweismittel von einem vorherigen Beweisantrag abgängig gemacht, welcher in seinen Ablehnungsgründen denen für absente Beweismittel weiter angenähert wurde (§ 245 Abs. 2 StPO).

[29] § 136a StPO enthält eine Auflistung von verbotenen Methoden bei der Vernehmung von Beschuldigten. Diese sind: die Beeinträchtigung der Willensentschließung und -betätigung durch Misshandlung, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Täuschung, Quälerei oder Hypnose, sowie die Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme oder das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils (Abs. 1). Ferner untersagt sind Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit der Beschuldigten beeinträchtigen (Abs. 2). Für den Fall eines Verstoßes gegen diese Verbote enthält § 136a Abs. 3 Satz 3 StPO ein Verwertungsverbot für die so zustande gekommenen Aussagen.

[30] Vor dem LG Kaiserslautern fand zu dieser Zeit die Verhandlung gegen die RAF-Mitglieder Manfred Grashof, Wolfgang Grundmann und Klaus Jünschke statt. Vorgeworfen wurden ihnen neben der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verschiedene Straftaten im Zusammenhang mit einem Banküberfall in Kaiserslautern am 22. Dezember 1971, bei dem der Polizeiobermeister Herbert Schoner erschossen wurde, sowie im Zusammenhang mit der Verhaftung von Grundmann und Grashof am 2. März 1972, bei der der Kriminalhauptkommissar Eckhart durch einen Schuss durch Grashof schwer verletzt wurde und schließlich am 22. März 1972 seinen Verletzungen erlag; dem Angeklagten Jünschke ferner die Beteiligung an der Herbeiführung der Explosion in Frankfurt am Main am 11.5.1972. Jünschke und Grashof wurden am 2.6.1977 je zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, Grundmann zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren verurteilt (Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 30 ff., 322; s. zu den Tatvorwürfen und späteren Verurteilungen auch DER SPIEGEL, Ausgabe 24/77 vom 6.6.1977, S. 104).

[31] Anlage 3 zum Protokoll vom 13. Oktober 1976: Beweisantrag des Rechtsanwalts Schily auf Vernehmung des KHK Stellmacher und des KK Kersten als Zeugen.

[32] Anlage 4 zum Protokoll vom 13. Oktober 1976: Beweisantrag des Rechtsanwalts Schily auf konsularische Vernehmung von Carmen Roll als Zeugin.

[33] Anlage 5 zum Protokoll vom 13. Oktober 1976: Beweisantrag des Rechtsanwalts Schily auf Vernehmung von Hannes Wader als Zeugen.

[34] Anlage 6 zum Protokoll vom 13. Oktober 1976: Beweisantrag des Rechtsanwalts Schily auf Vernehmung von Gabriele Klement als Zeugin.

[35] In der Akte 3 ARP 74/75 I befanden sich Vernehmungsprotokolle mit Angaben des Zeugen Müller. Für diese Akte hatte der damalige Bundesjustizminister Vogel zunächst eine umfassende Sperrerklärung nach § 96 StPO („Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch Behörden und öffentliche Beamte darf nicht gefordert werden, wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde“) abgegeben. Die Verteidigung bemühte sich lange darum, Einblick in die Akte zu erhalten. Die Prüfung und Entscheidung darüber, die Sperrerklärung wieder aufzuheben, wurde später der Bundesanwaltschaft anvertraut (s. die Mitteilung des Vorsitzenden Dr. Prinzing am 157. Verhandlungstag, S. 12215 des Protokolls der Hauptverhandlung). Am 158. Verhandlungstag gab die Bundesanwaltschaft schließlich nach erneuter Prüfung einen Großteil der Akte heraus (S. 12262 des Protokolls der Hauptverhandlung; s. zu den Vorgängen und Vermutungen rund um diese Akte auch Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 368 ff.). Am 159. Verhandlungstag wurde ein Schreiben des Bundesjustizministers bekanntgegeben, in welchem die letzten noch geheimhaltungsbedürftigen Passagen konkretisiert wurden (s. Anlage 2 zum Protokoll vom 9.11.1976, S. 12306 des Protokolls der Hauptverhandlung, 159. Verhandlungstag).

[36] § 147 StPO regelt das umfassende Akteneinsichtsrecht der Verteidigung. Abs. 1 lautet: „Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.“

[37] Das Hauptverhandlungsprotokoll wird erst mit seiner Fertigstellung Bestandteil der Gerichtsakten und damit Gegenstand des Akteneinsichtsrechts der Verteidigung (Valerius, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 1. Aufl. 2016, § 271 Rn. 33). Vor Fertigstellung kann der/die Vorsitzende allerdings Einsicht in das Hauptverhandlungsprotokoll gestatten (Krause, in Widmaier/Müller/Schlothauer [Hrsg.], Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 2. Aufl. 2014 § 7 Rn. 188).

[38] Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO).

[39] § 223 StPO ermöglicht die Vernehmung durch eine/n ersuchte/n oder beauftragte/n Richter/in, wenn dem Erscheinen von Zeug/innen in der Hauptverhandlung nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen, oder ihnen das Erscheinen wegen großer Entfernungen nicht zugemutet werden kann. Die Vernehmung kann auch im Ausland stattfinden. In diesem Fall kann die Vernehmung durch Konsularbeamt/innen durchgeführt werden. Die konsularische Vernehmung ist in § 15 Konsulargesetz (KonsG) geregelt. Die Vernehmungen und Vereidigungen und die über sie aufgenommenen Niederschriften stehen dabei gem. § 15 Abs. 4 KonsG Vernehmungen und Vereidigungen sowie den darüber aufgenommenen Niederschriften inländischer Gerichte und Behörden gleich, sodass diese nach Maßgabe des § 251 Abs. 1 StPO a.F. (heute: Abs. 2) durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt werden können (vgl. dazu Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 251 Rn. 33).

[40] § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO a.F. (heute: § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 6 StPO) ermöglicht die Wahrunterstellung für erhebliche Tatsachen, die zur Entlastung der Angeklagten bewiesen werden sollen.

[41] S. Fn. 6.

[42] S. Fn. 25.

[43] Grundsätzlich ist zwar die Staatsanwaltschaft die Herrin des Ermittlungsverfahrens, d.h. Ermittlungshandlungen führt sie entweder selbst oder unter Zuhilfenahme der Polizeibehörden durch (§§ 160 Abs. 1, 161 StPO). Auch jenseits derjenigen Untersuchungshandlungen, für die richterliche Anordnungen gesetzlich vorgeschrieben sind, kann sie allerdings gerichtliche Untersuchungshandlungen beantragen (§ 162 StPO). So hat die richterliche im Vergleich zur polizeilichen Zeugenvernehmung den Vorteil, dass in bestimmten Situationen nur die Verlesung des richterlichen, nicht jedoch des polizeilichen Vernehmungsprotokolls in der Hauptverhandlung zulässig ist (§ 251 Abs. 1 StPO a.F.; entspricht heute weitestgehend § 251 Abs. 2 StPO). Auch die Vernehmung der Verhörperson ist im Falle einer richterlichen Vernehmung in bestimmten Fällen von dem aus § 252 StPO hergeleiteten Beweisverwertungsverbot ausgenommen (s. dazu Ellbogen, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 252 Rn. 47 ff.). Im Verfahren gegen die vernommene Person selbst kommt zudem – sofern sie als Beschuldigte richterlich vernommen wurde – eine Verlesung nach § 254 Abs. 1 StPO in Betracht (heute ergänzt um die Möglichkeit der Vorführung von Bild-Ton-Aufzeichnungen einer solchen Vernehmung).

[44] Die Schaffung einer speziellen gesetzlichen Kronzeugenregelung wurde zum damaligen Zeitpunkt zwar diskutiert, erfolgte aber zunächst nicht. Während bereits mit Gesetz vom 28.7.1981 (BGBl. I, S. 681) eine Kronzeugenregelung für Betäubungsmitteldelikte geschaffen wurde (§ 31 BtMG), geschah dies erst 1989 auch für terroristische Straftaten (BGBl. I, S. 1059, S. 1061). Diese Regelung trat jedoch zum 1.12.1999 wieder außer Kraft. Erst seit dem 1.9.2009 gibt es im deutschen Strafrecht mit § 46b StGB eine allgemeine Kronzeugenregelung (eingeführt durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz vom 29.7.2009, BGBl. I, S. 2288).

[45] Anlage 7 zum Protokoll vom 13.10.1976: Erklärung des Bundesanwalts Dr. Wunder zur Akte 1 BJs 31/75 (Ermittlungen betr. Ingeborg Barz).


[a] Maschinell eingefügt: hin

[b] Maschinell eingefügt: Ihnen

[c] Maschinell eingefügt: ist

[d] Maschinell eingefügt: in

[e] Maschinell eingefügt: (als Vertreter von RA Schily)

[f] Maschinell eingefügt: die

[g] Maschinell eingefügt: an

[h] Maschinell ersetzt: V. durch Zg.Wolf:

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[k] Maschinell ersetzt: ... durch selbstverständlich sind sie

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[n] Maschinell ergänzt: danach

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[q] Maschinell ersetzt: auch durch ja

[r] Maschinell ergänzt: gebraucht

[s] Handschriftlich eingefügt: sie

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[u] Maschinell eingefügt: 6

[v] Handschriftlich durchgestrichen: Beantragte

[w] Handschriftlich durchgestrichen: machte

[x] Handschriftlich ergänzt: einer

[y] Maschinell ersetzt: ist durch das

[z] Handschriftlich ersetzt: habe durch hatte

[aa] Handschriftlich ergänzt: ginge

[bb] Maschinell eingefügt: denn

[cc] Handschriftlich ersetzt: angegeben durch abgegeben

[dd] Maschinell eingefügt: hat,

[ee] Maschinell ersetzt: ja durch ihnen

[ff] Handschriftlich durchgestrichen: Beschlagnahmungen

[gg] Maschinell eingefügt: nicht

[hh] Maschinell ersetzt: Rechtsanwalt durch Zeuge

[ii] Maschinell eingefügt: Herr

[jj] Handschriftlich ergänzt: wären

[kk] Handschriftlich durchgestrichen: also

[ll] Maschinell eingefügt: Herr

[mm] Maschinell eingefügt: eine

[nn] Maschinell durchgestrichen: ist

[oo] Maschinell eingefügt: durch

[pp] Maschinell ersetzt: RA Dr. He. durch Zg.Wolf

[qq] Maschinell ersetzt: von durch der

[rr] Maschinell eingefügt: Auf

[ss] Maschinell eingefügt: Auf

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[vv] Maschinell ersetzt: weil sich durch weiß ich

[ww] Maschinell eingefügt: selbst

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[fff] Maschinell ersetzt: jetzt durch erst

[ggg] Handschriftlich ersetzt: abgegeben durch angegeben

[hhh] Handschriftlich ersetzt: enthält durch enthalten

[iii] Maschinell ersetzt: es durch das

[jjj] Handschriftlich ersetzt: ist durch sind

[kkk] Maschinell eingefügt: es

[lll] Handschriftlich durchgestrichen: denen

[mmm] Maschinell ersetzt: wie durch welche

[nnn] Maschinell durchgestrichen: hier

[ooo] Maschinell eingefügt: auf

[ppp] Maschinell eingefügt: also

[qqq] Handschriftlich eingefügt: wie

[rrr] Maschinell ersetzt: Gerd durch Gerhard

[sss] Maschinell eingefügt: und

[ttt] Handschriftlich eingefügt: sie

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[vvv] Handschriftlich durchgestrichen: zu

[www] Maschinell ersetzt: ... durch Ich habe gegen

[xxx] Handschriftlich ersetzt: ist durch es

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