129. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 22. Juli 1976 um 9.04 Uhr



[10675] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 22. Juli 1976 um 9.04 Uhr.

(129. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. O. Sekr. Janetzko

Just. Ass. z. A. Scholze

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als Verteidiger sind anwesend: Rechtsanwälte Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel und Grigat.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Zunächst möchte ich Ihnen mitteilen: Zur Erledigung der gestellten Beweisanträge, soweit ihnen stattgegeben wird, sind folgende Sitzungstage vorgesehen: Natürlich heute. Dann Dienstag 27. bis Donnerstag 29.7., also Dienstag, Mittwoch, Donnerstag der nächsten Woche, Dienstag 3.8 und Mittwoch 4.8. Danach erst kann wieder bekanntgegeben werden, wie es mit den Sitzungstagen weitergeht. Was nun das Sitzungsprogramm innerhalb dieser Sitzungstage anlangt, so bereitet die Transportfrage insbesondere bei den Zeugen, die sich nicht auf freiem Fuß befinden, natürlich gewisse Schwierigkeiten, so daß noch keine präzise Reihenfolge angegeben werden kann. Die Beweisthemen, die Namen der Zeugen sind ja allen Prozeßbeteiligten bekannt, so daß sie sich darauf einstellen können. Für heute vorgesehen ist die Vernehmung von Herrn Dr. Croissant, nachmittags 14 Uhr Rechtsanwalt Golzem und, wenn die Zeit reichen sollte, für die Zeuginnen Schubert und Mohnhaupt. Am Dienstagvormittag ist vorgesehen die Vernehmung der Rechtsanwälte Ströbele, Groenewold und Köncke, und wenn der Transport klappt, aber ich bitte sich darauf einzustellen, nachmittags die Zeuginnen Stachowiak und Eckes. Fest steht ferner schon jetzt, weil bis dahin die Zeugen noch in Urlaub sind, also nicht vorher greifbar sind, daß die Rechtsanwälte von Plottnitz und Laubscher am Mittwoch 4.8., 9 Uhr gehört werden [10676] können. Das sonstige Zeugenprogramm wird verteilt werden und ich gehe es dann so rasch wie möglich, wenn es voraussehbar ist, in den jeweiligen Sitzungen bekannt.

Ich möchte dann jetzt noch folgendes bekannt geben, daß die in der Sitzung vom 9.12.1975 und 28.4.1976 verlesenen Schriftstücke, Protokoll 4836 und 9210, nämlich ein Auszug aus einer Aktennotiz, die sich im Ordner 97 Blatt 133, und eine Aktennotiz, die sich im Ordner 67 Blatt 6 befindet für die Urteilsfindung nicht verwertet werden wird. Diese Urkunden sind hier durch Verlesen eingeführt worden. Nach Überprüfung der rechtlichen Voraussetzung ist jetzt dieser Hinweis zu geben.[2] Werden also für die Urteilsfindung nicht verwertet.

Ich bitte nun Herr Dr. Croissant als Zeugen.

Der Zeuge Rechtsanwalt Dr. Croissant wird um 9.09 Uhr in den Sitzungssaal vorgeführt.

Ich bitte den Herrn Zeugen Platz zu nehmen.

Der Zeuge Dr. Croissant wird gem. §§ 57 und 55 StPO[3] belehrt.

Der Zeuge ist mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[4]

Vors.:

Die Personalien?

Der Zeuge machte folgende Angaben zur Person

Zeuge Dr. Croissant:

Dr. Klaus Croissant, Rechtsanwalt,

45 Jahre alt, derzeit in der JVA Heidenheim,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Zeuge, nach einem Beweisantrag ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Herr Vorsitzender, zunächst einmal, ich werde, solange die Wahlverteidiger nicht da sind, bzw. die Verteidiger des Vertrauens,[5] nicht aussagen. Ich bitte abzuwarten, bis die da sind.

Rechtsanwalt Dr. Temming erscheint um 9.10 Uhr im Sitzungssaal.

[10677] Vors.:

Nun wir sind ... Jetzt formiert sich jedenfalls der Kreis, Herr Dr. Temming ist anwesend. Herr Zeuge, Sie wissen, daß ein Gericht sich nicht danach richten kann. Es ist nicht unsere Sache. Die Herrn Verteidiger des Vertrauens, wie Sie sagen, haben sich ja um Sie bemüht. Sie haben den Beweisantrag gestellt. Wir geben statt. Der Termin ist allen geläufig und bekannt.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich glaube, daß Sie eine kurze Zeit warten können, bis die Wahlverteidiger bzw. die Verteidiger des Vertrauens eintreffen.

Vors.:

Sitzungsbeginn ist um 9 Uhr. Ich habe von den Herrn Wahlverteidigern keinen Antrag bis jetzt und keine Begründung, warum sie nicht erschienen sind. Es kann nicht in die Hand des Zeugen gelegt werden.

Herr Rechtsanwalt, bitte?

RA Dr. Tem[ming]:

Herr Vorsitzender, ich stelle auch im Namen von Herrn Heldmann den Antrag, die Vernehmung etwas zu verschieben, da Herr Heldmann unterwegs ist nach hier und offensichtlich auf der Autobahn aufgehalten worden ist.

Vors.:

Ja läßt sich denn voraussehen, Herr Dr. Temming, wie lange das etwa dauern könnte?

RA Dr. Tem[ming]:

Ich nehme an, daß er in einer halben Stunde da sein wird.

Vors.:

In einer halben Stunde erst?

RA Dr. Tem[ming]:

Ja ich weiß nicht, da ist offenbar eine Stauung oder so was. Ich weiß nicht, wie lange ...

Vors.:

Von wo aus hat denn Ihnen Herr Dr. Heldmann das mitteilen können?

RA Dr. Tem[ming]:

Er hat mir das nicht mitgeteilt heute morgen, sondern er hat mir gestern abend mitgeteilt, daß er in letzter Minute erst abfahren kann ...

Vors.:

Daß er in letzter Minute erst abfahren kann ...

RA Dr. Tem[ming]:

Ja. Aber daß er um 9 Uhr, Punkt 9 Uhr da ist.

Vors.:

Also haben Sie doch diese Mutmaßung mit dem Stau jetzt im Augenblick wohl selbst angenommen?

RA Dr. Tem[ming]:

Das ist eine Mutmaßung von mir, natürlich.

Vors.:

Sie wissen das nicht. Darf ich mal die Herrn fragen, ist bekannt, ob Herr Dr. Heldmann schon im Gerichtsgebäude gewesen ist oder hier den Bezirk betreten hat? Nichts bekannt darüber?

RA Dr. Tem[ming]:

Er ist noch nicht da, nein.

[10678] Vors.:

Will sich die Bundesanwaltschaft dazu äußern? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder?

BA Dr. W[under]:

Herr Vorsitzender, wir hätten zunächst gerne gehört, in welcher Eigenschaft Herr Dr. Temming hier anwesend ist. Uns ist es unbekannt.

RA Dr. Tem[ming]:

Ich bin in der Eigenschaft als Verteidiger von Frau Ensslin hier.

Vors.:

Das ist aber bekannt gegeben. Er ist in der Tat bevollmächtigter Verteidiger von Frau Ensslin.

BA Dr. W[under]:

Herr Dr. Temming, wenn ich die Frage an Sie unmittelbar richten darf: Verteidigen Sie auch Rechtsanwalt Dr. Croissant?

RA Dr. Tem[ming]:

In welcher Sache?

BA Dr. W[under]:

In der Sache, in der er sich augenblicklich in Haft befindet und wegen der Anklage erhoben ist.[6] Ich glaub, da gibt es im Augenblick nur einen Vorgang.

RA Dr. Tem[ming]:

Ja, verteidige ich auch Herrn Croissant.

BA Dr. W[under]:

Wir nehmen das zunächst zur Kenntnis.

Vors.:

Ich darf auch wohl annehmen, dasselbe gilt für Herrn Dr. Heldmann, der ja mehrfach schon in der Zeitung als Verteidiger von Herr Dr. Croissant ...

RA Dr. Tem[ming]:

Dasselbe gilt für Herrn Dr. Heldmann und dasselbe gilt für Herrn Schily.

Vors.:

Ja, wir beabsichtigen, die Vernehmung zu beginnen. Es ist nicht möglich, daß das Gericht ...

RA Dr. Tem[ming]:

Dann stelle ich den Antrag, die Vernehmung ...

Vors.:

... sich nach den Ankunftszeiten der Verteidigern richtet. Insbesondere, Herr Dr. Temming, das können Sie weniger überblicken als das Gericht ...

RA Dr. Tem[ming]:

Ja, Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Also darf ich zu Ende machen? ... Als wir die Erfahrung hier im Gerichtssaal gemacht haben, daß die Herrn Verteidiger des Vertrauens, wie gesagt worden ist, ihr Eintreffen ziemlich nach Belieben einrichten und weniger nach den vom Gericht festgesetzten Zeiten. Und ich kann nicht beurteilen, ob es sich nicht heute wieder um einen ähnlichen Fall handelt. Eine Verhinderung dieser Art, wie Sie sie angedeutet haben, ist eine bloße Mutmaßung. Dem Gericht ist davon nichts bekannt, so daß ich also jetzt bitte, Herr Zeuge, daß wir zu Ihrer Vernehmung schreiten können ...

[10679] RA Dr. Tem[ming]:

Herr Vorsitzender, ich stelle den Antrag, die Vernehmung der für heute von den Vertrauensverteidigern benannten Zeugen zu verschieben und zwar so lange, bis die Protokolle, die Wortprotokolle über die Vernehmung des Zeugen Müller der Verteidigung zur Verfügung gestellt worden sind. Es dürfte einleuchtend sein, daß wir ohne die Wortprotokolle Schwierigkeiten haben werden, entsprechende Vorhaltungen zu machen.

Vors.:

Ja. Zunächst die Vorfrage. Es ist doch den Herrn Verteidigern das Wortprotokoll, ich glaube vor 2 Tagen, im voraus sogar übergeben worden, bevor es noch durchkorrigiert war. Das heißt, Herr Rechtsanwalt Geulen hat es entgegengenommen. Hat einen Vorschuß bekommen, auf das erst auszuliefernde Protokoll.

RA Dr. Tem[ming]:

Also Herr Heldmann hat mir gestern abend gesagt, daß er die Protokolle noch nicht hat.

Vors.:

Wir haben es nun so schnell wie möglich fertig gemacht, wirklich unter Anstrengung aller Möglichkeiten. Wir sind noch nicht dazu gekommen, das durch zu korrigieren. Es ist also nur eine Vorgabe. Aber die Verteidigung ist ausdrücklich, und allein bisher die Verteidigung des Vertrauens, in den Besitz dieser Protokolle gebracht worden. Allen andern ist diese Vergünstigung nicht zugutegekommen, bisher. Es besteht im übrigen natürlich auch keine Notwendigkeit, die Herrn Verteidiger haben an der Vernehmung des Zeugen Müller teilgenommen. Sie müssen ihre Fragen aus dem Wissen, das sie dabei erworben haben, entnehmen. Daß wir hier ein Wortprotokoll verteilen, ist ein Entgegenkommen, aber bindet uns nicht etwa dann bei der Vernehmung von Zeugen. Ich kann also dem Antrag nicht stattgeben.

RA Dr. Tem[ming]:

Dann beanstande[7] ich Ihre Maßnahme.

Vors.: (Nach geheimer Umfrage)

Beschluß:

Der Senat bestätigte diese Entscheidung.

RA Dr. Tem[ming]:

Dachte ich mir.

Vors.:

Auch der Senat lehnt eine Verschiebung der Vernehmung des Herrn Zeugen ab.

Herr Rechtsanwalt Dr. Croissant, nach dem Beweisantrag sollen Sie Bekundungen machen können zu drei Komplexen: a) Wie Siegfried Hausner[8] zur RAF gekommen ist, b) Inhalt und Zweck des sogenannten INFO,[9] c) Zweck und Durchführung des Hungerstreiks[10] der Gefangenen und Beschreibung der Rolle, die dabei der Angeklagte Baader eingenommen haben soll. Diese Fragen fordern zu einer Vorfrage deswegen [10680] heraus, weil dieses Wissen natürlich Interna betrifft aus dem Kreise der Angeklagten und der Leute, die diesem Kreis der RAF zugerechnet werden. Frage, waren Sie selbst Mitglied dieses Kreises?

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Herr Vorsitzender, ich habe Ihnen vorhin gesagt und dabei bleibt es, solange die Wahlverteidiger oder die Verteidiger des Vertrauens noch nicht da sind, sage ich nichts und zwar schon deswegen nichts, weil ich mir natürlich von den Verteidigern des Vertrauens bestätigen lassen muß, 1. das Beweisthema, zu dem ich benannt worden bin. Das genügt mir nicht, wenn Sie mir die Bestätigung geben ...

Vors.:

Herr Zeuge, ich möchte Sie von vornherein ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Lassen Sie mich doch einmal ausreden ...

Vors.:

Nein, ich möchte Sie von vornherein bitten, die Formen zu wahren. Ich habe das Beweisthema ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich sags Ihnen ganz klar.

Vors.:

... aus diesem Beweisantrag Ihnen bekannt gegeben ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich möchte das genaue Beweisthema wissen, weil das Beweisthema wahrscheinlich ...

Rechtsanwalt Dr. Heldmann erscheint um 9.17 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Es hat sich wahrscheinlich erledigt. Herr Dr. Heldmann ist anwesend. Ich glaube, jetzt können wir fortfahren.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ja, dann unterbrechen Sie mich doch nicht ständig, wie Sie es bei den Angeklagten machen.

Vors.:

Fahren Sie fort. Ich habe Ihnen jetzt die Frage gestellt.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich laß mir das nicht bieten von Ihnen, das kann ich Ihnen jetzt schon sagen.

Vors.:

Ich darf Ihnen dazu sagen, wir lassen uns Ihr Auftreten in dieser Form auch nicht bieten. Ich muß Sie darauf hinweisen, daß ein Zeuge ja gewisse Ordnungsmaßnahmen[11] erdulden muß, wenn er sich nicht entsprechend hier als Zeuge aufführt. Im übrigen glaube ich, daß Sie wissen, daß ich einen gewissen Wert auf Einhaltung von Formen lege, und das sollten Sie auch hier tun.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Halten Sie bitte die Form ein, indem Sie mich aussprechen lassen und nicht Zusammenhänge zerstören.

Vors.:

Ich habe jetzt festgestellt, daß Herr Dr. Heldmann auch anwesend ist, so daß das Problem, das Sie jetzt für sich gesehen haben, [10681] wohl beseitigt wurde.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Also ich möchte erstens das Beweisthema wissen und ich kann Ihnen auch sagen warum. Ich bitte Sie jetzt, mich nicht zu unterbrechen, weil ich als ehemaliger Verteidiger der Angeklagten Baader, Ensslin und Raspe mich nur als entbunden[12] fühlen kann im Rahmen der gestellten Beweisanträge. Deswegen muß ich diese Beweisanträge wissen.

Vors.:

Ja, das ist verständlich. Ich werde Ihnen sofort den Beweisantrag, er ist sehr kurz, zu lesen geben, mit diesen drei Themen, wobei ich darauf hinweisen möchte, meine erste Frage diente ausschließlich der Aufklärung gerade dieser Frage.

Das Beweisthema lautet:

„Der Zeuge Dr. Croissant ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Kann ich das mal schriftlich haben?

Vors.:

... wird bekunden“ - ich lese es Ihnen im Augenblick vor -

„1. daß entgegen den Behauptungen des Zeugen Gerhard Müller[13] Siegfried Hausner nicht über ihn, dem Zeugen Croissant“, dann ist gestrichen, daß der Text, im Frühjahr 72 „zur RAF gekommen ist“,

„2. daß die Behauptungen des Gerhard Müller über Inhalt und Zweck des sogenannten INFO unrichtig sind,

3. daß die Darstellung des Zeugen Müller über Zweck und Durchführung des Hungerstreiks der Gefangenen aus der Roten Armee Fraktion und die Rolle des Angeklagten Baader bei der Durchführung des Hungerstreiks unrichtig ist.“

Sie können sich jetzt noch davon überzeugen, daß ich imstande war, richtig zu lesen.

Dem Zeugen wird eine Ablichtung des Beweisantrags von Rechtsanwalt Dr. Heldmann - Anlage 14 zum Protokoll vom 20.7.76 - vorgelegt.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich entnehme daraus, daß ich im Sinne dieser Beweisanträge entbunden bin von der Schweigepflicht.

Vors.:

Diese Meinung, Sie seien durchweg entbunden, kann ich Ihnen insofern nicht bestätigen, als der Zeuge Müller, dessen Verteidiger, glaube ich, Sie zeitweise gewesen sind, - ist das richtig?

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich war sein Verteidiger, ja. -

Vors.:

... die Entbindung hier, auf Fragen eines der Herrn Verteidiger, ausdrücklich verneint hat. Ich weise Sie darauf hin. Sie müssen selbst beurteilen, wie weit Sie sich unter der Verantwortung Ihrer Schweige- [10682] pflicht und[a] Anwaltspflicht befinden.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Naja, es gibt ja gewisse Notwehrrechte,[14] habe ich gehört.

Vors.:

Nun, ich sage ja, es ist Ihre eigene Beurteilung. Das Gericht ist zu keinen weiteren Hinweisen verpflichtet. Ich habe Ihnen das jetzt gesagt. Nun zunächst einmal, weil es sich hier um diese Interna handelt, über die Sie die Auskunft geben sollen, Vorfrage, haben Sie Kenntnisse, die Sie eventuell in den Stand setzen könnten, zu diesen Themen Aussagen zu machen, lediglich als Anwalt bekommen oder waren Sie selbst oder rechnen Sie sich selbst in den Kreis, in dem diese Interna frei besprochen und beredet wurden?

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich muß sagen, daß ich Ihre Frage nicht verstehe.

Vors.:

Die Frage war vorhin etwas klarer und deutlicher. Waren Sie selbst Mitglied des Kreises, der sich als RAF bezeichnet, so daß Sie die Interna daher kennen oder kennen Sie sie nur als Anwalt?

RA Dr. H[eldmann]:

Das ist nicht das Beweisthema.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich würde Sie bitten, derartig provokatorische Fragen zu unterlassen.

Vors.:

Ich bitte Sie, die Frage zu beantworten. Ich möchte wissen, woher Sie Ihre Kenntnisse haben. Das ist ganz selbstverständlich, daß das keine provokatorische, sondern eine notwendige Frage ist.

RA Dr. H[eldmann]:

Die Frage ist unzulässig. Hat der Zeuge bisher gesagt, daß er die Kenntnisse hat. Sie haben gefragt, woher er die Kenntnisse hat.

Vors.:

Woher er die Kenntnisse haben würde, die ihn instand setzen könnten - so habe ich mich ausgedrückt -, zu diesen Beweisthemen Stellung zu nehmen.

RA Dr. H[eldmann]:

Dann wäre es eine hypothetische Frage, die wird ebenfalls beanstandet.[15]

RA Dr. Tem[ming]:

Herr Vorsitzender, ich war schon lange nicht mehr hier. Sie legen so Wert auf Formen. Ist[b] das nicht üblich und in der Strafprozeßordnung vorgeschrieben, daß der Zeuge erstmal über das Beweisthema im Zusammenhang sich äußert, ehe Fragen gestellt werden? Meines Wissens steht das immer noch in § 69 Abs. 1 der StPO.[16]

Vors.:

§ 69[ StPO], Herr Rechtsanwalt Dr. Temming, besagt, daß der Zeuge über den Gegenstand zu belehren ist. Das ist geschehen. Ich habe dann noch klären müssen, inwieweit sich der Herr Zeuge befreit fühlen kann, von seinen Pflichten als Anwalt zum Schweigen ...

RA Dr. Tem[ming]:

Dagegen hatte ich nichts.

Vors.:

... und da war die einleitende Frage nun, wenn es ein Wissen etwa [10683] wäre, das aus der eigenen Mitgliedschaft käme, dann wäre das ein völlig anderer Fall, als wenn es nur als Anwalt anvertraut ist. Der Hinweis mit[c] Müller ist gegeben worden. Und um jetzt zu klären, inwieweit der Zeuge zu diesen Beweisthemen Stellung nehmen kann, dann darf er von sich aus sprechen, stelle ich diese Frage.

(Nach geheimer Umfrage)

Der Senat hat aufgrund der Beanstandung von Herrn Dr. Heldmann beschlossen:

Die Frage ist zulässig.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich erkläre dazu: Ich betrachte Ihre Frage als Provokation und ich verneine sie.

Vors.:

Sie hat zwei Teile gehabt, die vermeintliche Provokation. Sie müssen ja ein Wissen haben.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich habe gesagt, ich betrachte Ihre Frage als Provokation. Und die Frage, ob ich Wissen irgendwelcher Art, ich habe Sie richtig verstanden, daraus habe, daß ich zum Kreis der RAF gehört habe, die verneine ich.

Vors.:

Ja. Dann haben Sie es also nur als Anwalt erfahren können.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ja.

Vors.:

Deswegen weise ich also nochmals darauf hin, daß Herr Müller insoweit keine Befreiung erteilt hat. Und nun zum Thema 1. Wie ist Hausner zur RAF gekommen. Das ist ja der Kern ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich möchte meiner Beantwortung dieser Frage eines vorausschicken. Ich habe das Mandat von Müller niedergelegt zu einem Zeitpunkt, den ich jetzt nicht genau sagen kann. Sie werden ihn aus den Akten entnehmen können. Nach diesem Zeitpunkt war ich, den Zeitpunkt den genauen, kann ich aus der Erinnerung nicht sagen, in der Vollzugsanstalt Hamburg, um Irmgard Möller aufzusuchen. Wie gesagt, mein Mandatsverhältnis war beendet mit Gerhard Müller. Gerhard Müller erschien außen vor der Türe der Besuchszelle in Begleitung mit seiner Rechtsanwältin Gottschalk-Solger.

Vors.:

Darf ich fragen, hat das mit dem Beweisthema zu tun?

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ja natürlich hat es damit zu tun, sicher.

Vors.:

Ich erkenn’s im Augenblick noch nicht, aber bitte ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Sie werdens erkennen, Herr Vorsitzender. Er ging auf mich zu, nahm mich sozusagen beiseite und erklärte, wenn ich in dem Prozeß in Hamburg gegen ihn und Irmgard Möller[17][18] als Verteidiger von Irmgard Möller auftreten würde, dann würde er verschiedene Sachen [10684] hochgehen lassen.

Rechtsanwalt Geulen (als Vertr. v. RA Schily)[d] erscheint um 9.27 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich habe das als Erpressung empfunden[e]. Habe ihm das auch erklärt und habe gesagt, daß ich mich nicht erpressen lasse.

Vors.:

Könnten Sie charakterisieren, was Sie verstehen mußten vielleicht im Zusammenhang mit „verschiedene Sachen hochgehen lassen.“

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Das weiß ich nicht. Ich glaub, da müssen Sie Herr Müller fragen. Ich weiß es nicht. Ich hab es nur als Erpressung empfunden. Er hat diese Drohung auch darauf erstreckt, daß Rechtsanwalt Groenewold in diesem Prozeß auftritt; und es ist ja dann später zu einer Ausschlußentscheidung gegen mich gekommen. Ich möchte das vorausschicken, weil mir ein Zusammenhang mit der Behauptung des Zeugen gegeben zu sein scheint, Siegfried Hausner sei über mich zur RAF gekommen. An dieser Behauptung ist kein wahres Wort. Ich kann nicht erklären, wie er zu dieser Behauptung kommt. Das entzieht sich meiner Kenntnis. Nach allem, was ich über Langzeitisolation weiß, ist meine Auffassung darüber, wie er zu dieser Behauptung gekommen ist, die, daß er durch diese Langzeitisolation einer Gehirnwäsche unterzogen worden ist ...

Vors.:

Ja. Herr Rechtsanwalt Dr. Croissant ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

... und dann später zum Kronzeugen[19] aufgebaut wurde.

Vors.:

... als Rechtsanwalt werden Sie sich in die Rolle eines Zeugen leicht hineinversetzen können. Wir interessieren uns bei Ihnen als Zeugen um Ihr Tatsachenwissen. Ihre Auffassungen sind hier weniger von Bedeutung. Ich darf Sie also bitten, haben Sie über das hinaus, daß Sie sagen können, es sei kein Wort wahr daran, daß Sie Hausner zur RAF gebracht hätten, irgendwelche tatsächlichen Umstände noch anzuführen, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung erscheinen. Sie wissen, es muß ja dem Gericht alles mitgeteilt werden, was in den[f] Zusammenhang gehört.

RA Geu[len]:

Darf ich kurz unterbrechen, um einen unaufschiebbaren Antrag zu stellen. Ich möchte beantragen, daß die Vernehmung des Zeugen solange ausgesetzt wird, bis der Verteidigung die Protokolle der Vernehmung von Herrn Müller vorliegt ...

Vors.:

Ist schon erledigt, Herr Rechtsanwalt Geulen, es ist bereits der Antrag gestellt und bereits entschieden worden drüber.

[10685] RA Geu[len]:

Ja, ich hab den Antrag noch nicht gestellt, und ich habe die Protokolle auch noch nicht vorliegen.

RA Dr. H[eldmann]:

Rechtsanwalt Geulen hat ihn doch noch nicht gestellt.

Vors.:

Ja, er ist für die Verteidigung an sich gestellt worden. Aber bitte, Herr Rechtsanwalt Geulen. Dr. Temming hat da ...

RA Geu[len]:

Ja wenn jemand für mich den Antrag gestellt hat, dann bitte ich das, mir mitzuteilen. Aber soweit ich weiß, ist der Antrag von meiner oder unserer Seite, d.h. von Frau Ensslin noch nicht gestellt worden. Außerdem liegen uns eben die Protokolle nicht vor.

Vors.:

Sie haben doch, wie ich gerade vorhin durch Rückfrage bei den Herrn Urkundsbeamten bestätigt erhalten habe, auf meine Bitte hin vorzeitig sogar Protokolle bekommen über die Aussage Müller. Und zwar praktisch haben wir sie aus unserem Verantwortungsbereich entlassen, ohne daß sie korrigiert waren. Das war also ein weitgehendes Entgegenkommen. Gerade Sie, Herr Rechtsanwalt Geulen.

RA Geu[len]:

Ich hab ein Exemplar, das auch nur auszugsweise war oder wo einige Bänder fehlten für Herr Heldmann ...

Vors.:

Ja das ist das, was möglich und greifbar war. Mehr hatten wir selbst nicht.

RA Geu[len]:

Ja gut. Aber ich hab es für Herrn Heldmann in Empfang genommen. Ich selbst habe es nur als Bote in Empfang genommen für ihn, habe es nicht zur Kenntnis nehmen können und kenne seinen Inhalt nicht, und habe selbst für mich bzw. für Herrn Schily kein Exemplar empfangen.

Vors.:

Also darüber ist entschieden. Ich lehne die Verschiebung der Vernehmung ab aus denselben Gründen, wie zuvor genannt, nämlich daß keine Verpflichtung besteht, bloß wegen unserer Gefälligkeit, Ihnen diese Protokolle zukommen zu lassen, danach auch noch die Zeugenvernehmung auszurichten. Außerdem waren Sie beteiligt an der Vernehmung des Zeugen Müller und müssen aus dem Inbegriff der dabei gewonnenen Eindrücke eben Ihre Fragen stellen. Das geht uns allen so. Ich versichere Ihnen, ich habe die Protokolle auch nicht gesehen bisher.

Oberstaatsanwalt Zeis verläßt um 9.30 Uhr den Sitzungssaal.

RA Geu[len]:

Ja, sie liegen aber Ihnen vor, Herr Vorsitzender. Ich möchte um Senatsbeschluß bitten.

[10686] Vors.:

Wir wollen jetzt dieses Thema nicht weiter ausweiten. Wenn Sie beanstanden wollen, Herr Rechtsanwalt Geulen, dann können Sie das tun, dann wird der Senat entscheiden.

RA Geu[len]:

Ja, das möchte ich kurz begründen, und dann Herr Heldmann noch den Antrag stellen lassen. Vor allem möchte ich darauf hinweisen, daß die Protokolle dem Senat vorliegen und dem Herrn Vorsitzenden Richter anscheinend. Ob Sie die zur Kenntnis genommen haben bisher, kann ich nicht beurteilen; ich halte es auch nicht für wichtig. Jedenfalls lagen sie Ihnen am letzten Donnerstag vor. Sie liegen auch objektiv vor und ich meine daher, daß sie auch der Verteidigung zugänglich gemacht werden müssen. Bei einer so umfangreichen Vernehmung ist es schlechthin unmöglich, Vorhalte zu machen und Fragen zu stellen im einzelnen, wenn die schriftlichen Protokolle nur einer Seite der Prozeßbeteiligten, nämlich nur dem Gericht, vorliegen und nicht der Verteidigung. Ich möchte daher bitten um einen Senatsbeschluß.

Vors.:

Herr Dr. Heldmann, wollen Sie sich der Sache anschließen?

RA Dr. H[eldmann]:

Ja, das möchte ich.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich muß sagen, ich bekomme Zweifel daran ...

Vors.:

Darf ich bitten, Herr Zeuge, daß Sie im Augenblick nicht sprechen. Die Prozeßordnung sieht es nicht vor, daß ein Zeuge sich beteiligt an prozeßualen Anträgen der Verteidigung.

Oberstaatsanwalt Zeis erscheint um wieder um[g] 9.32 Uhr im Sitzungssaal.

RA Dr. H[eldmann]:

Ich schließe mich diesem Antrag an und bitte Sie, Herr Vorsitzender, mir zunächst die Frage zu beantworten, ob die Bundesanwaltschaft die Protokolle erhalten hat?

Vors.:

Ich habe vorhin schon gesagt, Sie waren vielleicht noch nicht da, daß Sie, die Verteidiger des Vertrauens, die einzigen sind, die den Vorzug genossen, in den Besitz der vorhandenen Protokolle vorzeitig gesetzt zu werden. Nicht mal die Bundesanwaltschaft, noch im Senat ist es verteilt worden, noch die Herrn Verteidiger, die Ihnen gegenüber sitzen,[20] haben bisher diese Gelegenheit gehabt.

RA Geu[len]:

Aber Sie haben die Protokolle, Herr Vorsitzender, Sie haben sie doch?

Vors.:

Ich habe die Protokolle in der Form, daß sie auf der Geschäftsstelle verarbeitet und bearbeitet werden, ja, wenn Sie das meinen. [10687] Aber damit ist die Frage beantwortet. Herr Dr. Heldmann, wollen Sie zur Begründung des Antrags sonst noch etwas ausführen?

RA Dr. H[eldmann]:

Ja. Sie haben zweierlei gesagt, was Sie für wesentlich halten für die von Ihnen offensichtlich projektierte Ablehnung dieses Antrags, nämlich a) die Übergabe der Tonbandprotokolle an Prozeßbeteiligte sei reine Gefälligkeit und keine Verpflichtung des Gerichts, dem halte ich zwei Argumente entgegen. 1. Es ist die ständige Übung des Gerichts und nicht ohne Not darf das Gericht davon abgehen, gerade dort, wo es darauf ankommt. 2. Wollen Sie sich auf dieses Argument, daß aus dem unter a) genannten Grund nach meiner Auffassung schon nicht durchschlägt, wollen Sie sich mit diesem Argument dem hier gestellten Begehren entziehen. Dann weise ich darauf hin, daß die Verteidigung den Anspruch auf die Einsicht in diese Protokolle vor der Vernehmung des Zeugen oder der Zeugen unter dem Gesichtspunkt des § 147[ StPO][21] geltend macht, dann beantragen wir Akteneinsicht und beantragen bis zur Gewährung der Akteneinsicht mit ausreichender Zeit, um diese Protokolle zur Kenntnis zu nehmen, die Verhandlung zu unterbrechen. Das Akteneinsichtsrecht ist sicherlich unbestritten und zu den Prozeßakten gehören selbstverständlich die Sitzungsprotokolle aus der Hauptverhandlung.

Vors.:

Es handelt sich um keine Sitzungsprotokolle ...

RA Dr. H[eldmann]:

Ich bin noch nicht fertig, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Verzeihung. Ja. Entschuldigung, ich dachte, Sie seien fertig.

RA Dr. H[eldmann]:

2. Sie haben das Argument genannt, Herr Geulen sei bei der Vernehmung des Zeugen Müller anwesend gewesen. Das war ich auch. Aber Sie selbst haben am vergangenen Donnerstag an der Hauptverhandlung ja hinreichend demonstriert, daß Sie Vorhalte aus eigenen Niederschriften nicht gelten lassen wollen und daß Sie vielmehr bei Vorhalten verlangen, daß Blattzahl und alle möglichen Geburtsdaten dazugefügt werden. Daher ist der Antrag berechtigt. Der Antrag zielt dahin, daß zur Vernehmung des Zeugen Vorhalte, dieses und weiterer Zeugen Vorhalte aus der Vernehmung Müller notwendig werden. Daß diese Vorhalte nur dann möglich sind, wenn die Prozeßbeteiligten im Besitz und in Kenntnis der Hauptverhandlungsprotokolle, also des Wortprotokolls vom 8. bis 15.7.1976 sind.

Vors.:

Ich lehne den Antrag auf Verschiebung der Vernehmung erneut ab. § 147[ StPO] trifft nicht zu. Es ist noch kein Sitzungsprotokoll.[22] Es sind [10688] im Augenblick Tonbandniederschriften, die später der Erstellung des Protokolls dienen sollen. Es ist ein Entgegenkommen gegenüber aller Prozeßbeteiligten, daß das Gericht diese Unterlagen vorzeitig schon bekannt macht. Übung des Gerichts ist es, das Gericht beabsichtigt, von dieser Übung nicht abzuweichen. Jedoch hat diese Übung bisher immer gezeigt, daß es einige Tage, wenn nicht zwei Wochen etwa dauert, bis die Protokolle ausgefolgt werden können. Diese zwei Wochen sind diesmal auch noch nicht verstrichen. Wir weichen in nichts von der Übung ab mit Ausnahme dessen, daß die Verteidigung begünstigt worden ist dadurch, daß wir undurchgesehene Unterlagen, soweit sie vorhanden waren, Ihnen vorzeitig zur Verfügung gestellt haben. Im übrigen ist Gegenstand der Hauptverhandlung die Anhörung der Zeugen und die Gelegenheit, Vorhalte zu machen: ergibt sich aus der Anwesenheit und aus dem Gehör dessen, was in der Hauptverhandlung geboten wird. Es ist nicht erforderlich, durch die Übung des Gerichts [h] Tonbandniederschriften herzustellen, darauf Rücksicht zu nehmen durch Verschiebung von Zeugenaussagen.

RA Dr. H[eldmann]:

Ich beantrage Senatsentscheidung. Unterbrechungsantrag war gestellt.

Vors.: (Nach geheimer Umfrage)

Beschluß:

Der Senat lehnt die Verschiebung der Vernehmung des Herrn Zeugen ab aus den eben aufgeführten und schon vorhin zum Teil bekannt gegebenen Gründen.

RA Dr. H[eldmann]:

Ich beantrage, für die Verteidigung eigenes Tonband zuzulassen und zu diesem Zweck Herrn Wackernagel, Christoph Wackernagel, für die Verteidigung Zugang zum Prozeßgebäude zu gestatten, die momentan verwehrt wird.

Vors.:

Wir haben grundsätzlich ja gegen das nichts gehabt.[23] Herr Wackernagel scheint mir ein Mitarbeiter, ich weiß nicht, in welchem Büro, zu sein. Ist er bisher schon für ein bestimmtes Büro erschienen?

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Wackernagel hat für die Verteidigung mit Tonband wiederholt schon hier gesessen.

Vors.:

Für welches Büro?

RA Dr. H[eldmann]:

Für die Verteidigung.

Vors.:

Das ist keine Frage, die damit zu klären wäre. Welches Büro hat Herr Wackernagel sonst hier praktisch mit vertreten?

[10689] RA Dr. H[eldmann]:

Ich sagte schon, für die Verteidigung. Aber ich kann ...

Vors.:

Ich kann Herrn Wackernagel nicht zulassen, bevor ich nicht weiß, a) in welchem Büro er tätig sein soll, b) in welchem er seinerzeit, als er hier anwesend war und durch ein bestimmtes Verhalten, das zu Bedenken Anlaß gegeben hat, aufgefallen ist. Das bitte ich zu klären.

RA Dr. H[eldmann]:

Durch welches Verhalten?

RA Geu[len]:

Büro ist doch kein Rechtsbegriff, Herr Vorsitzender, jedenfalls kein strafprozeßualer. Büro ist kein Rechtsbegriff.

Vors.:

Ich möchte wissen, für welchen Anwalt als Gehilfe Herr Wackernagel kommen soll.

RA Dr. H[eldmann]:

Darf ich zunächst einmal fragen, durch welches Verhalten soll er aufgefallen sein?

Vors.:

Nein, Sie dürfen das nicht. Ich habe jetzt die Antwort nicht zu geben, sondern ich bitte mir zunächst mitzuteilen, weil das die Frage überhaupt erst entscheidungsreif macht, für welches Büro soll Herr Wackernagel erscheinen.

RA Dr. H[eldmann]:

Ja, wenn Sie mir fünf Minuten Pause geben, dann werde ich mit ihm für die nächsten zwei Tage, drei Verhandlungstage ein Anstellungsvertrag abschließen.

Vors.:

Das heißt, daß Herr Wackernagel also jetzt im Augenblick noch in keinem dieser Büros tätig ist, der Anwälte, die hier vertreten sind. Dann hat er auch hier keine ...

RA Dr. H[eldmann]:

So ist es.

Vors.:

Dann ist er als Gehilfe nicht zugelassen.

Wir können damit mit der Vernehmung fortfahren.

RA Geu[len]:

Herr Vorsitzender, ich möchte dazu doch noch etwas sagen. Er erscheint[i] doch offensichtlich nicht als Vertreter eines Büros, das kann er auch gar nicht, weil er dazu nicht befugt wäre, etwa als Verteidiger mit Untervollmacht, sondern als vom Gericht bestellter Protokollant oder Hilfsprotokollant. Und dafür ist doch die Frage, für welches Büro, was im übrigen, ich wiederhole das, kein Rechtsbegriff ist, unerheblich. Sie müssen ihn bestellen oder haben ihn eben zu bestellen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Und er erscheint nicht hier als Vertreter irgendeines Büros oder eines Anwaltes, auch wenn das von unserer Seite angeregt wird. Ich schließ mich im übrigen dem Antrag von Herrn Heldmann an.

Vors.:

Ja, der Antrag ist bereits abgelehnt. Ist das als eine Beanstandung [10690] aufzufassen?

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, mindestens als Beanstandung.[j]

[Vors.:] (Nach geheimer Umfrage)

Der Senat bestätigt die Entscheidung, daß Herr Wackernagel als Gehilfe eines Anwalts hier nicht zugelassen werden kann. Es ist nicht bekannt, bei welchem Anwalt er beschäftigt ist. Die Aussagen der Herrn Verteidiger haben im Gegenteil ergeben, daß er bei keinem von ihnen beschäftigt ist.

Wir können jetzt mit der Vernehmung fortfahren. Es tut mir leid, Sie sind aus dem Konzept gebracht worden. Sie haben also dargelegt, daß kein Wort daran wahr sei, daß Hausner über Sie zur RAF gekommen sei; und ich habe dann die Frage daran geknüpft, ob Sie konkrete Umstände noch geltend machen wollen, die das belegen können. Wenn nicht, wenn Sie bloß sagen können, es stimmt nicht, dann wäre damit meine Frage zu diesem Punkt abgeschlossen.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich hab Ihnen ja gesagt, daß ich von Müller erpresst worden bin. Mich würde interessieren zunächst, ob mit Rücksicht auf die soeben gestellten und abgelehnten Anträge, ich als weiterhin von der Schweigepflicht bezüglich dieser Anträge als entbunden zu haben gelte. Ich nehme es an, aber ich bin mir nicht ganz sicher. Ich bitte das abzuklären.

Vors.:

Das ist Ihre Entscheidung, Herr Rechtsanwalt, nicht die des Gerichts. Wir können Ihnen da nicht behilflich sein. Können Sie zu dieser Frage, die gestellt worden ist, noch etwas ausführen über das hinaus, was Sie gesagt haben ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich bitte insoweit die Frage an die Herrn Verteidiger des Vertrauens zu richten, weil ich in der Tat, nachdem hier ein Antrag gestellt hat auf vorherige Protokollbeiziehung bezüglich von Aussagen des Zeugen Müller, zu denen ich geladen worden bin ...

Vors.:

Herr Zeuge, auch die Fragen an die Herrn Verteidiger ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich hab ja keine schriftliche Entbindungserklärung, ich hab ja nur diesen Beweisantrag. Aus diesem Beweisantrag geht konkludent hervor, daß ich entbunden bin.[24] Jetzt ist insofern eine neue prozeßuale Situation eingetreten, als Anträge gestellt worden sind, woraus ersichtlich ist, daß die Gefangenen wollen, daß ihre Verteidiger vorher das Protokoll über die Aussage des Zeugen Müller haben.

Vors.:

Gut. Also können Sie sich entbunden fühlen oder nicht.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Das weiß ich nicht. Ich bitte eine Erklärung der Gefangenen [10691] bzw. was mir genügt, ihrer Verteidiger des Vertrauens herbeizuführen, das genügt mir.

Vors.:

Die Verteidiger können, wenn sie wollen, das beantworten. Aber es ist nichts Verbindliches. Denn es ist nur eine Sache, die Sie selbst beurteilen müssen und können. Ich würde aber Ihrer Ansicht zustimmen, daß die Stellung eines Antrags auf Ihre Anhörung durch die Verteidigung zumindest seitens der Herrn Verteidiger das beinhaltet. Wobei darauf hinzuweisen ist, daß dieser Antrag, den Sie jetzt gerade hier vor sich liegen haben, von Herrn Dr. Heldmann gestellt worden ist. Das sind also die übrigen ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Das ist ja nicht mein Problem. Ich betrachte mich ja auch aufgrund dieses Antrages als entbunden. Ich habe gesagt, weshalb bei mir jetzt Zweifel aufgetaucht sind; und die bitte ich zu klären.

Vors.:

Die Zweifel sind aufgetaucht, das mag sein ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Sie können mich ja nicht dazu provozieren. Z.B. wenn ich jetzt weiter aussage, wenn ich gegen das Anwaltsgeheimnis verstoße, mit Strafe bedroht § 203 des StGB.

Vors.:

So ist es, ja. Deswegen haben wir ja drauf hingewiesen. Aber Herr Zeuge, es ist nicht möglich, daß wir das klären. Sie müssen wissen, ob Sie frei sind. Die Herrn Verteidiger haben den Antrag gestellt. Ich darf wohl davon ausgehen, das, was Herr Dr. Heldmann als Antrag gestellt hat, wird auch von den übrigen Herrn Verteidigern mit gebilligt.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Vorsitzender, ich kann nur sagen, daß Herr Baader für sich Herrn Croissant von der Schweigepflicht entbindet, hinsichtlich dieser Beweisthematik hier. Hinsichtlich Müller, Müller hat sicher nicht entbunden ...

Vors.:

Da habe ich darauf hingewiesen, da waren Sie noch nicht da.

RA Dr. H[eldmann]:

Doch, ich war hier. Aber hier gelten andere Gesichtspunkte, nämlich [§ ]32[ StGB] jedenfalls [§ ]34 StGB.[25] Mehr kann ich dazu nicht sagen, also nur für Baader sprechen.

Vors.:

Das muß der Herr Zeuge, wie ich ihm schon sagte, selbst beurteilen, wie er sich im Verhältnis zu Herrn Müller verhalten will.

Herr Rechtsanwalt Geulen für Frau Ensslin?

RA Geu[len]:

Ich kann das gleiche sagen für die Beweisthemen hier für Frau Ensslin.

Vors.:

Nun wäre noch für Herrn Raspe die Frage zu stellen. Die Herrn Pflichtverteidiger? Sehen Sie Gesichtspunkte, die Sie als Verteidiger zu der Annahme bringen müßte, daß Herr Raspe nicht wünscht, [10692] daß diese Beweiserhebungen durchgeführt werden?

RA Dr. H[eldmann]:

Sie können doch nicht den Verteidigern nun plötzlich die Frage in die Tasche schieben. Das kann doch nur der Berechtigte selbst entscheiden, nicht. Das müßte Herr Raspe gefragt werden.

Vors.:

Meinen Sie? Sie sind doch auch nicht der Geheimnisberechtigte. Sie haben es ja für Herrn Baader erklärt.

RA Dr. H[eldmann]:

Ich hatte die Möglichkeit mit Herrn Baader zu sprechen,[26] Herr Vorsitzender.

Vors.:

Das tut mir leid. Die Angeklagten sind nicht verpflichtet hier zu sein.[27] Also ich muß es Ihrer Beurteilung überlassen. Wenn Sie glauben, daß Sie als Anwalt Angaben machen können, insbesondere ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Herr Vorsitzender, bei mir sind Zweifel aufgetaucht. Die Zweifel sind bezüglich des Gefangenen Andreas Baader und der Gefangenen Gudrun Ensslin behoben. Ich bitte, da Herr Raspe nicht vertreten ist, um auch insoweit meine Zweifel zu beheben, eine Erklärung des Gefangenen Raspe herbeizuführen.

Vors.:

Ich darf darauf hinweisen, daß Herr Raspe vertreten ist. Aber wir wollen eine Pause einlegen und die Frage an Herrn Raspe richten lassen, in dem Sinne, wie es die Herrn Verteidiger ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Die Kollegen hatten auch Ihre Frage eben noch nicht beantwortet.

Vors.:

Ja, das erübrigt sich jetzt damit, weil ja der andere Vorgang vorausgeht. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß wir in der Zwischenzeit - sind die Protokolle verteilbar, oder was ist mit denen? - Wir werden es in der Pause klären, inwieweit offiziell diese Protokolle unter den Herrn Verteidiger verteilt werden können. Ich weiß nicht, in welchem Zustand im Augenblick schon diese Protokolle sind.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Ich bitte mir in der Pause ein Gespräch mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann und Herrn Rechtsanwalt Dr. Temming zu gestatten.

Vors.:

Herr Zeuge, ich darf Sie bitten, in Ihrem eigenen Interesse, daß Sie als Zeuge Gespräche nicht durchführen mit den Verteidigern. Das ist in keinem Gerichtssaal üblich, daß der Zeuge das tut.

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Das sind doch meine Verteidiger.

Vors.:

Ja, aber hier gehts ja nun nicht um Ihre Verteidigungsfrage, sondern um Ihre Anhörung als Zeuge. Ich würde es Ihnen sonst genehmigen; aber in Ihrem eigenen Interesse würde ich Ihnen davon abraten. Das sollte nicht geschehen. Ein Zeuge sollte ...

[10693] Zeuge Dr. Cro[issant]:

Das verstehe ich jetzt nicht, daß das in meinem eigenen Interesse ist, daß ich kein Gespräch mit meinen Verteidigern führen kann.

Vors.:

Sie hätten es früher durchaus auch akzeptiert, wenn Ihnen sowas gesagt worden wäre. Ich kann es also nicht ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Herr Vorsitzender, soviel ich weiß, wird den anderen Gefangenen, die hier auftreten und die selbst hier Beschuldigungen ausgesetzt sind, seitens der Strafverfolgungsbehörden gestattet, daß sie mit Ihren Verteidigern sprechen. Weshalb machen Sie das bei mir nicht?

Vors.:

Ich gestatte nicht, daß mit Verteidigern ein Zeuge, der noch gehört werden muß, jetzt Gespräche in der Pause führt. Die Pause bitte ich bis 10 Uhr zunächst anzusetzen ...

Zeuge Dr. Cro[issant]:

Herr Vorsitzender, darf nicht jeder Prozeßbeteiligte sprechen mit einem Zeugen? Das ist doch erlaubt. Die Bundesanwaltschaft spricht mit Zeugen, warum eigentlich die Verteidigung nicht?

Pause von 9.47 Uhr bis 10.22 Uhr

Ende von Band 618

[10694] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 10.22 Uhr.

B. Anw. Dr. Wunder ist nicht mehr anwesend.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Die Verzögerung erklärt sich daraus, daß wir jetzt erst die Erklärung bekommen haben, daß Herr ... Darf ich zunächst das jetzt mit dem Herrn Zeugen zu Ende bringen, Herr Rechtsanwalt Temming.

RA Dr. Te[mming]:

Nee, es geht darum, es geht darum, daß ich doch darum bitte jetzt, Herrn Wackernagel als meinen Assistenten zuzulassen.

Vors.:

Ich darf Sie bitten, das zurückzustellen. Ich habe jetzt dem Herrn Zeugen mitzuteilen ...

RA Dr. Te[mming]:

... damit er auch das, was ...

Vors.:

... wie sich Herr Raspe entschieden hat. Wir können die Frage mit dem Herrn Zeugen dann rasch erledigen, und die übrige Frage mit der Fortsetzung ...

RA Dr. Te[mming]:

Ich möchte, daß das aufgenommen wird.

Vors.:

Herr Dr. Temming, jetzt werde ich zuerst Herrn Dr. Croissant mitteilen, daß (zu Dr. Croissant) Herr Raspe Sie nicht von Ihrer Schweigepflicht entbunden hat, unter Hinweis darauf, daß er die Protokolle noch nicht habe. Er hat also das übernommen, was vorgetragen worden ist.

Eine beglaubigte Fotokopie des Schreibens des Angeklagten Raspe wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.

Ich weise nochmals darauf hin, der Senat hat keine Möglichkeit, die technischen Vorbereitungen dieser Protokolle beschleunigter durchzuführen, als es geschehen ist, zumal die Verteidigung voraus das bekommen hat. Und es wird nun aus dem Entgegenkommen des Senats hier etwas hergeleitet, das eben prozessual nicht möglich ist, herzuleiten.

Frage an Sie: Sehen Sie sich trotz dieser Nichtentpflichtung im Stande, Aussagen zu machen?

Zeuge Dr. Cr[oissant]:

Ich entnehme diesem Beweisantrag, deswegen auch vorhin die Zweifel, die ich da angemeldet habe, daß das da heißt:

„Eine Erweiterung und Präzisierung des Beweisantrages nach Vorliegen der Protokolle über die Aussagen des Zeugen Müller in der Hauptverhandlung bleibt vorbehalten“ und das ist der Beweisantrag von RA Dr. Heldmann für den Gefangenen Andreas Baader. [10695] Ich sehe mich, ehe das nicht geklärt ist bezüglich sämtlicher Gefangenen, nicht in der Lage, auszusagen. Ich betrachte mich nicht als entbunden.

Vors.:

Dann ist Ihre Vernehmung abgeschlossen.

Zeuge Dr. Cr[oissant]:

Also ich betrachte mich nicht ... ich habe Zweifel, ich betrachte mich nicht als entbunden mit dieser Erklärung von Herrn Raspe.

Der Zeuge Dr. Croissant bleibt gemäß § 60 Ziff. 2 StPO[28] wegen Verdachts der Tatbeteiligung unbeeidigt.

Der Zeuge wird im allseitigen Einvernehmen entlassen und um 10.25 Uhr aus dem Sitzungssaal abgeführt.

Vors.:

Ich habe nun auf folgendes hinzuweisen:

Die Protokolle werden so rasch wie möglich, nach den jetzigen Feststellungen möglicherweise noch vor der Mittagspause, soweit sie vorhanden sind, an die Prozessbeteiligten gelangen. Es kann sein, daß einige Dinge noch berichtigt werden müssen, wir sind also nicht zur vollen Korrektur gekommen aus Gründen der Beschleunigung.

Eine weitere, rechtlich schwierige Situation entsteht durch folgendes:

Sie haben uns heute früh erklärt, daß Sie die Verteidigung von Herrn Rechtsanwalt Dr. Croissant übernommen haben, daß alle Verteidiger des Vertrauens, die hier beteiligt sind, auch an der Verteidigung von Herrn Dr. Croissant teilnehmen. Den Vorwürfen nach handelt es sich um identische Tatvorwürfe im Rahmen des § 129[ StGB].[29] Und damit entsteht das Problem des § 146 StPO.[30] Ich muß Sie darauf hinweisen, daß Sie sich entscheiden werden müssen, wo Sie die Verteidigung führen wollen.

Sie können, nach dem was wir bis jetzt überprüfen können und wissen von dieser Verteidigung, diese Doppelverteidigung nicht führen. Das läßt das Gesetz nicht zu; und ich möchte Sie deshalb im Interesse der geordneten Verteidigung hier bitten, sich rasch zu entscheiden, wo die Verteidigung geführt werden sollte.

Die Führung der Verteidigung im Falle Dr. Croissant ist ja schon sukzessiv. Wenn Sie allerdings darauf beharren würden, [10696][31] [10697] diese Verteidigung trotzdem dort wahrnehmen zu wollen, dann würde das wohl zu der Konsequenz führen müssen, daß in beiden Fällen eine[k] Verteidigung nicht durchführbar ist, unzulässig wäre.

B. Anw. Dr. Wunder erscheint um 10.26 Uhr wieder im Sitzungssaal.

Bitte also, das ist eine Anregung, daß Sie uns möglichst rasch darüber Bescheid geben, ob Sie das Mandat in diesem Verfahren niederlegen. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, dann bitte ich um eine Unterbrechung der Hauptverhandlung. Die Frage kann ich nicht beantworten, bevor ich diese Frage mit beiden jetzigen Mandanten erörtert habe. Im übrigen weise ich darauf hin, daß ich die Verteidigung von Herrn Croissant seit dem Juni des vorigen Jahres führe, nicht also erst seit vorgestern.

Vors.:

Das war dem Senat nicht bekannt. Es ist durch eine Presseverlautbarung erst uns in das Bewußtsein gedrungen; aber das erleichtert die Sache nicht, sondern erschwert sie in ihrer rechtlichen Problematik eher. Sie müssen also hier die Entscheidung treffen. Nun gehe ich allerdings davon aus, daß die Frage der Zulässigkeit der Verteidigung im Fall Dr. Croissant durch Sie von den dortigen Gerichten dem Gesetz gemäß entschieden werden wird, so daß kein Grund besteht, im Augenblick jedenfalls kein aktueller Anlaß, das Verfahren nicht fortzuführen und Sie hier weiter als Verteidiger anzuerkennen. Aber ich würde Sie bitten, die Frage nun rechtlich möglichst rasch zu bereinigen.

Kann man ... will sich die Bundesanwaltschaft zu den hier geäußerten Bedenken ebenfalls äußern? Herr Bundesanwalt Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Vorsitzender, wir schließen uns dem voll und ganz an. Wir würden nur auch bitten, daß sich die in Betracht kommenden Herrn Verteidiger alsbald darüber klar werden, vor allem, bevor sie entscheidende Verteidigungshandlungen in dem Verfahren gegen Herrn Rechtsanwalt Croissant vornehmen. Denn sonst wären die Folgen ja vielleicht etwas anderes als angedeutet.

Vors.:

Dankeschön. Nun werden wir eine Pause ... Verzeihung ...

RA Dr. He[ldmann]:

Welche Folgen meint der Herr Bundesanwalt? Ich habe Sie nicht ganz verstanden.

Vors.:

Ja nun, daß die Verteidigung hier nicht weitergeführt werden könnte.

RA Dr. He[ldmann]:

Davon sprechen wir die ganze Zeit schon.

Vors.:

Ja eben. Darf ich Sie nun bitten, wir machen erneut eine Pause und wollen dann ...

RA Dr. Te[mming]:

Darf ich den Antrag stellen, Herrn Wackernagel als meinen [10698] Assistenten zuzulassen. Ich habe mit Herrn Wackernagel einen Vertrag geschlossen, daß er mir am heutigen Tage als Assistent hilft gegen 50 Pfennig pro Stunde, und zwar besteht seine Aufgabe in der Aufnahme der Hauptverhandlung auf Tonband. Herr Wackernagel ist damit Angestellter von mir.

Vors.:

Im Büro Dr. Temming, ja ...

RA Dr. Te[mming]:

Nicht im Büro, hier.

Vors.:

Ich werde über diesen Antrag jetzt in der Pause entscheiden. Es tritt jetzt zwangsläufig eine erneute Pause ein, weil die Zeugin Mohnhaupt, die wir als nächste hören wollen, jetzt vorzuführen ist. Bitte also die Zeugin vorzuführen und uns Bescheid zu geben, sobald die Zeugin anwesend ist.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Vorsitzender, können wir zu diesem Antrag, der eben gestellt worden ist, noch Stellung nehmen?

Vors.:

Bitte sehr, selbstverständlich.

BA Dr. Wu[nder]:

Aus den Gründen, die wir hier in diesem Sitzungssaal schon mehrfach vorgetragen haben, treten wir der Verwendung eines eigenen Tonbandgerätes der Verteidigung entgegen, weil ein Mißbrauch nicht ausgeschlossen ist. Jedenfalls werden wir uns mit Entschiedenheit dagegen verwahren, daß Erklärungen seitens der Bundesanwaltschaft auf dieses Band aufgenommen werden.

Vors.:

Damit treten wir in die Pause ein, ich bitte, daß Sie sich auf eine Fortsetzung etwa in einer Viertelstunde einrichten.

Pause von 10.30 Uhr bis 10.49 Uhr.

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung ist die Zeugin Brigitte Mohnhaupt - vorgeführt aus der Untersuchungshaft - anwesend.

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Herr Wackernagel kann an der Sitzung teilnehmen. Ist er anwesend?

Der Angestellte des Rechtsanwalts Dr. Temming, Herr Wackernagel, erscheint mit einem Kassettenrecorder im Sitzungsaal.

RA Dr. Te[mming]:

Ja.

Vors.:

Herr Wackernagel, es wird auch gestattet, dieses Gerät zu verwenden, nach der bereits erfolgten grundsätzlichen Genehmigung, allerdings nicht für Ausführungen, die die Bundesanwaltschaft macht. Das Gericht stimmt auch nicht zu. Wie ist es bei den Herren Verteidigern? Die Herren Verteidiger stimmen auch nicht zu. Sie können es also nur verwenden zur Ausführung der Herren [10699] Verteidiger, bei denen Sie sitzen, und eventuell, das hängt noch von der Zustimmung von der Zeugin Mohnhaupt ab. Nur für diesen Zweck. Und es muß auch Vorsorge dafür getragen werden, daß also das auch streng eingehalten wird. Ich weise noch darauf hin, Herr Wackernagel, es gab beim letzten Mal, wie Sie wissen, noch gewisse Schwierigkeiten zum Schluß. Solche Vorkommnisse würden natürlich dazu führen, wenn sich so etwas wiederholen würde, daß wir also Sie an der Sitzung nicht teilnehmen lassen könnten. Ich bitte Sie also, in der Beziehung daran zu denken.

Die Zeugin Mohnhaupt wird gem. §§ 57 u. 55 StPO belehrt.

Die Zeugin Mohnhaupt ist mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich möchte beantragen, und das tue ich hiermit,

die Vernehmung der Zeugin Frau Mohnhaupt zu unterbrechen, bis die Verteidigung die Wortprotokolle über diese Vernehmungen des Zeugen Müller in dieser Hauptverhandlung erhalten hat und Zeit bekommen hat, sie auch zu lesen.

Begründung: Der Herr Vorsitzende hat in der Hauptverhandlung am Dienstag hier selbst gesagt, daß jedenfalls er diese Protokolle hat, kennt und sich ihrer in der Hauptverhandlung auch bereits bedient. Er hat sich bereits ihrer bedient. Damit sind diese Protokolle ...

Vors.:

Können Sie sagen, bei welcher Gelegenheit das gewesen sein soll? Wenn Sie auf einen Beschluß des Senats anspielen, da ist in der Tat für ganz bestimmte Zwecke das Protokoll ausdrücklich zu diesem ... beziehungsweise Tonband, zu diesem Zwecke überprüft worden.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe in Erinnerung, daß Sie in der Hauptverhandlung am vergangenen Dienstag gesagt haben: Jawohl, sie selbst haben die Protokolle und kennen sie auch.

Vors.:

Es stimmt wohl nicht, aber bitte, wir wollen damit die Zeit nicht verschwenden.

[10700] RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe in Erinnerung, daß der Herr Vorsitzende in der Verhandlung am Dienstag erklärt hat, daß er die Protokolle habe und auch kenne. Damit sind, mit der Kenntnisnahme, das heißt, überhaupt mit der Existenz dieser Protokolle sind sie Bestandteil der Gerichtsakten geworden; und die Verteidigung hat den Anspruch auf Kenntnis dieser Gerichtsakten. Das ist der Anspruch aus [§ ]147[ StPO], wo jetzt die Zeugen ... die Beweisaufnahme fortgesetzt wird ohne Kenntnis dieser Gerichtsteilbestandakte, verstieße das gegen [§ ]147 Strafprozeßordnung zum Nachteil der Verteidigung. Deswegen dieser Antrag: zu unterbrechen, bis die Protokolle vorliegen und gelesen werden können.

Vors.:

Aus denselben Gründen, die bereits genannt sind, der Verteidigung geläufig sind, möchte ich diesem Antrag nicht stattgeben.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich beantrage Senatsbeschluß hierüber.

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Auch der Senat hat beschlossen, daß dem Antrag nicht stattgegeben wird. Die Gründe sind bekannt.

Die Zeugin Mohnhaupt macht folgende Angaben zur Person:

Brigitte Mohnhaupt, 26 Jahre,

früher Studentin, nachträglich berichtigt: berufslos,

JVA Stuttgart.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Nach einem Antrag der Verteidigung sollen Sie Angaben machen können dazu, wie die Struktur innerhalb der RAF gewesen ist, ob es eine Hierarchie gegeben hat, ob es ein Verhältnis der Über- oder Unterordnung gegeben habe. Ferner, wie die RAF strukturiert gewesen sei, ob es sich um eine sogenannte „offene Gruppe“ gehandelt hat, das heißt also um eine Gruppe, wo jeder von jedem erfahren hat, hinsichtlich der Planungen und Vorhaben, oder ob es in der Gruppe so gewesen ist, daß man sich in eng begrenzten Gruppen, Kleingruppen, organisiert hat, und daß der Informationsaustausch eben beschränkt war auf die jeweils vorhandene Kleingruppe; ob die nun nach sachlichen oder örtlichen Gesichtspunkten getrennt war, das wird sich dann zeigen. Das sollen Sie bekunden können. Das ist das Beweisthema.

[10701] Frage zunächst: Waren Sie Mitglied der RAF oder sind Sie noch, wenn Sie ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Also um ... erstmal will ich nochmal kurz was zu der Befragung zur Person sagen. Das ist natürlich Quatsch zu sagen, Studentin, weil genau das völlig gelaufen ist, für jeden von uns und gelaufen war und ... also kann man nur sagen nichts dergleichen.

Vors.:

Also müßten wir als Bezeichnung „berufslos“ aufnehmen, ja.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

... Also streichen Sie das, das ist lächerlich.

Vors.:

Ist in Ordnung, ist berichtigt.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Und dann der zweite Punkt ist, daß ich hier von Ihnen von dem Gericht und von der Bundesanwaltschaft sowieso keine Fragen beantworten werde. Das wäre völlig absurd, weil so ist das Verhältnis nicht. Das Verhältnis zwischen uns, dem Gericht, der Justiz, der Bundesanwaltschaft ist der genaue Begriff „Krieg“. Und der deutlichste Ausdruck dafür ist, daß vier Gefangene, vier von uns tot sind,[32] als Gefangene ermordet worden sind; und dazu gibt es überhaupt keine Möglichkeit der Auseinandersetzung hier auf dieser Ebene, das heißt, ich werde hier nur die Fragen der ...

Vors.:

Ich bitte jetzt abzuschalten das Protokoll, Herr Wackernagel, jetzt im Augenblick, ich bin nicht einverstanden, daß meine Ausführungen aufgenommen werden.

Sie haben damit erklärt, Sie wollen dem Gericht gegenüber keine Fragen beantworten.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich werde nur die Fragen der Verteidigung beantworten.

Vors.:

Gut, das nehmen wir zur Kenntnis, bloß muß ich Sie darauf hinweisen, es ist nicht nur das Recht, sondern die Pflicht des Gerichts, Fragen an Zeugen zu stellen, auch Zeugen, die von der Verteidigung benannt sind. Und es ist meine weitere Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, wenn Sie ohne gesetzlichen Grund - ich sehe keinen, die Erklärung, die Sie gerade abgegeben haben, gibt keinen gesetzlichen Grund - die Aussage verweigern gegenüber dem Gericht, dann müßten Sie als Zeugin gewärtigen, daß es dafür Zwangsmittel im Gesetz gibt, die ich Ihnen androhen müßte. Ich würde also meinen, und Sie werden nicht sehr viele Fragen vom Gericht hinnehmen müssen, jedenfalls von mir nicht, daß Sie sich zu den Punkten die sich streng an das von den Verteidigern beantragte halten, durchaus auch dem Gericht gegenüber äußern können.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender ...

[10702] Vors.:

Darf ich in meiner Vernehmung der Zeugin fortfahren, Herr Rechtsanwalt.

RA Dr. He[ldmann]:

Nicht jedoch vielleicht ohne vorher die Zeugin über ihr Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55[ StPO] belehrt zu haben?

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann; ich bin also jetzt wirklich in der Versuchung zu sagen, zum wievielten Male Sie wiederholen, daß Dinge, die kurz zuvor passiert sind, von Ihnen nochmals reklamiert werden. Das ist geschehen.

RA Dr. He[ldmann]:

Haben Sie belehrt?

Vors.:

Habe ich, ja.

RA Dr. He[ldmann]:

Gut.

Vors.:

Wenn die Frau Zeugin also hier erklären möchte ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Also wenn Sie die juristische Formel brauchen, dann verweigere ich eben die Aussage zu allen Fragen von Ihnen und von der Bundesanwaltschaft.

Vors.:

Also da wollen Sie sich auf § 55[ StPO] berufen, weil Sie die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung befürchten? Nun ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Wenn es die Sache abkürzt.

Vors.:

Frau Mohnhaupt, das ist natürlich kein hinreichender Grund, dafür sich auf [§ ]55[ StPO] zu berufen, wenn Sie sagen, dieselben Fragen, die sie [l] etwa stellen würden, die richten sich an das, nach dem, was die Verteidiger beantragt haben, die würden Sie der Verteidigung beantworten. Dann kann doch [§ ]55[ StPO] hier wohl nicht recht dienen.

RA Geu[len]:

Herr Vorsitzender, Sie haben auch bei Herrn Müller es abgelehnt, und zwar auch mit einem gewissen Recht, zu überprüfen, ob die Voraussetzung des [§ ]55[ StPO] im konkreten Fall vorliegen. Das ist doch bei der Zeugin hier der Fall. Deshalb bin ich der Meinung, daß Sie auch hier kein Recht haben, das zu überprüfen, und daß Sie das so zu respektieren haben.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen, Sie werden bemerkt haben, daß ich im Augenblick im Interesse der Zeugin diese Belehrung abgebe. Die Zeugin muß, Frau Mohnhaupt, darüber belehrt werden ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, mich interessiert das aber überhaupt nicht; ich habe das wirklich satt hier.

Vors.:

Sie können nicht[m] erklären, dem Gericht und der Bundesanwaltschaft gebe ich auf Fragen einfach keine Antwort, weil das Verhältnis nicht das passende ist, weil vier Tote da seien. Und dann sagen: [§ ]55[ StPO]. Sie haben jederzeit das Recht, auf einzelne Fragen, die gestellt werden, zu sagen; „Ich berufe mich auf § 55[ StPO]“. Aber Sie können nicht vorweg erklären, ich werde überhaupt keine Fragen des Gerichts beantworten.

[10703] Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, Tatsache ist, daß ich’s gemacht habe und daß ich mich auch so verhalten werde.

Vors.:

Und Sie können dann selbstverständlich sich entscheiden, ob Sie nicht ähnliche Fragen, vielleicht sind es ähnliche Fragen, wie wir sie gestellt hätten, der Verteidigung beantworten. Ich möchte also jetzt mit den Fragen nochmals beginnen. Sie können, wenn Sie glauben, den § 55[ StPO] ...

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender, ich möchte ...

Vors.:

... ich bitte jetzt also doch wirklich, daß Sie mich in der Vernehmung fortfahren lassen.

RA Dr. Te[mming]:

Ich möchte etwas, das ist schließlich eine Zeugin ...

Vors.:

Nein, ich erteile Ihnen jetzt, Herr Rechtsanwalt Dr. Temming, nicht das Wort. Ich bin jetzt im Augenblick ...

RA Dr. Te[mming]:

Das ist schließlich eine Zeugin, die von der Verteidigung geladen worden ist. Ich möchte etwas zu ihrer Belehrung sagen, die ich für unrichtig halte ...

Vors.:

Nein, nein ...

RA Dr. Te[mming]:

... und beanstanden und ich begründe das jetzt hiermit.

Vors.:

Frau Mohnhaupt ...

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender ... Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Nein, Herr Dr. Temming, ich habe Ihnen das Wort nicht erteilt ...

RA Dr. Te[mming]:

... ist unrichtig und unvollständig ...

Vors.:

Darf ich jetzt folgendes feststellen zu Protokoll:

1. Herr Dr. Temming hat jetzt nicht das Wort.

2. Ich bitte, ihm das Mikrofon abzustellen, wenn er weiterhin das Wort ergreift und

3. Herr Rechtsanwalt Dr. Temming, Sie haben jetzt nicht die Möglichkeit, einzugreifen. Sie haben nachher die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender, ich beanstande Ihre Belehrung, ich möchte das begründen.

Vors.:

Jetzt sieht es anders aus, jetzt sieht es als Antrag aus, aber nicht Erklärung.

RA Dr. He[ldmann]:

Eine Beanstandung ist das.

RA Dr. Te[mming]:

Ich beanstande - das war von Anfang an klar - Herr Vorsitzender, Ihre Belehrung ist insofern unrichtig, als die Zeugin ohne Weiteres jede Ihrer Fragen nach § 55[ StPO] verweigern kann und sich gleich wohl entscheiden kann, ob sie, wenn irgendjemand anders diese Frage stellt, die Bundesanwaltschaft oder wir, die Gefahr einer Verfolgung auf sich nimmt. Das steht im Belieben der [10704] Zeugin, ob Sie die Gefahr auf sich nimmt und wem gegenüber Sie die Gefahr auf sich nimmt.

Vors.:

Richtig, Herr Dr. Temming, Ihre Auffassung ist durchaus richtig, aber ich weiß nicht, ob Sie mich mißverstanden haben ...

RA Dr. Te[mming]:

... leider nicht gehört.

Vors.:

... aber ich meine, genau dasselbe gesagt zu haben. Genau dasselbe. Deswegen beginne ich jetzt nochmals mit der ersten Frage und dann bitte ich Sie, mir zu erklären, ob Sie darauf antworten wollen. Vielleicht versuche ich dann noch eine zweite und dritte Frage und dann können Sie mir sagen, ob Sie diesen § 55[ StPO] jeweils in Anspruch nehmen, dann werde ich meine Fragen nicht mehr fortsetzen.

Also Frage: Mitglied der RAF gewesen?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Das ist erklärt worden, daß ich Ihnen keine Antwort gebe.

Vors.:

Unter Berufung auf § 55[ StPO].

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Und ich werde dieses Ritual jetzt nicht[n] bei jeder Frage wiederholen, also das ist unmöglich.

Vors.:

Wollen Sie mir Antwort geben auf die Frage, ob Sie ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Nein, natürlich nicht.

Vors.:

Lassen Sie doch die Frage wenigstens formulieren. Ob Sie imstande sind, Auskunft zu geben über die innere Struktur der RAF?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ihnen nicht.

Vors.:

Können Sie dazu Auskunft geben, wie die RAF sich innerlich begriffen hat, als offene Gruppe oder als Teilzellen, die jede für sich eine Art Eigenleben geführt haben?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich lehne es ab.

Vors.:

Keine Antwort. Sind sonstige Fragen beim Gericht? Sehe ich nicht.

Die Herren der Bundesanwaltschaft? Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Zeis:

Frau Mohnhaupt, ist es richtig, daß Sie durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 30.8.1974 wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in[o] Tateinheit mit gemeinschaftlicher Urkundenfälschung und unerlaubten Waffenbesitz zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden sind?

RA Geu[len]:

... Frage beanstanden, gehört nicht zum Beweisthema diese Frage.

RA Dr. He[ldmann]:

Kein Sachzusammenhang.

Vors.:

Ist das die ganze Begründung gewesen schon, worüber entschieden werden soll?

RA Geu[len]:

Ja.

[10705] RA Dr. He[ldmann]:

Die Frage gehört erstens nicht zum Beweisthema, zweitens läßt sie einen Sachzusammenhang mit dieser Beweiserhebung nicht erkennen, drittens ist sie gezielt darauf, die Zeugin bloßzustellen durch Bekanntgabe etwaiger Verurteilungen.

Vors.:

Die Frage ist nach meiner Auffassung zulässig und wird zugelassen, das Beweisthema grenzt natürlich den Fragenkatalog nicht ab. Wenn die Zeugin da ist, kann sie befragt werden. Schon wegen der Frage der Vereidigung wäre zum Beispiel diese Frage durchaus zugehörig. Im übrigen auch ist sie in Richtung auf den § 55[ StPO] von Bedeutung und schließlich noch zur grundsätzlichen Beurteilung der Zeugenqualität, das heißt der Qualität der Aussagen. Insofern muß die Frage zugelassen werden.

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender, es ist nicht üblich, daß man ... Zweifel hat ... Frage das Gericht entscheidet[p], oder ist das bereits ein Gerichtsbeschluß gewesen?

Vors.:

Zunächst hat der Vorsitzende, Herr Rechtsanwalt Dr. Temming, darüber zu befinden.[33] Wenn Sie die Auskunft oder Entscheidung des Vorsitzenden beanstanden wollen, dann gibt es das Recht, das zu tun.

RA Dr. Te[mming]:

Bei[q] Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet in allen Fällen das Gericht. Die Zweifel der Zulässigkeit der Frage sind von den Anwälten geltend gemacht worden. Das heißt, Sie entscheiden nicht, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Zunächst entscheidet der Vorsitzende darüber, ob eine Frage zulässig ist und Sie können es beanstanden.

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Wollen Sie die Maßnahme beanstanden?

RA Dr. Te[mming]:

... ich sehe nicht ein, daß ich mir von Ihnen entgegen dem strikten Wortlaut des Gesetzes, Sie sollten mal in § 242 StPO reingucken, hier ein bestimmtes Verfahren vorschreiben lasse.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr.y Temming, das Gericht entscheidet, wenn die Zweifel aufgrund der ...

RA Dr. Te[mming]:

... das hat nichts mit [§ ]238[ StPO] zu tun, es geht hier um [§ ]242[ StPO].[34] Ich bitte Sie wirklich, Herr Vorsitzender, kümmern Sie sich irgendwie mal um den Gesetzeswortlaut und um die Interpretation.

Vors.:

Der Vorsitzende hat selbstverständlich die Möglichkeit, vorher seine Meinung dazu zu äußern und Sie können daraufhin das, was Sie als Vorwand gegen ... oder als Beanstandung der Frage vorgetragen haben, verzichten. Wenn nicht, dann bleibt der Zweifel bestehen [10706] und dann entscheidet auf alle Fälle das Gericht.

RA Dr. Te[mming]:

Der Zweifel bleibt bestehen.

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen:

Die Frage ist zulässig aus den genannten Gründen.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja und?

Vors.:

Ja, Frau Mohnhaupt, das ist natürlich mit dem § 55[ StPO] etwas schwierig.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Jetzt hören Sie mal auf hier, wirklich. Also ich will jetzt damit[r] anfangen, mit dem, was ich hier sagen will und nicht[s] mir Ihren Schwachsinn da anhören.

Vors.:

Ich darf Sie jetzt darauf hinweisen, daß auch ein Zeuge, der sich unordentlich benimmt, gegen die Ordnung verstößt ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja schön.

Vors.:

... beleidigend wird, mit Folgen zu rechnen hat. Es wäre mir sehr lieb, wenn das vermieden werden könnte.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Wirklich völlig unnötig, diese kretinisierten Belehrungen von Ihnen.

Vors.:

Frage: Wollen Sie die Frage beantworten. Wenn nicht, dann geben Sie die Gründe an und gebrauchen Sie bitte nicht solche Ausdrücke.

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender, ich muß das leider wieder beanstanden. Die Zeugin [t] ist über das Beweisthema ... hat nach § 69, wenn ich mich nicht irre, StPO, im Zusammenhang auszusagen.[35] Sie hat nicht vorgängig Fragen von Ihnen, von einem Mitglied des Gerichts oder der Bundesanwaltschaft zu beantworten. Und ich bitte doch darum, wirklich die Strafprozeßordnung einzuhalten.

Vors.:

Die Strafprozeßordnung ist eingehalten ...

RA Dr. Te[mming]:

Nein, sie ist nicht eingehalten, sondern Sie haben die Zeugin aufzufordern ...

Vors.:

Es wäre mir sehr lieb ...

RA Dr. Te[mming]:

... im Zusammenhang über das Beweisthema sich zu äußern.

Vors.:

Es wäre mir sehr lieb, wenn Sie mir die Gelegenheit geben, dann, wenn ich einen Satz begonnen habe, ihn zu Ende zu bringen. Die Prozeßordnung ist eingehalten. Diese Vorschrift, daß die Zeugin im Zusammenhang zu berichten hat, was übrigens keine Vorschrift ist, die etwa zwingender Art wäre ... es ist selbstverständlich ...

RA Dr. Te[mming]:

„Ist zu veranlassen.“[u]

Vors.:

Nein, ein bißchen was verstehen wir von Prozeßführung ja auch. Jedenfalls gilt das dann für den Vorsitzenden und wenn gegenüber dem Vorsitzenden keine Aussage gemacht wird, das Gericht keine [10707] weiteren Fragen mehr hat, dann kommt die Reihenfolge nach der Bestimmung an die Bundesanwaltschaft, die Fragen stellen kann. Da die Zeugin das ... den Zusammenhang nicht darstellen wollte, kann es jetzt im Augenblick nur über Einzelfragen gehen.

RA Dr. Te[mming]:

Nein, Herr Vorsitzender, die Zeugin hat nicht sich geweigert, den Zusammenhang darzustellen, sondern Sie hat sich geweigert, bestimmte Fragen von Ihnen zu beantworten.

Vors.:

Ja. Ich habe ihr Gelegenheit gegeben ...

RA Dr. Te[mming]:

Es geht aber um die Frage, ob die Zeugin bereit ist ...

Vors.:

... genau das Beweisthema im Zusammenhang ...

RA Dr. Te[mming]:

... im Zusammenhang zu erzählen.

Vors.:

Ich habe ihr Gelegenheit gegeben, das Beweisthema [v] genau[w] im Zusammenhang darzustellen, indem ich nämlich die zwei Punkte, die beantragt sind, als Beweisthema benannt sind, ihr vorgehalten habe, ob die sich dazu äußern will. Sie hätte im Zusammenhang darauf reden können. Die Frage ist zulässig.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, Herr Vorsitzender, die Zeugin ist nicht aufgefordert worden zu den Beweisthemen, nachdem Sie sie verlesen hatten, nun[x] insgesamt darzustellen ihr Wissen. Sie haben mit Fragen begonnen. Und wenn Sie Zweifel daran haben sollten, dann bitte ich, das Tonband zurückzuspielen, was ich hiermit beantrage, um festzustellen, ob es so ist, wie Sie es eben gesagt haben.

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen:

Die Frage ist zulässig, auch unter dem Gesichtspunkt der soeben von dem Herren Verteidigern vorgetragenen Beanstandung.

RA Dr. Te[mming]:

Dann bitte ich um die Unterbrechung, um die Unterbrechung der Hauptverhandlung, weil ich irgendwie überlegen muß, ob ich einen unaufschiebbaren Auftrag ... Antrag stelle.

Vors.:

Nein, die Sitzung wird dazu nicht unterbrochen. Wenn Sie den Antrag für unaufschiebbar halten und stellen wollen, dann können Sie das tun in der Hauptverhandlung.

RA Dr. Te[mming]:

Ist es hier nicht mehr üblich, daß man, bevor man einen Ablehnungsantrag stellt, sich Gedanken darüber macht, ob es sinnvoll ist, daß man dafür eine Pause bekommt?

Vors.:

Es ist sehr höflich, aber es ist nicht so, daß dadurch Ihr Antragsrecht verloren ginge, wenn Sie sich jetzt eine oder zwei [10708] Minuten darüber selbst hier drin im Saale Gedanken machen. Wir haben genügend unterbrochen ...

RA Dr. Te[mming]:

Ich kann nicht so schnell denken wie Sie offensichtlich, Herr Vorsitzender, ich brauche da längere Zeit zu.

Vors.:

... ich möchte jetzt in der Sitzung hier fortfahren, Frau Mohnhaupt, wie steht es mit den Aussagen?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Also es gibt wirklich eine Sorte Dummheit, naja, die grenzt schon fast an Obszönität.

RA Dr. Te[mming]:

Ich habe den Antrag zu stellen jetzt.

Ich lehne hiermit den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Stuttgart namens der Gefangenen Gudrun Ensslin ...

Vors.:

Ich bitte, die Zeugin solange aus dem Saale zu fuhren.

RA Dr. Te[mming]:

Ist das eine unaufschiebbare Maßnahme?[36]

Die Zeugin Mohnhaupt wird um 11.12 Uhr in Abstand verwiesen.

RA Dr. Te[mming]:

... wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

Zur Begründung trage ich vor: Das Verhalten des abgelehnten Vorsitzenden Richter gibt Anlaß zur Besorgnis der Befangenheit. Er hat entgegen der zwingenden Vorschrift des § 69 Abs. 1 ... - es tut mir leid, wenn es jetzt etwas langer dauert, weil ich das jetzt natürlich alles aus dem Kopf machen muß - Abs. 1 Satz 1 StPO nicht, wie es seine Pflicht gewesen wäre, versucht, die Zeugin zu veranlassen, das, was ihr von dem Gegenstand ihrer Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang anzugeben. Stattdessen hat er die Zeugin sofort mit einer, mehreren gezielten Fragen überzogen, unter anderem als Eingangsfrage: „Sind Sie Mitglied der RAF.“ Trotz mehrfacher Beanstandung seitens der Verteidigung hat der abgelehnte Richter an dieser Vorgehensweise festgehalten. Dahinter steckt aus der Sicht der Gefangenen Gudrun Ensslin und aus meiner Sicht, der Versuch, die Zeugin, die erklärt hat, dem Gericht gegenüber verweigere sie wegen § 55[ StPO] Fragen, der Versuch, die Zeugin gleichwohl zur Beantwortung zu zwingen, zu drängen. Als das Gericht wegen der Berufung auf § 55[ StPO] keine weiteren Fragen stellte, sah die Bundesanwaltschaft, ihr Vertreter Zeis, die Möglichkeit, durch eine andere Frage, die nicht unter § 55[ StPO] fällt, die Zeugin in Bedrängnis zu bringen. [10709] Diesen Versuch unterstützte das Gericht, obwohl es nochmals auf § 69 Abs. 1[ StPO] hingewiesen wurde. Es ordnete sich damit dem Versuch der Bundesanwaltschaft unter, ein rein formales Rollenspiel hier durchzuführen, denn sowohl dem Gericht als auch der Bundesanwaltschaft war klar, daß die Zeugin auf entsprechende Fragen der Vertrauensverteidiger trotz der Gefahr, sich einer Strafverfolgung auszusetzen, im Zusammenhang über das Beweisthema sich äußern würde und auch einzelne Fragen der Vertrauensverteidiger beantworten wurde. Dieser Versuch kann nur als Versuch gewertet werden, die von der Verteidigung und den Gefangenen benannte Zeugin einzuschüchtern. Sie kommt daher dem Versuch gleich, die Widerlegung der[y] Aussagen des Kronzeugen Müller durch diese Zeugin zumindest zu erschweren. Dies reicht aus, um die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

Vors.:

Sonstige Wortmeldungen zu diesem Antrag? Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Zur Antragsbegründung folgender Hinweis: Die von Ihnen, Herr Vorsitzender, ...

Vors.:

Schließen Sie sich an, oder wollen Sie bloß die Begründung unterstützen?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich unterstütze die Begründung.

Vors.:

Das können Sie nicht. Sie können nur für Herrn Baader sprechen.

RA Dr. He[ldmann]:

Gut, Herr Vorsitzender, der Angeklagte Baader lehnt den Vorsitzenden Richter Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Begründung: Dieser Antrag ist ... die Besorgnis der Befangenheit entspringt aus der Befürchtung des Angeklagten, wozu der abgelehnte Richter ihn veranlaßt hat, nämlich, daß zu seiner, zu seinem, des Angeklagten Nachteil, das Recht hier, speziell § 69 der Strafprozeßordnung, falsch angewendet wird. Nämlich, so hat der abgelehnte Richter hier erklärt, die von der Verteidigung angezogene Vorschrift § 69 Abs. 1 Satz 1[ StPO] sei nicht zwingendes Recht. Das Gegenteil ist richtig. § 69 Abs. 1 Satz 1[ StPO] ist zwingendes Recht. Seine Verletzung kann die Revision begründen[37] und § 69 Abs. 1 Satz 1[ StPO] ist hier verletzt worden, weil die Zeugin nicht mit einem Wort aufgefordert worden ist, so wie es die hier zitierte Vorschrift gebietet, ihre Zeugenaussage zu machen.

[10710] Glaubhaftmachung:[38]

1. Sitzungsprotokoll,

2. dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters.

Vors.:

Weitere Meldungen sehe ich nicht. Will sich die Bundesanwaltschaft dazu äußern? Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Zeis:

Das Verhalten des Vorsitzenden entsprach der Strafprozeßordnung.

RA Dr. Te[mming]:

Welcher?

Vors.:

Ich bitte, das zu Protokoll zu nehmen, daß auf diesen Satz hin der Herr Rechtsanwalt Dr. Temming dazwischengerufen hat: „Welcher“, bezogen auf die Ausführung Prozeßordnung.

OStA Zeis:

Darf ich fragen, Herrn Vorsitzender, ist sichergestellt, daß das Tonband abgeschaltet ist? Wir können das von hier drüben nicht sehen.

Vors.:

Ja.

OStA Zeis:

Ich darf, [z] weil ich von Herrn Dr. Temming unterbrochen worden bin, noch einmal beginnen. Das Verhalten des Vorsitzenden entsprach der Strafprozeßordnung. Die Bundesanwaltschaft kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Herren dort drüben jetzt, wo der Prozeß in seine Endphase getreten ist, sich wieder des Instituts der Richterablehnung erinnert haben und es wieder, wie sie es schon bei -zig Ablehnungsanträgen getan haben, mißbrauchen. Es liegt auf der Hand, daß hier mit diesem Ablehnungsantrag nur wieder Prozeßverschleppung betrieben werden soll.

Wir beantragen deshalb,

das Gesuch gem. § 26a Abs. 1 Ziff. 3 StPO[39] zurückzuweisen.

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender ...[aa]

Vors.:

Nein, keine Erwiderung, es sind keine neuen Tatsachen vorgetragen worden ...

RA Dr. Te[mming]:

Doch, hier ist der Vorwurf einer Prozeßverschleppung gemacht worden, das ist eine Tatsache.

Vors.:

Ich erteile Ihnen nicht das Wort. Fortsetzung in einer Viertelstunde. Es wird sich zeigen, wie der Prozeß dann weitergeht. Publikum vorsorglich zugelassen.

Pause von 11.17 bis 11.39 Uhr.

Ende von Band 619.

[10711] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 11.39 Uhr.

Reg. Dir. Widera ist nicht mehr anwesend[bb].

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Folgender Beschluß zu verkünden:

Die Ablehnung des Vorsitzenden wird einstimmig als unzulässig verworfen.

Gründe: Das zum Gegenstand der Ablehnung genommene Verhalten des abgelehnten Richters gegenüber der Zeugin Mohnhaupt beruht auf der rechtmäßigen Anwendung des § 69 StPO. Der Vorsitzende hat der Zeugin genau die von der Verteidigung genannten Beweisthemen in Frageform vorgelegt, um sie zu einer zusammenhängenden Schilderung ihres Wissens zu veranlaßen. Die einleitende Frage, ob sie Mitglied der RAF gewesen sei, diente der richtigen Einschätzung der von ihr danach abzugebenden Schilderung zu den Beweisthemen.

Reg. Dir. Widera erscheint wieder um[cc] 11.40 Uhr im Sitzungssaal.

Mit Befangenheit hat das schlechterdings nichts zu tun. Das wissen auch die Angeklagten und die Verteidiger. Die für die Ablehnung vorgetragenen Gründe decken daher einmal mehr keine Befangenheit des abgelehnten Richters auf. Die Ablehnung dient allein der Prozeßverschleppung.

Die Zeugin bitte.

Die Zeugin Mohnhaupt wird um 11.42 Uhr wieder vorgeführt.

Vors.:

Frau Mohnhaupt, die Berufung der Verteidigung darauf, daß Sie nicht im Zusammenhang hätten reden sollen -

(zu Herrn Wackernagel: Ich darf aber bitten, solange ich rede und Fragen und Antwort sind grundsätzlich, auch wenn Frau Mohnhaupt zwischenrein irgendwas äußert, das Mikrofon auszulassen).

Sie befürchtet, Sie hätten nicht im Zusammenhang erzählen können; gibt mir Anlaß, Ihnen nochmals zu sagen; folgende Beweisthemen - die werde ich Ihnen vorlesen - sind benannt und [10712] Sie haben dann Gelegenheit im Zusammenhang sich darauf zu äußern, was Sie dazu wissen. Das Thema 1 lautet: Daß es in der Roten-Armee-Fraktion keine hierarchische Struktur oder ein sonstiges Verhältnis der Über- und Unterordnung, auch nicht in tatsächlicher Hinsicht, gegeben hat. Das Thema 2: Daß die Rote-Armee-Fraktion nicht als „offene Gruppe“, sondern in kleinen zahlenmäßig eng begrenzten Gruppen organisiert war, wobei sich der Informationsaustausch auf die jeweilige Gruppe und deren Mitglieder beschränkte. Können Sie zu diesen beiden Punkten etwas sagen?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich kann dazu was sagen, aber nur gegenüber den Verteidigern.

Vors.:

Ich stelle keine weiteren Fragen mehr an Sie. Sie geben also selbst, wenn Sie jetzt die Gelegenheit hätten, das von den Verteidigern genannte Beweisthema, im Zusammenhang, ohne weiteren Fragen zu beantworten, keine Antwort.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Natürlich, wenn die Verteidiger jetzt anfangen, mich zu befragen, dann rede ich da drüber.

Vors.:

Die Verteidiger können auch nicht mehr erreichen, als daß Sie, wie ich das von vornherein vorhatte, Sie im Zusammenhang zu diesen Themen äußern lassen will.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja.

RA Geu[len]:

Herr Vorsitzender, das möchte ich jetzt doch beanstanden. Die Verteidiger können natürlich Fragen stellen. § 69[ StPO] gilt ja nur für die Verhandlungsführung.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ah ja, nun gut. Ja, das war mir nicht ganz klar. Der Punkt ist, womit ich anfangen will, warum wir das überhaupt machen, hierherzukommen, hiereinzugehen in den ...

Vors.:

Nein, das ist nicht Gegenstand. Der Zusammenhang ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Doch, das gehört dazu. Das ist überhaupt der Anfang.

Vors.:

Es geht um die Struktur; wenn Sie meinen, daß es dazu gehört ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Allerdings, allerdings.

Vors.:

Gut, dann wollen Sie mal anfangen.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Also warum überhaupt einer von uns nach Ulrikes Tod[40] hier noch hergekommen ist, das ist, daß wir es für notwendig halten, die tatsächliche Struktur der Gruppe transparent zu machen durch das, was wir hier sagen können, also wie sie real war - eben nicht dieses Destillat der psychologischen Kriegsführung, was Müller da [10713] in seiner Aussage darstellt, was da behauptet wird - also faschistische Struktur praktisch, um es mal auf einen Begriff zu bringen. Und daran wird natürlich auch zerbrechen diese ganze Konstruktion, Ulrike hätte überhaupt Selbstmord begehen können. Das ist eigentlich alles, was dazu zu sagen ist. Und es geht auch auf gar keinen Fall darum, zu beweisen, wie Müller lügt oder daß Müller lügt. Also diese Ebene, Kriminalistik, um die geht es uns ganz sicher ... Es geht uns einfach um den Inhalt, den Inhalt der Politik darzustellen, den Inhalt der Struktur, wie sie wirklich war eben. Das ist natürlich ziemlich schwierig hier, aber man muß das versuchen, indem man es einfach beschreibt; und das werde ich jetzt mal versuchen. Und ich will anfangen damit, mit dem Kern der Aussage Müller, worauf die zielt. Also die, na ja seine Aussage in Bezug auf die Anschläge und seine Zuordnung, also die Zuordnung, die der Staatsschutz für nötig hält, um überhaupt hier zur Verurteilung kommen zu können. Dazu ist zu sagen, daß die strategische Konzeption, die die RAF 72 entwickelt hat, sich gegen die militärische US-Präsenz in der Bundesrepublik gerichtet hat, daß die einzelnen taktischen und operativen Schritte dazu, der Angriff auf das CIA-Headquarter in Frankfurt[41] war, und der Angriff auf das Headquarter von US-Armee in Heidelberg,[42] und die Entführung der drei Stadtkommandanten in Berlin;[43] und daß diese Entscheidung, dieses Konzept entwickelt worden ist, im kollektiven Diskussionsprozeß von allen, die in der RAF organisiert waren, das heißt, es gab darüber einen Konsens aller Gruppen, aller einzelnen Einheiten in den Städten und ... also ein klares Bewußtsein von jedem, was das bedeutet, die Funktion dieser Angriffe. Und insofern sind wir alle für diese Angriffe auf die militärische US-Präsenz in der Bundesrepublik verantwortlich. Das heißt, wir sind alle verantwortlich für die Anschläge, für die Angriffe auf die Headquarters. Und das sagt eigentlich schon alles, also das sagt alles über die Struktur schon aus. Und darin wird unheimlich deutlich, das, was Müller versucht, diesen absoluten Irrsinn zu sagen, 6 Leute hätten, hätten überhaupt gekonnt, alle Anschläge zu machen, die stattgefunden haben. Das ist völlig absurd. Es ist auch unheimlich einfach das zu sehen, wie absurd es ist. Und ich will da in dem Zusammenhang nochmal eingehen auf, vor allem auf die Entführung Stadtkommandanten in Berlin, also die Eskalation [10714] die das darstellt und die Eskalation, die darin enthalten war, über die allerdings ich hier nichts reden werde. Darüber gibt es hier nichts zu sagen. Ja will ich auch noch sagen, also diese Entscheidung, die Konzeption dieser Angriffe und unsere Verantwortung dafür, das erklärt sich auch ein wesentlicher Bestandteil unserer eigenen Geschichte, die Politisierung eben durch die Mobilisierung der Studentenbewegung[44] an der Opposition zum Vietnam-Krieg,[45] daß es einfach eine klare Vermittlung war für uns und eben Begriff von der Notwendigkeit und von der Begrenztheit, die damals die Vietnam-Mobilisierung dargestellt hat, die objektive Grenze, was sie erreichen konnte. Und dann eben auch ihre Zerschlagung, kann man sagen, und eben die Notwendigkeit, bewaffnet zu kämpfen. Das heißt, das Niveau zu erreichen, das der Situation entspricht, in der wir hier sind in der Bundesrepublik als US-Kolonie, strategisches Subzentrum, also die ganze Argumentation, die ja hier auch schon in Beweisanträgen, zum Beispiel, entwickelt worden ist. Ich glaube nicht, daß ich das jetzt hier nochmal wiederholen muß. Mir geht es jetzt drum, das aus der Gruppe raus zu erklären. Und dazu jetzt konkret, zu den Stadtkommandanten. Die Entführung hatte darüber hinaus den Zweck, die Gefangenen zu befreien, das heißt, über die Entführung den Austausch zu erreichen, der Gefangenen von uns, die damals schon verhaftet waren, und gegen die damals schon Isolationsfolter eingesetzt worden ist. Das heißt, es war für die Gruppe eine objektive Notwendigkeit, die Gefangenen zu befreien; das ist überhaupt das einzige Mittel. Dann ... Ja also die Stadtkommandanten in Berlin: Davon taucht bei Müller nur, soweit ich weiß, in seiner „Stern-Kolportage“ da was auf; in der Aussage ist das völlig rausgelassen und ich glaube, das hat einfach den gezielten Zweck, daß dadurch die ganze Politik natürlich rausgelassen wird, völlig weggedrückt wird, die Politik, die überhaupt die RAF gemacht hat. Denn das war eine entscheidende Sache für uns. Und auch ziemlich schwierig zu machen, also operativ schwierig. Drei Stadtkommandanten, es hieß drei große Kommandos, die das ausführen sollten. Und das war kurz, also das war schon in der Phase der Durchführung, die Aktion; und durch die Verhaftung konnte das dann nicht mehr laufen. Andreas ist ungefähr 2 Wochen, bevor es laufen sollte, verhaftet worden. [10715] Und dadurch ist natürlich ein Teil der Infrastruktur zusammengebrochen, das heißt, wir wußten nicht mehr was davon und ob überhaupt etwas bekannt geworden sein konnte, von dem Plan. Dazu kam, daß der US-Stadtkommandant ziemlich schwer bewacht war; und es war also für uns dann nicht mehr möglich, das auszuführen. Das war die Ebene, mit der wir beschäftigt waren, an der wir dran waren, und besonders Andreas und Gudrun. Und es ist völliger Dreck, völliger Quatsch zu behaupten, wie der Staatsschutz das macht, in Müllers Aussage, daß Andreas/Gudrun an Anschlägen gegen Polizeieinrichtungen beteiligt waren, sich damit ... an solchen Aktionen beteiligt haben, es ist einfach, - es entspricht nicht den Tatsachen, weil Andreas und Gudrun, wie gesagt, zu der Zeit mit mir in Berlin waren, und wir angefangen haben, das zu organisieren. Zu den Anschlägen gegen Polizeieinrichtungen, das heißt, also Augsburg[46] und München[47] und Buddenberg in Karlsruhe,[48] wo Müller behauptet eben, ich glaube, Andreas und Holger, ja, das ist die gleiche verrückte Geschichte, daß Andreas und Holger und Jan und Gudrun, ne Gudrun läßt er dabei raus mal, daß die sämtliche Anschläge durchgeführt haben sollten, das heißt, es ist völlig absurd. Also wirklich, ich weiß auch nicht, das muß man sicher auch nicht ausführen, weil es jedem klar ist, wie lächerlich das ist, und wie deutlich der Zweck dadrin ... Also auch wie hier in dieser ganzen Geschichte hier, 5 Angeklagte, also es an 5 Angeklagten aufzuhängen, wo es jetzt nur noch 3 sind, sowieso. Das ist alles die gleiche Richtung; und daran wird auch unheimlich klar die ganze Dramaturgie, also überhaupt auch diese Linie, die läuft, psychologische Kriegsführung, Bundesanwaltschaft und Gericht, wie dieses hier, daß das eben alles eine Linie ist, daß da überhaupt keine Widersprüche bestehen, natürlich auch gar keine bestehen können. Ja, also ich wollte noch Augsburg und München hier anführen, eben weil Müller da konkret, ich glaube Andreas nennt und Holger auch. Tatsache ist, daß weder der eine noch der andere daran beteiligt war. Ich habe das schon erklärt. Andreas war zu der Zeit in Berlin, und daß diese Aktionen durchgeführt worden sind, von den Gruppen, die in München waren, und ... [10716] Also so war die RAF damals organisiert von ... 8 Gruppen in 6 Städten, davon zwei starke Gruppen in zwei Städten, und es gab also auch eine Gruppe in München. Die Gruppen waren ... Die einzelnen Einheiten waren an das Logistiksystem integriert. Es gab einen Diskussionszusammenhang zwischen den einzelnen Einheiten. Aber die einzelnen Einheiten waren autonom, also in ihrer Entscheidung über, also über operative Durchführung, das war den einzelnen überlassen; das kann auch gar nicht anders sein. Und es war so, daß wir von diesen Anschlägen vorher nichts gewußt haben. Und wenn wir es gewußt hätten, hätten wir es natürlich auch nicht verhindert, weil, na ja, das ist einfach überhaupt nicht Sache das dann zu verhindern. Nur wir hätten es auch nicht verhindern können, weder zeitlich noch technisch. Das war nicht möglich unter den Bedingungen. Aber es war klar, was der Sinn der Anschläge war, eine Antwort darauf, daß die Fighter auf der Straße erschossen worden sind, also Petra[49] und Tommy[50] und ... also es insofern auch überhaupt niemals unsere Absicht hätte sein können[dd], das zu verhindern. Nur ist der Zweck, den die Aussage Müller dabei verfolgt, natürlich genau die strategische Konzeption dabei zu verschleiern, also sie überhaupt völlig rauszulassen, völlig zu zerstören durch solche Zuordnung. Das ist die strategische Konzeption, die sich von Anfang an gegen die militärische US-Präsenz gerichtet hat, gegen die Besetzung durch die USA, gegen völlige Abhängigkeit von den USA, Bundesrepublik. Und das ist der Punkt, auf den die Aussage zielt, mit diesem Versuch eben, mit dieser Zuordnung. Und das ist sehr wichtig, weil das genau die Politik der Gruppe desavouieren soll, also vernichten soll. Dann gibt es ja noch diese Sache, die er da behauptet. Also vielleicht kann ich das dann an einzelnen Fragen, die von Euch dann kommen, jeweils noch konkretisieren. Ich mache das jetzt erstmal so allgemein. Also diese Behauptung, Ulrike hätte im Gegensatz zu Andreas oder Gudrun oder überhaupt im Gegensatz zum Teil der Gruppe, Hamburg, also diesen Anschlag auf das Springer-Hochhaus,[51] gewollt und durchgeführt, und also mit der Behauptung, es hätte da eine Fraktionierung gegeben oder jedenfalls in dieser Richtung Kämpfe untereinander, Terror - oder was weiß ich, was das Schwein da behauptet - aber ...

[10717] Vors.:

Frau Mohnhaupt, bitte unterlassen Sie derartige Bezeichnungen von hier vernommenen Zeugen.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Tatsache war, daß Ulrike, daß die Aktion in Hamburg durchgeführt wurde, und das ist hier, ich glaube in dem Prozeß auch schon erklärt worden, daß wir auch davon nichts wußten, also aufgrund der ganzen Struktur eben, der Gruppen, daß es autonome Entscheidungen gab, autonome Durchführung von Aktionen[ee]. Und daß es nach der Aktion gegen Springer eine starke Kritik gab in den Gruppen, in den einzelnen Gruppen, und daß daraufhin Ulrike nach Hamburg gefahren ist, um genau das zu ermitteln, weil die RAF nie Aktionen unter der Implikation konzipiert hat, daß dabei Zivilisten getroffen werden können. Das ist ein wesentlicher Bestandteil gewesen, in allen Diskussionen. Und die Kritik an der Gruppe in Hamburg war, daß sie die Aktion durchgeführt hat, ohne sich darüber klar zu sein, ohne das in ihre Konzeption einzubeziehen, daß Springer natürlich nicht räumen[ff] lassen wird, also darauf genau nicht gefaßt war; das war die Kritik, an der Gruppe, die die Aktion gemacht hat. Und genau zu dem Zweck ist Ulrike damals nach Hamburg gefahren, um das zu klären, um da zu ermitteln. Und nach Ihren Feststellungen, hat sie dann die Erklärung zu dem Anschlag formuliert, in der das auch auftaucht, dieser[gg] ganze Ablauf, Warnung, Springer räumt nicht, und so weiter. Das heißt also, was Müller da behauptet, na ja, was man schon weiß ... zum gezielten Zweck. Und bei Ulrike jetzt, daß er behauptet, es hätte da eine Fraktionierung gegeben. Sie hätte überhaupt die Absicht gehabt ... haben können, Aktionen zu machen gegen die anderen, also völlig irre. Daß ... das natürlich entspricht der Linie, die jetzt behauptet wird, Spannungen, und daß das ja auch sowieso nur den Mord an ihr legitimieren soll. Die Behauptung, es hätte Spannungen gegeben, die Spannungen haben die Geschichte, die zurückreicht, was Müller jetzt hier bringt, die zurückreicht bis Hamburg, bis in die Struktur der Gruppe 72/71; das ist einfach ein ganzes Gebäude, was hier aufgebaut wird, zu dem einzigen Zweck, den Mord zu legitimieren ...

Vors.:

So, jetzt will ich Ihnen sagen, Frau Mohnhaupt. Sie haben einiges geschildert, was hier zu den Tatsachen gehört, [10718] die ein Zeuge bekunden soll. Ihre Meinungen und Wertungen sind hier nicht Gegenstand. Die weitere Behauptung, hier sei ein Mord passiert, nehme ich auf gar keinen Fall mehr hin. Das würde also dazu führen, daß Sie mit Ordnungsmaßnahmen zu rechnen hätten. Ich weise jetzt daraufhin, daß Sie Ihre Aussage durchaus im Zusammenhang zu Ende bringen können. Aber es interessiert nur das Wissen. Ihre Bewertungen, Meinungen, sind hier vollkommen uninteressant. Und das nur zu diesen genannten Beweisthemen. Dazu sollen Sie im Zusammenhang sprechen.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, es gibt da noch einen Punkt, also zu Berlin, wo Müller ja auch sagt, er hätte Leute aus der Berliner Gruppe zu Anschlägen, also Andreas hätte da Anschläge befohlen oder Leute dazu gedrängt, ich weiß die Formulierung nicht genau. Also das ist einfach absurd deswegen, wie gesagt, weil da[hh] die Aktion gegen die Stadtkommandanten durchgeführt werden sollte, also unmittelbar vor der Ausführung war, es[ii] also überhaupt darüber keine Diskussion gab, da Anschläge durchzuführen. Und wenn Müller das sagt, dann heißt das[jj] entweder, das, was es nicht sein kann, da er ja schon die Stadtkommandantengeschichte im Stern rausgelassen hat, daß er nichts wüßte, könnte es heißen; aber, wie gesagt, das trifft nicht zu, weil es ihm bekannt war, wenn auch nur unheimlich vage. Sondern es ist einfach das, was ich schon vorhin gesagt habe; dadurch soll genau die politische Linie gebrochen werden, überhaupt keine Politik mehr stattfinden, in diesen Behauptungen. Das ist zu dem Komplex „Anschläge“ jetzt alles, was mir unmittelbar dazu einfällt.

Vors.:

Können Sie noch eine Frage dann beantworten. Sie sagten: Wir haben von Augsburg und München nichts gewußt. Wen meinen Sie mit wir? Sind Sie da selbst einbezogen?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, ich meine damit alle, die ich kannte in der Gruppe. Also ich weiß das zum Beispiel auch, daß sie das so gemacht haben, weil ich die Münchner Gruppe, die das gemacht hat, kannte, kenne, weil ich aus der Gruppe gekommen bin.

Vors.:

Ja, nein, aber Sie sollen ja Aussagen machen zu dem Kenntnisstand auch der Angeklagten; sind die miteinbezogen unter diesem: „Wir haben nichts davon gewußt.“

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, ich habe ja schon gesagt, daß die da zu der Zeit [10719] in Berlin waren und mit der Aktion der Entführung beschäftigt.

Vors.:

Das müßte aber dann bedeuten, daß Sie zur damaligen Zeit Einblick gehabt haben, auch in die Berliner Verhältnisse, Sie selbst?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich war in Berlin, das ist auch bekannt.

Vors.:

Sie waren damals in Berlin, ja. Wollen Sie von sich aus sonst noch was dazu beitragen, haben Sie noch was?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, wenn da keine Fragen kommen.

Vors.:

Nun, zunächst Fragen beim Gericht noch? Bitte, Herr Dr. Breucker.

Richter Dr. Br[eucker]:

Frau Mohnhaupt, Sie sagten zu dieser Zeit seien ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Sie können es ruhig lassen; ich werde da sowieso nichts darauf sagen.

Richter Dr. Br[eucker]:

... Andreas und Gudrun in Berlin gewesen ...

Vors.:

Frau Mohnhaupt bitte, hören Sie jetzt zuerst mal zu, dann können Sie eine Antwort geben.

Richter Dr. Br[eucker]:

Sie sagten, Herr Baader und Frau Ensslin seien zu jener Zeit in Berlin gewesen. Wie stand es mit Herrn Raspe? War er auch in Berlin?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich habe schon gesagt, also das ist wirklich nicht hier meine Angelegenheit, Ihre Fragen zu beantworten.

Vors.:

Doch es ist Ihre Angelegenheit, dem Gesetze nach. Und sehen Sie, Frau Mohnhaupt, ich darf Ihnen nicht verhehlen ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Das weiß wohl ich am besten, was ich hier mache.[kk]

Vors.:

... dieses Auftreten, das hat nun also Züge an sich, die kann man wirklich[ll] unter Erwachsenen nicht recht begreifen. Es geht ja jetzt nur darum, daß Sie zu den Angeklagten etwas aussagen wollen. Und wenn Sie sagen, die Angeklagten waren in Berlin, dann ist die ergänzende Frage, weil Sie nur Baader und Ensslin erwähnten, ob auch Raspe damit gemeint ist, wirklich nichts, was Sie nun dazu führen müßte, eine solche Haltung einzunehmen. Das wird man doch von einer 26jährigen Zeugin erwarten können, daß sie dann noch autonom genug ist zu sagen, ja das bezieht sich auch auf Raspe und nicht warten muß, ob das die Herren Verteidiger fragen.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ihre[mm] Unverschämtheiten können Sie ruhig lassen. Aber ich habe gesagt, ich mach das einfach grundsätzlich, nicht zu Ihren Fragen. Wenn ich es für nötig halte darüber zu reden, dann mache ich das; aber ich habe genau das gesagt, was ich dazu sagen will.

[10720] Vors.:

Dann mache ich Ihnen noch einen Vermittlungsvorschlag. Halten Sie es in diesem Zusammenhang genauso, wie Sie mir die Frage nach Baader und Ensslin beantwortet haben, im Zusammenhang mit Herrn Raspe auch für nötig. Das ist zweckmäßig.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Nein, halte ich unter den Umständen nicht für nötig.

Vors.:

Will die Bundesanwaltschaft sich dazu äußern? Es sei denn natürlich[nn], daß das wieder unter dem Vorbehalt des § 55[ StPO] stehen sollte. Das muß ich noch vorweg klären. Ich bitte um Verständnis.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Vorsitzender, ich glaube der Bogen wäre dann doch wohl sehr weit gespannt. Ich meine die Zeugin müßte jetzt darauf hingewiesen und belehrt werden, daß möglicherweise ein Antrag von Seiten der Bundesanwaltschaft gestellt wird, sie wegen grundloser Zeugnisverweigerung in Beugehaft zu nehmen.

Die Zeugin Mohnhaupt lacht

Vors.:

Ja, Frau Mohnhaupt, ich würde darüber nicht so lachen, denn die Maßnahmen können doch empfindlich werden, die hier jetzt gerade angedeutet sind. Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß der § 70 der Strafprozeßordnung nicht nur erlaubt, gegen Sie ein Ordnungsgeld festzusetzen bis zu 1000,-- DM, und an dessen Stelle Ordnungshaft bis zu 6 Wochen, wenn Sie das nicht bezahlen könnten, sondern Sie können auch zur Erzwingung des Zeugnisses bis zu 6 Monaten in Haft genommen werden.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, ja, ich kenn die[oo] Bestimmung; aber das interessiert mich wirklich absolut nicht.

Vors.:

Ich meine, es wäre hier keine Frage des Prinzips. Ich versuche Ihnen hier wirklich zuzureden, damit Sie sich hier nicht in etwas verrennen, was unnötig ist. Es ist eine Frage gestellt gewesen, und Sie haben jetzt gehört, welche Maßnahmen in Betracht kommen. Bitte bewerten Sie es unter diesem Aspekt. Sie können sich nicht auf den Standpunkt stellen, als Zeuge, Sie hätten zu bestimmen, wem Sie hier Rede und Antwort stehen. Das Gericht hat Recht und Pflicht Sie zu fragen. Und Sie haben die Pflicht als Zeuge darauf zu antworten. Das steht fest. Und ich glaube nicht, wenn Sie [10721] jetzt noch Blickkontakt zu Ihren Herrn Verteidigern aufnehmen würden, daß sie Ihnen raten würden, diese Frage nicht zu beantworten, die gestellt ist.

RA Dr. Te[mming]:

... Verteidiger ...

RA Geu[len]:

... atmosphärische Kommentierungen, Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Ja, die Rechtsanwälte, entschuldigen Sie bitte, sondern Sie haben vorhin ja sich danach gerichtet, was die Herren Verteidiger - ich meinte, die Herren Verteidiger, nicht die Ihren - getan haben. Ich glaube nicht, daß sie Sie in der Richtung beraten würden, die Frage nicht auch[pp] zu beantworten. Wollen Sie jetzt die Antwort geben oder nicht?

RA Geu[len]:

... atmosphärische Eindrücke zu Protokoll geben. Aber das ist nicht prozessual zulässig.

RA Dr. Te[mming]:

Ich bin gerne bereit, die Zeugin zu beraten ...

Vors.:

Frage: Frau Mohnhaupt, wollen Sie Antwort geben oder nicht auf die Frage. Oder wollen Sie sich auf § 55[ StPO] berufen? Da könnten wir uns dann auch noch Gedanken drüber machen, ob das berechtigt ist oder nicht. Es geht also nur dahin, Sie sagten mir vorhin ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja gut, dann mache ich das.

Vors.:

Was? War Raspe auch in Berlin, das ist die Frage. Weil Sie sagten, ja wir wußten nichts. Und Sie sagten, ich war in Berlin; Ensslin und Baader auch.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich werde hier auf gar keinen Fall sagen, wer alles in Berlin war. Ich nehme Stellung zu den Punkten, wo konkret Sachen behauptet werden, die ...

Vors.:

Jetzt hören Sie bitte auf, uns diese Belehrung zu geben. Frau Mohnhaupt es ist ...

RA Geu[len]:

Ich möchte die Frage beanstanden. Ich möchte die Frage beanstanden ...

Vors.:

Bitte, Herr Rechtsanwalt, ich bin im Augenblick erst dabei, die Frau Zeugin drüber zu unterrichten.

RA Geu[len]:

Wenn Sie die Frage gestellt haben, werde ich sie beanstanden.

Vors.:

Ja, dann dürfen Sie die Frage beanstanden. Erstens mal müßten Sie, wenn die Frage gestellt würde, wer sich in Berlin aufhält, pflichtgemäß als Zeuge, wenn Sie nicht den § 55[ StPO] in Anspruch nehmen können, die Antwort geben. Das ist das Erste. Aber danach hat niemand gefragt. Es hat auch niemand eine Behauptung aufgestellt; sondern Sie haben vorhin auf die Frage, was verstehen Sie unter „wir“, erklärt, Sie waren in Berlin auch Baader und Ensslin. Jetzt war die Frage des [10722] Kollegen, ob Sie auch bestätigen können, daß Herr Raspe in Berlin war; ob er auch unter das „wir“ fällt? Das ist alles.

RA Geu[len]:

Kann ich denn jetzt die Frage beanstanden, Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Jetzt können Sie.

RA Geu[len]:

Wenn die Frage aufrechterhalten wird? Sie war auch schon vorher gestellt; deshalb war die Beanstandung auch vorher schon richtig. Der Grund der Beanstandung liegt auf der Hand. Die Frage hat offensichtlich nicht den Sinn, irgendwas, was zum Beweisthema gehört, von der Zeugin zu erfahren, sondern etwas anderes. Sie können ja, Herr Dr. Breucker, Sie können darüber natürlich so lächeln, wie Sie das immer in dieser Situation machen. Sie können das ja vielleicht mal erklären, was das mit der Über- und Unterordnung in der sogenannten RAF zu tun hat oder mit dem ersten Beweisthema oder auch mit dem 2. Beweisthema. Ich beanstande die Frage aus diesem Grund und halte sie für nicht zulässig. Im übrigen hat die Zeugin nun schon mehrfach erklärt, daß sie die Aussage verweigert. Und ich meine, man sollte das zur Kenntnis nehmen. Das Gericht hat kein Recht, das zu überprüfen, ob ein Verweigerungsrecht, das haben Sie auch bei Herrn Müller immer behauptet, auf unsere Intervention, ob ein Verweigerungsrecht nach § 55[ StPO] vorliegt oder nicht. Die Zeugin hat sich ersichtlich darauf berufen.

Vors.:

Zunächst möchte ich Sie darauf hinweisen, daß diese Frage gestellt war zur Führung eines möglichen Entlastungsbeweises für den Angeklagten Raspe, ob er nämlich auch zu denen gehört, die nichts gewußt haben von den Anschlägen München und Augsburg. Ich kann das Interesse der Verteidigung nicht recht begreifen, eine solche Frage nicht zuzulassen. Das zweite und ...

RA Geu[len]:

... und auch nicht damit, ob die Frage zulässig ist oder nicht. Wenn es zum Beweisthema gehört ...

Vors.:

Es ist eine ganz merkwürdige Sache, daß Sie jetzt, nachdem es doch über lange Strecken hinweg gutgegangen ist, meinen, Sie könnten wieder jederzeit das Wort ergreifen. Aber ich versichere Ihnen, daß diese Wortergreifungen, diese Eigenmächtigkeiten, die Sie immer am Anfang angewendet haben, die das Verfahren lange genug gestört haben, inzwischen, wie [10723] Sie bemerkt haben dürften, auch das Interesse der Standesorganisation gefunden haben.[52] Ich möchte Sie in Ihrem eigenen Interesse deswegen mahnen, an Sie appellieren, halten Sie die Ordnung einer Verhandlung ein. So kann ich nicht verhandeln, wenn jemand glaubt, er könne ständig dazwischenreden.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, ich weise Ihre Zurechtweisung zurück und den Begriff ...[qq]

Vors.:

Haben Sie jetzt im Augenblick sich zu Wort gemeldet oder wieder das Wort einfach ergriffen?[rr]

RA Dr. He[ldmann]:

Wollen Sie mir das Wort geben?

Vors.:

Zu welchem Grunde?

RA Dr. He[ldmann]:

Um Ihre Zurechtweisung zurückzuweisen. Sie haben den Ausdruck benutzt ...

Vors.:

Ich habe Sie jetzt darauf hingewiesen, daß Sie nicht ...

RA Dr. He[ldmann]:

... Sie haben den Ausdruck benutzt ...

Vors.:

... ständig dazwischenreden sollen. Dabei bleibt es. Jetzt ist die Frage an Frau Mohnhaupt ...

RA Dr. He[ldmann]:

Dann rüge ich, Herr Vorsitzender ... Ich habe eine Rüge gegen Sie vorzutragen.

Vors.: (nach geheimer Umfrage)

Der Senat hat beschlossen:

Die Frage ist zulässig.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, ich bin noch in einer Rüge. Sie haben ...

Vors.:

Es gibt dazu nichts zu rügen.

RA Dr. He[ldmann]:

Gut![ss]

Vors.:

Sie könnten einen Antrag stellen.

Gelächter im Sitzungssaal.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich lehne den Vorsitzenden Richter Dr. Prinzing wegen der Besorgnis der Befangenheit [tt] für den Angeklagten Baader ab.

Der Vorsitzende hat Tätigkeiten der Verteidiger ...

Vors.:

Augenblick bitte, die Frau Zeugin kann wieder in Abstand verwiesen werden.

Die Zeugin Mohnhaupt wird um 12.16 Uhr in Abstand verwiesen.

RA Dr. He[ldmann]:

Der Vorsitzende Richter hat in der Hauptverhandlung soeben erklärt, die Verteidiger hätten die Hauptverhandlung lange genug gestört. Eine solche Einstellung gegen- [10724] über der Verteidigung muß bei dem Angeklagten Baader, wie sicher auch bei anderen Angeklagten, den Eindruck einer erheblichen Befangenheit den Angeklagten gegenüber[uu] erzeugen. Deshalb ist dieser Antrag begründet. Glaubhaftmachung: Sitzungsprotokoll.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Temming.

RA Dr. Te[mming]:

Ich schließe mich dem Antrag an,

und zwar deshalb, weil der Vorsitzende Richter offensichtlich über Informationen darüber verfügt, was die Standesorganisation mit den Rechtsanwälten machen: eine erstaunliche Kenntnis, da meines Wissens derartige Vorkommnisse in den meisten Fällen nicht vorher veröffentlicht werden, auch nicht dem Vorsitzenden zur Kenntnis gebracht werden. Dies zeigt, daß der Vorsitzende ein Interesse daran hat, daß mit mißliebigen Verteidigern sich die Standesorganisationen beschäftigen[vv]. Weiterhin möchte ich darauf aufmerksam machen, daß der Vorsitzende Richter zwar immer von uns verlangt, wir sollten[ww] uns zu Wort melden, daß es[xx] mir aber bisher noch nie gelungen ... oder fast nie gelungen ist, durch Handzeichen oder sonst wie mich zu Wort zu melden, sondern es ist mir immer nur dann gelungen, wenn ich, wie Sie sagen, eigenmächtig, ich sagen würde, aus der Situation notwendig, mich selbst zu Wort geäußert habe. Nur so war es mir bisher möglich, die geschätzte Aufmerksamkeit des Herrn Vorsitzenden zu erlangen. Wenn er jetzt behauptet, wir würden dadurch, daß wir das Wort ergreifen, stören, so zeigt das nur, daß er die Verteidigung schlechterdings ... ihm die Verteidigung schlechterdings nicht gerade angenehm ist. Des weiteren ist es so, daß er eben, obwohl eine Beanstandung war, bereits wieder einen Beschluß des Senats in der üblichen Weise, nämlich durch Kopfnicken und Rundumbefragung, durchgeführt hat, während ich mich verzweifelt zu Wort gemeldet habe, um zu versuchen, zu dieser Beanstandung ebenfalls noch etwas[yy] zu sagen. Das heißt, rechtliches Gehör ist hier nur gewährleistet, wenn man sich, wie der Vorsitzende es ausdrückt, eigenmächtig das Wort verschafft. Wenn das gleichzeitig dann immer wieder als Rüge gebracht wird, so dient das dazu, die Verteidigung rein technisch schon zu unterlaufen.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich ergänze den Ablehnungsantrag für Herrn Baader. [10725] Mit der von Herrn Dr. Temming zitierten Äußerung des abgelehnten Richters hat der abgelehnte Richter zu erkennen gegeben, daß er von den Ehrengerichtsverfahren gegen die Verteidiger wegen prozessualer Äußerungen in dieser Hauptverhandlung weiß. Der Angeklagte Baader hat also anzunehmen, entweder betreibt der Vorsitzende Richter diese Ehrengerichtsverfahren gegen seinen und andere Verteidiger hier selbst oder er billigt sie, indem er, was er könnte, nicht unterbindet, daß diese Ehrengerichtsverfahren wegen Prozeßäußerungen betrieben werden. Prozeßäußerungen[zz], wie zum Beispiel ... wie Sie zum Beispiel mir unter vielen anderen vorgehalten wird, ich hätte erklärt, der Vorsitzende Richter beachte die Regeln der Strafprozeßordnung nicht. Ein faires Verfahren sei nicht gewährleistet und ähnliche, reine Verteidigungsäußerungen. Das bedeutet, daß mit dem Wissen des Vorsitzenden Richters über die örtlichen Staatsanwaltschaften, Pressionsversuche gegen Verteidiger geübt werden, die sachgerechte Verteidigung, wozu auch gehört, bestimmte Prozeßerscheinungen[aaa] bei ihrem wahren Namen zu nennen, die sachgerechte Verteidigung zu unterlassen, reine Pressionsversuche. Das allerdings ist mit Sicherheit hinreichender Grund, um den abgelehnten Richter ... beim abgelehnten Richter die Befangenheit hochgradig zu besorgen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen.

RA Geu[len]:

Frau Ensslin schließt sich diesem Ablehnungsantrag an. Ich möchte zur Begründung folgendes vortragen: Es war von dem Herrn Beisitzenden eine Frage gestellt worden, die nach meinem Dafürhalten über den Inhalt - über die rechtliche Bewertung brauchen wir hier nicht zu streiten - nicht zum Beweisthema gehört. Beweisthema sind zwei ganz andere Dinge. Die Struktur, die der Organisation, aber nicht die Anwesenheit von Herrn Raspe oder von sonst jemandem. Ich habe diese Frage beanstandet. Daraufhin hat der Herr Vorsitzende als allererstes gesagt, er könnte diese Beanstandung schon deswegen nicht verstehen, weil diese Frage zur Entlastung von Herrn Raspe diene. Zunächst mal ist dazu festzustellen, [10726] daß eine Frage ... daß die Frage, ob eine bestimmte Frage oder ein Vorhalt zum Beweisthema gehört, überhaupt nichts damit zu tun hat, wen sie be- oder entlastet. Es ist eine Frage, die objektiv zu beurteilen ist. Außerdem darf ich natürlich darauf hinweisen, daß ich Herrn Raspe nicht vertrete, sondern Frau Ensslin. Das ist das eine. Das zweite ist, ich trage zur Begründung auch folgendes vor, was unmittelbar vorher stattgefunden hat, nämlich zum Ersten, daß der Herr Vorsitzende Richter Prinzing, ohne daß dazu eine Veranlassung bestand, die Bundesanwaltschaft aufgefordert hat, beziehungsweise gefragt hat, ob seitens der Bundesanwaltschaft nunmehr ein Antrag oder eine Stellungnahme, ich kann das nur sinngemäß aus dem Gedächtnis wiedergeben, eine Stellungnahme gewünscht würde, also offensichtlich doch[bbb] diese Frage [ccc] darauf abzielte, ob seitens der Bundesanwaltschaft ein Antrag gestellt wird, gegen die Zeugin eine Ordnungsstrafe oder eine Ordnungsmaßnahme festzulegen. Ich halte das für unzulässig. Ebenso sehr, wie ich für unzulässig halte, daß die Bundesanwaltschaft vom Vorsitzenden Richter verlangt, daß er die Zeugin darüber belehrt, daß die Bundesanwaltschaft einen Antrag stellen kann. Das ist nicht Gegenstand des Belehrungsrechtes, sondern lediglich der Umfang des Verweigerungsrechtes der Zeugin und die Grenzen dieses Verweigerungsrechtes. Das ist das eine. Und[ddd] das zweite, was auch unmittelbar vor diesem Vorfall zu verzeichnen war, nämlich, daß der Herr Vorsitzende Richter eine bestimmte atmosphärische Situation in dem Verfahren gewissermaßen zu Protokoll, um es eben schriftlich festhalten zu lassen, so war es jedenfalls objektiv ob es subjektiv so war, kann ich nicht beurteilen - zu Protokoll gab; wenn die Verteidigung das in vergleichbaren Fällen machen würde, also etwa zu Protokoll geben würde, bestimmte Blickkontakte, die innerhalb des Gerichtes bestehen, zum Beispiel im Hinblick darauf, ob das Gericht nun der Verhandlung anwesend ist und zuhört, ist dies bisher vom Herrn Vorsitzenden Richter immer gerügt worden. Diese beiden Vorfälle ziehe ich in die Ablehnungsbegründung mit ein.

Vors.:

Will sich die Bundesanwaltschaft zu[eee] den Anträgen äußern? Bitte Herr Bundesanwalt Widera.

Ende des Bandes 620.

[10727] Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich stelle den Antrag für die Bundesanwaltschaft

daß die Ablehnungsgesuche der Verteidiger, die sie für ihre Mandanten gestellt haben, als unzulässig zu verwerfen.

Der weitere Ablauf seit dem letztem Ablehnungsantrag dieses Prozeßtages macht deutlich und bestätigt das, was der Kollege Zeis bei dem letzten Ablehnungsantrag gesagt hat; die Verteidigung hat sich, um den Prozeß verschleppen zu können, wieder des Instituts der Ablehnung erinnert. Sollte der Herr Vorsitzende wörtlich das gesagt haben, die Verteidigung hätte nun lange genug gestört, dann hätte er mit dieser Bemerkung genau ins Schwarze getroffen.

Die Verteidiger, die sosehr darum bemüht sind auch die allerletzten Protokolle, Wortprotokolle zu bekommen, für einen Zeitraum, den jedenfalls die Verteidiger doch noch genau im Ohr haben müßten, werden sicherlich auch die Menge der Protokolle gelesen haben, die genau das betreffen, nämlich daß von der Verteidigerbank da drüben unentwegt und fortlaufend nur gestört worden ist.

Ich kann mich hier des Eindrucks nicht erwehren, daß die Verteidiger, die seit langem, jedenfalls eine gewisse Zeit, hier das Verfahren nicht gestört haben, daß sie heute wiederum damit beginnen, weil sie sich den von ihnen genannten Zeugen gegenüber offenbar in irgendeiner Form beweisen wollen und vielleicht sogar müssen. Wenn der Herr Rechtsanwalt Heldmann das, was er hier tut, heute tut, eine sachgerechte Verteidigung nennt, dann meint er offenbar, wenn er den Prozeß verschleppt, Versuche unternimmt ihn zu verschleppen, daß das eine sachgerechte Verteidigung sei. Zu den Ergänzungen des Herrn Rechtsanwalt Geulen kann ich nur sagen, sie sind sämtlichst haltlos; eins möchte ich aufgreifen, das, was er die atmosphärische Situation nennt. Es war doch für jeden deutlich hier, jeder hat es doch gesehen, daß die Zeugin, als sie dann, bevor sie begann auszusagen, daß sie zunächst einmal den Blickkontakt suchte, ihn dann mit Herrn Rechtsanwalt Heldmann gefunden hat. Der ihr dann durch heftigstes Kopfnicken zu verstehen gegeben hat, sie könne nun beginnen und darauf hat sie dann begonnen. Das sind die Gründe, die ich vorzutragen hatte.

Vors.:

Ich bitte um 14.30 Uhr wieder hier anwesend zu sein. Die Sitzung wird dann fortgesetzt. Prozeßpublikum wird vorsorglich zugelassen. Es wird dann bekanntgegeben wie es weitergeht. - 14.30 Uhr -

Pause von 12.25 Uhr bis 14.33 Uhr

[10728] Fortsetzung der Hauptverhandlung; um 14.33 Uhr

RAe Dr. Heldmann und Schnabel sind nicht mehr anwesend.

Die Zeugin Mohnhaupt ist wieder anwesend[fff].

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort.

Folgender Beschluß ist zu verkünden:

Die Ablehnung des Vorsitzenden Richters Dr. Prinzing wird einstimmt als unzulässig verworfen.

Gründe: Als Rechtsanwalt Geulen den Vorsitzenden eigenmächtig unterbrach, erklärte dieser unter anderem: „Aber ich versichere Ihnen, daß diese Wortergreifungen, diese Eigenmächtigkeiten, die Sie immer am Anfang angewendet haben, die das Verfahren lange genug gestört haben, inzwischen, wie Sie bemerkt haben dürften, auch das Interesse der Standesorganisation gefunden haben. Ich möchte Sie in Ihrem eigenen Interesse deswegen mahnen, an Sie appellieren, halten Sie die Ordnung einer Verhandlung ein. So kann ich nicht verhandeln, wenn jemand glaubt, er könne ständig dazwischenreden.“

Soweit hierin die Feststellung enthalten ist, die Verteidigung habe durch Eigenmächtigkeiten, besonders durch eigenmächtige Wortergreifung, das anhängige Verfahren schon in zahlreichen Fällen gestört, wird hierdurch nichts wiedergegeben als eine Tatsache, die jedem Prozeßbeteiligten, auch den Angeklagten und gerade Verteidigern, bekannt ist. Daß der Vorsitzende auf diese Tatsache hinweist, hat mit der Besorgnis einer Befangenheit nichts zu tun.

Daß sich die anwaltlichen Standesorganisationen mit dem Verhalten einiger Verteidiger im anhängigen Verfahren befassen, ist allgemeinkundig, in der Presse schon wiederholt erwähnt, von Rechtsanwalt Dr. Heldmann bestätigt und eben zum Gegenstand seiner Ablehnungsbegründung gemacht worden.

Rechtsanwalt Dr. Heldmann erscheint wieder um 14.35 Uhr im Sitzungssaal.

[10729] Die Frage, ob standesrechtliche Verfehlungen vorliegen, wird in dem dafür vorgesehenen Verfahren geprüft. Inwieweit hier Raum für „Pressionen“ - so Rechtsanwalt Dr. Heldmann - des Vorsitzenden sein sollen, ist von den Antragstellern nicht dargetan und nicht ersichtlich.

Sowohl die Angeklagten - bei vernünftiger Betrachtung - als auch ihre Verteidiger wissen, daß das alles mit Befangenheit schlechterdings nichts zu tun hat. Die Ablehnung dient offensichtlich nur der Verschleppung (§ 26a StPO).

Gleiches gilt für das sonstige Vorbringen der Antragsteller, (etwa, Dr. Prinzing habe die Verteidigung bei Beanstandung einer richterlichen Frage darauf hingewiesen, die Frage diene der möglichen Entlastung der Angeklagten; Dr. Prinzing habe die Bundesanwaltschaft befragt, ob gegen die Zeugin - die sich wiederholt grundsätzlich weigerte, Fragen des Gerichts und der Bundesanwaltschaft zu beantworten - ein Antrag gestellt werde; Dr. Temming habe schon mehrmals vergeblich versucht, durch Handheben sich zu Wort zu melden; der Vorsitzender habe - so Rechtsanwalt Geulen - eine „atmosphärische Situation zu Protokoll“ geben wollen).

Das gilt sowohl für jeden einzelnen Ablehnungsgrund als auch in der Gesamtschau.

¾¾¾

Ich darf dem noch anfügen - von mir aus - Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann. Sie haben mir nun wiederholt den Verdacht ausgesprochen, als hätte ich mit den Ehrengerichtsverfahren etwas zu tun, das trifft nicht zu; jetzt nicht, in der Vergangenheit nicht und auch in der Zukunft nicht. Vielleicht, wenn Sie diese Erklärung, die ich schon früher gab, jetzt nochmals sich zu Eigen machen wollten.

Wir setzen die Vernehmung der Zeugin fort.

Herr Rechtsanwalt Schnabel ist für heute nachmittag entschuldigt.

Das Gericht stellt Fragen zurück.

Hat die Bundesanwaltschaft Fragen? Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Z[eis]:

Wir haben Fragen, Herr Vorsitzender, wir stellen sie aber ebenfalls auch zurück.

Vors.:

Danke.

Dann darf ich den Herrn Verteidigern die Gelegenheit geben, wer von den Herrn will beginnen? Herr Rechtsanwalt Dr. Temming.

[10730] RA Dr. Te[mming]:

Ich habe nochmal eine genauere Frage an Dich und zwar zu dem Problem, daß Müller, Kronzeuge Müller behauptet hat, daß der Anschlag gegen Springer in Hamburg durch Ulrike Meinhof geplant und vorbereitet worden sei.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, ich beanstande die Frage. Die Unterstellung, daß es sich bei dem Zeugen Müller um einen Kronzeugen handelte, ist offenbar hier nur in[ggg] polemischer Form[hhh] vorgebracht, um gegen den Zeugen Stimmung zu machen.

RA Dr. Te[mming]:

Ich habe eigentlich nur die Ausdrucksweise benutzt, die in der Presse gebraucht[iii] wird. Daß die Presse polemisiert, habe ich bisher eigentlich nicht merken können.

Vors.:

Es ist Ihnen, der Sie sonst auch auf die Einhaltung der Prozeßordnung drängen, bekannt, daß es den Begriff des[jjj] „Kronzeugen“ in der Prozeßordung nicht gibt,[53] ich bitte Sie auch ihn nicht zu verwenden.

RA Dr. Te[mming]:

Den Begriff nicht, aber die Tatsache.

OK, der Zeuge der Anklage, Gerhard Müller, hat behauptet, Ulrike Meinhof habe den Anschlag in Hamburg geplant und durchgeführt und es sei deshalb zu Spannungen zwischen Ulrike Meinhof und insbesondere Andreas Baader gekommen.

Meine Frage: weißt Du, ob Ulrike zu dieser Zeit überhaupt in Hamburg war und weiß Du, ob es zu Spannungen zwischen Ulrike und Andreas über diesen oder sonstige Punkte gekommen ist oder wie das Verhältnis überhaupt war?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich hab[kkk] da vorhin schon dazu was gesagt, und zwar, daß es an dem Anschlag eine allgemeine Kritik gab, d. h. unter allen und ...

Vors.:

Ich bitte Sie, Frau Mohnhaupt, nur das wiederzugeben ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, selbstverständlich.

Vors.:

... was neu ist; Wiederholungen wollen wir hier also nicht mehr jetzt.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Jetzt hören Sie doch mal auf, Sie haben überhaupt noch keine Ahnung, was ich weiter rede.

Vors.:

Ich hätte die Frage an sich zurückweisen müssen, weil es eine Wiederholung war, aber Sie dürfen gerne, wenn Sie etwas Zusätzliches haben, dazu sagen.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

... was er will, also vielleicht mache ich das jetzt und vielleicht wiederhole ...

Vors.:

Bitte, das dürfen Sie.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

... dazu nochmal den Kern; also, eben.

Und das war das, was ich vorhin dazu gesagt[lll] hab, daß Ulrike damals hingefahren ist um das zu klären, und dann eben daraus, aus dem Ergebnis dieser Klärung, dieser Feststellung der Tatsachen dort [10731] in Hamburg, dort die Erklärung dazu formulieren und ich mache das jetzt nochmal genauer. Und zwar war das so, daß sie auch in Berlin war und dann etwa Mitte Mai nach Stuttgart gefahren ist, und zwar hatte sie ... also sie war in Berlin vorher, im Rahmen dieser Sache, was ich vorhin gesagt hab, daß wir die Aktionen der Entführung vorbereitet haben und da war Ulrike natürlich selbstverständlich beteiligt dran[mmm], an der Organisation, an der Planung der Aktion. Und sie hat dann noch ... also ist nach Stuttgart gefahren um einen anderen Job zu machen, der da wichtig wurde und zwar hat sie das gemacht, weil sie es[nnn] eben sehr gut konnte, sehr viel wußte darüber. Das war ... sie ging dahin um Material, also Material zu bekommen für eine Diskussion, und zwar im Rahmen von das, was sie überhaupt gemacht hat, also Informationsorganisation auf der Ebene Internationalismus, d. h. sie hat da versucht [ooo] den Diskussionsprozeß zu vermitteln; der lief in der Linken und eben das auf internationaler Ebene mit Gruppen im Ausland. Und zu der Zeit war die Diskussion um Betriebsguerilla aktuell. Es gab in Italien Versuche, also bestimmte Taktik, die in Italien eben möglich ist, aufgrund der unterschiedlichen Bedingung[ppp], was hier eben wir sagen, daß es nicht möglich ist; und diese Sache[qqq] sie damals genauer machen wollen, eben genau um diesen Diskussionsprozeß zu organisieren auf einer internationalen Ebene, d. h. in dem Aspekt, in der Perspektive interkontinentalen Strategie. Also das war der Zweck warum sie nach Stuttgart gefahren ist. Und von Stuttgart, ich glaube, daß Andreas unmittelbar nach dem Hamburger Anschlag, als die Kritik eben sofort lief bei uns, daß er ... er hat da angerufen in Stuttgart und sie ist dann daraufhin nach Hamburg gefahren, um das zu klären; also so war das, glaube ich. Und damit ist das auch beantwortet[rrr], also, ob es da Differenzen gegeben haben könnte, oder weiß[sss] der Teufel, oder Fraktionierung; es ist einfach aus den Tatsachen unheimlich klar und deutlich, daß das völlig haltlos ist, völlig aus der Luft gegriffen.

RA Dr. Te[mming]:

Noch eine Frage, das betrifft die Aussage des Zeugen der Anklage, Gerhard Müller, daß es geplant gewesen sei Siegfried Hausner zu liquidieren. Wie ist das, weiß Du darüber etwas und weiß Du was darüber ... ob es Trennungen von Individuen von der Gruppe gab und wie die abgelaufen sind?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, also es gab natürlich Trennungen. Es wäre einfach falsch zu sagen, so was gibt es nicht. Es gibt natürlich solche Widersprüche in der Gruppe und die entstehen auch in dem Prozeß, in dem die Gruppe ist, also im Prozeß des Kampfes gibt es natürlich Wider- [10732] sprüche und es gibt Leute, die entscheiden sich irgendwann, den Job nicht mehr zu machen, weil sie das nicht mehr wollen, also an, ja, die Implikation eben, die da einfach drin ist, entscheiden sie sich umzudrehen, wieder zurück oder eben einfach versuchen eine andere Praxis zu machen. Obwohl eigentlich jeder weiß, daß es nicht möglich ist eine andere ... daß das gelogen ist, wenn man es mal gemacht hat. Also so eine Entscheidung kann nur[ttt] ein Schritt zurück sein, man reist immer ein Schritt in den Dreck zurück.

Aber es gab solche Trennungen natürlich. Und es ist niemals von Liquidation geredet worden, also bei keiner Trennung. Es gab Trennungen von Leuten, was ich schon gesagt hab, die den Job nicht mehr machen konnten, nicht mehr machen wollten, eben, weil sie begriffen hatten was Illegalität bedeutet, was bewaffneter Kampf bedeutet und das war ihre freie Entscheidung. Also es war richtig, daß sie gegangen sind, weil es wäre verrückt gewesen sie zu halten, wozu, nicht? Also eine gemeinsame Praxis wäre da überhaupt nicht mehr möglich gewesen. Und es gab Trennungen wo wir das bestimmt habe, also es waren[uuu] Leute, also was wir gesagt haben, wir trennen uns von denen aus bestimmten Gründen. Also im Grunde genommen aus denselben natürlich, weil eine gemeinsame Praxis an einem bestimmten Punkt nicht mehr möglich war, dadurch, daß sich Widersprüche entwickelt haben. Und, naja, die leben natürlich alle noch, also es ist völlig irre. Es gab ... es ist völlig normal gelaufen[vvv], natürlich. Sie haben sich getrennt, sie machen was anderes, eben in dem Bewußtsein, daß sie genau diese Praxis nicht mehr machen konnten.

Und vielleicht soll man dazu noch was sagen wie das gelaufen ist, wenn sich Leute entschieden haben aufzuhören. Das war immer so, daß [www] in Diskussionsprozessen entschieden worden ist, d. h. es waren alle beteiligt[xxx] oder sehr viele, also alle die ... wo es denen unter den Bedingungen möglich war daran teilzunehmen. Und zwar, es und lief in Diskussionen, und[yyy] es lief nicht abrupt, sondern es war jedesmal eine Entwicklung da. Und zwar eine Entwicklung, daß derjenige eben selber genauso begriffen hat, wie alle anderen in der Gruppe, daß der Punkt erreicht ist, wo eine gemeinsame Praxis wirklich unmöglich geworden ist, also wo er sich entscheiden muß, entweder er ändert sich jetzt, er will das noch, er bringt sich ... er schafft sich dahin und das ist klar, mit allen zusammen natürlich oder er geht und dann geht er eben ohne Zwang, ohne Druck, sondern weil es seine Entscheidung ist, weil er es als seine Entscheidung auch begreifen kann, weil es so vermittelt war im Prozeß, also ohne Identitätsverlust, [10733] ohne ihn wegzuschmeißen; das ist unmöglich, also so ist es auch nie gelaufen; so war die Struktur ... Es ist auch ... also das ist auch der Punkt, der eben diese Hausner-Geschichte, die Müller da bringt, so absolut unmöglich macht wie Liquidation. Das heißt, unter bestimmten Umständen sagen wir natürlich, daß es grundsätzlich möglich ist, in bestimmten Situationen, da gibt es überhaupt kein Problem, das ist einfach so, aber es war 72 in dem Prozeß, in dem die Gruppe da war, wäre es falsch gewesen in dieser Situation, weil so eine Sache einen der gehen will, wobei es einfach nicht stimmt, daß Hausner gehen wollte oder daß wir gesagt haben, er soll gehen; das ist in sich schon völlig falsch, weil es gar keinen Grund gab. Also in seiner Person, in dem, was er gemacht hat, war überhaupt kein Grund vorhanden zu sagen, der muß raus, der muß liquidiert werden, das ist völlig lächerlich. Es gab da nichts.

Und Fehler oder so was, das macht natürlich jeder; also diese Arroganz und diese Absolutheit, die hat auch keiner, daß er sagt, ich mache keine Fehler. Jedenfalls war die Situation ja in den Gruppen so, daß eine Sache wie zu sagen, der geht jetzt raus und wenn er nicht rausgeht, dann weiß er ... also was er da sagt, ist doch, wenn er nicht nach Holland könnte oder wenn er nicht abgeschoben werden könnte ins Ausland, dann muß er einfach so, als Notlösung muß er dann liquidiert werden, das ist ja überhaupt das schweinischste überhaupt. Also die Situation war so, daß so[zzz] eine Sache, wenn sie gemacht worden wäre, dann hätte sie die Gruppe, die einzelne die in der Gruppe gekämpft haben, natürlich niemals gestärkt, sondern geschwächt, zerstört, wirklich. Weil mit der Implikation daß so was möglich ist, in der Gruppe, wie wäre es dann noch möglich, daß die einzelnen kämpfen, daß sie Mut haben, daß sie überhaupt noch Identität herstellen können. Also das halte ich für ausgeschlossen. Wenn es so laufen würde, wie Müller das darstellt, nur als Notlösung und nur weil vielleicht kein Platz da ist, also völlig wahnsinnig. Also ist das alles? Also ist es daran jetzt klar?

Ach so, nein, dann kann man noch ein Beispiel bringen.

Es gibt die Geschichte, die auch bekannt ist, und zwar in Berlin, also Edelgard Gräfer heißt die[aaaa], glaube ich, Gräfer jedenfalls; die hat ½ Dutzend Leute hochgehen lassen, also sie hat Leute verraten, Wohnungen verraten; und was passiert ist, was gemacht worden ist: sie hat einen Eimer Teer über die Fresse gekriegt und ein Schild um den Hals.[54] Also ich meine, wenn so was bekannt ist, daß jemand, der Leute verraten hat, d. h. er verrät sie und gibt sie praktisch [10734] zum Abschuß frei, denn man kann das ja nie wissen, wenn die Bullen in die Wohnung kommen, wie das da läuft, wenn der einen Eimer Teer über den Kopf kriegt, dann ist es umso absurder anzunehmen, einer, der niemanden verraten hat, könnte aufgrund einer bestimmten Situation, wo alles mögliche kulminiert, also wie Müller das darstellt, Fahndung und was weiß ich, Verhaftung, könnte der einfach so abgeknallt werden; das ist ausgeschlossen.

Und dann gibt es natürlich noch den stärksten Beweis, würde ich sagen daß es nicht sein kann, daß das eine gezielte Behauptung ist einfach, daß Siegfried das Kommando Holger Meins[55] geführt hat. Also das ist ausgeschlossen, daß er das sonst gekonnt hätte, das gemacht hätte. Das ist einfach die Vermittlung, daß er das macht, daß er das gemacht hat. Die sagt einfach genau das richtige aus, über die Struktur wie sie war. Ich glaube, das kann man auch gut begreifen. Wie sollte er es sonst machen können, wie soll der sonst kämpfen können, mit so einer Geschichte, wie Müller sie behauptet.

RA Dr. Te[mming]:

Ja. Dann noch, der Zeuge der Anklage, Müller, hat auch behauptet, daß die hierarchische[bbbb] Struktur durch Andreas Baader angeführt worden wäre. Andreas Baader habe einen Führungsanspruch gehabt. Mich würde interessieren, gab es so was oder gibt es so was in der Gruppe und wie ist das Verhältnis der Gruppe überhaupt zur Führung?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Also, wenn einer ein Führungs...

Vors.:

Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Z[eis]:

Ich meine diese Sache, mit dem hierarchischen Aufbau oder nicht, die war Gegenstand ein ausführlichen Erörterung der Zeugin am heutigen Vormittag ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Jetzt ist es konkret ...

OStA Z[eis]:

... die Frage ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Jetzt ist es konkret zu Andreas.

OStA Z[eis]:

Sind Sie doch mal ruhig, Frau Mohnhaupt, wenn ich spreche.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ach hören Sie doch auf an mir rumzuquatschen, wirklich.

Vors.:

Frau Mohnhaupt, ich verwarne Sie jetzt zum allerletzten Mal. Ich weiß nicht, ob sich das auszahlt, daß[cccc] Sie solche Bemerkungen machen. Es wirkt auch für einen Zeugen nicht gerade sehr überzeugend, wenn er sich so aufführt.

OStA Z[eis]:

Ich meine, die Frage sei schon[dddd] beantwortet durch die heutige Sachdarstellung im Zusammenhang durch die Zeugin.

Vors.:

Herr Bundesanwalt, ich glaube, die Zeugin hat es heute früh im Rahmen des allgemeinen, vor mir angegebenen Beweisthemas gesagt. Aber es ist [10735] jetzt die spezielle Frage im Zusammenhang mit der Person des Angeklagten Baader, insoweit hat sie es nicht spezialisiert gehabt und diese Spezialisierung oder Vertiefung wollen wir zulassen.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Also Führungsanspruch, hast Du gesagt, nicht?

Vors.:

Frau Mohnhaupt, wären Sie so freundlich, benützen Sie das Mikrophon, Sie werden sonst sehr schlecht verstanden im Saal.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Also, Sie formulieren gerade Führungsanspruch oder?

RA Dr. Te[mming]:

Ja, gab es einen Führungsanspruch von Andreas Baader und wie war überhaupt das Verhältnis der Gruppe zur Führung, welche Funktion hat Führung?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, also, wenn einer einen Führungsanspruch gehabt hätte, dann hätte er sich nur lächerlich gemacht. Also einen Anspruch zu führen ist einfach wirklich nur lächerlich. Die Sache ist ... wie sie war, wie wir das begriffen haben, daß Führung eine Funktion sein kann und in bestimmten Situationen auch sicher notwendig ist z. B. in Aktionen und so haben wir das bestimmt. Und natürlich hat Andreas die Funktion von Führung; einfach, weil er einen[eeee] unheimlich genauen Begriff von Situationen entwickeln kann und aus diesem Begriff, aus der Analyse von Situationen konzipieren kann, eine Taktik eine bestimmte, einen Ablauf und so Linien festlegen kann, also eine bestimmte Linie. Aber das ist einfach eine Sache, die niemals im Alleingang oder im einsamen Entschluß von einem stattfindet, sondern so eine Konzeption, wenn die einer entwirft, dann ist die natürlich der Diskussion von allen unterworfen, denn alle sind an der Praxis sehr konkret beteiligt, d. h. an der Linie. Also sie müssen die Linie diskutieren, sie müssen sie begreifen, sie müssen sie weiterentwickeln, jeder muß sie bestimmen können in jeder Situation, denn in bestimmten Situationen bist Du eben allein und wenn Du es dann begriffen hast, dann, naja, dann läuft nichts mehr, nicht. Also solche ... was Andreas da gemacht hatte, das war dann den Diskussionsprozeß. Von allen ist es dann festgelegt worden, genauer bestimmt, weitergemacht worden. Und in dem Moment, wo es festgelegt worden ist, als Linie, in dem Moment war er natürlich der Linie genauso unterworfen bzw. an sie gebunden, aber eben nicht als Zwang, sondern einfach aus dem Begriff, daß das notwendig ist, daß das richtig ist, daß das eine richtige Perspektive ist, eine richtige Taktik, wie jeder andere auch. Also da ist es dann auch völlig aufgehoben gewesen. Das heißt, Führung hat immer nur eine bestimmte Funktion und die ist natürlich für die, die sie benutzen nur erträglich, wie für die, an denen sie hängenbleibt, wenn sie keine [10736] Herrschaft ist, wenn sie völlig bestimmt ist über das, was alle wollen. Also sowieso ist ja das Prinzip in der Organisation Freiwilligkeit, d. h. daß jeder das eben auch können muß und können will, und ... also wir haben das genannt Kaderlinie. d. h., daß jeder dahinkommen muß, ob er nun lange bei der RAF war oder nicht so lange, das ist egal. Also daß jeder genau dahinkommen muß, so was selber zu können. Das heißt, dieser Schwachsinn da, den Müller behauptet hier mit offener Gruppe, also praktisch, daß alle an allen Arbeitsprozessen beteiligt sind, das ist einfach völlig ... das gibt es überhaupt nicht. Also das würde bedeuten, das ist natürlich die Legitimation der Aussage, weil es bedeuten würde, daß jeder alles weiß und konkret eben, daß Müller alles weiß. Aber Müller weiß nicht alles, Müller war kein Kader. Das ist einfach nur seine Behauptung, in dem bestimmten Zweck, den er da verfolgt bzw. der Staatschutz da verfolgt.

Vors.:

Gut, das ist ja jetzt eine Bewertung ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Nein, ich bin noch nicht fertig - Moment mal -

Vors.:

Bleiben Sie bitte bei den Tatsachen, die Sie wissen und angeben können.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, das ist eine. Das ist eine, ich weiß, daß er kein Kader war.

Vors.:

Ja, das dürfen Sie sagen, bloß die übrige Bewertung.

Ist die Frage damit ausreichend beantwortet, Herr Rechtsanwalt?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Nein, ich bin noch nicht fertig.

Vors.:

Ich weiß nicht, haben Sie denn für jede Frage hier, schon ein vorbereitetes Konzept?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich habe mir ... Natürlich, ich habe mir überlegt, was ich hier sagen will, selbstverständlich.

Vors.:

Kannten Sie die Fragen, die Sie gestellt bekommen?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Na, woher soll ich die denn kennen?

Vors.:

Ja, wenn Sie schon ein Konzept dazu haben.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich habe die Müller-Sachen gelesen, in der Presse.

Vors.:

Sie haben die Müller-Akten schon gelesen?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Die Müller-Sachen gelesen in der Presse; hören Sie mir doch zu.

Und daran, und an dem, was ich von Müller weiß, und was ich aus der Diskussion, aus dem INFO von ihm kenne usw. aus dem „Stern“-Artikel, da gibt es ja einige Beispiele, habe ich mir die Punkte klargemacht, die Punkte wo er die Struktur der Gruppe so darstellt, wo ich sage ... faschistische Bandenstruktur, die er darstellt und daran habe ich [10737] mir klargemacht, was ich hier, in dieser Funktion hier, Zeuge, dazu sagen kann. Das ist doch völlig ...

Vors.:

Ja, bitte, dann fahren Sie fort.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, eben. Na, Moment, also ... Ach ja, Kader-Linie.

Das heißt also, daß jeder dazu fähig sein muß das selbst zu können; also das ist konkret zur Führung natürlich, nicht. Wenn jeder das selber können muß, dann heißt das einfach, daß es nie Herrschaft sein kann, daß das bestimmt ist als eine Funktion, die sich aber auch auflöst, auflösen kann in dem kollektiven Prozeß, indem[ffff] eben jeder dahinkommt das zu können und das zu wissen. Das heißt, daß sich ... na, zur offenen Gruppe noch, aber das muß man nochmal genauer machen, das ist noch eine extra Sache. Es ist einfach eine Bedingung auch für Kontinuität, also wenn Leute verhaftet werden, daß dann alles völlig orientierungslos dasitzt, sondern eben, daß die Leute auch wirklich das selber bestimmen können, weiter entwickeln können, daß es kein Bruch gibt, daß es keinen Einbruch gibt. Also ist die Bedingung von Kontinuität, das ist einfach eine Bedingung für die ganze Politik, für die ganze Praxis.

Wir haben letztes Mal gesagt, Guerilla ist eine Hydra, d. h. sie hat viele Köpfe. Also das ist natürlich auch ein Ziel, daß es das wird. Und in der Diskussion im INFO, die die Bundesanwaltschaft sicher hat, ganz sicher, also auch darüber Bescheid weiß, daß es so eine Struktur nie gegeben hat, da waren die Sätze, die das genau ausdrücken was ich meine; das war ein Satz von Holger und zwar der hieß: „Kollektiv ist jeder“, der meint genau das. Einer von Ulrike, den hat sie im Prozeß in Berlin gesagt, das war: „Der Guerilla ist die Gruppe“, d. h. jeder einzelne bringt das oder kommt in den Prozeß von allen, in dem ganzen Lernprozeß, der das natürlich ständig ist, die Praxis und überhaupt nur so lernt man in dieser Praxis, also in dieser Konfrontation, weil [gggg] eben zwingend ist und auch zwingend zu lernen, sich zu verändern, daß jeder dahinkommt wirklich „Der Guerilla ist die Gruppe“, also jeder einzelne das bestimmen kann, wirklich das ist und eben nicht Laufburschen oder diese ganzen Geschichten, Untergebene; naja, diese Konstruktion eben.

RA Dr. Te[mming]:

Wie verhält es sich denn dann mit der Befehlsgewalt, die Andreas Baader angeblich nach der Aussage des Zeugen der Anklage, Müller, gehabt und ausgeübt haben soll. Er hat das Beispiel, glaube ich, des Schießbefehls gegeben, daß sich jedes Mitglied aus der RAF [10738] im Falle der Verhaftung mit Waffengewalt zu wehren habe?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja. Naja, also ich würde mal die Antwort in zwei Sachen teilen. Einmal das Verhältnis, die Bestimmung, die die Gruppe zu Befehl hatte, wie sie das definiert hat, und es war auch ein Prozeß das zu definieren, „Befehl“, was das ist, was wir für ein Verhältnis dazu hatten; und dann eben konkret zum Schießbefehl. Also ich will erstmal was zu Befehl allgemein sagen, und zwar hat sich das natürlich auch entwickelt. Also die Situation ist so, daß in[hhhh] bestimmten Situationen natürlich, also in der Aktion ...

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender, ich möchte Sie bitten, vielleicht eine kurze Pause zu machen, bis die Herren Widera und Zeis, die jetzt seit geschlagenen 7 Minuten miteinander tuscheln, ihre Tuscheleien und Witzerzählereien - ich nehme an, daß Sie Witze erzählen, weil Sie dauernd lachen - vielleicht ihre Gespräche beendet haben. Mich stört das nämlich ziemlich, wenn ich da rüber sehen muß und die Herren der hohen Anklagebehörde da dauernd vor sich hinlächeln oder grinsen.

BA Dr. Wu[nder]:

Herr Rechtsanwalt Dr. Temming, das möchte ich mit allem Nachdruck zurückweisen dürfen. Was hier auf dieser Bank gesprochen wird, geht Sie überhaupt nichts an.

RA Dr. Te[mming]:

Ich wehre mich dagegen, daß dauernd getuschelt wird und daß da dauernd gegrinst wird.

Vors.:

Und ich[iiii] darf jetzt bitten: es wird keine Pause gemacht.

Bitte fahren Sie fort.

RA Dr. Te[mming]:

Gut.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, ich habe gesagt, erstmal Befehl allgemein, also was wir dazu für ein Verhältnis hatten. Und zwar haben wir es so gesehen, daß Befehl der kollektive Beschluß ist in der Phase der Durchführung. Das heißt, in der Phase z. B. Durchführung, also Aktion gibt es Befehl einfach, das ist eine militärische Notwendigkeit, das ist auch richtig, das ist auch funktional. Und eben weil es funktional ist hat es überhaupt nichts mit Zwang zu tun, denn eine Aktion ist ja wie gesagt, ein kollektiver Beschluß, d. h. sie ist vorher durchgesprochen, bestimmt von allen, begriffen von allen, die jeweiligen Jobs, die einer hat. Und Befehl ist dann eigentlich nur noch Koordination. So, das ist das eine und das andere ist diese Befehlsgewalt. Dieses ganze Bild, was[jjjj] das entwirft, ist Andreas der Boss, der die absolute Gewalt hat.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich bitte ums Wort.

[10739] Vors.:

Ist irgend etwas zu beanstanden?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ja.

Vors.:

Ja, bitte.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Es wird jetzt hier immer deutlicher, daß dort eine vorbereitete Aussage liegt, vor der Zeugin. Sie hat auch bei der letzten Frage erstmal umgewandt, das Blatt, und ist zum nächsten Blatt gegangen und verliest uns hier etwas, was sie vorbereitet hat.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich habe überhaupt nichts verlesen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Das ist nicht Sinn einer Zeugenvernehmung. Wenn es sich darum gehandelt hätte, und deswegen haben wir solange gewartet, daß dort etwa Stichpunkte gestanden hätten ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja.

Reg. Dir. Wi[dera]:

... denn es ist ja ein großes Gebiet über das dazu berichten ist, nein, hier ist also vollkommen, eine Frage kommt, es braucht nicht einmal innerhalb der vielen Blätter gesucht zu[kkkk] werden, es wird das nächste Blatt genommen. Es ist hier eine vollkommen vorbereitete Geschichte, die hier abläuft und deswegen bitte ich die Zeugin zu veranlassen ihre vorbereiteten Dinge da zu schließen und dann auf[llll] die Fragen des Herrn Rechtsanwalt Dr. Temming zu beantworten.

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender, sind Zeugen ...

Vors.:

Darf ich ...

RA Dr. Te[mming]:

... der Verteidigung ...

Vors.:

Es geht jetzt im Augenblick um die Zeugin.

Zeugen sind, Herr Rechtsanwalt Dr. Temming,

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, ich sage da mal was dazu.

Vors.:

... grundsätzlich Zeugen des Gerichts, in dem Moment wo das Gericht sie lädt.

RA Dr. Te[mming]:

Ja, ich danke Ihnen für [mmmm] die Belehrung.

Vors.:

Der Begriff von Zeugen der Anklage ist genauso wenig in der Prozeßordnung verankert, wie der Begriff des Zeugen der Verteidigung.[56]

RA Dr. Te[mming]:

Ja, ich danke Ihnen.

Vors.:

Ich wollte nur darauf hinweisen, es kann leicht dieser Eindruck entstehen, das hat mich ja auch vorhin zu dieser Frage veranlasst.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Also, kann ich dazu mal was sagen?

Vors.:

Frau Mohnhaupt, ich bin jetzt im Augenblick daran das zu erklären. Wir haben die Zeugin auf das hin genau beobachtet. In der Tat ist es so, daß sie schriftliche Unterlagen besitzt, aber ihre Antworten sind nicht verlesen. Das Gericht hat sich immer wieder davon überzeugt, daß sie nicht abliest, sondern sie sucht Notizen und sicherlich [10740] vorbereiteten schriftlichen[nnnn] Unterlagen nach, das ist einem Zeugen gestattet. Hätte sie verlesen, dann hätte ich schon früher eingegriffen.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Das ist der spezifische Kretinismus. Ich kann mich auch umdrehen, wirklich.

Vors.:

Jetzt darf ich Sie darauf hinweisen, daß das Gericht nicht mehr bereit ist Ihre Ausfälligkeiten, die Sie schon wiederholt trotz Abmahnungen nicht unterlassen haben, hinzunehmen. Es ist[oooo] jetzt zu erwägen, ob gegen Sie eine Ordnungsmaßnahme in Betracht kommt. Wollen Sie sich dazu äußern?

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Nein.

Vors.:

In Betracht käme Ordnungsgeld oder Ordnungshaft.[57]

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Nein, absolut nicht. Ich bleibe dabei, das ist wirklich der spezifische Kretinismus, daß natürlich die Bundesanwaltschaft überhaupt nicht glauben kann, denken kann, daß einer von uns das wirklich im Kopf hat und nicht auf dem Papier.

Natürlich, da machen Sie doch eine Ordnungsstrafe, sehr gerne.

RA Dr. Te[mming]:

Kann ich[pppp] vorher noch gehört werden dazu?

Vors.:

Die Zeugin ist gehört worden. Wollen Sie sich äußern? Sind Sie ...

RA Dr. Te[mming]:

Ja, ich möchte mich dazu äußern.

Vors.:

Wieso, sind Sie Verteidiger von der Zeugin?

RA Dr. Te[mming]:

Ich glaube, wenn ich mich nicht[qqqq] irre, ist bei Ordnungsstrafen nach dem GVG, sind die Prozeßbeteiligten vorher zu hören.

Vors.:

Nein, die Betroffenen[rrrr]. Sie sind nicht betroffen.

RA Dr. Te[mming]:

Ich bin natürlich betroffen, weil das ein Versuch ist ...

Vors.:

Nein, Sie sind nicht ... es mag sein, Sie sind in einem anderen Sinne betroffen, aber jedenfalls ...

RA Dr. Te[mming]:

Dürfte ich vielleicht ...

Vors.:

... nicht als Prozeßbeteiligter.

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender, dürfte ich vielleicht, Sie legen doch auch immer Wert darauf, daß man Sie aussprechen läßt ...

Vors.:

Herr Dr. Temming, ich habe Ihnen das Wort jetzt nicht weiter dazu zu erteilen, und zwar einfach deswegen, weil Ihre Meinung, Sie hätten jetzt rechtliches Gehör zu dieser Frage, nicht zutrifft. Zu hören ist nur Frau Mohnhaupt als Betroffene.

(nach geheimer Beratung)

Der Senat hat beschlossen

es wird gegen Sie eine Ordnungsstrafe von 3 Tagen wegen Ungebühr verhängt.

Sie haben in Bezug auf Ausführungen der Bundesanwaltschaft von Kretinismus gesprochen und trotz ...

[10741] Zeugin Mo[hnhaupt]:

Spezifischen.

Vors.:

... - spezifischen Kretinismus - und trotz Abmahnung davon nicht abgelassen.

Sie können jetzt in Ihren Aussagen fortfahren, wobei es tunlich wäre, daß Sie sich dieser Unterlagen nicht allzu intensiv bedienen, denn dadurch entsteht in der Tat dieser Eindruck, Sie würden ablesen und das ist nicht zulässig. Sie können sich schriftlicher Unterlagen zwar bedienen zur Orientierung, aber nichts verlesen.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ja, wo war ich denn überhaupt?

Ach so, bei dem Schießbefehl. Ein Schießbefehl ist es ...

RA Dr. Te[mming]:

Herr Vorsitzender, ich bitte vorher nochmal ums das[ssss] Wort. Ich kann es nicht einfach hingehen lassen, daß Sie sagen, ich hätte kein Recht, Anspruch auf rechtliches Gehör. Ich möchte das auch, bevor Sie mir es wieder abschneiden, begründen. Ist das möglich?

Vors.:

Bitte.

RA Dr. Te[mming]:

Danke. Es ist so, ich bin betroffen, ich bin einerseits betroffen selbstverständlich über die Art Ihrer Verhandlungsführung, aber das steht nicht zur Debatte. Ich bin insofern betroffen, als das eine Zeugin ist, die die Verteidigung benannt hat. Solche Ordnungsstrafen haben die Funktion - ob sie sie erreichen, ist eine andere Sache[tttt] - sie haben die Funktion, die Zeugen in bestimmter Weise einzuschüchtern. Zu der Antwort der Zeugin kam es, auf die ... in den provozierenden Eingriff eines Herren von der Bundesanwaltschaft. Dieser Eingriff ist erstaunlich insofern, als bisher und ich glaube auch in diesem Verfahren, sich die Bundesanwaltschaft niemals darüber irgendwie mokiert hat, daß die vernommenen Polizisten vorher nicht nur ihre dienstlichen Äußerungen durchgelesen haben, auf die sie sich dann gestützt haben, sondern sich intensiv sogar, soweit ich mich erinnere, darauf vorbereitet haben. Was einem Polizisten gestattet ist, sollte auch dem[uuuu] Zeugen der Verteidigung im Sinne von der Verteidigung benannt, gestattet werden.

Vors.:

Sie wollten doch jetzt über den Beschluß bzw. Ihr Recht sprechen.

RA Dr. Te[mming]:

Insofern hatte ich den Anspruch auch noch dazu gehört zu werden.

Vors.:

Nein, Sie haben dazu keinen Anspruch.[58] Es bleibt bei dieser Entscheidung. Im übrigen ist es also wirklich erstaunlich, wenn ein Rechtsanwalt dem Gesetzgeber unterstellt, mit diesen Ordnungsmitteln, hier in diesem Fall § 178 des Gerichtsverfassungsgesetzes, sei beabsichtigt einen Zeugen in einer bestimmten Richtung ...

[10742] RA Dr. Te[mming]:

Ich habe ... dem Gesetzgeber ...

Vors.:

... einzuschüchtern. Diese Ordnungsmittel sind da, um die Ordnung in der Sitzung zu wahren. Es geht nicht hin, daß ein Zeuge nach Belieben mit Schimpfworten um sich wirft und beleidigend ist. Das hat heute früh begonnen bei der Beleidigung eines hier gehörten Zeugen, es hat sich fortgesetzt über Beleidigungen des Gerichts, bis hin jetzt zu diesem Kretinismus. Ich möchte nicht hören, wenn Ihnen das jemand vorwerfen würde.

Sie können jetzt mit Ihrer Antwort unter Beachtung dessen, was ich Ihnen gesagt habe, fortfahren.

Es war also die Frage, glaube ich noch, nach ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Nach dem Schießbefehl, ja.

Den Schießbefehl, den Müller da behauptet, ist, würde ich sagen, einfach in der Aussage das Destillat der psychologischen Kriegsführung seit 70, wo behauptet wird, die Mitglieder der RAF hätten einen Schießbefehl gehabt. Obwohl die RAF dazu einigermaßen viel gesagt hat, genau dazu[vvvv], zu diesem Punkt. Aber ich sage das nochmal genauer, und zwar ist das aufgetaucht, ganz klar in Hamburg, als Petra Schelm erschossen wurde; Schießbefehl, also Kanonenfutter, Menschenmaterial das an die Front geschickt wird von irgendwelchen Leuten im Hintergrund, das ist genau die Konstruktion dadran. Und mit Müller ...

Vors.:

Sie sollten jetzt über die Befehlsgewalt befragt werden durch ...

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich rede jetzt ...

Vors.:

... den Herrn Verteidiger. Das was Sie hier ausgeführen hat nun wirklich mit der Frage nichts mehr zu tun.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Ich rede jetzt über den Schießbefehl.

Ja, da bin ich anderer Ansicht.

Vors.:

Sie müssen Ihr Wissen zu den gestellten Fragen hier bekanntgeben, Frau Zeugin, nichts weiter.

Zeugin Mo[hnhaupt]:

Tatsächlich ist es so, daß Müller natürlich weiß, daß es keinen Schießbefehl gegeben hat. Er hatte einfach keinen, wie keiner von uns einen hatte. Und warum er das behauptet, genau dazu habe ich das gesagt, was hier eben als nicht zur Sache gehörig bezeichnet wird, eben als das[wwww] Destillat der psychologischen Kriegsführung, daß in dieser Aussage behauptet wird, verifiziert werden soll, daß es doch so gewesen sein sollte, eben genau zu dem Zweck die Gruppe kaputtzumachen.

Ende Band 621

[10743] Vors.:

Weitere Fragen bitte?

RA Dr. Tem[ming]:

Vorläufig habe ich keine mehr.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, bitteschön.

RA Dr. H[eldmann]:

Frau Mohnhaupt, haben Sie Ihre heutige Aussage mit Herrn Baader abgesprochen?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Nein. Ich hab mit ihm darüber geredet, also ich hab mit allen darüber geredet, daß ich da runter geh. Also wir haben überhaupt darüber geredet, ob es richtig ist, hier hin zu gehen als Zeuge, weil es natürlich klar ist, daß alles, was man hier sagt, selbstverständlich auch sofort verwendet wird, um irgend was zu zimmern, zusammenzuschustern. Also neue Anklagen oder was weiß ich. Und ich fand das dann richtig, das zu machen, hier runter zu gehen, und wir fanden es alle richtig, einfach genau um diesen ganzen Behauptungen, die ganze psychologische Kriegsführung, die das darstellt, das entgegenzusetzen, wie es tatsächlich war. Das ist die Funktion, die das hat, daß wir hier sind. Und[xxxx] das halten wir auch[yyyy] für notwendig. Ansonsten haben wir da nie weiter darüber gequatscht, also hat auch niemand Lust dazu gehabt. Müller ist sicher kein Kommunikationsthema von uns.

Vors.:

Ja, die Frage ist nun wohl beantwortet, Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. H[eldmann]:

Ich danke, ja. Herr Müller hat als Zeuge hier angegeben, die Struktur der Roten-Armee-Fraktion sei die gewesen, Baader, der führende Kopf, dann gab es Kernmitglieder, dann gab es einfache Mitglieder und dann gab es Randmitglieder. Können Sie diese Angaben bestätigen?

Vors.:

Im Grunde genommen ist es nun der dritte Versuch, das zu vertiefen. Ich habe mit diesen zusätzlichen Begriffen, die tatsächlich von Herrn Müller verwendet worden sind, auf entsprechende Fragen nichts dagegen. Bloß bitte ich also jetzt, nicht nochmals das ganze aufzurühren. Also es geht um die Begriffe, ob die etwa zutreffen können, Führer, Kernmitglieder, einfache Mitglieder und Randmitglieder.

RA Dr. H[eldmann]:

Dazu den Hinweis bitte. Es ist halt doch sehr instruktiv, das Protokoll zu haben; und da findet man nämlich nun genau diese Gliederung, die vorher bei den Fragen nämlich so nicht angesprochen worden ist, nicht? diese Exaktheit. Und das ist nun meine Frage. Können Sie das bestätigen, ein führender Kopf, Kern, einfache Mit- [10744] glieder, Randmitglieder?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ja, das habe ich gesagt, mit ein führender Kopf. Also wie wir es genannt haben, was eben Sache ist, viele Köpfe, und dazu die Kaderlinie, wie wir die[zzzz] entwickelt haben, wie die entwickelt worden ist in dem ganzen Prozeß. Und das war das Ziel, und es war auch tatsächlich schon so. Und die Sache mit Randmitgliedern, Kernmitgliedern usw. also, was man dazu sagen kann ist, daß es[aaaaa] natürlich Kontakte gegeben hat zu bestimmten Leuten, die nicht voll in der Gruppe integriert waren. Das ist aber [bbbbb] einfach eine völlig[ccccc] richtige Sache, weil die RAF ist schließlich eine politisch-militärische Organisation, d.h. kein Haufen, der irgendwie in der Gegend sitzt, sondern das ist bestimmt nach Funktionen, nach operativen Kriterien. Genauso wie, ich mach das jetzt einfach da mit rein, also die Behauptung, „offene Gruppe“, weil es derselbe Inhalt ist, praktisch, es trifft denselben Punkt. Natürlich gab es eine Struktur, die genau den Inhalt hatte, politisch militärische Organisation, d.h. eben nicht „offene Gruppe“. Natürlich nicht, genauso wenig wie jeder alle Informationen hatte, was ich vorhin schon gesagt hab, daß nicht jeder an allen Arbeitsprozessen beteiligt war, natürlich nicht. Daß nicht jeder alles wissen mußte, selbstverständlich nicht. Jeder hatte die Informationen[ddddd], die notwendig waren[eeeee] für ihn, um das, was er gemacht hat, machen zu können. Das heißt, war funktional bestimmt, das hat nichts mit repressiv zu tun, sondern was anderes zu machen, würde einfach das ist[fffff] Idiotie, es ist auch nicht notwendig. Es ist überhaupt nicht Sache. Und jeder hat genau den Begriff davon gehabt, warum das nicht notwendig ist. Es ist richtig, wenn ich nur das weiß, was mich unmittelbar betrifft, weil man natürlich damit rechnen muß, wenn man gefangen wird, daß es Verräter geben kann, daß sie erpresst werden, daß sie gefoltert werden. Damit muß man natürlich rechnen. Und es ist einfach eine Bedingung, eine Bedingung von der militärischen Organisation, sich so zu verhalten, wie es nötig ist, wie die Bedingungen sind. Sonst wäre es einfach ein Haufen von Idioten offene[ggggg] Gruppe, das würde das bedeuten. Völlige Ignoranten, völlige Leute, die überhaupt nicht wissen, was sie tun. Also ein Prinzip, was offen, offen ist eine sehr gute Sache. D.h.[hhhhh] offene Diskussion, offen in Beziehungen, ehrlich ...

Vors.:

Ja, es geht jetzt nicht, was der Begriff „offen“ mit sich bringt. Ich glaube, die Frage, Herr Dr. Heldmann, beim dritten Anlauf ist jetzt wiederholt dargestellt.

[10745] Zeugin Moh[nhaupt]:

„Offene Gruppe“ ist einfach eine Denunziation, so würde ich das sagen.

RA Dr. H[eldmann]:

Das interessiert mich sehr. Sie sind fertig?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ja.

RA Dr. H[eldmann]:

Gab es Mitglieder, die über andere Mitglieder eine Kontrolle ausgeübt hatten, d.h. so eine Kontrollfunktion innerhalb der Gruppe oder einer Gruppe besaßen?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Wie Kontrollfunktion, das verstehe ich nicht ganz.

RA Dr. H[eldmann]:

Das kann ich auch nicht ganz sagen. Ich halte Ihnen vor aus Blatt 10221 des Hauptverhandlungsprotokolls, nämlich die Aussage Müller: „Außerdem haben eben diese Kernmitglieder, diese führenden Mitglieder haben eben dann dauernd eine Kontrolle ausgeübt.“ Und das Beispiel: „Also wenn jetzt, angenommen jemand von diesen Leuten war ja in Stuttgart, dann hat er laufend“ - also ein sogenanntes Kernmitglied, wie Herrn Müller das ausgedrückt hat - „dann hat er laufend in Berlin angerufen, um dort die Situation zu überprüfen, ob die Leute alle funken wie sie sollen ...“

- Die Zeugin Mohnhaupt lacht -

Vors.:

Ja, jetzt wäre es besser, wenn Sie die Antwort geben würden.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Also anzurufen, dieses[iiiii] Beispiel, das spricht eigentlich für sich selber. Also Information ist einfach eine Bedingung, um handeln zu können, um überhaupt die Situation bestimmen zu können. Und das läuft natürlich auch untereinander, unter den einzelnen Gruppen sowieso. Das ist doch ganz klar, weil es ist eine ganz notwendige Sache, um eingreifen zu können an bestimmten Punkten. Daß man Bescheid weiß, was in den anderen Städten läuft. Und wenn einer in Stuttgart sitzt und der ruft in Berlin an, dann[jjjjj] ist das völlig richtig, völlig normal. Das hat jeder 100mal am Tag gemacht. Von Kontrolle da zu reden, das zeigt nur wirklich diese ganze Dämlichkeit dieser Aussage.

RA Dr. H[eldmann]:

Gibt es oder gab es Rechtsanwälte als Mitglieder der RAF?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ja, ja. Naja, Rechtsanwälte als Mitglieder der RAF, das ist ungefähr dasselbe, also da kann man eigentlich auch nur unheimlich lachen, denn unser Verhältnis zu Rechtsanwälten das ist einfach ... Rechtsanwälte sind Rechtsanwälte. Und als Rechtsanwälte sind sie keine RAF-Mitglieder. Und ganz sicher wollen wir auch keine Rechtsanwälte in der RAF haben oder hatten je welche. Also das ist einfach ein Widerspruch in sich selber. Jemand der Rechtsanwalt ist, der [10746] will kein RAF-Mitglied sein, sonst wäre er kein Rechtsanwalt mehr. So sieht das aus. Und unser Verhältnis zu den Anwälten, das war so oder ist noch so, natürlich ist es immer noch so, daß ... es ist sehr schwierig; ich hab eigentlich auch wenig Lust, da genauer drüber zu reden, eben weil es so ermüdend ist, nach so viel Jahren immer dasselbe.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, dann brauchen Sie’s auch nicht.[kkkkk]

Zeugin Mohnh[aupt]:

Ja doch, doch ich mach’s.[lllll]

Vors.:

Es ist nicht der Sinn der Frage. Die Frage ging nur schlicht dahin, ob Mitglieder, und Sie sagten nein.

RA Dr. H[eldmann]:

Diese Frage ist beantwortet. Vielen Dank.

Haben Sie Herrn Hoff kennen gelernt?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Nein, ich kenne ihn nicht, aber ... also ich ...

RA Dr. H[eldmann]:

Wissen Sie, ob Herr Baader und Herr Hoff sich persönlich kennengelernt haben?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Das weiß ich auch nicht. Aber zu Hoff möchte ich trotzdem was sagen.

Vors.:

Nein, Sie sollten sich an die Fragen, die Ihnen gestellt sind, als Zeugin halten. Sie müssen die Rolle nicht verwechseln. Sie sind hier nicht da, irgendwelche Argumente vorzutragen oder Ansichten, sondern nur Fragen zu beantworten, und zwar nur hinsichtlich Ihres tatsächlichen Wissens. Sie wurden eben gefragt, ob Sie wüßten, ob sich[mmmmm] Herr Baader und Herr Hoff [nnnnn] kennengelernt hätten oder kennen. Sie sagten, Sie wüßten es nicht. Damit ist die Frage beantwortet. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann?

RA Dr. H[eldmann]:

Was möchten Sie zu Herrn Hoff sagen?

Vors.:

Das ist eine Frage, deren Sachzusammenhang ich im Augenblick nun wirklich nicht erkenne, nachdem die Zeugin sagt, sie kenne den Zeugen nicht und wisse auch nicht die Bekanntschaft zwischen Herrn Baader und Herrn Hoff. Wenn Sie eine Frage stellen, die irgendeinen Sachzusammenhang erkennen läßt - es gibt viel im Zusammenhang mit Herrn Hoff -, dann wird sie zugelassen. In dieser allgemeinen Form kann ich sie nicht zulassen.

RA Dr. H[eldmann]:

Die Zeugin kennt das Beweisthema. Sie haben es ihr, wenn ich nicht irre, zweimal vorgelesen. Die Zeugin sagt zudem, Sie hätte zu Herrn Hoff etwas zu sagen. Und nun interessiert mich als Verteidiger, was Frau Mohnhaupt zu Herrn Hoff zu sagen hat.

Vors.:

Sie müssen uns klar machen, welchen Sachzusammenhang ...

RA Dr. H[eldmann]:

Die Beziehung des Herrn Hoff[ooooo] zu diesem Verfahren und insbesondere zu dieser Beweisaufnahme liegen für jedermann hier offen. Darum halte ich diese Frage für zulässig und bitte, daß die Zeugin sie beantwortet.

[10747] Vors.:

Ist es etwas, was zu diesen Beweisthemen gehört?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ja ...

Vors.:

Ja bitte dann?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Und zwar, was Hoff in seiner Aussage, wie sie in den Zeitungen auftaucht, also Hoff der Sympathisant, der erpresst wird, das ist eben genau der Punkt, der nicht stimmen kann[ppppp] weil kein Sympathisant jemals Sympathisant gewesen wäre, wenn er dazu von uns erpresst worden wäre. Und eine Sache zu Hoff, die ich weiß und die ich hier ...

Vors.:

Das ist kein Wissen, das sind Schlußfolgerungen, die Sie ziehen.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ich weiß aber eine Sache, die ich hier sagen will.

Vors.:

Ja, dann bringen Sie bitte Sachverhalte, Tatsachen.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Da steht, als ich das gelesen hab, daß Andreas zu der Zeit, wo [qqqqq] Hoff ihn gesehen haben will, schulterlanges blondes Haar gehabt haben soll. Und das ist einfach eine Lüge, weil ich weiß, daß er das nicht gehabt hat, platinblondes schulterlanges Haar. Das war offensichtlich jemand anderes. Vielleicht war es auch überhaupt niemand. Also Andreas sah anders aus.

Vors.:

Gut.

RA Dr. H[eldmann]:

Was hat denn der Herr Müller für eine natürliche Haarfarbe, wenn Sie das wissen?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Natürliche? So ähnlich wie ich.

RA Dr. H[eldmann]:

Der Herr Müller hat uns erzählt, konkret ist es ein Vorhalt aus Blatt 10433 des Sitzungsprotokolls. „Andreas Baader hatte auch geplant Entführungen zu machen“, um Geld zu erpressen, hier heißt es, „finanziell“, „weil er eben das Risiko bei einer Entführung kleiner hielt, als bei einem Banküberfall.“ Darf ich Ihr Wissen dazu erfragen?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Also darüber weiß ich überhaupt nichts. Davon ist mir nie irgend etwas bekannt geworden. Also mich wundert es, daß Müller so was weiß.

RA Dr. H[eldmann]:

Sie wissen nichts davon?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Nein.

RA Dr. H[eldmann]:

Keine Frage weiter.

Vors.:

Sonstige Fragen an die Frau Zeugin?

RA Dr. Tem[ming]:

Ja, ich hab noch.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Geulen zunächst. Ich möchte doch das Fragerecht ...

RA Geu[len]:

Ich habe keine Fragen.

[10748] Vors.:

Sie haben keine Fragen. Die Herrn Verteidiger? Keine Fragen.

Herrn Rechtsanwalt Dr. Temming?

RA Dr. Tem[ming]:

Ja, ich hab noch eine Frage. Um möglichen Mißverständnissen vorzubeugen. Du hast am Anfang gesagt, daß strategische Diskussionen von allen Mitgliedern geführt worden seien. Kannst Du vielleicht den Unterschied zwischen strategischen Diskussionen und Diskussionen über konkrete Aktionen etwas näher darlegen, auch wie der jeweilige Informationsstand im Bezug auf strategische Diskussion und im Bezug auf Information über konkrete Aktionen war.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ja, die strategische Diskussion ist natürlich ein langer Prozeß, überhaupt die Linie zu entwickeln. Dazu gehört die Analyse, dazu gehören eine Menge Informationen und wirklich eine intensive Diskussion. Und aus dieser Diskussion kann ja überhaupt dann[rrrrr] erst die konkrete, in Bezug auf Aktionen, d.h., wie diese Linie dann in der Praxis realisiert wird, operativ, militärisch, entwickelt werden. Und daran, an den konkreten Operationen, wie die organisiert werden sollen, sind natürlich die beteiligt, die das machen und sonst keiner. Also ist es damit beantwortet?

RA Dr. Tem[ming]:

Ja.

Dann noch eine Frage zum INFO. Der Zeuge der Anklage, Müller, hat behauptet, das INFO habe dazu gedient, die kriminellen Ziele innerhalb und [sssss] außerhalb, vor allen Dingen außerhalb der Gefängnisse, weiterzuverfolgen. Kannst Du etwas über die Funktion des INFO’s, erstens über die Funktion des INFO’s sagen, zweitens, gab es sowas wie einen Zwang, sich an dem INFO zu beteiligen, und drittens, wurde im Zusammenhang mit dem INFO irgendwelcher Druck über das INFO auf irgendwelche Gefangenen von irgendwelchen anderen Gefangenen ausgeübt?

Reg. Dir. Widera verläßt um 15.27 Uhr dem Sitzungssaal.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, wir beanstanden die Frage. Trotz Ihres zutreffenden Hinweises, daß es sich bei dem Zeugen Müller um keinen Zeugen der Anklage handelt, sondern nachdem er geladen war vom Gericht, um einen gerichtlich geladenen Zeugen, bringt der Herr Rechtsanwalt Dr. Temming weiterhin wohl in polemisierender Form immer wieder [ttttt] den Ausdruck, „Zeuge der Anklage.“ Wir beanstanden, sofern er seine Frage nicht umstellt, diese Art der Fragestellung.

Vors.:

Ja, das ist also, die Eingangsformel wird in diesem Falle beanstandet [10749] nicht der Inhalt der Frage selbst. Herr Rechtsanwalt Dr. Temming, es wäre in der Tat zweckmäßig, die Begriffe, die die Strafprozeßordnung für eine Verhandlung vorschreibt, auch zu ...

RA Dr. Tem[ming]:

Entschuldigen Sie, Herr Vorsitzender, ich kennzeichne mit dem Ausdruck „Zeuge der Anklage“ oder „Zeuge der Verteidigung“ diejenigen, die sich hier gegenübersitzen und die sich hier wechselseitig bekämpfen, wer von denen die jeweiligen Zeugen benannt hat. Das sind Zeugen, ich kann jedesmal sagen, der von der Anklagebehörde benannte Zeuge. Das ist etwas lang, deswegen kürze ich das etwas ab. Wieso es nicht mehr möglich sein sollte, hier Begriffe zu verwenden, die nicht ausdrücklich in der Strafprozeßordnung gebraucht werden, ist mir ehrlich gesagt, leicht unklar. Es gibt keine Vorschrift, die mir vorschreibt, nur Begriffe zu verwenden, die in der Strafprozeßordnung stehen. Es[uuuuu] ist unbestreitbar, daß Herr Müller von der Bundesanwaltschaft benannt worden ist.

Vors.:

Sie setzen sich eben mit diesen Formulierungen, gegen die man letztlich wahrscheinlich gar nichts machen kann - man kann Sie nicht zwingen, wenn Sie glauben, daß es notwendig ist - dem Verdacht aus, daß Sie den Zeugen in einer bestimmten Weise damit von vorneherein einstellen wollen. Wenn Sie immer betonen, der Zeuge der Anklage, dann könnte das erscheinen als ein Appell, an ... die soeben zu vernehmende Zeugin, passe auf, da gilt es jetzt, etwas dagegen zu sagen, nicht. Das ist eine Verhaltensweise, die einfach nicht korrekt erscheint, und ich möchte Sie deswegen bitten, sich in der Tat an die in der Prozeßordnung festgelegten Begriffe, die nämlich bloß vom Zeugen sprechen, zu halten. Im übrigen aber kann die Frage dann wohl zugelassen werden. Es wandte sich ja die Bundesanwaltschaft nur gegen diese einleitende Formel. Wenn Sie es also als Frage dahin verstehen, ob, wie der Herr Zeuge Müller ausgedrückt hat, das und jenes stimme.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Also was war das genau, das INFO ...?

RA Dr. Tem[ming]:

Funktion des INFO’s. Gab es so etwas wie einen Zwang, sich an dem INFO zu beteiligen? Gab es so etwas wie Disziplinierungsmittel im Zusammenhang mit dem INFO?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Also, daß das INFO ein Disziplinierungsmittel gewesen sein soll?

RA Dr. Tem[ming]:

Ja.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Das INFO war der absolute Gegensatz dazu. Also es war die [10750] einzige Möglichkeit, so, wie wir das bestimmt haben und wie es konzipiert worden ist, die einzige Möglichkeit überhaupt, von isolierten Gefangenen zu einer Interaktion, wenn sie natürlich auch sich nur als Kommunikationssurrogat abspielt, also, über Briefe, über Papier. Aber es war die einzige Möglichkeit überhaupt zur Diskussion[vvvvv] zur politischen Diskussion, zur politischen Information und zur Orientierung natürlich. Und es war also von hierarchischer Struktur oder sowas, war da natürlich überhaupt nichts, sondern das, was da Müller anführt mit INFO 1, ich weiß jetzt nicht mehr genau, wie das formuliert ist in den Zeitungen, aber daß es da verschiedene Kategorien gegeben hat, irgendwie, in dem[wwwww] man sich hochdienen sollte, so ein Aufsteigersystem. Das ist absurd. Die Einteilung, INFO 1 das waren alle die in der RAF organisiert gewesen waren, und das ist einfach funktional gewesen. Natürlich haben alle Leute, die in der RAF organisiert waren, spezifische Informationen gehabt, spezifische Formen der Diskussion und der Kommunikation, also das hat überhaupt nichts mit Hierarchie zu tun, sondern das ist einfach eine Tatsache gewesen. So war es eben. Und INFO 2 hat es kaum gegeben. Das sollte mal gemacht werden, aber tatsächlich gab es das nie. Und das INFO 2, was[xxxxx] nie gemacht worden ist, wurde dann zum INFO im Hungerstreik; und da waren alle Gefangenen beteiligt, die am Hungerstreik beteiligt waren. Das heißt also, auch da sehe ich absolut keine Hierarchie, keine Kategorie, das sind einfach zwei verschiedene Gruppen. Die einen sind die Gefangenen aus der RAF gewesen, und das andere ist eine Gruppe von ganz anderen Gefangenen, zum Teil vom 2. Juni,[59] von Münchner Stadtguerillagruppen[60] z.B. oder eben alle, die am Hungerstreik beteiligt waren. Das waren ja eine ganze Menge. Das sind zwei völlig verschiedene Gruppen. Es wär völlig unmöglich, das einfach kurzzuschließen. Das sind ganz verschiedene Ebenen der Diskussion und des Gruppenzusammenhangs. Das ist unmöglich, die kurzzuschließen. Dies einfach einen Einheitsramsch zu machen, der überhaupt in gar keiner Form real[yyyyy] bestanden[zzzzz] hat. Und INFO 3, da gibt es nun überhaupt nichts mit Hierarchie. INFO 3 war einfach die Information, das heißt Presseartikel, irgendwelcher Analysen, z.B. aus Zeitungen. Also das war einfach Informationsmaterial INFO 3. Also das, was jeder sowieso gekriegt hat. Also [aaaaaa] irgendwie, daß INFO 3 die unterste Stufe war, ist [bbbbbb] einfach schwachsinnig. Das war einfach eine bestimmte Form von In- [10751] formation INFO 3. Eben Presseberichterstattung, ausländische Berichterstattung, also alles war man braucht, um bestimmten Überblick zu bekommen aus solchen Sachen, was da an Informationen zu haben ist, was da aktuell ist. Das war INFO 3. Dann dazu ... wie hast Du das jetzt gesagt, vor dem Disziplinierungsmittel, hast Du noch ein Wort gesagt, das weiß ich nicht mehr ...

RA Dr. Tem[ming]:

Ob es einen Zwang zur Diskussion oder zur Teilnahme am INFO gab?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Also der Sinn des INFO’s, seine ganze Funktion, wie wir sie bestimmt haben, war eben Mittel gegen die Isolation. Wir haben gesagt, jeder Satz, den ein Gefangener schreibt über das INFO, ist wie eine Tat, also jeder Satz ist eine Aktion. So war das für die Gefangenen. Sie haben ja keine Möglichkeit gehabt, irgend etwas zu machen in der Isolation, außer eben das zu benutzen, und da die Kommunikation. Und da war wirklich, also man kann sagen, ein radikaler Demokratisierungsprozeß, weil über das INFO natürlich jeder von jedem alles wußte, was der schrieb. Das heißt, unheimlich radikal-demokratisch. Also überhaupt der absolute Gegensatz von hierarchisch von so einer Struktur. Jeder hat da geschrieben, worüber er nachgedacht hat, was für ihn Probleme waren, wo er nicht weiter gekommen ist, alleine, und eben gleichzeitig versucht, politisch zu einer Einschätzung zu kommen, zu versuchen, gegen die Isolation zu kämpfen. Wie das geht, das Beispiel ist da der Hungerstreik. Und das war alles. Und Kontrolle hat natürlich dann insofern jeder über jeden gehabt. Das ist aber gut und nicht schlecht, und nicht faschistisch, sondern das ist die Negation davon, würde ich mal sagen. Das ist ein Versuch, eine Struktur, die eben anders ist, die genaue Negation von faschistisch ist, aufrecht zu halten im Knast, also gegen die Maschine, die eigentlich sowas ja verunmöglichen will. Also war das INFO einfach ein Mittel für uns, noch auf dieser Ebene, auf der es da überhaupt nur möglich ist, kämpfen zu können. Natürlich ist es eben nur so möglich, für isolierte Gefangene. Über Analyse, über Bestimmungen, das ist natürlich eine sehr begrenzte Möglichkeit. Und das Beispiel, wie begrenzt die ist, ist der Hungerstreik. Einfach aus der äußersten Defensive, sonst würde man keinen Hungerstreik machen müssen gegen die Isolation.

Vors.:

Nun waren Sie nicht nach dem gefragt, sondern um diese Einteilung des INFO’s. Ich glaube, die Antwort ist gegeben. Herr Rechtsanwalt Dr. Temming, ein Vorhalt in dem Zusammenhang scheint mir notwendig [10752] zu sein, damit die Zeugin hier nicht etwa in eine falsche Aussage gerät ...

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ich hab noch etwas vergessen, Disziplinierungsmittel.

Vors.:

Ja, Sie dürfen gleich darauf zurückkommen. Ich möchte Ihnen bloß im Zusammenhang dazu sagen, daß hier schriftlich eine Äußerung vorliegt, die in den Akten sich[cccccc] in Band 123 Blatt 23 und 274 befindet, bezeichnet als Asservat Baader-Material 7/1.2, hier heißt es folgendes zu diesem Punkte: „4. Es ist nun vollends klar, daß alles zu II“ - also INFO 2 - „an alle Gefangenen geht, daß bestimmte Sachen zu I nur an RAF und SPK[61], daß [dddddd] bei bestimmten Themen aber auch da noch mal unterschieden werden muß, je nach Absicht, also Notwendigkeit Kanal[eeeeee]. Ohne diese Systematisierung/Orientierung/Kanalisation kommt sonst früher oder später Scheiße zustande und dann ne Sekte raus ...“

RA Dr. Tem[ming]:

Dann ist[ffffff] was raus?

Vors.:

Eine Sekte, also aus der Gruppe würde dann eine Sekte werden, wenn man das nicht kanalisiert.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Sehr richtig, das würde sie auch.

Vors.:

Steht das nicht im Widerspruch zu Ihrer Schilderung?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Das ist kein Widerspruch; das ist das, was ich vorhin erklärt hab am Beispiel der offenen Gruppe. Der Widerspruch ist die offene Gruppe. Der Widerspruch wäre das, wo ich im Bezug auf INFO Einheitsramsch dazu gesagt hab, eben genau die Tatsache einfach, daß nicht jeder alles weiß, auch nicht jeder alles wissen muß, und daß das eine Bedingung ist, überhaupt, für so eine Organisation, wie die RAF. Und natürlich ist das auch einfach richtig gewesen in Bezug auf das INFO. Also zu der Einteilung INFO I, also tatsächlich ist es dann eine Sekte. Obwohl ich sehr bezweifle, was Sie da mir vorlesen, daß das das ist, was irgendeiner von uns geschrieben hat. Aber das ist eine andere Sache.

Vors.:

Gut. Ich wollte bloß, damit da kein Widerspruch entsteht, daß Sie sich dazu äußern können. Herr Dr. Temming, bitte?

RA Dr. Tem[ming]:

Ja ich hab noch eine Frage zu der Funktion oder der angeblichen Funktion ...

Vors.:

Die Disziplinierung, als Stichwort, war noch erwähnt. Aber ich glaub, das ist wieder angeschnitten ...

RA Dr. Tem[ming]:

Ja, ja, genau das wollte ich sagen. Zu der angeblichen Funktion des INFO’s als Disziplinierungsmittel. Vielleicht läßt sich das im Zusammenhang mit dem Hungerstreik besser darstellen. Welche [10753] Funktion hatte der Hungerstreik? Und wurde während des Hungerstreiks etwa versucht, auf hungerstreikende Gefangene irgendein Druck auszuüben, durch Entzug mit dem INFO System? Also 1. welche Funktionen hatte der Hungerstreik, und 2. ist etwa das INFO-System beim Hungerstreik als Disziplinierungsmittel benutzt worden, um jemand dazu zu veranlassen, den Hungerstreik nicht abzubrechen?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Das INFO war weder beim Hungerstreik noch sonst irgend wann Disziplinierungsmittel, also von wem auch. Also von wem denn? Von jedem oder was. Also das INFO war keine Peitsche mit dem die Leute eingetrieben worden sind, sondern wie gesagt, es war eine Waffe die man benutzten konnte als Mittel zur Kommunikation, war es einfach eine Waffe, obwohl es nur Papier war. Also vielleicht ist es lächerlich zu sagen, Waffe, aber so ist eben die Situation der Gefangenen, daß sie wirklich keine andere Möglichkeit haben in der Isolation. Und konkret zum Hungerstreik, ist da kein Druck ausgeübt worden. Der Hungerstreik ist praktisch das Beispiel dafür, daß überhaupt kein Druck ausgeübt werden kann, weil sonst Aktionen unmöglich werden. Der Hungerstreik ist sehr lange diskutiert worden unter uns. Ob wir ihn überhaupt machen und wie dazu die Bedingungen aussehen von der Gruppe, d.h. von jedem einzelnen in der Gruppe. Und da die Bundesanwaltschaft diese ganzen Sachen beschlagnahmt hat, weiß sie das natürlich auch. Und deswegen sind diese ganzen Behauptungen sowieso natürlich einfach Mittel zur Diffamierung. Aber egal auch, jedenfalls der Hungerstreik war das Produkt, das Ergebnis der Diskussion. Und in der Diskussion ist wiederholt, jeder hat sich klar gemacht, kann ich den Hungerstreik machen, will ich den machen. Weil für uns klar war, daß das heißt, daß wirklich die Situation sein kann, wo einer stirbt. Das heißt, daß das eine Bedingung ist, die immer eine Bedingung von Kämpfen ist, daß man stirbt, daß man erschossen wird.

Reg. Dir. Widera erscheint um 15.40 Uhr [gggggg] wieder im Sitzungssaal.

Und daß das im Knast nicht anders ist, ist eine Erfahrung von uns. Jedenfalls war das eine Entscheidung von jedem einzelnen. Und so ist es auch gelaufen. Und das kann man am INFO grade feststellen, daß jeder geschrieben hat, ob er das machen will, den Hungerstreik. Ob er meint, daß er es machen kann. Ob er es richtig findet natür- [10754] lich, die Taktik usw. Überhaupt Hungerstreik, ob das ein Mittel sein kann, eine Waffe sein kann von Gefangenen. Und wir sind dahin gekommen, daß es eine ist einfach von uns, weil wir keine andere haben mehr. Und der zum Durststreik, wo es ja noch kürzer läuft, also da ist es ja ganz klar beim Durststreik. Also die Erklärung von Ulrike in Berlin, daß wir in einen Durststreik gehen werden, wenn Andreas das Wasser entzogen wird, wie in Schwalmstadt[62] nochmal. Das heißt, er damit natürlich stirbt sofort. Also das waren alles Entscheidungen die kollektiv gelaufen sind. Das ist auch sehr einfach. Man könnte das auch beweisen, aber das ist sicher nicht das, was wir wollen hier, Kriminalistik, sondern es zeigt sich daran, daß es stimmt, daß wir den überhaupt machen konnten und daß die, die zusammengebrochen sind unter der Bedingung des Hungerstreiks, also unter der totalen Konfrontation, die sind natürlich auch das Beispiel dafür, daß wirklich kein Zwang da ist. Denn wenn einer aufhören kann den Hungerstreik zu machen, also das ist doch seine freie Entscheidung gewesen auch dann. Nur war der Begriff davon, daß einer aufhört den Hungerstreik zu machen, tatsächlich so, daß das eben auch dann eine Entscheidung war, jedenfalls bei vielen, daß sie diese ganze Politik, nämlich diese Konfrontation, die die Politik notwendigerweise beinhaltet, ohne die sie gar nicht denkbar ist, so sind eben die Bedingungen hier, daß sie die Konfrontation nicht mehr wollen. Also leben wollen. Nicht kämpfen, eben leben. Und das was Müller gemacht hat, Müller hat ja selber aufgehört. Also wo war denn der Zwang, der ihn gehindert hat aufzuhören. Er hat ja selber aufgehört. Nur hat es sich bei ihm eben umgedreht, er hat uns verraten. Er wollte keine andere Praxis, keine andere Politik, sondern er wollte natürlich den Deal. Und den macht er ja nun.

RA Dr. Tem[ming]:

Ja, noch eine abschließende Frage. Du hast gesagt, sowohl Hungerstreik war eine Möglichkeit, wenn auch nur beschränkt zu kämpfen, also das INFO war eine Waffe. Wogegen? Wogegen zu kämpfen und wogegen als Waffe einsetzbar?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Der Hungerstreik?

RA Dr. Tem[ming]:

Ja, und das INFO?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ja, gegen die Haftbedingungen. Gegen die Vernichtungshaft durch die Isolation.[63] Also weil es einfach notwendig war, dagegen was zu machen und wie man es eben nur machen konnte, war die Erfahrung, daß alles was juristisch dagegen versucht worden ist, z.B. [10755] Beschwerden, was weiß ich über die ganzen Jahre, daß das völlig wirkungslos war. Natürlich, weil, wie ich schon am Anfang gesagt hab, das Verhältnis ist[hhhhhh] Krieg und darin funktionalisiert sich natürlich auch in dieser ganzen Counter-Insurgency-Maschine natürlich die Justiz eine bestimmte Funktion und zwar die juristischen Mittel, die da so übrig bleiben, die sind einfach völlig hilflos, völlig reine Attrappen. Das war ja sehr schnell klar. Es war uns klar an Astrid, an der ersten, die im Trakt[64] wirklich kaputt gemacht worden ist.[65] Und dann Ulrike im Trakt,[66] und wir haben keine andere Möglichkeit gehabt. Die Gefangenen haben keine andere Möglichkeit gehabt, als einen Hungerstreik. Als so eine Aktion und das ist natürlich die äußerste Defensive der[iiiiii] Hungerstreik. Aber Kollektiv und entschlossen und so entschlossen wie wir waren, eben wirklich das zu brechen, dieses Mittel gegen die Gefangenen-Isolation ist ja dann natürlich auch oder kann er werden, zu einer Waffe. Also ich würde Waffe ganz sicher nicht so technisch definieren, nur daß die Knarre die man in der Hand hat, sondern ...

Vors.:

Naja, das ist klar, daß der Hungerstreik kein Gewehr ist. Ist die Frage damit beantwortet, Herr Rechtsanwalt Dr. Temming?

RA Dr. Tem[ming]:

Ja.

Vors.:

Das Gericht hat keine Fragen mehr. Hat die Bundesanwaltschaft noch welche? Die übrigen Herrn Verteidiger? Sie waren bereit, freundlicherweise zurückzustellen[jjjjjj]. Die Herrn Verteidiger keine Fragen mehr. Bitteschön, Herr Bundesanwalt Zeis?

OStA Z[eis]:

Frau Mohnhaupt, Sie haben vorhin auf die Frage von Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann, glaube ich gesagt, es hätte in der Gruppe keinen Schießbefehl gegeben. Darf ich fragen, warum Sie dann bei Ihrer Festnahme eine funktionstüchtige und schußbereite Waffe getragen haben?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Also wirklich. Ich hab das Geschnatter hier, das ist so albern ...

Vors.:

Halt, halt, halt. Werden Sie nicht mit Ihrer Antwort ausfällig. Sie könnten sonst bloß wieder Nachteile einhandeln.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ich sag da wirklich nichts drauf als Zeugin.

Vors.:

Wollen Sie die Frage beantworten?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ne, ach quatsch.

Vors.:

Was für einen Rechtsgrund wollen Sie geltend machen?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ach überhaupt keinen Rechtsgrund. Ich beantworte es nur nicht und dann fertig.

[10756] OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, es hat für uns den Anschein, als ob die Zeugin mutwillig die Frage verweigere. Dafür sieht § 70 StPO gewisse Konsequenzen[67] vor. Die Bundesanwaltschaft beantragt deshalb gegen die Zeugin ein Ordnungsgeld von DM 500, im Uneinbringlichkeitsfalle 10 Tage Haft zu verhängen.

Vors.:

Der Senat hält es für zweckmäßig, zunächst darauf hinzuweisen: Selbstverständlich ist die Form, in der die Ablehnung der Beantwortung geschehen ist, zu beanstanden. Aber dem Kerne nach, nachdem die Frau Zeugin mehrfach heute früh auf § 55[ StPO] hingewiesen worden ist und auch davon Gebrauch gemacht hat, kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Zeugin nicht auch in diesem Falle im Grunde genommen dem § 55[ StPO] folgt. Es ist also insofern die Frage, ob unbedingt diese, für die Zeugin doch mit der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung verknüpfte Frage zum Anlaß gemacht werden soll.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, dann muß es die Zeugin erklären und nicht hier uns den Rücken zudrehen und sagen, auf diesen Quatsch gebe ich keine Antwort.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Vorsitzender, darf ich eine Frage stellen? Nicht an die Zeugin.

Vors.:

Nein, es ist so, daß die Frau Zeugin die Betroffene davon ist und das Fragerecht ist inzwischen abgegeben an die Bundesanwaltschaft. Ich bitte also das einzuhalten.

RA Dr. H[eldmann]:

Das ist eine dringende Frage und zwar jetzt zur prozeßualen Situation im Moment. Nämlich die Frage, hat die Frau Zeugin die Gelegenheit bekommen, sich wie andere Zeugen, die in Konflikt kommen können mit einer Selbstbelastung im Sinne von § 55[ StPO], Gelegenheit erhalten, einen Anwalt zu beauftragen für ihre heutige als Rechtsbeistand[68] ...

Vors.:

Die Gelegenheit hat Sie selbstverständlich, wenn Sie einen Anwalt hätte. Wir können ihr keinen Anwalt verordnen und haben das auch bei keinem Zeugen getan.

RA Dr. H[eldmann]:

Hat Sie die Gelegenheit gehabt? Sie selbst ist doch geladen ...

Vors.:

Frau Mohnhaupt, ich möchte Sie jetzt bitten, daß Sie, wenn Sie keine Auskunft geben wollen, um Nachteile für sich und zwar völlig unnötige Nachteile zu vermeiden, ganz klar erklären, ob Sie sich auf die Sie schützende Bestimmung des § 55[ StPO] berufen. Das ist Ihr Recht. Kein Mensch kann Ihnen verübeln, wenn Sie sagen, ich möchte darauf keine Auskunft geben. Aber es geht nicht in der Form.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Natürlich gebe ich darauf keine Auskunft.

[10757] Vors.:

Weitere Fragen bitte?

OStA Z[eis]:

Eine letzte Frage, Herr Vorsitzender. Frau Mohnhaupt, Sie haben vorhin auf die Frage des Herrn Verteidigers dort drüben, ob es Rechtsanwälte als Mitglieder der RAF gegeben habe, gesagt, das sei ein Widerspruch in sich selbst. Haben Sie dabei auch an die Herren Rechtsanwälte ...

Zeugin Moh[nhaupt]:

Tatsächlich?

OStA Z[eis]:

... Mahler[69], Haag[70], Lang[71] und Becker[72] gedacht?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Also ich hab ...

RA Dr. Tem[ming]:

Ich beanstande die Frage. Und jedenfalls soweit sie sich auf die Herren Haag, Becker und Lang beziehen. Deren Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft ist in keiner Weise irgendwo bewiesen. Und auch nicht rechtskräftig festgestellt im Gegensatz zu Herrn Mahler, da kann ich nicht dagegen ...

OStA Z[eis]:

Dem Herrn Rechtsanwalt Dr. Temming scheint offenbar unbekannt zu sein, daß der Herr Rechtsanwalt Lang, bevor er in der Untergrund gegangen ist, durch seine damaligen Rechtsanwälte eine Erklärung vor Gericht hat verlesen lassen, aus der sich eindeutig ergibt, daß er sich als Mitglied der RAF fühlt.

RA Dr. H[eldmann]:

Ich beanstande die Frage aus einem weiteren Grunde. Die Frage impliziert die Tatsachenbehauptung, die von Herrn Oberstaatsanwalt Zeis genannten früheren Rechtsanwälte seien in ihrer Eigenschaft oder noch während sie Rechtsanwälte waren, wie Sie es nannten, in den Untergrund gegangen oder ähnliches. Von allen drei genannten oder vier genannten Anwälten liegen Erklärungen vor, wonach sie ihre Anwaltstätigkeit nicht mehr ausüben und sie begründen das in diesen Erklärungen.

Vors.: (Nach geheimer Umfrage)

Der Senat hat beschlossen, die Frage ist zulässig. Sie dient zur Überprüfung einer Antwort der Zeugin, die Sie gegeben hat und gibt ihr anhand von Beispielen die Möglichkeit, diese Antwort nochmals richtig zu stellen, sofern sie nicht richtig gegeben worden sein soll im Hinblick darauf, daß die Zeugin diese genannten Namen nicht vor Augen gehabt hätte, bitteschön.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Also die Frage ist einfach so dumm, daß eigentlich schon wieder ganz gut ist, darauf zu antworten.

Vors.:

Sie können sich jetzt dazu äußern, daß eine erneute Ordnungsstrafe gegen Sie zu erwägen ist, wegen Ihrer beleidigenden Form. Wollen Sie sich dazu äußern?

[10758] - Zeugin lacht -

Zeugin Moh[nhaupt]:

Es häuft sich jetzt. Ach, naja.

Vors.:

Ja, Sie müssen es wissen, Frau Mohnhaupt. Wollen Sie sich dazu äußern. Ich habe es Ihnen jetzt mehrfach gesagt.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ach ich äußer mich da zu so einem Krempel da ...

Vors.:

Gut. Dann beantworten Sie jetzt zunächst die Frage und wir werden dann über das beschließen, was im Augenblick von Ihnen nicht weiter belegt wurde.

Zeugin Moh[nhaupt]:

Die Frage habe ich vorhin schon beantwortet, in dem, was ich gesagt hab. Also es gibt da wirklich nichts dazu zu sagen.

Vors.:

Sie wollen Ihre Antwort, die Sie gegeben haben, nicht irgendwie ändern damit?

Zeugin Moh[nhaupt]:

Ne, die ist sehr klar gewesen, wie ich das gesagt hab. Da gibt es überhaupt keinen Widerspruch.

Vors.: (Nach geheimer Umfrage)

Der Senat hat beschlossen:

Gegen die Zeugin wird eine erneute Ordnungsstrafe in Form einer Ordnungshaft von 3 Tagen verhängt. Sie hat sich einer Ungebühr schuldig gemacht, indem Sie eine korrekte und zugelassene Frage der Bundesanwaltschaft als[kkkkkk] so dumm bezeichnet hat, daß darauf keine Antwort zu geben sei.

Vors.:

Darf ich jetzt zunächst mal fragen, ob weitere Fragen an die Frau Zeugin sind?

RA Dr. Tem[ming]:

Nein, ich möchte zu diesem Beschluß etwas sagen.

Vors.:

Nein, zu diesem Beschluß sind Sie nicht betroffen. Also haben Sie auch keine Möglichkeit ...

RA Dr. Tem[ming]:

Herr Vorsitzender, ich möchte nochmal auf § 33 StPO[73] hinweisen.

Vors.:

Sind noch Fragen? Ich darf Sie jetzt bitten ...

OStA Z[eis]:

Bei diesem Verhalten der Zeugin haben wir keine weiteren Fragen mehr. Danke.

Vors.:

Keine weiteren Fragen. Sonstige Fragen an die Frau Zeugin? Ich sehe nicht.

Die Zeugin Mohnhaupt bleibt gem. § 60 Ziffer 2 StPO wegen Verdachtes der Tatbeteiligung unbeeidigt und wird im allseitigen Einvernehmen[llllll] um 15.55 Uhr entlassen.

[10759] Vors.:

Dann wollen wir jetzt eine kurze Pause machen und dann mit der Vernehmung des Herrn Rechtsanwalt Golzem, der seit 2 Stunden wartet ... Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, bitte?

RA Dr. H[eldmann]:

Ich habe eine Bitte an Sie.

Vors.:

Bitte?

RA Dr. H[eldmann]:

Nämlich die Hauptverhandlung zu unterbrechen bis Dienstag, um mir Gelegenheit zu geben, Ihre Anregung von heute Vormittag zu folgen, nämlich die Mandatsverhältnisse hier und für Dr. Croissant unter dem Gesichtspunkt des § 146[ StPO] zu prüfen. Das ist wohl unaufschiebbar deswegen, weil für meinen Mandanten Croissant für morgen früh Haftprüfungstermin angesetzt ist. Und sollte ich der Auffassung, die das Gericht und die der Bundesanwalt heute morgen geäußert haben, hier liege der Fall einer durch [§ ]146[ StPO] ausgeschlossenen gemeinschaftlichen Verteidigung vor, sollte ich mich dieser Auffassung nach der gebotenen Prüfung anschließen, so stünde Herr Croissant morgen früh in seinem Haftprüfungstermin ohne einen einzigen Verteidiger da, weil seine drei Verteidiger ebenfalls in diesem Verfahren verteidigen.

Vors.:

Ja. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, ich bedauere es. Wir haben Herrn Rechtsanwalt Golzem geladen auf 14 Uhr. Es erscheint dringlich, ihn jetzt noch zu vernehmen. Wir werden dann allerdings nach seiner Vernehmung, die ja dem Beweisthema nach nicht sehr lange werden dürfte, den heutigen Sitzungstag beenden. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, Sie wußten schon seit über einem halben Jahr, daß die Problematik des § 146[ StPO] zu bedenken wäre, bei der Übernahme der Verteidigung von Herrn Rechtsanwalt Dr. Croissant. Es ist also nicht erforderlich, daß das Gericht ausgerechnet heute darauf Rücksicht nimmt, wenn’s Ihnen nun durch einen Hinweis erst geläufig wird, was an sich sonnenklar gewesen wäre.

RA Dr. H[eldmann]:

Meine Prüfung hat zu einem anderen Ergebnis geführt. Sie scheinen die Rechtsfrage selbst nicht durchgedacht zu haben ...

Vors.:

Wir verschieben die Vernehmung von Herrn ...

RA Dr. H[eldmann]:

... von besonderer Problematik, die bisher noch nicht durch Rechtsprechung erörtert worden ist. Das ist hier zu prüfen.

Vors.:

Schön. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, ich werde jetzt die Vernehmung ...

RA Dr. H[eldmann]:

Mein Mandat für Croissant besteht seit über einem Jahr.

Vors.:

Ich habe gesagt, die Vernehmung jetzt von Herrn Rechtsanwalt Golzem wird noch durchgeführt, dann ist Gelegenheit gegeben. Eine viertel [10760] Stunde Pause. Um 16.15 Uhr setzen wir die Sitzung fort.

Pause von 16.00 Uhr bis 16.16 Uhr

Ende von Band 622

[10761] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 16.16 Uhr.

Als Zeuge ist anwesend:

Rechtsanwalt Golzem

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Es ist jetzt anwesend der[mmmmmm] Zeuge, Herr Rechtsanwalt Golzem. Es hat sich bedauerlicherweise länger hingezogen als vorausgesehen.

Der Zeuge RA. Golzem wird gem. § 57 StPO belehrt.

Der Zeuge ist mit der Aufnahme seiner Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Vors.:

Ich muß noch darauf hinweisen, da Sie ja als Rechtsanwalt verschiedene Inhaftierte, die nun dem Kreise der RAF zuzurechnende[nnnnnn] auch verteidigt haben, daß Herr Müller hier bei seiner Aussage nicht bereit war, einem der Anwälte, die ihn vertreten haben, von der Schweigepflicht zu entbinden. Nur daß Sie darüber informiert sind.

Zeuge RA Go[lzem]:

Ist mir bekannt.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Armin Golzem,

36 Jahre, Rechtsanwalt,

Frankfurt, Kanzleiadresse: Hochstraße 52.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Es ist hier ein Antrag der Verteidigung dem Gericht vorgelegt worden und aufgrund dieses Antrags sind Sie ja heute geladen. Vorgang dieses Antrags war, daß der Zeuge Müller angegeben hat, er sei von Ihnen besucht worden, Sie hätten ihm gegenüber bestimmte Äußerungen gemacht, aus denen er Ihre innere Haltung gegenüber dem Angeklagten Baader geschlossen oder auf die zurückgeschlossen habe und Sie sollen nun zu dem Thema aussagen, ob Sie zu irgendeinem Zeitpunkt versucht hätten, den Zeugen Müller gegen Baader einzunehmen. Bitte sehr.

Zeuge RA Go[lzem]:

Ich darf vielleicht eine kurze Vorbemerkung vorausschicken. Sie haben ja bereits darauf hingewiesen, daß ich [10762] unter anderem auch Gerhard Müller früher einmal als Verteidiger vertreten habe und daß Gerhard Müller auf entsprechende Frage hier in der letzten Woche, das ist mir von der Verteidigung bekannt gemacht worden, erklärt hat, daß er nicht bereit sei, seine ehemaligen oder jetzigen Verteidiger - es geht wohl im wesentlichen um die ehemaligen Verteidiger - von der Schweigepflicht zu entbinden. Nachdem allerdings, wie ich meine, in der letzten Woche der Zeuge Müller auf einen Wink der Bundesanwaltschaft diesen Gerichtssaal zu einem Tribunal gegen fast alle seine Verteidiger, soweit ich überschauen kann und soweit ich das aus der Presse weiß, gemacht hat, sehe ich Anlaß, über die Frage, die die Verteidigung zum Gegenstand ihres Beweisantrags gemacht hat, hier eine Aussage zu machen. Und ich erkläre in dem Zusammenhang ausdrücklich, daß nach genauer Überprüfung ich zu der Auffassung gelangt bin, daß die mich ansonsten weiterhin zweifellos bindende Schweigepflicht bezüglich all der Dinge, die das Mandat Gerhard Müller betreffen, genauso wie die anderen Mandate auch, ich im vorliegenden Fall wegen des in dieser genannten Äußerung liegenden Angriffs auf meine Person, hierüber Aussagen machen muß und mich die Schweigepflicht insoweit nicht daran hindert. Ich erkläre das unter Hinweis darauf, daß Gerhard Müller offensichtlich die Nichtentbindung meiner Person von der Schweigepflicht allein deshalb nicht hat vornehmen können oder wollen, weil er diesen Gerichtssaal zum Forum eines Angriffs unter anderem auf meine Person hat machen wollen und mir die Möglichkeit abschneiden wollte, mich gegen diesen, wie ich meine, rechtswidrigen Angriff zur Wehr zu setzen. In einem solchen Falle meine ich, daß mich die Schweigepflicht nicht bindet und deshalb möchte ich hierzu und auch nur hierzu Aussagen machen. Es versteht sich von selbst, daß ich deshalb auch gehindert bin, im Sinne des Gesetzes vollständige Angaben zu machen, sondern ich kann nur zu diesem einen Punkt aussagen und das will ich jetzt tun.

Vors.:

Ja. Ich darf Ihnen vielleicht dabei noch zu bedenken geben. Nur im Rahmen Ihrer Überprüfung, daß es natürlich eine Frage ist, ob man das, was der Zeuge Müller hier getan hat, als einen Angriff auf Ihre Person verstehen müßte. Er hat Sie ja im Grunde genommen, wenn Sie schon von einem Tribunal hier gegen Anwälte sprechen, gerade ausgenommen, und sagt, nein Ihre Einstellung sei anders gewesen. Fügte dem allerdings, zu Ihrer Information, hinzu, Sie hätten versucht, ihn gegen Baader aufzubringen, in der Tat.

[10763] Zeuge RA Go[lzem]:

Richtig.

Vors.:

Wenn Sie das als Angriff auf Ihre Person verstehen, dann ...

Zeuge RA Go[lzem]:

Da ich, was ebenfalls kein Geheimnis ist, zum damaligen Zeitpunkt gleichzeitig der Verteidiger von Andreas Baader war, sehe ich da sehr wohl einen Angriff auf meine Person, und zwar nicht einfach als Privatperson, sondern als Verteidiger und Rechtsanwalt auch von Andreas Baader.

Vors.:

Ja, gut, dann darf ich Sie bitten, zu diesem Punkte wie beantragt, sich zu äußern.

Zeuge RA Go[lzem]:

Ja. Ich darf zunächst darauf hinweisen, daß ich Gerhard Müller mitverteidigt habe, daß ich aber selbst in dem Mandat nicht Sachbearbeiter war, und deshalb Herrn Müller nur relativ selten gesehen und im Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit auch gesprochen habe. Soweit ich mich erinnere, und insoweit verrate ich kein Geheimnis, weil das ja ohne weiteres nachprüfbar ist durch die Aufzeichnungen der jeweiligen Vollzugsanstalt, habe ich ihn in Köln im Jahre 1972 in den Monaten Juli und September zwei Mal besucht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn noch ein drittes Mal Ende 1972 besucht habe, meine aber nicht. Habe ihn dann erst wieder im Frühjahr bis Mitte, also in den Monaten Mai, Juni zwei Mal besucht und schließlich, wenn ich mich recht erinnere, im Oktober 1973 und ein letztes Mal Anfang 1974. Die Aussage von Gerhard Müller, ich hätte in Gesprächen versucht, ihn gegen Andreas Baader einzunehmen, was ich dahingehend verstehe, daß ich versucht hätte, ihm eine negative Einstellung durch entsprechende Äußerungen zu ... eine negative Einstellung zu suggerieren gegenüber Andreas Baader, muß ich sagen, daß dieser Vorwurf nicht stimmt.

Richtig ist, daß Gerhard Müller gegen Andreas Baader eingenommen war. Ich will das etwas näher erläutern. Ich glaube, daß, und insofern kann ich mich auf eine ganze Reihe von Äußerungen und Beobachtungen stützen, es handelt sich hierbei natürlich um einen Gesamteindruck, der sich aus den verschiedenen Besuchen ergeben hat, daß Gerhard Müller Andreas Baader den Einfluß den er hatte, neidete, daß er zu Andreas Baader zunächst ein Verhältnis der Konkurrenz, das sich zum einen, und zunächst äußerte dadurch, daß er versuchte, ihn zu imitieren, später aber sogar ein Verhältnis des, ja ich muß das so ausdrücken, weil es sich um starke Emotionen handelte nach meinem Eindruck, des Hasses gegenüber Andreas Baader hat und ich belege diese Gefühle [10764] die Herr Müller hatte ohne mein Zutun, wie ich ausdrücklich versichern muß, durch einen Hinweis auf einen Brief, durch den Gerhard Müller den übrigen Mitgliedern unserer Sozietät und mir selbst das Mandat im Februar 1975 entzogen hat. Dort stand ergänzend zu dem Hinweis, daß er uns das Mandat entziehe: „auch wenn es Baader recht oder genehm ist“. Also um es nochmal zu erklären, er erklärte: Ich entziehe Euch, Rechtsanwälte Golzem und Kollegen hiermit das übertragene Mandat, auch wenn es Baader recht ist oder auch wenn es Baader genehm ist, eine Formulierung in dieser Art. Ich schließe daraus, daß Gerhard Müller prinzipiell versucht hat, zu vermeiden, etwas zu tun, was Andreas Baader genehm ist, was Andreas Baader billigte, zumindest zu diesem Zeitpunkt und kann eine solche Kundgabe nur dahingehend werten, daß er Gefühle des Hasses gegenüber Andreas Baader hegte. Wenn er nunmehr in der vergangenen Woche bekundet hat, ich sei sozusagen derjenige gewesen, der ihm diese Gefühle suggeriert hätte, so meine ich, daß er damit nichts anderes getan hat, als die Schuldgefühle, die ihm seine Einstellung zu Andreas Baader erwecken mußten, auf jemanden zu projizieren und zu übertragen, der ihm dafür geeignet erschien.

Vors.:

Wenn Ihre Darstellung, daß Herr Müller beim Mandatsentzug ausdrücklich erklärte, das gelte auch, wenn Baader das billige, offenbar zurückgreift auf einen Vorgang der aus Zellenmaterial bekannt geworden ist, wonach tatsächlich damals Herr Baader sich auch mit der Frage befasst haben soll, ob man Sie weiterhin als Rechtsanwalt bei der Verteidigung mit einbeziehen könne, so wäre das doch unter Umständen ein gewisser Hinweis darauf, daß das Verhältnis zwischen Ihnen und Herrn Baader schlecht gewesen ist und das könnte nun tatsächlich wiederum als Erklärung und Erläuterung dafür dienen, daß Sie etwa solche Dinge auch gegenüber Müller zum Ausdruck gebracht haben könnten.

Zeuge RA Go[lzem]:

Herr Vorsitzender, ich kann nur wiederholen, ich habe mich hier gegen einen Angriff von Gerhard Müller zu wehren.

Vors.:

Gut. Wenn Sie da zu dem Gesamtkomplex nichts sagen können, dann ist das klar ...

Zeuge RA Go[lzem]:

Ich habe bekundet, daß ich also weder durch Wort noch durch Tat, soweit man das kann, versucht habe, Herrn Müller gegen Andreas Baader einzunehmen und habe versucht darzulegen, welche Notwendigkeit Herr Müller gesehen hat, eine solche [10765] Bekundung hier zu machen, nach meinem Eindruck.

Vors.:

Gut. Ich respektiere, wenn Sie sagen, daß Sie gehindert sind durch die Schweigepflicht, sich hier weiter zu äußern. Weitere Fragen? Beim Gericht sehe ich, nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder, bitteschön.

BA Dr. Wu[nder]:

Eine Frage Herr Zeuge, die sich an Ihre Aussage anschließt. Wenn ich Sie recht verstanden habe, sagten Sie vorhin, Ihrer Auffassung nach neidete Müller Baaders Einfluß. Darf ich dieser Erklärung entnehmen, daß Ihrer Auffassung nach Baader Einfluß hatte, gegebenenfalls welchen?

Zeuge RA Go[lzem]:

Darüber, welchen Einfluß Herr Baader hatte, kann ich mir auch im Hinblick auf das bestehende Mandatsverhältnis hier kein Urteil erlauben. Ich kann Sie nur darauf hinweisen, daß auf die Tatsachen, die ich bereits mitgeteilt habe, daß Herr Müller, vielleicht habe ich das vorhin vergessen, in Briefen versuchte, Herrn Baader zu imitieren, so will ich es nennen, und was den objektiven Einfluß von Herrn Baader angeht, sehe ich mich außerstande, hierzu irgendwelche Bekundungen abzugeben in Hinblick auf das bestehende Mandatsverhältnis, weil Bekundungen darüber auch nicht als unmittelbare Gegenwehr gegen den von Herrn Müller vorgetragenen Angriff meinerseits gewertet werden können. Selbst wenn Ihnen dadurch, das was ich bisher ausgesagt habe, als unvollständig erscheint, so darf ich Sie bitten, mir das gleichwohl nachsehen zu wollen, weil ich keine Möglichkeit sehe, irgendwelche Urteile über die Person von Herrn Baader in diesem Zusammenhang abzugeben.

BA Dr. Wu[nder]:

Eine Frage noch. Ein Versuch, Herr Zeuge: Ist es nicht ein Unterschied, ob man den Eindruck hat, jemand imitiert einen anderen, oder ob man den Eindruck hat, jemand neidet den Einfluß des anderen?

Zeuge RA Go[lzem]:

Das ist zweifellos richtig. Das will ich gar nicht bestreiten. Ich habe nur gesagt, das ist ein Hinweis der mir einfällt, ansonsten habe ich meinen Gesamteindruck geschildert, der natürlich auf einer Fülle von Beobachtungen, Äußerungen etc. seitens Müllers zurückgeht, an die ich mich aber, das muß ich sagen, im Einzelnen auch nicht mehr erinnere.

BA Dr. Wu[nder]:

Danke, ich habe keine weiteren Fragen.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen? Sehe ich nicht.

[10766] Die Herren Verteidiger? Keine Fragen? Dann beabsichtige ich den Zeugen zu vereidigen. Keine Einwendungen.

Der Zeuge, Rechtsanwalt Golzem, wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 16.32 Uhr entlassen.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung am Dienstag fort. Das Programm steht fest. Die Herren Rechtsanwälte Ströbele, Groenewold, Köncke morgens, nachmittags die Zeugen Stachowiak und Eckes. Ich darf noch darauf hinweisen, die Zeugin Schubert, die heute nicht mehr vernommen werden soll, wird am Mittwochnachmittag 14.00 Uhr vernommen. Der Mittwochnachmittag war ohnedies freigehalten für solche Verschiebungen. Damit ist die Sitzung heute am ...

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann bitte.

RA Dr. H[eldmann]:

... weiteres Sitzungsprogramm für die nächste Woche?

Vors.:

Ich habe heute früh das bekanntgegeben wie es läuft, Sie müssen sich einstellen auf Sitzung am 22., 27., 28., 29., 3. und 4.8., wobei nur feststeht, daß am 4.8. die Rechtsanwälte von Plottnitz und Laubscher gehört werden. Das Sitzungsprogramm für Dienstag steht fest, für Mittwoch lediglich die Nachmittagssitzung 14.00 Uhr die Zeugin Schubert. Das übrige Programm gebe ich dann am Dienstag bekannt, soweit es bis dahin feststehen kann, es hängt mit den Transportfragen zusammen. Wir sind am Ende der Sitzung.

Ende der Sitzung um 16.34 Uhr.

Ende von Band 623.


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] Am 54. Verhandlungstag wurde ein vom Zeugen Pöter unterschriebener Vermerk über sein Gespräch mit Andreas Baader im Wege des Urkundenbeweises (§ 249 StPO) verlesen, nachdem sich der Zeuge an den Inhalt überwiegend nicht mehr erinnern konnte. Die Verteidigung beanstandete dieses Vorgehen erfolglos, der Senat erklärte die Verlesung für zulässig (s. zu der Diskussion S. 4835 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Am 104. Verhandlungstag wurde ein Vermerk des Zeugen Skrandies verlesen. Dieses Vorgehen wurde von Rechtsanwalt Linke im Anschluss kritisiert (S. 9210 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 104. Verhandlungstag).

[3] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Nach § 55 Abs. 1 StPO steht Zeug/innen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn sie sich selbst oder ihre Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) durch die Beantwortung einer Frage der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.

[4] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[5] Als „Vertrauensanwälte“ bzw. „Vertrauensverteidiger“ wurden diejenigen Verteidiger/innen bezeichnet, welche von den Angeklagten zunächst frei gewählt waren (§§ 137, 138 StPO); einige von ihnen wurden ihnen aber als Pflichtverteidiger/innen (§ 141 StPO) beigeordnet. Nach zwischenzeitlichen Entpflichtungen traf das zu diesem Zeitpunkt noch auf die Rechtsanwälte Dr. Heldmann (für den Angeklagten Baader) und Rechtsanwalt Schily (für die Angeklagte Ensslin) zu. Mit der Bezeichnung der Vertrauensverteidiger/innen wurden sie von denjenigen Verteidigern abgegrenzt, die den Angeklagten zusätzlich (gegen ihren Willen) durch das Gericht zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet worden waren.

[6] Rechtsanwalt Dr. Croissant wurde die Unterstützung der kriminellen Vereinigung RAF vorgeworfen, u.a. durch die Beteiligung am sog. INFO, einem Informations- und Kommunikationssystem, welches die Verteidigung entwickelt hatte um den Austausch von Schreiben, Rundbriefen, Zeitungsartikeln etc. unter den inhaftierten RAF-Mitgliedern zu ermöglichen. Nachdem ein bereits im Sommer 1975 erlassener Haftbefehl gegen den Rechtsanwalt Dr. Croissant nach einigen Wochen Haft außer Vollzug gesetzt worden war, entschied das LG Stuttgart am 16.7.1976, ihn erneut in Untersuchungshaft zu nehmen. Er wurde noch am selben Tag verhaftet. Am 19.8.1976 wurde er (unter denselben Auflagen wie vorher) aus der Haft entlassen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 222 ff., 410 ff.). Am 16.2.1979 wurde er schließlich vom LG Stuttgart zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zweieinhalb Jahren verurteilt, zudem wurde gegen ihn ein vierjähriges Berufsverbot verhängt (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 531 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 52; s. zum INFO auch Fn. 9).

[7] Sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden können als unzulässig beanstandet werden (§ 238 Abs. 2 StPO). Über die Beanstandung entscheidet sodann das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung.

[8] Siegfried Hausner war als Mitglied des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK) im Juni 1971 nach einer Verkehrskontrolle in eine Schießerei mit der Polizei verwickelt, weshalb er bis zum Sommer 1974 er eine Jugendstrafe absaß. Nach seiner Entlassung schloss er sich der RAF an. Er war Teil des „Kommando Holger Meins“, das am 24. April 1975 bei dem Überfall auf die deutsche Botschaft in Stockholm zwölf Geiseln nahm, zwei Menschen tötete und die Freilassung von 26 RAF-Gefangenen, darunter der Angeklagten Baader, Ensslin sowie der früheren Angeklagten Meinhof, forderte. Aus weiterhin unbekannten Gründen explodierte kurz vor der Stürmung des Gebäudes durch schwedische Spezialkräfte im Inneren der Botschaft ein Sprengsatz, infolgedessen Hausner schwer verletzt wurde. Trotz dieser Verletzungen wurde Hausner wenige Tage später in die Bundesrepublik ausgeliefert und auf die Intensivstation der JVA Stammheim verlegt. Hausner starb dort Anfang Mai 1975 (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 512. 515 f.; Forsbach, Die 68er und die Medizin, 2011, S. 95 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 766 Anm. 80).

[9] Das INFO war ein Informations- und Kommunikationssystem, das einen Austausch von Rundbriefen, Zeitungsartikeln etc. unter den inhaftierten RAF-Mitgliedern ermöglichte. Über die Verteidigerpost, die im Vergleich zu anderer Post vollzugsrechtlich privilegiert ist (§§ 97 Abs. 1 Nr. 1, 148 StPO), konnte Material ohne vorherige Zensur ausgetauscht werden. Den Rechtsanwälten Ströbele, Groenewold und Dr. Croissant wurde später vorgeworfen, durch die Beteiligung am „Info-System“ dazu beigetragen zu haben, dass die inhaftierten RAF-Mitglieder auch aus der Haft heraus ihre kriminelle Vereinigung hätten fortführen können. Dabei ging es nicht um das INFO an sich, sondern um die Weiterleitung ganz bestimmter Unterlagen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 521 ff.; s. auch die Interviews mit K. Groenewold und H.-C. Ströbele, in Diewald-Kerkmann/Holtey [Hrsg.], Zwischen den Fronten, 2013, S. 49, 58 f., 70 f. sowie S. 121, 132 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 52).

[10] Die inhaftierten RAF-Mitglieder bezeichneten ihre Haftbedingungen als „Isolationsfolter“ (s. zu den Haftbedingungen Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff., insbesondere 103 ff. zum Vorwurf der Isolationsfolter; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 270 ff.). Um ihre Forderungen, u.a. die Zusammenlegung aller RAF-Häftlinge, durchsetzen zu können, traten sie ab 1973 mehrfach in Hungerstreik. Der dritte und längste Hungerstreik dauerte von September 1974 bis Februar 1975. RAF-Mitglied und ursprünglich ebenfalls Beschuldigter im Stammheimer Verfahren Holger Meins überlebte ihn nicht: Im November 1974 starb er an den Folgen der Mangelernährung (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 58).

[11] Nach § 176 GVG obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung dem/der Vorsitzenden. Leisten bestimmte Personen (Parteien, Beschuldigte, Zeug/innen, Sachverständige, oder an der Hauptverhandlung nicht beteiligte Personen) einer entsprechenden Anordnung des/der Vorsitzenden nicht Folge, ermöglicht § 177 GVG die Entfernung aus dem Sitzungszimmer. Nach § 178 GVG kann bei ungebührlichem Verhalten ein Ordnungsgeld oder Ordnungshaft festgesetzt werden.

[12] Wegen Verletzung von Privatgeheimnissen macht sich nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbar, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm/ihr als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist. Die Schweigepflicht wird ergänzt durch ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO. Eine Entbindung von der Schweigepflicht führt nach § 53 Abs. 2 StPO zu einer Aussagepflicht.

[13] Gerhard Müller war ein ehemaliges Mitglied der RAF und einer der Hauptbelastungszeugen in diesem sowie in weiteren Verfahren gegen Mitglieder der RAF. Er wurde ab dem 124. Verhandlungstag als Zeuge vernommen.

[14] Nach § 34 StGB ist ein tatbestandmäßiges Verhalten dann gerechtfertigt, wenn eine nicht anders abwendbare Gefahr für ein geschütztes Rechtsgut, z.B. die Ehre, besteht und das geschützte Interesse das betroffene Interesse wesentlich überwiegt. Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht können so etwa gerechtfertigt sein, wenn die Offenbarung zur Verteidigung gegen unwahre Behauptungen erforderlich ist (Cierniak/Nierhaus, in Joecks/Miebach [Hrsg.], Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 4, 3. Aufl. 2017, § 203 Rn. 89; s. auch Schünemann, in Jähnke/Laufhütte/Odersky [Hrsg.], Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 6, 12. Aufl. 2010, § 203 Rn. 134, der für die Offenbarung von Geheimnissen des/der Angreifer/in selbst § 32 StGB [Notwehr] heranzieht). Die Offenbarung muss aber auf das zur Verteidigung erforderliche Maß beschränkt bleiben. Dies ist insbesondere der Fall in (Straf-)Verfahren gegen die zur Verschwiegenheit verpflichtete Person; aber auch zum Schutz Dritter vor strafrechtlicher Verurteilung wird § 34 StGB z.T. herangezogen (vgl. Cierniak/Nierhaus, in Joecks/Miebach [Hrsg.], Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 4, 3. Aufl. 2017, § 203 Rn. 90).

[15] Über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet - soweit der/die Vorsitzende sie nicht bereits nach § 241 Abs. 2 StPO zurückweisen kann (insbesondere eigene Fragen sowie solche der beisitzenden Berufsrichter/innen) - gem. § 242 StPO das Gericht, das ist in diesem Fall der Senat in voller Besetzung (zur Anwendbarkeit des § 242 StPO auf Fragen von Berufsrichter/innen s. Schünemann, StV 1993, S. 607 ff.).

[16] § 69 Abs. 1 StPO lautet: „Der Zeuge ist zu veranlassen, das, was ihm von dem Gegenstand seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang anzugeben. Vor seiner Vernehmung ist dem Zeugen der Gegenstand der Untersuchung und die Person des Beschuldigten, sofern ein solcher vorhanden ist, zu bezeichnen.“

[17] Irmgard Möller schloss sich im Sommer 1971 der RAF an. Zuvor lebte sie in der Münchner Kommune Wacker Einstein, hatte 1969 als Teil der „Rechtshilfe der APO“ zum „Knastcamp“ aufgerufen und war Mitglied der Tupamaros München. Am 8. Juli 1972 wurde sie verhaftet. 1976 erfolgte ihre Verlegung zu den Angeklagten Baader, Ensslin und Raspe nach Stammheim. Dort überlebte sie als Einzige die sogenannte Todesnacht von Stammheim (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 68; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 111 ff.; Sturm, in Weinhauer/Requate/Haupt [Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 99, 100 f.).

[18] Am 30. Juni 1975 begann das Verfahren gegen Irmgard Möller und Gerhard Müller vor dem Landgericht Hamburg. Die Anklagevorwürfe betrafen u.a. das Geschehen um die versuchte Festnahme des RAF-Mitglieds Margrit Schiller, in deren Verlauf ein Polizeibeamter erschossen, ein weiterer verletzt wurde. Der getötete Polizeibeamter Norbert Schmid war das erste Todesopfer der RAF. Der genaue Tatvorgang, insbesondere die Täterschaft, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Irmgard Möller wurde mit Urteil vom 16.3.1976 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von viereinhalb Jahren, Gerhard Müller u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beihilfe zum Mord, Beteiligung an Bombenanschlägen und dem unerlaubten Führen einer Waffe zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 113 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29). Insbesondere der Freispruch Müllers in Bezug auf die Tötung Schmids sorgte im Stammheimer Verfahren für Aufregung. Die Verteidigung versuchte zu beweisen, dass die umfassende Aussage Müllers durch das Versprechen diverser ungesetzlicher Vorteile unzulässig beeinflusst worden sei (s. hierzu etwa die Beweisanträge in den Anlagen 4 bis 19 zum Protokoll zum 20.7.1976, S. 10643 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 128. Verhandlungstag; s. zu den Vorwürfen der Verteidigung auch Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 305 ff.).

[19] Die Schaffung einer speziellen gesetzlichen Kronzeugenregelung wurde zum damaligen Zeitpunkt zwar diskutiert, erfolgte aber zunächst nicht. Während bereits mit Gesetz vom 28.7.1981 (BGBl. I, S. 681) eine Kronzeugenregelung für Betäubungsmitteldelikte geschaffen wurde (§ 31 BtMG), geschah dies erst 1989 auch für terroristische Straftaten (BGBl. I, S. 1059, S. 1061). Diese Regelung trat jedoch zum 1.12.1999 wieder außer Kraft. Erst seit dem 1.9.2009 gibt es im deutschen Strafrecht mit § 46b StGB eine allgemeine Kronzeugenregelung (eingeführt durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz vom 29.7.2009, BGBl. I, S. 2288).

[20] Die zwei „Lager“ der Verteidigung - die Vertreter/innen der Vertrauensverteidigung auf der einen, die von den Angeklagten sog. Zwangsverteidiger auf der anderen Seite - wurden auch räumlich sichtbar: Während die Vertrauensverteidigung bei den Angeklagten Platz nehmen konnte, saßen die von den Angeklagten abgelehnten Verteidiger ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Saales, neben den Vertretern der Bundesanwaltschaft (s. auch die Skizze in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 185).

[21] § 147 StPO regelt das umfassende Akteneinsichtsrecht der Verteidigung. Abs. 1 lautet: „Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.“

[22] Das Hauptverhandlungsprotokoll wird erst mit seiner Fertigstellung Bestandteil der Gerichtsakten und damit Gegenstand des Akteneinsichtsrechts der Verteidigung (Valerius, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 1. Aufl. 2016, § 271 Rn. 33). Auch vor Fertigstellung kann der/die Vorsitzende allerdings Einsicht in das Hauptverhandlungsprotokoll gestatten (Krause, in Widmaier/Müller/Schlothauer [Hrsg.], Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 2. Aufl. 2014 § 7 Rn. 188).

[23] Bereits ab dem 41. Verhandlungstag verfügte die Verteidigung für eine gewisse Zeit über ein eigenes Tonbandgerät. Da die Bundesanwaltschaft allerdings der Aufzeichnung ihrer Äußerungen durch selbiges widersprach (S. 3156 des Protokolls der Hauptverhandlung, 41. Verhandlungstag), wurde die Verteidigung darauf hingewiesen, dass das Tonband bei Äußerungen der Bundesanwaltschaft stets ausgeschaltet werden müsse (S. 3254 des Protokolls der Hauptverhandlung, ebenfalls 41. Verhandlungstag). Gleiches traf auf die gehörten Zeug/innen zu, sodass von der Verwendung nach einiger Zeit wieder Abstand genommen wurde.

[24] In der Stellung eines Beweisantrages kann im Umfang der benannten Themen auch die Erklärung gesehen werden, dem/der benannten Zeug/in werde die Offenbarung der anvertrauten Umstände gestattet, soweit dies für den Beweis der behaupteten Tatsache erforderlich ist.

[25] § 32 StGB enthält das Notwehrrecht gegen gegenwärtige, rechtswidrige Angriffe. Eine Rechtfertigung nach § 32 StGB wird z.T. für die Offenbarung von Geheimnissen des/der Angreifer/in herangezogen; s. dazu, sowie zum rechtfertigenden Notstand nach § 34 StGB bereits Fn. 14.

[26] Die Angeklagten lehnten die von ihnen sog. Zwangsverteidiger vehement ab und weigerten sich, mit ihnen zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[27] S. Fn. 1.

[28] Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung sah § 59 StPO a.F. die Vereidigung von Zeug/innen noch als Regelfall vor. Ausnahmen galten nur für wenige Vereidigungsverbote, so zum Beispiel bei Personen, die selbst wegen der Beteiligung an der gegenständlichen Tat verdächtig oder bereits verurteilt worden waren (§ 60 Nr. 2 StPO). Außerdem hatte das Gericht die Möglichkeit, in bestimmten Fällen von der Vereidigung abzusehen (§ 61 StPO a.F.). Im Unterschied dazu bestimmt der heutige § 59 Abs. 1 Satz 1 StPO, dass eine Vereidigung nur dann erfolgt, wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage nach seinem Ermessen für notwendig hält.

[29] § 129 StGB enthält den Straftatbestand der Bildung krimineller Vereinigungen, der allen Angeklagten in unterschiedlicher Ausgestaltung vorgeworfen wurde (den Angeklagten Baader, Ensslin und Meinhof die Gründung und Beteiligung als Rädelsführer, dem Angeklagten Raspe die Beteiligung an der kriminellen Vereinigung als Mitglied).

[30] Zum 1.1.1975 trat mit dem Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20.12.1974 (BGBl. I, S. 3686) das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) in Kraft, wodurch die bis dahin zulässige kollektive Verteidigung mehrerer Angeklagter bei gleicher Interessenslage - auch „Blockverteidigung“ genannt - abgeschafft wurde. Die Vorschrift wurde durch die Rechtsprechung - nicht zuletzt durch den 2. Strafsenat des OLG Stuttgart - gleich in mehrfacher Hinsicht weit ausgelegt. So wurde das Verbot der Mehrfachverteidigung auch auf Beschuldigte in anderen Verfahren ausgedehnt (s. dazu den in diesem Verfahren ergangenen Beschluss des OLG Stuttgart v. 4.11.1975 - Az.: 2 StE 1/74, NJW 1776, S. 157; so kurz darauf auch BGH, Beschl. v. 27.2.1976 - 1 BJs 25/75, StB 8/76, BGHSt 26, S. 291, 293 f.); auch die sog. sukzessive Mehrfachverteidigung nach Beendigung eines Mandatsverhältnisses wurde untersagt (OLG München, Beschl. v. 28.11.1975 - Az.: 1 Ws 1304/75, NJW 1976, S. 252, 253 f.; später bestätigt durch BGH, Beschl. v. 23.3.1977 - Az.: 1 BJs 55/75; StB 52/77, BGHSt 27, S. 154, 155 f.). Da die umstrittenen Auslegungen auch auf den nicht eindeutigen Wortlaut des § 146 StPO zurückzuführen waren, wurde die Vorschrift durch das StrVÄG 1987 vom 27. Januar 1987 (BGBl. I, S. 475) neugefasst. Der heutige Wortlaut umfasst explizit auch das Verbot, Beschuldigte in Parallelverfahren zu verteidigen, wenn sie wegen derselben Tat beschuldigt sind (s. zur Neuregelung auch Meyer-Goßner, NJW 1987, S. 1161, 1163; Nestler-Tremel, NStZ 1988, S. 103 f.), nicht jedoch das Verbot der sukzessiven Verteidigung (BGH, Beschl. v. 15.1.2003 - Az.: 5 StR 251/02, BGHSt 48, S. 170, 173; Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 8. Aufl. 2015, Rn. 124; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 146 Rn. 18 ff.).

[31] Anlage 1 zum Protokoll von 22.7.1976: Mitteilung des Angeklagten Raspe (keine Entbindung des Rechtsanwalts Dr. Croissant von seiner Schweigepflicht).

[32] Die vier RAF-Mitglieder Holger Meins, Siegfried Hausner, Katharina Hammerschmidt und Ulrike Meinhof verstarben überwiegend, während sie sich in Haft und damit in Obhut des Staates befanden. Holger Meins, ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.). Siegfried Hausner erlag Verletzungen, die er während der Geiselnahme in der Deutschen Botschaft in Stockholm im April 1975 erlitten hatte (Fn. 8). Auch Katharina Hammerschmidt befand sich zunächst noch in Untersuchungshaft. Dort traten schon bald erste Symptome einer Krebserkrankung auf. Die von Hammerschmidt geäußerten gesundheitlichen Probleme wurden von den Gefängnisärzten aber nur unzureichend untersucht, weshalb der Tumor lange Zeit unerkannt blieb. Aufgrund der fortschreitenden Erkrankung wurde sie im Januar 1974 entlassen und starb schließlich Ende Juni 1975 in West-Berlin (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 196 ff.; Terhoeven, Deutscher Herbst in Europa, 2014, S. 329). Am Morgen des 9. Mai 1976 wurde schließlich Ulrike Meinhof tot in ihrer Zelle aufgefunden. Die Umstände ihres Todes - offiziell Suizid durch Erhängen - wurden, nicht zuletzt durch die Vertrauensverteidigung, erheblich angezweifelt (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 268 ff.). Der Angeklagte Raspe erklärte am 109. Verhandlungstag: „Wir glauben, daß Ulrike hingerichtet worden ist; wir wissen nicht, wie, aber wir wissen, von wem“ (S. 9609 des Protokolls der Hauptverhandlung). Auch für die anderen Tode machten die Angeklagten staatliche Akteure verantwortlich (s. dazu auch die Ausführungen von Andreas Baader auf S. 586 f., 6. Verhandlungstag).

[33] Der/Die Vorsitzende kann ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen von Amts wegen oder auf Antrag von Verfahrensbeteiligten selbst zurückweisen (§ 241 Abs. 2 StPO), oder bei Zweifeln die Entscheidung des Gerichts einholen (§ 242 StPO). Die Zurückweisung der Frage durch den/die Vorsitzende/n kann als unzulässig beanstandet werden, was ebenfalls die Entscheidung durch das Gericht zur Folge hat (§ 238 Abs. 2 StPO).

[34] § 242 StPO lautet zwar: „Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet in allen Fällen das Gericht.“ Allerdings kann der/die Vorsitzende ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen der Staatsanwaltschaft, der Angeklagten, der Verteidigung und der Schöff/innen bereits nach § 241 Abs. 2 StPO zurückweisen. Hiergegen kann nach § 238 Abs. 2 StPO - Beanstandung einer sachleitungsbezogenen Anordnung des/der Vorsitzenden - Entscheidung des Gerichts beantragt werden (siehe auch Gaede, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 1. Aufl. 2016, § 241 Rn. 36). § 242 StPO kommt insofern nur eine Auffangfunktion zu (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 242 Rn. 1). Anwendung findet § 242 StPO insbesondere bei Fragen von Beisitzer/innen, die der/die Vorsitzende nach § 241 Abs. 2 StPO nicht zurückweisen darf. Der/die Vorsitzende kann aber auch anstelle einer eigenen Entscheidung direkt eine Entscheidung des Gerichts nach § 242 StPO herbeiführen. Ob für den Fall, dass der/die Vorsitzende die Zurückweisung einer Frage ablehnt, § 242 StPO oder § 238 Abs. 2 StPO anzuwenden ist, wird nicht einheitlich beantwortet (§ 238 Abs. 2: Gaede, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 242 Rn. 1; § 242: Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 242 Rn. 1). In beiden Fällen ist jedoch das Gericht für die Entscheidung zuständig, sodass im Ergebnis kein Unterschied zwischen beiden Auffassungen besteht.

[35] § 69 StPO legt die Reihenfolge im Rahmen der Vernehmung zur Sache folgendermaßen fest: „Der Zeuge ist zu veranlassen, das, was ihm von dem Gegenstand seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang anzugeben“ (Abs. 1 Satz 1). „Zur Aufklärung und zur Vervollständigung der Aussage sowie zur Erforschung des Grundes, auf dem das Wissen des Zeugen beruht, sind nötigendenfalls weitere Fragen zu stellen“ (Abs. 2 a.F., heute Abs. 2 Satz 1).

[36] Eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit hatte nach damaliger Rechtslage zur Folge, dass der/die abgelehnte Richter/in vorläufig amtsunfähig wurde und damit ab dem Zeitpunkt der Ablehnung nicht mehr an Entscheidungen mitwirken durfte; eine Ausnahme galt nur für unaufschiebbare Handlungen (§ 29 StPO a.F.). Unaufschiebbar ist eine Handlung dann, wenn sie wegen ihrer Dringlichkeit nicht aufgeschoben werden kann, bis ein/e Ersatzrichter/in eintritt (BGH, Beschl. v. 3.4.2003 - Az.: 4 StR 506/02, BGHSt 48, S. 264, 265; BGH, Urteil vom 14.2.2002 - Az.: 4 StR 272/01, NStZ 2002, S. 429, 430). Nachdem zwischenzeitliche Gesetzesänderungen weitere Mitwirkungsmöglichkeiten u.a. bei in der Hauptverhandlung gestellten Ablehnungen ermöglichten, wurde das Verfahren nach einer Ablehnung durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2121) grundlegend neu geregelt. Nach § 29 Abs. 1 StPO sind zwar weiterhin nur unaufschiebbare Handlungen gestattet; die Hauptverhandlung wird aber nach § 29 Abs. 2 Satz 1 StPO gesetzlich als unaufschiebbar eingeordnet. Bis zur Entscheidung über die Ablehnung (Frist: zwei Wochen, Abs. 3) findet diese nun unter Mitwirkung des/der abgelehnten Richter/in statt. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, ist der seit Anbringung des Ablehnungsgesuchs durchgeführte Teil der Hauptverhandlung zu wiederholen, es sei denn, dies ist nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand möglich (Abs. 4).

[37] Die Revision ist ein Rechtsmittel gegen Urteile, mit welchem Rechtsfehler, d.h. die Nicht- oder Falschanwendung einer Rechtsnorm, gerügt werden können (§ 337 StPO). In der Regel muss zudem dargelegt werden, dass das Urteil gerade auf diesem Rechtsfehler beruht („relative Revisionsgründe“), dass also nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei korrekter Anwendung der Rechtsnorm eine andere Entscheidung ergangen wäre (Gericke, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 337 Rn. 33 ff.). Die Verletzung der zwingenden Vorgabe in § 69 Abs. 1 Satz 1 StPO („Der Zeuge ist zu veranlassen, das, was ihm von dem Gegenstand seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhang anzugeben“) kann im Rahmen der Revision gerügt werden. Ob die Verletzung dieses Grundsatzes allein für eine erfolgreiche Revision ausreicht, oder ob gleichzeitig eine sog. Aufklärungsrüge (Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO) erhoben werden muss, ist umstritten; es darf jedenfalls nicht ausgeschlossen sein, dass die Verletzung der Vorschrift die Wahrheitserforschung beeinträchtigt hat, da ansonsten das Urteil schon nicht auf der Verletzung beruhen kann (Slawik, in Hannich [Hrsg], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessodnung, 8. Aufl. 2019, § 69 Rn. 8).

[38] Der Grund, aus welchem Richter/innen abgelehnt werden, muss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht sie für überwiegend wahrscheinlich hält (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 26 Rn. 7). Die Glaubhaftmachung erfordert damit eine geringere Form der Überzeugung als der sog. Vollbeweis. Die Glaubhaftmachung genügt nur dort, wo das Gesetz sie ausdrücklich zulässt. Mittel der Glaubhaftmachung kann auch das Zeugnis des/der abgelehnten Richter/in sein (§ 26 Abs. 2 Satz 3 StPO).

[39] Die Ablehnung ist nach § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO als unzulässig zu verwerfen, wenn „durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen“.

[40] Am Morgen des 9. Mai 1976 wurde Ulrike Meinhof tot in ihrer Zelle aufgefunden. Nach der öffentlichen Bekanntgabe, Ulrike Meinhof habe Selbstmord begangen, entstanden in mehreren deutschen Städten Proteste. In anderen europäischen Ländern wurden deutsche Einrichtungen angegriffen. Die übrigen RAF-Insass/innen sowie weitere Sympathisant/innen und Unterstützer/innen gingen von einem Mord aus. Meinhofs Tod wurde damit zu einem auch medial breit diskutierten Ereignis. Auf Druck u.a. von Meinhofs Angehörigen wurde schließlich eine Nachobduktion durchgeführt, die jedoch zu keinem eindeutigen Ergebnis führte. Außerdem nahm sich eine internationale Untersuchungskommission des Falls an. Sie bestand überwiegend aus Jurist/innen, Ärzt/innen und Journalist/innen aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Dänemark; unter den Mitgliedern befanden sich auch bekannte Persönlichkeiten wie etwa Simone de Beauvoir. In ihrem Bericht aus dem Jahr 1978 kam die Kommission zu dem Schluss, dass ein Selbstmord Meinhofs nicht erwiesen sei. Gegenteilige Beweise erbrachte die Kommission allerdings ebenfalls nicht. Die genauen Umstände von Meinhofs Tod blieben weiterhin umstritten (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 394 ff.; Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 268 ff.; März, Linker Protest nach dem Deutschen Herbst, 2012, S. 159 ff.; Terhoeven, Deutscher Herbst in Europa, 2014, S. 398 ff.; zum Bericht der Kommission s. Internationale Untersuchungskommission zum Tode Ulrike Meinhofs, Der Tod Ulrike Meinhofs: Bericht der Internationalen Untersuchungskommission, 1979).

[41] Am 11. Mai 1972 detonierten im sog. I.G.-Farben-Hochhaus, dem Hauptquartier des 5. US-Corps, in Frankfurt a.M. 3 Sprengkörper. Dabei wurde eine Person getötet und eine andere in nahe Lebensgefahr gebracht; weitere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977, 2 StE 1/74, S. 1 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 65. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[42] Am 24. Mai 1972 explodierten in Heidelberg auf dem Gelände des Hauptquartiers der 7. US-Armee und der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR) zwei zuvor dorthin verbrachte Kraftfahrzeuge. Hierbei kamen drei amerikanische Soldaten ums Leben, weitere Personen gerieten in Lebensgefahr oder wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 28 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 74. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[43] Über diesen Entführungsplan ist nur wenig bekannt; umgesetzt werden konnte er aufgrund der zuvorkommenden Verhaftungen nicht mehr (Auf Bewährung, in Die Welt, 26.3.2007, abrufbar unter https://www.welt.de/welt_print/article777860/Auf-Bewaehrung.html, zuletzt abgerufen am: 18.10.2021; Aust, Der Schuss der die Republik veränderte, in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.5.2009, abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/die-akte-kurras-der-schuss-der-die-republik-veraenderte-1803405-p2.html, zuletzt abgerufen am: 18.10..2021).

[44] In Anlehnung an amerikanische Vorbilder und zunächst mit dem unmittelbaren Ziel einer Hochschulreform entstand Mitte der 1960er Jahre in Berlin eine studentische Bewegung, die mit Protesten und Demonstrationen auf sich aufmerksam machte und sich rasch auch in anderen westdeutschen Städten formierte. Die Kritik der Studierenden richtete sich bald sowohl gegen den Vietnam-Krieg als auch gegen die mediale Monopolstellung des Axel-Springer-Verlags, die Verdrängung der nationalsozialistischen Vergangenheit und die geplante Notstandsgesetzgebung. Gleichzeitig griffen Studierende tradierte Wertvorstellungen der westdeutschen Gesellschaft an. Als eine der treibenden Kräfte innerhalb der entstehenden Außerparlamentarischen Opposition wurde die Studentenbewegung in den folgenden Jahren zu einer wesentlichen gesellschaftlichen Stimme. Nach einer Radikalisierungswelle in Teilen der Bewegung infolge der Ermordung des Studenten Benno Ohnesorgs am 2. Juni 1967 sowie des Attentats auf den Studentenführer Rudi Dutschke im April 1968 erreichten die Proteste ihren Höhepunkt. In der darauffolgenden Zeit zerfiel die Bewegung jedoch mehr und mehr in verschiedene Splittergruppen (Frei, 1968, 2008, S. 112 ff., 141ff.; Herbert, Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, 2014, 849 ff.; Straßner, Historisch-Politische Mitteilungen 14, 2007, S. 99, 102 ff.).

[45] Innerhalb der Studentenbewegung nahm die Kritik am Vietnamkrieg seit 1966/67 an Bedeutung für die Politisierung und schließlich auch Radikalisierung zu. Der Vietnamkrieg bildete über den unmittelbaren Konflikt hinaus den Ausgangspunkt für weitgreifende Kritik am Imperialismus, aber auch Hoffnungen auf den Erfolg revolutionärer Befreiungsbewegungen im Kampf gegen den Kapitalismus. Darüber hinaus bildeten Vergleiche zwischen Vietnamkrieg und dem Holocaust zentrale Motive innerhalb der Neuen Linken. Durch diese globale Verknüpfung sahen sich Vertreter/innen der Studentenbewegung immer mehr als Teil und Unterstützer einer weltweiten Befreiungsbewegung und bauten ihre Verbindungen zu internationalen Gruppen und Organisationen aus. Im Laufe der Jahre 1967 und 1968 bildeten sich auf Grundlage dieser Entwicklungen neue Aktionsformen heraus, die den Schritt vom Protest zum militanteren Widerstand vollzogen. Dabei entfernten sich diejenigen, die Gewalt als legitimes Mittel der Auseinandersetzung verstanden, zunehmend vom Rest der Außerparlamentarischen Opposition (Klimke/Mausbach, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 620, 623 ff.; Kraushaar, Die blinden Flecken der 68er Bewegung, 2018, S. 262 ff.; Schmidtke, Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft Vol. 17, 1998, S. 188, 202 ff.; Siegfried, 1968, 2018, S. 163 f., 201 ff.).

[46] Am 12. Mai 1972 detonierten drei Sprengkörper in der Polizeidirektion Augsburg. Mehrere Personen wurden hierbei verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 6 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 85. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[47] Am 12. Mai 1972 explodierte in München auf dem Parkplatz des Bayrischen Landeskriminalamts eine mit Sprengstoff gefüllte Gasflasche. Mehrere Personen wurden verletzt, es entstand zudem ein erheblicher Sachschaden (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 9 ff.). Dieser Vorgang war ab dem 87. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[48] Am 15.5.1972 fand in Karlsruhe ein Anschlag auf den damaligen Richter am Bundesgerichtshof Buddenberg statt, dessen Auto mit einer Sprengvorrichtung versehen wurde. Bei der Explosion wurde seine Frau schwer verletzt. Dieser Vorgang war am 96. und 97. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[49] Die 20-jährige Petra Schelm starb am 15. Juli 1971 in Hamburg. Sie entkam in ihrem Auto zunächst einer Polizeisperre und flüchtete schließlich, nachdem sie durch ein weiteres Polizeifahrzeug gestoppt werden konnte, mit ihrem Begleiter Werner Hoppe zu Fuß vor der Polizei. Bei einem Schusswechsel mit zwei Polizeibeamten wurde sie durch einen Kopfschuss getötet. Sie war das erste Todesopfer aus den Reihen der RAF. Ihr Tod löste nach Angaben von Mitgliedern eine Radikalisierung der Gruppe aus (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 312 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 29; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 64). Das „Kommando Petra Schelm“ bekannte sich in einer Erklärung vom 14. Mai 1972 zu dem Sprengstoffanschlag auf das I.G.-Farben-Hochhaus in Frankfurt a.M. am 11. Mai 1972. Die Erklärung ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 145).

[50] Thomas Weisbecker starb am 2. März 1972 in Augsburg. Erst im Juli 1971 war er mit Angela Luther von den Tupamaros West-Berlin zur RAF übergetreten. Weisbecker wurde bereits seit dem 14. Februar 1972 observiert. Die genauen Umstände von Weisbeckers Tod wurden nie geklärt. Bekannt ist nur, dass Weisbecker, der vermutlich bewaffnet war, am Nachmittag des 2. März von zwei Polizeibeamten verfolgt und dann von einem der beiden erschossen wurde. Weisbecker gehörte mit Petra Schelm und Georg von Rauch zu den ersten Opfern der RAF und galt fortan als Ikone der RAF (s. die Beiträge von König und Wunschik in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 430, 459 f., 464 ff., bzw. S. 531, 546 ff.). Das „Kommando Thomas Weisbecker“ bekannte sich in einer Erklärung vom 16 Mai 1972 zu den Sprengstoffanschlägen in Augsburg und München am 12. Mai 1972. Sie ist abgedruckt in ID-Verlag (Hrsg.), Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, S. 145 f.

[51] Im zwölfstöckigen Verlagshaus Springer in Hamburg detonierten am 19. Mai 1972 zwei Sprengkörper; drei weitere Bomben, die nicht zündeten, wurden am Abend und am nächsten Tag gefunden. Mehrere Personen wurden verletzt (Feststellungen des OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1977 - Az.: 2 StE 1/74, S. 18 ff.; Peters, RAF, 1991, S. 121). Der Vorgang war ab dem 100. Verhandlungstag Gegenstand der Beweisaufnahme.

[52] Erlangt die Rechtsanwaltskammer Kenntnis über berufsrechtliche Pflichtverletzungen von Anwält/innen, so kann sie entweder - falls die Schuld nur gering ist - selbst eine Rüge aussprechen (§ 74 Bundesrechtsanwaltsordnung [BRAO]), oder bei der Staatsanwaltschaft die Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens (früher „Ehrengerichtsverfahren“) beantragen (§ 122 BRAO). Durch Einreichen einer Anschuldigungsschrift bei dem zuständigen Anwaltsgericht kann diese das Verfahren einleiten (§ 121 BRAO). Das Gericht kann verschiedene Maßnahmen gegen den Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin verhängen; diese reichen - je nach Schwere des Verstoßes - von einer Warnung (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) bis zum Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO a.F.; heute: § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO). Gegen die Verteidiger/innen in den RAF-Prozessen wurden zahlreiche solcher Ehrengerichtsverfahren eingeleitet (s. dazu etwa das Interview mit von Plottnitz, in Diewald-Kerkmann/Holtey [Hrsg.], Zwischen den Fronten, 2013, S. 91, 95 f.; s. auch die Dokumentation von Ehrengerichtsverfahren von Spangenberg, Kritische Justiz 1976, S. 202).

[53] S. Fn. 19.

[54] Am 27.3.1972 ging bei der dpa ein anonymer Brief ein. Darin befand sich das Foto einer Frau, die offenbar mit Teer überschüttet worden war, sowie ein Zettel mit den Worten „Das ist Edelgard G*. Diese Denunziantin steckt mit den Killerschweinen unter einer Decke. Es lebe die RAF!“ (zit. nach RAF-Serie [IV]: Im Untergrund, in DER SPIEGEL, Ausgabe 40/2007 vom 30.9.2007, S. 78, abrufbar unter https://www.spiegel.de/politik/verraeter-und-verschwundene-a-84e1815d-0002-0001-0000-000053135553?context=issue, zuletzt abgerufen am: 18.10.2021 [* der Nachname wurde durch die Spiegel-Redaktion gekürzt]).

[55] Am 24. April 1975 überfiel das RAF-Kommando „Holger Meins“ die deutsche Botschaft in Stockholm und forderte die Freilassung von 26 inhaftierten RAF-Mitgliedern, darunter von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof. Dem Kommando gehörten Karl-Heinz Dellwo, Siegfried Hausner, Hanna Krabbe, Bernhard Rössner, Lutz Taufer und Ulrich Wessel an. Zur Durchsetzung ihrer Forderungen nahmen sie zwölf Geiseln, von denen sie zwei erschossen. Anders als zwei Monate zuvor bei der Lorenz-Entführung durch die Bewegung 2. Juni lehnte die Bundesregierung nun Verhandlungen mit den Geiselnehmer/innen ab. Ihr Ende fand die Geiselnahme durch eine nicht geklärte Sprengstoffexplosion im Inneren des Botschaftsgebäudes, die sich noch vor dem Zugriff schwedischer Sicherheitskräfte ereignete. Bei der Explosion wurde Ulrich Wessel tödlich verletzt. Siegfried Hausner erlag seinen Verletzungen Anfang Mai 1975 in der JVA Stuttgart-Stammheim. Die übrigen vier Geiselnehmer/innen wurden verhaftet und am 20. Juli 1977 zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt (Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 361 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 69).

[56] Die Formulierung „Zeug/innen der Anklage“ bzw. „Zeug/innen der Verteidigung“ geht von einem adversatorischen Strafprozess aus, in welchem die Prozessbeteiligten, die sich als zwei Parteien gegenüberstehen, für die Beschaffung der ihnen günstigen Beweise selbst verantwortlich sind (Eser, in Schroeder/Kudtratov [Hrsg.], Die strafprozessuale Hauptverhandlung zwischen inquisitorischem und adversatorischem Modell, 2014, S. 11, 12 f.); dies ist im deutschen Strafprozess nicht der Fall. Vielmehr gilt hier der Untersuchungsgrundsatz, wonach das Gericht von Amts wegen zur umfassenden Wahrheitsermittlung verpflichtet ist (§ 244 Abs. 2 StPO). Zeug/innen werden daher auch im Falle positiv beschiedener Beweisanträge durch den/die Vorsitzende/n geladen (§ 214 Abs. 1 StPO). Zudem stehen sich Anklagebehörde und Angeklagte nicht als „zwei Parteien“ mit gegenläufigen Interessen gegenüber: Die Staatsanwaltschaft hat gem. § 160 Abs. 2 StPO „nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln“. Sie wird daher auch - häufig ironisch - die „objektivste Behörde der Welt“ genannt (ursprünglich zurückgehend auf ein Zitat von Franz von Liszt aus dem Jahr 1901, s. den Vortrag vor dem Berliner Anwaltsverein, DJZ 1901, S. 179, 180).

[57] § 178 GVG ermöglicht bei ungebührlichem Verhalten die die Verhängung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft.

[58] § 33 Abs. 1 StPO enthält den allgemeinen Grundsatz, dass vor einer Entscheidung des Gerichts, die im Laufe der Hauptverhandlung ergeht, sämtlichen Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren ist. Danach wäre es konsequent, auch die Verteidigung anzuhören, da § 33 Abs 1 StPO allgemein von einer Entscheidung des Gerichts spricht und insoweit keine Einschränkung enthält (in diese Richtung Dünnebier, in in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 1, 22. Aufl. 1972, § 33 Anm. II Rn. 2). Jedoch wurde und wird vertreten, dass auf Entscheidungen nach § 178 GVG die Vorschrift des § 33 StPO keine Anwendung finde, weil es sich dabei um eine sitzungspolizeiliche Maßnahme handle (Kleinknecht, in Kleinknecht, Strafprozessordnung, 32. Aufl. 1975, § 178 GVG Rn. 8; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 178 GVG Rn. 15). Teilweise wurde auch ohne nähere Begründung vertreten, dass jedenfalls der/die Angeklagte bei Bestrafung anderer Personen nicht gehört werden müsse (Schäfer, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 3, 22. Aufl. 1974, § 178 GVG Anm. IV Rn. 4).

[59] Die Bewegung 2. Juni gründete sich im Jahr 1972. Sie war unmittelbar aus den Tupamaros West-Berlin und München sowie der Schwarzen Hilfe hervorgegangen, bestand jedoch auch aus ehemaligen Mitgliedern anderer Gruppierungen der Berliner Subkultur. Ihren Namen trug die Bewegung in Anlehnung an den Todestag des Studenten Benno Ohnesorgs am 2. Juni 1967. Sie machte mit Aktionen auf sich aufmerksam, die ihr teilweise den Namen einer „Spaßguerilla“ einbrachten. Allerdings schreckte sie auch nicht vor Entführungen oder Morden wie im Fall des Kammgerichtspräsidenten von Drenkmann zurück. Im Gegensatz zur RAF operierte die Bewegung jedoch nicht aus dem Untergrund, blieb auf West-Berlin beschränkt und ging bei ihrer Bekämpfung des „kapitalistischen Systems“ weniger planvoll vor. Gleichzeitig bestanden jedoch teils enge, auch personelle Verbindungen zur RAF. Nach einer Verhaftungswelle im Jahr 1975 konnten im Juli 1976 drei Mitglieder der Bewegung aus ihrem Gefängnis in Berlin flüchten und in der Folgezeit noch einmal terroristische Aktivitäten entfalten, darunter die Entführung des Millionärs Walter Palmer (Korndörfer, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 237 ff., 245 ff.; Wunschik, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 531 f., 541 ff.).

[60] Die Tupamaros München (TM) waren eine militante Gruppe der linken Münchner Szene, die in der Form des auch von der RAF angestrebten Stadtguerilla-Konzepts zwischen 1969 und 1971 Anschläge in München verübte. Sie war kurz nach den Tupamaros West-Berlin 1969 und wie diese in Anlehnung an die Tupamaros in Uruguay entstanden. Bekannte Mitglieder der TM waren Fritz Teufel, Brigitte Mohnhaupt, Irmgard Möller und Rolf Heißler (Sturm, in Weinhauer/Requate/Haupt[Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 99, 100 ff.).

[61] Das Sozialistische Patientenkollektiv (SPK) war eine 1970 gegründete Gruppe von Patient/innen des Heidelberger Arztes Wolfgang Huber. Das SPK übte Kritik an zeitgenössischen Psychiatrieformen und einer als krankmachend empfundenen kapitalistischen Gesellschaft. Dagegen setzte die Gruppe auf antiautoritäre Therapien und Forderungen nach einer revolutionären Umgestaltung der Gesellschaft. Im Sommer 1971 wurden acht Mitglieder des SPK unter dem Verdacht der RAF-Unterstützung und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verhaftet. Ab November 1972 folgten Prozesse u.a. wegen Sprengstoffherstellung und Urkundenfälschung. Besondere Bekanntheit erlangte das SPK darüber hinaus durch den Übertritt einiger seiner Mitglieder in die Reihen der RAF (Brink, in Weinhauer/Requate/Haupt [Hrsg.], Terrorismus in der Bundesrepublik, 2006, S. 134, 137 f.; Forsbach, Die 68er und die Medizin, 2011, S. 90 ff.).

[62] Während des zweiten Hungerstreiks, in den inhaftierte RAF-Mitglieder von Anfang Mai bis Ende Juni 1973 traten, wurde Andreas Baader, zu dieser Zeit in der JVA Schwalmstadt untergebracht, zeitweise das Trinkwasser entzogen. Auf Nachfrage der Presse bestätigte das hessische Justizministerium dies, wies allerdings darauf hin, dass ihm stattdessen Milch zur Verfügung gestellt werde (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 121; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 171 f.).

[63] S. bereits Fn. 10.

[64] Mit „Trakt“, auch „Toter Trakt“, bezeichneten die Angeklagten einen isolierten Trakt innerhalb einer JVA. In der JVA Köln-Ossendorf befand sich ein solcher Trakt in der psychiatrischen Frauenabteilung, in der zunächst Astrid Proll untergebracht war, später auch Ulrike Meinhof, bevor sie im April 1974 nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurde. Im Februar 1974 wurde auch Gudrun Ensslin für zwei Monate nach Köln-Ossendorf verlegt (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff.). S. zu den Haftbedingungen in Köln-Ossendorf Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 95 ff.

[65] Astrid Proll war seit ihrer Verhaftung im Mai 1971 in der JVA Köln-Ossendorf untergebracht, zunächst im Hafthaus für weibliche erwachsene Gefangene, später, ab dem 22. November 1971, mehrfach im als „toter Trakt“ bezeichneten isolierten Bereich in der psychiatrischen Frauenabteilung der JVA. Im Herbst 1973 musste das Verfahren gegen Astrid Proll vor dem LG Frankfurt unterbrochen werden. Sie wurde im Februar 1974 wegen Haftunfähigkeit aufgrund ihres sich stark verschlechterten Gesundheitszustandes entlassen (Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 97 ff., 125 f.).

[66] Ulrike Meinhof saß nach ihrer Verhaftung am 15. Juni 1972 zunächst in Köln-Ossendorf in Untersuchungshaft, bevor sie im April 1974 nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurde. In Köln-Ossendorf war sie für ca. 8 Monate in dem als „toter Trakt“ bezeichneten isolierten Bereich in der psychiatrischen Frauenabteilung der JVA untergebracht (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff.). Meinhof beschrieb den Zustand im Trakt mit den Worten: „Das Gefühl, es explodiert einem der Kopf (das Gefühl, die Schädeldecke müsste eigentlich zerreißen, abplatzen) - das Gefühl, es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepresst [...]. das Gefühl, die Zelle fährt [...] rasende Aggressivität, für die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Bewußtsein, daß man keine Überlebenschance hat [...]“ (Erklärung von Ulrike Meinhof, abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 103 ff.; s. auch die Ausführungen im Antrag der Angeklagten am 5. Verhandlungstag, Anlage 1 zum Protokoll vom 12.6.1975, insbes. die S. 425 ff. des Protokolls bzw. 20 ff. der Anlage).

[67] Zeug/innen sind grundsätzlich zur Aussage vor Gericht verpflichtet (seit 2009 explizit in § 48 Abs. 1 Satz 2 StPO geregelt; zuvor war dies bereits als allgemeine staatsbürgerliche Pflicht angesehen, s. BVerfG, Beschl. v. 10.10.1978 - 2 BvL 3/78, BVerfGE 49, S. 280, 284). Nach § 70 Abs. 1 StPO können Zeug/innen, die sich ohne gesetzlichen Grund weigern auszusagen, die hierdurch verursachten Kosten auferlegt werden, außerdem wird ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, gegen sie festgesetzt. Nach § 70 Abs. 2 StPO kann zur Erzwingung des Zeugnisses auch die Haft von bis zu 6 Monaten angeordnet werden.

[68] 1974 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das Recht auf ein faires Verfahren verlange, Zeug/innen grundsätzlich das Recht zuzugestehen, einen Rechtsbeistand des Vertrauens zur Vernehmung hinzuzuziehen, wenn sie es für die Wahrnehmung ihrer prozessualen Befugnisse erforderlich hielten. Insbesondere die Lage derjenigen Zeug/innen, die sich durch ihre Aussage der eigenen Strafverfolgung aussetzen könnten, sei mit der Lage von Beschuldigten in einem Strafverfahren vergleichbar (BVerfG, Beschl. v. 8.10.1974 - Az.: 2 BvR 747/73, BVerfGE 38, S. 105, 112 ff.). Inzwischen ist dieses Recht gesetzlich in § 68b StPO verankert.

[69] Rechtsanwalt Horst Mahler war ein führendes Mitglied der ersten RAF-Generation. Seine zentrale Rolle bei der Entstehung der RAF ist jedoch gegenüber den hier Angeklagten Baader, Ensslin und Meinhof in den Hintergrund gerückt. Er war maßgeblich an der Vorbereitung der als „Geburtsstunde der RAF“ bezeichneten Befreiung Baaders aus der Haft im Mai 1970 beteiligt. Im September 1970 überfiel er u.a. zusammen mit Andreas Baader und Irene Goergens eine Bank in West-Berlin; bereits eine Woche später wurde er verhaftet. Im Jahr 1972 begann der Prozess gegen ihn vor dem Kammergericht Berlin wegen gemeinschaftlich begangenen Raubes in Tateinheit mit der Gründung einer kriminellen Vereinigung. Im Februar 1973 wurde er zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwölf Jahren verurteilt. Unter Einbeziehung dieser Strafe wurde er im November 1974 aufgrund seiner Beteiligung an der Baader-Befreiung zu einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Zwischen Mahler und dem Führungsduo Baader/Ensslin ergaben sich immer wieder Differenzen. Spätestens mit der Ablehnung seiner Freilassung im Austausch gegen den im Februar 1975 entführten Politiker Peter Lorenz sagte er sich endgültig von der RAF los. Nach seiner Haftentlassung im Jahr 1980 durchlief Mahler eine radikale politische Kehrtwende. Ende der 90er Jahre bekannte er sich erstmals öffentlich zum Rechtsradikalismus, im Jahr 2000 trat er in die NPD ein. Wegen antisemitischer Hetze wurde er mehrfach wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt (Jander, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 372 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 40 ff., 53, 67 f.).

[70] Rechtsanwalt Siegfried Haag, der ursprünglich Andreas Baader als Pflichtverteidiger beigeordnet war, wurde wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung vorläufig festgenommen, seine Kanzlei- und Wohnräume wurden durchsucht. Der beim Bundesgerichtshof beantragte Haftbefehl wurde zunächst abgelehnt. Als er im Beschwerdeverfahren schließlich erteilt wurde, war Haag bereits untergetaucht und hatte sich der RAF angeschlossen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 212 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 69; s. auch die Presseerklärung Haags in Anlage 1 zum Protokoll vom 21.5.1975, S. 12 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Zusammen mit Roland Mayer und weiteren Unterstützer/innen versuchte er in der sogenannten Haag-Mayer-Bande, die RAF neu zu formieren. Mit ihrer Festnahme fand die Gruppe im November 1976 jedoch ein jähes Ende. Die bei der Verhaftung beschlagnahmten Haag-Mayer-Papiere enthielten verschlüsselte Anschlagspläne. Die Entschlüsselung der Papiere gelang jedoch erst nach und nach mit der Umsetzung der Pläne durch die zweite RAF-Generation (Kraushaar, Verena Becker und der Verfassungsschutz, 2010, S. 68 ff.; Kraushaar, Die blinden Flecken der RAF, 2017, S. 185 f., 193 ff., 205 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 371 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion. 14.5.1970 bis 20.4.1998, 3. Aufl. 2011, S. 60 f.).

[71] Rechtsanwalt Jörg Lang wurde im Juli 1972 wegen des Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verhaftet, nach vier Monaten in Untersuchungshaft jedoch wieder entlassen. Bevor die Hauptverhandlung gegen ihn eröffnet werden konnte, tauchte er im Jahr 1974 unter (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 71 f.; s. auch die dort in Kapitel V En. 4, S. 569 ff. abgedruckte Presseerklärung). Erst nachdem die Vorwürfe gegen ihn verjährt waren, reiste er - wohl aus dem Libanon - wieder zurück in die Bundesrepublik ein (DER SPIEGEL Ausgabe 26/1982 vom 28.6.1982, S. 78).

[72] Rechtsanwalt Eberhard Becker ging Ende 1973 in den Untergrund und schloss sich der RAF an. Am 4. Februar 1974 wurde er zusammen mit Christa Eckes, Helmut Pohl und Ilse Stachowiak in Hamburg verhaftet. Das LG Hamburg verurteilt ihn am 28. September 1976 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren und sechs Monaten (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 116, 122; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 835).

[73] S. Fn. 58.


[a] Maschinell eingefügt: und

[b] Maschinell ersetzt: Sie durch Ist

[c] Maschinell eingefügt: mit

[d] Maschinell eingefügt: (als Vertr.v.RA Schily)

[e] Handschriftlich ersetzt: erfunden durch empfunden

[f] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch den

[g] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[h] Maschinell durchgestrichen: ein

[i] Maschinell ergänzt: erscheint

[j] Maschinell eingefügt: RA Dr. He.: Ja, mindestens als Beanstandung.

[k] Maschinell ersetzt: die durch eine

[l] Maschinell durchgestrichen: jetzt

[m] Maschinell eingefügt: nicht

[n] Maschinell eingefügt: nicht

[o] Maschinell ersetzt: mit durch in

[p] Handschriftlich ersetzt: entscheiden durch entscheidet

[q] Maschinell eingefügt: Bei

[r] Maschinell ersetzt: mit dem durch damit

[s] Maschinell eingefügt: nicht

[t] Maschinell durchgestrichen: in

[u] Maschinell eingefügt: RA.Dr.Te.: „Ist zu veranlassen.“

[v] Maschinell durchgestrichen: im

[w] Handschriftlich durchgestrichen: genauen

[x] Maschinell eingefügt: nun

[y] Handschriftlich ersetzt: des durch der

[z] Maschinell durchgestrichen: ich

[aa] Maschinell eingefügt: RA.Dr.Te.: Herr Vorsitzender ...

[bb] Maschinell ersetzt: anwesend durch mehr anwesend

[cc] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[dd] Handschriftlich ergänzt: können

[ee] Handschriftlich ergänzt: Aktionen

[ff] Handschriftlich durchgestrichen: träumen

[gg] Maschinell ersetzt: der durch dieser

[hh] Maschinell ersetzt: er durch da

[ii] Maschinell eingefügt: es

[jj] Handschriftlich ersetzt: es durch das

[kk] Maschinell ersetzt: ... durch was ich hier mache.

[ll] Maschinell eingefügt: wirklich

[mm] Maschinell eingefügt: Ihre

[nn] Maschinell eingefügt: natürlich

[oo] Handschriftlich durchgestrichen: kenne diese

[pp] Maschinell eingefügt: auch

[qq] Maschinell ersetzt: ... durch und den Begriff ...

[rr] Maschinell ersetzt: ... durch oder wieder das Wort einfach ergriffen?

[ss] Maschinell eingefügt: RA.Dr. He.: Gut!

[tt] Maschinell durchgestrichen: ab

[uu] Handschriftlich ergänzt: gegenüber

[vv] Handschriftlich ergänzt: Standesorganisationen beschäftigen

[ww] Handschriftlich ergänzt: sollten

[xx] Maschinell ersetzt: ist in durch es

[yy] Handschriftlich ergänzt: etwas

[zz] Handschriftlich ergänzt: Prozeßäußerungen

[aaa] Handschriftlich ergänzt: Prozeßerscheinungen

[bbb] Maschinell eingefügt: doch

[ccc] Handschriftlich durchgestrichen: doch

[ddd] Maschinell eingefügt: Und

[eee] Maschinell eingefügt: zu

[fff] Maschinell ersetzt: anwesend durch wieder anwesend

[ggg] Handschriftlich durchgestrichen: ein

[hhh] Maschinell ersetzt: Vorgang durch Form

[iii] Handschriftlich ergänzt: gebraucht

[jjj] Handschriftlich eingefügt: des

[kkk] Handschriftlich eingefügt: hab

[lll] Maschinell ersetzt: erzählt durch dazu gesagt

[mmm] Handschriftlich eingefügt: dran

[nnn] Maschinell eingefügt: es

[ooo] Handschriftlich durchgestrichen: in

[ppp] Handschriftlich durchgestrichen: Bedingungen

[qqq] Handschriftlich durchgestrichen: Sachen

[rrr] Handschriftlich ersetzt: verantwortet durch beantwortet

[sss] Handschriftlich ersetzt: was durch weiß

[ttt] Handschriftlich ersetzt: man durch nur

[uuu] Handschriftlich ersetzt: gab durch waren

[vvv] Handschriftlich ersetzt: verlaufen durch gelaufen

[www] Handschriftlich durchgestrichen: das

[xxx] Maschinell durchgestrichen: beteiligten

[yyy] Maschinell eingefügt: und

[zzz] Maschinell eingefügt: so

[aaaa] Handschriftlich ersetzt: sie durch die

[bbbb] Maschinell eingefügt: hierarchische

[cccc] Handschriftlich ersetzt: wenn durch daß

[dddd] Handschriftlich eingefügt: schon

[eeee] Maschinell eingefügt: einen

[ffff] Handschriftlich ersetzt: den durch indem

[gggg] Handschriftlich durchgestrichen: es

[hhhh] Handschriftlich eingefügt: in

[iiii] Handschriftlich eingefügt: ich

[jjjj] Handschriftlich ersetzt: daß durch was

[kkkk] Maschinell eingefügt: zu

[llll] Handschriftlich eingefügt: auf

[mmmm] Handschriftlich durchgestrichen: Ihre Bemühungen.

[nnnn] Maschinell eingefügt: schriftlichen

[oooo] Maschinell eingefügt: Es ist

[pppp] Handschriftlich ersetzt: der durch ich

[qqqq] Handschriftlich eingefügt: nicht

[rrrr] Handschriftlich ergänzt: Betroffenen

[ssss] Handschriftlich eingefügt: das

[tttt] Maschinell ersetzt: Frage durch Sache

[uuuu] Handschriftlich ersetzt: einem durch dem

[vvvv] Handschriftlich ergänzt: dazu

[wwww] Handschriftlich eingefügt: das

[xxxx] Maschinell eingefügt: Und

[yyyy] Maschinell eingefügt: auch

[zzzz] Handschriftlich ersetzt: sie durch die

[aaaaa] Maschinell eingefügt: es

[bbbbb] Handschriftlich durchgestrichen: eine

[ccccc] Maschinell eingefügt: eine völlig

[ddddd] Handschriftlich ergänzt: Informationen

[eeeee] Handschriftlich ergänzt: waren

[fffff] Maschinell ersetzt: als durch das ist

[ggggg] Maschinell ersetzt: auch für die durch offene

[hhhhh] Maschinell eingefügt: D.h.

[iiiii] Maschinell ersetzt: das ist durch dieses

[jjjjj] Maschinell ersetzt: daß durch dann

[kkkkk] Maschinell eingefügt: RA.Dr.He.: Ja, dann brauchen Sie’s auch nicht.

[lllll] Maschinell durch * eingefügt: Zg.Mohnh.: Ja doch, doch ich mach’s.

[mmmmm] Maschinell eingefügt: sich

[nnnnn] Handschriftlich durchgestrichen: sich

[ooooo] Maschinell eingefügt: Die Beziehung des Herrn Hoff

[ppppp] Maschinell eingefügt: der nicht stimmen kann

[qqqqq] Maschinell durchgestrichen: er

[rrrrr] Maschinell eingefügt: dann

[sssss] Handschriftlich durchgestrichen: auch

[ttttt] Maschinell durchgestrichen: Zeuge der

[uuuuu] Handschriftlich ersetzt: Das durch Es

[vvvvv] Maschinell eingefügt: zur Diskussion

[wwwww] Maschinell ersetzt: denen durch dem

[xxxxx] Maschinell ersetzt: das durch was

[yyyyy] Handschriftlich durchgestrichen: reale

[zzzzz] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch bestanden

[aaaaaa] Handschriftlich durchgestrichen: daß

[bbbbbb] Handschriftlich durchgestrichen: also

[cccccc] Maschinell ersetzt: sind durch sich

[dddddd] Handschriftlich durchgestrichen: aber

[eeeeee] Maschinell eingefügt: Kanal

[ffffff] Maschinell ersetzt: Kommt durch Dann ist

[gggggg] Maschinell durchgestrichen: im

[hhhhhh] Handschriftlich eingefügt: ist

[iiiiii] Handschriftlich ersetzt: den durch der

[jjjjjj] Maschinell ergänzt: zurückzustellen

[kkkkkk] Handschriftlich ersetzt: also durch als

[llllll] Maschinell eingefügt: im allseitigen Einvernehmen

[mmmmmm] Maschinell ersetzt: Herr durch anwesend der

[nnnnnn] Handschriftlich ergänzt: zuzurechnende