117. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 8. Juni 1976 um 14.02 Uhr



[9938] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 8. Juni 1976 um 14.02 Uhr.

(117. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

JOS. Janetzko

J. Ass. Clemens

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind erschienen:

Rechtsanwälte Künzel, Schnabel, RA Dr.[a] Holoch (als amtl. bestellter Vertreter von RA Schwarz), Eggler, RA Herzberg (als ministeriell bestellter Vertreter von RA Schlaegel) und Grigat.

Als Zeugen sind erschienen:

KOK Helmut Huwe

KOM Ernst Wiener

KHM Wolfgang Neumeyer

KHM Jürgen Garbotz

Als Sachverständiger ist erschienen:

Dipl. Psych. Manfred Hecker

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Die Verteidigung ist gewährleistet. Entschuldigungen ausgebliebener Verteidiger[2] liegen nicht vor. Zunächst wieder einige Bekanntgaben:

Die auf Donnerstag geladene Zeugin Baader, die Mutter von Herrn Baader, hat mitgeteilt, daß sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht[3] Gebrauch mache. Es ist ihr mitgeteilt worden, sie brauche unter diesen Umständen zum Termin nicht zu erscheinen. Damit verkürzt sich auch das Anhörungsprogramm für den Zeugen Pöter, der ja gleichzeitig auch zu diesem Punkte gehört werden sollte, weil er nach den Akten Frau Baader zu der Person ihres Sohnes [9939] vernommen haben soll. Er ist damit in diese Richtung nicht mehr verwertbar.[4] Frau von Parish, die geladen ist auf den 24. ... nein, auf den 10.6., Donnerstag, ist umgeladen worden, weil sie an diesem Tag verhindert ist auf den 24.6., 10.00 Uhr.

Der Senat hat heute beraten und folgenden Beschluß gefasst der hiermit bekanntgegeben wird.

Der Vorsitzende verliest den Beschluß vom 8. Juni 1976 aus Anlage 1 zum Protokoll.

Der Beschluß ist dem Protokoll als Anlage 1 beigefügt.

Es ist diesem Beschluß, der heute noch übermittelt wird an die zuständige Behörde in der Schweiz, ein Anschreiben beigefügt, in dem gebeten worden ist, einen möglichst nahen Termin zur Vernehmung des Zeugen zu bestimmen.[5] Es ist gleichzeitig gebeten worden, daß Mitteilung dem Gericht gemacht wird, ob die Teilnahme der zwei Richter und weiterer Prozeßbeteiligter, nämlich die Herren Vertreter der Anklage und Verteidiger gestattet werden kann nach schweizerischem Recht.[6] Wir werden darüber, sobald wir Bescheid haben, Auskunft geben und auch natürlich den Termin bekanntgeben. Der Themenkreis ist genau abgegrenzt. Es ist seinerzeit schon geschrieben worden an die Bezirksanwaltschaft in Zürich, man möge den Bevollmächtigten von Herrn Meier davon unterrichten, daß er für den Fall eines Rechtshilfeersuchens als Zeuge zu folgenden Themen gehört werden sollte: Besuche in Frankfurt und Stuttgart in den Monaten März bis Mai 72. Wer waren die Kontaktpersonen? Worüber wurde gesprochen? Sind Briefe über Sprengstoffanschläge befördert worden? Das ist also der Gegenstand der Vernehmung. Es liegt über diesen Schriftverkehr mit der Schweiz alles Material auf der Geschäftsstelle bereit, wenn die Herren Verteidiger im einzelnen sich darüber unterrichten wollen.

Wir haben für heute geladen als Sachverständigen wieder Herrn Hecker, der hier ja schon des öfteren gewesen ist.

Dann die Herrn Zeugen Huwe, Wiener, Neumeyer und Herr Garbotz.

Die Zeugen KOK Huwe, KOM Wiener, KHM Neumeyer und KHM Garbotz werden gemäß § 57 StPO[7] belehrt.

[9940][8] [9941] Die Zeugen KOK Huwe, KOM Wiener, KHM Neumeyer und KHM Garbotz erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[9]

Der Sachverständige Dipl. Psych. Hecker wird gemäß §§ 72, 57 und 79 StPO[10] belehrt.

Die Genehmigung zur Aufnahme der Aussage des SV Dipl. Psych. Hecker auf das Gerichtstonband[b] liegt vor.

Die Zeugen KOM Wiener, KHM Neumeyer und KHM Garbotz werden um 14.07 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge KOK Huwe übergibt seine Aussagegenehmigung[11] dem Gericht.

Sie wird als Anlage 2 zum Protokoll genommen.

Vors.:

Sie hat den Text, der den Prozeßbeteiligten schon geläufig ist zum Inhalt. Es ist ein Zusatz angefügt, der dem Zeugen die Pflicht auferlegt, sich in Fällen, in denen er nach Dingen gefragt wird, auf die sich seine Amtsverschwiegenheit erstrecke, verpflichtet sei, die Aussage zu verweigern.

Der Zeuge KOK Huwe macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Huwe:

Helmut Huwe, 42 Jahre,

Kriminaloberkommissar in Berlin.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Huwe, ist Ihnen die Wohnung Berlin, Knesebeckstraße 89 ein Begriff geworden?

Zeuge Huwe:

Ja, es ist mir noch erinnerlich. Ich bin dort in meiner dienstlichen Eigenschaft tätig geworden.

Vors.:

Welche dienstlichen Einsätze sind das gewesen?

Zeuge Huwe:

Es waren einige Festnahmen oder die Beihilfe zu einigen Festnahmen und auch einige Durchsuchungen, die in dieser Wohnung teilweise ... ja[c] unter meiner Mitwirkung durchgeführt worden sind.

Vors.:

Wir wollen Sie möglichst nachher im Zusammenhang kurz schildern lassen, um was es gegangen ist, aber es ist also wohl richtig verstanden, wenn ich davon ausgehe, daß die Festnahme und die Durchsuchung nicht am selben Tag durchgeführt worden sind?

[9942] Zeuge Huwe:

Also die hauptsächliche Durchsuchung, wenn ich jetzt von einer bloßen Durchsicht dieser Wohnung abgehe, dann kann man sagen, es waren zwei verschiedene oder an mehreren Tagen.

Vors.:

Um was für eine Verhaftungsaktion hat es sich gehandelt, wenn Sie uns durch die Namen der Betroffenen vielleicht ...

Zeuge Huwe:

Es war ausgehend von Herrn Mahler,[12] bei dessen Festnahme ich nicht dabei war, aber als Folge dann die Wohnung Knesebeck 89 aufgesucht habe und dann an der Festnahme des Fräulein Berberich,[13] Fräulein Asdonk[14] und Goergens[15] mitgewirkt habe.

Vors.:

Wüßten Sie heute noch das Datum?

Zeuge Huwe:

Das war 1970 Herr Vorsitzender.

Vors.:

Ja, liegt also lange zurück ...

Zeuge Huwe:

Im Herbst, ich glaube im Oktober.

Vors.:

Den Akten nach müßte es am 8.10.1970 gewesen sein ...

Zeuge Huwe:

Da sind auch entsprechende Berichte, auf die ich mich dann beziehen wollte dann diese Daten als richtig bezeichnet.

Vors.:

Bei dieser Festnahme, Sie erwähnten auch den Namen von Fräulein Asdonk, ...

Zeuge Huwe:

Ja.

Vors.:

Haben Sie da irgendeine spezielle Tätigkeit entwickelt beim ersten Zugriff um Sicherstellungen[d] durchzuführen, etwa der mitgeführten Habe?

Zeuge Huwe:

In etwa, es war uns bekannt, daß die Personen[e], die vorher in der Wohnung waren, also wenn ich jetzt von Herrn Mahler ausgehe, und es war wohl auch noch ein Fräulein Schubert[16] vorher in der Wohnung, daß beide Personen bewaffnet waren, so war unsere Einstellung dann anläßlich der Festnahme auch die, daß wir also die Personen, die in die Wohnung kamen, sofort an den[f] Oberarmen[g] umklammerten. Ich habe dann Taschen, die entweder umgehängt oder mitgeführt wurden, entwunden, beziehungsweise von der Schulter gezogen.

Vors.:

Hatten Sie also den speziellen Auftrag, gleich die Tasche, solche Behältnisse sicherzustellen?

Zeuge Huwe:

Den Auftrag, Ja. Es war meine Aufgabe[h] es ergab sich dann also praktisch.

Vors.:

Das würde uns nun interessieren dieser Vorgang. Sie haben offensichtlich die Tasche dann tatsächlich bei der Festnahme gleich in die Hände bekommen.

Zeuge Huwe:

Jaja.

[9943][17] [9944] Vors.:

Können Sie sich noch erinnern, was ... wie dann mit der Tasche verfahren worden ist?

Zeuge Huwe:

Nachdem ich die Taschen also hatte, wenn ich’s jetzt so profan ausdrücken darf, und der Trubel sich etwas gelegt hat, sind wir dann in eine ruhige Ecke eines Zimmers - diese Wohnung bestand ja aus mehreren Zimmern, wobei ein Hauptraum vorhanden war - in eine Ecke dieses Hauptraumes, und haben den Tascheninhalt der jeweiligen Tasche auf den ... so ausgebreitet, daß also es mit anderen Sachen nicht in Zusammenhang kommen konnte und haben dann bei einer groben Durchsicht festgestellt, was so in etwa für Besonderheiten, an diesem Abend für uns Besonderheiten in diesen Taschen waren.

Vors.:

Könnten Sie sich heute noch erinnern, was an Besonderheiten in der Tasche gewesen sein könnte?

Zeuge Huwe:

Ja, es waren für mich heute noch erinnerlich, daß zumindest in zwei der Taschen ... oder ich kann’s vielleicht sogar genauer sagen, nach meiner Erinnerung hatte Fräulein Asdonk zum Beispiel keine Waffe bei sich, wohl aber Fräulein Berberich und auch Fräulein Goergens, also die als letzte kamen nach meiner Erinnerung. Die beiden Damen waren bewaffnet. Es waren auch teilweise Kraftfahrzeugunterlagen oder Kraftfahrzeugscheine in diesen Taschen und auch Personalpapiere auf verschieden lautende Namen. Das ist also das, was mir als besonders noch erinnerlich, weil’s auch für mich damals schon besonders interessant war.

Vors.:

Sind bei der Festnahme, insbesondere beim Inhalt dieser Tasche auch irgendwelche politischen Schriften sichergestellt worden, erinnern Sie sich daran?

Zeuge Huwe:

Soweit ich mich entsinne ich kann mich nicht an den Tascheninhalt im Zusammenhang, mit politischen Schriften kann ich mich nicht entsinnen; ich glaube aber, es waren auch keine dabei. Aber das bitte unter ... ich weiß es nicht.

Vors.:

Wenn ich Ihnen das Stichwort „Mini-Handbuch“[18] nenne, besagt Ihnen ...

Zeuge Huwe:

Das bringe ich zwar mit der Wohnung Knesebeckstraße 89 in Verbindung; das habe ich aber dann in dieser Wohnung bei einer gründlicheren Durchsuchung am nächsten Tag gefunden mit noch anderen Büchern und Schriften.

Vors.:

Sind Ihnen irgendwelche Notizen bekannt, die damals aufgefallen [9945] wären, die also für den Kriminalisten einen[i] besonders interessanten Inhalt gehabt hätten?

Zeuge Huwe:

Wenn ich jetzt wieder auf diesen besagten Hauptraum zurückkomme, der war also geprägt von einem ...

Vors.:

Daß wir uns also jetzt nicht voneinander entfernen, die Frage geht immer noch nach dem Inhalt der Tasche.

Zeuge Huwe:

Nein, darauf besinne ich mich nicht.

Vors.:

Da wissen Sie also, über das was Sie erwähnt haben, keine Waffe, falsche Papiere, also jedenfalls Papiere, die nicht auf den Namen Asdonk lauteten und Fahrzeugunterlagen, so haben Sie sich ja wohl vorhin ausgedrückt.

Zeuge Huwe:

Fahrzeugunterlagen, weil wir also die Fahrzeuge uns wieder interessierten, Waffen und die Personalpapiere, denn mir persönlich waren alle Damen fremd. Und ich erinnere mich noch, daß zum Beispiel bei der Fräulein Asdonk, wo ihr Bild wohl in dem Ausweis war, aber der Name war ein anderer, ich glaube war „Fiedler“, aber das weiß ich aus dem Gedächtnis jetzt nicht mehr ...

Vors.:

„Fiedler“, ja nun das ist also dieser erste Zugriff gewesen.

Zeuge Huwe:

Ja.

Vors.:

Hat man nun an diesem Tage versucht, in der Wohnung einen ersten Eindruck zu bekommen und vielleicht auch gleich wesentliche Dinge sicherzustellen und wenn ja, sind Sie beteiligt gewesen?

Zeuge Huwe:

Im gewissen Rahmen ja.

Vors.:

Können Sie uns jetzt bitte das zusammenhängend schildern, wie da vorgegangen worden ist, und was Sie selbst noch an Sicherstellung, die Ihnen wesentlich erscheinen, in Erinnerung haben, an diesem Tage.

Zeuge Huwe:

An diesem Abend war für uns dann also noch wesentlich, auch für mich, das habe ich also selbst gesehen, es war in diesem Wohnraum in Höhe des Kamins eine Kommode. Auf dieser Kommode oder im obersten Schubfach eine weitere Pistole. Es war eine 9-Millimeter Llama. Dann haben wir uns die weiteren Räume dieser Wohnung angesehen. Allerdings mit der nötigen Vorsicht oder Anbedacht dessen, daß für gewisse Dinge dann irgendwelche Spezialisten von uns eine genauere[j] Durchsuchung durchführen sollten. Es wurden also eine Fülle von Papieren in diesem Hauptzimmer vorerst gesichtet, aber noch belassen. Es interessierte uns also eine große Schreibmaschine, dann war eine Art Küchenraum in dem also verschiedene Pulverarten, ich meine jetzt Pulver nicht im [9946] Sinne von Schießpulver, sondern für uns hier gesehen reines Pulver erst zu sehen waren. Es waren eine Menge Kraftfahrzeugschilder. Aus vorherigem Reden war mir also besonders ein Feuchtraumlichtschalter, der nun wieder im Korridor war und dann ein oder zwei Reifentöter, die aus meiner vorherigen Tätigkeit also für mich in Bezugnahme auf diese Wohnung eine besondere Bedeutung hatten. Das waren also so die Dinge, die ich noch am gleichen Abend, und ich glaube sogar, die Reifentöter habe ich auch am gleichen Abend noch mitgenommen.

Vors.:

Sind Sie nun am nächsten Tage nochmals in die Wohnung gekommen zwecks gründlicher Durchsuchung?

Zeuge Huwe:

Ja. Am nächsten Tage bin ich dann mit Herrn Wiener, der heute auch hier ist, nochmals in diese Wohnung gegangen. Es war nunmehr Sinn ... also wir haben eine Skizze angefertigt, und uns dann also für eine entsprechende Durchsuchung mehr Zeit gelassen; wir haben auch Dinge aufgelistet, die nach unserer Auffassung also von Bedeutung sein könnten. Hierunter fiel dann auch besonders in einem Zimmer, nicht aus diesem bewußten Hauptraum, in einem Nebenzimmer, es waren ja in jedem Zimmer mehr oder weniger Schlafstätten vorhanden, diverse Schriften; und da kommt dann also auch dieses kleine Handbuch oder Minihandbuch für den Stadtguerilla, es war noch ein Buch für chemische Anleitungen, und soweit ich mich entsinne, ein Buch über Feld und Forst aber, im Bezug auf Jagdwaffen so in etwa. Das sind so die gravierendsten Dinge; dann noch einige Bücher, deren Titel ich jetzt aber nicht mehr im Kopf habe, aber die von ihrem Inhalt her nach meiner Auffassung damals von Bedeutung sein konnten ...

Vors.:

Ist es richtig ... Verzeihung, Sie waren noch nicht zu Ende? ...

Zeuge Huwe:

Ich wollte noch sagen, da waren noch einige Zettel handschriftlicher Art, die dann in diesem Hauptraum neben dieser Schreibmaschine lagen, das waren Zettel, die für uns ... oder wenn ich jetzt auf mich beziehen darf, Abrechnungen beinhalteten, und da ja meine ursprüngliche Auffassung die Verfolgung eines Bankraubes war, waren also derartige aufgelistete Zahlen für mich besonders interessant; daher sind mir diese Zettel auch noch in Erinnerung. Es waren Namen aufgetragen, mir ist noch erinnerlich, daß der Name „Peggy“ und „Ali“ zumindest auf einem dieser Zettel mit Sicherheit stand. Es waren also Abrechnungen, dann waren handschriftliche Aufzeichnungen über eine Funkanlage oder eine ... also etwas mit Funktechnik zusammenhängendes, das waren aber dann DIN-A-4 Bogen; das ist so also besonders gravierend, diese Dinge, die mir [9947] dann noch auffielen. Es waren noch einige Zettel mit Anschriften, aber da müßte ich mich dann auf irgendwelche Berichte beziehen; diese Zettel mit Anschriften stammen mit Sicherheit aus der Wohnung, ich weiß aber jetzt nicht mehr, aus welchem Raum. In einem Raum war zum Beispiel eine Cordhose, eine lilane Cordhose von Größe und Zuschnitt sicherlich für eine Dame geeignet. In der Gesäßtasche war dann auch ein kleiner Zettel, der enthielt also Anschriften von Geldinstituten und so; das war das, was mir also besonders noch auffiel dann in dieser Wohnung. Eine Unmenge Schlüssel zum Beispiel; aber da wurden dann also Berichte drüber gefertigt.

Vors.:

Herr Huwe, Sie sprachen vom Auflisten; daraus läßt sich wohl entnehmen, daß man die Gegenstände damals listenmäßig erfasst hat?

Zeuge Huwe:

Ja.

Dem Zeugen wird die Liste aus

Ordner 11 Blatt 13-16

mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob es sich[k] um eine Liste handelt, die er angefertigt habe und ob es seine Unterschrift ist, die auf Blatt 16 zu sehen ist.

Zeuge Huwe:

Ja, das ist meine Unterschrift, die also im Original vorhanden war, und das ist die Liste, auf die ich mich also auch bezogen habe. Und wenn wir jetzt die einzelnen Blätter vergleichen, dann werden Sie also feststellen, daß wir Wohnraum 5 zum Beispiel, das ist dieser Raum - wir haben dann die Wohnung noch in die jeweiligen Räume getrennt -. Der Wohnraum 5 war also der größte Raum auch dieser Wohnung und vergleichbar möglicherweise mit einem Büro.

Vors.:

Ja, dankeschön. Nunmehr möchten wir Ihnen einige Asservate übergeben mit der Bitte um Erklärung, ob Sie mit diesen Stücken irgend etwas anfangen können. Nehmen Sie diese Asservate dann jeweils im Original heraus, schauen Sie sie darauf an, ob Sie sich daran erinnern, insbesondere, ob Sie solche Dinge, vielleicht sogar diese Dinge damals bei der Durchsuchung in den Händen gehabt haben.

Dem Zeugen wird das Asservat

G 2.1 Pos. 56

-8 Zettel mit Kfz-Kennzeichen pp-

vorgelegt.

[9948] Vors.:

Die Ablichtungen davon befinden sich - für die Herren Prozeßbeteiligten - in Band 14 Seite 190 bis 195 und 51 und 48.

Zeuge Huwe:

Ich muß dazu sagen, daß mir die Zettel, die jetzt aus dieser Asservatentüte sind, im einzelnen nichts sagen. Ich weiß also nur, wenn ich mich jetzt wieder auf die Zahlenkolonnen und „Peggy“ zurückbewegen darf, daß es Zettel dieser Art waren, wie sie hier zum Beispiel „VW-Variant hellblau“ und so weiter [l] beschriftet ist. Der Inhalt dieser einzelnen Zettel, oder die Aufschriften dieser Zettel sagen mir nichts im Moment; ich kann mich darauf nicht besinnen.

Vors.:

Dankeschön.

Rechtsanwälte Dr. Heldmann, Oberwinder und Schily erscheinen um 14.22 Uhr im Sitzungssaal.

Dem Zeugen wird das Asservat

G 2.1 Pos. 55

- 11 Zettel mit Abrechnungen - vorgelegt.

Zeuge Huwe:

Diese Zettel, die ich jetzt hier rausziehe, sagen mir in ihrer Art durchaus mehr. Denn ich habe ja vorher, bevor ich also jetzt hier die Zettel schon gesehen habe, daß gerade diese Aufstellung, die auf diesen Zetteln sind, mich dazu bewogen haben, dieser Sache überhaupt Aufmerksamkeit zu schenken; und hier habe ich also gerade den Zettel mit „Ali“, und ich bin mir also sicher, ich werde die „Peggy“ auch noch finden, an diese Zettel erinnere ich mich durchaus noch.

Vors.:

Dankeschön. Auch der Anzahl nach, wie Sie hier diese Blätter vor sich liegen haben. Könnte das ...

Zeuge Huwe:

Über die Anzahl, Herr Vorsitzender, kann ich nichts sagen.

Vors.:

Können Sie nicht mehr sagen. Dankeschön.

Dem Zeugen wird das Asservat

G 2.1 Pos. 49

- 1 Kuvert mit einer Skizze als Inhalt -

vorgelegt.

Zeuge Huwe:

An diese Skizze erinnere ich mich nicht, nein.

Vors.:

Danke.

Dem Zeugen wird das Asservat

G 3.2 Pos. 14

- „Minihandbuch des Stadtguerilla“ -

vorgelegt.

[9949] Sämtliche dem Zeugen KOK Huwe vorgelegten Asservate wurden vom Gericht in Augenschein[19] genommen.

Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Zeuge Huwe:

Ja, ein solches Handbuch, Minihandbuch für den Stadtguerilla, habe ich in dieser Wohnung sichergestellt.

Vors.:

Wenn Sie sich mal vielleicht die ersten Seiten innen[m] ansehen wollen, ob Sie irgend etwas Charakteristisches sehen, das Sie daran erinnern könnte, daß es damals das Exemplar gewesen ist.

Zeuge Huwe:

Ich erinnere mich nur an ein Buch mit diesem Titel.

Vors.:

Ja, ich will Sie jetzt besonders darauf hinweisen, das zweite Blatt trägt einen handschriftlichen Vermerk, besagt der Ihnen irgend etwas?

Zeuge Huwe:

Nein.

Vors.:

Nicht. Das Aussehen des Exemplars, das Sie damals hatten, stimmt das mit dem hier überein?

Zeuge Huwe:

Ich will jetzt nicht den Zustand ... das Aussehen ja, aber den Zustand mit den losen Blättern, das kann ich jetzt nicht mehr sagen, das Aussehen durchaus, Titel und Aussehen.

Vors.:

Dankeschön. Wir wollen nun im Urkundenbeweis[20] verlesen die von dem Herrn Zeugen vorhin angesehene und bestätigte Liste.

Gemäß § 249 StPO wird im Urkundenbeweis aus dem Durchsuchungsbericht vom 9.10.1970

O. 11 Bl. 13 bis 16

die Liste der in Verwahrung genommenen Gegenstände ab Seite 13 „1) Fundort: ...“ bis Seite 15 „c) eine Malerbürste mit hellen Farbanhaftungen“

verlesen.

Vors.:

Herr Zeuge, Sie haben die Liste, wie Sie sagten, erstellt, Sie haben Sie jetzt nochmals vorgetragen bekommen. Können Sie bestätigen, daß alle Gegenstände, die hier in der Liste verzeichnet sind, Ihnen vorgelegen haben?

Zeuge Huwe:

Ja.

Vors.:

Können Sie ferner bestätigen, daß Sie die Liste vollständig und richtig nach den Ihnen vorliegenden Gegenständen erstellt haben?

Zeuge Huwe:

Ja.

Vors.:

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Beim Gericht sehe ich keine weiteren Fragen mehr. Bitte, Herr Bundesanwalt Zeis.

[9950] OStA Zeis:

Herr Huwe, nochmals zu dem Zustand der Waffen, die Sie da sichergestellt haben am 8.10. in der Wohnung Knesebeckstraße. Können Sie uns da noch etwas Näheres sagen? Zustand der Waffe meine ich, war zum Beispiel ... war die Waffe durchgeladen?

Zeuge Huwe:

Ich glaube den Zustand der Waffe habe ich auch in diesem Bericht festgehalten, Herr Staatsanwalt.

OStA Zeis:

Erinnern Sie sich daran?

Zeuge Huwe:

Ich erinnere mich jetzt nicht; ich weiß, daß es Munition dazu war, ob die Waffe durchgeladen ... aber ich glaube, es ist gerade auch vorgelesen worden, der Zustand der Waffe. Ich möchte mich dann darauf beziehen, denn das ist ja unmittelbar danach gefertigt worden, dieser Bericht.

OStA Zeis:

Herr Huwe dann darf ich Ihnen gerade aus O 11 Bl. 167 aus Ihrem Bericht vom 16.9.71 diese ein, zwei Sätze vorhalten, dort heißt es: „Weiterhin fand ich in der Tasche eine spanische Pistole Kaliber 9 Millimeter sowie zwei Magazine mit insgesamt 15 Schuß Munition. Wie sich die Munition auf die Magazine verteilte kann ich nicht sagen. Die aufgefundene Waffe war durchgeladen.“

Zeuge Huwe:

Ja, das müßte aber eine andere Waffe sein, nicht?

OStA Zeis:

Bitte?

Zeuge Huwe:

Denn[n] die Waffe, die jetzt eben vorgelesen worden ist, die lag ja auf einer Kommode.

OStA Zeis:

Herr Huwe dann war es ein Mißverständnis. Die Waffe interessiert mich in dem Zusammenhang weniger. Sondern es interessiert mich die Waffe, die Sie Fräulein Goergens abgenommen haben.

Zeuge Huwe:

Ich muß mich dann[o] auf den Bericht beziehen, Herr Staatsanwalt, ich kann’s aus dem Kopf nicht sagen; aber so wie Sie eben es mir vorgehalten haben, das wurde ja unmittelbar danach gefertigt, dann beziehe ich mich darauf, und der Zustand der Waffe war dann so, wie ich’s dort niedergelegt habe. Ich kann es jetzt nicht mehr sagen. Es war jedenfalls so, ich erinnere mich nur noch, daß ja dann mit Fräulein Goergens noch ein Gespräch von statten kam, Sie drückte Ihr Bedauern so sinngemäß aus, daß sie also nicht zum Schießen gekommen ist; ich erinnere mich also auch genau auf das Vorhandensein der Waffe, kann aber aus dem Kopf nicht mehr sagen, ob die Waffe ...

OStA Zeis:

Darauf wollte ich gerade[p] nochmal zurückkommen, wenn Sie vielleicht dazu noch etwas ausführlicheres sagen können, was Sie gerade eben angemerkt haben, an das Bedauern von Fräulein Goergens, daß sie nicht mehr zum Schießen gekommen ist.

[9951] Zeuge Huwe:

Ja es ist natürlich jetzt schwer, sich die Situation ... Eine[q] Festnahme in dieser Art ... geht ja doch immer mit gewissem Aufwand über die Bühne. Es sind also drei Männer, die eine Frau, wenn man so will, festhalten, Sie hat sich ja auch entsprechend gewehrt, und nachdem sie dann in der Stube saß und selbst nun wahrscheinlich erregt und enttäuscht war, da drückte sie das also sinngemäß aus, daß sie erst ... die Empörung über die Festnahme als solches, daß sie dann sagte, was wir überhaupt von ihr wollen, bis ihr dann ein Kollege die Pistole vorhielt, die er in der Zwischenzeit dann in der Tasche gefunden worden war, und dann kam also in etwa der Ausspruch, daß Sie, ich glaube damals war gerade ... daß wir Pigs also zufrieden sein können, daß Sie nicht mehr zum Schießen gekommen ist, sinngemäß.

OStA Zeis:

Nun darf ich Ihnen vielleicht gerade im Anschluß an das, was ich Ihnen eben vorgehalten habe, noch[r] folgende zwei[s] Zusätze vorhalten aus dem nämlichen Ordner und der nämlichen Blattzahl: „Dies ist mir insoweit genau erinnerlich, daß ich darüber eine entsprechende Bemerkung machte“, - nämlich die entsprechende Bemerkung, daß die aufgefundene Waffe durchgeladen war - „und auf die Gefährlichkeit der Festgenommenen hinwies. Die Goergens antwortete darauf: „na und - schade daß ich nicht zum Schießen gekommen bin.““

Zeuge Huwe:

Dann möchte ich mich auf den Zustand der Waffe beziehen, und den als durchgeladen bezeichnen.

OStA Zeis:

Gut, dankeschön. Ich habe keine weiteren Fragen mehr.

Vors.:

Sonstige Fragen sehe ich nicht. Herr Huwe wir danken Ihnen.

Der Zeuge KOK Huwe bleibt bis zur später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender ein Hinweis bitte. Die Verteidigung bittet dann um’s Wort. Ich habe aber[t] keine Einwendungen dagegen, wenn die Zeugen vorher vernommen werden; nur möchte ich Sie für Ihre Planung an diesem Nachmittag darauf hinweisen.

Vors.:

Ja.

Der Zeuge KOM[u] Wiener erscheint um 14.37 Uhr im Sitzungssaal.

[9952] Der Zeuge KOM[v] Wiener macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Wie[ner]:

Ernst Wiener, 35 Jahre,

bei der Kriminalpolizei in Berlin beschäftigt.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert; wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Kennen Sie die Wohnung in Berlin-12, Knesebeckstraße 89?

Zeuge Wie[ner]:

Ja.

Vors.:

Aus welchen Umständen haben Sie sie kennengelernt?

Zeuge Wie[ner]:

Aus eigener Inaugenscheinnahme. Ich war seinerzeit zusammen mit Herrn Huwe beauftragt, diese Wohnung zu durchsuchen.

Vors.:

Ist das zusammengefallen mit dem Ereignis, das zum Auffinden dieser Wohnung geführt hat?

Zeuge Wie[ner]:

Das ist angefallen im Zusammenhang mit diesem Ereignis, ja.

Vors.:

Und um was hat es sich da gehandelt?

Zeuge Wie[ner]:

Dort wurden festgenommen unter anderem Mahler, Goergens, Schubert, das sind die Namen, Asdonk.

Vors.:

Also eine größere Personengruppe ...

Zeuge Wie[ner]:

Richtig.

Vors.:

... die Durchsuchung, von der Sie sprachen, hat die stattgefunden an dem Tage dieser Festnahme?

Zeuge Wie[ner]:

Nein, die hatte, soviel ich mich jetzt erinnere, einen Tag darauf stattgefunden.

Vors.:

Ja. Und wie hat man nun bei der Durchsuchung die Sie interessierenden Gegenstände sichergestellt?

Zeuge Wie[ner]:

Wir haben uns zunächst mal einen groben Überblick verschafft über die Räume im allgemeinen, und haben dann nach Gegenständen gesucht, von denen wir meinten, daß sie im Zusammenhang mit den Banküberfällen, die ja zunächst ermittelt wurden, stehen könnten.

Vors.:

Ja. Und in welcher Weise hat man diese Gegenstände dann verzeichnet?

Zeuge Wie[ner]:

Ich kann also nicht sagen, ob wir sie in der Wohnung selbst direkt bezeichnet haben. Wir haben uns einen Karton beschafft oder mehrere Kartons, und haben dann je nach Auffindungsort, so meine ich jedenfalls heute, diese Gegenstände dort verpackt, und haben auf der Dienststelle später ein Verzeichnis über diese Gegenstände hergestellt.

[9953] Vors.:

Ja, wenn Sie vom Auffindungsort sprechen, meinen Sie wahrscheinlich ...

Zeuge Wie[ner]:

Die einzelnen Räume.

Vors.:

Die einzelnen Räume.

Dem Zeugen wird das Asservat

G 3.2 Pos. 14

- Minihandbuch des Stadtguerilla -

mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob ihm dieses Exemplar irgendetwas besagt.

Zeuge Wie[ner]:

Ja, ich kann mich an dieses Buch erinnern. Ich kann natürlich heute nicht sagen, in welchem Raum und wo wir es in der Wohnung oder ob es Herr Huwe oder ich in der Wohnung selbst aufgefunden haben. Da ich später mit der Verwaltung dieser Gegenstände auch noch weiter betraut war, kann ich mich also erinnern, daß dieser Gegenstand aus der Wohnung selbst stammt, und daß ich ihn später neben anderen Sachen verwaltet habe.

Vors.:

Wenn Sie sich vielleicht die ersten Blätter ansehen wollen, ob Sie irgendwas Charakteristisches drin sehen, was Sie an damalige Beobachtungen erinnert. Vielleicht wenn Sie Blatt 2 mal ansehen wollen. Da ist ein handschriftlicher Vermerk.

Zeuge Wie[ner]:

Daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern.

Vors.:

Können Sie sich nicht erinnern, Sie können also nur nach dem gesamten Eindruck ...

Zeuge Wie[ner]:

Nach dem äußeren Eindruck sagen, daß ein derartiges Buch ...

Vors.:

Ein derartiges Buch, jawohl.

Zeuge Wie[ner]:

... aus der Wohnung stammte oder in der Wohnung war.

Vors.:

Erinnern Sie sich noch daran, ob in der Wohnung auch handbeschriftete Zettel gefunden wurden, die zum Beispiel Kraftfahrzeugkennzeichen und dergleichen wiedergaben?

Zeuge Wie[ner]:

Ja, daran kann ich mich erinnern. Ich kann nicht sagen, ob ich selbst diese Gegenstände gefunden habe; das ist also das gleiche, wie zuvor, weil ich ja zusammen mit Herrn Huwe diese Durchsuchung gemacht habe, wir haben es also gemeinschaftlich gemacht. Ich kann aber wiederum sagen, daß wir solche Zettel mitgenommen haben und daß ich solche Zettel später als Gegenstände aus der Wohnung Knesebeckstraße 89 verwaltet habe.

Dem Zeugen wird das Asservat

G 2.1 Pos. 56

- 8 Zettel mit Kfz-Kennzeichen pp -

vorgelegt mit der Bitte um Erklärung, ob man solche Zettel damals gefunden hat, vielleicht sogar ob es sich direkt um diese Zettel gehandelt hat.

[9954] Zeuge Wie[ner]:

Ja, ich kann mich also nur an derartige Zettel erinnern; ich erinnere mich an diesen einen hier, das weiß ich noch, dieser Doktor Erika Runge, daß ich den nun nicht in der Wohnung aber später in der Hand hatte, weil ich hier dieses Münchener Kennzeichen wiedererkenne und einen solchen gelben Zettel. An die anderen Zettel unmittelbar kann ich mich nicht mehr[w] erinnern.

Vors.:

Ja. Können Sie sagen, ob das Material, das Sie in Erinnerung haben, überhaupt so ausgesehen hat, abgesehen von den bereits benannten Zetteln?

Zeuge Wie[ner]:

Ja, das kann ich sagen.

Vors.:

Könnte zutreffen?

Zeuge Wie[ner]:

Das könnte zutreffen.

Vors.:

Dankeschön.

Dem Zeugen wird das Asservat

G 2.1 Pos. 55

- 11 Zettel mit Abrechnungen -

mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob er sich an solche Zettel erinnert.

Zeuge Wie[ner]:

Ich darf vielleicht dazu sagen, daß diese Zettel von mir selbst in diesen Hüllen untergebracht worden sind. Sie sind also mit meiner Unterschrift versehen, und sind also von mir auch dann in diese Hüllen eingebracht worden, damals jedenfalls. Und ich kann mich also an diese Abrechnungszettel im einzelnen erinnern, da ich mich also auch kurze Zeit damit beschäftigt habe.

Vors.:

Ja.

Zeuge Wie[ner]:

Muß ich mir die im einzelnen noch ansehen?

Vors.:

Das wäre zweckmäßig, damit Sie etwa die Zettel, die Sie nicht wiedererkennen können, aussondern. Das müßten wir dann durch Kennzeichnung des Textes bekanntgeben; soweit Sie sich erinnern können[x], bedarf es keines weiteren Kommentars. Wir werden die Zettel dann, soweit es erforderlich ist, im Urkundenbeweis einführen im Zusammenhang mit dem Gutachten des Herrn Sachverständigen.

Zeuge Wie[ner]:

Also das gehört hier nicht dazu.

Vors.:

Das sind Ablichtungen, das sind keine Originale. Es geht also nur um die Originale, die in dieser Hülle beinhaltet sind.

Zeuge Wie[ner]:

Ja, ich kann mich an diese Zettel erinnern.

Vors.:

Dankeschön.

Ende von Band 567.

[9955] Dem Zeugen wird das Asservat G 2.1 Pos. 49

- ein Kuvert mit einer Skizze als Inhalt -

mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob er sich erinnert, so etwas in der Hand gehabt zu haben und wenn, bei welchem Anlaß.

Sämtliche dem Zeugen vorgelegten Asservate wurden vom Gericht in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Zeuge Wie[ner]:

Also an dieses Schriftstück kann ich mich nicht mehr erinnern.

Vors.:

Danke schön.

Ist es richtig, Herr Wiener, daß nach den Durchsuchungen oder nach der Durchsuchung der Wohnung in der Knesebeckstraße eine Liste im Zusammenhang mit einem Bericht angeführt worden ist, den Sie abgefaßt haben?

Zeuge Wie[ner]:

Nein, diesen Bericht hat Herr Huwe abgefaßt; den hab ich nicht abgefaßt.

Dem Zeugen wird der Bericht aus Ordner 11 Bl. 52 - 57 mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, daß er sich das darauf ansieht, ob das ein Bericht ist, der von ihm stammt und ob die Unterschrift, die auf Bl. 57 zu sehen ist, die seine ist.

Ja, das ist meine Unterschrift. Bloß ist es nicht der Bericht, der unmittelbar nach der Durchsuchung Knesebeckstr. 89 von Herrn Huwe gefertigt worden ist, sondern es ist ein Bericht, der im Zuge - wie ich schon erwähnte - der weiteren Verwaltung von Gegenständen, die sowohl in der Knesebeckstraße als auch in der Hauptstraße gefunden worden sind, von mir gefertigt worden ist. Das ist richtig.

Darf ich dazu bemerken, daß ich an der Durchsuchung Hauptstraße 19 nicht unmittelbar beteiligt war, sondern daß es als Verwalter durch mich veranlaßt wurde.

Vors.:

Kann man aus dem Hergang, den Sie eben schildern, schließen, daß die Gegenstände, die in diesem Bericht verzeichnet sind, wieder bloß übernommen wurden aus der früheren Liste, nicht etwa neu angefertigt wurden aufgrund von Gegenständen, die Ihnen unmittelbar vorgelegen haben?

[9956] Zeuge Wie[ner]:

Das kann ich so absolut nicht sagen, denn es sind in der Wohnung Knesebeckstr. 89 nach uns nochmals Durchsuchungen durchgeführt worden - zumindest von einer weiß ich -, und es kann durchaus sein, daß in diesem Bericht Gegenstände erwähnt sind, die bei einer späteren Durchsuchung gefunden worden sind. Ich kann das also nicht so sagen.

Vors.:

... nicht so sagen? Aber das würde ja gerade das, was ich meine, bestätigen: daß nämlich das, was Sie hier verzeichnet haben, nicht unbedingt Gegenstände waren, die Ihnen alle vorgelegen haben, sondern daß Sie das aus Berichten, aus Ergebnissen anderer Beamten übernommen haben?

Zeuge Wie[ner]:

Doch. Diese Gegenstände, die hier aufgezeichnet worden sind, die haben mir schon vorgelegen als Verwalter dieser Gegenstände; die sind also irgendwann mal durch meine Hände gegangen ...

Vors.:

... so daß Sie sagen können: Alles, was hier verzeichnet ist, haben Sie damals auch gesehen und vor Augen gehabt.

Zeuge Wie[ner]:

Das kann ich bestätigen, ja.

Vors.:

Danke schön.

Gemäß § 249 StPO wird im Urkundenbeweis aus dem Bericht Ordner 11 Bl. 52 - 57 der Kopf des Berichts (Bl. 52) bis „Hauptstraße 19“, „A. Gegenstände aus der Wohnung Knesebeckstr. 89“, die Unterschrift (Bl. 57) und folgende Positionen verlesen:

Bl. 54 Pos. 49

Bl. 55 Pos. 55, 56.

Wenn Sie jetzt schon bestätigt haben, daß alle Gegenstände, die Sie hier verzeichnet haben, Ihnen auch vorgelegen haben, können Sie umgekehrt auch bestätigen, daß Sie alles, was Ihnen vorgelegen hat, vollständig und richtig hier aufgenommen haben?

Zeuge Wie[ner]:

Ja, das kann ich so bestätigen.

Vors.:

Danke schön.

Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Ich sehe, beim Gericht nicht.

Die Herrn Bundesanwälte, die Herrn Verteidiger? Nein.

Der Zeuge KOM Wiener bleibt bis zur später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.

[9957] Der Zeuge KHM Neumeyer erscheint um 14.51 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KHM Neumeyer übergibt seine Aussagegenehmigung dem Gericht.

Diese wird als Anl. 3 zum Protokoll genommen.

Hier ist dem Zeugen die Aussagegenehmigung gegeben worden, sich zu äußern zu folgendem Beweisthema:

Inhalt der Handtasche, die der Frau Brigitte Asdonk anläßlich ihrer Festnahme in Berlin 12, Knesebeckstr. 89 am ... abgenommen wurde.

Der Zeuge KHM Neumeyer macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Neum[eyer]:

Wolfgang Neumeyer,

Kriminalbeamter, 39 Jahre, Berlin;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Neumeyer, es ist schon das Stichwort Asdonk durch die Bekanntgabe des Inhalts der Aussagegenehmigung gefallen. Erinnern Sie sich an die Festnahme von Frl. Asdonk?

Zeuge Neum[eyer]:

Bei der Festnahme war ich unmittelbar nicht zugegen.

Vors.:

In welcher Form haben Sie überhaupt mit diesem Vorgang Berührung bekommen?

Zeuge Neum[eyer]:

Ich war seinerzeit Mitglied einer Sonderkommission, die aus Anlaß der Banküberfälle zusammengestellt worden ist.

Vors.:

Und was hat nun unmittelbar dazu geführt zu dem Festnahmevorgang von Frl. Asdonk in Ihrem dienstlichen Bereiche?

Zeuge Neum[eyer]:

Die Frage verstehe ich nicht ganz.

Vors.:

Haben Sie einmal eine Handtasche vorgelegt bekommen mit der Angabe, sie sei bei Frl. Asdonk bei der Festnahme sichergestellt worden?

Zeuge Neum[eyer]:

Das ist richtig: Nach der Festnahme hatte ich einmal eine Handtasche bekommen, deren Inhalt ich registriert habe.

Vors.:

Können Sie sich heute noch an einzelne Bestandteile dieses Inhalts, die Ihnen damals aufgefallen sein könnten, erinnern?

Zeuge Neum[eyer]:

Ich kann mich also pauschal daran erinnern, daß es sich um einige Gegenstände des persönlichen Gebrauches handelte und eine Anzahl verschiedenartiger Papiere - an einzelne erinnere ich mich so nicht.

[9958] Dem Zeugen wird eine Ablichtung der Aufstellung aus Ordner 11 Bl. 148 und 149 mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, [y] ob es sich hier um eine solche Liste handelt und ob die Unterschrift die [z] seine ist.

Ja, diese Liste stammt von mir; die Unterschrift auch.

Vors.:

In dieser Liste ist - das Stichwort möchte ich Ihnen noch vorausgeben - vermerkt, daß auch „Minihandbuch des Stadtguerilla“ in der Handtasche zu finden gewesen sei.

Erinnern Sie sich daran, wenn ich Ihnen dieses Stichwort gebe?

Zeuge Neum[eyer]:

Ja, ich erinnere mich, daß so ein Handbuch dabei war - hier steht „zwei“; ich hätte mich an die Stückzahl nicht erinnert.

Aber daß so etwas dabei war, weiß ich.

Dem Zeugen wird das Asservat G 3.2 Pos. 14

- Minihandbuch des Stadtguerilla -

vorgelegt mit der Bitte, zu erklären, ob es sich damals um ein solches Exemplar gehandelt haben könnte.

Dieses Asservat wird vom Gericht in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.[aa]

Dem äußeren Ansehen nach, ja.

Vors.:

Wollten Sie vielleicht mal die ersten Blätter darauf durchsehen, ob Sie irgend etwas Charakteristisches darin sehen, was Sie erinnert, ob das vielleicht gerade das Buch gewesen ist, das Sie damals gesehen haben?

Zeuge Neum[eyer]:

Nein, das könnte ich sicherlich nicht, auch wenn ich’s durchblättere. Inhaltsmäßig könnte ich mich nicht daran erinnern, nur vom äußeren Ansehen her.

Vors.:

Wenn Sie mal Bl. 2 ansehen wollen: Hier ist unten rechts wohl ein handschriftlicher Eintrag; der könnte solch ein individuelles Merkmal sein.

Besagt Ihnen dieser Eintrag etwas?

Zeuge Neum[eyer]:

Nein.

Gemäß § 249 StPO wird im Urkundenbeweis die Aufstellung aus Ordner 11 Bl. 148/149 verlesen.

[9959][21] [9960] Vors.:

Herr Zeuge, können Sie bestätigen, daß Sie diese Liste richtig und vollständig nach den Gegenständen, wie sie Ihnen damals vorgelegen haben, erstellt haben?

Zeuge Neum[eyer]:

Ja, das kann ich bestätigen.

Vors.:

Danke schön.

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

Ich sehe, nirgends.

Der Zeuge KHM Neumeyer bleibt bis zur später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.

Der Zeuge KHM Garbotz erscheint um 14.59 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KHM[bb] Garbotz macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Gar[botz]:

Jürgen Garbotz, Kriminalhauptmeister, 37 Jahre, Berlin;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Garbotz, kennen Sie die Wohnung Berlin 12, Knesebeckstr. 89?

Zeuge Gar[botz]:

Ja.

Vors.:

Durch welche Umstände ist Ihnen diese Wohnung bekannt geworden?

Zeuge Gar[botz]:

Anläßlich der Festnahme von Horst Mahler und anderen war ich auch miteingesetzt und habe nicht direkt einer Festnahme einer Person beigewohnt, sondern war in den hinteren Räumen.

Vors.:

Zu welchem Zwecke?

Zeuge Gar[botz]:

Naja, da[cc] ergibt sich ja dann mehr, nicht? Man kann nicht nur zwei Polizeibeamte da hinschicken.

Ein Zweck war dafür nicht; bloß, wir mußten ja vorne die Räume freihalten.

Vors.:

Ich meine, ist es damals nur um die Festnahme gegangen oder wollte man schon Beweismittel sichern?

Zeuge Gar[botz]:

Nein. Sicher sind da noch Beweismittel gesichert worden.

Vors.:

Hat sich diese Sicherstellung der Beweismittel noch abgespielt am Tage der Festnahme oder ist das erst ...?

[9961] Zeuge Gar[botz]:

Ja, auch. Und später auch noch andere Beweismittel.

Vors.:

Können Sie [dd] heute noch etwa sagen, wieviel Tage später Sie noch in die Wohnung gekommen sind, um zu durchsuchen, nach Beweismitteln zu suchen?

Zeuge Gar[botz]:

Das kann zwei oder drei Tage später gewesen sein, und zwar war da ein Herr Maeles, soweit ich mich erinnere, in die Wohnung eingedrungen - der ist ebenfalls festgenommen worden.

Durch Polizeibeamte ist dann nochmals eine Durchsuchung verschiedener Möbelstücke vorgenommen worden. Und[ee] da wurden noch einige Gegenstände aufgefunden.

Vors.:

Dieses „noch“, d. h. also, es ist dann, nachdem die Hauptmasse sichergestellt war, offenbar nochmals gründlich nachgesehen worden.

Zeuge Gar[botz]:

Ja.

Vors.:

Erinnern Sie sich bei dieser Durchsuchung, die Sie jetzt mit „noch“ bezeichnet haben, an irgendein besonders auffälliges Beweisstück?

Zeuge Gar[botz]:

Es müßte dabeigewesen sein, was mir jetzt noch in Erinnerung ist, ein oder mehrere Zettel mit ca. 60 Anschriften Berliner Banken; einzelne könnten unterstrichen gewesen sein mit „hat“ - das bezeichnete[ff] wohl, soweit die Ermittlungen das ergeben haben, ’ne Panzerung oder eine Verglasung oder einen besonderen Schutz.

Vors.:

Ist es das einzige Material, das Sie heute noch gegenwärtig haben?

Zeuge Gar[botz]:

Es sind mehr Gegenstände gewesen, aber ich kann jetzt im einzelnen nicht mehr sagen, was es ist.

Vors.:

Wenn ich Ihnen das Stichwort Skizze nenne?

Zeuge Gar[botz]:

Ja, eine Skizze der Bank in der Schloßstraße.

Dem Zeugen wird das Asservat G 2.1 Pos. 49

- ein Kuvert mit einer Skizze als Inhalt -

mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, daß er es daraufhin ansieht, ob ihm das Asservat irgend etwas besagt.

Das Asservat wird vom Gericht in Augenschein genommen. Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Ja. Es handelt sich dabei um diese bezeichnete Skizze, die ich hier auch angesprochen habe.

Vors.:

Kennen Sie sie wieder, wenn Sie sie so sehen?

Zeuge Gar[botz]:

Ja.

[9962] Vors.:

Auch mit diesen handschriftlichen Einträgen?

Zeuge Gar[botz]:

Ja.

Vors.:

Danke.

Haben Sie über diese Durchsuchung, wo noch etwas gefunden worden ist, eine Liste gefertigt?

Zeuge Gar[botz]:

Es ist von mir ein Vermerk darüber gefertigt worden.

Dem Zeugen wird die Liste aus Ordner 13 Bl. 363 mit der Bitte um Erklärung vorgelegt, ob es sich um den soeben erwähnten Vermerk handelt und ob das seine Unterschrift ist.

Zeuge Gar[botz]:

Ja, das ist richtig: mein Vermerk, meine Unterschrift.

Vors.:

Können Sie sagen, daß alle Gegenstände, die hier verzeichnet sind, Ihnen auch vorgelegen haben?

Zeuge Gar[botz]:

Ja, mit Sicherheit.

Gem. § 249 StPO wird im Urkundenbeweis die Liste aus Ordner 13 Bl. 363 verlesen.

Vors.:

Herr Zeuge, können Sie bestätigen, daß das, was in dieser Liste verzeichnet ist, richtig und vollständig nach den Ihnen vorliegenden Gegenständen aufgenommen worden ist?

Zeuge Gar[botz]:

Ja.

Vors.:

Danke schön.

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht. Darf ich dann davon ausgehen, keine Einwendungen gegen die Vereidigung sämtlicher Zeugen.

Die Zeugen KOK Huwe, KOM Wiener, KHM Neumeyer und KHM Garbotz werden einzeln vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 15.05 Uhr entlassen.

Der Sachverständige Dipl. Psychologe Hecker macht folgende Angaben zur Person

Manfred Hecker, 34 Jahre, verh.,

Wiesbaden, Diplompsychologe;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

[9963] Vors.:

Die erste Gruppe der Fragen, die sich an Sie richtet, bezieht sich auf die soeben den Herrn Zeugen übergebenen Asservate. Wir wollen Sie Ihnen der Reihe nach zunächst mal hier bekannt geben, um was es sich handelt, auch durch Urkundenbeweis dann im Wege der Verlesung hier einführen. Ihnen dann übergeben jeweils mit der Bitte zu erklären, ob Ihnen diese Asservate zu Schriftvergleichen vorgelegen haben, wenn ja, mit welchem Ergebnis.

Gem. § 249 StPO wird im Urkundenbeweis das Asservat G 2.1 Pos. 49 (ein Zettel mit einer Skizze mit Eintragungen) verlesen.

Dieses Asservat G 2.1 Pos. 49 wird dem Sachverständigen vorgelegt.

Sachverst. He[cker]:

Dieses Asservat hat mir zur Untersuchung vorgelegen mit folgendem Ergebnis:

Die Schriftzüge „Schloßstr.“, „BB“ sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch mit dem Schriftmaterial des Herrn Baader. Alle übrigen Schriftzüge sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch mit dem Schriftmaterial der Frau Irene Goergens.

Vors.:

Dankeschön.

Sind dazu weitere Einzelheiten gewünscht?

Wir haben den Herrn Sachverständigen schon früher gebeten, uns im einzelnen darzutun, anhand welcher Merkmale der Schriften er dieses Ergebnis gewinnen kann.

Ich sehe keine Fragen dazu.

Gemäß § 249 StPO werden im Urkundenbeweis vom Asservat G 2.1 Pos. 55

(handschriftliche Zettel mit Abrechnungen)

die Zettel der Kuverts mit den Nummern 1 - 10 verlesen.

Dieses Asservat G 2.1 Pos. 55

(zehn Kuverts mit Zetteln Nr. 1-10)

wird[gg] dem Sachverständigen vorgelegt.

[9964] Sachverst. He[cker]:

Das Asservat „Nelli Abrechnung“, das sich in Hülle 1 befindet, hat mir zur Untersuchung vorgelegen im Original. Ich bin seinerzeit zu dem Ergebnis gekommen, daß die darauf befindliche Handschrift mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch ist mit dem Schriftmaterial der Frau Berberich.

Vors.:

Soweit zu den einzelnen Kuverts, Zetteln, die der Herr Sachverständige jetzt begutachtet, spezielle Fragen sind, bitte ich sofort um Wortmeldungen.

Sachverst. He[cker]:

Das Asservat „Ausgaben Anna insgesamt“, das sich in der Hülle mit der Nr. 2 befindet, hat mir ebenfalls im Original zur Untersuchung vorgelegen.

Die schriftvergleichenden Untersuchungen haben ergeben, daß diese Schriftzüge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch sind mit dem Schriftmaterial der Frau Meinhof.

Der Zettel „Ausgaben Clara“, der sich in dem Kuvert Nr. 3 befindet, hat seinerzeit ebenfalls zur Untersuchung vorgelegen. In dem Gutachten, zu dem ich heute gehört werden sollte laut Ladung, war eine Identifizierung des Schrifturhebers nicht möglich. Anhand später eingegangenen Vergleichsmaterials ist ... sind diese Schriftzüge jedoch Frau Asdonk zugeordnet worden bzw. die Schriftzüge auf der Rückseite Frau Schubert.

Vors.:

Wenn schon eine solche Bestimmung nun möglich war, mit welchem Wahrscheinlichkeits- oder Sicherheitsgrad?

Sachverst. He[cker]:

Das kann ich jetzt nicht auswendig sagen, da ich dieses Gutachten nicht vorliegen habe.

Dasselbe gilt im Prinzip auch für den nächsten Zettel.

Vors.:

Herr Hecker, dort, wo Sie nicht imstande sind, uns zu sagen, daß ein Gutachten zu dem Ergebnis geführt hat, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, erübrigt sich’s. Dann würden Sie uns nur vielleicht sagen: Zu dem Kuvert Nr. ... bzw. Inhalt liegt mir kein Gutachten vor. Dann wissen wir jedenfalls, wieweit Sie weiter gediehen sind bei Ihrer Darstellung.

Sachverst. He[cker]:

Es handelt sich hier um das Asservat in Hülle 4. Das beginnt mit „NINA Pull. 59. -“.

Das Asservat in dem Kuvert Nr. 5, das beginnt mit „Rosi Mantel 350“, hat mir im Original zur Untersuchung vorgelegen.

[9965] Die schriftvergleichenden Untersuchungen bezüglich dieses Asservates führten zu dem Ergebnis, daß die Schriftzüge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch sind mit dem Schriftmaterial der Frau Proll, Astrid Proll.[22]

Weiterhin hat mir zur Untersuchung im Original vorgelegen das Asservat, das sich in dem Kuvert Nr. 6 befindet und beginnt mit dem Schriftzug „Peggy“. Die diesbezüglichen schriftvergleichenden Untersuchungen führten zu dem Ergebnis, daß die Schriftzüge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch sind mit dem Schriftmaterial der Frau Astrid Proll.

Das Asservat in dem Kuvert Nr. 7, das beginnt mit „5000, - W. Zahnarzt“, hat mir ebenfalls im Original vorgelegen. Die schriftvergleichenden Untersuchungen haben ergeben, daß die Schriftzüge bis zu dem Wort „Prinz“ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch sind mit dem Schriftmaterial der Frau Ensslin. Nicht zugeordnet werden konnte das Wort „abbrechen“, während die Schriftzüge „Peggy“, „Atze“ und „John“ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Frau Proll herrühren.

Das Asservat in Kuvert Nr. 8, das beginnt mit dem Wort „Mantel“, hat mir ebenfalls im Original zur Untersuchung vorgelegen. Die entsprechenden vergleichenden Untersuchungen führten zu dem Ergebnis, daß diese Schriftzüge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch sind mit dem Schriftmaterial von Herrn Horst Mahler.

Der Zettel in Kuvert Nr. 9 hat ebenfalls im Original zur Verfügung gestanden. Ich habe dieses Asservat untersucht und dabei festgestellt, daß [hh] sämtliche darauf befindlichen Schriftzüge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch sind mit dem Schriftmaterial der Frau Ensslin.

Des weiteren hat mir im Original zur Verfügung gestanden das Asservat im Kuvert Nr. 10: Hier führten die schriftvergleichenden Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß die Schriftzüge „Ali insgesamt abrechnen“ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch sind mit dem Schriftmaterial der Frau Ensslin, während alle übrigen Schrift- [9966] züge mit demselben Wahrscheinlichkeitsgrad von Herrn Jansen[23] herrühren.

Vors.:

Danke schön.

Damit haben wir alle diese Asservate bzw. Unternummern des Asservats Pos. 55 besprochen und kommen nunmehr zu dem Asservat G 2.1 Pos. 56.

Gem. § 249 StPO werden im Urkundenbeweis vom Asservat G 2.1 Pos. 56 folgende handschriftlichen Zettel jeweils beginnend mit:

1. „Nestorstr. ...“ mit Rückseite,

beginnend mit

„B-HV 996“ ...

2. „Mercedes-Bus“ ...

3. „F-PU 433“...

4. „VW-Variant, hellgrau ...“

5. „M-NL 647“...

6. „VW Bus Hohes Dach ...“

7. „Schilder ...“

verlesen.

Während der Verlesung:

RA. Künzel verläßt um 15.25 Uhr den Sitzungssaal;

OStA Holland verläßt um 15.26 Uhr den Sitzungssaal.

Dem Sachverständigen werden die soeben vom Asservat G 2.1 Pos. 56 verlesenen handschriftliche Zettel zur Erstattung der Gutachten vorgelegt.

Sachverst. He[cker]:

Diese Zettel haben mir ebenfalls im Original vorgelegen. Die schriftvergleichenden Untersuchungen führten im einzelnen zu folgendem Ergebnis:

Die Schriftzüge „Für Nummer mit Halter nachfragen“ bis „Weißes Dach“, die Schriftzüge „VW blau“ bis „Neureutherstr. 13“, die Schriftzüge „Mercedes-Bus“ bis „Reichsstraße“ und die Schriftzüge „VW Variant, hellgrau“ bis „Bismarckstr.“ sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch mit dem Schriftmaterial der Frau Meinhof.

Ende von Band 568

[9967] Sachverst. Heck[er]:

Die Schriftzüge „Nestorstraße“ bis „Auto Winter“ sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch mit dem Schriftmaterial der Frau Astrid Proll, während die auf der Rückseite befindlichen Schriftzüge „VW mit Halter“, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch sind mit dem Schriftmaterial der Frau Ensslin, während der Schriftzug „Rosi“ sehr wahrscheinlich urheberschaftsidentisch ist mit dem Schriftmaterial des Herrn Jansen.

Oberstaatsanwalt Holland erscheint wieder um[ii] 15.29 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Vielen Dank.

Sachverst. Heck[er]:

Die übrigen Asservate konnten nicht eindeutig zugeordnet werden.

Vors.:

Dankesehr. Wir kommen nunmehr zu dem Material, das dem Herrn Sachverständigen übersandt worden ist mit dem Auftragsschreiben vom 26. Mai 1976, auf das hier in der Sitzung hingewiesen worden ist. Es stammt aus der Zellendurchsuchung am 22.1.1975. Ich darf darauf hinweisen, über die Erhebung dieser Stücke bei der Zellendurchsuchung wird erst Beweis erhoben werden. Wir haben den Herrn Sachverständigen deswegen bitten müssen, sich hierzu gleich vorweg zu äußern, weil er die nächsten Wochen nicht mehr zur Verfügung steht. Ich übergebe Ihnen also aus dieser Durchsuchung, zunächst mal unter dem Vorbehalt, daß es Material ist, was noch zu verifizieren sein wird, das also aus der Durchsuchung stammen soll, und die Positionsnummern trägt Baader-Material 7-13, 19-20, 60-62 und 111 und Meinhof-Material Pos. 59-62. Ich bitte Sie auch hierzu, soweit handschriftliche Einträge hier enthalten sind, ein Gutachten abzugeben.

Dem Sachverständigen werden die Asservate Baader-Material vom 22.1.1975 Pos. 7-20, 60-62 und 111 und Meinhof-Material vom 22.1.1975 Pos. 59-62 vorgelegt.

Sämtliche dem Sachverständigen vorgelegten Asservate wurden von Gericht gleichzeitig in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Sachverst. Heck[er]:

Ich darf allgemein vorwegschicken, daß ich in all den [9968] Fällen, wo nur Kopien vorliegen, die Einschränkung mache, daß die Schriftzüge, wie sie in der Kopie vorliegen, mit den Originalen übereinstimmen müssen und die Originale keine Fälschungsmerkmale aufweisen dürfen. Ich kann mich hier also nur auf das äußere Schriftbild beziehen.

Insoweit führten die Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß die Schriftzüge auf Seite 7 Rückseite ...

Vors.:

Ich darf vielleicht dazu bemerken, daß Sie jetzt im Augenblick das Baader-Material erläutern. Damit wir uns also gleich wegen der Seitenzahl dann einig sind und das nicht immer wieder erwähnen[jj] müssen.

Sachverst. Heck[er]:

Hier heißt es, Baader-Materialien, Pos 7-20. Und ich spreche von ... jeweils von den mit blauem Faserschreiber vorgenommenen Markierungen. Das wäre also die Seite 7 Rückseite ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schnabel, entschuldigen Sie bitte, Herr Sachverständiger, haben Sie ...

RA Schn[abel]:

Ja, ich wollte da im Anschluß an diese Vorbemerkung des Herrn Sachverständigen fragen, heißt das, daß Sie Ihre Gutachten aufgrund von Kopien erstatten?

Sachverst. Heck[er]:

Ich habe das Schriftbild, soweit es in der Kopie erkennbar ist, geprüft und festgestellt, daß zu bestimmten anderen Schriftbildern Entsprechungen vorliegen, kann aber, wie gesagt, kein sicheres Urteil abgeben, solange ich das Original nicht gesehen habe.

RA Schn[abel]:

Herr Sachverständiger, ich habe Sie klar gefragt, ob Sie Ihr Gutachten aufgrund von Kopien erstatten. Da gibt es eigentlich nur ja oder nein.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Schnabel, ich bitte jetzt, Fragen, die nun im Zusammenhang mit den Ausführungen des Herrn Sachverständigen zu stellen sind, im Anschluß an die Ausführungen zu stellen. Einleitende Fragen stellt das Gericht. Der[kk] Herr Sachverständige ist also jetzt im Augenblick dazu nicht zu fragen. Ich bitte, das jetzt zurückzustellen. Ich bitte Sie aber, damit die Herrn Verteidiger in dieser Richtung ganz klare Fragen stellen können, ausdrücklich jeweils anzugeben, ob es sich hier um eine Original oder um eine Durchschrift handelt.

Sachverst. Heck[er]:

Bei den Schriftzügen auf Seite 7 Rückseite: „in meinem Wahn“, auf Seite 8: „wir“, auf Seite 9: „Die falsche Klasse“, „was“, „sagen“, „Von mir: Geschwätz“ handelt es sich um Kopien. Diese Schriftzüge liegen also nur in Kopie vor. Bezüglich dieser Schriftbilder haben sich Entsprechungen zu dem Schriftmaterial der Frau Meinhof ergeben.

[9969] Vors.:

Jetzt müssen wir uns nochmals darüber klar werden. Sprechen Sie das nun aus, daß das ein Sicherheitsgrad ist, der, wäre das Original sichtbar, an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit heranginge und mache nur den Vorbehalt, ich kann das nicht sagen, weil ich kein Original habe, oder beeinträchtigt das den Sicherheitsgrad von vornherein, wenn die Kopie vorliegt?

Sachverst. Heck[er]:

Das Problem ergibt sich daraus, es handelt sich eindeutig um das Schriftbild der Frau Meinhof. Es wäre aber theoretisch möglich, daß diese Schrift z.B. übertragen ist im Wege der Fotomontage oder sogar eine Pausfälschung darstellt. Dabei bleibt es aber erkennbar das Schriftbild von Frau Meinhof. Nur, ich kann nicht sagen, daß sie es geschrieben hat.

Vors.:

Ja, aber Sie können sagen, soweit die Kopie ein Urteil zuläßt, geht es im Wahrscheinlichkeitsgrad auch bis in die höchste Stufe. Nur fehlt eben die Brücke zum Original, die Sie ja nicht vollziehen können.

Sachverst. Heck[er]:

In dem Sinne, wie beispielsweise ...

RA Schn[abel]:

Herr Vorsitzender,[ll] ich beanstande die Frage, die Sie eben stellen. Das ist eine beeinflussende Frage. Der Herr Sachverständige hat klar das Gegenteil dessen ausgesagt, was Sie ihm jetzt in den Mund legen wollen.

Vors.:

Ja, ich kann nicht sehen, warum Sie befürchten, daß ich den Herrn Sachverständigen beeinflußt hätte und zweitens, inwiefern das Gegenteil von ihm gesagt worden sein soll, als das, was ich ihn gefragt habe. Ich bitte Sie, das zu begründen, Herr Rechtsanwalt Schnabel. Die Behauptung allein kann ja nicht ausreichen, dem Senat Grundlage zu geben, ob meine Frage zulässig war oder nicht.[24]

RA Schn[abel]:

Der Herr Sachverständige hat also klar ausgesagt, daß das Schriftbild dem entspricht der Frau Meinhof. Daß er jedoch nicht sagen könnte, ob sie es geschrieben hat. Das ist die Aussage des Herrn Sachverständigen. Sie versuchen nun eine Brücke herzustellen und das ist unzulässig, dergestalt, daß Sie sagen, wenn die Kopie stimmen würde mit dem Original, könnten Sie es dann feststellen? Da[mm] ist der logische Denkfehler drin, daß aufgrund dessen, daß eine Kopie eben nur vorliegt und kein Original, der Herr Sachverständige eben nicht sagen kann, ob die Schrift-Urheberschaft der Frau Meinhof vorhanden ist. Und das können Sie nicht damit überbrücken, indem Sie sagen, wenn es so wäre, wäre es dann. Denn das ist die Hypothese, die Sie stellen, und die können Sie nicht stellen.

[9970] Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich glaub, Sie haben mich mißverstanden. Ich habe es in dem Sinne gemeint, wie Sie selbst ausführen; der Sachverständige kann nicht sagen, ob sie es geschrieben hat, weil das Original fehlt. Aber er kann sich zu einem Sicherheitsgrad anhand der Kopie durchringen, die ihm im Augenblick die Aussage erlaubte, „es ist eindeutig das Schriftbild der Frau Meinhof“. So haben Sie es wörtlich ausgedrückt. Ist es richtig, wenn ich es so verstehe?

Sachverst. Heck[er]:

Ja.

Vors.:

Danke. Dann darf ich Sie bitten, fortzufahren.

Sachverst. Heck[er]:

Des weiteren liegen ebenfalls nur in Kopie die Schriftzüge vor, auf Seite 9 Rückseite: „jed. falls aber“, auf Seite 10: „unerträglichen“, „24 Stunden“, „die Fähigkeit zur Gegengewalt“, des weiteren auf Seite 10 Rückseite: „Kollektive“, „das Beispiel“, „nicht“. Hier sind ebenfalls unter den bereits gemachten Einschränkungen weitestgehende Entsprechungen mit der Handschrift der Frau Ensslin zu erkennen. Die sichere Aussage ist wiederum insofern nicht möglich bezüglich ihrer Urheberschaft. Man kann aber sagen, daß sich die Schriftbilder weitestgehend entsprechen.

Vors.:

Was bedeutet das im Rahmen Ihrer sonstigen Sicherheitsterminologie, „weitestgehend entsprechend“?

Sachverst. Heck[er]:

„Weitestgehend entsprechend“ bedeutet, daß alle Merkmalsausprägungen belegt werden können in beiden Schriftkomplexen, so daß man davon ausgehen muß, daß es sich um die Schriftbilder ein und derselben Person handelt, mit der gemachten Einschränkung.

Vors.:

Würde das bedeuten, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit?

Sachverst. Heck[er]:

Ja.

Vors.:

Danke. Damit wir uns klar sind, Sie benennen, wenn Sie jetzt die Seitenzahlen angeben, immer diesen rechts oben verzeichneten Vermerk?

Sachverst. Heck[er]:

Ja. Auf Seite 16 Rückseite befinden sich wiederum in Kopie die Schriftzüge: „Sich selbst, Bullen, mal sehen, aber, völlig irre, so auch eben, sich selbst liquidieren.“ Hierbei handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um das Schriftbild der Frau Ensslin.

Vors.:

Das war also nun die Pos. 7-13, 19 und 20. Oder 19 und 20 ist wohl noch nicht ...[nn]

Sachverst. Heck[er]:

Auf Seite 20 Rückseite befinden sich originäre Schriftzüge. Die diesbezüglichen vergleichenden Untersuchungen führten zu dem Ergebnis, daß diese Schriftzüge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch sind mit dem Schriftmaterial des Herrn Baader.

[9971] Vors.:

Haben Sie die Seitenzahlen 11-13 schon berücksichtigt?

Sachverst. Heck[er]:

Hier haben sich keine eindeutigen Hinweise auf die Person des Schreibers ergeben.

Vors.:

Jawohl, danke.

Damit kämen wir jetzt zu 60-62, immer noch aus Baader-Material.

Sachverst. Heck[er]:

Auf den Seiten 60 und 62 befinden sich originäre handschriftliche Aufzeichnungen. Und zwar auf Seite 60 die Schriftzüge: „in diesem Gefecht“, und eine längere handschriftliche Passage auf Blatt 62. Bei diesen Schriftzügen handelt es sich oder diese Schriftzüge sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch mit dem Schriftmaterial der Frau Ensslin.

Vors.:

Nun bitte noch die Seite 111 des Baader-Materials. Ist da irgend etwas für Sie Verwertbares enthalten gewesen? Es handelt sich hier um eine Maschinenschrift, die keine[oo] handschriftlichen Einträge enthält. Ich weiß nicht, ob Sie überhaupt dazu weitere Ausführungen machen können oder wollen, wahrscheinlich nicht?

Sachverst. Heck[er]:

Für Maschinenschrift kann ich keine Ausführungen machen.

Vors.:

Ich meine, hatten Sie 111 überhaupt zur Begutachtung vorliegen gehabt?

Sachverst. Heck[er]:

Ja, ich habe diesen Zettel entnommen, um zu sehen, ob er Handschriften[pp] enthält. Er enthält aber außer der Seitenzahl keine handschriftlichen Vermerke.

Vors.:

Es geht nur darum, daß wir das Auftragsschreiben eben voll abhandeln; deswegen wird die Seite 111, die da erwähnt ist, jetzt in der Frageform auch Ihnen nochmals vorgehalten.

Dann bitte ich Sie, zu dem vorbehaltlich der weiteren Beweisaufnahme als Meinhof-Material bezeichneten Schriftstücken zu kommen. Pos. 59-62.

Sachverst. Heck[er]:

Auf dem mit der Nummer 59 bezeichneten Blatt befinden sich wiederum originäre Handschriftenzüge, beginnend mit: „das ist die basis ...“, wobei hier nur die nicht durchstrichenen Schriftzüge untersucht wurden, so daß also bis zu dem Wort „Sartre“ geprüft wurde. Des weiteren die Schriftzüge auf Blatt 62, die beginnen: „also das habe ich ...“ und enden „mit vorher a.“. Die Prüfung dieser Schriftzüge hat ergeben, daß sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch sind mit dem Schriftmaterial des Herrn Baader, während der Schriftzug „nationalen“ auf Blatt 60 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urheberschaftsidentisch ist mit dem Schriftenmaterial der Frau Meinhof.

[9972] Vors.:

Dankeschön. Bei dem Material Blatt 60 und Blatt 62 ist nicht erwähnt worden; hier handelt es sich aber wohl auch um orginäres Material?

Sachverst. Heck[er]:

59, 62 und 60, hier handelt es sich aber[qq] jeweils um originäre Schriftzüge.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Sachverständigen, sehe ich beim Gericht nicht. Ja, Herr Rechtsanwalt Schnabel, bitteschön.

RA Schn[abel]:

Herr Sachverständiger, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie bezüglich der Seiten 7 Rückseite, 8, 9 Rückseite, 10, 10 Rückseite und 16 des sogenannten Baader-Materials ein Gutachten aufgrund von Kopien erstattet haben?

Sachverst. Heck[er]:

Ja.

RA Schn[abel]:

Und habe ich Sie des weiteren richtig verstanden, daß bezüglich dieses Gutachtens Sie lediglich ein Schriftbildgutachten erstattet haben, aber kein Schrifturhebergutachten?

Sachverst. Heck[er]:

Das ist auch richtig.

RA Schn[abel]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen sehe ich nicht. Wird ein Antrag auf Vereidigung des Herrn Sachverständigen gestellt. Kein Antrag, vielen Dank.

Anträge auf Vereidigung des Sachverständigen Dipl. Psych. Hecker werden nicht gestellt.

Der Sachverständige Dipl. Psych. Hecker bleibt gem. § 79 StPO unbeeidigt[25] und wird im allseitigen Einvernehmen um 15.46 Uhr entlassen.

Pause von 15.46 Uhr bis 16.02 Uhr

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen. Gestatten Sie noch einen kurzen technischen Hinweis. Wir haben morgen gewisse Aussichten, daß der Vormittag ausreichen wird für das Beweisprogramm. Am Donnerstag sind uns ja Frau Baader und damit auch Herr Pöter als Vernehmungsbeamter weitgehend weggefallen, so daß auch am Donnerstag die Aussichten bestehen, daß die Sitzung vormittags beendet sein kann. Ich sags für die Herrn Verteidiger, ohne Gewähr. Am Donnerstag sind die Aussichten sicherer als morgen.

Die Herrn Rechtsanwälte, bitteschön. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann?

RA Dr. H[eldmann]:

Ich habe die Anregung an den Senat, die Akten der Staatsanwaltschaft Stuttgart - 10 Js 2404/76 - beizuziehen, das sind die Todesermittlungsakten Ulrike Meinhof. Ich habe am 18. Mai einen Antrag [9973] mit etwa gleicher Zielrichtung gestellt. Das Gericht hat durch den Herrn Vorsitzenden kurz beschieden, die Unterlagen lägen hier nicht vor, Anträge dieser Art seien an die Staatsanwaltschaft Stuttgart zu richten. Deswegen heute meine Anregung, beizuziehen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart stellt sich harthörig. Sie hat etwa mit Schreiben vom 19.5. Professor Jansen, den Zweitobduzenten, die Einsichtnahme in das Erstgutachten, Erstobduktionsgutachten[rr] verwehrt und hat meinen eigenen Antrag, das Nachfolgegutachten zur Verfügung zu stellen, konkludent abgelehnt mit Schreiben vom 26.5. und ganz ernsthaft mit der Begründung, die Akten würden dort noch gebraucht, d.h. also, so tuend, als sei in Stuttgart das Fotokopiergerät noch nicht erfunden. Die Ursachen und Umstände von Frau Meinhofs Tod[26] sind jedoch in dem nun vergangenen Monat beileibe nicht heller, klarer geworden, sondern sie erscheinen unsicherer, unklarer als vor einem Monat. Und die These der Selbsttötung ist heute, nach dem was wir an Material kennengelernt haben, nicht weniger wahrscheinlich, als die dazu passende Gegenthese. Ich erinnere nur ganz kurz, was ich in meinem schriftlichen Antrag vom 18.5. schon angeführt habe. Professor Jansen, der Zweitobduzent sieht sich außerstande, eine abschließende Bewertung der von ihm erhobenen Befunde zu geben, ohne Kenntnis des Erstgutachtens, so schreibt er, einschließlich Nachfolgeuntersuchungen und weiterhin, er nennt sie wünschenswert, Kenntnis des Leichenfundorts, einschließlich der Aufhängesituation. In einer Erörterung seines schriftlichen Gutachtens vom 11.5., die am 1.6. stattgefunden hat, hat Herr Jansen noch einmal besonders auf, wie es hier heißt, relative Wertigkeit einer Zweitsektion hingewiesen. Hat als besonders nachteilig die Nichtkenntnis von Anknüpfungstatsachen, Situation usw. hervorgehoben und wiederholt, daß er für eine abschließende Beurteilung die hier genannten Unterlagen, die sich in der Akte, die ich benannt habe, der Staatsanwaltschaft Stuttgart, befinden, benötige. Herr Jansen hat insbesondere in dieser Erörterung ausgeführt, daß die in meinem Antrag vom 18.5. bereits hervorgehobenen Spuren von Einwirkungen stumpfer körperlicher Gewalt, daß sämtliche diese von ihm in Pos. 3 genannten Spuren frisch im Lebenszustand zugefügte Außeneinwirkungen sind. Und er hat, ich nenne das nur beispielshalber, weil ich Sie ja nicht eine halbe Stunde lang mit Indizien und Beweisanzeichen aufhalten möchte. Darauf kommt es nicht an, sondern es kommt an auf die Aktenkenntnis, und mehr wollen wir nicht. Und er hat insbesondere auch darauf hingewiesen, [9974] daß der von ihm festgestellte Schildknorpelbruch typisch, und wie er sagt, ein Alarmsignal für Dritteinwirkungen darstellt. Ich sagte eingangs, die bisher vertretene, jedoch unüberprüfbar gebliebene These der Selbsttötung ist heute weniger wahrscheinlich als vor einem Monat noch, und ich möchte sagen, nicht wahrscheinlicher als die Gegenthese. Deswegen sieht sich die Verteidigung aus denjenigen Gründen, die sie dem Gericht am 11. und schriftlich am 18.6. vorgetragen hat, noch einmal genötigt, darauf hinzuweisen, daß wir selbst, die Verteidiger, als unsere Fürsorgepflicht es ansehen, volle Aufklärung der Todesumstände und Todesursachen von Frau Meinhof kennenzulernen. Das Ansehen im Hinblick auf unsere, wir können sagen, noch lebenden Gefangenen[ss],[27] daß wir das auch[tt] als eine Fürsorgepflicht des Gerichts ansprechen möchten und darum diese Anregung, die hier zitierten Akten, im wesentlichen aber das Gutachten des Erstobduzenten, wovon uns Fotokopien durchaus reichten, beizuziehen und uns zur Verfügung zu stellen.

Vors.:

Sollen dazu weitere Ausführungen gemacht werden, die[uu] Herrn Verteidiger? Herr Rechtsanwalt Oberwinder?

RA Ob[erwinder]:

Ich will den Antrag des Kollegen Heldmann zunächst ergänzen, weil die gegenwärtige Situation dadurch gekennzeichnet ist, daß wir keinerlei Einblicke haben in das, was die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt hat und was an Umständen sich abgespielt hat. Die Indizien, die der Kollege Heldmann eben angedeutet hat aus dem Sektionsgutachten Jansen, werden halt noch verstärkt durch Recherchen, die wir selbst angestellt haben, z.B., eigenartiger Weise durch Zeitungsmeldungen, die von 1972 stammen, wo bereits schon einmal der Selbstmord Ulrike Meinhofs gemeldet worden ist, und als Motivation die gleichen Begründungen angegeben wurden, die der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Herr Kaul, unmittelbar nach dem Tod von Ulrike Meinhof auch angesprochen hat, nämlich die Spannung zwischen den Gruppenmitgliedern. So hieß es 1972, Ulrike Meinhof habe sich nach grundlegenden Meinungsverschiedenheiten von den übrigen Gruppenmitgliedern getrennt, politisch resigniert und in völliger Isolation Schluß gemacht. Das stammt aus der Süddeutschen Zeitung vom 14.4.1972. Ich möchte aber jetzt in einem anderen Zusammenhang ankündigen, daß die Verteidigung für die Verhandlungstage am 22. und 23. Juli 1976, Juni 1976 gem. § 220 StPO[28] folgende Personen als sachverständige Zeugen auf die genannten Termine laden wird. 1. Herrn Barton Osborne, 2. Herrn Winslow Peck ...

[9975] Vors.:

Herr Rechtsanwalt, Verzeihung, können wir davon ausgehen, daß Sie uns das schriftlich überlassen?

RA Ob[erwinder]:

Nein, das habe ich nicht schriftlich. Aber was die ladungsfähigen Anschriften der jetzt von mir zu nennenden Personen anbelangt, beziehe ich mich auf den Beweisantrag, der auch im Protokoll ist.

Das ist im Verhandlungstag vom 4. Mai und ich will jetzt noch die Personen benennen. Also genannt hatte ich schon Herrn Barton Osborne, dann Herrn Winslow Peck, des weiteren Herrn Philip Agee und Herrn Gary Thomas. Des weiteren, und der ist im Beweisantrag vom 4. Mai nicht benannt, Herrn Phil Kelly, wohnhaft und zu laden in Großbritannien, London, [Anschrift]. Ich will zum Beweisthema jetzt nichts [vv] sagen, das brauche ich auch nicht nach der Strafprozeßordnung, es handelt sich aber im wesentlichen um Beweisthemen, die auch bereits im Antrag vom 4. Mai genannt worden sind.

Vors.:

Nur müssen wir uns klar sein, daß ja dann am Tage der Vernehmung, wenn die Herrn Zeugen da sind, der Vorsitzende zumindest, da er ja das Fragerecht ausüben muß, eingehend die Beweisthemen kennen muß.

RA Ob[erwinder]:

Selbstverständlich.

Vors.:

Wir können also aufgrund dieses Hinweises davon ausgehen und ich gebe es damit allen Prozeßbeteiligten bekannt, daß sich unser Sitzungsprogramm möglicherweise nun[ww] so gestaltet. Wir haben ja angegeben, Dienstag 15.6., außerhalb des vorgedruckten Programms Beate Sturm, Bundesrichter Buddenberg, Mittwoch 16.6. wurde vorbehalten für Verlesungen. Ob dieser Tag nun tatsächlich ausgefüllt wird, ist noch nicht ganz sicher. Es wird aber demnächst entschieden werden. Wir haben weiter angegeben, zwischen Montag 21.6., Mittwoch, 23.6. sei vorgesehen die Vernehmung in der Schweiz. Nach dem Beschluß, der heute bekannt gegeben worden ist, kann davon ausgegangen werden, daß sich dieser Termin mutmaßlich nicht einhalten läßt. Wir könnten also dann in der Tat für 22. und 23.6. Sitzungen mit den [xx] Beweiserhebungen durch in die Sitzung gestellte Beweispersonen vorsehen. Ich bitte also alle Beteiligten, sich auf den 22. und 23.6., unter allen Vorbehalten, die das Gericht hier machen muß, weil es ja die Einzelheiten auch noch nicht voll kennt, einzurichten. Am Donnerstag, 24.6., vormittags Sitzung, nicht aber nachmittags. Ich weise nochmals darauf hin, am 24.6. sind vor- [9976] gesehen die Herrn Sachverständigen Windhaber und die Zeugen KHK Schulze, KHK Schnell, 1. Kriminalhauptkommissar Klaus und Hermine Parish. Darf ich noch fragen, sind die Zeugen, die Sie im Auge haben, in der Lage, deutsch auszusagen oder bedarf es hier eines Dolmetschers.

RA Ob[erwinder]:

Die sind wohl nur zum Teil in der Lage, deutsch auszusagen, so daß ein Dolmetscher erforderlich sein wird.

Vors.:

Dann müßten Sie aber dafür Sorge tragen, daß ein Gerichtsdolmetscher mit zur Verfügung steht. Ich würde Ihnen empfehlen, sich dann an das Übersetzungsbüro Führer zu wenden. Hier sind, glaube ich, mehrere Herrn in der Lage, aufzutreten. Das ist wohl keine Schleichwerbung, die ich hier betreibe, sondern Herrn Führer hatten wir hier schon. Aber Sie müssen also dafür Sorge tragen, daß ein vereidigter Gerichtsdolmetscher dann zur Verfügung steht.[29]

RA Ob[erwinder].:

Ja.[yy]

RA Schi[ly]:

Notfalls könnte der 24. Juni vormittags dann noch, falls sich an den beiden Tagen das Beweisprogramm nicht erschöpfen läßt, dann noch dafür verwendet werden?

Vors.:

Ich habe gerade darauf hingewiesen, Herr Rechtsanwalt Schily, vier Beweispersonen sind da. Das Beweisprogramm ist nicht sehr ... fünf Beweispersonen, vier Zeugen, ein Sachverständiger.

RA Schi[ly]:

Nein, weil Sie sagten 24., wenn ich das richtig mitbekommen habe, nachmittags soll es da erst beginnen oder ...

Vors.:

Nachmittags kann hier ...

RA Schi[ly]:

Ach soll ausfallen.

Vors.:

Da sind einzelne Richter-Mitglieder[zz] verhindert. Wir haben nur den Vormittag. Es ließe sich noch vielleicht 1 Stunde oder 1 ½ Stunden rausholen, neben dem Beweisprogramm. Das wäre denkbar.

Weitere Wortmeldungen zu dem bitte? Herr Rechtsanwalt Schily?

RA Schi[ly]:

Ich habe die kurze Erklärung abzugeben, daß die Verteidigung, das entspricht den Ausführungen des Kollegen Dr. Heldmann, für erforderlich hält, die Aufklärung der Umstände, unter denen Ulrike Meinhof zu Tode gekommen ist, in die Verteidigung einzubeziehen und zwar so, wie ich es gesagt habe, in die Verteidigung einbeziehen, denn das, was sich aus dieser Aufklärung ergibt, kann unmittelbar auch für dieses Verfahren von Bedeutung sein. Jenseits aller Überlegungen der Fürsorgepflicht. Weiter darf ich ankündigen, daß die Verteidigung außer den von dem Kollegen Oberwinder genannten Zeugen noch weitere präsente Beweismittel[30] in dieses Verfahren einführen wird. Dazu werden wir entsprechend der Strafprozeßordnung den Herrn Vorsitzenden rechtzeitig unterrichten. Und 3. darf ich hier einen schriftlichen [9977] Text der Erklärung, den die Gefangenen in der Sitzung vom 4. Mai 1976 abgegeben haben, überreichen, mit dem Antrage, dies als Protokollanlage zu der Niederschrift vom 4.5.1975 zu nehmen, als Anlage zu dem Protokoll vom 4.5.76 und gleichzeitig das Protokoll entsprechend zu berichtigen. Insbesondere das, was Frau Ensslin gesagt hat, ist nach Überzeugung der Verteidigung nicht ganz entsprechend dem Wortlaut ins Protokoll aufgenommen worden. Ich nehme an, daß die Bänder noch vorhanden sind, daß man das noch entsprechend korrigieren kann.

Rechtsanwalt Schily übergibt einen schriftlichen Text von 3 Seiten einer Erklärung der Angeklagten in der Sitzung vom 4. Mai 1976

Vors.:

Ja. Sind die Bänder noch vorhanden? Ja, wird bestätigt. Wir wollen es dann vergleichen. Sollte sich ergeben, daß im Wege der einfachen Korrektur die Erklärungen vollends ergänzt werden können, besteht dann Bedürfnis, das als Anlage zu nehmen?

RA Schi[ly]:

Also ich würde vorschlagen, das auf jeden Fall als Anlage, falls sich dann noch Differenzen ergeben sollten ... Wenn natürlich der volle Wortlaut, so wie er da jetzt schriftlich niedergelegt ist, in Protokoll auch nach Abhören erscheint und von Ihnen dann ... dann ist es in Ordnung. Falls da vielleicht irgendwelche Schwierigkeiten beim Abhören bestehen, das mag auch sein, mitunter stelle ich anhand des Protokolls fest, daß also doch, also auch akustisch das offenbar schwer wahrzunehmen, dadurch auch Schreibfehler sich ergeben, dann müßte man sich halt noch einmal verständigen.

Vors.:

Gut. Es wird zunächst mal als Schreibhilfe mit benützt, zu Vergleichszwecken. Es könnte sich ja auch ergeben, daß mündlich etwas anderes erklärt worden ist, als sich schriftlich zeigt ...

RA Schi[ly]:

Ich gehe davon aus, daß das der richtige Text ist. Falls der wiederum auch wiederum, abweichen sollte ...

Vors.:

... wäre er als Anlage untauglich. Gut, sind wir uns einig. Sonstige Erklärungen? Will sich die Bundesanwaltschaft zu der gegebenen Anregung äußern? Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. Wu[nder]:

Eine Stellungnahme zur beabsichtigten Präsentierung von Zeugen erübrigt sich. Der Feststellung der Art des Todes von Frau Meinhof, soweit das überhaupt noch fraglich sein kann, dient meines Erachtens das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Weder dieses Gericht noch die hiesigen Anklagevertretung sind befugt, in jenem[aaa] Verfahren oder nebenher tätig zu werden. Wenn die [9978] Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart entweder entsprechend weit gediehen oder abgeschlossen sind, dann wird das Wesentliche dieser Ermittlungen sicher bekannt gegeben und auch dem Senat zugänglich worden, davon bin ich überzeugt. Einen Anlaß, die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Stuttgart beizuziehen, besteht meines Erachtens derzeit jedenfalls nicht.

Vors.:

Dankeschön. Ich glaube, wir sind damit am Ende des heutigen Sitzungsprogramms. Fortsetzung morgen früh um 9.00 Uhr.

Ende der Sitzung 16.19 Uhr

Ende von Band 569


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] Der Vorsitzende Dr. Prinzing bezieht sich hier auf die Rechtsanwälte Dr. Heldmann und Schily, die den Angeklagten Baader (Heldmann) und Ensslin (Schily) als Pflichtverteidiger beigeordnet waren. Die Beiordnung als Pflichtverteidiger/in dient dem öffentlichen Interesse, dafür zu sorgen, dass Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhalten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242). Daher gehen mit ihr besondere Pflichten einher, darunter die Anwesenheitspflicht während der Hauptverhandlung, und zwar unabhängig davon, ob weitere (Pflicht-)Verteidiger/innen anwesend sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2015 - Az: 2 Ws 203/15, NStZ 2017, S. 436, 437 f.). Da den Angeklagten neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei weitere Verteidiger zur Sicherung des Verfahrens (gegen ihren Willen) beigeordnet worden waren, konnte die Hauptverhandlung trotz zwischenzeitlicher Abwesenheit der Vertrauensverteidigung fortgesetzt werden. Die Angeklagten weigerten sich jedoch, mit den von ihnen sog. Zwangsverteidigern zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[3] Bestimmten Angehörigen einer beschuldigten Person, darunter allen in gerader Linie mit ihr Verwandten, steht nach § 52 StPO ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht zu.

[4] Es gibt kein grundsätzliches Verbot, eine Verhörperson als Zeug/in zu vernehmen. Unzulässig ist die Vernehmung der polizeilichen Verhörperson aber dann, wenn sich die vernommene Person in der Hauptverhandlung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht beruft und dies durch Vernehmung der Verhörperson umgangen werden soll (dies wird aus § 252 StPO hergeleitet, s. BGH, Urt. v. 15.1.1952 - Az.: 1 StR 341/51, BGHSt 2, S. 99, 104 f.).

[5] Ausländische Zeug/innen können nicht dazu verpflichtet werden, vor einem deutschen Gericht zu erscheinen. Zwangsmittel stehen nicht zur Verfügung. Im Falle einer Weigerung des/der Zeug/in besteht aber die Möglichkeit der kommissarischen Vernehmung: § 223 StPO ermöglicht die Vernehmung durch ersuchte oder beauftragte Richter/innen, wenn dem Erscheinen von Zeug/innen in der Hauptverhandlung nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen, oder ihnen das Erscheinen wegen großer Entfernungen nicht zugemutet werden kann. Das Ergebnis der Vernehmung kann gem. § 251 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StPO a.F. (heute: § 251 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StPO) durch Verlesen des richterlichen Vernehmungsprotokolls in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Während der/die beauftragte Richter/in dem mit der Sache befassten Spruchkörper angehört und von diesem mit einer bestimmten Prozesshandlung betraut wird, gehört der/die ersuchte Richter/in dem an sich zuständigen Spruchkörper gerade nicht an, sondern wird für diesen im Wege der Rechtshilfe tätig (vgl. §§ 361 Abs. 1, 362 Abs. 1 ZPO). Letzteres kann insbesondere erforderlich werden, wenn sich Zeug/innen im Ausland aufhalten und der Aufenthaltsstaat einer Vernehmung durch beauftragte Richter/innen nicht zustimmt; in diesem Fall kann die Vernehmung durch Richter/innen des Aufenthaltsstaates im Wege der Rechtshilfe erfolgen (Arnoldi, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 223 Rn. 17 ff.).

[6] Findet eine Vernehmung durch Mitglieder des erkennenden deutschen Gerichts im Ausland statt, so findet die Strafprozessordnung unmittelbar Anwendung. Wenn aber eine Vernehmung im Rechtshilfewege stattfindet, gilt das Recht des Staates, in dem der/die Zeug/in vernommen wird, hier also das Recht der Schweiz (BGH, Urt. v. 6.5.1951 - Az.: 1 StR 129/51, BGHSt 1, S. 219 ff.; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 251 Rn. 34).

[7] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[8] Anlage 1 zum Protokoll vom 8. Juni 1976: Senatsbeschluss zur kommissarischen Vernehmung des schweizerischen Staatsangehörigen Claude Meier.

[9] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[10] § 72 StPO erklärt die Vorschriften für Zeug/innen auch für Sachverständige anwendbar, wenn nicht in den nachfolgenden Vorschriften Abweichendes geregelt ist. § 79 StPO enthält eine solche Abweichung im Vergleich zu § 57 StPO a.F. im Hinblick auf die Vereidigung: Während die Vereidigung für Zeug/innen im Regelfall vorgesehen war, findet die Vereidigung von Sachverständigen nach dem Ermessen des Gerichts statt; die Regel ist hier die Nichtvereidigung.

[11] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[12] Rechtsanwalt Horst Mahler war ein führendes Mitglied der ersten RAF-Generation. Seine zentrale Rolle bei der Entstehung der RAF ist jedoch gegenüber den hier Angeklagten Baader, Ensslin und Meinhof in den Hintergrund gerückt. Er war maßgeblich an der Vorbereitung der als „Geburtsstunde der RAF“ bezeichneten Befreiung Baaders aus der Haft im Mai 1970 beteiligt. Im September 1970 überfiel er u.a. zusammen mit Andreas Baader und Irene Goergens eine Bank in West-Berlin; bereits eine Woche später wurde er verhaftet. Im Jahr 1972 begann der Prozess gegen ihn vor dem Kammergericht Berlin wegen gemeinschaftlich begangenen Raubes in Tateinheit mit der Gründung einer kriminellen Vereinigung. Im Februar 1973 wurde er zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwölf Jahren verurteilt. Unter Einbeziehung dieser Strafe wurde er im November 1974 aufgrund seiner Beteiligung an der Baader-Befreiung zu einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe in Höhe von 14 Jahren verurteilt. Zwischen Mahler und dem Führungsduo Baader/Ensslin ergaben sich immer wieder Differenzen. Spätestens mit der Ablehnung seiner Freilassung im Austausch gegen den im Februar 1975 entführten Politiker Peter Lorenz sagte er sich endgültig von der RAF los. Nach seiner Haftentlassung im Jahr 1980 durchlief Mahler eine radikale politische Kehrtwende. Ende der 90er Jahre bekannte er sich erstmals öffentlich zum Rechtsradikalismus, im Jahr 2000 trat er in die NPD ein. Wegen antisemitischer Hetze wurde er mehrfach wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt (Jander, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 372 ff.; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 40 ff., 53, 67 f.).

[13] Monika Berberich gehörte zur ersten RAF-Generation. Während ihrer Hinwendung zur RAF in deren Gründungsphase bestand sie ihr zweites juristisches Staatsexamen. Eine Station ihres Referendariats absolvierte sie bei Rechtsanwalt Horst Mahler. Im Sommer 1976 gelang ihr zusammen mit Gabriele Rollnik, Inge Viett und Juliane Plambeck, die zur Bewegung 2. Juni gehörten, die Flucht aus einem Berliner Gefängnis. Nach ihrer erneuten Festnahme blieb Berberich bis 1988 in Haft (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 54 f., 86 ff.).

[14] Die Soziologiestudentin Brigitte Asdonk gehörte zur ersten Generation der RAF. Im Sommer 1970 reiste sie mit anderen RAF-Mitgliedern zur paramilitärischen Ausbildung nach Jordanien. Zusammen mit Horst Mahler, Ingrid Schubert, Monika Berberich und Irene Goergens wurde sie bereits im Oktober 1970 in einer konspirativen Wohnung in der Berliner Knesebeckstraße verhaftet. Vorgeworfen wurde ihr die Bildung einer kriminellen Vereinigung, die Beteiligung an Banküberfällen und unbefugter Waffenbesitz. Die Hauptverhandlung gegen sie und fünf weitere RAF-Mitglieder (Monika Berberich, Irene Goergens, Ingrid Schubert, Hans-Jürgen Bäcker und Eric Gusdat) begann am 24. November 1972 vor dem LG Berlin und galt zu diesem Zeitpunkt mit über 300 vorgesehenen Zeug/innen und fast 80 geplanten Verhandlungstagen als einer der „umfangreichsten und wahrscheinlich auch längsten Prozesse der deutschen Justizgeschichte“ (zitiert nach Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 83). Mit Urteil vom 28.6.1974 wurde Asdonk zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zu zehn Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, a.a.O., S. 83 ff., 167 f.).

[15] Die Schülerin Irene Goergens war u.a. an der Baader-Befreiung am 14. Mai 1970 beteiligt. Bereits im Mai 1972 wurde sie deshalb durch das Landgericht Berlin zu einer Jugendstrafe in Höhe von vier Jahren verurteilt. Unter Einbeziehung dieser Strafe verurteilte das LG Berlin Goergens wegen Teilnahme am „Dreierschlag“ (der gleichzeitige Überfall auf drei Banken am 29. September 1970 in West-Berlin) zu sieben Jahren Jugendstrafe (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 71 ff.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, S. 21 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 169, 760 Anm. 47).

[16] Die Ärztin Ingrid Schubert war Mitglied der RAF und u.a. am 14. Mai 1970 an der gewaltsamen Befreiung von Andreas Baader aus der Haft beteiligt. Sie wurde zusammen mit Irene Goergens, Horst Mahler, Brigitte Asdonk und Monika Berberich im Oktober 1970 in einer Berliner Wohnung verhaftet. Schubert wurde im Mai 1972 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sechs Jahren, später mit Urteil vom 28.6.1974 unter Einbeziehung dieser Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von 13 Jahren verurteilt. Sie nahm sich am 12. November 1977 in ihrer Gefängniszelle das Leben (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 157; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 71 ff., 328; Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 38, 93; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 169, 760 Anm. 47).

[17] Anlage 2 zum Protokoll vom 8. Juni 1976: Aussagegenehmigung für KOK Huwe.

[18] Der brasilianische Revolutionär Carlos Marighella (1911-1969) kämpfte ab 1967 mit der von ihm gegründeten Ação Libertadora Nacional (ALN) gegen die brasilianische Militärdiktatur. Die ALN verstand sich als Stadtguerilla. Ihr theoretisches Fundament wurde von Marighella selbst aufgestellt. Es fand seinen Niederschlag vor allem in dem 1970 veröffentlichten „Minihandbuch des Stadtguerilleros“. Diese Schrift wurde international unter anderem von der RAF rezipiert. In der Bundesrepublik fanden daneben auch die Tupamaros München und West-Berlin Anleihen für ihre Organisation und Aktionen bei Marighella (Rübenach, in Straßner [Hrsg.], Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 411 f., 424 ff., 433 f.).

[19] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).

[20] Urkunden wurden zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 Satz 1 StPO a.F.). Heute ist zu diesem Grundsatz eine weitere Möglichkeit des Urkundenbeweises hinzugetreten: Anstelle der Verlesung kann die Urkunde in einigen Fällen mittels Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt werden (§ 249 Abs. 2 StPO), was eine Ausnahme zum sonst im Strengbeweis geltenden Mündlichkeitsgrundsatz darstellt (Kudlich, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, Einl. Rn. 185, 189).

[21] Anlage 3 zum Protokoll vom 8.6.1976: Aussagegenehmigung für KHM Neumeyer.

[22] Die Fotografin Astrid Proll hatte bereits im Oktober 1967 im Zuge der Vietnam-Demonstration versucht, mit Baader einen Sprengstoff-Anschlag auf das Berliner Amerikahaus durchzuführen, der jedoch scheiterte. Zusammen mit Baader und Ensslin ging sie 1969 in den Untergrund. Anfang Mai 1971 wurde sie in Hamburg verhaftet. Während ihrer Einzelhaft in der JVA Köln-Ossendorf verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand, sodass das Verfahren gegen sie vor dem LG Frankfurt im Herbst 1973 unterbrochen und sie im Februar 1974 schließlich wegen Haftunfähigkeit entlassen werden musste. Anschließend tauchte sie unter. Im September 1978 wurde sie schließlich in London verhaftet und im Sommer 1979 in die Bundesrepublik ausgeliefert, wo sie zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von fünfeinhalb Jahren verurteilt wurde. Da Proll bereits längere Zeit in Untersuchungshaft gesessen hatte, wurde ihr diese Zeit angerechnet und sie wurde auf Bewährung entlassen (Edschmid, Frau mit Waffe, 3. Aufl. 2014, S. 171 f.; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 41; Kraushaar, Die blinden Flecken der RAF, 2017, S. 47, 150; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 125 f.).

[23] Heinrich Jansen war ein frühes Mitglied der RAF. Nach der militärischen Ausbildung im Nahen Osten war er mit Meinhof und Ruhland u.a. verantwortlich für die Beschaffung von Waffen, Geld und Pässen. Darüber hinaus nahm er an den Berliner Banküberfällen vom 29. September 1970 teil. Im Dezember desselben Jahres wurde Jansen nach einem gescheiterten Autodiebstahl verhaftet. Da er sich seiner Festnahme durch Schüsse auf zwei Polizeibeamte entziehen wollte, wurde er 1973 wegen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren verurteilt (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 246, 254 ff., 271 ff.; Straßner, in Ders. [Hrsg.] Sozialrevolutionärer Terrorismus, 2008, S. 209, 218).

[24] Über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet - soweit der/die Vorsitzende sie nicht bereits nach § 241 Abs. 2 StPO zurückweisen kann (insbesondere eigene Fragen sowie solche der beisitzenden Berufsrichter/innen) - gem. § 242 StPO das Gericht, das ist in diesem Fall der Senat in voller Besetzung (zur Anwendbarkeit des § 242 StPO auf Fragen von Berufsrichter/innen s. Schünemann, StV 1993, S. 607 ff.).

[25] Die Vereidigung von Sachverständigen erfolgt nach dem Ermessen des Gerichts (§ 79 Abs. 1 StPO), wenn besondere Umstände die Vereidigung zweckmäßig erscheinen lassen; der Regelfall ist die Nichtvereidigung (BGH, Urt. v. 22.2.1967 - Az.: 2 StR 2/67, BGHSt 21, S. 227, 228). Nach damaliger Rechtslage war die Vereidigung aber zwingend, wenn dies durch die Staatsanwaltschaft, Angeklagte oder die Verteidigung beantragt wurde (§ 79 Abs. 1 Satz 2 StPO a.F.).

[26] Am Morgen des 9. Mai 1976 wurde Ulrike Meinhof tot in ihrer Zelle aufgefunden. Nach der öffentlichen Bekanntgabe, Ulrike Meinhof habe Selbstmord begangen, entstanden in mehreren deutschen Städten Proteste. In anderen europäischen Ländern wurden deutsche Einrichtungen angegriffen. Die übrigen RAF-Insass/innen sowie weitere Sympathisant/innen und Unterstützer/innen gingen von einem Mord aus. Meinhofs Tod wurde damit zu einem auch medial breit diskutierten Ereignis. Auf Druck u.a. von Meinhofs Angehörigen wurde schließlich eine Nachobduktion durchgeführt, die jedoch zu keinem eindeutigen Ergebnis führte. Außerdem nahm sich eine internationale Untersuchungskommission des Falls an. Sie bestand überwiegend aus Jurist/innen, Ärzt/innen und Journalist/innen aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Dänemark; unter den Mitgliedern befanden sich auch bekannte Persönlichkeiten wie etwa Simone de Beauvoir. In ihrem Bericht aus dem Jahr 1978 kam die Kommission zu dem Schluss, dass ein Selbstmord Meinhofs nicht erwiesen sei. Gegenteilige Beweise erbrachte die Kommission allerdings ebenfalls nicht. Die genauen Umstände von Meinhofs Tod blieben weiterhin umstritten (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 394 ff.; Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 268 ff.; März, Linker Protest nach dem Deutschen Herbst, 2012, S. 159 ff.; Terhoeven, Deutscher Herbst in Europa, 2014, S. 398 ff.; zum Bericht der Kommission s. Internationale Untersuchungskommission zum Tode Ulrike Meinhofs, Der Tod Ulrike Meinhofs: Bericht der Internationalen Untersuchungskommission, 1979).

[27] Noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) verstarb der ursprünglich Mitangeschuldigte Holger Meins am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Für seinen Tod machten die Angeklagten staatliche Akteure, u.a. den Vorsitzenden Dr. Prinzing sowie die Bundesanwaltschaft verantwortlich (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.).

[28] Lehnt der/die Vorsitzende die Ladung einer Person ab, so können Angeklagte die Person selbst unmittelbar laden (§ 220 Abs. 1 StPO).

[29] Grundsätzlich ist die Zuziehung von Dolmetscher/innen Aufgabe des Gerichts. Dies ergibt sich aus § 191 Satz 2 GVG (Oğlakcıoğlu, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 185 GVG Rn. 50; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 185 GVG Rn. 7). Weshalb dies hier - offenbar unbeanstandet - der Verteidigung überlassen wurde, lässt sich nicht zweifelsfrei klären. Eine mögliche Erklärung ergibt sich aus § 245 StPO, der in seiner damaligen Fassung eine deutlich verstärkte Beweiserhebungspflicht des Gerichts für sog. präsente Beweismittel enthielt (Fn. 30). Die Anwendbarkeit des § 245 StPO erfordert auch die Verwendbarkeit des Beweismittels, was in Bezug auf Zeug/innen bedeutet, dass sie (ggf. unmittelbar durch eine/n Angeklagte/n, § 220 Abs. 1 StPO) vorgeladen und erschienen sein müssen. Letzteres setzt neben der bloßen Anwesenheit auch die Vernehmungsfähigkeit (und -bereitschaft) voraus (Schmitt, in Meyer-Großner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 245 Rn. 3). Ist ein/e Zeug/in der deutschen Sprache nicht mächtig, soll er/sie nur verwendbar sein, wenn ein/e anwesende/r oder unverzüglich beizuziehende/r Dolmetscher/in für eine Übersetzung zur Verfügung steht (Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Strafprozessordnung, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 245 Rn. 16).

[30] Für präsente Beweismittel enthielt § 245 StPO a.F. im Vergleich zu absenten Beweismitteln nur sehr eingeschränkte Ablehnungsgründe; die Ablehnung präsenter Beweismittel war nur möglich, wenn die Beweiserhebung unzulässig war oder nur zum Zwecke der Prozessverschleppung beantragt wurde. Für präsente Beweismittel bestand daher eine verstärkte Beweiserhebungspflicht des Gerichts (Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 245 Anm. 1). Inzwischen wurde die Erstreckung der Beweisaufnahme auf präsente Beweismittel von einem vorherigen Beweisantrag abgängig gemacht, welcher in seinen Ablehnungsgründen denen für absente Beweismittel weiter angenähert wurde (§ 245 Abs. 2 StPO).


[a] Maschinell eingefügt: Dr.

[b] Maschinell eingefügt: auf das Gerichtstonband

[c] Maschinell eingefügt: ... ja

[d] Handschriftlich ergänzt: Sicherstellungen

[e] Maschinell ergänzt: Personen

[f] Handschriftlich ersetzt: dem durch den

[g] Handschriftlich ergänzt: Oberarmen

[h] Maschinell ersetzt: ... durch Aufgabe

[i] Handschriftlich ergänzt: einen

[j] Handschriftlich ergänzt: genauere

[k] Maschinell eingefügt: sich

[l] Maschinell durchgestrichen: geschrieben

[m] Maschinell eingefügt: innen

[n] Maschinell eingefügt: Denn

[o] Handschriftlich ergänzt: dann

[p] Maschinell eingefügt: gerade

[q] Handschriftlich durchgestrichen: Einer

[r] Maschinell eingefügt: noch

[s] Maschinell eingefügt: zwei

[t] Maschinell eingefügt: aber

[u] Maschinell eingefügt: KOM

[v] Maschinell eingefügt: KOM

[w] Maschinell eingefügt: mehr

[x] Maschinell eingefügt: können

[y] Handschriftlich durchgestrichen: zu erklären

[z] Maschinell durchgestrichen: Ihre sein kann

[aa] Maschinell eingefügt: teilzunehmen.

[bb] Maschinell eingefügt: KHM

[cc] Handschriftlich durchgestrichen: das

[dd] Maschinell durchgestrichen: sie

[ee] Maschinell eingefügt: Und

[ff] Handschriftlich ergänzt: bezeichnete

[gg] Maschinell ersetzt: werden durch wird

[hh] Maschinell durchgestrichen: sich

[ii] Maschinell ersetzt: um durch wieder um

[jj] Maschinell ersetzt: erläutern durch erwähnen

[kk] Maschinell eingefügt: Der

[ll] Maschinell eingefügt: Herr Vorsitzender,

[mm] Handschriftlich durchgestrichen: Dann

[nn] Maschinell eingefügt: Oder 19 und 20 ist wohl noch nicht ...

[oo] Handschriftlich durchgestrichen: keinen

[pp] Handschriftlich ergänzt: Handschriften

[qq] Maschinell eingefügt: aber

[rr] Maschinell eingefügt: Erstobduktionsgutachten

[ss] Handschriftlich ergänzt: lebenden Gefangenen

[tt] Handschriftlich eingefügt: auch

[uu] Maschinell eingefügt: die

[vv] Handschriftlich durchgestrichen: mehr

[ww] Maschinell eingefügt: nun

[xx] Maschinell durchgestrichen: durch

[yy] Maschinell eingefügt: RA.Ob.: Ja.

[zz] Maschinell ergänzt: Richter-Mitglieder

[aaa] Handschriftlich ersetzt: jedem durch jenem