11. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 1. Juli 1975, 13.35 Uhr



[835] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 1. Juli 1975, 13.35 Uhr.

(11. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte waren anwesend:

Just. Ass. z. A. Clemens,

Just. Ass. z. A. Scholze.

Die Angeklagten waren anwesend mit ihren Verteidigern Rechtsanwälte Becker, Heldmann, Riedel, v[on] Plottnitz, Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel, König, Linke, Grigat.

Vors.:

Herr RA Heldmann, Sie hatten angekündigt, daß Sie jetzt möglicherweise einen Antrag stellen wollen.

RA He[ldmann]:

Vorher ergänzend:

Herr Schily hat keinen Platz in der Maschine bekommen. Er konnte also deswegen aus technischen Gründen nicht hier sein. Darf ich den Senat bitten, zunächst Frau Ensslin zu einem kurzen Antrag das Wort zu geben?

Vors.:

Frau Ensslin, bitte.

Angekl. Enss[lin] (Zunächst nicht verständlich):

Ich beantrage:

Künzel[1] aus dem Saal zu weisen,

ihn zu entbinden.

Er ist am letzten Verhandlungstag vor Unterbrechung der Verhandlung durch die Aktion der B. Anwaltschaft in seiner Funktion als Staatsschutzverteidiger in Aktion getreten, indem er den Ablehnungsantrag[2] als Rechtsmißbrauch bezeichnet hat und [836] angekündigt hat, er[a] werde ihn der Berliner Rechtsanwaltskammer zuleiten.[3]

Vors.:

Will sich die B. Anwaltschaft bzw. zunächst, Herr RA. Künzel, wollen Sie sich dazu äußern?

RA Kü[nzel]:

Es ist hier in diesem Saal ein Antrag verlesen worden, der aus meiner Sicht hohen Unrechtsgehalt hatte. Ein Antrag, der denjenigen, der ihn stellt, zumindest der Gefahr weiterer Strafverfolgung aussetzt, nicht wahr. Die Anzeige, die im Oktober bereits gestellt wurde[4], ist ja nun[b] erwidert worden mit einer Anzeige wegen falscher Anschuldigung.[5] Und weil ich das nicht gern habe, daß ein Mandant, für den ich zu denken habe, sich hier strafbar macht, deshalb habe ich mich gegen diesen Antrag in der Weise gewandt.

Vors.:

Will sich die B. Anwaltschaft dazu äußern?

BA Dr. Wu[nder]:

Ich beantrage

Ablehnung.

Es sind keine Gründe dargetan, die eine Entpflichtung fordern würde.

Vors.:

Ich gebe dann auch gleich bekannt, daß ich dem Antrag nicht stattgebe. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum Herr RA Künzel als Pflichtverteidiger entpflichtet werden müßte.[6] Daß er das Verhalten eines Berufskollegen als standeswidrig betrachtet, ist seine Sache; wenn er daraus die Konsequenz zieht, ebenfalls.

RA’in Becker:

Ich bitte um Senatsbeschluß.

Vors.:

Das hat mit dem Senat nichts zu tun. Die Bestellung und Abbestellung von Pflichtverteidigern ist Sache des Vorsitzenden.

Angekl. Baa[der]:

Ich wollte dazu noch was sagen.

Vors.:

Nein, Herr Baader, Sie haben dazu jetzt im Augenblick nicht das Wort. Der Antrag ist beschieden. Es gibt keinen Gesichtspunkt mehr, was Sie dazu zu sagen hätten. Es richtet sich auch [837] gegen Herrn RA Schily. Er hat nicht Ihre Verteidigung. Herr RA Heldmann, wollen Sie zu Ihrem Antrag kommen?

RA He[ldmann]:

Herr Baader fühlt sich offensichtlich durch diesen Vorgang persönlich - auch für seine Verteidigung - betroffen.

Vors.:

Das mag sein. Das ist kein Gesichtspunkt, warum jetzt eine bereits entschiedene Sache von ihm kommentiert werden müßte. Es sei denn, er würde einen eigenen Antrag stellen wollen.

RA He[ldmann]:

... werden wir einen neuen Antrag vorbereiten.

Als Verteidiger von Andreas Baader rüge ich ausdrücklich und wiederholt, daß Herr Baader weiterhin ohne diejenige Verteidigung ist, die ihm Strafprozeßordnung, Verfassung und Völkerrecht garantieren. Hierfür verweise ich zunächst auf die Begründung meines Aussetzungsantrags vom 11.6.1975.[7] Ich erhebe darüber hinaus gegen den Beschluß des Senats vom 11.6.75, mit dem mein Aussetzungsantrag abgelehnt worden ist,

Gegenvorstellungen.[8]

Der Kern für die Begründung jenes Senatsbeschlusses war die Tatsachenbehauptung, Andreas Baader habe vor Beginn der Hauptverhandlung ausreichend Zeit gehabt, sich einen neuen Verteidiger seines Vertrauens zu suchen, diesen zu mandieren und alsdann mit diesem seine Verteidigung vorzubereiten. Das ist der Kern des Senatsbeschlusses. Eine Tatsachenbehauptung, von der ich sage, sie ist handgreiflich falsch.

Erstens:

Konnte Andreas Baader darauf vorbereitet sein, daß just fünf Monate vor Beginn dieser Hauptverhandlung der Gesetzgeber im Zweitagegalopp eine auf seine - Baaders Verteidigung und die der anderen Angeklagten - Verteidigung gezielte grundlegende Änderungen[9] der nahezu 100-jährigen StPO absonderten; die 2. und 3. Beratung - und daran bitte ich, erinnern zu dürfen - des Verteidigerausschlussgesetzes[10] im B. Tag haben am 18.12., an einem einzigen Tag, stattgefunden. Der B. Rat hat [838] bereits am nächsten Tag - am 19.12. - seine Zustimmung zu diesem Verteidigerausschlußgesetz erteilt. Am 20. ist es[c] bereits verkündet worden.

Zu der Begründung dieses höchst ungewöhnlichen Gesetzeswerks - und bitte beachten Sie die Situation des heutigen Angeklagten Baader - zur Begründung dieses höchst ungewöhnlichen Gesetzeswerks, das selbst Juristen mit vieljähriger Praxis so nicht haben in der Entwicklung und in dem Ergebnis nicht haben voraussehen können; ein Gesetzgebungswerk, das in Wahrheit ein Werk der Exekutive ist, welchem das Parlament unreflektiert akklamiert hat. Zur Begründung dieses Gesetzgebungswerks zitiere ich den Abgeordneten Dr. Lenz aus der 138. Sitzung des B. Tags am 18.12.74 wörtlich:

„Diese Gesetzregelung ist erforderlich geworden, weil eine kleine Gruppe von etwa 2 Dutzend Anwälten ganz bewußt die Streichung der früher gegebenen Überwachungsmöglichkeiten dazu mißbraucht, eine revolutionäre Tätigkeit zu unterstützen. Nur um die Bekämpfung dieser Anwälte handelt es sich hier. Hier handelt es sich nicht darum, die Möglichkeiten der normalen Strafverteidigung einzuschränken; denn eine normale Strafverteidigung haben diese Verteidiger, diese sog. Verteidiger, muß ich ja sagen, überhaupt nicht im Sinn.“

Ende dieses Zitats,

und ich denke, dieser Text aus der Gesetzesbegründung kommentiert sich selber. Es ist also ein Ausnahmegesetz zugeschnitten für die sog. ... für den sog. RAF-Prozeß.

Zweitens:

Konnte Andreas Baader darauf vorbereitet sein, daß just rund 2 Monate vor Beginn dieser Hauptverhandlung der General-B. Anwalt nunmehr begonnen hat, mit listig gezielten Terminierungen einen nach dem anderen seiner - Baaders 3 Wahlverteidiger - herauszuschießen aus diesem Verfahren. Das Unternehmen begann - ich wiederhole - genau 2 Monate vor Beginn dieser Hauptverhandlung.

[839] Am 3.3.75 hat der Generalbundesanwalt den Ausschluß des Verteidigers Croissant beantragt; am 22.4.75 - genau 30 Tage vor Beginn dieser Hauptverhandlung - hat das OLG den Ausschluß dieses Verteidigers verfügt; erst am 22.5.75 - einen Tag also nach Beginn dieser Hauptverhandlung - hat Dr. Croissant den Beschluß des B. Gerichtshofs vom 20.5. erhalten, mit welchem sein Ausschluß bestätigt worden ist; am 11.3.75 hat der Generalbundesanwalt den Ausschluß des nächsten Wahlverteidigers von Andreas Baader, des Kollegen Groenewold, beantragt; das OLG hat dessen Ausschließung am 2.5. - 19 Tage also vor dieser Hauptverhandlung - verfügt; am 16.4.75 - fünf Wochen vor Beginn dieser Hauptverhandlung - hat der Generalbundesanwalt den Ausschluß des letzten Wahlverteidigers von Andreas Baader, des Kollegen Ströbele, beantragt; das OLG hat antragsgemäß auch diese Ausschließung verfügt am 9.5.[11], also 12 Tage vor Beginn dieser Hauptverhandlung; am 15.5.75 - 6 Tage vor Beginn dieser Hauptverhandlung - hat der B. Gerichtshof gegen den nunmehr neu bestellten Verteidiger von Andreas Baader, den Kollegen Haag, Haftbefehl erlassen auf die anonyme Verdächtigung hin, Monate vorher habe dieser Kollege für[d] eine kriminelle Vereinigung Waffen beschafft; bereits am 19.5.75[12] war RA Haag festgenommen worden,[13] und spätestens seit jenem Tag, dem 9.5.75, hat Andreas Baader kein Verteidigergespräch mehr führen können und keinerlei Kommunikationsmöglichkeiten nach außen gefunden. Ich erinnere daran, daß auch just zur identischen Zeit der Zusammenschluß Baader-Raspe verweigert worden war.

Erst am 20.5.75 - einen Tag vor der Hauptverhandlung - ist den RAen Becker, v[on] Plottnitz und Schily ein je 15-minütiges Gespräch mit Andreas Baader erlaubt worden. Für diesen allerdings unvorbereitet, überraschend. Erst einen Tag vor Beginn dieser Hauptverhandlung also hat Andreas Baader die Möglichkeit gefunden, nach einem neuen Verteidiger seines Vertrauens wenigstens suchen zu lassen. Danach - verzeihen Sie mir, wenn dies etwas scharf klingen mag - danach erscheint mir nämlich als eine glatte Verhöhnung des rechtsschutzlos gestellten [840] Angekl. Baader, daß in den Gründen seines Beschlusses vom 11.6.75 der Senat ihm vorgehalten hat, durch eigenes Unterlassen habe Baader verursacht, zum Beginn dieser Hauptverhandlung ohne einen Verteidiger seines Vertrauens zu sein. Ich verweise hierzu auch auf den Antrag der ausgeschlossenen Verteidiger vorn 2.6.75 und die abschlägige Antwort des Herrn Vorsitzenden vom 4.6.1975 - und mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich -, Antrag der Verteidiger von ... Croissant, Groenewold, Ströbele vom 2.6.75:

„Wir stellen unter Bezugnahme auf das zwischen dem Vorsitzenden und Andreas Baader geführte Telefongespräch den Antrag,

uns je eine Sprecherlaubnis für Andreas Baader zu erteilen.

Die Besprechung ist zur Erörterung der Fragen notwendig, die sich aus der Tatsache ergeben, daß der Gefangene ohne Verteidiger ist.“

Der Herr Vorsitzende in diesem Verfahren hat auf jenen Antrag am 4.6.75 wörtlich geantwortet:

„In dem Verfahren gegen A. Baader habe ich mit diesem u. a. telefonisch darüber gesprochen, auf welche Weise er nach einem neuen Wahlverteidiger ausschauen könne. Er gab zu bedenken, daß er zur Zeit keinen Verteidiger seines Vertrauens habe, der behilflich sein könne. Auf seine Frage bestätigte ich ihm, daß ein überwachter normaler Besuch, 15 Minuten, eines seiner ausgeschlossenen Verteidiger mit dem ausschließlichen Ziel, den Auftrag zur Ausschau nach einem geeigneten Verteidiger des Vertrauens entgegenzunehmen, durchaus denkbar sei. Er möge einen entsprechenden Antrag stellen.

Der diesbezügliche Antrag vom 2.6.75“

- den ich soeben vorab zitiert hatte -

„geht - sowohl, was die Besucherzahl, als auch das vorgesehene Gesprächsthema anlangt - weit über das Besprochene hinaus. Ihm kann daher nicht stattgegeben werden.

Ich stelle anheim, einen auf das Besprochene beschränkten Antrag zu stellen, insbesondere anzugeben, welcher der drei bisherigen Verteidiger die Besuchserlaubnis haben will.“

[841] Ende dieser Antwort des Herrn Vorsitzenden,

und ich hebe aus ihr hervor:

Sie, Herr Vorsitzender, haben tatsächlich einem Angekl., dem innerhalb von 30 Tagen vor Beginn der Hauptverhandlung sämtliche Vertrauensverteidiger genommen worden waren, zugemutet, für einen Prozeß, dessen Dauer Sie selbst mit vorausschaubar anderthalb Jahren angeben, sich in einer 15-Minutenbesprechung einen neuen Verteidiger seines Vertrauens mit Hilfe eines Anwalts suchen zu können.

Vors.:

Herr RA., gestatten Sie mir, daß ich dazu eine Zwischeneinwendung mache.

RA He[ldmann]:

Bitte schön, selbstverständlich.

Vors.:

Ich möchte Ihnen das Wort nicht nehmen. Wenn Sie mir’s nicht gestatten, werde ich’s nicht tun.

Es ist völlig falsch ausgelegt, was hier gesagt worden ist. Ich sagte lediglich:

Zur Entgegennahme des Auftrages, nach einem neuen Wahlverteidiger umzusehen, könne ein fünfzehnminütiger Besuch von bisher ausgeschlossenen Anwälten, von einem dieser bisher ausgeschlossenen Anwälte, in Betracht kommen. Es ging in den 15 Minuten selbstverständlich nicht darum, den neuen Verteidiger zu suchen, sondern nur, den Auftrag entgegenzunehmen, für einen solchen Verteidiger besorgt zu sein. Die Gespräche hätten dann mit dem neuen Verteidiger geführt werden müssen.

RA He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, ich habe verstanden. Sie haben geschrieben:

Ein überwachter Besuch von 15 Minuten, damit einer der ausgeschlossenen Verteidiger - ein überwachter Besuch - den Auftrag zur Ausschau nach einem geeigneten Verteidiger entgegennehmen könne.

[842] Um 13.45 Uhr erschien der Sachverständige Prof. Dr. Rauschke.

Das ist doch wohl ein zweiseitiges Geschäft. Der Verteidiger des Vertrauens, der hier für 15 Minuten zugelassen war, mußte doch Herrn Baader ein gewisses Angebot unterbreiten können, dieses Angebot mußte erörtert werden können.

Vors.:

Es ging nur um den Auftrag ... um die Entgegennahme des Auftrags. Es handelte sich auch nicht mehr um einen Verteidiger, auch nicht um einen Verteidiger des Vertrauens, sondern um einen normalen Besucher, der diesen Auftrag entgegennimmt. Das war der Sinn des Gesprächs. Ich danke Ihnen dafür, daß ich diese Aufklärung geben konnte.

RA He[ldmann]:

Gut. Das erscheint mir aber gleichwohl - verzeihen Sie, daß ich das wiederhole - eine Zumutung, in einer solchen Situation 15 Minuten, und nun such dir aus der Masse der bundesrepublikanischen Anwälte einen deines Vertrauens. Wo soll da die Beratung zu dem Vertrauen hin stattgefunden haben? Aber ich habe Ihre Korrektur zur Kenntnis genommen. Ich denke nicht, daß wir dann diesen Punkt weiter erörtern sollten. Es sei denn, Sie seien anderer Meinung. Der Senat möge danach, nach diesen Vorgängen im Hinblick auf den Kern seiner Begründung dieses Beschlusses vom 11.6.75, doch die Frage einmal beantworten, welche prozessualen Mitwirkungspflichten denn Andreas Baader verletzt haben soll - zu seinem eigenen Nachteil nämlich -, als er nicht auf den Gedanken gekommen war, noch vor dem ersten dieser Ausschlußanträge gegen seine drei Vertrauensverteidiger sich schon nach neuen Verteidigern umzuschauen.

Punkt 2:

Ich kann den Verdacht nicht ganz loswerden - jener mir unverständliche Beschluß des Senats vom 11.6., selbst eine Zehntagespause zu Verteidigergesprächen zwischen Herrn Baader und mir und zur überschlägigen Sichtung des Prozeßstoffs abzulehnen -, daß der Senat damit unausgesprochen der rechtsfeindlichen Buback-Doktrin[14] gefolgt sei:

Den Anspruch auf einen fairen Prozeß habe Herr Baader verwirkt.

[843] Als ich diesen Verdacht des Verwirkungsgedankens der B. Anwaltschaft neulich, am 11.6., geäußert habe, da habe ich sowohl drüben als auch beim Senat Kopfschütteln festgestellt, wie ich wohl auf eine solche Absurdität[e] kommen könnte.

Ich versuche, Ihnen das heute nachtragend zu sagen, indem ich den Herrn B. Anwalt wörtlich zitiere, und zwar aus einem Sterninterview, Stern Nr. 24 vom 5.6.75, auf der S. 128.

Da hat der Stern den Herrn B. Anwalt gefragt:

„Nach der Menschenrechtskonvention, die bei uns Gesetzesrang[15] hat, kann jeder Angeklagte im Strafprozeß einen Verteidiger seiner Wahl benennen.[16] Ist dieses Recht im Fall Andreas Baader noch gewährleistet, nachdem seine drei Wahlverteidiger - Croissant, Groenewold und Ströbele - ausgeschlossen sind, und Baader gar keinen neuen Wahlverteidiger mehr benennen konnte, der sich noch in den umfangreichen Prozeßstoff hätte einarbeiten können?“

Herr Buback hat geantwortet:

„Die Frage ist doch: Gilt der Grundsatz des fairen Prozesses,

- er hat ihn übersetzt selbst: fair trial -

den Sie angesprochen haben, auch dann, wenn der Verteidiger seine Vorrechte mißbraucht, und wenn der Mandant davon gewußt oder sogar dazu angestiftet hat? Ich bin der Meinung: nein.“

So Herr Buback wörtlich in jenem Sterninterview.

Und nun vergegenwärtige man sich einmal:

Der höchste Ankläger der BRD fordert öffentlich dieses Gericht offen und öffentlich zum Verfassungsbruch auf; denn es kann hier nicht oft genug gesagt werden: Der Anspruch auf ein faires waffengleiches Verfahren hat Verfassungsrang.[17] Und das, diese Tatsache, diese Äußerung des Herrn Buback, die allerdings mag einmal aufzeigen, was das ist: Verfassungsfeind im öffentlichen Dienst.

Als vorige Woche mein Londoner Kollege Harvey’s sich als Prozeßbeobachter hier traumatisieren ließ, da habe ich ihn [844] angesprochen darauf, was wohl dem Attorney General in England, dem höchsten Ankläger in England, geschehen würde, wenn er eine derartige, der des Herrn Buback vergleichbare Äußerung, auf ein bestimmtes Verfahren auch noch gemünzt, öffentlich abgegeben hätte, und Mr. Harvey’s Antwort war ganz schlicht und eindeutig:

Im selben Moment, im Moment danach noch, hätte er sofort aus seiner Stellung abtreten müssen, hätte zurücktreten müssen.

Ich erinnere auch den Senat daran im Zusammenhang mit dieser listig abgestimmten Terminierung der verschiedenen Ausschlußanträge gegen die drei Vertrauensverteidiger des Herrn Baader, wie Herr Buback zu früherer Zeit, als er erst den ersten seiner drei Anträge losgeschossen hatte, sich der Presse gegenüber geäußert hat - und hier zitiere ich aus dem Bericht von Kühnert in Süddeutscher Zeitung vom 26.3.75, auf der Titelseite -. Ich zitiere den folgenden Abschnitt. Auf einer Pressekonferenz wird Buback entgegengehalten, jetzt Zitat:

„Jeder Beschuldigte ...“

Also, Buback sagt:

„Jeder Beschuldigte habe vier oder fünf Verteidiger. Die Team-Arbeit werde wenig betroffen, wenn einer davon ausscheiden müsse.

Auf Fragen, daß etwa bei Baader möglicherweise überhaupt kein Anwalt seines Vertrauens übrig bleibe, und daß die Pflichtverteidiger nicht in der Lage seien, ihre Mandanten gegen deren Willen sachgerecht zu verteidigen,[18] antworteten Buback und die anwesenden B. Anwälte mit Achselzucken.

Buback sagte:

Das Tatsachenmaterial, das zum Ausschluß der Verteidiger führen könne und über deren Verhalten Aufschluß gebe, wolle und könne er nicht der Öffentlichkeit präsentieren.“ Ende jenes Pressezitats. Pressemeldung: Karlsruhe, 25. März, abgedruckt „Süddeutsche Zeitung“, 26.3.75, S. 1.

[845] Hingegen:

Allemal noch in diesem Verfahren hat sich die General-B. Anwaltschaft ganz wirkungsvoll - und das ist mein Verdacht: so hier auch - als der Programmierer erwiesen. So schon vor 3 Jahren Herr Martin als seinerzeitiger Generalbundesanwalt, als er das Stichwort gab für die öffentliche Hetze gegen die Verteidiger in diesem Verfahren mit all den Folgen, von denen ich soeben gesprochen habe. Ich zitiere aus einer Meldung der „Frankfurter Rundschau“ vom 10.6.72, also eine öffentliche Äußerung des Generalbundesanwalts, die über drei Jahre zurückliegt, wörtlich aus der „Frankfurter Rundschau“, 10.6.72:

„Der Bundesanwalt wies auf die gesinnungsmäßige Solidarität zwischen den Verteidigern und den Mitgliedern der Baader-Meinhof-Gruppe hin und sagte: Es sei interessant, daß bei der Verteidigung der Baader-Meinhof-Gruppe immer wieder dieselben Anwaltskanzleien in Erscheinung träten.“

Es war also lange Zeit, bevor die B. Anwaltschaft das angeblich belastende Material gegen die hier ausgeschlossenen drei Wahlverteidiger des Herrn Baader gefunden hatte.

Auf jene, ebenfalls für einen Rechtsstaat unglaubliche öffentliche Äußerung des Generalbundesanwalts hat einer unserer glänzendsten Rechtsdenker, der Frankfurter Rechtsprofessor Rudolf Wiethölter, wie folgt geantwortet:

„Das alte Mißtrauen der Obrigkeit gegenüber den Advokaten setzt sich sublimer fort in der Art, wie statt des Parteiverrats die Parteinahme sich als Standesverbrechen Nr. 1 einschmuggelt.“

Ende dieses Zitats.

Viertens:

Oder denkt vielleicht der Senat rechtschöpferisch, als er meinen Antrag vom 11.6. mit Beschluß vom selben Tag abgelehnt hat, an eine neue ungesetzliche Prozeßstrafe, nämlich: Wegen anhaltender Insubordination bleibt Baader ohne Verteidiger. Der Verdacht ist wohl nicht auszuschließen.

[846] Damit wäre allerdings vorgesorgt, daß Baader hier in diesem Verfahren auch endgültig ohne Stimme bliebe; denn wir haben in den vergangenen Prozeßtagen ja nicht überhört und nicht übersehen, wie immer dann, wenn einer von uns fünf Verteidigern eine Frage der Verteidigung von allgemeiner Bedeutung, die über die individuale Mandatsbeziehung hinausging, angeschnitten hat, drüben auf der Bank der B. Anwaltschaft dann der Lustschrei ausgestoßen wurde: Verbotene Blockverteidigung.[19] Das bedeutet also: Baader ohne Verteidiger wäre in diesem Verfahren ein Angeklagter ohne Stimme.

Fünftens:

Dem Angeklagten und dem von ihm gewählten Verteidiger seines Vertrauens alle Möglichkeiten zu versagen - und nun bitte ich Sie, das doch noch einmal zu erwägen -: Abgesehen von diesen lächerlichen Einstundenbesprechungen innerhalb einer zweistündigen Mittagspause, während dem doch die Angekl. alle diese zweistündige Mittagspause als ein Minimum dafür benötigen, um sich zu entspannen, auszuruhen, neu zu sammeln, um die Nachmittagssitzung einigermaßen wenigstens durchhalten zu können. In dieser Mittagsruhepause müssen Verteidigergespräche, insbesondere meine, weil ich Baader ja erst vor drei Wochen kennengelernt habe, verlegt werden. Diese Möglichkeit zu versagen, die notwendigen Verteidigergespräche in einer Zehntagesfrist, wie ich sie beantragt habe und heute neu beantrage, führen zu können, damit wenigstens ausführliche Gespräche zur Vorbereitung der Verteidigung geführt werden können; das springt - verzeihen Sie mir die Deutlichkeit dieser juristischen Würdigung - aus einer Rechtswidrigkeit auch dem Nichtjuristen ins Auge.

Erstens:

Dieser Beschluß des Senats verletzt seine Fürsorgepflicht, welche in § 265 Abs. 4 der StPO[20] einen ganz besonderen Ausdruck gefunden hatte, jene Norm, auf die ich diesen Aussetzungsantrag ja gestützt habe und heute mit meiner Gegenvorstellung erneut stütze. Ich zitiere dafür noch einmal - zum Teil neu, zum Teil schon früher zitiert - die richtunggebende ständige [847] Rechtsprechung, Präzedenzurteile, die in ständiger Rechtsprechung wiederholt worden sind, und die diese Frage so beantworten, wie ich sie juristisch beantwortet habe, nämlich die Versagung dieser Zehntagesfrist für meine Einarbeitung, insbesondere mit Gesprächen mit Herrn Baader, ist rechtswidrig. Dafür das Urteil des BGH vom 19.6.58. Ich zitiere:

„Der Begriff der veränderten Sachlage im Sinn des § 265 Abs. 4 StPO ist nicht eng auszulegen. Eine solche Veränderung, die eine Aussetzung der Verhandlung geboten erscheinen läßt, kann nicht nur in dem Hervortreten neuer Umstände in Bezug auf die Tatfrage liegen, sondern auch durch verfahrensmäßige Vorgänge und Lagen entstehen, mögen sich diese auch bereits durch vorhergegangene Geschehnisse abzeichnen.“[21]

Ende des BGH-Zitats.

Das OLG Bremen in seinem Urteil vom 26.4.61.

Zitat:

„Eine veränderte Sachlage, welche die Aussetzung der Hauptverhandlung zur genügenden Vorbereitung des ... der Verteidigung geboten erscheinen läßt, liegt nicht nur beim Hervortreten neuer Umstände im Sinne von § 265 Abs. 2 und 3 StPO, sondern bei jeder tatsächlichen Verschlechterung der Verteidigungslage vor.“[22]

Darauf also kommt es an. Jegliche tatsächliche Verschlechterung der Verteidigungslage, wobei auf ein Verschulden ... Ende des Zitats ... ein Verschulden des Angekl. unterstellt, jedoch nicht annähernd belegt worden ist, es gar nicht ankommt.

Der BGH in seinem Urteil vom 25.6.65:

„Beim Wechsel eines notwendigen Verteidigers besteht für den Angekl. eine Veränderung der Sachlage, § 265 Abs. 4 StPO. Die Fürsorgepflicht des Gerichts kann - trotz gegenteiliger Erklärungen des bestellten Pflichtverteidigers - eine Aussetzung der Hauptverhandlung gebieten. Sonst ist der Angekl. in seiner Verteidigung unzulässig beschränkt.“[23]

Ende des Zitats.

[848] Das OLG Hamburg in seinem Urteil vom 16.12.65. Zitat:

„Aussetzung der Hauptverhandlung wegen veränderter Sachlage,

also i.S. von § 265 Abs. 4[ StPO],

kann notwendig sein, wenn eine nach Verfahrensrecht erforderliche Maßnahme unterblieben und dadurch die Verteidigung beeinträchtigt worden ist.“[24]

Ende des Zitats.

Ich habe gerügt als erstes:

Verletzt ist die Fürsorgepflicht des Gerichts.

Ich rüge zweitens: Verletzt ist damit zugleich des Angekl. verfassungsrechtlicher Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Ich zitiere:

„Art. 103 Abs. 1 GG[25] ist verletzt, wenn dem Prozeßbevollmächtigten die ihm nach § 147 Abs. 3 StPO[26] zustehende Akteneinsicht verweigert wird.“

Zitatende aus dem Urteil des BVerfG in Bd. 18 auf S. 399. Die Entscheidung mit diesem Kernsatz ist ebenfalls veröffentlicht in NJW - falls die amtliche Sammlung der Verfassungsgerichtsentscheidung nicht im Hause sein sollte, was ja fast anzunehmen ist dann verweise ich auf NJW 65 auf S. 1171. In jener Entscheidung des BVerfG ging es um das Recht des Verteidigers aus § 147 Abs. 3[ StPO] auf die ausreichende Akteneinsicht. Ohne nun spezifisch juristische Schlußverfahren bemühen zu müssen, nämlich das Argument: a maiore ad minus[27] liegt offen, daß das Grundrecht auf rechtliches Gehör um so stärker verletzt ist, als nicht einmal zehn Tage Zeit gewährt werden in einem Prozeß, den Sie selbst auf 1 ½ Jahre veranschlagt haben, für die Vorbesprechungen eines neuen Verteidigers für diesen Prozeß mit seinem inhaftierten Angekl. Aus dem Urteil des B. Gerichtshofs vom ... ich berichtige mich, aus dem Urteil vom 16.12.65 des OLG Hamburg zitiere ich hierzu:

„Der Verteidiger kann seine Aufgabe nur erfüllen, wenn er den Sachverhalt ausreichend kennt, wenn er darüber unterrichtet ist,

- und bitte, darauf kommt es hier besonders an -

[849] wie sich der Angekl. zur Anklage verhält und wenn er ein klares Bild über die Möglichkeiten gewonnen hat, die für eine sachgemäße Verteidigung bestehen.“[28]

Ende dieses Zitats,

und ich frage abermals den Senat:

Und das wollen Sie mir Herrn Baader zumuten, in spärlichen Einstundengesprächen während der Mittagspause?

5. 3):

Dieser Beschluß des Senats verletzt ferner das Rechtsstaatsprinzip. Ich zitiere aus BVerfG im 26. Bd. aus der S. 71:

„Das Recht auf Verteidigung und das Recht auf ein faires Verfahren gehören zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Der Angekl. darf nicht nur Objekt des Verfahrens sein. Ihm muß vielmehr die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluß zu nehmen.“[29]

Und nun aus der wichtigen Entscheidung aus dem Oktober vorigen Jahres veröffentlicht in Bd. 38 der amtl. Sammlung auf S. 111, 112, 113, 114; im übrigen veröffentlicht auszugsweise, aber mit den wesentlichen Partien, in NJW 1975[f] auf S. 103 folgende.

Wörtliches Zitat:

„Zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zählt das Recht auf ein faires Verfahren. Es erschöpft sich nicht in der Selbstbeschränkung staatlicher Mittel gegenüber den beschränkten Möglichkeiten des Einzelnen, die sich in der Verpflichtung niederschlägt, daß staatliche Organe korrekt und fair zu verfahren haben.

- Staatliche Organe. Damit wäre wohl auch die B. Anwaltschaft gemeint. -

Als ein unverzichtbares Element der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens und daran anknüpfender Verfahren gewährleistet es dem Betroffenen

- nämlich das Recht aus dem Rechtsstaatsprinzip auf ein faires Verfahren -

[850] prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde selbständig wahrnehmen und Übergriffe, die im vorstehenden Sinn rechtsstaatlich begrenzten Rechtsausübung staatlicher Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligten angemessen abwehren zu können. Der Anspruch auf ein faires Verfahren ist durch das Verlangen nach verfahrensrechtlicher Waffengleichheit von Ankläger und Beschuldigtem gekennzeichnet und dient damit in besonderem Maße dem Schutz des Beschuldigten, für den bis zur Verurteilung die Vermutung seiner Unschuld streitet.

Aus S. 112 § 3 Abs. 3 der BRAO liegt für jedermann

- und nun hören Sie bitte -

das an sich selbstverständliche Recht nieder, sich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen RA seiner Wahl beraten und vertreten zu lassen.“[30]

5. 4):

Dieser Beschluß des Senats wird nach § 338 Nr. 8 StPO absolut der Revisionsgrund[31] sein, und ich möchte nicht meinen, daß der Senat darauf vertrauen darf, daß der BGH als Revisionsinstanz auch in zwei Jahren noch alles absegnet, was aus Stuttgart kommt.

Es ist aber gerade das besondere Interesse des Angekl., Prozeßrechtsverstöße vermieden zu wissen, um nicht eines Jahres wieder eine erneute Hauptverhandlung 1. Instanz einer solchen Art vor sich haben zu müssen.[32]

Sechstens:

Der Beschluß des 2. Senats vom 11.6.65 verletzt Völkerrecht. Wiederholt ist in diesem Verfahren nicht nur von mir sondern auch von der Kollegenseite auf die Bestimmungen in Art. 6 Abs. 3 b und c der Europäischen Menschenrechtskonvention[33] hingewiesen worden. Ich kann mir darum sparen, diese Konventionstexte ausdrücklich hier noch einmal zu Gehör zu bringen.

[851] Jedoch wie ernst jene Konventionstexte, die hier zitierten, zu nehmen sind, mögen Ihnen Auszüge aus zwei Entscheidungen der Europäischen Menschenrechtskommission belegen. Ich zitiere aus dem Rechtsprechungswerk „Die Menschenrechte in der Praxis des Europarats“, das Nachschlagwerk zur Rechtsprechung zur Europäischen Menschenrechtskonvention, herausgegeben von Braunmüller in Wien. Ich zitiere aus der Entscheidung der Kommission zum Ufner Fall:

Nach Art. 6 Abs. 3 b der Konvention - das ist der hier zitierte - hat jedermann Anspruch auf ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung. Nach Abs. 3 c desselben Artikels kann er sich selbst verteidigen oder einen Verteidiger seiner Wahl beauftragen. Ferner ergibt sich, daß die in Art. 6 Abs. 3 gewährleisteten Rechte sowohl dem Angekl. als auch allgemein der Verteidigung zustehen,

woraus - meine Einfügung - Sie sehen mögen, daß nicht nur des Angekl. Baader Verteidigerrechte, von denen ich hier in einem fort spreche, sondern auch mein Verteidigungsrecht ... sondern auch mein Verteidigerrecht hier eminent berührt wird. Ich fahre im Zitat fort:

„Mit anderen Worten:

Ein Verteidiger, sei er nun Vertreter des Angekl. im engeren Sinne oder auch nur sein Beistand, ist in entsprechender Anwendung sein ... des Absatzes 3 berechtigt, die dort angeführten Rechte in Anspruch zu nehmen, da diese Rechte der ordnungsgemäßen Verteidigung des Angekl. dienen sollen. Aus dieser Erwägung ergibt sich, daß bei Beurteilung der Frage, ob das Recht auf ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung beachtet worden ist, die allgemeine Lage der Verteidigung und nicht nur die Lage des Angekl. selbst zugrundezulegen ist.“

Ende des Zitats aus dem hier zitierten Werk auf S. 81. Auf derselben Seite das weitere Zitat aus einer anderen Entscheidung der Kommission zum Köppinger Fall, S. 81. Ich zitiere kurz:

[852] Die Kommission erklärte eine Beschwerde für zulässig, mit der der Beschwerdeführer u. a. eine Verletzung des Art. 6 Abs. 3 b der Konvention geltend machte. Er brachte vor, daß er in seinem besonders umfangreichen Fall nicht genug Zeit für die ordnungsgemäße Vorbereitung seiner Verteidigung gehabt habe, daß die Dauer mündlicher Unterredungen mit seinem Verteidiger von diesen Behörden beschränkt worden sei - unser Fall -, und daß sein Verteidiger nicht hinreichend Gelegenheit gehabt habe, dem Verlauf der Ermittlungen zu folgen. Dieser Argumentation des Beschwerdeführers in jenem Verfahren - ’s ist der Köppinger Fall - hat die Menschenrechtskonvention ... Menschenrechtskommission als Beschwerdeinstanz stattgegeben.

Ende von Band 32.

[853] Ich zitiere weiter. „Zu dem Gewicht, das bei uns der europäischen Menschenrechtskonvention[g], die bei uns Gesetzesrang hat, aber als Völkerrechtsvertrag Spezialgesetz ist, beachten Sie also auch bitte die Rangordnung der Normen, Völkerrechtsvertrag ist Spezialrecht, hat zwar nur Gesetzesrang, hat jedoch Präponderanz gegenüber jedem anderen innerstaatlichen Gesetz auch späterem Gesetze ist also bei Anwendung staatlichen, innerstaatlichen Gesetzes zwingend zu beachten und geht jenem vor.“ Aus dem internationalen Symposium, Menschenrechte im Staats- und Völkerrecht, von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien veranstaltet und bei C. F. Müller, Karlsruhe, herausgegeben, zitiere ich aus dem Bericht des New Yorker Rechtsprofessors Bürgental aus dem Seiten 168 - 169 des hier zitierten Sammelwerks; wörtliches Zitat:

„Aber sofern der Anwalt noch nicht aus der Anwaltschaft ausgeschlossen wurde oder ihm das Patent noch nicht entzogen wurde, ist das Recht eines Angeklagten, irgendeinen Anwalt zu wählen, der ihn vertreten soll, absolut. Eine andersartige Interpretation von Art. 6 Abs. 3 Ziff. c[ EMRK], würde dieser Bestimmung jede tatsächliche Bedeutung nehmen.“ Ende des Zitats.

Ich habe eingangs gesagt, der Beschluß, gegen den ich mich[h] hier mit Gegenvorstellungen wende, verletzt nicht nur einfaches Gesetzesrecht, verletzt nicht nur bundesrepublikanisches Verfassungsrecht, sondern verletzt auch Völkerrecht und daß ich diesen Begriff Völkerrecht meinte, habe ich bewußt im Auge gehabt, über die hier bereits mehrfach zitierte Menschenrechtskonvention für Europa hinauszugehen. Nämlich am 17.12.1973 hat die Bundesrepublik den internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 ratifiziert.[34] Er ist veröffentlicht und damit per Transformationsgesetz als Völkerrecht in innerstaatliches Recht überführt werden,[35] wo es dessen überhaupt doch bedurfte - ein [854] paar Sätze später werde ich diese Frage noch bestreifen - veröffentlicht im Bundesgesetzblatt 1973 II Seite 1533. Aus jener Rechtekonvention, dem internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, einen weltweiten Völkerrechtsvertrag zitiere ich, aus Artikel 14 den Abs. 2, einfach deswegen, weil es hier nicht oft genug gesagt werden kann. „Jeder, wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte, hat Anspruch darauf, bis zu dem im gesetzlichen Verfahren erbrachten Nachweis seiner Schuld als unschuldig zu gelten.“ Ich zitiere aus Abs. 3 die Ziff. b und c.

„Er muß - nämlich der Angeklagte - hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben.“ Und Ziff. d, „er hat das Recht bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen, oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen.“ Ende des Zitats. Dieser internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966, in der Bundesrepublik am 17.12.1973 ratifiziert und damit in Rechtsgeltung seitdem, hat mehr als nur die Qualität eines Völkerrechtsvertrags. Ich hab vorher kurz erörtert, daß Völkerrechtsvertrag Spezialgesetzrang hat mit dem Vorrang gegenüber anderem Gesetz.[36] Dieser aber weltweit abgeschlossene, internationale Pakt gibt eine internationale Überzeugung als Minimumstandard allgemeinen Völkerrechts wieder, über die Rechte des Beschuldigten und Angeklagten im Strafverfahren. Ich sagte, und trug hervor, internationale Rechtsüberzeugung, Minimumstandard aus Völkerrecht gewährleistet, und damit geht die Rechtsqualität jenes hier zitierten internationalen Paktes hinaus, über die des Völkervertragsrechts. Sie ist allgemeines Völkerrecht im Sinne von Artikel 25 des Grundgesetzes[37] und somit unmittelbar, das bedeutet ohne ein etwa erforderlich werdendes transformatorisches Gesetz,[38] unmittelbar Recht, unmittelbar geltendes Recht in der Bundesrepublik mit Verfassungsrang. Darauf weise ich besonders hin. Lassen Sie mich zum Ende dieser völkerrechtlichen Betrachtung den seinerzeitigen Bundesjustizminister Gerhard Jahn in seiner Würdigung dieses internatio- [855] nalen Paktes zitieren, aus seiner Rede vor der deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen am 7.12.1973, ein goldenes Wort, das ich sehr gern hier wiedergebe, nämlich. „Alle auch die internationalen Bemühungen um den Menschenrechtsschutz müssen allerdings wirkungslos bleiben, wenn das Bewußtsein für Wert und Bedeutung der Menschenrechte fehlt.“

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, bevor ...

RA H[eldmann]:

... ich fortfahre ...

Vors.:

... entschuldigen Sie bitte, ich dachte Sie wären am Ende.

RA H[eldmann]:

Sie haben zutreffend angenommen, daß ich am Ende meiner Gegenvorstellung angelangt bin. Daraus folgt jedoch folgendes, weil ich eingangs sagte, der Senat, und das läßt sich ja im Protokoll nachsehen, - es sind die Protokollseiten ich glaube 292 - der Senat als den Kern seiner Begründung für die Ablehnung meines Aussetzungsantrages am 11.6.1975, die Tatsachenbehauptungen hier öffentlich aufgestellt hat, der Angeklagte Baader hätte ja hinreichend Zeit gehabt, den Anwalt, den neuen Anwalt seines Vertrauens zu suchen, zu mandieren, und mit diesem dann auch Gespräche führen zu können, die erst ja dann hinleiten können, zur Verteidigungsvorbereitung.

Das habe ich Ihnen[i] ja vorhin nicht nur in eigenen Worten versucht nahezubringen, sondern auch in den Judikaten aus der Oberjustiz. Deswegen, weil das der Kern jener Begründung des Senatsbeschlusses ist, und darauf kommt es ja an, der Senat jedoch versäumt hat, vorher darüber den Angeklagten Baader selbst zu Wort kommen zu lassen, denn seine Sache ist es ja. Der versteckte Vorwurf, er hatte etwas versäumt, der versteckte Vorwurf gar, er hätte prozessuale Mitwirkungspflicht unterlassen und er[j] habe sich nun nachteilige Folgen selber zuzuschreiben, darum hätte Herr Baader vor der Beschlußfassung des Senats hierzu gehört werden müssen, das ist unterblieben. Darum stelle im Anschluß an meine Gegenvorstellungen den Antrag nach § 33a StPO[39] Herrn Baader anzuhören zu der [856] Frage, welche Möglichkeiten er seit Ausschließung seiner Verteidiger gehabt hat, einen neuen Verteidiger seiner Wahl zu suchen, zu finden. Das ist nämlich auch zweierlei, zu mandieren und mit diesem, seine Verteidigung in dieser Hauptverhandlung vorzubereiten. Die nachträgliche ... kurz zur Antrags-Begründung. Die nachträgliche Anhörung nach § 33a StPO ist notwendig, weil der Senat seinen Aussetzungsantrag mit jeder unrichtigen Tatsachenbehauptung in ihrem Kern begründet hat. Damit hat er den verfassungsrechtlichen Anspruch des Angeklagten Baader auf ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Aus solcher nicht eben seltenen Prozeßerfahrung, hat dann nach einschlägiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Gesetzgeber die Folgerung gezogen und § 33a[ StPO] neu in die StPO eingeführt. Was damit gemeint ist, das heißt also, die Pflicht des Gerichts, das rechtliche Gehör nachträglich zu gewähren, was damit gemeint ist, versuche ich mit kurzen Zitaten aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht, wobei ich mich allerdings nur auf wenige ausgewählte, um hier nicht stofflich zu überlasten, aus der letzten 7 veröffentlichten Welten beziehe. Band 31 auf Seite 303 ... 301, Art. 103 Abs. 1 GG garantiert dem Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht darauf, daß er Gelegenheit erhält, sich vor Erlaß der Entscheidung zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern.[40]

- Hinweis auf ständige Rechtsprechung seit dem ersten Band auf Seite 418 -. Aus Bundesverfassungsgericht 32 auf Seite 197, Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet ein Gericht einen Verfahrensbeteiligten zu Tatsachen und Beweismitteln zu hören, die es von Amts wegen in das gerichtliche Verfahren eingeführt hat und bei seiner Entscheidung berücksichtigt.[41] Kurz aus Band 34 Seite 7, das Art. 103 Abs. 1 GG immanente Anliegen, den einzelnen nicht zum bloßen Objekt richterlicher Entscheidung werden zu lassen - Hinweis auf ständige Rechtsprechung seit Band 9 -.[42] Und bitte beachten Sie ganz besonders die Entscheidung in Band 36, die ich auch von Seite 97 zitiere: „Art. 103 Abs. 1 GG gibt dem Beteiligten grundsätzlich ein Recht darauf, daß er Gelegenheit [857] erhält, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern. Dem entspricht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern bei seiner Entscheidung auch in Erwägung zu ziehen.“[43] Ende der Zitate, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, soweit sie hier uns ganz unmittelbar für diese verfahrensrechtliche Frage berührt, aus einer Auswahl aus der letzten Entscheidung. Ich habe am Ende dieser Antragsstellung für Herrn Baader, noch zwei eigene Bitten an den Senat, nämlich mir zu sagen, wann es die Herren Schwarz und Schnabel als Verteidiger meines Mandanten Baader, diesem oktroyiert hat, im üblichen Juristendeutsch, also wann die Mandierung angenommen worden ist.

2. Mir zu sagen, ob es nicht das, des Herrn Schnabel, der meinem Mandaten als Verteidiger oktroyiert worden ist, ob es nicht des Herrn Schnabel Hauptbeschäftigung kennt und ich bitte um Ihre Erlaubnis dazu kurz, weil es wesentlich ist, zu zitieren und zwar aus der Stuttgarter Zeitung Nr. 127 vom 6.6.1975.

Überschrift „Pflichtverteidiger Schnabel’s Terminplan, Entspannung von Stammheim“. In Zeitungsarchiven ist Dieter Schnabel unter der Rubrik „Theaterkritiker“ zu finden. Man wird eine neue Mappe für ihn anlegen müssen, denn das Mitglied des Südwestdeutschen Journalistenverbandes in Kollegenkreisen von Stuttgart bis Lindau als „Kulturschnabel“ bestens bekannt. Herr Kollege Schnabel verstehen Sie nicht miß, mit dieser Äußerung wird nicht etwa Ihre mir[k] unbekannte fachliche Qualifikation angezweifelt, darum geht es nicht. Aber es werden Sie im Weiteren sicher ganz deutlich heraushören. Als „Kulturschnabel“ bestens bekannt, hat zu seiner Tätigkeit als durchaus wortgewaltiger Kritiker von ungezählten Aufführungen baden-württembergischer Stadt- und Landesbühnen, nun eine eher schweigende Rolle übernommen. Er gehört zu den Pflichtverteidigern, die der 2. Strafsenat des Stuttgarter Oberlandesgerichts für das Baader-Meinhof-Verfahren bestellt hat. [858] Die ungefähr 15 Zeitungen, die Schnabel nach Auskunft des Böblinger Boten außer uns noch bedient, brauchen freilich nicht zu bangen. Sie müssen den „überaus fleißigen freien Mitarbeiter“, Zitat aus der Schwäbischen Zeitung, der 1967 als Rechtsanwalt bei der Stuttgarter Anwaltskammer zugelassen ist, auch fürderhin nicht missen. Die genannten Zeitungen, wie auch der Schwarzwälder Bote, versicherten übereinstimmend, daß Baader’s Pflichtverteidiger, der sich für das Verfahren in weit über 100 Aktenordner mit Prozeßmaterial einarbeiten muß und mußte selbstverständlich auch in Zukunft für uns Termine, die wir redaktionell nicht wahrnehmen können, bearbeiten wird. Mit welchen Ernst und Eifer der Kulturkritiker, der auch als Jurymitglied den großen Bad-Hersfeld-Preis für Schauspieler mitvergibt, seine journalistischen Aufgaben gegen Zeilenhonorar versieht, beweist ein Blick in die Terminliste, die Schnabel einer Süddeutschen Tageszeitung zur gefälligen Auswahl übersandt hat. Danach wird der Pflichtverteidiger Baader’s im Juli folgende Aufführungen wahrnehmen: 6. Juni[l] Gandersheimer Domfestspiele, 7. Juni in Pforzheim, 10. Juni Kammerschauspiel St. Blasien, 12. Juni Uraufführung in Schwäbisch Hall, 15. Juni Neunstadt Kocher-Freilichtspiele, 19. Juni Feuchtwangen, 20. Juni Jagsthausen, 21. Juni Jagsthausen, 23. Juni Würzburg, 25. Juni noch einmal Jagsthausen, 27. Juni nochmal Schwäbisch Hall. Für uns, so versichert eine Redakteurin[m] des Böblinger Boten, für uns ist der Schnabel schon so etwas wie eine Institution und sie gab an: Hin und wieder arbeitet er für uns sogar in der Schweiz. Was wundert, daß sich auch der Pressesprecher des zweiten Senats über die außeranwaltlichen[n] Tätigkeiten[o] des Herrn Schnabel erstaunt zeigte. „Also das habe ich nicht gewußt“, sagte er. „Das muß ja ein äußerst vielseitiger Mann sein“. Der solchermaßen Gerühmte war leider vor Redaktionsschluß nicht mehr zu erreichen. Bei diesem Arbeitspensum, so schließt jene[p] Betrachtung, bei diesem Arbeitspensum wohl unentschuldigt ..., „entschuldbar[q]“. Ich bitte [859] Sie aus diesem und aus den bereits früher vorgetragenen Gründen nicht doch etwa der Verteidigung und den Angeklagten, daß betrifft hier meinen Mandaten Baader, nicht erneut mit der substanzlosen Behauptung zu kommen, Herr Baader sei auch ohne Verteidiger seines Vertrauens durch ihm von dieser Justiz oktroyierten Verteidiger ausreichend verteidigt. Ich danke Ihnen.

Vors.:

Zunächst hatten Sie ja zwei Fragen an den Senat gestellt, die wir ja wohl nur rhetorisch verstehen dürfen. Bei Pflichtverteidigern kommt es ja wohl auf die Annahme des Mandates nicht an[44] und das, was Sie gerade zu der außeranwaltschaftlichen Tätigkeit von Herrn Rechtsanwalt Schnabel vorgetragen haben, erscheint dem Senat ein Schlag unter der Gürtellinie. Wir fragen ...

RA H[eldmann]:

Ach nicht ...

Vors.:

... wir fragen auch nicht, was Sie außerhalb dieses Prozesses treiben, und was Sie machen ist uns gleichgültig. Wenn Sie sich so der Kultur widmen würden, wäre es immerhin nicht das Schlechteste, von dem was man in der Freizeit tun kann.

Wir lassen uns auf das nicht ein. (Beifall im Saal)

RA H[eldmann]:

Ich habe keine Freizeit.

Vors.:

Ich darf Sie im Saal bitten, im Interesse aller, weder Beifalls- noch Mißfallskundgebung ...

Herr Rechtsanwalt, im Augenblick habe ich das Wort, bitte wir haben Sie sprechen lassen, ich möchte möglichst jetzt auch zu Ende kommen mit dem was ich zu sagen habe.

Zunächst mal vermissen wir, daß Ihr Antrag klar erkennen läßt, was Sie nun mit der Gegenvorstellung erreichen wollen. Geht es auch wieder um eine 10-Tagesfrist oder was war der Sinn des Antrages? Das zweite, mich würde interessieren, wieso Sie glauben auf die Mittagspause, es war immer von einer Stunde die Rede, angewiesen zu sein, um Mandantengespräche führen zu können. Es ist so, daß inzwischen, soweit wir unter- [860] richtet sind, die Mittagspause jeweils zu Umschlüssen verwendet wird, soweit ich unterrichtet bin[r] nimmt daran auch Herr Baader teil. Wie können Sie dann in derselben Zeit, wo die vier Angeklagten sich miteinander besprechen, gleichzeitig Mandantengespräche führen.

RA H[eldmann]:

... das wissen Sie doch ganz genau ...

Vors.:

Warum nicht, warum? Wir haben sitzungsfreie Tage und wir haben Pausen über Pausen in diesem Verfahren.

RA H[eldmann]:

Wann denn haben wir Pausen über Pausen?

Vors.:

Wie ist denn das normalerweise in einem Verfahren, Herr Rechtsanwalt. Sind Sie da drauf angewiesen, daß Sie während der laufenden Verhandlung Ihre Mandantengespräche führen, oder außerhalb der Sitzung?

RA H[eldmann]:

Vor der Verhandlung, so gehe ich nicht in Verhandlungen.

Vors.:

Wir können doch nichts dazu, daß Sie im Augenblick sehr spät gekommen sind. Die Frage ist ja, ob Sie dafür die 10 Tage bekommen können.

RA H[eldmann]:

Die Frage ist die, ob der Herr Baader etwas dazu kann, daß Sie ihm die Minimalfrist für Verteidigergespräche verweigern. 10 Tage ...

Vors.:

Sie sind seit dem 11. Juni jetzt am Verfahren beteiligt, Herr Rechtsanwalt ...

RA H[eldmann]:

Sollen ...

Vors.:

... Augenblick, wollen Sie sagen, daß Sie in dieser Zeit noch keine Gelegenheit zum Mandantengespräche gehabt haben?

RA H[eldmann]:

Genau wie ich Ihnen sagte, lächerliche 1 Stunden sind diese [861] Gespräche und das wiederhole ich ...

Vors.:

Wann denn?

RA H[eldmann]:

... muten Sie mir vielleicht zu, meine Residenz oder meine Garnison, wie Sie es vielleicht bezeichnen würden, von Darmstadt nach Stuttgart, nach Stammheim zu verlegen? Ich[s] habe in Darmstadt eine Rechtsanwaltspraxis, die auf mich angewiesen ist. In der arbeite ich Montags, Freitags, Samstags, Sonntags, drei Tage bin ich hier. Sie scheinen sich über die Situation der Verteidiger und deren Arbeitsbedingungen nicht die Spur eines Gedanken gemacht zu haben.

Vors.:

Doch, das machen wir schon.

RA H[eldmann]:

Wissen Sie ...

Vors.:

Das machen wir schon, Herr Rechtsanwalt, bloß scheinen Sie sich über die Situation des Gerichts auch keine Gedanken zu machen. Wir können schließlich nichts dafür, daß Sie Ihre Praxis in Darmstadt oder Mannheim oder wo Sie’s ausüben, haben. Wir sind jedenfalls der Meinung, daß ein Rechtsanwalt für die Vorbereitung der Gespräche, wenn ihm nicht vorher Zeit geblieben ist, die sitzungsfreien Tage benützen muß. Wir werden es noch klären, ob Sie überhaupt die Mittagspause bisher dazu benützen konnten, denn wie gesagt, seit 2 Wochen meinen wir, sei hier das die Zeit für den Umschluß.

RA H[eldmann]:

Der Umschluß ist unterbrochen worden, damit überhaupt ein Verteidigergespräch stattfinden kann. Um 4.00 Uhr drüben wird die Anstalt geschlossen, dann werden die Gefangenen nicht hierbehalten. Nach 4.00 Uhr ist kein Verteidigergespräch mehr möglich. In der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr findet ...

Vors.:

Ich verweise Sie nochmals auf die sitzungsfreien Tage. Ich [862] glaube, wir hatten auch seit dem 11.6. einige in dieser Richtung, die hier ursprünglich als Verhandlungstage vorgesehen waren. Das zweite, Sie sagen, Ihre Zeiten seien beschränkt worden beim Reden, nun, wenn Sie meinen rein faktisch durch die Mittagspause beschränkt, das wäre wieder ein anderer Gesichtspunkt. Aber wir wollen uns klar darüber sein, beschränkt worden sind Verteidigergespräche nicht. Es ist das erste Gespräch im übrigen, was ich gutmeinend getan habe, auf 45 Minuten, das ist ja nur der reinen Kontaktaufnahme dienen sollte, beschränkt worden, weil das ja ursprünglich nach der Vollzugsordnung als normaler Besuch läuft. Von dem Moment an, wo Sie Bereitschaft gezeigt haben, das Verfahren zu übernehmen, ist selbstverständlich vom Senat nicht die geringste Absicht je verwirklicht worden, oder vorhanden gewesen, Ihnen die Zeit irgendwo zu kürzen.

RA H[eldmann]:

Hab ich doch überhaupt nicht behauptet, ich ...

Vors.:

Gut, dann haben wir uns in diesem Punkt richtig verstanden. Es klang bloß vorhin so, als wäre es unser Fall, was die Menschenrechtskommission zu entscheiden hatte, nämlich daß ein Gericht oder wer es nun war, die Zeiten beschränkt hätte zu Verteidigergesprächen.

RA H[eldmann]:

Ja, natürlich haben Sie das getan, in dem Sie den Aussetzungsantrag für 10 Tage abgelehnt haben, das haben Sie getan. Davon spreche ich doch die ganze Zeit. Meine[t] Rechtsausführungen scheinen gar nicht angekommen zu sein.

Vors.:

Dann möchte ich also nochmals geklärt haben, welcher Antrag wird jetzt gestellt mit der Gegenvorstellung?

RA H[eldmann]:

Das habe ich wiederholt gesagt, womit ich nämlich meinen Antrag wiederhole, so habe ich mich ausgedrückt:

Dieses Verfahren zur Vorbereitung notwendiger [863] Verteidigergespräche und der Entwicklung einer Verteidigungskonzeption, wo bisher nicht einmal ansatzweise Möglichkeiten hatten, zu führen, 10 Tage Aussetzung, um nichts anderes geht es natürlich.

Vors.:

Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Rechtsanwalt, daß Sie sagten, diese Vorbesprechungen könnten natürlich erst hinleiten zur eigentlichen Prozeßvorbereitung?

RA H[eldmann]:

Ja natürlich, ich ...

Vors.:

Und bedeutet nun das ...

RA H[eldmann]:

Ich hab’s ...

Vors.:

... das Hinleiten zur eigentlichen Prozeßvorbereitung?

RA H[eldmann]:

Wissen Sie, ich hab’s, ich habe gar nicht gewagt hier, das nur mit dürren eigenen Worten zu sagen, sondern ich hab’s Ihnen bilderbuchschön vorgelesen aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht ...

Vors.:

Also[u] uns interessieren jetzt nicht die Entscheidungen, sondern was Sie mit dieser Äußerung gemeint haben, „die Vorbesprechungen würden hinleiten zu eigentlichen Vorbereitung.“ Was ist darunter zu verstehen, der Senat muß sich ja von Ihren Vorbereitungsvorstellungen auch Gedanken machen.

RA H[eldmann]:

Sie verstehen ... Die zehn ... um es ganz klar zu sagen: Ich brauche 10 Tage Aussetzung, um mit Herrn Baader zusammenhängend Vormittage, zumindest halbe Tage, soweit [v] er es[w] gesundheitlich verkraften kann, zusammenhängend sprechen zu können, um in dieser Pause eine Verteidigungskonzeption entwickeln zu können. Bisher haben wir das nicht gekonnt, in 1 Stundengesprächen können Sie es nicht. Und ich [864] Sie vorhin darauf hingewiesen, in diesen 1 Stundengesprächen ist Baader um so stärker gehandicapt, als er nämlich nicht so, wie Sie das annehmen oder vorgeben, verhandlungsfähig sei.

Vors.:

Bitte, damit ist die Frage immer noch nicht beantwortet, was heißt das, daß diese Erarbeitung einer Konzeption, wie Sie jetzt sagen, wir bezeichnen’s kurz als Vorbesprechung, daß das hinleite erst zur eigentlichen Prozeßvorbereitung? Was ist damit gemeint?

RA H[eldmann]:

Erst danach kann ich wissen, welche dieser Akten dahinten, ich mir als erste herauszuziehen habe. Denn nicht nur Verteidigergespräche habe ich gesagt, sondern Übersicht über diesen Prozeßstoff, der hinter Ihnen aufgebahrt ist. Darum geht es. Sie werden nicht annehmen können, daß ich während dem Sie die Hauptverhandlung fortsetzen, nun in den Nachtstunden Band für Band von diesen 180 mir greife und [x] damit meine Nächte verbringe. Ich muß also wissen, wo kann ich konzentriert arbeiten, Band 27 beispielsweise, darauf kommt es an für Baader.

Vors.:

Sie wissen ja, daß schon publiziert worden ist eine Frist von etwa 3 Monaten, die Sie genannt haben sollen. Wir sagen das mit allem Vorbehalt ...

RA H[eldmann]:

Ich habe wirklich gar keine Fristen genannt.

Vors.:

... die notwendig werden würde und die Sie dann nach dieser Erarbeitung einer Konzeption noch benötigten, um sich nun wirklich einzuarbeiten. Stimmt das oder stimmt das nicht, was da veröffentlicht worden ist?

RA H[eldmann]:

Ich bin mir nicht ... ich habe nicht in Erinnerung gesagt, ich brauchte[y] anschließend eine Frist von 3 Monaten, sondern ich habe, ich weiß nicht wem gegenüber, es kann Herrn Krumm gegenüber gesagt, bei Betrachtung des Volumens, das hier steht, [865] braucht ein Verteidiger wohl ein halbes Jahr, um sich einzuarbeiten. Aber ich habe heute nicht den Antrag gestellt, ein halbes Jahr dieses Verfahren zu unterbrechen, sondern ich habe 10 Tage Aussetzung beantragt.

Vors.:

Es geht also mit Sicherheit, oder jedenfalls darf ich das so verstehen, daß die 10 Tage nicht etwa dazu dienen sollen, wie es teilweise verstanden worden ist, daß Sie sich in die Akten einarbeiteten.

RA H[eldmann]:

Nein, doch einmal zum ... ausführliche Gespräche über mindestens halbe Tage mit Herrn Baader, um zu wissen, um es Ihnen doch in der Sprache des Bundesgerichtshofes zu sagen, wie sich der Angeklagte zur Anklage verhält und wie er, der Verteidiger, sich ein klares Bild über die Möglichkeiten der Verteidigung zu beschaffen hat, die für eine sachgemäße Verteidigung notwendig ist. Oder wie es in meiner Sprache heißt, die Verteidigungskonzeption in diesen 10 Tagen zu entwickeln. Darum sind diese 10 Tage Aussetzung notwendig.

Darf ich weiter erwidern?

Vors.:

Entschuldigung, sollte jetzt Herr Baader das Wort erhalten, er wird selbstverständlich ...

RA H[eldmann]:

Nein, ich möchte auf das, was Sie da gerade gesagt hatten, Herr Vorsitzender; doch etwas erwidern. Sie ... im Moment ... Sie meinten dieses Zitat aus der Süddeutschen Zeitung über den von Ihnen für Herrn Baader bestellten Verteidiger, so meinten Sie sagen zu müssen, sei ein Schlag unter die Gürtellinie. Ich meine, vielleicht waren Sie nie Strafverteidiger, vielleicht waren Sie nie Anwalt und haben keine Vorstellung dessen, wie ein Anwalt, der es mit seinen Anwaltspflichte genau nimmt, Prozesse vorzubereiten pflegt. Als Richter allerdings müßten Sie’s wissen, sicher hat Ihnen der Justizminister nicht zugemutet, diesen Prozeß [866] in 10 Tagen vorzubereiten, wie Sie mir das zumuten.

Vors.:

Das heißt also, es beinhaltet doch den Vorwurf gegen den Herrn Kollegen, daß er es mit seinen Anwaltspflichten nicht ernst nehme.

RA H[eldmann]:

Nein, ich habe meine Frage ausdrücklich an den Senat gerichtet. Wußte der Senat bei der Bestellung, daß dieser Herr Kollege anläßlich eines voluminösen Prozesses eine derartige voluminöse Neben- oder vielleicht besser gesagt - Haupttätigkeit - auch weiterhin während der Hauptverhandlung entwickelt.

Vors.:

Wann ist der Artikel erschienen?

RA H[eldmann]:

Der Artikel ist erschienen am 10.6. in der Stuttgarter Zeitung und wenn Sie[z] da meinten formulieren zu müssen, dies sei ein Schlag unter die Gürtellinie, nun und mir sozusagen angetragen haben, vielleicht sollte ich dem sicher sehr dankenswerten Vorbild des Herrn Kollegen, mich der Kultur widmen, nachahmen, muß ich Ihnen allerdings erwidern, wo da nun die Schlage unter die Gürtellinie verteilt angekommen sind, das mögen wir dahingestellt lassen. Aber jedenfalls kann sich ein Verteidiger in diesem Verfahren, jedenfalls ich und die anderen Kollegen auch, wir können es uns nicht leisten. Sie ... wir werden ... ich möchte die Sache, die Frage, die sehr wesentlich ist, unter welchen Bedingungen die Verteidigung hier arbeiten muß: In Gaststuben, nicht? in Schlafzimmern im Hotel usw., die möchte ich hier nicht erörtern. Wir reisen am Montag normalerweise an, um dann am Donnerstagabend zurückzureisen. Was daraus aus unseren Büros wird, damit ist der Komplex Baader-Meinhof - der jetzt ja erweitert ist auf Croissant und Ströbele[45] - ja[aa] längst nicht abgeschlossen, sondern wir müssen auch an den Wochenenden daran sitzen. Das ist die Situation der Verteidigung und da ist es ... ist es kurz gesagt unverständlich, wie Sie auf den Gedanken kommen, ich möchte in dieser Situation am 5. oder 6. Verhandlungstag hier erstmals aufgetaucht, mich [867] so nebenher einarbeiten und vor allem, aber darauf kommt es mir an, das Gespräch, das notwendige Verteidigergespräch mit dem Angeklagten verwehren. Das ist Verletzung der Verteidigungsrechte von Baader, das ist Verletzung meiner, des Anwalts Verteidigerrechte. Ich denke, daß ich damit alles zur Aufklärung gesagt habe. Mit der Gegenvorstellung will ich natürlich noch mal zurück, damit’s auch wirklich jetzt nicht mehr überhört wird, was ich eingangs und zwischendurch wiederholt gesagt habe; - Aussetzung auf 10 Tage, zu dem bereits wiederholt zitierten Zweck -

Vors.:

Noch eine Frage, wie haben Sie seit dem 11.6. Kontakt zu Herrn Baader gehabt, läßt sich das feststellen?

RA H[eldmann]:

Genauso, genauso. In maximal einer halben Stunde vor Beginn der Hauptverhandlung um 9.00 Uhr ...

Vors.:

Also außerhalb der Verhandlungstage nicht?

RA H[eldmann]:

Nein.

Vors.:

Will Herr Rechtsanwalt Schnabel sich zu der Sache äußern?

RA Schn[abel]:

Nein, danke.

Vors.:

Keine Stellungnahme.

RA H[eldmann]:

Ich habe noch eine Bitte, eine Frage. Ich habe zwei Bitten an den Senat gerichtet, mir zwei Fragen zu beantworten. Der Senat braucht mir selbstverständlich keine[bb] Fragen zu beantworten. Habe ich aber Ihre Erwiderung dahin richtig verstanden, daß Sie meine Fragen nicht beantworten wollen?

Vors.:

Ich meine, Sie hätten sie verstehen können. Die erste Frage war beantwortet, bei Pflichtverteidiger kommt es nicht auf die Annahme des Mandats an. Die zweite Frage beantwortet sich [868] allein schon aus dem Datum dieser Presseveröffentlichung.

RA H[eldmann]:

Die erste Frage ist damit unbeantwortet, was ich lediglich festzustellen habe, denn ich habe nach dem Zeitpunkt gefragt, nicht danach, wonach also Ihrer Auffassung, nach[cc] Herr Vorsitzender, ankommt, der Zeitpunkt ist relevant. Also keine Antwort, Dankeschön.

Vors.:

Herr Baader hat zunächst die Gelegenheit, ich fasse das so auf, was für ihn beantragt ist, auch rechtliches Gehör zur Begründung dieser Gegenvorstellung, deswegen soll Herr Baader zunächst zu Wort kommen.

Angekl. B[aader]:

Ja, ja, Moment mal, ich hab da ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, es ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Ich bitte um Gelegenheit, um ganz kurz einen ... einen kurzen Antrag stellen zu dürfen und zwar ist es so daß ...

Vors.:

Geht es jetzt um Herrn Raspe?

RA v[on] P[lottnitz]:

... Vorgänge ... Es ist ein kurzer Antrag, Sie werden’s gleich verstehen.

BA Dr. W[under]:

Herr Vorsitzender, so geht das nicht. Es liegen zwei Anträge vor und üblicherweise nimmt die andere Seite, das ist hier die Bundesanwaltschaft, Stellung. Wenn jetzt der Herr Baader spricht, kommen sicher neue Anträge ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, Sie hatten mir das Wort erteilt ...

(BA Dr. Wunder, RA v[on] Plottnitz und der Herr Vorsitzende reden durcheinander)

Vors.:

Herr Bundesanwalt, ich darf jetzt dazwischenrein sagen, es geht doch so, wie wir’s im Augenblick treiben, nicht wahr? Denn ich bin der Überzeugung, daß das, was Herr Baader dazu ausführen will, noch zu Ihrer späteren Gesamtbeurtei- [869] lung gehört. Er hat rechtliches Gehör, er kann sich den Ausführungen seines Herrn Verteidigers anschließen. Die Frage allerdings, ob Herr Rechtsanwalt von Plottnitz jetzt mit einem anderen Antrag kommen kann, die sollte im Augenblick gehört werden.

RA v[on] P[lottnitz]:

Er ist kurz, er ist kurz, es geht um eine, es geht um ausländische Kollegen, die draußen warten und zwar Kollegen, die im Auftrag der Internationalen Liga die Menschenrechte[46] ...

Vors.:

Zuhörer können ...

RA v[on] P[lottnitz]:

... Entschuldigung, ich wollte den Antrag stellen diese Kollegen, die gekommen sind, weil sie wegen der Vorgänge in und um dieses Verfahrens beunruhigt sind, diese Kollegen als offizielle Prozeßbeobachter der Liga für Menschenrechte aus Paris hier zuzulassen. Ich habe ein Schreiben hier, der französischen Rechtsanwaltskammer in Paris ...

Vors.:

Es nützt nichts. Die beunruhigten Herrn Kollegen aus dem Auslande können als Zuhörer hier hereinkommen. Sie haben auch die Möglichkeit die Presseplätze, soweit wir sie nicht freigehalten haben, zu[dd] benützen. Wir haben inzwischen die sitzungspolizeiliche Verfügung dahin ergänzt, daß besetzte Presseplätze natürlich nicht zu besetzen sind durch Besucher. Darüber hinaus bleiben 20 Presseplätze immer frei für Journalisten oder sonst jemand der kommt, der Rest kann für Besucher freigegeben werden. Das ist, wie ich bemerkt habe, geschehen. Weitere Plätze können wir nicht freigeben, auch nicht für diese Herrn Kollegen.

RA v[on] P[lottnitz]:

Darf ich Sie dann drum bitten, dem Wachtmeister zu sagen, daß die Kollegen Dine Sergan, Felice Montiere und Terell bitte in den Saal vorgelassen werden.

Vors.:

Ja, wenn noch Plätze vorhanden sind, das wissen ja die Herrn vom Eingang ohnedies. Wenn noch Plätze vorhanden sind, [870] bitte zählen Sie es nach, ob 4 Presseplätze frei sind, dann können die Herrn normal als Besucher reinkommen. Aber der Reihe nach. Wenn andere Besucher vorher da waren, müssen sie eben weiter warten, solang bis Plätze frei würden.

RA v[on] P[lottnitz]:

Zunächst mal darf ich die, also die ...

Vors.:

Alles besetzt sehe ich, dann tut’s mir leid, Herr Rechtsanwalt.

RA v[on] P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, dann beanstande ich diese Maßnahme und bitte um einen Senatsbeschluß, abgesehen davon, daß ich hier also selbst von meinem Platz aus vier Plätze sehe.

Vors.:

Das hat allein mit der Sitzungspolizei zu tun, dazu hat der Senat keine Entscheidung zu treffen.[47] Ein Platz, sehe ich, ist frei geworden, also kann einer der Herrn kommen, als Besucher; ein zweiter wird auch frei.

Soweit Plätze frei sind, können sie belegt werden. Ich bitte also ...

RA v[on] P[lottnitz]:

Herr Vorsitzender, hier vorne sind noch 10 Plätze frei, das sehe ich doch von hier.

Vors.:

Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Presseplätze, soweit sie besetzt sind, natürlich nicht beansprucht werden können von Besuchern und daß darüber hinaus ...

Angekl. B[aader]:

Aber die Polizei, ja.

Vors.:

... ständig ...

Wenn Sie zu Wort kommen wollen, dann müssen Sie vorkehren, daß Sie nicht durch ständiges Dazwischenrufen einen Ausschluß hier provozieren, von Ihnen selbst. Herr Rechtsan- [871] walt von Plottnitz, 20 Presseplätze bleiben auf alle Fälle immer frei, damit wir die Kollegen, die keine normalen Presseausweise vom Gericht erhalten haben, unterbringen, wenn sie hier kommen. So ist es sitzungspolizeilich angeordnet. Wir haben also insgesamt gegenwärtig etwa noch 35 Plätze, Presseplatze in Benützung. Alles andere steht für Zuschauer zur Verfügung, aber mehr nicht.

RA v[on] P[lottnitz]:

Also, Herr Vorsitzender, ...

Vors.:

Darf ich jetzt ... Es ist jetzt hier geregelt worden, daß, soweit Besucherplätze frei sind, das sind also diejenigen, die überzählig sind über die 20 freizuhaltenden Presseplätze hinaus, daß Besucher kommen können, der Reihenfolge nach, wie sie angestanden haben.

RA v[on] P[lottnitz]:

Ich hatte diese Sache, ich hatte diese Anordnung beanstandet, der Senat ist der Auffassung, daß der Senat ... der Vorsitzende ist der Auffassung, daß der Senat gar nicht darüber zu befinden hat. Ich beanstande das trotzdem und bitte dann um eine entsprechende Verfügung, wonach der Senat nicht für eine derartige Entscheidung die Zuständigkeit hat.

RA H[eldmann]:

Das ist das Prinzip der Öffentlichkeit.[48]

RA v[on] P[lottnitz]:

Ich beanstande ausdrücklich diese Maßnahme, die Sie jetzt getroffen haben und bitte um eine Senatsentscheidung.

Vors.:

Gut. Will die Bundesanwaltschaft zu diesem jetzt entstandenen Zwischenstreit sich äußern?

BA Dr. W[under]:

Nein, zu dieser Frage nehmen wir nicht Stellung, Herr Vorsitzender. Die Passage hätte überhaupt nicht eintreten müssen.

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen, es wird an der sitzungspolizeilichen Verfügung, wie sie getroffen worden ist, fest- [872] gehalten. Alles was die Zahl von 20 freien Presseplätzen übersteigt, steht für Zuschauer zur Verfügung. Es muß also hier an der Pforte überblickt werden, wieviel Presseplätze frei sind. Natürlich auch, ob innerhalb des Zuhörerraumes Plätze frei sind, und nach dieser Zahl können Zuschauer zugelassen werden, der Reihenfolge nach, wie sie angestanden haben, auch die Herrn, die draußen warten und die genannt worden sind.

Herr Baader, jetzt haben Sie Gelegenheit sich zu äußern.

Angekl. B[aader]:

Konkret zunächst mal, aber ich hab eigentlich vor, den ganzen Zusammenhang und die ganze Entwicklung der Zerstörung des Verteidigungskonzepts, den Zusammenhang, in dem die Verteidiger erst ausgeschlossen und dann kriminalisiert worden sind, hier zu entwickeln.

Vors.:

Herr Baader, damit werden Sie Pech haben. Es geht jetzt darum ...

Angekl. B[aader]:

Das ist mir schon klar ...

Vors.:

... daß die Gegenvorstellungen des Herrn Dr. Heldmann, die Sie ja gehört haben, mit Ihren Worten und Ihren Argumenten ergänzen können, auch natürlich ausweiten können, aber Gesamtzusammenhänge der Zerschlagung der Verteidigung und Kriminalisierung gehören nicht dazu.

Angekl. B[aader]:

Naja, es geht doch, es geht doch ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Heldmann.

RA H[eldmann]:

Ich bitte Sie nur heute den Herrn Baader, nicht wie üblich schon nach dem ersten Satz zu unterbrechen. Selbstverständlich gehört die Zerschlagung der bisherigen Verteidigung zu genau diesem Thema. Er steht nämlich vor der Aufgabe, sich eine neue Verteidigung aufzubauen, des- [873][49] [874] wegen gehört die Zerschlagung der ... zum Thema, was damit angerichtet worden ist, darum geht’s.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann, Sie wissen, es geht um Ihren Antrag, 10 Tage zu unterbrechen. Soweit Herr Baader hier zur Begründung was beizutragen hat, hat er selbstverständlich das ungehinderte Wort. Wir wollen mal sehen.

Angekl. B[aader]:

Sie wollen also mal sehen. Naja, das ist doch klar, wie das hier ablaufen wird. Sie werden den Text zerhacken, in dem Sie mir dauernd das Wort entziehen, wie das letzte Mal. Aber ich habe auch irgendwie keine Vorstellungen, es ist doch glaube ich, es geht doch hier glaube ich, um das Institut des rechtlichen Gehörs, so bizarr dieser Begriff ist. Das heißt also, ich muß doch die Möglichkeit haben, den ganzen Zusammenhang der Entwicklung, die darin kulminiert, daß diese Anwälte jetzt verhaftet worden sind, die mich hier ursprünglich verteidigen wollten. Ich muß doch die Möglichkeit haben, das hier entwickeln zu können, denn da ist [ee] vielleicht für Sie nützlich, obwohl Sie unmittelbar daran beteiligt waren und obwohl es auch Ihr Interesse war, daß diese Verteidiger ausgeschlossen waren, spätestens seit der Strafanzeige wegen Mordes gegen Sie. Daß die Zusammenhänge hier vielleicht nochmal komplex[ff] dargestellt werden und vor allen Dingen auch ... Zusammenhänge. Ich würde aber gerne von Ihnen dazu eine verbindliche Erklärung haben, daß Sie mich nicht unterbrechen werden.

Vors.:

Herr Baader, Sie kriegen keine verbindliche Erklärung. Es kommt darauf an, ob Sie bei der Sache bleiben.

Angekl. B[aader]:

Sie wollen also in dieser Situation des sogenannten rechtlichen Gehörs, daß was ich hier, sagen wir mal vorbringe ...

Vors.:

Herr Baader, bitte beginnen Sie jetzt mit Ihren Ausführungen[gg].

Angekl. B[aader]:

Na ja, daß ...

[875] Vors.:

Sie kriegen keine verbindliche Erklärung. Wenn Sie von der Sache abweichen, werde ich Sie ...

Angekl. B[aader]:

Das wollen Sie also Satz für Satz zensieren, mit anderen Worten.

Vors.:

Bitte?

Angekl. B[aader]:

Das wollen Sie Satz für Satz zensieren, was ich jetzt zu sagen habe.

Vors.:

Fangen Sie doch mal an und warten Sie ab, ob ich Satz für Satz zensiere.

Angekl. B[aader]:

Na ja, Sie haben’s doch angekündigt, Sie haben es auch bisher so gehalten. Aber konkret, ich war nicht sicher und wir waren überhaupt nicht sicher, daß die Verteidiger ausgeschlossen würden, weil die Ausschlußgründe, also ich gehe hier auf Ihre Argumentation ein, ich hätte die Ausschlüsse kommen sehen und ich hätte mich darauf einrichten müssen. Also wir waren nicht sicher, weil die Ausschließungsgründe nach der Einschätzung der Anwälte absurd waren und nach unserer eigenen. Ich hatte also keinen Anlaß, unter der vom Ausschluß bedrohten Verteidigern, zumal Haag noch dazu gehörte, nicht dazu gehörte, eine Schlange weiterer Verteidiger zu bilden, noch bevor der erste ausgeschlossen war. Es wäre auch nicht möglich gewesen, weil die Maßnahmen der Bundesanwaltschaft darauf angelegt sind, Angst zu erzeugen. Sie sind in der korrekten Definition staatlicher Terror und sie erzeugen Angst. Es gibt in der Bundesrepublik angesichts der verschwindenden Grenzen, der Legalität, ihre Zersetzung, sehr wenige Verteidiger, die bereit sind, die Verfolgung, die Mandate der Gefangenen aus der RAF mit sich bringen, auf sich zu nehmen. Aber auch die, die’s [876] vielleicht gibt, oder gab, mit denen konnte ich mich nicht in Verbindung setzen. Nach der zeitlichen Disposition der Ausschlüsse durch Buback. Er hat dazu am 20.3. gesagt; „auf dem Vorwurf des deutschen Anwaltsvereins die Strafverfahren gegen die Anwälte, hier Schily liefen seit 3 Jahre, ohne daß Beweise vorgebracht worden wären.“ Er hat dazu gesagt, es gäbe durchaus Gründe dafür[hh], aus den man keine falschen Schlüsse ziehen dürfe. Die einheitliche Behandlung der Anwaltsverfahren, nötige[ii] es[jj] auf gewisse Entscheidungen zurückzustellen. Das bedeutet, er hat die Ausschlüsse, die er im Auge hatte, zurückgestellt, bis sie unmittelbar vor der Hauptverhandlung mit der gleichzeitigen Beschlagnahme der gesamten schriftlichen Verteidigungsvorbereitung, die Verteidigung in diesem Verfahren unmöglich gemacht war. Die offenbare Abhängigkeit des Senats, das in jedem Fall gesicherte Urteil, genügt der Bundesanwaltschaft nicht, konnte ihr nicht genügen, weil im Verlauf dieses Verfahrens zu viel über ihre[kk] offen illegale Methode über Folter, Aussageerpressung usw. bekanntgeworden war, das den reibungslosen Ablauf stören könnte. Sie mußte, und ich werde es nachher noch genauer erklären, sie mußte Croissant, Ströbele und Groenewold um jeden Preis loswerden, weil das die Anwälte waren, die in den vergangenen zweieinhalb Jahren wesentlich um die Sonderbehandlung der politischen Gefangenen in der Bundesrepublik Öffentlichkeit erzeugt haben. Ich konnte mich mit Anwälten nicht in Verbindung setzen und sie überhaupt fragen. Ich konnte die Bedingungen dieses Verfahrens und unsere Vorstellungen zur Verteidigung nicht mit irgendeinem Anwalt besprechen, ganz abgesehen davon, daß auch, wenn das möglich ist, immer noch ungeklärt ist, oder ungeklärt geblieben wäre, auch in diesen zwei Tagen, die ich objektiv Zeit hatte, wie sich unmittelbar vor der Hauptverhandlung ein Rechtsanwalt in 1800 und da weis ich nochmal darauf hin, das Aktenmaterial zu diesem Prozeß sind 1800 Akten, nicht 134, in 1800 Akten einarbeiten hätte können.

In dem Verfahren gegen uns ist die Funktion von Vertei- [877] digung objektiv lange reduziert, auf den Schutz der Gefangenen gegen das Vernichtungsinteresse der Bundesanwaltschaft, für das die Gerichte und explizit dieser Senat sich instrumentalisiert haben. Wegen dieser Bereitschaft sind sie ausgesucht worden, Prinzing, wegen dieser Bereitschaft sitzen Sie hier vor. Im Moment sind 44 politische Gefangene in Isolationsabteilungen, das heißt, es werden 44 politische Gefangene und das sind nur die, von denen ich weiß, durch Isolation gefoltert, um sie zu brechen, obwohl das nicht möglich ist, um sie zu vernichten. Vernichtung, das habe ich erklärt, ist der richtige Begriff, denn der Gefangene da drin wird durch Desozialisierung bewußtlos gemacht ... Kollektivierungs-Politisierungsprozesse, die seine Persönlichkeit bilden, gebildet haben, konstituiert haben, als materielle Kraft in seinem Bewußtsein gelöscht sind, bleibt eine Marionette übrig. Der Prozeß der Zerstörung, in dem das abläuft, läßt sich nicht genau kontrollieren, nicht präzise kontrollieren.

Vors.: (zu den Protokollführern)

Entschuldigung, ist da irgendwo noch ein Mikrophon eingestellt, denn dadurch ist die Aussteuerung offenbar schlecht. Ja nun, das von Herrn Baader muß natürlich bleiben. Haben Sie Ihres wieder abgestellt? Alle abgestellt. Bitte weiter.

Angekl. B[aader]:

Der Prozeß der Zerstörung, in dem das abläuft, läßt sich nicht präzise kontrollieren. Er zerstört den Gefangenen auch physisch, das ist an Astrid erst exakt festgestellt worden,[50] an Astrid Proll und ich bin sicher, neutrale Gutachter würden es an jedem der isolierten Gefangenen feststellen. Das ist ein Grund, warum Sie, Prinzing, die Zulassung neutraler Gutachter um jeden Preis verhindern müssen. Daß das Projekt der psychischen und physischen Vernichtung der Gefangenen und gehe jetzt nicht auf den Zynismus ein, in dem der Senat sozusagen der Behauptung, das Programm der RAF sei psychische und physische Vernichtung von Richtern, aus dieser Behauptung heraus sozu- [878] sagen auch noch gegenüber den Gefangenen in der Isolation eine Art Notwehrrecht geltend macht, weil das doch lächerlich ist.

Vors.: (zu den Protokollführern)

Also irgend etwas stimmt an der Mikrophonanlage nicht. Sie müssen mal versuchen vielleicht dieses Mikrophon leiser zu stellen.

Angekl. B[aader]:

Ja, es stimmt nie etwas an dieser Mikrophonanlage.

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Vorsitzender, vielleicht kann man diese Pause benutzen, um zu überlegen, ob man Herrn Baader das Wort entziehen kann ... Begründung hatte überhaupt nichts mit einer Begründung eines Antrages auf eine Aussetzung von 10 Tagen zu tun.

Angekl. B[aader]:

Ich würde sagen ...

Vors.:

Es geht wieder los, darf ich folgendes mal grundsätzlich dazu sagen. Der Senat hat sich das ja angehört, ich bin selbst immer in einer wenig schönen Weise angesprochen worden, aber wir haben uns das notwendige dicke Fell angeeignet ...

Angekl. B[aader]:

Ich bin, ich bin aber, ich bin aber wirklich, ich bin ...

Vors.:

... Ja, Herr Baader, jetzt sind Sie im Augenblick still, ich gebe gerade dem Herrn Bundesanwalt die Antwort. Wir wollen uns das notwendig dicke Fell doch aneignen, daß wir auch mal das anhören, was dort gesagt wird. Ich möchte nicht, daß die Angeklagten das Gefühl haben, sie kämen nicht zu Wort, und vor allen Dingen wir scheuten das, was sie zu[ll] sagen haben, auch in der Öffentlichkeit.

Reg. Dir. W[idera]:

Ich bin ja gerne bereit dazu, das alles anzuhören, wenn es jeweils zu den gestellten Anträgen auch nur annährend paßt.

Vors.:

Auch hier wieder gilt genau dasselbe, nicht wahr, wenn wir [879] im Laufe der Zeit bemerken[mm], daß er nicht mehr zum Thema zurückkommt, werden wir uns darüber Gedanken machen. Wir beachten’s schon, ob’s noch im Zusammenhang zu sehen ist.

Herr Baader, bitte fahren Sie fort.

Angekl. B[aader]:

Ist es jetzt verständlich?

Ja, ich würde sagen, ich habe mich vom Thema noch nicht entfernt, denn Sie können den Ausschluß der Anwälte und ihre schließliche Verhaftung, dieser drei Anwälte, die sind nicht zu sehen und die sind nicht zu verstehen, ohne die Praxis dieser Anwälte in den letzten zweieinhalb Jahren, um dieses Verfahren, und das ist wesentlich, ihr Kampf gegen die Haftbedingungen der politischen Gefangenen in der Bundesrepublik. Also habe ich das so zu entwickeln ...

Vors.:

Nein, Herr Baader, das ist ein Irrtum, das würde nun tatsächlich am Thema vorbeigehen. Sie sollen nicht jetzt entwickeln, was dazu geführt hat, daß diese Anwälte ausgeschlossen worden sind, sondern Sie sollen begründen, warum es notwendig ist, daß man 10 Tage lang unterbricht, um Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann die Gelegenheit zu[nn] geben, mit Ihnen eine neue Verteidigungskonzeption vorzubereiten.

Angekl. B[aader]:

Aber hören Sie, wenn ich hier, wenn ich hier...

RA Dr. H[eldmann]:

Das meine ja[oo] ich selbst hinreichend begründet zu haben. Herr Baader ist nach meinem Antrag darüber zu hören, ob er, wie Sie ihm unterstellt haben, die möglichen, die faktischen Möglichkeiten hatte, rechtzeitig vor Beginn dieser Hauptverhandlung sich nach einem neuen Verteidiger umzusehen, diesen auch zu finden - wovon er eben sehr eindrucksvoll gesprochen hat - wie schwer das ist für diesen Prozeß, einen Verteidiger des Vertrauens zu finden. 3. Diesen mandieren und 4. durch ausreichende Verteidigergespräche, Verteidigungskonzeption zu entwickeln. Ob ihm das faktisch möglich war und dazu spricht er.

Ende Band 33

[880] Vors.:

Nein. Dazu spricht er im Augenblick in der Tat nicht. Das ist nur eine Duldsamkeit, daß man diese Verfehlung des Themas im Augenblick hinnimmt. Er entwickelt, warum man diese Anwälte und wie sie gearbeitet hätten, warum man sie deshalb ausgeschlossen hat. So sieht er das aus seiner Sicht. Das hat aber mit der Begründung dessen, was Sie eben als Thema nannten, nichts zu tun.

Herr Baader, versuchen Sie, halt möglichst rasch aufs Thema zu kommen. In der Tat ist das keine Rede, wo Sie nun irgendwelche Agitation betreiben können bezüglich des Ausschlusses der Verteidiger.

Angekl. Baa[der]:

Aber reden Sie doch mal bitte nicht von Agitation, ohne zu wissen, was das ist überhaupt. ’s geht hier ganz ... zunächst nur darum, daß ein Zusammenhang dargestellt wird, der relevant ist insofern, als genau das, worum es sich hier ... auch in dem Haftbefehl der Anwälte auftaucht und das ganz wesentlich in den Anträgen auftaucht ... in den Anträgen auf Ausschluß dieser Anträge ... dieser Anwälte und schließlich auch in Ihren Entscheidungen zu ihrem Ausschluß aus diesem Verfahren. Da taucht genau das auf. Man muß vielleicht daran erinnern, daß in dem Haftbefehl gegen Croissant ... der Haftbefehl gegen Croissant wesentlich darauf begründet ist, daß er Öffentlichkeit geschaffen hat. Hier ...

Vors.:

Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

Ja, doch.

Vors.:

Herr Baader. Ich kann Ihnen versichern, wenn Sie so weitermachen, wie Sie’s jetzt tun, dann muß ich Ihnen - obwohl ich das nicht gerne tue - das Wort entziehen. Abschweifungen dieser Art nehmen wir nicht hin.

Und im übrigen darf ich Ihnen eines dazu noch bemerken:

Sie dürfen die Duldsamkeit, die hier Ihnen gegenüber bewiesen [881] wird - nach unserer Auffassung - nicht dazu verwenden, ständig die Formen zu verletzen. Im Laufe der Zeit wird natürlich die Formverletzung zu einer gravierenden Beleidigung. Das beginnt damit, daß Sie sich grundsätzlich die Anrede Herr ersparen und alle hier Anwesenden bewußt und provokativ nur mit dem Namen anreden. Das mag auf Einzelfälle hinzunehmen sein; aber es ist nicht hinzunehmen, wenn das bewußt in der Wiederholung geschieht, denn dann steckt darin eine Herabwürdigung, die wir nicht hinnehmen können. Halten Sie sich bitte an die Formen, und bitte, halten Sie sich daran, daß ich als Vorsitzender veranlaßt bin, Ihnen zu sagen, daß Sie nicht abschweifen dürfen, sonst entziehe ich Ihnen das Wort.

Herr RA Heldmann, ...

RA He[ldmann]:

Moment mal. Eine Sekunde.

Vors.:

Ich verstehe ...

RA He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, es zeigt sich gerade, wie wenig zugehört wird, wenn Sie mißverstanden haben Herrn Baaders letzte Ausführungen dahin, sie hätten mit der Sache nichts zu tun. Herr Baader hat eingeleitet, nämlich diesen Aspekt seiner Ausführungen damit, durch Maßnahmen der Justiz würden - insbesondere solche der Öffentlichkeitsarbeit der Justiz - würden potentielle Verteidiger ... Verteidiger und potentielle Verteidiger terrorisiert, und davon spricht er jetzt. Also sachliche Richtigstellung: Hörte man zu, wüßte man den Zusammenhang.

Zweitens:

Ich halte es für unzulässig, daß Sie Herrn Baader hinsichtlich seines Rederechts hier so behandeln, als erwiesen Sie ihm eine Gnade. Diese Gnade ist Anspruch des Herrn Baader aus dem Grundgesetz.

Vors.:

Ich darf Sie nochmals, wie schon zuvor einen anderen Ihrer Kollegen darauf hinweisen, daß es die Aufgabe des Vorsitzenden ist, Abschweifungen, unnötige Ausführungen zu ver- [882] hindern im Interesse des Verfahrens, und nur das tu ich im Augenblick. Es ist selbstverständlich das Recht Herrn Baaders, hier zu reden, und wie Sie bemerkt haben dürften, ist der Senat willens, dieses Recht möglichst großzügig zu handhaben.

Bitte, Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

Ja. Ich hab das bisher nicht festgestellt. Aber ich versteh das auch nicht. Manchmal hat man wirklich das Gefühl, das ist nicht auszuhalten hier. Ich hab doch grade wirklich ganz klar entwickelt:

Der Zusammenhang, in dem diese vier ... diese drei Verteidiger ausgeschlossen und schließlich kriminalisiert worden sind, gehört zu den Bedingungen, die es erschwert haben ... oder die meine Verteidigung erschwert haben bzw. unmöglich machen und die es auch ganz konkret unmöglich gemacht haben oder sehr schwer gemacht haben, überhaupt einen Verteidiger für mich zu finden, nachdem die Anwälte ausgeschlossen waren für dieses Verfahren. Sie können also unmöglich sagen, also daß das mit dem Thema hier nichts zu tun hat. Das ist das Thema. Also, daß das Projekt der psychischen und physischen Vernichtung der Gefangenen bis jetzt an unserem Widerstand und seiner Wirkung gescheitert ist, liegt nach dem kriminalistisch bornierten Verständnis, das die B. Anwaltschaft von revolutionären Interaktionsstrukturen haben muß oder nur haben kann, an den Anwälten, und so hat sie ihre Verfolgungskampagne, die sie hier entwickelt und sie schließlich kriminalisiert. Das hat zwei Seiten:

Ich könnte aus den Akten belegen, daß die B. Anwaltschaft schon 72 über die Ergebnisse der Isolationsforschung informiert war und danach die Haftbedingungen konzipiert hat. Danach wurde der Trakt[51] und das psychiatrische Programm umastelt ...

Vors.:

Herr Baader, Sie haben jetzt keine Möglichkeiten, über die Haftbedingung zu reden. Es geht im Augenblick um die Frage der Verteidigung.

[883] Angekl. Baa[der]:

Sagen Sie, möchten Sie in jedem Satz das Wort Verteidigung haben oder was.

Vors.:

Nein. Ich muß Sie drauf Hinweisen, daß Sie nicht die Möglichkeit haben, jetzt wieder irgendeine Rede über Haftbedingungen loszuwerden.

Angekl. Baa[der]:

Das ist doch die zynischste Form der Zensur und der Unterdrückung, die Sie überhaupt ausüben ... die überhaupt denkbar ist. Soll ich in jedem Satz ... in jedem Satz voranstellen: Es geht hier um die Verteidigung, wenn ich einen komplexen Zusammenhang entwickeln will?

Vors.:

Herr Baader, Sie werden nicht erleben, daß man Ihretwegen die Prozeßordnung anders anwendet als sie lautet. Sie haben nicht das Recht, von der Sache abzuschweifen, und zwar nun hier ganz bewußt ein Thema zu benützen und so und so viele andere Dinge, die Sie loswerden wollen, daran aufzuhängen. Haftbedingungen haben mit der Frage der Verteidigung nichts zu tun.

Angekl. Baa[der]:

Dann haben Sie ganz offensichtlich nicht gelesen die Anträge bzw. die Beschlüsse zum Ausschluß dieser drei RAe.

Vors.:

Was hat das damit zu tun?

Angekl. Baa[der]:

Naja. Verdammt! Weil da nun wirklich explizit drinsteht, daß diese Anwälte aus dem Verfahren ausgeschlossen worden sind, weil sie die Haft ... Öffentlichkeit für die Haftbedingungen der Gefangenen geschaffen haben. Deswegen habe ich das hier nochmals darzustellen.

Vors.:

Das steht nicht explizit drinne, wie Sie meinen.

Angekl. Baa[der]:

Steht natürlich ...

Also, ich würde doch sagen, nehmen Sie das mal zur Hand und lesen Sie’s, da steht doch alles drinne.

[884] Vors.:

Wie lange wird denn Ihre Erklärung etwa in Anspruch nehmen, Herr Baader.

Angekl. Baa[der]:

Das weiß ich nicht, weil ich ... ich will sehen, daß ich sie frei entwickle.

Vors.:

Nun, wenn wir eine zeitliche Beschränkung etwa sehen könnten und die Vorstellung ...

Angekl. Baa[der]:

Ja, Sie würden ganz sicher diese Erklärung wesentlich abkürzen, nachdem sie Ihnen so schmerzlich ist, wenn Sie mich nicht permanent unterbrechen würden.

Vors.:

Was brauchen Sie jetzt an Zeit für diese Begründung?

Angekl. Baa[der]:

Ich weiß nicht. Muß ich eine bestimmte Redezeit hier anmelden?

Vors.:

Ja. Sie haben nicht das Recht, hier endlos zu reden, und wenn Sie so von der Sache abschweifen ...

Angekl. Baa[der]:

Woher wissen Sie denn, daß ich hier endlos reden will?

Vors.:

Herr Baader, in dem Moment, wo ich weiß, daß Sie jetzt noch 20 Minuten etwa beanspruchen würden, beispielsweise, dann könnte ich sagen, dann nehmen wir’s auch hin, wenn Sie von der Sache abschweifen. Wenn das aber zwei Stunden dauert, dann wird’s zu lang.

Ich glaube, darüber muß ich mir eine Vorstellung machen können. Ich würde gern die Antwort von Herrn Baader dazu haben.

Angekl. Baa[der]:

Naja. Lassen Sie doch ...

RA He[ldmann]:

Erlauben Sie mir die Frage:

Wollen Sie das Grundrecht auf rechtliches Gehör hier plötzlich am Minutenmaßstab messen?

[885] Vors.:

Wollen Sie mich ständig drauf Hinweisen, daß Sie offenbar die Vorschrift des § 238[ StPO][52] nicht kennen, wonach die Sachleitung einfach bedingt, daß der Vorsitzende Abschweifungen verhindert?

RA He[ldmann]:

§ 238[ StPO] ist nachrangiges Recht gegenüber der Verfassung, Recht aus [Art. ]103 Abs. 1 GG[53].

Vors.:

Das ist kein nachrangiges Recht, sondern es ist die Pflicht des Vorsitzenden. Das hat mit dem rechtlichen Gehör überhaupt nichts zu tun, wenn Abschweifungen stattfinden; sonst könnte man überhaupt diese Verhandlungsleitung in dieser Beziehung abschaffen für die Zukunft nach Ihrer Meinung.

Angekl. Baa[der]:

Ja unterliegt das tatsächlich, nachdem man doch sehr oft feststellt ...

Vors.:

Herr Baader, ich möchte jetzt ...

Angekl. Baa[der]:

Herr Prinzing, ich nehme an, 20 - 30 Minuten. Aber ich möchte Sie doch mal fragen, nachdem man sehr oft hier feststellt oder bei jedem Versuch der Gefangenen ... politische Argumentation zu entwickeln, daß Sie nicht mitkommen, daß Sie nicht verstehen, daß Sie der Terminologie nicht folgen können, daß Sie die Auflösung des Begriffs nicht mitkriegen; dann möcht ich doch einfach mal wissen, wie Sie überhaupt feststellen wollen, was Abschweifung ist? Das ist doch die Frage hier.

Sie haben doch grade belegt, Sie haben ...

Vors.:

Sie sagten 20 - 30 Minuten. Fahren Sie fort.

Ich gebe Ihnen darauf keine Antwort. Da brauchen Sie keine Sorge zu haben.

Angekl. Baa[der]:

Sie haben doch grade bewiesen, daß Sie gar nicht folgen, daß Sie dem, was ich hier gesagt habe, gar nicht folgen.

Sie sagen Abschweifung ...

Vors.:

Nehmen Sie nun das Wort, und fahren Sie fort, wenn’s 20 - 30 Minuten dauert.

[886] Angekl. Baa[der]:

Das hat zwei Seiten:

Ich könnte aus den Akten belegen, daß die B. Anwaltschaft schon 72 über die Ergebnisse der Isolationshaft ... Isolationsforschung informiert war und danach die Haftbedingungen konzipiert hat. Danach wurde der Trakt und das psychiatrische Programm umastelt und später um Ulrike in Köln-[pp]Ossendorf[54] entwickelt. Inzwischen gibt es in 15 Gefängnissen Isolationstrakts, und das sind auch wieder nur die, von denen ich weiß. Im Moment ist - und das sind immer Mädchen, das ist das Eigenartige - Elisabeth v. Deik[55] im Totentrakt, d. h. in dieser Abteilung, in der totale sensorische Deprivation[qq] stattfindet, im Totentrakt in Köln, obwohl sie in der Schweiz aus dem Gefängnis entlassen wurde und ihr hier nur illegaler Waffentransport vorgeworfen wird. Ihr ist erklärt worden, daß sie aus dem Trakt kommt, wenn sie der Staatsschutzabteilung Informationen über Haag gibt. Ich sage das hier, weil darin nochmal die traditionelle Funktion von Folter als Mittel zur Informationsbeschaffung deutlich wird im Gegensatz zu der komplexen Strategie, die Buback mit Ulrike im Auge hatte. Nicht nur das Geständnis, sondern die propagandistische Bewertung des gebrochenen Gefangenen im Prozeß. D. h., Buback will mit der Kriminalisierung der Anwälte, wie er gesagt hat, die Kommunikation unterbinden, die Zellen dichtmachen, die Zellen endlich dichtmachen usw. D. h., er will die Zellen so perfektionieren, denn sie wäre ohne die Besuche der Anwälte total perfektioniert, daß die Gefangenen dem Programm endlich total ausgeliefert sind. Das wäre das eine.

Das andere ist:

Er will Öffentlichkeit über das, was in den Trakten vollzogen wird, verhindern. So steht es auch in den Haftbefehlen.

Die Anwälte mußten für Buback in dem Maß unerträglich werden, indem sie die Öffentlichkeit für die Tatsache der Isolation, des Mordversuchs durch die Szintigraphie[56] die Zwangsnarkotisierung, die Quälereien in den Beruhigungszellen, und während des Hungerstreiks schließlich für den Mord[57] und die Entscheidungsabläufe, die zu dem Mord geführt haben, verschaffen konnten, und sich diese Tatsache, sich um diese [887] Tatsache transparent Mobilisierung, Widerstand gegen diese Strategie entwickelt hat.

Die B. Anwaltschaft bestreitet das Arrangement zur Vernichtung der Gefangenen nicht. Das ist deutlich in ihrer Stellungnahme zum Ablehnungsantrag Prinzings. Sie dementiert nicht, sie rechtfertigt nicht; sie geht auf den Vorwurf des Mordes inhaltlich nie ein, sondern sie stellt einfach grinsend die Berechtigung des Mordes an politischen Gefangenen fest. Das Grinsen von Zeis und Widera, an dem die Presse rumrätselt, ist einfach begründet im Bewußtsein der Macht und der Identität mit dem faschistischen Projekt. Es ist begründet in der Sicherheit, in der notwendig reaktionären Entwicklung des Staates, also auch der Schwäche der Linken legitimiert zu sein. Das ist sehr viel deutlicher als der monotone Versuch Prinzings, den Tatsachen durch Dementis, die Fälschung ... durch die Fälschung in seinen dienstlichen Äußerungen ... dienstlichen Erklärungen auch gegen die StPO zu entgehen. Es ist deutlich, wie selbstbewußt er ist. Das bürgerliche Recht ist für die Politik und die Strategie, die die B. Anwaltschaft vertritt, den neuen Faschismus, genauso nur Terrain wie für den alten. Es gibt ...

Vors.:

Herr B. Anwalt, Sie haben das Wort. Was wollen Sie dazu sagen?

BA Widera:

Es wird immer deutlicher, daß Herr Baader zum Thema überhaupt nicht mehr spricht, und weil das so ist, bitte ich von den gewährten 20 oder 30 Minuten nicht Gebrauch zu machen, sondern Herrn Baader nunmehr endlich das Wort zu entziehen, wenn er nicht unmittelbar und sofort bereit ist, zum Thema zu sprechen.

Vors.:

Herr Baader, Sie haben’s gehört. Halten Sie sich daran.

Ich habe auch die Absicht, so zu verfahren.

Angekl. Baa[der]:

Naja, gut. Es gibt Interdependenzen im Apparat, in denen die B. Anwaltschaft das Recht bricht, es brechen muß. Aber das Kräfteverhältnis ...

Vors.:

Kommen Sie jetzt bitte zur Sache.

[888] Angekl. Baa[der]:

Ja, Ich bin dabei!

Das Kräfteverhältnis spezifisch zu diesem Verfahren oder an diesem Verfahren drückt sich genau darin aus, daß Sie’s nach Ihren Bedürfnissen ändern können. Das ist beispielhaft in der Sondergesetzgebung, speziell besonders zu diesem Verfahren,[58] und Sie können nicht sagen, das würde nicht zum Thema gehören ...

Vors.:

Herr Baader, ich entziehe Ihnen hiermit das Wort, Ich nehme diese Abschweifungen jetzt nicht mehr in Kauf.

Angekl. Baa[der]:

Inwiefern denn?

Vors.:

Sie haben die Möglichkeit ...

Angekl. Baa[der]:

Haben Sie denn vergessen, daß diese Gesetze ...

Vors.:

Herr Baader, ...

Angekl. Baa[der]:

Haben Sie denn vergessen, daß diese Gesetze, aufgrund derer[rr] mehrere[ss] Ausschlüsse von Anwälten möglich wurde für dieses Verfahren gemacht worden sind? Haben Sie das vergessen?!

Vors.:

Herr Baader, ich verwarne Sie jetzt noch dazuhin.

Wenn Sie weiterhin dazwischenreden, dann werde ich Sie ausschließen müssen.

Sie haben keine Möglichkeit, Ausführungen zu machen, die mit der Sache nichts zu tun haben. Sie wissen ganz genau, um was es geht ...

Angekl. Baa[der]:

Erklären Sie mir bitte, Herr Prinzing, erklären Sie mir, denn ich verstehe Sie nicht, inwiefern meine Ausführungen zu der Sondergesetzgebung zu diesem Verfahren, d. h. zu dem Gesetz, das implizit gemacht worden ist für den Ausschluß der Verteidiger in diesem Verfahren, inwiefern das mit dieser Sache nichts zu tun hat? Denn es geht hier um die Zerschlagung der Verteidigung. Ich erkläre, warum ich hier nicht verteidigt bin.

[889] Vors.:

Das wissen wir doch: Weil Ihre Verteidiger ausgeschlossen worden sind.

Es geht nur um die Frage, wie Sie jetzt mit den zehn Tagen, die von Ihrem Herrn Verteidiger beantragt sind, die Möglichkeit haben, mit ihm zusammen zu sprechen, was Sie für ’ne Konzeption entwickeln wollen - die müssen Sie uns nicht erzählen, wie Sie sie entwickeln wollen -, aber Sie haben nur die Möglichkeit, die Gegenvorstellung, betreffend diese zehn Tage, in irgendeiner Weise zu unterstützen. Sie haben nicht die Möglichkeit, hier jetzt Ihre politischen Vorstellungen darzulegen.

Angekl. Baa[der]:

Es ist nicht ganz richtig, daß ich hier politische Vorstellungen entwickle.

RA He[ldmann]:

... einmal wiederholen. Ich habe ausdrücklich gesagt, daß Herr Baader dazu gehört werden muß, warum er entgegen der Meinung des Senats nicht ausreichende Zeit hatte,

1. zu suchen;

2. zu finden;

3. zu mandieren[tt];

4. zu konzipieren.

Vors.:

Genau dazu darf er reden. Genau das, was Sie zusammenfassen.

RA He[ldmann]:

Davon hat er gesprochen, als er sagte nämlich:

Die Motivation zum Verteidigerausschlußgesetz vom 19.12.1974, die hat er auch nicht vorhersehen können. Davon sprach er.

Vors.:

Herr RA, er bekommt dazu kein Wort mehr.

Die Ausführungen über die Motivation dieses Gesetzes haben mit den vier Fragen, die Sie formuliert haben, nichts zu tun.

RA He[ldmann]:

Dann rüge ich das ausdrücklich, in dieses Protokoll, als Beschneidung des Rederechts.

Vors.:

Darüber wird dann der Senat zu entscheiden haben,[59] ob wir ...

[890] Angekl. Baa[der]:

Ich erkläre Ihnen nochmals ausdrücklich, daß ich deswegen ...

Vors.:

Nein, Herr Baader.

Das Wort bitte abstellen.

(Nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen:

Sie hatten die Gelegenheit, sich zu äußern. Sie haben diese Gelegenheit nicht durch sachliche Erklärungen ausgenutzt; Sie haben damit weiter das Recht verwirkt, sich zu äußern zu diesem Punkt.

Herr RA Dr. Heldmann.

[RA Dr. Heldmann:]

... Prozeßrechtsverwirkung frei geschöpft wieder - wie hier üblich nachdem der Herr Widera drüben für die B. Anwaltschaft sich einmal angesprochen gefühlt hat, das rügt, sein Hemdchen oder das der B. Anwaltschaft versucht, hier öffentlich sauberzuhalten, was ja auf Dauer sicherlich nicht gelingen kann, und daraufhin wird durch Senatsbeschluß dem Angekl. Baader das Wort, wo er zum Thema gesprochen hatte - Motivation dieses Gesetzes, die für mich, den Angeklagten, nicht vorhersehbar war - entzogen.

Vors.:

Herr RA, kennen Sie ...

RA Dr. He[ldmann]:

Das nenne ich Bruch des Rechts auf freie Rede zur Verteidigung.

Vors.:

Herr RA, kennen Sie die Erklärung, die Herr Baader abgibt?

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, Ich kenne sie nicht.

Vors.:

Ich hatte Ihnen schon einmal im Zusammenhang damit die Gelegenheit gegeben, sich mit Herrn Baader drüber zu unterhalten, wie er zur Sache kommt. Wir haben ihm dann nach Beratung mit Ihnen die Gelegenheit gegeben, seinen Vortrag zu Ende zu bringen, wobei ich davon ausging, daß Sie als Rechtskundiger ihn belehren über Dinge, die man nicht mehr in den Sach- [891] zusammenhang bringt und wo das nicht der Fall ist.

Sind Sie bereit, daß wir durch eine Pause Ihnen dieselbe Gelegenheit nochmals geben ...

RA Dr. He[ldmann]:

Sehr gerne.

Vors.:

... und Sie ihn darüber dann beraten.

RA Dr. He[ldmann]:

Sehr gerne. Nur bitte ich doch, Sie darauf hinweisen zu dürfen:

Sie als Rechtskundiger. Das sollte nicht zu der Verwechslung führen, die hier ja in der Luft zu liegen scheint, daß Ihre und meine Rechtsauffassung identisch wären[uu].

Vors.:

Das ist auch nicht notwendig.

Sie sollen ihn nur als Verteidiger darauf hinweisen, wo er wahrscheinlich die Klippe nicht umschifft, die eben darin besteht, daß er nicht abschweifen darf.

Dann machen wir jetzt eine Pause von einer Viertelstunde, Herr Rechtsanwalt, einverstanden?

Pause von 15,25 - 15,45 Uhr.

Ende von Band 34.

[892] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 15.45 Uhr

Vors.:

Wir setzen fort. Ich bitte Platz zu nehmen. Wollten Sie das Wort, Herr Dr. Heldmann, nein,

RA Dr. H[eldmann]:

Bitte Ja.

Vors.:

Wenn Sie sich melden, selbstverständlich.

RA Dr. H[eldmann]:

Herr Vorsitzender, ich bitte also jetzt nochmal um Verständnis für die Ausführungen von Herrn Baaders.

1. Der Zusammenhang, den die Bundesanwaltschaft angeblich aus den Augen verloren hat, der ist da, wenn Herr Baaders Text nicht ständig, wie bisher geschehen und wie in diesem Verfahren regelmäßig geschehen, zerhackt wird, so wie es eben wieder geschehen ist.

2. Mit Ihren Wortentziehungsversuchen und Ausführungen berücksichtigen Sie nicht, drei Jahre unmenschlicher Einzelhaftbedingungen die Herr Baader hinter sich hat. Die ihn selbstverständlich nicht mehr wie Sie und mich, zumindest gelegentlich, in der Verbindlichkeit sprechen lassen und auch in der stringenten Kohärenz, das wäre zu berücksichtigen. Nämlich die Geschichte einer dreijährigen Einzelhaft unter unmenschlichen Bedingungen.

Angekl. B[aader]:

Das kannst Du nicht machen (zu RA Dr. Heldmann).

RA Dr. H[eldmann]:

Moment, jetzt spreche ich, anschließend kannst Du sprechen ...

(zu Baader).

3. Was er, soweit ich das ganz kurz überflogen habe, gesagt hat, gehört zum Thema. Insbesondere gehörts zum Thema: Konnte Herr Baader voraussehen, daß die Verteidigertätigkeit seiner ausgeschlossenen Anwälte illegalisiert und hintennach kriminalisiert wird? Und wenn Sie nur an ein Beispiel aus der heutigen Tagespresse denken, nämlich den Tod von Katharina Hammerschmid, den die Justiz verschuldet hat,[60] auf die Todesgefahr jedoch die Verteidigung monatelang, wochenlang hingewiesen hatte, und zwar öffentlich. So also gehört auch sehr wesentlich zum Thema: Was führte zur Ausschließung der Verteidiger, und habe ich, Andreas Baader, haben die ausgeschlossenen Verteidiger, das zu vertreten und konnten wir das voraussehen.

[893] Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich habe das Gefühl, Sie benützen die Gelegenheit, um Verständnis für Herrn Baader zu werben wieder zur Darlegung eigener Vorstellungen, die Sie gehabt haben. Ich betone ausdrücklich, daß Sie zwar immer wieder von den unmenschlichen Einzelhaftbedingungen sprechen[vv], die offenbar bis zum heutigen Zeitraum auch für die Zeit gelten sollen, in der[ww] der Senat die Haftbedingungen festgelegt[61] hat. Darüber haben wir andere Vorstellungen, darüber wird sicher auch noch eines Tages Gelegenheit sein, ein korrigierendes Wort zu sprechen. Soviel steht jedenfalls fest, es ist nicht beabsichtigt, Herrn Baaders sachliche Ausführungen zu zerhacken. Herr Baader hat die Gelegenheit sich zu äußern. Bleiben die Ausführungen im Sachzusammenhang und zwar auch bei einem großzügigen Maßstab, dann wird er nicht unterbrochen werden. Aber es wird nicht so weit kommen, daß Herr Baader hier das Verfahren etwa in ein politisches Forum zur Darlegung seiner Ansicht umwandeln kann, wenn kein Sachzusammenhang erkennbar ist. Darüber müssen Sie sich im Klaren sein. Das gilt auch für Sie, Herr Baader, und deswegen möchte ich Sie bitten, bleiben Sie beim Sachzusammenhang. Bitte, Sie können jetzt fortfahren.

Und noch eines Herr Baader, zunächst darf ich noch etwas dazu sagen. Herr Baader, das fällt mir gerade ein, weil der Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann darauf hinwies. Sie erwähnten, er sei nicht mehr imstande, die verbindlichen Formen anzuwenden aufgrund dieser Erfahrung, das wird durchaus akzeptiert. Zumal wir wissen, daß die Tonart dort etwas anders verläuft. Das ist nicht unsere Sache. Im übrigen sind wir auch für die gute Kinderstube von Angeklagten nicht verantwortlich. Aber dort, wo sich Unverbindlichkeiten, aber dort ... Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmannn, Herr Dr. Heldmann, ich weiß nicht, im Augenblick wende ich mich ja speziell an Sie, dort wo Unverbindlichkeiten sich zur massiven Beleidigung zusammenbrauen und zusammenhäufen, wird vor Gericht, vor diesem Gericht jedenfalls auch keine Gelegenheit sein, in diesem Tone fortzufahren. Das wäre vielleicht das, was zu sagen ist, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in dieser Richtung dann auch Herrn Baader beraten würden.

RA H[eldmann]:

Herr Vorsitzender, Verzeihung, dazu bitte ein Wort. Erinnern Sie sich, daß Bundesanwaltschaft, Politiker, Bundesregierung, vertreten durch den Bundeskanzler seit Jahr und Tag [894] von der Bande sprechen, von den Gewaltverbrechen, von den folgeschwersten Verbrechen dieser Bande und in diesem Stil, ziehts durch die deutschen Gazetten. Was hier gesprochen wird in Schärfe, das ist berechtigte Notwehr gegen die Vorverurteilung, Herr Vorsitzender, gegen die Vorverurteilung.

Vors.:

Ja, ja. Herr Baader bitte.

Angekl. B[aader]:

Ich würde dazu nochmal sagen, zu der Frage der Stringenz. Es gibt kein Manuskript, es gibt keinen fertigen Text. Es gibt ein Gerüst und ich entwickle das relativ frei. Verstehen Sie. Das Problem ist, von dem hier zu reden ist, daß ich natürlich nach drei Jahren Isolation auch nicht durch diese drei Jahre Isolation zu reden habe hier. Das heißt, und Sie wissen das, davon bin ich überzeugt, das ist auch ganz deutlich, das war auch deutlich bei der letzten Erklärung, die ich hier versucht hab. Sie zerhacken ganz bewußt Komplexe, Argumentationen und auch schwierige Entwicklungen und es ist dann, sowohl für die, die zuhören, als auch für den, der sie spricht, sehr sehr schwer, den Zusammenhang wiederherzustellen, wenn Sie dazwischen gequatscht haben. Deswegen bitte ich Sie jetzt einmal ausdrücklich, mich nicht zu unterbrechen. Denn das hängt wesentlich mit der Struktur des Textes zusammen, der da rauskommt. Und ich stelle auch ausdrücklich nochmal fest, ich hole deswegen relativ weit aus in dem Zusammenhang, weil alles ... Wenn ich hier von Ihnen verlange oder wenn hier beantragt wird von Ihnen, daß Sie den Prozeß vertagen, damit ich die Möglichkeit habe, Gespräche die meine Verteidigung vorbereiten sollen, oder die zu einer korrekten Verteidigung in diesem Verfahren führen sollen. Ich hole deswegen soweit aus, weil es eben unmittelbar notwendig ist. Verdammt noch mal, ich bin doch jetzt wirklich fertig, ich bin auch unheimlich sauer hier, daß ich mir von meinem Anwalt sagen lassen muß, die Argumentation wäre nicht konzis oder hätte keine Stringenz.

Aber Sie sehen daran auch ...

Vors.:

Das ist ein guter Rat gewesen, glaube ich Herr Baader, den Sie ruhig annehmen dürften von Ihrem Herrn Verteidiger.

Angekl. B[aader]:

... daß der permanente Versuch, die Abhängigkeit des Senats von der [895] Bundesanwaltschaft dadurch zu relativieren. Zum Beispiel, daß Sie eine Abhängigkeit der Anwälte von den Gefangenen behaupten. Sie sehen auch darin die Absurdität[xx], es gibt Widersprüche zwischen den Anwälten und den Gefangenen. Ich kann das vielleicht hier entwickeln.

Vors.:

Es wäre mir lieb, wenn Sie jetzt fortfahren würden und zwar zu dem, was Sie sachlich sprechen wollten.

Angekl. B[aader]:

Ich habe gesagt, daß das bürgerliche Recht für die Politik und Strategie, die die Bundesanwaltschaft vertritt, für den neuen Faschismus genauso notarar ist wie für den alten. Es gibt in der Interpetendenzen einen Apparat, in den sie spricht, sprechen muß. Das Kräfteverhältnis drückt sich aber darin aus, daß sie es nach ihren Bedürfnissen ändern kann. Beispielhaft in der Sondergesetzgebung zu diesem Verfahren. Wir glauben nicht, daß die Verhaftung von Croissant und Ströbele, in dem Versuch, die Zerschlagung der Verteidigung hier durch ihre nachträgliche Kriminalisierung zu rechtfertigen, begründet ist. Solche Widersprüche, Herr Buback, sind lösbar. Das Problem ist die internationale Öffentlichkeit und so taucht auch genau das in den Haftbefehlen auf, und es mußte jetzt kulminieren, was es in diesem Prozeß Öffentlichkeit gibt. Bei Croissant und Ströbele, obwohl sie aufgeschlossen sind, weiter Pressekonferenzen organisiert haben und weil der Mord an Siegfried Hausner,[62] den Widura hier zugegeben hat[63], grinsend, eine Analogie zu dem Mord an Holger hat.[64] Die präsent wird, wenn sie aufgedeckt und öffentlich gemacht wird, weil sich in dieser Analogie zu die Vernichtungsstrategie der Bundesanwaltschaft beweist, beweisen läßt. Die Bundesanwaltschaft hat aus der Erfahrung, der Initiative Croissant’s gegen den Wasserentzug[yy] und die Einstellung der Zwangsernährung in Schwalmstadt[65] und aus der Erfahrung seiner verzweifelten Versuche, Holgers Leben zu retten, ich sage seiner verzweifelten Versuche, Holgers Leben zu retten, verhindert, daß Croissant Siegfried Hausner in Stammheim sehen konnte, obwohl ein Mandatsverhältnis bestand. Als Croissant Informationen darüber bekam, daß Hausner nicht an seinen Verbrennungen gestorben ist, sondern höchstwahrscheinlich an Schädelbrüchen durch die Kolben von Maschinenpistolen und deutlich [896] wurde, daß er erschlagen worden ist und deutlich wurde, daß das vertuscht worden ist,[66] ist er verhaftet worden. Der Bundesanwaltschaft geht es nicht darum, Tatsachen zu bestreiten. Sie unterdrückt Tatsachen. Sie geht vom Standpunkt der Macht richtig davon aus, daß Tatsachen keine sind, wenn sie nicht öffentlich werden. Die Gefangenen selbst sind stumm. Das hat Prinzing hier deutlich genug gemacht. Und was sie in den Verhandlungen sagen könnten, wenn sie zu Wort kommen, verschweigt die staatstragende Presse. Das Moment der Öffentlichkeit in diesem geschlossenen System aus Trakt, Bundesanwaltschaft, Gericht, Staatsschutzpresse wahren die Anwälte und genau explizit diese drei Anwälte. Sie sind verhaftet worden, weil sie für Buback identisch sind mit internationaler Information über die Methoden, die er lieber im Dunkeln lassen würde. Es gibt keinen anderen Grund für die Ausschlußverfahren und jetzt die Verhaftungen. Denn die Prozesse selbst sind ziemlich unwichtig. Sie sind im ganzen Verfahren zur Vernichtung der Gefangenen leere Veranstaltungen, die den Urteilen, die auf Regierungsebene längst gefällt und propagiert worden sind, eine rechtsstaatliche Fassade verschaffen sollen. Damit für den Counter-Apparat, der längst Krieg führt, staatliche Transzendenz, Legitimität und natürlich Propaganda. Das wenigstens ist der Versuch. Und auch in ihm sind die Anwälte lästig, weil sie das, was vorgeht, interpretieren können. Und wo die Prozesse eine propagandistische Funktion haben, eine Funktion im Zusammenhang der inzwischen komplexen und wir würden sagen überdeterminierten Strategie der Reaktion hat die Öffentlichkeit die Verhaftung ausgelöst. Der Anlaß, denn in den Haftbefehlen findet sich nichts, ich sage nichts, was nicht schon seit eineinhalb Jahren bekannt ist. Bei der Ablehnungsantrag und die Pressekonferenz zum Tod von Siegfried Hausner, das heißt die Gefahr, daß in dem Verfahren hier und an ihm, nachgewiesen und öffentlich wird, daß Holger von der Bundesanwaltschaft hingerichtet worden ist, um den Hungerstreik zu brechen. Und daß Prinzing an dieser Exekution, vom Schreibtisch aus, unmittelbar beteiligt war.

Vors.:

So, Herr Baader, jetzt ist genug. Ich entziehe Ihnen das Wort damit. Sie schweifen von der Sache ab. Außerdem ...

Angekl. B[aader]:

Ich komme zur Sache zurück, Herr Prinzing.

Vors.:

Nein, Herr Baader, jetzt ist’s vorbei. Sie haben das Recht, das [897] Sie hatten sich zu äußern, eindeutig mißbraucht. Außerdem nehmen wir es nicht hin, daß Sie ständig derartige beleidigende Vorwürfe erheben. Das Wort ist entzogen. Herr RA. Dr. Heldmann.

Angekl. B[aader]:

Himmel nocheinmal.

RA Dr. H[eldmann]:

Rüge[zz] diese Wortentziehung als Recht Verletzung rechtlichen Gehörs, so daß Herr Baader eben gesagt hat, war Gegenstand eines hier ausführlich begründeten Antrags. Denn Herr Bundesanwalt Wunder hat erkannt, daß jener Antrag noch aus dem Verteidigernachlaß des Kollegen Croissant stammte. So hat völlig zutreffend Herr Baader eine Verbindungslinie gezogen zwischen jenem Antrag, zwischen der Strafanzeige wegen des Todes von Hausner und der Verhaftung seines früheren Verteidigers Croissant. Ich protestiere und rüge die Verletzung des rechtlichen Gehörs.

Vors.:

Der Senat wird sich darüber beraten.

(Nach geheimer Umfrage)

Der Senat hat beschlossen

es bleibt bei der Entscheidung, daß Herr Baader das Wort nicht mehr hat. Es ist Ihm entzogen wegen Mißbrauchs.

Ich käme dann, wenn keine weiteren Äußerungen mehr kommen, dazu, die Bundesanwaltschaft zu bitten, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen. Das heißt zu der Gegenvorstellung. Bitte Herr Bundesanwalt Dr. Wunder.

BA Dr. W[under]:

Hoher Senat, zunächst möchte ich sagen, trotz der späteren Wortmeldung Herr Baaders, sehr eindrucksvoll war zu sehen, wie er die Ausführungen seines Verteidigers mit Zeitungslesen begleitet hat. Das waren offenbar die Vorbereitungen für seine späteren Darlegungen. Aus den Gründen der Stellungnahme der Bundesanwaltschaft zum Aussetzungsantrag, auf die ich voll inhaltlich Bezug nehme, beantrage ich die Zurückweisung der Gegenvorstellungen. Sie sind unzulässig, weil sie gegenüber dem ursprünglichen Antrag nichts Neues enthalten. Seit dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts in der Angelegenheit des Rechtsanwalts Schily, aus dem Jahre 1973,[67] war bekannt, [898] daß der Gesetzgeber handeln muß und handeln wird. Alle zitierten Entscheidungen betreffen Fälle, in denen der jeweilige Angeklagte gänzlich ohne Verteidiger gewesen wäre. Sie sind nicht einschlägig. Wer darüber hinaus aber mit seinem Vertrauensverteidiger, besser gesagt, mit seinen Vertrauensverteidigern, in unzulässiger Weise konspiriert, muß einkalkulieren, daß diese unter Umständen nicht mehr für ihn handeln können. Die Frage, ob Herr Rechtsanwalt Heldmann schon jetzt, wir sind noch bei den Präliminarien, vorbereitet sein kann auf die Verteidigung, beantwortet sich meines Erachtens von selbst. Wir kommen hier jedoch zwangsläufig nochmals zu der Frage, ob Herr Baader überhaupt ausreichend verteidigt ist oder nicht. Nur dann, wenn dies zu verneinen wäre, könnten wir den Gegenvorstellungen beitreten und die Bundesanwaltschaft würde das auch tun. Dies aber ist nicht so. Gerade für den Fall, daß Schwierigkeiten bei den sogenannten Anwälten des Vertrauens auftreten, sind die zur Rechten sitzenden Pflichtverteidiger[68] bestellt worden. Es gibt nur die Möglichkeit, jetzt ihre Funktion zur Anerkennung zu bringen. Dann bedarf es keiner Aussetzung. Zum Schluß möchte ich die unsachlichen Bemerkungen über Herrn Generalbundesanwalt Buback nachdrücklich zurückweisen. Es wäre besser gewesen, Herr Rechtsanwalt Heldmann, die Verhältnisse in England nicht ins Spiel zu bringen. Dort gibt es empfindliche Maßnahmen bei Verletzung der Würde des Gerichts, und was sich hier das Gericht schon alles hat gefallen lassen müssen, dürfte auch Ihnen kaum entgangen sein. In der Art übrigens, wie Sie Herrn Rechtsanwalt Schnabel, Ihren Kollegen, behandelt haben, zeigten Sie sich uns heute mit einem neuen, interessanten Gesicht. Der weitere Antrag nach § 33a StPO ist ebenfalls unzulässig. Herr Baader hatte das rechtliche Gehör zum Antrag gehabt.

Vors.:

Danke. Der Senat wird seine Entscheidung in 20 Minuten bekanntgeben. Die Angeklagten können im Saale bleiben.

Der Senat zog sich um 16.00 Uhr zur Beratung zurück.

Nach Wiedereintritt des Senats um 16.35 Uhr wurde die Verhandlung wie folgt fortgesetzt.

[899] Vors.:

Jetzt ist noch der Beschluß des Senats zu verkünden, er lautet:

Die Gegenvorstellung gibt keinen Anlaß den Beschluß des Senats vom 11.6.1975 abzuändern.

Die Gründe:

Die Gegenvorstellung hat sachlich nichts Neues gebracht. Der Senat kann daher wiederholen, was schon im beanstandeten Beschluß ausgeführt ist. Der Angeklagte Baader ist hinreichend verteidigt. Gerade für den Fall, daß gewählte Verteidiger, aus welchen Gründen auch immer, nicht weiter verteidigen wollen oder nicht können, sind ihm zwei erfahrene Rechtsanwälte als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Sie sind seit Juli 1974 mit der Sache befaßt. Der Senat kann keinen Angeklagten davon abhalten, Verteidiger zu wählen, die der Tatbeteiligung verdächtig und deshalb von einem Ausschlußverfahren bedroht sind. Er kann den Angeklagten nur vorbeugend, und das ist schon frühzeitig geschehen, darauf hinweisen, daß diese Gefahr besteht, und im übrigen durch Beiordnung von Rechtsanwälten, die diesem Verdacht nicht ausgesetzt sind, Vorsorge treffen, daß zu jeder Zeit hinreichende Verteidigung gewährleistet ist. Die von der Verteidigung zitierte Rechtsprechung betrifft Fälle, in denen dies gerade nicht mehr zutraf. Im übrigen standen seit dem Eintritt des Rechtsanwalts Dr. Heldmann am 11.6.1975 zahlreiche sitzungsfreie Tage zur Verfügung, an denen Besuche des Angeklagten Baader ganztägig möglich gewesen wären. Wenn der Verteidiger hiervon nach seiner eigenen Erklärung keinen Gebrauch machte, so hat der Senat hierauf keinen Einfluß.

Damit ist die Sitzung beendet. Fortsetzung morgen früh um 9.00 Uhr.

Ende von Band 35

Ende der Sitzung 16.38 Uhr


[1] Rechtsanwalt Künzel gehörte zu denjenigen Verteidigern, die den Angeklagten gegen ihren Willen durch das Gericht beigeordnet wurden. Diese von ihnen sog. Zwangsverteidiger lehnten die Angeklagten vehement ab (s. dazu Ulrike Meinhof auf S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag).

[2] Rechtsanwalt Künzel bezieht sich auf eine Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing wegen Besorgnis der Befangenheit, die Rechtsanwalt Schily für die Angeklagte Ensslin vortrug. Der Antrag stützte sich auf die Umstände, unter denen der frühere Mitbeschuldigte Holger Meins in der Untersuchungshaft an den Folgen des dritten Hungerstreiks verstorben war. Da der Senat ab Erhebung der öffentlichen Klage für Entscheidungen über die Haftbedingungen zuständig war (§ 126 Abs. 2 StPO), warfen die Angeklagten dem Senat, insbesondere aber dem Vorsitzenden Dr. Prinzing vor, Holger Meins ermordet zu haben. Die Ablehnung findet sich auf den Seiten 620 bis 643 des Protokolls der Hauptverhandlung (7. Verhandlungstag). Die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden Dr. Prinzing befindet sich auf S. 677 ff. (ebenfalls 7. Verhandlungstag).

[3] Erlangt die Rechtsanwaltskammer Kenntnis über berufsrechtliche Pflichtverletzungen von Anwält/innen, so kann sie entweder - falls die Schuld nur gering ist - selbst eine Rüge aussprechen (§ 74 Bundesrechtsanwaltsordnung [BRAO]), oder bei der Staatsanwaltschaft die Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens (früher „Ehrengerichtsverfahren“) beantragen (§ 122 BRAO). Durch Einreichen einer Anschuldigungsschrift bei dem zuständigen Anwaltsgericht kann diese das Verfahren einleiten (§ 121 BRAO). Das Gericht kann verschiedene Maßnahmen gegen den Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin verhängen; diese reichen - je nach Schwere des Verstoßes - von einer Warnung (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) bis zum Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO a.F.; heute: § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO).

[4] Meins’ früherer Verteidiger, Rechtsanwalt von Plottnitz, stellte im Namen der Angehörigen und im eigenen Namen eine Strafanzeige gegen den Vorsitzenden Dr. Prinzing u.a. wegen Beteiligung am Mord an Holger Meins durch Unterlassen der erforderlichen Hilfsmaßnahmen. Auszüge der Strafanzeige sind abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 195 f.; vollständig, aber schlecht lesbar, findet sich die Strafanzeige auch im Anhang der Anlage 1 zum Protokoll vom 19. Juni 1975, 7. Verhandlungstag, S. 644 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[5] Wegen falscher Verdächtigung (§ 164 Abs. 1 StGB) wird bestraft, „[w]er einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen“.

[6] Die Zurücknahme der Bestellung als Pflichtverteidiger/in (Entpflichtung) war ausdrücklich nur für den Fall vorgesehen, dass demnächst ein/e andere/r Verteidiger/in gewählt wird und diese/r die Wahl annimmt (§ 143 StPO a.F.; heute: § 143a Abs. 1 Satz 1 StPO). Überwiegend wurde aber angenommen, dass die Zurücknahme der Bestellung auch über diesen Fall hinaus aus einem wichtigen Grund zulässig ist (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 244). Als wichtiger Grund wurde auch die grobe Pflichtverletzung nach voriger Abmahnung gesehen; bloßes prozessordnungswidriges oder unzweckmäßiges Verhalten reicht hingegen nicht aus, da es nicht Aufgabe des Gerichts ist, die ordnungsgemäße Erfüllung der Verteidigungspflichten zu überwachen (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 25 ff.; s. auch Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 143 Anm. 3). Seit dem 13.12.2019 enthält § 143a Abs. 2 Nr. 3 StPO (eingeführt durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128) ausdrücklich die Möglichkeit der Entpflichtung, wenn „aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung des Beschuldigten gewährleistet ist“. Darunter fällt nun auch der Fall der groben Pflichtverletzung (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 143a Rn. 26).

[7] Nachdem Andreas Baader zu Beginn der Hauptverhandlung ohne Verteidiger/in seines Vertrauens dastand, übernahm ab dem 4. Verhandlungstag Rechtsanwalt Dr. Heldmann die Verteidigung Baaders. Hierzu beantragte er eine 10tägige Verhandlungsunterbrechung, um sich in die umfangreichen Akten des Verfahrens einzuarbeiten (S. 274 des Protokolls der Hauptverhandlung, 4. Verhandlungstag). Der Antrag wurde abgelehnt (S. 292 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[8] Eine Gegenvorstellung ist ein Rechtsbehelf, der zwar nicht in der Strafprozessordnung vorgesehen, allerdings in Rechtsprechung und Literatur überwiegend anerkannt ist. Sie beinhaltet die formlose Aufforderung, über eine getroffene Entscheidung erneut zu befinden und die Entscheidung aufzuheben oder abzuändern (Hoch, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafprozessordnung, 4. Aufl. 2020, Vor §§ 296 ff. Rn. 39 ff.).

[9] Am 1. Januar 1975 traten das Erste Strafverfahrensreformgesetz vom 9. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3393) sowie das Ergänzungsgesetz hierzu vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) in Kraft. Neben dem Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) und der Möglichkeit des Verteidiger/innenausschlusses (§ 138a StPO), wurden u.a. auch die Beschränkung auf drei Wahlverteidiger/innen pro Beschuldigte/n (§ 137 Abs. 1 S. 2 StPO) sowie die Möglichkeit, den Prozess im Falle vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführter Verhandlungsunfähigkeit bis zum Abschluss der Vernehmung der Angeklagten zur Sache auch in ihrer Abwesenheit durchzuführen (§ 231a StPO), eingeführt. Durch diese und weitere Reformen während der Hauptverhandlung wurden die Rechte der Angeklagten sowie der Verteidigung erheblich eingeschränkt (Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 72 ff.). Da viele der Vorschriften im Hinblick auf das anstehende Stammheimer Verfahren beschlossen wurden, wurden sie u.a. als „lex RAF“ kritisiert. (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 132 ff.). Sie sind überwiegend noch heute in Kraft.

[10] Mit den §§ 138a ff. StPO wurde erstmals eine gesetzliche Grundlage für den Ausschluss von Verteidiger/innen geschaffen. Dies war erforderlich geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht den vorigen Ausschluss des Rechtsanwalts Schily mangels Rechtsgrundlage für verfassungswidrig erklärt hatte (BVerfG, Beschl. v. 14.2.1973 - Az.: 2 BvR 667/72, BVerfGE 34, S. 293 ff.). Die neu eingeführte Vorschrift § 138a StPO hatte vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand (BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschl. v. 4.7.1975 - Az.: 2 BvR 482/75, NJW 1975, S. 2341).

[11] Anderen Quellen zufolge erging der Ausschluss des Rechtsanwalts Ströbele erst am 13.5.1975 (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 266; s. auch die angehängte Chronik in Dreßen [Hrsg.], Politische Prozesse ohne Verteidigung?, 1976, S. 104 f.).

[12] Gemeint sein dürfte der 9.5.1975 (wobei das Datum für die Festnahme Haags unterschiedlich mit dem 9.5. - so etwa Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 69 und Terhoeven, Deutscher Herbst in Europa, 2014, S. 372 - oder mit dem 10.5. - so etwa Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 212 - angegeben wird).

[13] Rechtsanwalt Siegfried Haag, der ursprünglich Andreas Baader als Pflichtverteidiger beigeordnet war, wurde wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung vorläufig festgenommen, seine Kanzlei- und Wohnräume wurden durchsucht. Der beim Bundesgerichtshof beantragte Haftbefehl wurde zunächst abgelehnt. Als er im Beschwerdeverfahren schließlich erteilt wurde, war Haag bereits untergetaucht und hatte sich der RAF angeschlossen (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 212 f.; Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 69; s. auch die Presseerklärung Haags in Anlage 1 zum Protokoll vom 21.5.1975, S. 12 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag).

[14] Siegfried Buback war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Generalbundesanwalt und damit Leiter der Strafverfolgungsbehörde „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“, welche das Amt der Staatsanwaltschaft beim BGH (§ 142 Nr. 1 GVG), sowie in den zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 GVG) ausübt (§ 142a Abs. 1 GVG).

[15] Die Europäische Menschenrechtskonvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates. Der Bundestag stimmte der Konvention mit Gesetz vom 7. August 1952 (BGBl. II, S. 685; s. auch die Neufassung vom 17. Mai 2002, BGBl. II, S. 1054) zu, sodass sie den Rang eines einfachen Bundesgesetzes hat (Art. 59 Abs. 2 GG); die Ratifizierung erfolgte am 5.12.1952. Das Bundesverfassungsgericht zieht den Konventionstext sowie die Rechtsprechung des EGMR allerdings auch auf der Ebene des Verfassungsrechts zur Auslegung von Grundrechten und rechtsstaatlichen Verfassungsgrundsätzen heran. Dies sei Ausdruck der „Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes“, welches „nach Möglichkeit so auszulegen [sei], dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nicht ent[stehe]“ (BVerfG, Beschl. v. 14.10.2004 - Az. 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, S. 307, 317 f.).

[16] In Art. 6 EMRK ist das Recht auf ein faires Verfahren ausgestaltet. Dazu gehören auch einige grundlegende Verteidigungsrechte, darunter das Recht jeder angeklagten Person, sich durch eine/n Verteidiger/in der Wahl verteidigen zu lassen (Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK).

[17] S. dazu die Zitate des Bundesverfassungsgerichts auf S. 849 f. dieses Verhandlungstages.

[18] Die Angeklagten lehnten es ab, mit den ihnen gegen ihren Willen beigeordneten Pflichtverteidigern zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung). Auch in der Literatur war diese Vorgehensweise - die Beiordnung von Pflichtverteidiger/innen gegen den Willen der Angeklagten neben vorhandenen (Wahl-)Verteidiger/innen - lange umstritten (s. dazu Thomas/Kämpfer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 141 Rn. 6). Die Rechtsprechung ließ diese sog. Sicherungsverteidigung zu (BVerfG, Beschl. v. 28.3.1984 - Az.: 2 BvR 275/83, BVerfGE 66, S. 313, 321; BGH, Urt. v. 11.12.1952 - Az.: 3 StR 396/51, BGHSt 3, S. 395, 398; s. auch EGMR, Urt. v. 25.9.1992 - Az.: 62/1991/314/385, EuGRZ 1992, S. 542, 545 f.). Erst mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2128) wurde hierfür in § 144 StPO auch eine gesetzliche Regelung geschaffen.

[19] Während bis zum 31.12.1974 die sog. Blockverteidigung - die kollektive Verteidigung mehrerer Angeklagter bei gleicher Interessenlage - zulässig war, wurde durch das Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I, S. 3686) mit Wirkung zum 1.1.1975 das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) eingeführt. Jede/r Verteidiger/in durfte fortan nur noch eine/n Angeklagte/n vertreten, mithin auch nur im Namen des/der jeweiligen Angeklagten sprechen. Auf die Einhaltung dieser Vorgaben achtete der Vorsitzende Dr. Prinzing in der Regel sehr genau (s. dazu etwa die Diskussion am 4. Verhandlungstag, S. 279 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, sowie am 12. Verhandlungstag, S. 928 f. des Protokolls).

[20] § 265 Abs. 4 StPO bestimmt, dass „das Gericht auf Antrag oder von Amtswegen die Hauptverhandlung auszusetzten [hat], falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.“

[21] BGH, Urt. v. 19.06.1958 - Az.: 4 StR 725/57, NJW 1958, S. 1736, 1737.

[22] OLG Bremen, Urt. v. 26.04.1961 - Az.: Ss 32/61 (Leitsatz), NJW 1961, S. 1417.

[23] BGH, Urt. v. 25.06.1965 - Az.: 4 StR 309/65 (Leitsätze), NJW 1965, S. 2164.

[24] OLG Hamburg, Urt. v. 16.12.1965 - Az.: 2 b Ss 23/65 (Leitsatz), NJW 1966, S. 843.

[25] Art. 103 Abs. 1 GG lautet: „Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.“

[26] § 147 Abs. 3 StPO besagt, dass bestimmte Einsichtsrechte in keiner Lage des Verfahrens versagt werden dürfen. Das Zitat dient hier wohl nur der Veranschaulichung der hohen Bedeutung des rechtlichen Gehörs; ein Zusammenhang zwischen der Situation im Verfahren und § 147 Abs. 3 StPO ist nicht ersichtlich.

[27] Dieses Argument bezeichnet den Schluss „vom Größeren auf das Kleinere“. Es handelt sich dabei um einen Erst-Recht-Schluss: Wenn eine Rechtsfolge schon für das Größere gilt, so gilt sie erst recht für das (darin enthaltene) Kleinere (Groh, „argumentum a maiori (fortiori) ad minus“, in Creifelds [Begr.], Rechtslexikon, 24. Aufl. 2020).

[28] OLG Hamburg, Urt. v. 16.12.1965 - Az.: 2 b Ss 23/65, NJW 1966, S. 843, 844.

[29] BVerfG, Beschl. v. 3.6.1969 - Az.: 1 BvL 7/68, BVerfGE 26, S. 66, 71.

[30] BVerfG, Beschl. v. 8.10.1974 - Az.: 2 BvR 747/73, BVerfGE 38, S. 105, 111 f.

[31] Die Revision ist ein Rechtsmittel gegen Urteile, mit welchem Rechtsfehler, d.h. die Nicht- oder Falschanwendung einer Rechtsnorm, gerügt werden können (§ 337 StPO). In der Regel muss zudem dargelegt werden, dass das Urteil gerade auf diesem Rechtsfehler beruht („relative Revisionsgründe“), dass also nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei korrekter Anwendung der Rechtsnorm eine andere Entscheidung ergangen wäre (Gericke, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 337 Rn. 33 ff.). Anders ist dies bei den absoluten Revisionsgründen, die in § 338 StPO aufgezählt sind. Die dort genannten Fehler gelten als so schwerwiegend, dass das Urteil stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen ist. Nach § 338 Nr. 8 StPO liegt ein solcher Revisionsgrund vor, „wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.“ Ob dieser Revisionsgrund angesichts der Formulierung „in einem für die Entscheidung wesentlichen Grund“ tatsächlich als absoluter Revisionsgrund einzuordnen ist, wird allerdings bezweifelt (s. dazu Gericke, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 338 Rn. 101 m.w.N.).

[32] Hat eine Revision Erfolg, so wird die angefochtene Entscheidung - ggf. auch nur teilweise - aufgehoben (§ 253 Abs. 1 StPO) und, falls das Revisionsgericht nicht ausnahmsweise selbst entscheiden kann, an einen anderen Spruchkörper desselben Gerichts, oder an ein anderes Gericht gleicher Ordnung zur neuen Verhandlung zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 StPO). Da auch die dem Urteil zugrundeliegenden Tatsachen aufgehoben werden, sofern sie durch die in der Revision festgestellte Gesetzesverletzung betroffen sind (§ 253 Abs. 2 StPO), wird in der Regel auch eine erneute Beweisaufnahme erforderlich.

[33] Art 6 Abs. 3 EMRK enthält verschiedene Mindestrechte angeklagter Personen, darunter in lit. b das Recht, ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung zu haben sowie in lit. c das Recht, sich selbst zu verteidigen, sich durch Verteidiger/innen der Wahl verteidigen zu lassen oder, falls die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers oder einer Verteidigerin zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist.

[34] Der „Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ (auch „Zivilpakt“) wurde am 16.12.1966 gemeinsam mit dem „Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ („Sozialpakt“) von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet (Resolution 2200A [XXI]). Der Zivilpakt enthält grundlegende bürgerliche und politische Rechte, die auch als Menschenrechte der 1. Generation bezeichnet werden: das Recht auf Leben, das Verbot der Sklaverei und Zwangsarbeit, das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, das Recht auf die Teilnahme an allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlen sowie die Gleichberechtigung von Mann und Frau (Hofmann/Boldt, in Hofmann [Hrsg.], Internationaler Bürgerrechtepakt, 1. Aufl. 2005, Einleitung Rn. 1 ff.).

[35] Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG schreibt vor, dass „Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, [...] der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes [bedürfen].“ Indem der Bundestag ein solches Zustimmungsgesetz erlässt, erhält das Vertragsrecht den Rang eines einfachen Bundesgesetzes.

[36] S. dazu Fn. 15.

[37] Art. 25 GG lautet: „Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.“ Allgemeine Regeln des Völkerrechts sind solche, die in der Völkergemeinschaft allgemeine Geltung haben, wie das Völkergewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts. Völkerrechtliche Verträge gehören nicht dazu, wie bereits Art. 59 Abs. 2 GG verdeutlicht; allerdings können entsprechende Verträge auch inhaltsgleiches Völkergewohnheitsrecht widerspiegeln oder sogar bei umfassender Ratifikation zur Herausbildung neuen Gewohnheitsrechts führen (Herdegen, in Maunz/Dürig [Begr.], Grundgesetz Kommentar, 90. Ergänzungslieferung 2020, Art. 25 Rn. 35 ff.). Das Bundesverfassungsgericht führte im Jahr 1983 aus, der wesentliche Kern der - insbesondere in der Gewährung rechtlichen Gehörs zum Ausdruck kommende - rechtsstaatlichen Garantie, dass niemand zum bloßen Gegenstand eines staatlichen Verfahrens gemacht werden dürfe, gehöre als völkerrechtlicher Mindeststandard zum Anwendungsbereich des Art. 25 GG. Im Rahmen eines Strafverfahrens ergebe sich „das zwingende Gebot, daß der Beschuldigte, im Rahmen der von der Verfahrensordnung aufgestellten, angemessenen Regeln, die Möglichkeit haben und auch tatsächlich ausüben können muß, auf das Verfahren einzuwirken, sich persönlich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern, entlastende Umstände vorzutragen, deren umfassende und erschöpfende Nachprüfung und gegebenenfalls auch Berücksichtigung zu erreichen“ (BVerfG, Beschl. v. 9.3.1983 - Az.: 2 BvR 315/83, BVerfGE 63, S. 332, 337 f.).

[38] Völkerrechtliche „Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes“ (Art. 59 Abs. 1 Satz 1 GG).

[39] § 33a Satz 1 StPO a.F. lautete: „Hat das Gericht in einem Beschluß zum Nachteil eines Beteiligten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen er noch nicht gehört worden ist, und steht ihm gegen den Beschluß keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, so hat es, sofern der Nachteil noch besteht, von Amts wegen oder auf Antrag die Anhörung nachzuholen und auf einen Antrag zu entscheiden.“ Im Unterschied dazu bestimmt der heutige § 33a Satz 1 StPO bei Verletzung des rechtlichen Gehörs die Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorigen Stand, d.h. dass das Verfahren in die Lage zurückversetzt wird, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand.

[40] BVerfG, Beschl. v. 20.7.1971 - Az.: 1 BvR 13/69, BVerfGE 31, S. 297, 301.

[41] BVerfG, Beschl. v. 4.11.1971 - Az.: 2 BvR 767/70, BVerfGE 32, S. 195, 197.

[42] BVerfG, Beschl. v. 19.7.1972 - Az.: 2 BvR 872/71, BVerfGE 34, S. 1, 7.

[43] BVerfG, Beschl. v. 10.10.1973 - Az.: 2 BvR 574/71, BVerfGE 36, S. 92, 97.

[44] Die Bestellung des/der Pflichtverteidiger/in ist nicht von einer vertraglichen Beziehung zur zu verteidigenden Person abhängig. Die gerichtliche Bestellung hat zur Folge, dass eine gesetzliche Pflicht zur Übernahme der Verteidigung entsteht (§ 49 Abs. 1 BRAO); nur bei Vorliegen wichtiger Gründe kann der/die Rechtsanwältin die Aufhebung der Beiordnung beantragen (§§ 48 Abs. 2, 49 Abs. 2 BRAO).

[45] Gegen die vom Verfahren ausgeschlossenen Rechtsanwälte Dr. Croissant und Ströbele wurden - wie auch gegen den Rechtsanwalt Groenewold - Ermittlungsverfahren wegen der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet. Am 23. Juni 1975 wurden die Kanzleiräume der Rechtsanwälte Dr. Croissant, Groenewold und Ströbele sowie der Rechtsanwältin Becker durchsucht. Rechtsanwältin Becker wurde einen halben Tag festgehalten und schließlich wieder entlassen, Dr. Croissant und Ströbele wurden verhaftet (s. hierzu die Ausführungen des Rechtsanwalts Dr. Heldmann am 9. Verhandlungstag, S. 748 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, und der Rechtsanwältin Becker, S. 754 f. des Protokolls). Rechtsanwalt Dr. Croissant wurde am 16.2.1979 vom LG Stuttgart zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten, Rechtsanwalt Groenewold am 10.7.1978 vom OLG Hamburg zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung und Rechtsanwalt Ströbele am 24.3.1982 vom LG Berlin zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt. Gegen Rechtsanwalt Dr. Croissant wurde ein vierjähriges Berufsverbot verhängt (Pflieger, Die Rote Armee Fraktion, 3. Aufl. 2011, S. 52), gegen Rechtsanwalt Groenewold ein Teilberufsverbot für Strafsachen für die Dauer von fünf Jahren, wovon zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits vier durch ein vorläufiges Berufsverbot abgegolten waren (Interview mit K. Groenewold, in Diewald-Kerkman/Holtey [Hrsg.], Zwischen den Fronten, 2013, S. 49, 70 f.).

[46] Die Internationale Liga für Menschenrechte ist ein gemeinnütziger Verein. Er wurde 1959 in West-Berlin gegründet und trat im Sinne der Menschenrechtsbewegung insbesondere für die Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen und Frieden ein (Wildenthal, The Language of Human Rights in West Germany, 2013, S. 43, 70 f.; Wildenthal, in Frei/Weinke [Hrsg.], Toward a new moral world order?, 2013, S. 105, 111 f.).

[47] Als Sitzungspolizei wird die Ordnungsgewalt des Gerichts bezeichnet (Kühne, Strafprozessrecht, 9. Aufl. 2015, Rn. 706). Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung obliegt dem/der Vorsitzenden (§ 176 GVG). Die Frage, ob eine sitzungspolizeiliche Maßnahme als sachleitende Anordnung nach § 238 Abs. 2 StPO beanstandet und so eine Entscheidung des Gerichts herbeigeführt werden kann, ist umstritten. Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung wurde diese Möglichkeit wohl noch ganz überwiegend verneint (BGH, Urt. v. 8.2.1957 - Az.: 1 StR 375/56, BGHSt 10, S. 202, 207; Schäfer, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 3, 22. Aufl. 1974, § 176 GVG Anm. 2 lit. c); heute wird eine solche Maßnahme zumindest dann der Sachleitung zugeordnet, wenn der Grundsatz der Öffentlichkeit berührt ist, oder Prozessbeteiligte in ihren Verfahrensrechten beeinträchtigt werden (BGH, Beschl. v. 29.5.2008 - Az.: 4 StR 46/08, NStZ 2008, S. 582, Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 238 Rn. 21; Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 238 Rn. 13).

[48] § 169 Satz 1 GVG normiert für die ordentliche Gerichtsbarkeit den Grundsatz, dass die Verhandlungen öffentlich sind. Dieser Grundsatz ist auch Bestandteil des Rechtsstaats- sowie des Demokratieprinzips, womit ihm Verfassungsrang zukommt. Die Öffentlichkeit soll zum einen dem Schutz der Angeklagten dienen, indem sie durch öffentliche Kontrolle der Verfahren einer Geheimjustiz entgegenwirkt. Zum anderen trägt sie dem Interesse der Bürger/innen Rechnung, von dem gerichtlichen Geschehen Kenntnis zu erlangen. Die Öffentlichkeit wird nicht unbegrenzt gewährleistet. Ihr gegenüber stehen andere gewichtige Interessen, die miteinander abgewogen werden müssen, insbesondere die Persönlichkeitsrechte der am Verfahren Beteiligten, das Recht der Angeklagten auf ein faires Verfahren, sowie die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege (BVerfG, Urt. v. 24.01.2001 - Az.: 1 BvR 2623/95, BVerfGE 103, S. 44, 63 f.).

[49] Fehlblatt.

[50] Die Fotografin Astrid Proll hatte bereits im Oktober 1967 im Zuge der Vietnam-Demonstration versucht, mit Baader einen Sprengstoff-Anschlag auf das Berliner Amerikahaus durchzuführen, der jedoch scheiterte. Zusammen mit Baader und Ensslin ging sie 1969 in den Untergrund. Anfang Mai 1971 wurde sie in Hamburg verhaftet. Während ihrer Einzelhaft in der JVA Köln-Ossendorf verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand, sodass das Verfahren gegen sie vor dem LG Frankfurt im Herbst 1973 unterbrochen und sie im Februar 1974 schließlich wegen Haftunfähigkeit entlassen werden musste. Anschließend tauchte sie unter. Im September 1978 wurde sie schließlich in London verhaftet und im Sommer 1979 in die Bundesrepublik ausgeliefert, wo sie zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von fünfeinhalb Jahren verurteilt wurde. Da Proll bereits längere Zeit in Untersuchungshaft gesessen hatte, wurde ihr diese Zeit angerechnet und sie wurde auf Bewährung entlassen (Edschmid, Frau mit Waffe, 3. Aufl. 2014, S. 171 f.; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 41; Kraushaar, Die blinden Flecken der RAF, 2017, S. 47, 150; Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 125 f.).

[51] Mit „Trakt“, auch „Toter Trakt“, bezeichneten die Angeklagten einen isolierten Trakt innerhalb einer JVA. In der JVA Köln-Ossendorf befand sich ein solcher Trakt in der psychiatrischen Frauenabteilung, in der zunächst Astrid Proll untergebracht war, später auch Ulrike Meinhof, bevor sie im April 1974 nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurde. Im Februar 1974 wurde auch Gudrun Ensslin für zwei Monate nach Köln-Ossendorf verlegt (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 97 ff.). Meinhof beschrieb den Zustand im Trakt mit den Worten: „Das Gefühl, es explodiert einem der Kopf (das Gefühl, die Schädeldecke müsste eigentlich zerreißen, abplatzen) - das Gefühl, es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepresst [...]. das Gefühl, die Zelle fährt [...] rasende Aggressivität, für die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Bewußtsein, daß man keine Überlebenschance hat [...]“ (Erklärung von Ulrike Meinhof, abgedruckt in Stuberger, „In der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u.a.“, 5. Aufl. 2014, S. 103 ff.; s. auch die Ausführungen im Antrag der Angeklagten am 5. Verhandlungstag, Anlage 1 zum Protokoll vom 12.6.1975, insbes. die S. 425 ff. des Protokolls bzw. 20 ff. der Anlage; s. zu den Haftbedingungen in Köln-Ossendorf aber auch Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 95 ff.).

[52] Die Befugnis des/der Vorsitzenden, unzulässige oder weitschweifige Ausführungen einzuschränken, leitet sich aus der Zuweisung der Verhandlungsleitung (§ 238 Abs. 1 StPO) ab (Becker, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 6, 27. Aufl. 2019, § 238 Rn. 3).

[53] Art. 103 Abs. 1 GG lautet: „Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.“

[54] Ulrike Meinhof saß nach ihrer Verhaftung im Juni 1972 zunächst in Köln-Ossendorf in Untersuchungshaft, bevor sie im April 1974 nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurde. In Ossendorf befand sich der sog. „Tote Trakt“, der von dem regulären JVA-Betrieb vollständig isoliert war (s. Fn. 51).

[55] Die medizinisch-technische Assistentin Elisabeth van Dyck war in Heidelberg Teil des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK). Dort lernte sie Klaus Jünschke kennen. Anders als dieser und einige andere SPK-Mitglieder schloss Dyck sich 1971 nicht gleich der RAF an. Allerdings besuchte sie Jünschke und weitere RAF-Mitglieder, die 1972 verhaftet wurden, machte auf ihre Haftbedingungen aufmerksam und leistete logistische Unterstützung. Kurze Zeit später geriet sie selbst in Verdacht, gemeinsam mit Siegfried Haag Waffen und Sprengstoff für die RAF beschafft zu haben. Bis zum Jahr 1977 wurde sie mehrmals verhaftet und wieder entlassen. Dabei saß sie auch in der JVA Köln-Ossendorf in Einzelhaft. Die eigene Haftzeit ließ Dyck vom Protest zur Tat schreiten. Spätestens seit Juli 1977 lebte sie deswegen im Untergrund. Am 4. Mai 1979 wurde sie von einem Sonderkommando der Polizei beim Betreten einer Wohnung erschossen (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 199 ff.; Diewald-Kerkmann, in Kraushaar [Hrsg.], Die RAF und der linke Terrorismus, Band 1, 2006, S. 657, 664 f., 670 f.).

[56] Mit Beschluss vom 13.7.1973 gab der Untersuchungsrichter am BGH Knoblich dem Antrag der Bundesanwaltschaft statt, Ulrike Meinhof - notfalls gegen ihren Willen unter Anwendung von Narkose - auf ihre Zurechnungsfähigkeit während der Tatzeit untersuchen zu lassen. Hintergrund war, dass sie sich 1962 aufgrund eines gutartigen Tumors einer Gehirnoperation unterziehen musste, sodass der Verdacht einer Beeinträchtigung durch einen Tumor aufkam. Zu den genehmigten Behandlungen zählten Röntgenaufnahmen und eine Szintigraphie des Gehirns. In einem offenen Brief wandten sich 70 Ärzte und Medizinalassistenten direkt an den Richter am BGH Knoblich mit der Aufforderung, diesen Beschluss aufzuheben (der Brief ist abgedruckt in Komitees gegen Folter an politischen Gefangenen in der BRD, Der Kampf gegen die Vernichtungshaft, S. 133 f.). Dies geschah schließlich auch auf Antrag der Bundesanwaltschaft, allerdings mit der Begründung, die Untersuchung sei aufgrund neuer Erkenntnisse überflüssig geworden (so Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 115 f.; s. dazu auch Ulrike Meinhof am 19. Verhandlungstag, S. 1541 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[57] Holger Meins war ursprünglich Mitangeschuldigter im Stammheim-Prozess, starb aber noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) am 9. November 1974 in Untersuchungshaft in Wittlich an den Folgen des dritten Hungerstreiks. Für seinen Tod machten die Angeklagten staatliche Akteure, u.a. den Vorsitzenden Dr. Prinzing sowie die Bundesanwaltschaft verantwortlich (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 117 ff.; s. auch bereits die Fn. 2 und 4).

[58] S. bereits Fn. 9.

[59] Sachleitungsbezogene Anordnungen des/der Vorsitzenden können als unzulässig beanstandet werden (§ 238 Abs. 2 StPO). Über die Beanstandung entscheidet sodann das Gericht, in diesem Fall der Senat in voller Besetzung.

[60] Katharina Hammerschmidt unterstützte die RAF mit Kurierdiensten und der Bereitstellung illegaler Wohnungen, war aber an keinen Gewalttaten beteiligt. Im Juni 1972 stellte sie sich der Polizei und wurde entgegen den Erwartungen ihres Anwalts Schily in Berlin inhaftiert. Dort traten schon bald erste Symptome einer Krebserkrankung auf. Die von Hammerschmidt geäußerten gesundheitlichen Probleme wurden von den Gefängnisärzten aber nur unzureichend untersucht, weshalb der Tumor lange Zeit unerkannt blieb. Noch während ihres Strafprozesses wurde Hammerschmidt aufgrund der fortschreitenden Erkrankung im Januar 1974 entlassen. Sie starb Ende Juni 1975 in West-Berlin (Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 135 ff.; Terhoeven, Deutscher Herbst in Europa, 2014, S. 329; Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 196 ff.).

[61] Ab dem Zeitpunkt der Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht der Hauptsache zuständig für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für Entscheidungen über die Haftbedingungen (§ 126 Abs. 2 StPO).

[62] Siegfried Hausner war Mitglied der RAF und Teil des „Kommando Holger Meins“, das am 24. April 1975 bei dem Überfall auf die deutsche Botschaft in Stockholm zwölf Geiseln nahm, zwei Menschen tötete und die Freilassung von 26 Gefangenen, darunter der Angeklagten Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof, forderte. Aus weiterhin unbekannten Gründen explodierte kurz vor der Stürmung des Gebäudes durch schwedische Spezialkräfte im Inneren der Botschaft ein Sprengsatz, infolgedessen Hausner schwer verletzt wurde. Trotz dieser Verletzungen wurde Hausner wenige Tage später in die Bundesrepublik ausgeliefert und auf die Intensivstation der JVA Stammheim verlegt, wo er Anfang Mai 1975 verstarb (Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, Neuausg. 2017, S. 512, 515 f.; Forsbach, Die 68er und die Medizin, 2011, S. 95 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 766 Anm. 80).

[63] Von einem Geständnis spricht in diesem Zusammenhang erstmals Andreas Baader am 6. Verhandlungstag (S. 586 f. des Protokolls der Hauptverhandlung). Dabei bezieht er sich offenbar auf eine Bemerkung des Regierungsdirektors Widera am 5. Verhandlungstag, in der dieser allerdings lediglich eine Aussage des befragten Anstaltsarztes Dr. Henck zusammenfasst: „Aber der Sachverständige hat bereits gesagt, er hat Hausner nicht nur für haftunfähig sondern auch für transportunfähig gehalten. Und wenn jemand für transportunfähig gehalten wird, dann ist die Frage von Herrn Baader meines Erachtens beantwortet“ (S. 505 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[64] Siegfried Hausner verstarb, wie Holger Meins, während der Untersuchungshaft und damit in Obhut des Staates. Für beide Tode machten die Angeklagten staatliche Akteure verantwortlich (s. dazu auch die Ausführungen von Andreas Baader auf S. 586 f., 6. Verhandlungstag).

[65] Während des zweiten Hungerstreiks, in den inhaftierte RAF-Mitglieder von Anfang Mai bis Ende Juni 1973 traten, wurde Andreas Baader, zu dieser Zeit in der JVA Schwalmstadt untergebracht, zeitweise das Trinkwasser entzogen. Auf Nachfrage der Presse bestätigte das hessische Justizministerium dies, wies allerdings darauf hin, dass ihm stattdessen Milch zur Verfügung gestellt werde (Riederer, Die RAF und die Folterdebatte der 1970er Jahre, 2014, S. 171 f.; Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 121).

[66] Noch im Stockholmer Krankenhaus soll eine Schädelfraktur bei Siegfried Hausner festgestellt worden sein, angeblich entstanden durch Polizeigewalt während der Verhaftung Hausners (s. die Ausführungen von Andreas Baader auf S. 1233 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 15. Verhandlungstag). Auch der Anstaltsarzt Dr. Henck soll diese Verletzung in Stuttgart-Stammheim attestiert haben. Bei der späteren Obduktion durch Herrn Prof. Rauschke soll sie hingegen nicht entdeckt worden sein, was durch die Angeklagten als „Unterschlagung“ gewertet wurde; den Tod Hausners bezeichneten sie als Mord (Ulrike Meinhof am 19. Verhandlungstag, S. 1544 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[67] Bereits im Juni 1972 war Rechtsanwalt Schily auf Antrag der Generalbundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Tatbeteiligung als Verteidiger von Gudrun Ensslin ausgeschlossen worden. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der BGH zurück: Zwar gebe es in der Strafprozessordnung keine explizite Regelung mit einer solchen Rechtsfolge, die Möglichkeit eines Ausschlusses ergebe sich aber „aus Sinn und Zweck einer Reihe von Bestimmungen in der Strafprozessordnung sowie der BRAO; sie wäre überdies über gewohnheitsrechtliche Übung gedeckt“ (BGH, Beschl. v. 25.8.1972 - Az.: 1 BJs 6/71, NJW 1972, S. 2140, 2141). Das Bundesverfassungsgericht hielt das Fehlen einer Rechtsgrundlage allerdings für ausreichend, um eine Verletzung der Freiheit der anwaltlichen Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG anzunehmen, und beurteilte den Ausschluss damit als verfassungswidrig (BVerfG, Beschl. v. 14.2.1973 - Az.: 2 BvR 667/72, BVerfGE 34, 293 ff.). Es dauerte nicht lange, bis durch das Ergänzungsgesetz zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz vom 20. Dezember 1974 - noch rechtzeitig für eine Anwendung im Stammheimer Verfahren - mit den §§ 138a ff. StPO eine gesetzliche Grundlage für den Ausschluss von Verteidiger/innen geschaffen wurde. Der neue § 138a StPO hatte vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand (BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschl. v. 4.7.1975 - Az.: 2 BvR 482/75, NJW 1975, S. 2341).

[68] Die zwei „Lager“ der Verteidigung - die Vertreter/innen der Vertrauensverteidigung auf der einen, die von den Angeklagten sog. Zwangsverteidiger (s. bereits Fn. 1, 18) auf der anderen Seite - wurden auch räumlich sichtbar: Während die Vertrauensverteidigung bei den Angeklagten Platz nehmen konnte, saßen die von den Angeklagten abgelehnten Verteidiger ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Saales, neben den Vertretern der Bundesanwaltschaft (s. auch die Skizze in Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 185).


[a] Handschriftlich eingefügt: er

[b] Maschinell ersetzt: nicht durch nun

[c] Handschriftlich eingefügt: es

[d] Maschinell eingefügt: für

[e] Handschriftlich ersetzt: Absolität durch Absurdität

[f] Handschriftlich ersetzt: 1965 durch 1975

[g] Handschriftlich ergänzt: Menschenrechtskonvention

[h] Maschinell eingefügt: mich

[i] Maschinell eingefügt: Ihnen

[j] Handschriftlich ersetzt: da durch er

[k] Handschriftlich ersetzt: hier durch mir

[l] Handschriftlich ersetzt (auch in den folgenden 10 Daten): Juli durch Juni

[m] Handschriftlich ergänzt: Redakteurin

[n] Handschriftlich ergänzt: außeranwaltlichen

[o] Handschriftlich ergänzt: Tätigkeiten

[p] Handschriftlich ersetzt: jede durch jene

[q] Handschriftlich durchgestrichen: unentschuldbar

[r] Handschriftlich eingefügt: bin

[s] Handschriftlich ersetzt: In durch Ich

[t] Handschriftlich ersetzt: und die durch Meine

[u] Maschinell eingefügt: Also

[v] Handschriftlich durchgestrichen: das

[w] Handschriftlich ersetzt: mich durch es

[x] Maschinell durchgestrichen: mir

[y] Handschriftlich ergänzt: brauchte

[z] Maschinell eingefügt: Sie

[aa] Handschriftlich ersetzt: der durch ja

[bb] Handschriftlich ergänzt: keine

[cc] Maschinell eingefügt: nach

[dd] Maschinell eingefügt: zu

[ee] Maschinell durchgestrichen: uns

[ff] Handschriftlich ersetzt: komplett durch komplex

[gg] Handschriftlich ersetzt: Ausführen durch Ausführungen

[hh] Handschriftlich eingefügt: dafür

[ii] Handschriftlich durchgestrichen: nötiges

[jj] Handschriftlich eingefügt: es

[kk] Maschinell eingefügt: ihre

[ll] Handschriftlich eingefügt: zu

[mm] Handschriftlich eingefügt: bemerken

[nn] Maschinell eingefügt: zu

[oo] Handschriftlich eingefügt: ja

[pp] Maschinell ersetzt: ... durch um Ulrike in Köln-

[qq] Handschriftlich ersetzt: Deponation durch Deprivation

[rr] Handschriftlich eingefügt: derer

[ss] Handschriftlich durchgestrichen: mehrerer

[tt] Handschriftlich ersetzt: zum Agieren durch zu mandieren

[uu] Handschriftlich ersetzt: werden durch wären

[vv] Handschriftlich durchgestrichen: besprechen

[ww] Handschriftlich ersetzt: die durch in der

[xx] Handschriftlich ersetzt: Absolutät durch Absurdität

[yy] Handschriftlich ersetzt: Waffenentzug durch Wasserentzug

[zz] Handschriftlich ersetzt: Möge durch Rüge