71. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 3. Februar 1976, um 9.02 Uhr



[6343] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Dienstag, den 3. Februar 1976, um 9.02 Uhr

71. Verhandlungstag

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. Ass. Clemens, Just. Ass. z. A. Scholze.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind anwesend:

Rechtsanwälte Pfaff (als Vertreter von RA. Dr. Heldmann), Künzel, Schnabel, Schwarz, Schlaegel, RÄin. Zuber (als Vertreterin von RA. König), Linke und Grigat.

Als Zeugen sind erschienen:

Theo Vömel,

Ottilie Buchholz,

Thea Brigitte Weber,

Christa Raschke.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Herr Rechtsanwalt König wird durch Frau Rechtsanwältin Zuber vertreten. Die Vertretung wird genehmigt. Sie ist vorangekündigt. Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann hat sich entschuldigt, er ist abwesend.

Herr Rechtsanwalt Pfaff, Sie kommen in Vertretung?

RA Pf[aff]:

Ja.

Vors.:

Die Vertretung wird ebenfalls genehmigt. Es ist zunächst darauf hinzuweisen, bevor wir uns den Zeugen zuwenden, daß die Zeugen, die für morgen geladen sind, das sind die beiden Frauen Siemsen, Herr Habekost, Herr Gutzeit, Herr Pöter, Herr Prechtl, Herr Schäfer und Herr Ruckmich, das ist also morgen der 4.2., daß die genau um einen Monat verschoben sind auf den 4.3.1976.

Und dasselbe gilt für die Zeugen die auf den 5.2., das [6344] wäre also am kommenden Donnerstag, geladen sind, das sind die Zeugen Bippert, Müller und Donecker. Sie werden gehört am 5. März 1976. Es hat sich dann noch der Herr Jacobs gemeldet, den wir hier als Zeugen vernommen haben und hat in Anknüpfung an seine Aussage mitgeteilt, er wolle noch bekannt geben, daß er nicht nur, daß Hoff geäußert habe, er sei nicht nur unter Druck der Staatsschutzorgane[a] zu seinen Aussagen bereit gewesen, sondern habe auch Rache nehmen wollen an der RAF, die seine Existenz zerstört hätte. Dieses Thema ist bereits angeklungen bei Herrn Jacobs. Er hat ja das bereits gesagt, daß Hoff ihm erklärt hätte, er mache das aus Rache, weil man ihn hereingelegt hätte. Das Gericht beabsichtigt nicht, aufgrund dieses neuerlichen Schreibens diesen Zeugen hier nochmals zu hören. Ich weise darauf hin, das Schreiben befindet sich bei den Unterlagen für die Zeugen und wird dort abgeheftet.

Wir haben heute früh an sich geladen Herr Vömel, Frau Buchholz, Frau Weber und Frau Raschke.

Die Zeugen Theo Vömel, Ottilie Buchholz, Thea Brigitte Weber und Christa Raschke werden gem. § 57 StPO[2] belehrt.

Die Zeugen Theo Vömel, Ottilie Buchholz, Thea Brigitte Weber und Christa Raschke erklären[b] sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[3]

Die Zeugen Ottilie Buchholz, Thea Brigitte Weber und Christa Raschke verlassen um 9.07 Uhr den Sitzungssaal.

Vors.:

Herr Vömel zunächst Ihre Personalien:

Der Zeuge Vömel macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Vömel:

Theo Vömel, 34 Jahre alt,

selbständiger Fuhrunternehmer, wohnh. Glashütten im Taunus, [Anschrift],

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,

wegen Eidesverletzung nichtvorbestraft.

Vors.:

Am 11. Mai des Jahres 72 kam es zu Detonationen im Bereich [6345] des Hauptquartiers des 5. US-Corps in Frankfurt. Haben Sie im Zusammenhang damit irgendwelche Beobachtungen gemacht? Wenn ja, bitte schildern Sie uns die im Zusammenhang.

Zeuge Vöm[el]:

Ja was meinen Sie mit Wahrnehmungen, die Detonationen wie ich sie erlebt habe, oder ...

Vors.:

Wenn Sie irgendwelche Wahrnehmungen in diesem Zusammenhang gemacht haben. Bitte schildern Sie, wie es dazu gekommen ist. Zu welchem Zwecke Sie dort gewesen sind, was Sie beobachtet haben, was dann passiert ist.

Zeuge Vöm[el]:

Ich war Reiseleiter für die Firma Hotelplan und sollte von dem Hauptquartier eine amerikanische Gruppe nach Paris fahren, als Reiseleiter. Und ich war zu diesem Zweck, zum Antritt dieser Reise dort hingekommen. Etwa, ja das kann ich nicht mehr so genau sagen, vielleicht zwischen halb und viertel vor sieben abends. Und mein Bruder fuhr mich dort hin und fuhr dann auch weg. Ich ließ meinen Koffer draußen auf der Rampe stehen. Da ist so eine Auffahrt vor dem Gebäude, da ließ ich meinen Koffer stehen und bin dann durch die Pendeltüren gegangen, durch die rechten.

Vors.:

Verzeihen Sie Herr Vömel, wenn ich frage dazwischen. Welches Gebäude beschreiben Sie? Das Hauptgebäude oder ...

Zeuge Vöm[el]:

Das IG-Farbenhaus,[4] ja. Den Haupteingang.

Vors.:

Nicht den Club, sondern das Hauptgebäude.

Zeuge Vöm[el]:

Nein, den Haupteingang. Und bin dann rein. Da ist also auf der rechten Seite das MP-Desk und dort habe ich mich also breit gemacht mit meinen Unterlagen, die ich zur Vorbereitung dieser Tour eingesehen habe. Und dann bin ich nochmal raus, der Bus war noch nicht da, da bin ich nochmal rausgegangen und habe draußen gesehen, wie also aus dem Gebäude ein hoher amerikanischer Offizier herauskam und mit einem Wagen wegfuhr. Zwischenzeitlich ist der Bus dann auch gekommen, mit dem Fahrer. Der Fahrer kam auf mich zu und hat mich gegrüßt. Wir sind dann reingegangen und auch die beiden Damen, die ebenfalls Reiseleiter waren, also die Frau Raschke war da und wir standen rechts in der Ecke. Und Frau Raschke wollte, glaube ich, gerade rausgehen, wenn ich mich recht erinnere. Dann kam also die Detonation. Die habe ich nur [6346] aus dem Blickwinkel, aus dem Augenwinkel mitbekommen.

-Der Angeklagte Raspe erscheint um 9.10 Uhr im Sitzungssaal.-

Zeuge Vöm[el]:

Es war nur ein Blitz zu sehen und ein enormer Explosionsknall. Der kam also von mir links. Ich stand also, links von mir war der Eingang, vor mir das MP-Desk und rechts die Wand. Und ich war gerade so halb nach links gedreht und habe also aus den Augenwinkel einen Explosionsblitz gesehen und, wie gesagt, diesen Knall, und dann war ja alles voll Qualm und Rauch. Und wie bei einer Detonation eben Staub usw., alles was da aufgewirbelt wurde. Mein erster Eindruck war an sich, eine Gasexplosion. Warum ich da drauf kam, weiß ich nicht. Man war ja wohl noch nicht daran gewöhnt, daß Bomben seit dem Kriege mal wieder in die Luft gehen. Das war ja nun die erste in dieser Art. Also ich kam gar nicht erst auf die Idee, daß es eine Bombe war. Ich dachte, es wäre eine Gasexplosion. Dann konnte man allerdings diesen Korditgeruch wahrnehmen, und in diesem Dunst rannten die beiden MP-Leute an uns vorbei, aus ihrem Desk heraus, wobei ich nicht gesehen habe, daß sie aus dem Desk herauskamen, aber sie rannten dann zu dem Ausgang hin. Einer hatte, glaube ich, eine Waffe in der Hand, soweit ich das sehen konnte in dem Nebel. Und die verschwanden dann durch diese Türe und kurz darauf kam diese zweite Explosion und dann, ein MP-Mann erschien wieder an der Türe, soweit ich mich erinnern kann. Und wir sind dann weggelaufen, weil wir annahmen, nachdem es also klar war, daß das Bomben waren, die in die Luft gegangen sind, daß da was geworfen wird. Und sind also von dem Eingang weggelaufen, wo jetzt bereits schon zwei Detonationen stattgefunden haben und sind die Freitreppe hoch, über Glas und alles Mögliche weg. Es war ja, wie gesagt, ein starker Qualm in der Halle. Die Freitreppe hoch in den ersten Stock und sind dann rechts um die Ecke. Dann explodierte die dritte Bombe, die offensichtlich nicht von vorne kam, sondern von hinter dem Haus. Wie sich ja dann wohl herausgestellt hat, die also im Kasino war, die dritte Bombe. Und wir sind [6347] in einen toten Gang rein. Das IG-Farbenhaus hat also tote Gänge, in denen keine Fenster sind. Und zwar in den toten Gang, der gegenüber dem rechten Treppenhaus liegt. Also nach der Halle rechts, das erste Treppenhaus. In diesen Gang sind wir rein. Dort waren noch, wo ich mich mit Sicherheit noch erinnere, war ein Herr, ein Deutscher, der auch in diesem Gang drin war. Wo der her kam, weiß ich nicht. Es kann aber sein, daß da noch jemand war. Daran erinnere ich mich nicht mehr genau. Ich erinnere mich an diesen Mann deswegen noch genau, weil der sagte, uns vorschlug, die Jacken über den Kopf zu tun. Wir hatten ja wohl mittlerweile wohl alle Glas am Kopf abbekommen. Und um eben dieser Splitterwirkung entgegen zu arbeiten, haben wir also dann Jacken über den Kopf getan. Das Fräulein Raschke schien also an den Ohren verletzt zu sein, weil sie jammerte dauernd, sie hatte wohl starke Schmerzen durch diesen Knall an den Ohren bekommen, und blutete am Kopf. Am Kopf war sie also auch verletzt. Und dann sind wir raus und durch dieses Treppenhaus runtergelaufen. Und wieso wir da also dann in den Keller sind, weiß ich nicht. Das ist vielleicht wohl noch ein deutsches Erbe, wenn Bomben fallen in den Keller zu rennen, anstatt gleich raus. So erst mal in den Keller und da fiel uns dann natürlich auf, daß es also unsinnig war, in den Keller zu gehen. Und sind dann sofort wieder unten raus. Ein Amerikaner rief auch „Everybody out of the building“, oder ähnlich. Alles raus auf jeden Fall. Und wir sind raus, und draußen waren bereits Beamte und schon ein Haufen Leute. Wie wir rauskamen, wurden wir rechts ums Gebäude zurückgedrängt, das wir dann aus der Gefahrenzone herauskamen. Wobei ich dann also die anderen alle aus den Augen verlor, sowohl Fräulein Raschke wie auch den Fahrer usw. Den traf ich dann, weil ich um das Gebäude herum bin auf die andere Seite wieder zum Bus. Ich war ja verantwortlicher Reiseleiter dieser Gruppe und mußte also wieder zu dem Bus zurück. Das war eigentlich das ...

Vors.:

So, das war der zusammenhängende Ablauf der Dinge, wie Sie es gesehen haben. Herr Vömel, können Sie die ganze Geschichte zeitlich etwas präziser einordnen.

Zeuge Vöm[el]:

Ja, ich versuche es. Wobei also, es muß kurz vor sieben Uhr [6348] gewesen sein. Ich würde sagen, so sechs Minuten vor Sieben. Fünf, sechs Minuten vor Sieben muß es gewesen sein.

-Rechtsanwalt Pfaff und der Angeklagte Raspe verlassen um 9.16 Uhr den Sitzungssaal.-

Vors.:

Was ist da passiert?

Zeuge Vöm[el]:

Da explodierte die erste Bombe.

Vors.:

Aha, und ...

Zeuge Vöm[el]:

Die zweite Bombe vielleicht, würde ich sagen, schätzungsweise so zwischen fünf und zehn Sekunden später, ungefähr. Die kam also recht bald hinten drauf nach der Ersten. Und bis wir dann hoch sind, würde ich sagen, eine Minute. Und dann erfolgte wohl auch die dritte Explosion. Wobei ich also bei der dritten Explosion nicht ganz genau sagen kann, ob das nur eine Minute war oder ob das vielleicht zwei Minuten waren. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, auch wo dieser Knall der dritten Explosion uns erreicht hat. Ob wir schon in dem toten Gang drin waren, oder ob wir erst gerade um die Ecke waren. Da bin ich mir nicht mehr sicher.

Vors.:

Nun, Sie erwähnten, daß Sie die erste Detonation noch so ein bißchen mit dem Augenwinkel erfaßt haben. Sie sei links von Ihnen gewesen. Sie befanden sich damals in dem Vorraum zu diesem runden Raum, dieser Rotunde. Können Sie uns über weitere anwesende Personen, die in diesem Zeitpunkt in der Nähe dieser Detonation sich[c] aufgehalten haben, irgend etwas sagen?

Zeuge Vöm[el]:

Ich weiß nur, daß also, es ist, wie gesagt auch schon länger her. Wir waren, wir standen an dem MP-Desk. Da waren die zwei MP Leute hinter dem Desk, die diensttuenden MP-Leute.

Vors.:

Kennen Sie die Namen zufällig?

Zeuge Vöm[el]:

Nein, das kann ich Ihnen nicht sagen. Der eine war am Hals verletzt nachher, ich kann aber nicht die Namen sagen, die weiß ich nicht. Ich weiß auch von einem Amerikaner, der reingegangen ist, um auf die Toilette zu gehen. Wo der war zum Zeitpunkt der Explosion, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß nur, daß er mir gesagt hat, er hätte also großes Glück gehabt, weil er ja gerade rein war, und war auf die [6349] Toilette gegangen. Wann er nun gerade wieder zurück, oder war er noch auf der Toilette, das weiß ich nicht. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber der war auch da.

Vors.:

Jedenfalls sie waren eine Gruppe an diesem Desk und es waren dort die zwei Amerikaner, die Sie erwähnten. Sie erwähnten vorhin den Namen Raschke. Noch ein Name?

Zeuge Vöm[el]:

Ja, der Fahrer des Busses war da.

Vors.:

Kennen Sie den Namen. Würde Ihnen der Name Deimling ...

Zeuge Vöm[el]:

Wenn Sie mir den Namen sagen würden ...

Vors.:

Deimling?

Zeuge Vöm[el]:

Ja ich glaube, ja, ja.

Vors.:

Herr Deimling. Und sonst noch eine Person?

Zeuge Vöm[el]:

Ansonsten kann ich mich nicht erinnern, an sonst noch jemanden.

Vors.:

Sie haben heute früh die Zeuginnen gesehen, die anwesend waren. War da vielleicht eine noch anwesend.

Zeuge Vöm[el]:

Ja also, an sich ich erinnere mich, daß sie dabei war.

Ich bin aber, das ist wie gesagt, wir kennen uns als Reiseleiter, wir sehen uns zu oft, um jetzt sich genau noch zu vergegenwärtigen. Wenn ich sie noch nie zuvor gesehen hätte, und würde sie jetzt wieder erkennen, dann wüßte ich, daß sie dabei gewesen ist. Aber ...

Vors.:

Das ist also so. Vorhin zeigten Sie, als Sie sagten, sie war dabei ...

Zeuge Vöm[el]:

Sie war dabei, ja.

Vors.:

... zur Ihrer linken, das war Frau Raschke.

Zeuge Vöm[el]:

Raschke, ja die war dabei.

Vors.:

Jetzt zeigen Sie nach rechts. Dort saß Frau Anger, Weber, heißt sie ja jetzt wohl, Angerstein damals noch. Können Sie sagen sie war dabei, oder nur, daß sie möglicherweise dabei ...

Zeuge Vöm[el]:

Das kann ich nicht mit Sicherheit beantworten die Frage.

Vors.:

Und können ...

Zeuge Vöm[el]:

Sie sagt zwar, Entschuldigung, daß ich Sie unterbreche, sie sagt zwar, daß ich dabei war, und sie hatte gerade eben eine Bemerkung gemacht, aber ich kann mich nicht mehr schlüssig daran erinnern.

Vors.:

Nun haben Sie früher sich mal an Hand des Detonationsknalls geäußert, welche Eindrücke Sie hatten, wo die stärkste Detonation stattgefunden hätte?

[6350] Zeuge Vöm[el]:

Die muß unmittelbar in unserer Nähe gewesen sein, an sich. Und zwar, das ist schwierig zu beschreiben. Es war, wie gesagt, ich hab’s im Augenwinkel mitbekommen. Aber der Blitz kam offensichtlich von links. Also das war eine geballte Feuerladung von links, das sah man also. Der Schein ging also weg von uns links, da mußte irgendwo der Herd sein dieser Explosion. Das ist ein Eindruck, der also sich nicht auf fünf Jahre Krieg basiert, daß ich sagen kann, ich weiß, wo eine Explosion stattfindet, wenn ich den Blitz sehe. Aber ich hatte den Eindruck, daß es von mir links war.

Vors.:

Ja. Sie hatten sich früher, das halte ich Ihnen aus Blatt 184 des Ordners 86 vor, einen anderen Eindruck wiedergegeben, wo Sie glaubten, welche Explosion die stärkste gewesen wäre.

Zeuge Vöm[el]:

Ach die stärkste ...

Vors.:

Die stärkste.

Zeuge Vöm[el]:

Das ist etwas anderes. Ich dachte die erste Explosion, wo die stattfände. Nein, dann habe ich Sie falsch verstanden. Die stärkste Explosion. Ja, das kann ich Ihnen jetzt nicht mehr beantworten. Also wenn ichs bei der Vernehmung von der Polizei damals beantwortet habe, unter dem unmittelbaren Eindruck, dann habe ich es wohl noch gewußt. Heute ist mir das also entfallen. Ich kann das nicht mehr mit Gewißheit sagen, weil das ist zu lange her.

Vors.:

Sie haben früher einmal angegeben, der Lautstärke nach hätten Sie den Eindruck gehabt, die dritte Explosion, die also außerhalb des Gebäudes von rückwärts, wie Sie sagten, kam, sei wohl diejenige gewesen ... Aber Sie wissen das heute nicht mehr.

Zeuge Vöm[el]:

Ich kann das nicht mehr genau sagen.

Vors.:

Sie erwähnten, Sie seien alle verletzt gewesen. Unter alle verstehen Sie also sich selbst, Herrn Deimling, Frau Raschke und?

Zeuge Vöm[el]:

Und wenn die andere Damen dabei war, dann sie auch.

Vors.:

Und möglicherweise Frau Angerstein.

Zeuge Vöm[el]:

Ja, ja.

Vors.:

Welche Verletzungen haben Sie selbst nun gehabt. Wenn Sie die präzise beschreiben wollen, und was konnten Sie bei den anderer. Betroffenen feststellen?

[6351] Zeuge Vöm[el]:

Ich erinnere mich, daß ich am Kopf, am Haar hinten, am Hinterkopf hatte ich Glassplitter im Kopf, in der Kopfhaut, verschiedene Stellen, verschiedene Dicke. Daran erinnere ich mich. An weitere Verletzungen, ich glaube an der Hand hatte ich auch noch irgendwas. Aber daran erinnere ich mich nicht mehr genau. Ich weiß nur, daß ich am Kopf dieses Glas hatte. Das war auch die hauptsächliche Verletzung, die ich davon trug.

Vors.:

Waren Sie in ärztlicher Behandlung deswegen?

Zeuge Vöm[el]:

Ja, ich war in ärztlicher Behandlung. Ich war ja in Ausübung meines Berufes da. Deswegen war das eine berufsgenossenschaftliche Sache.

Vors.:

Wie lange dauerte es, bis der Heilungsprozeß abgeschlossen war?

Zeuge Vöm[el]:

Naja, ich hab ja dann die Gruppe weitergeführt. Auch die, die[d] Fräulein Raschke führen sollte. Ich habe ja dann die gesamten Busse nach Paris begleitet und habe also meinen Dienst weiter versehen.

Vors.:

Also Sie wurden wahrscheinlich zuvor ambulant behandelt.

Zeuge Vöm[el]:

Ja, die wurde behandelt. Also es hieß auf jeden Fall, sie sei also ins Krankenhaus gekommen.

Vors.:

Nein, ich meine Sie selbst! Ihre Verletzung.

Zeuge Vöm[el]:

Ich nicht. Nein, nein, ich wurde erst, nachdem ich von Paris wieder zurückkam, bin ich dann zum Arzt gegangen, zum Durchgangsarzt und dann zum Hausarzt.

Vors.:

Es scheinen also keine schweren Verletzungen gewesen zu sein.

Zeuge Vöm[el]:

Nein, nein. Wobei ich nicht ausschließen will, wo ich am Anfang keine Beachtung drauf hatte, das war, daß ich jetzt etwas schwerer höre. Das kann sein, was weiß ich, daß man älter wird. Aber an sich kann es aber auch daher kommen. Der Arzt hat mein Gehör nicht untersucht. Die Detonation war enorm und dieser Druck war auch enorm. Ich sagte Ihnen ja, die Fräulein Raschke hatte also enorme Schmerzen gehabt an den Ohren.

Vors.:

Aber ärztlich belegen läßt sich das jetzt nicht mehr, natürlich nach der langen Zeit.

Zeuge Vöm[el]:

Nein, nein, natürlich nicht. Naja so gravierend ist es auch nicht.

[6352] Vors.:

Herr Vömel, was haben Sie noch sonst für sichtbare äußere Spuren, etwa Schäden und dergleichen feststellen können.

Sei es am Gebäude, sei es an Ihrem Fahrzeug.

Zeuge Vöm[el]:

Der, da fang ich am besten von außen an. Also der Bus hatte Kratzer, sowohl an dem Glas. Das war ein Mercedesbus, der ist gewölbt. Der stand ja etwas tiefer, weil er vor der Rampe stand und das ist etwas tiefer gelegen. Der hatte am Lack Kratzer, wohl von dem fliegenden Glas da, was in der Gegend rumflog, vermutlich, oder von sonst irgendwelchen fliegenden Gegenständen. Dann stand mein Koffer draußen, wie ich anfangs schon sagte. Der Koffer befand sich also ungefähr, naja, schlecht zu sagen, auf dem Rasen über dem Platz weg. Auf der anderen Seite fängt die Grünanlage an und auf dem Rasen lag mein Koffer. Als ich ihn zuerst wieder sah, nach dieser Explosion, wurde er gerade untersucht. Er ist also beschädigt. Es war ein nagelneuer Koffer, der ist also auseinander geflogen dabei. Dann im Gebäude, die Türen waren natürlich, Glas existierte da also nicht mehr. Ich meine also eine geschlossene Glasscheibe habe ich keine mehr gesehen. Es war, an einer Tür sah ich, als wenn ein Granatgeschoß durch ist, an diesem Metallteil dieser Tür. Das war also aufgebogen von einem durchfetzenden Metallteil offensichtlich. Es sah also aus wie im Krieg, wie man da so sah, diese aufgebogenen Metall... In der Halle drin lagen Mörtel und Türenteile und vor allen Dingen jede Menge Glas. Es war ein regelrechter Glasteppich unten drin. Und eben, wie gesagt, ein Haufen Brocken. Ja sonst an sich habe ich da keine ... Ja am Gebäude selbst fiel mir auf, als ich rausgekommen bin, daß also auch in Teilen, wo tote Gänge waren, auch Glas zerbrochen war. Es waren also die Masse der Scheiben waren kaputt im gesamten Gebäude.

Vors.:

Können Sie nun zu den Verletzungen der übrigen Personen noch irgend etwas sagen, was von Bedeutung wäre. Also da müßte Ihnen schon was besonderes aufgefallen sein.

-Rechtsanwalt Becker, (als amtlich[e] bestellter[f] Vertreter von Rechtsanwalt Schily), erscheint um 9.26 Uhr im Sitzungssaal.-

Zeuge Vöm[el]:

Ja, nein. Also an sich, außer das, was ich erwähnt habe, [6353] kann ich eigentlich nichts, wüßte ich nichts sonst.

Ja die Fräulein Raschke, wie gesagt, wars jetzt Fräulein Raschke oder die andere Dame - das kann sich sowohl auf die eine wie auf die andere beziehen, ich weiß es jetzt nicht mehr schlüssig - blutete. Also sie blutete am Kopf und hatte, wie gesagt, die Beschwerden an den Ohren und hatte wohl Schmerzen gehabt.

Vors.:

Ja, danke. Weitere Fragen? Bitte Herr Maier.

Richter Ma[ier]:

Herr Vömel, wie weit war denn dieser Informationsstand, dieser MP-Desk von der Ausgangstüre entfernt?

Zeuge Vöm[el]:

Von der äußeren oder von der inneren?

Richter Ma[ier]:

Ja, also man kommt zunächst in den Vorraum durch eine äußere Türe. Und zwischen den Vorraum und der Rotunde befindet sich dann nochmals eine Tür. Wie weit waren Sie von dieser inneren Türe entfernt?

Zeuge Vöm[el]:

Ein bis zwei Meter. Das ist direkt, also wenn Sie reinkommen, ich sehe, daß Sie da einen Plan haben, wenn Sie reinkommen, ist rechts ein Pfeiler, da steht also in diesen Zwischenraum, bevor Sie in diese Halle kommen, befand sich, wenn ich mich recht erinnere, rechts eine Telefonzelle. Und durch die rechte Schwingtüre dann, die zweite in diese Halle reingehend, sofort rechts um die Ecke, ist dieses MP-Desk. Und da ist ein toter Winkel. Der [g] bildet sich aus dieser Ecke und dem Anfang des MP-Desk. Und in dieser Ecke standen wir drin.

Richter Ma[ier]:

Es könnten auch drei bis vier Meter gewesen sein?

Zeuge Vöm[el]:

Ja, das kann durchaus sein, ja, ja sicher. Also eben wie gesagt, in der Ecke drin.

Richter Ma[ier]:

Noch vor dem Treppenaufgang?

Zeuge Vöm[el]:

Ja, ja weit davor. Das ist ja direkt vorne.

Richter Ma[ier]:

Sie sagten, innerhalb des Gebäudes waren sämtliche Scheiben kaputt. Es lag überall Glas herum. Lag außer Glas auch sonst noch etwas herum?

Zeuge Vöm[el]:

Ja, wie gesagt, es waren Holzteile sah ich, dann sah ich, die hatten da glaube ich irgendsolche Poster stehen gehabt, und da ... lagen auch Teile davon herum. Metallteile lagen wohl auch von den Türen, scheinbar, offensichtlich. Also ich meine auch, aber da bin ich mir nicht mehr ganz sicher, daß auch [6354] eine ganze Türe lag. Also eine Holztüre da noch lag.

Richter Ma[ier]:

Herr Vömel, und dann sagten Sie, Ihr Bus, den Sie dann anschließend nach Paris geleitet haben, der stand vor dem Haupteingang?

Zeuge Vöm[el]:

Ja.

Richter Ma[ier]:

Als Sie rauskamen, haben Sie an diesem Bus Kratzer usw. am Lack festgestellt. Wie war es denn mit den Scheiben des Busses?

Zeuge Vöm[el]:

Die waren ganz.

Richter Ma[ier]:

Die waren noch ganz.

Zeuge Vöm[el]:

Es war nichts beschädigt sonst.

Richter Ma[ier]:

Wissen Sie etwas, ob sich in diesem Bus zum Zeitpunkt der Explosion Personen befunden haben?

Zeuge Vöm[el]:

Ich glaube, das kann ich Ihnen aber nicht sagen. Ich glaube, daß die Frau des Amerikaners, wo ich vorhin sagte, der auf der Toilette war, im Bus gesessen hat. Aber das kann ich Ihnen nicht genau sagen.

Richter Ma[ier]:

Das wissen Sie nicht genau.

Zeuge Vöm[el]:

Nein.

Richter Ma[ier]:

Sollte an diesem Abend nur ein Bus wegfahren oder mehrere Fahrzeuge?

Zeuge Vöm[el]:

Mehrere, nicht nur ein Bus.

Richter Ma[ier]:

Noch ein zweiter?

Zeuge Vöm[el]:

Das dieser Bus, der da gekommen war, war der, war das jetzt meiner oder von Frl. Raschke, das weiß ich jetzt nicht. Das hatten wir, glaube ich auch noch gar nicht geklärt. Er war wohl auch noch nicht so lange da. Nur wir haben den zweiten Bus noch erwartet. Also die kamen dann zum IG-Farbenhaus, weil die woanders eingesammelt haben noch Leute. Ich bin nachher dann ja nach Hanau gefahren und habe noch Leute abgeholt, die an sich von dem anderen Bus gemacht hätten werden sollen.

Richter Ma[ier]:

Also zum Zeitpunkt der Explosion stand lediglich ein Bus vor den Haupteingang. Ein zweiter Bus wurde erwartet.

Zeuge Vöm[el]:

Wurde erwartet, ja.

Richter Ma[ier]:

Wer sollte denn da mitfahren, mit dem zweiten Omnibus?

Zeuge Vöm[el]:

Genau das gleiche. Es war eine Gruppe, die war größer als eine Busladung, und die haben zwei Busse verkauft. Und da [6355] war irgendwie auch von der High School, Junior High School[h] sollten Kinder gefahren werden, die sollten hinten abgeholt werden.

Richter Ma[ier]:

Von der High School sollten Kinder oder Schüler gefahren werden.

Zeuge Vöm[el]:

Richtig, ja. Genau, ja.

Richter Ma[ier]:

Gut, das ist alles. Dankeschön.

-Der Angeklagte Raspe erscheint um 9.29 Uhr wieder im Sitzungssaal.-

Vors.:

Weiter Fragen beim Gericht sehe ich nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. W[idera]:

Herr Vömel, außer der Gruppe, mit der Sie in der Nähe des MP-Desk standen, befanden sich noch mehr Leute in der Rotunde?

Zeuge Vöm[el]:

Das kann ich nicht genau beantworten. Ich glaube nicht. Ich kann es aber nicht genau beantworten. Aber ich glaube nicht.

Reg. Dir. W[idera]:

In der Zeit, in der Sie am Tatort gewesen sind, wie war es mit dem eventuellen Aufenthalt in dem Vorraum, in dem sich die Telefonzelle befand. Befanden sich dort Leute in dieser Zeit. Gingen dort etwa Leute durch? Wie war es da mit der Bewegung von Menschen?

-Rechtsanwalt Becker und der Angeklagte Raspe verlassen um 9.30 Uhr den Sitzungssaal.-

Zeuge Vöm[el]:

Ja, da muß ich einen Augenblick überlegen. Von dort, wo wir standen, ist es nur insofern einzusehen, wenn da also Passantenverkehr ist, soweit sie also diese Halle betreten. Einblick in den Vorraum haben sie nur ganz gering, wenn überhaupt aus diesem Blickwinkel, haben sie also keinen Einblick. Passanten haben sich auf jeden Fall dort bewegt. Nur zum Zeitpunkt der Explosion weiß ich nicht. Da habe ich auch nicht darauf geachtet, weil ich ja im Gespräch war mit meiner Kollegin und mit dem Fahrer. Und habe also kein Augenmerk darauf. Deswegen kann ich auch die Frage, ob noch jemand in der Halle war nicht beantworten, weil ich nicht darauf [6336] geachtet habe. Ich weiß nur, daß nach der ersten und der zweiten Explosion ich nur die beiden MP Leute außer unserer eigenen Gruppe wahrgenommen habe, wobei die beiden nach der ersten Explosion zur Türe rannten, und etwas schrien.

Sonst habe ich niemanden wahrgenommen.

Reg. Dir. W[idera]:

Aber ich habe Sie richtig verstanden, vor der Explosion befanden sich ... war Bewegung, will ich mal sagen ...

Zeuge Vöm[el]:

Ja, auf jeden Fall.

Reg. Dir. W[idera]:

... von Menschen in dem Vorraum.

Zeuge Vöm[el]:

Ja auf jeden Fall.

Reg. Dir. W[idera]:

Dankeschön.

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender, war vorgesehen, daß dem Zeugen noch die Skizze aus Sonderordner 86 Blatt 31 vorgehalten wird?

Vors.:

Ich habe an sich nicht die Absicht gehabt. Wenn Sie es wünschen, legen wir es Ihm vor, ob er dazu irgend etwas erklären kann, die Namen sind bereits bekanntgegeben. Hätten die Herrn Verteidiger Bedenken dagegen? Nicht.

Reg. Dir. W[idera]:

Vorweg, Herr Vorsitzender, hätte ich doch noch eine Frage.

Vors.:

Bitte, Herr Widera.

Reg. Dir. W[idera]:

Befand sich vor dem Hauptgebäude noch ein anderer Wagen in unmittelbarer Nähe des Hauptgebäudes vor der Explosion.

Zeuge Vöm[el]:

Das kann ich Ihnen nicht beantworten, weil ich schon bestimmt 5 Minuten lang nicht mehr draußen war, mich bereits drin befand eine Zeitlang. Wie ich vorher das letzte Mal draußen war, war wohl bei der Ankunft des Busses, hatte ich auch nur auf den Bus geachtet und nicht auf irgendwelche Fahrzeuge. Ich kann Ihnen nur sagen, daß kurz vorher, wobei kurz also relativ ist, also der General oder was das war, ein hoher amerikanischer Offizier das Gebäude verließ. Ich befand mich zu diesem Zeitpunkt draußen. Und der wurde mit einem Auto abgeholt. Die fuhren dann davon. Das war also das letzte Fahrzeug, außer dem Bus, das ich persönlich wahrgenommen habe. Wobei ich es offenlasse, ob noch andere Fahrzeuge gekommen sind.

Reg. Dir. W[idera]:

Das reicht mir schon, vielen Dank. Können Sie sich er- [6357] innern, was das für ein Fahrzeug gewesen ist, mit dem der Offizier abgeholt wurde?

Zeuge Vöm[el]:

Das war ein amerikanischer Fahrzeugtyp, ein amerikanischer Wagen. Was für ein Wagen das war, das kann ich Ihnen nicht sagen.

Reg. Dir. W[idera]:

Danke sehr.

Vors.:

Wenn die Herrn Verteidiger Fragen haben, dann würde ich doch vorschlagen, die zu stellen, bevor hier die Skizze dem Herrn Zeugen gegeben wird. Nicht.

Dem Zeugen wird die Skizze aus Ordner 86 Blatt 31 zur Einsicht[i] vorgelegt.

Er gibt hierzu Erklärungen ab.

-Rechtsanwalt Becker erscheint um 9.35 Uhr wieder im Sitzungssaal.-

Reg. Dir. W[idera]:

Sie sagten vorher, daß Sie von der Treppe doch recht weit entfernt standen. Eben haben Sie schon den Stand der Personen etwas anders dargestellt, nach Ihrer Erinnerung. Den MP-Desk, den gibt es heute nicht mehr. Er ist deswegen eingezeichnet nach Angaben verschiedener Leute, die sich zu erinnern meinten. Meine Frage an Sie, ist er richtig eingezeichnet?

Zeuge Vöm[el]:

Mir kommt, die Ecke, die da entsteht durch das MP Desk und dem Beginn dieser Mauer, kommt mir etwas zu flach vor. An sich war das eine spitzere Ecke. Das war mehr eine Ecke. Also wenn das MP-Desk weiter nach innen laufen würde, also wie soll ich das beschreiben ...

Reg. Dir. W[idera]:

Meine Frage geht letztlich dahin, Herr Vömel, meine Frage geht letztlich dahin. Waren Sie noch näher an der Tür, woraus die Explosion kam, als Sie das eben nach der hier vorhandenen Zeichnung geschildert haben.

Und deswegen meine Frage, ist der Desk richtig eingezeichnet.

Zeuge Vöm[el]:

Der Standort des Desk an sich ist richtig eingezeichnet. Und wir standen näher zur Explosion meiner Ansicht nach.

Also ich auf jeden Fall.

[6358] Reg. Dir. W[idera]:

Das sagten Sie schon. Mir gings nur noch um den Tisch.

Zeuge Vöm[el]:

Ja, ja. Sein der Tisch an sich ist richtig. Es kann jetzt sein, daß er weiter nach rechts verrückt werden muß, also weiter zur Treppe hin verrückt werden muß. Die Ecke kommt mir hier also, wie gesagt, es kam mir vor, als wenn das mehr das Desk also abgeflachter wäre, zur Wand hin zulaufend mehr nach innen abgeflachter gewesen war, also mehr zurück, weil das war mehr in der Ecke.

Reg. Dir. W[idera]:

Meine Frage ist beantwortet. Dankeschön.

Zeuge Vöm[el]:

Ja bitte.

Vors.:

Sonstige Fragen? Ich sehe nicht. Dann können wir den Herrn Zeugen vereidigen.

-Der Zeuge Theo Vömel wurde vorschriftsmäßig vereidigt[5] und im allseitigen Einvernehmen um 9.39 Uhr entlassen.-

Vors.:

Ich darf in der Zwischenzeit bekannt geben[j] daß Herr Rechtsanwalt Eggler mitteilen ließ, daß er erst gegen 11 Uhr eintreffen kann.

Die Zeugin Ottilie Buchholz erscheint um 9.40 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Frau Buchholz nehmen Sie bitte Platz.

Zunächst bitte ich Sie um Ihre Personalien:

Die Zeugin Buchholz macht folgende Angaben zur Person:

Zeugin Buchholz:

Ottilie Buchholz, geb. am [Tag].[Monat].1914 zu Frankfurt/Main;

Angestellte, wohnh. Frankfurt/Main, [Anschrift],

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Sie sind sehr aufgeregt, habe ich den Eindruck?

Zeugin Buch[holz]:

Ja.

Vors.:

Es ist aber gar kein Grund dazu. Sie dürfen glauben, es wird nachher rasch beendet sein und Sie müssen keine Angaben machen, [6359] die in irgendeiner Weise für Sie eine Qual werden könnten. Und Sie werden auch in keiner Weise gefragt, die Sie quälen könnte. Also Sie brauchen sich wirklich nicht aufzuregen, Frau Buchholz.

Frau Buchholz, am 11. Mai 1972 haben sich im Bereich des US-Hauptquartiers, jedenfalls des 5. Corps in Frankfurt, IG-Farbenhochhaus, Detonationen ereignet. Haben Sie von diesen Ereignissen etwas mitbekommen? Wenn ja, schildern Sie uns bitte im Zusammenhang, was Sie so in der Annäherungszeit als das passiert ist, getan haben und was Sie dann in der Folge beobachteten.

Zeugin Buch[holz]:

Ich mußte an diesem Abend eine Kollegin vertreten.

Sie hatte am Vormittag einen Autounfall. Ich bin beschäftigt bei der US-Armee in einem Offiziersclub. An diesem Abend mußte ich diese Kollegin vertreten und zwar in der Rezeption. Dort muß man Dollars zu Marks Umtauschen und dort werden Rechnungen bezahlt. Also der Posten mußte besetzt werden.

Vors.:

Dient das, wenn ich das dazwischen fragen darf, in der ersten Linie dem Betrieb des Clubs, dem Speiselokal im Club, damit dort abgerechnet wird bei Ihnen.

Zeugin Buch[holz]:

Nein, da wird nicht abgerechnet. Da werden Rechnungen bezahlt. Bei uns kann man auf Kredit essen. Und falls Amerikaner deutsches Geld benötigen, können sie das bei uns einwechseln. Und an diesem Schalter war ich da beschäftigt.

Vors.:

Also praktisch in der Tätigkeit einer Kassiererin.

Zeugin Buch[holz]:

Einer Kassiererin, ja.

Vors.:

Wir werden uns nachher eine Skizze ansehen, wo Sie das leichter bezeichnen können, wo die Räumlichkeiten sind. Schildern Sie aber nun aus dem Gedächtnis, was sich dann in der Folge ereignete.

Zeugin Buch[holz]:

Das ist ein kleiner Raum gewesen und man hat nur Sicht zu diesem Foyer. Die Rückseite wo das Fenster ist, war getrennt durch eine kleine Wand. Also nach rückwärts kann man schlecht sehen. Da mußte man ganz rumgehen. Den Schalter darf man nicht verlassen, wegen dem Geld. Also somit nach außen konnte ich gar nichts sehen. Ich war beschäftigt und habe eben meinen Dienst getan, Geld getauscht, [6360] Rechnungen kassiert und auf einmal, achso, inzwischen kam auch meine kranke Kollegin. Und sie sagte noch, ich könnte jetzt nach Hause gehen. Aber ich habe gedacht, es ist besser, ich bleibe hier und auf einmal gab es einen lauten Knall.

Und ich bin von Frankfurt und sie fragte mich noch, was ist denn das? Da erklärte ich, in der Nähe sind die Hedenheimer Kupferwerke, vielleicht ist da wieder mal was passiert.

Und da war sie zufrieden. Und ein paar Minuten später ging bei uns das Licht aus und wir erschraken. Und dann kam schon die Decke herunter von diesem Raum, in dem ich arbeitete.

Ich sah dann nur einen Feuerstrahl, das war alles.

Vors.:

Und dann?

Zeugin Buch[holz]:

Dann kamen schon die Gäste gerannt und eben mein Vorgesetzter und half mir aus den Trümmern raus. Ich war nicht fähig zu laufen. Ich war so erschrocken, auch meine Kollegin. Ich kam dann in das amerikanische Krankenhaus. Dort blieb ich aber nur eine Nacht und ging wieder nach Hause. Da konnte ich mich nicht aufhalten. Es wäre besser gewesen, ich wäre in ein deutsches Krankenhaus gegangen. Ich war etwas verletzt am Kopf, an der Schulter und an der Wirbelsäule. Es hat sich alles, es ist alles gut verheilt, nur von Zeit zu Zeit leide ich unter starken Kopfschmerzen. Sonst ist alles tadellos.

Vors.:

Hat sich irgendwie beim Gehör etwas verändert?

Zeugin Buch[holz]:

Nein, ich habe nur das Gefühl, das Gedächtnis hat gelitten. Ich kann sehr schlecht Zahlen behalten. Und ich bin doch in einem Kassenbüro beschäftigt, also das hat mir schon Schwierigkeiten bereitet. Ich muß mir alles aufschreiben. Wenn z.B. ein Chef fragt, wie war der Umsatz an dieser und dieser Kasse, das kann ich nicht behalten.

Vors.:

Und das war vorher besser?

Zeugin Buch[holz]:

Ja, sicher.

Vors.:

Das war jetzt wohl der gesamte Überblick. Wir wollen mal nochmals von vorne beginnen mit einigen Fragen. Können Sie das zeitlich einordnen, welche Uhrzeiten kämen da in Betracht?

Zeugin Buch[holz]:

Das war am 11. Mai so 10 Minuten vor Sieben. Also 18.50 Uhr, so ungefähr.

Vors.:

Sie haben das so präzise im Kopf, woher?

Zeugin Buch[holz]:

Nun das habe ich mir gut gemerkt. Hören Sie mal, so [6361] was vergißt man doch nicht.

Vors.:

Nun, aber Sie werden ja im Augenblick des Geschehens nicht gerade eine Uhr vor den Augen gehabt haben, oder?

Zeugin Buch[holz]:

Naja, das stimmt auch.

Vors.:

Ich meine, ist das eine Rekonstruktion ...

Zeugin Buch[holz]:

Das hat man mir später dann genau gesagt, wie die Zeit war.

Vors.:

Aha, so daß das nicht Ihre eigene Zeiterinnerung ist, sondern das haben Sie erfahren.

Zeugin Buch[holz]:

Nein, nein. Ich weiß nur, daß es ein deutscher Feiertag war, der Himmelfahrtstag, und die Uhrzeit, das stimmt wie Sie das sagen, das hat man mir dann später gesagt.

Denn alle Uhren blieben ja stehen im Gebäude.

Vors.:

Aber ich meine, stimmt diese Zeitangabe mit den Vorstellungen, die Sie vielleicht entwickeln können, wegen des Beginns Ihrer Tätigkeit, wegen des Beginns des Speisebetriebs usw. überein.

Zeugin Buch[holz]:

Ja.

Vors.:

Nun sagen Sie, Sie hörten eine Detonation von der Sie glaubten, es sei eine Sprengung von einem Industriebetrieb?

Zeugin Buch[holz]:

Ja.

Vors.:

War das so weit entfernt, dem Klang nach?

Zeugin Buch[holz]:

Ja, das kann ich gar nicht beurteilen.

Vors.:

Können Sie nicht mehr sagen. Und handelt es sich dabei um ein Knall oder könnten das auch mehrere gewesen sein?

Zeugin Buch[holz]:

Nein, nur einen.

Vors.:

Nur einen haben Sie gehört. Und irgendwelche Wirkungen, daß da eine Druckwelle kam und so was ...

Zeugin Buch[holz]:

Nein, ich war so mit meiner Arbeit beschäftigt, also ich hab da gar nicht weiter darauf geachtet.

Vors.:

Aha. Und nun sagen Sie, nach einigen Minuten habe es in Ihrem Bereiche dann geknallt.

Zeugin Buch[holz]:

Ja, ja. Das Licht ging aus, wir standen im Dunkeln. Und in dem Moment sah ich einen Feuerstrahl.

Vors.:

Zunächst mal, was verstehen Sie unter einigen Minuten. Können Sie das näher präzisieren?

Zeugin Buch[holz]:

Ja, ich weiß es nicht.

Vors.:

Können Sie überhaupt diesen Abstand zeitlich nochmals re- [6362] konstruieren.

Zeugin Buch[holz]:

Vielleicht waren es auch nur Sekunden. Das kann ich Ihnen nicht sagen.

Vors.:

Sie sind sich da ganz unsicher.

Zeugin Buch[holz]:

Ja.

Vors.:

Und wer war nun in dem Augenblick, als das Licht ausging, bei Ihnen?

Zeugin Buch[holz]:

Meine ehemalige Kollegin, die am Morgen diesen Autounfall hatte. Eine Frau, sie ist von Schottland, den Namen habe ich vergessen.

Vors.:

Mc Carry.

Zeugin Buch[holz]:

Ja.

Vors.:

Und sonstige Personen ...

Zeugin Buch[holz]:

Niemand, nein. In diesen Raum darf niemand rein, wegen dem Geld.

Vors.:

Es könnte ja sein, daß Sie aus dem Raum hinausgesehen haben und nun im Foyer Personen bemerkt hätten.

Zeugin Buch[holz]:

Ja da waren viele.

Vors.:

Viele Leute.

Zeugin Buch[holz]:

Ja natürlich. Da werden ja auch noch Rauchwaren verkauft. Also da ist immer etwas zu tun.

Vors.:

Können Sie das zahlenmäßig ungefähr unterbringen, wie viele das gewesen sein könnten?

Zeugin Buch[holz]:

Nein.

Vors.:

Können Sie z.B. sagen, es waren mindestens Zehn, aber nicht mehr wie Zwanzig. Ich meine so z.B. eingrenzen?

Zeugin Buch[holz]:

Ach nee, nee, nee, so viele nicht.

Vors.:

So viele nicht. Was meinen Sie jetzt, so viele nicht, Zwanzig oder Zehn?

Zeugin Buch[holz]:

Zwanzig auf keinen Fall.

Vors.:

Auf keinen Fall. Bei dieser Wechselstube könnte es da gewesen sein, daß irgendjemand, der das Speiselokal verlassen hat, bei Ihnen vorbei gekommen ist und bezahlt hat? Vorher?

Zeugin Buch[holz]:

Da war nur ein Herr und der rief mir in Deutsch zu: „Wieso sind Sie heute Abend hier?“ Ein junger Herr, ungefähr ich nehme an, 25 Jahre. Sehr gut gekleidet, schwarze Haare.

Vors.:

Gehörte der nun zum Personal?

Zeugin Buch[holz]:

Nein, nein. Ich habe ihn nicht gekannt.

[6363] Vors.:

Das hat früher etwas anders geklungen, Frau Buchholz.

Sie sagten nicht, wieso sind Sie heute hier. Das würde ja die Erklärung vielleicht darin finden, daß Sie ...

Zeugin Buch[holz]:

„Wieso haben Sie heute Abend Dienst“, irgendwas hat er zu mir gesagt.

Vors.:

Früher haben Sie das mal, das halte ich Ihnen aus Blatt 172 des Ordner 86 vor, der sagt, er habe Ihnen sinngemäß gesagt: „Wieso arbeiten Sie an diesem Posten?“

Zeugin Buch[holz]:

Ja, ja, das stimmt. So ungefähr hat er es gesagt. Ist das nicht das gleiche, wie ich das jetzt gesagt habe. Wieso sind Sie heute Abend hier oder ...

Vors.:

Ha nein, wenn Sie gefragt werden, wieso sind sie heute Abend hier, könnte das die Erklärung darin finden, daß dieser junge Mann gewußt haben könnte, daß an sich Ihre Kollegin Dienst hätte und sich wunderte, warum Sie da sind.

Zeugin Buch[holz]:

Ja, ja, so habe ich das aufgefasst.

Vors.:

So haben Sie es verstanden.

Zeugin Buch[holz]:

Ja.

Vors.:

Und nicht etwa eine Frage, die sagt, wie kann man als Deutsche hier drinnen arbeiten.

Zeugin Buch[holz]:

Nein, nein, nein.

Vors.:

Sonst noch jemand der an Ihrem Wechselschalter vorbeigekommen ist und irgend etwas bezahlt hat?

Zeugin Buch[holz]:

Nein ...

Vors.:

Ein amerikanischer Offizier, beispielsweise.

Zeugin Buch[holz]:

Ja, da waren viele Gäste. Lediglich dieser eine Herr hat persönlich zu mir gesprochen.

Vors.:

Aha. Ist Ihnen der Name „Bloomquist“ ein Begriff?

Zeugin Buch[holz]:

Ja, den Herrn habe ich gekannt.

Vors.:

Leutenant Colonel.

Zeugin Buch[holz]:

Ja.

Vors.:

Ist der an diesem Abend ...

Zeugin Buch[holz]:

Der war nicht am Schalter.

Vors.:

Nicht am Schalter gewesen. Haben Sie ...

Zeugin Buch[holz]:

Nein, nein. Er war nur als Gast zum Essen.

Vors.:

Haben Sie ihn gesehen an diesem Abend?

Zeugin Buch[holz]:

Ich habe ihn vorbeigehen sehen, ja,

[6364] Vors.:

Rein oder raus?

Zeugin Bu[chholz]:

Raus.

Vors.:

Um welche Zeit war das?

Zeugin Bu[chholz]:

Es kann ja keine große Spanne gewesen sein.

Vors.:

Sie sollen, Frau Buchholz, nicht rekonstruieren, sondern jetzt mal versuchen, ob Sie’s noch aus dem Gedächtnis her bringen.

War das lange, bevor dieses Licht ausging?

Zeugin Bu[chholz]:

Nee, das kann ich ... -

Vors.:

Wenn Sie’s nicht mehr sagen können, müssen Sie eben sagen:

Es fällt mir nicht mehr ein; das kann ich nicht sagen.

Wenn es Ihnen aber einfällt, dann bitte.

Zeugin Bu[chholz]:

Bis zu seinem Auto - da brauchte er ja höchstens zwei Sekunden; deswegen kann ich’s nicht sagen.

Vors.:

Sie können’s nicht sagen.

Zeugin Bu[chholz]:

Nein.

Vors.:

Wenn ich Sie frage:

Meinen Sie, daß das zeitlich etwa zusammenfiel mit diesem Ereignis, das Sie uns geschildert haben ungefähr? Daß er nur kurz rausgegangen ist?

Zeugin Bu[chholz]:

Ganz kurz.

Vors.:

Wußten Sie, daß sich an diesem Tag irgendwo eine Reisegesellschaft treffen sollte?

Zeugin Bu[chholz]:

Nein.

Vors.:

Noch die Frage:

Haben Sie Kenntnis, ob man, um dieses Gebäude zu betreten, irgendeines Ausweises bedurfte?

Zeugin Bu[chholz]:

Das ist ein Offiziersclub. An und für sich muß ... Jeder Gast hat eine Mitgliedskarte; im Grunde genommen muß die ja vorgezeigt werden, aber es wird nicht jeden Tag kontrolliert.

Vors.:

Also Stichproben.

Zeugin Bu[chholz]:

Kontrolliert wird lediglich in der Mittagspause - abends nie.

Vors.:

Sie haben früher mal zu der Frage der Reisegesellschaft gesagt, Sie wüßten, daß an diesem Tage in den Abendstunden sich eine Reisegesellschaft treffen wollte.

Zeugin Bu[chholz]:

Das ist mir entfallen. Das kann ich Ihnen heute nicht mehr beantworten.

[6365] Vors.:

Sie haben’s so angedeutet:

Man habe [k] zwar vor dem Hauptgebäude abfahren wollen, getroffen hätten sich die Leute aber dann in Ihrem Club.

Zeugin Bu[chholz]:

Das kann ich nicht mehr beantworten.

Vors.:

Ich hab sonst keine Fragen mehr.

Bitte, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Frau Buchholz, war Ihre Kollegin auch verletzt?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja, sie sagte es.

Wissen Sie, ich kann Ihnen das nicht beantworten. Sie hatte doch morgens diesen Autounfall.

Richter Mai[er]:

Sie sagte es, sie sei durch diese Explosion verletzt worden?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Nicht nur durch den Autounfall.

Haben Sie sonst Verletzte gesehen nach der Explosion?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja, wir waren zu siebt in diesem amerikanischen Krankenwagen.

Richter Mai[er]:

Haben Sie evtl. vorher noch im Casino oder vor dem Casino Verletzte gesehen?

Zeugin Bu[chholz]:

Nur diesen Colonel Bloomquist. Er lag noch an diesem Bordstein; da waren zwei Herren mit ihm beschäftigt.

Richter Mai[er]:

Sie sahen einen Verletzten am Bordstein vor dem Casino liegen?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja, den hab ich gesehen.

Richter Mai[er]:

Sie meinen heute, es sei dieser Colonel Bloomquist gewesen?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja, das war der einzige Herr, den ich in Uniform noch in Erinnerung habe.

Richter Mai[er]:

Also früher bei der Polizei haben Sie zwar auch von einem Verletzten gesprochen. Sie wollen ihn damals aber nicht erkannt haben?

Zeugin Bu[chholz]:

Heute weiß man, wer es war.

Richter Mai[er]:

Heute wissen Sie, wer es war.

Aber Sie haben ihn liegen gesehen?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Frau Buchholz, was war denn das für eine Verletzung, die Sie an der Schulter hatten?

[6366] Zeugin Bu[chholz]:

Hier an der Schulter, das ist wunderbar verheilt. Ich hab keinerlei Beschwerden.

Richter Mai[er]:

An der linken Schulter?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja und an der Wirbelsäule.

Richter Mai[er]:

Nach dem Attest, das sich bei den Akten befindet, soll es sich um eine Quetschung gehandelt haben.

War es eine blutende Verletzung?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja, es war eine kleine Wunde, und ich hatte einen großen Bluterguß.

Richter Mai[er]:

Danke schön.

Vors.:

Sonstige Fragen seh ich beim Gericht nicht.

Die Herrn von der B. Anwaltschaft?

Herr B. Anwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Frau Buchholz, ich möchte an das anschließen, was Sie mit dem Herrn Vorsitzenden vorhin besprochen haben:

Das Geschehen mit dem jungen Mann, der Sie gefragt hat, warum Sie heute abend da seien oder warum Sie an diesem Posten arbeiten, und da sagten Sie vorhin, er habe Sie in deutsch gefragt?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Reg. Dir. Wi[dera]:

In den Akten lese ich

- Ordner 86/1 Bl. 172 -,

daß er in englisch gefragt haben soll.

Sind Sie sich da noch sicher?

Zeugin Bu[chholz]:

Also ich würde heute sagen, er hat mich in deutsch gefragt. Ich war so überrascht.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Meinen Sie oder können Sie was dazu sagen, ob das ein Deutscher oder ein Engländer oder ein Amerikaner gewesen ist?

Zeugin Bu[chholz]:

Dem Aussehen nach war es kein Amerikaner.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Frau Buchholz, eine andere Frage:

Wir haben ja schon vorher gesprochen von der Tür, von dem Haupteingang, der in dieses Casino führt.

Gab es auch noch andere Eingänge ins Casino?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja, bei der Bar ist ein Eingang.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Nach Ihrer Erfahrung:

Welcher Eingang wird denn gewöhnlich von denen, die dort essen kommen oder die überhaupt die Lobby besuchen, welcher Eingang wird denn am meisten benutzt?

[6367] Zeugin Bu[chholz]:

Ja wissen Sie, die machen sich’s sehr bequem:

Der Parkplatz ist direkt an dem Seiteneingang bei der Bar.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Mir ist egal, in welchen Eingang sie am meisten reingekommen sind.

Ich möchte von Ihnen wissen, welcher Eingang nach Ihrer Erfahrung am meisten benutzt wurde?

Zeugin Bu[chholz]:

Ich glaube schon der Seiteneingang.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Sie sagten vorhin:

Dann sei ein Vorgesetzter gekommen und habe Ihnen geholfen.

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Wissen Sie noch, wer das gewesen ist?

Zeugin Bu[chholz]:

Sergeant Paul Hunt.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Wissen Sie, wo Herr Hunt vor der Explosion sich befunden hat?

Zeugin Bu[chholz]:

Nein.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Danke.

Vors.:

Die Herrn Verteidiger? Keine Fragen.

Der Zeugin Buchholz wird die Skizze aus Ordner 86 Bl. 31 vorgelegt. Sie gibt folgende Erklärungen dazu ab:

Sie können frei jetzt, wenn Sie sich orientiert haben, schildern, was zusätzlich noch zu Ihrer Aussage zu bemerken wäre anhand dieser Ortsangaben und Ortsskizze. Insbesondere würde mal interessieren, Frau Buchholz:

Ist die Wechselstube richtig eingezeichnet?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Vors.:

Gleich rechts am Eingang?

Zeugin Bu[chholz]:

Rechts am Eingang, ja.

Vors.:

Und jetzt erwähnten Sie vorhin, das Fenster gehe in das Foyer hinein.

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Vors.:

Ich würde also draus entnehmen: Das Fenster liegt an der Schmalseite, an der die Namen eingetragen sind, Ihr Name und Mc Carey[l].

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Vors.:

Und links zum Eingang zu ist also offenbar eine Wand gewesen.

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

[6368] Vors.:

Und dieses rückseitige Fenster, das auf den Hof rausführt?

Zeugin Bu[chholz]:

Das ist zugestellt durch eine provisorische Wand. Also wir konnten da nicht raussehen, oder wir mußten um diese Wand rumgehen, aber wir mußten ja immer am Schalter stehen.

Vors.:

Und diese Wand, die hier nun abgrenzt zu dem Eingang an der Längsseite, links von der Wechselstube, war das ne stärkere Konstruktion?

Zeugin Bu[chholz]:

Nein, das war Glas, alles Glas, aber zugeklebt oder zugestrichen; wir konnten nicht durchsehen.

Vors.:

Und jetzt, als der Knall erfolgt war oder das Licht ausgegangen ist -

haben Sie nachher nochmals einen Eindruck bekommen, wie die Wechselstube aussah? Sind die Wände noch vorhanden gewesen usw. und so fort? Wie sah’s mit den Möbeln aus?

Zeugin Bu[chholz]:

Die Vorderfront, wo der Schalter war, die stand noch. Nur nach der Rückseite war alles kaputt.

Und den Lichtstrahl, den hab ich dann gesehen so schräg, also er ging mehr nach dem Blumenladen zu, nicht zur Wechselstube.

Vors.:

Ja, wir sehen’s anhand der Skizze. Sie standen also mit Blickrichtung Foyer, das muß man immer wieder begreiflich halten.

Zeugin Bu[chholz]:

Geradeaus und der Lichtstrahl kam von links und schräg - ach, sonst wär ich ja tot; denn wenn das grade auf mich zugekommen wäre ... -

Vors.:

Frau Buchholz, es ist natürlich etwas schwierig, Sie jetzt zu fragen, wo der Verletzte nach Ihrer Meinung gelegen hat, weil hier Eintragungen sind.

Können Sie sich von diesen Eintragungen freimachen und ganz Ihre eigene Beobachtung hier schildern? - Es ist etwas schwierig, das muß ich zugeben. Aber ...

RA Be[cker]:

Ist das ne Frage?

Vors.:

Bitte?

RA Be[cker]:

Ist das ne Frage?

Vors.:

Zunächst mal die Frage, ob es Ihnen möglich ist, Frau Buchholz, diese Lagebezeichnung des Verletzten aus Ihrer eigenen Beobachtung hier auf der Skizze anzugeben, wobei Sie sich ganz freimachen müßten von den Eintragungen.

[6369] RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich bin der Meinung, daß die Zeugin die vorherige Frage noch nicht beantwortet hat, ob sie sich nämlich von den Eintragungen freimachen kann.

Vors.:

Das habe ich ja jetzt grade noch an die Frage angeknüpft.

Meinen Sie, Sie können sich freimachen von dem, was Sie hier sehen?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja, selbstverständlich. Das weiß ich noch ganz genau.

Vors.:

Vielleicht beschreiben Sie’s uns mal bitte, ohne in die Skizze reinzusehen.

Zeugin Bu[chholz]:

Dieser Sergeant Hunt und verschiedene Gäste waren sofort da und haben mich aus dieser Wechselstube rausgetragen, und trotz allem hab ich noch das Geld mitgenommen, also meine Kasse; und später hab ich dann erfahren, es war überhaupt nichts drin - das spielt ja keine Rolle. Aber trotzdem: Man hat mich rausgetragen. Dann hat man mir einen Stuhl geholt, und dann saß ich, bis dieser Krankenwagen kam. Da sah ich diesen Herrn oder Offizier an dem Bordstein liegen, und zwar, wenn man rauskommt zur rechten Seite, und mit ihm waren zwei Herren beschäftigt und wollten ihm behilflich sein, und zwar lag er mit dem Kopf nach oben.

Vors.:

Deuten Sie an, ob er Ihnen mit dem Kopfe zugewandt war oder in die andere Richtung.

Die Zeugin erläutert anhand der Skizze die Lage des Colonel Bloomquist.

Zeugin Bu[chholz]:

Also ich hab einen Offizier gesehen, einen Herrn in Uniform - das ist alles.

Vors.:

Sie haben noch ein Bild im Kopfe.

Vielleicht wollen Sie jetzt mal die Skizze überprüfen. Hier ist der Name Bloomquist eingetragen, nur, ob das mit Ihrem Erinnerungsbild übereinstimmen könnte - diese Lage -, oder würden Sie ihn anders einzeichnen?

Zeugin Bu[chholz]:

Hier auf dieser Skizze ist ein Herr, und wo der Herr lag, war der Kopf.

Vors.:

Das heißt also, die Lage an sich wäre richtig; bloß lag er nicht so senkrecht zum Gehwegrand, sondern entlang dem Gehwegrand, parallel dazu. So hab ich’s verstanden.

[6370] Zeugin Bu[chholz]:

Ja, so würd ich’s sagen.

Vors.:

Sonstige Fragen an die Frau Zeugin? Nicht.

Dann wollen wir ...

Bitte sehr, Herr B. Anwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich hab eben nur nicht verstanden:

Ist da gemeint der Herr a) oder b)?

Vors.:

Der Herr b).

Also das war eindeutig zu verfolgen, b), nicht?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja, das war b).

Vors.:

Die Frau Zeugin hat das mit dem Finger angedeutet. Wir konnten’s beobachten; Sie natürlich nicht.

Sonstige Fragen zur Skizze?

Ich sehe, nicht.

Der Zeugin Buchholz werden die Bilder

25 - 29 aus Anl. 5 zum Protokoll vom 20.1.1976

vorgeführt mit der Bitte, zu erklären, ob ihr diese Bilder irgend etwas besagen.

Der Text, der die Bilder beschreibt, ist abgedeckt.

Zu Bild 25:

Zeugin Bu[chholz]:

Auf der rechten Seite war dieser Wechselschalter und auf der linken Seite dieser Blumenladen, und das ist der Haupteingang.

Vors.:

Könnten Sie die Frage bejahen, ob nach Ihrem Eindruck das damals so ausgesehen hat nach dem Vorfall?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Zu Bild 26:

Zeugin Bu[chholz]:

Das ist der gleiche Eingang: Rechts ist die Wechselstube; links ist das Blumengeschäft.

Vors.:

Können Sie auch hier den Zustand, den das Bild wiedergibt, beschreiben und bestätigen?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Zu Bild 27:

Da hab ich gearbeitet - das ist die Wechselstube - da vorne sehen Sie noch diesen kleinen Schalter: Da - links - stand die Kasse und rechts das Telefon.

[6371] Vors.:

Trifft auch hier die Bildwiedergabe zu? Hat es so ausgesehen nach dem Vorfall?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Vors.:

Man sieht ja hier, [m] wenn Sie die Rückseite beachten, daß also Ihr Schalter vorne, das Fenster zum Foyer zu, offenbar noch erhalten ist, wie Sie das beschrieben haben.

Zeugin Bu[chholz]:

Ja, das war noch in Ordnung.

Zu Bild 28:

Das könnte der Haupteingang sein: Da war links dieses Blumengeschäft und hier rechts dieser Wechselschalter - das müßte so sein - das ist der Haupteingang.

Zu Bild 29:

Da steht noch die Registrierkasse.

Vors.:

Also Sie können bestätigen, daß das die Wechselstube war?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja.

Vors.:

Sonstige Fragen zu diesen Bildern?

Zeugin Bu[chholz]:

Ja, sehen Sie, ich hab Ihnen doch von Anfang an gesagt:

Da war so ’ne kleine Wand - wir konnten deshalb nicht nach außen sehen, sondern unser Blick war immer nur nach dem Foyer gerichtet; und wenn wir rauswollten, mußten wir um diese Wand rum; die steht ja noch.

Prof. Dr. Azzola erscheint um 10.10 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Will jemand die Bilder selbst ansehen oder Fragen zu den Bildern stellen?

Ich sehe, nicht.

Dann danke ich Ihnen schön, Frau Buchholz.

Die Zeugin Buchholz wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen[n] um 10.12 Uhr entlassen.

[6372] Die Zeugin Weber erscheint um 10.12 Uhr im Sitzungssaal.

Die Zeugin macht folgende Angaben zur Person:

Zeugin We[ber]:

Thea Brigitte Weber geb. Angerstein, geb. am [Tag].[Monat].1947,

Reisebürokaufmann, Hodenhagen, [Anschrift];

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Frau Weber, auch Ihnen in Erinnerung:

Am 11. Mai 1972 kam es zu Detonationen im Bereich des IG Hochhauses in Frankfurt.

Zeugin We[ber]:

Ja.

Vors.:

Wenn Sie dabei Beobachtungen gemacht haben sollten, dann bitte ich Sie, im Zusammenhang zu erzählen, wie es dazu kam, daß Sie solche Beobachtungen machen konnten und was Sie beobachtet haben.

Zeugin We[ber]:

Das ist natürlich jetzt schwierig, denn Beobachtungen jetzt speziell auf diese Anklage haben wir ja eigentlich nicht gemacht.

Vors.:

Nur generell, was Sie damals mitbekommen haben von der Sache.

Zeugin We[ber]:

Wir sind also in diesem IG Hochhaus gewesen, um einen Bus abzufertigen bzw. Leute abzufertigen, die mit diesem Bus nach Paris fahren wollten - das waren Amerikaner -, darum durften wir auch dieses US-Hauptquartier praktisch benutzen. Und an diesem Abend war es so, daß einige Leute schon da waren - der Bus war auch da - die Leute konnten also einsteigen, und wir waren zu viert: zwei Reiseleiter, der Busfahrer und ich und haben uns in dem Eingangsraum vom IG Hochhaus befunden ...

Vors.:

... also im Hauptgebäude, nicht im Club?

Zeugin We[ber]:

Im Hauptgebäude.

Vors.:

Nicht im Club?

Zeugin We[ber]:

Nein, im Hauptgebäude.

Und es war kurz vor 7.00 Uhr, als ich nochmals eigentlich hinausgehen wollte, um einen zweiten Bus abzuwarten und wollte nachschauen, ob der schon da war, als eine Detonation erfolgte in dem Moment.

[6373] Wir wußten erst nicht, was ist und haben uns umgedreht - wollten also weg -, als ne zweite Detonation erfolgte. Daraufhin sind wir die Treppe hinaufgelaufen, und es erfolgte eine dritte Detonation, wo man allerdings hörte, daß die also nicht in diesem Gebäude war; die war also etwas weiter entfernt.

Dann sind wir ein bißchen rumgeirrt und nachher am Hinterausgang des Gebäudes [o] hinausgelaufen.

Wir wurden dann ins Krankenhaus gefahren, ambulant behandelt:

Ich hatte einen Schock, Frl. Raschke hatte eine Verletzung.

Und das war’s eigentlich.

[Vors.:]

Könnten Sie den Platz näher schildern, an dem Sie gestanden haben?

Zeugin We[ber]:

Ja. Wenn man ins Hauptgebäude reinkommt, ist vorher ein Windfang, wenn man es so bezeichnen will. Dann geht man noch durch eine weitere Glastür, und auf der rechten Seite war ein Holzsitz praktisch, wo die GI’s saßen - MP und dort haben wir gestanden davor.

Vors.:

Das ist dieser Desk, der immer erwähnt wird.

Zeugin We[ber]:

Ja, genau.

Vors.:

Wer war noch in diesem Bereiche gewesen?

Zeugin We[ber]:

Ja, es waren noch Herr ... Frl. Raschke, der Busfahrer, und es saß noch ein Amerikaner dort, ein MP-Mann oder GI.

Vors.:

Einer - können’s auch zwei gewesen sein?

Zeugin We[ber]:

Es können auch zwei gewesen sein.

Vors.:

Das wissen Sie nicht mehr genau?

Zeugin We[ber]:

Ja, das weiß ich nicht mehr genau.

Vors.:

Also müßte es sich um fünf bis sechs Personen gehandelt haben. Wissen Sie, ob in diesem Vorraum selbst noch weitere Personen sich aufgehalten haben zu dieser Zeit?

Zeugin We[ber]:

Nein, in dem Moment nicht mehr.

Vors.:

Sie haben vorhin gesagt:

Kurz vor 7.00 Uhr. haben Sie Anhaltspunkte dafür?

Zeugin We[ber]:

Ja, weil ich grade auf die Uhr gesehen habe.

Vors.:

Und was zeigte Ihre Uhr?

Zeugin We[ber]:

Es war fünf vor sieben, soweit ich mich erinnere.

Vors.:

18.55 Uhr - so sagten Sie auch früher, unter der Voraussetzung, daß Ihre Uhr richtig ging.

Zeugin We[ber] (lachend):

Das ist natürlich eine ...

[6374] Vors.:

Sie haben diese erste Detonation beobachtet.

Können Sie sagen, nachdem Sie zwei Detonationen geschildert haben, in welcher Reihenfolge die gekommen sind - jetzt örtlich? Wo hat’s zuerst gekracht?

Zeugin We[ber]:

Also zuerst war es auf jeden Fall in dem Windfang; beim zweiten Mal nehme ich an, daß es auch dort war, denn das kam auch aus der Richtung; und das dritte Mal muß es weiter entfernt gewesen sein.

Vors.:

Und können Sie nun im Windfang das noch aufteilen, wenn Sie jetzt von drinnen nach draußen blicken: links oder rechts; zuerst links oder ...?

Zeugin We[ber]:

Wenn ich von drinnen nach draußen blicke, war es links.

Vors.:

Die erste Detonation?

Zeugin We[ber]:

Ja, die erste ...

Vors.:

... und die zweite? ...

Zeugin We[ber]:

... mehr rechts.

Vors.:

Die zeitliche Distanz zwischen den Detonationen, können Sie die beschreiben?

Zeugin We[ber]:

Ja. Die ersten beiden waren sehr kurz hintereinander, und die dritte folgte etwas später. Also ’s war vielleicht ne Minute; es kann auch etwas weniger gewesen sein.

Vors.:

Sie sprachen nun von Ihren Verletzungen. Sie sagen Schock. Sonstige Verletzungen [p] körperlicher Art?

Zeugin We[ber]:

Ja, ich hatte ne kleine Handverletzung - Splitter -, aber sonst weiter nichts.

Vors.:

Wurden diese Verletzungen ärztlich behandelt?

Zeugin We[ber]:

Ja, ich habe Tetanusspritzen bekommen und Pflaster - sonst weiter nichts.

Vors.:

Konnten Sie Ihre vorgehabte Reise unternehmen?

Zeugin We[ber]:

Nein, ich hatte keine Reise vor den Abend. Ich war nur da, um die Leute abzufertigen.

Vors.:

Wissen Sie etwas über die Verletzungen der anderen?

Zeugin We[ber]:

Ich weiß nur, daß Frl. Raschke eine Kopfverletzung hatte und Herr Vömel und der Busfahrer ... - was für Verletzungen genau, weiß ich nicht; ich weiß nur, daß sie geblutet haben. Die beiden sind aber den Abend nicht mit ins Krankenhaus gekommen.

[6375] Vors.:

Können Sie sagen, ob sich außerhalb des Gebäudes jemand aufgehalten hat, insbesondere im Zusammenhang mit der Reisegesellschaft?

Zeugin We[ber]:

Ja, das waren einige Leute, die schon im Bus gesessen haben, der vor dem Eingang des IG Hochhauses stand.

Vors.:

Haben Sie nachher mal gesehen, wie der Bus aussah?

Zeugin We[ber]:

Nein, hab ich nicht, denn der Bus hat dann ja nachher seine Reise praktisch mit Verspätung wieder aufgenommen, und ich weiß eben nur, daß da irgendwie ein Schaden entstanden ist.

Aber was das war? Ich hab’s nicht gesehen.

Vors.:

Und einen Eindruck allgemeiner Art von dem Windfang, wie der ausgesehen hat hinterher - kann man das mit wenigen Worten schildern?

Zeugin We[ber]:

Ja, es sah fürchterlich aus.

Wir waren also am nächsten Tag dort, um eine Aussage zu machen und unsere Sachen abzuholen, die wir da liegengelassen hatten, und da haben wir eben gesehen, daß die Scheiben alle kaputt waren; daß Verankerungen rausgerissen waren, und Holz lag überall rum; in dem Windfang waren Löcher im Fußboden - das war also so das, was ich gesehen hatte.

Vors.:

Sonst keine Fragen?

Herr Berichterstatter, keine Fragen?

Beim Gericht seh ich, nicht.

Die Herrn der B. Anwaltschaft, sind irgendwelche Fragen an die Frau Zeugin?

Herr B. Anwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Frau Weber, können Sie sich noch erinnern, warum Sie zu dieser Zeit auf die Uhr gesehen haben?

Zeugin We[ber]:

Ja, weil der zweite Bus kommen sollte, und die Abfahrt war für 19.00 Uhr bestimmt.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Können Sie sich noch erinnern, was Sie in diesem Moment, unmittelbar, bevor es detonierte, vorhatten, zu tun?

Zeugin We[ber]:

Ich wollte grade auf diesen Windfang zugehen; ich wollte aus der Tür hinausgehen.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Hatten Sie damit schon begonnen?

Zeugin W[eber]:

Ja, hatte ich.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Das war meine Frage.

Danke.

[6376] Vors.:

Sonstige Fragen?

Ich sehe, bei der Verteidigung nicht.

Wird Wert darauf gelegt, daß die Frau Zeugin die Skizze noch erläutert? Das ist der Fall.

Der Zeugin Weber wird die Skizze

aus Ordner 86 Bl. 31

vorgelegt mit der Bitte, ob sie etwas erläutern oder zufügen möchte.

Zeugin We[ber]:

Das ist also alles so, wie ich es sah.

Vors.:

Sie sehen hier diese Personengruppe stehen, unter der Sie sich befunden haben sollen.

Zeugin We[ber]:

Ja.

Vors.:

Das ist der Desk zur rechten Seite.

Zeugin We[ber]:

Ja.

Vors.:

Und würden Sie auch meinen, daß die Gruppe tatsächlich so etwa stand oder könnte die etwas näher zum Windfang gestanden haben oder weiter der Treppe zu?

Zeugin We[ber]:

Ja, ich war also etwas näher zum Windfang, weil ich ja grade hinausgehen wollte. Aber sonst, die andern Personen? Das kann durchaus so sein.

Vors.:

Nun sehen Sie ja, daß hier zwei Stellen eingezeichnet sind, beziffert 1 und 2 - das sollen die Sprengstellen sein.

Würde das mit Ihrer Vorstellung, die Sie gehabt haben vom Geschehen, übereinstimmen?

Zeugin We[ber]:

Ja, auf jeden Fall.

Vors.:

Die Angabe des Bus vor den Treppen vor dem Gebäude ...?

Zeugin We[ber]:

Ja, das ist auch richtig.

Vors.:

... trifft zu?

Zeugin We[ber]:

Ja.

Vors.:

Erinnern Sie sich an das Fahrzeug, das da in der Auffahrt steht?

Zeugin We[ber]:

Nein, das weiß ich nicht.

Vors.:

Und nun steht hier unter dem Wort „Rotunde“ noch der Satz:

„Zur Tatzeit ca. 15 Personen.“

Wissen Sie davon etwas?

Zeugin We[ber]:

Nein, da weiß ich nichts von.

Da kann ich mich nicht erinnern.

[6377] Vors.:

Sonstige Fragen an die Frau Zeugin?

Herr RA Becker, keine Fragen mehr?

Die Zeugin Weber wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.24 Uhr entlassen.

RA Be[cker]:

Bl. 177, Herr Zeis, trägt in Ihren Akten auch ein Fehlblatt? Das ist ein Paginierungsfehler.

Vors.:

Vermutlich.

RA Be[cker]:

Vielleicht kann die B. Anwaltschaft darüber Auskunft geben.

Vors.:

Also demnach, wie der Text angeordnet ist, würde ich das als klaren Fehler bei der Paginierung betrachten, zumal auch, Herr Rechtsanwalt, wenn Sie verfolgen wollen, Bl. 176 die Seitenzahl 2 angegeben ist; 178 trägt auch oben wieder die 2 - das ist sicher ein Fehler gewesen.

Die Zeugin Raschke erscheint um 10.25 Uhr im Sitzungssaal.

Die Zeugin macht folgende Angaben zur Person:

Zeugin Ra[schke]:

Christa Raschke, [Tag].[Monat].1943, Reisebüroexpedientin,

München, [Anschrift];

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Frau Raschke, ist es richtig, daß Sie im Mai 1972 in Frankfurt gearbeitet haben?

Zeugin Ra[schke]:

Jawohl.

Vors.:

Am 11. Mai 1974, wissen Sie, wo Sie sich da aufgehalten haben?

Zeugin Ra[schke]:

Ja, das war im IG Hochhaus abends.

Vors.:

Ist da was Besonderes passiert?

Zeugin Ra[schke]:

Ja, kann man wohl sagen.

Vors.:

Bitte schildern Sie, wie Sie dazukamen, warum Sie sich dort aufgehalten haben, was Sie an diesem Abend dann beobachtet haben.

[6378] Zeugin Ra[schke]:

Ich wurde am Abend als Reiseleiterin von „Hotel-Plan“ aus eingesetzt, und zwar sollte ich eine Reise nach Paris begleiten mit Amerikanern; der Treffpunkt war immer im IG Hochhaus, und zwar in der Eingangshalle.

Ich traf dort so zwischen halb sieben, viertel vor sieben ein und ging sofort in die Haupthalle, wo meine Kollegin, Frau Weber, bereits dastand, um mir die ganzen Unterlagen abzugeben: Teilnehmerliste der Reiseteilnehmer und auch Geld. Wir standen dort und warteten noch auf ein Ehepaar - ein Bus stand schon vor der Tür, und es waren auch schon einige Reiseteilnehmer in dem Bus - wir standen in der Eingangshalle und warteten eben auf dieses eine Ehepaar.

Auf einmal entstand eine Explosion. Man dachte natürlich nicht, daß eine Bombe explodierte; also ich dachte in dem Moment überhaupt nichts. Es war ein furchtbarer Krach und Rauchwolken; es kamen uns auch einige Glassplitter entgegen, und wir standen da und wußten nicht recht, was wir machen sollten, und ich sagte dann nur ganz laut: „Wir müssen auf jeden Fall hier aus diesem Raum“, und ich hatte das kaum gesagt, da explodierte die zweite Bombe.

Wir standen an der Wand - wir hatten uns etwas gebückt an die Wand gelehnt - und wußten also in dem Moment wirklich nicht, was wir tun sollten, und da kam aber auch ein paar Sekunden später ein MP von der Treppe, die direkt gegenüber ... Da gibt’s zwei Treppen, die direkt in den 1. Stock führen, und da kam uns ein MP entgegen und sagte, wir sollen sofort die Treppe hochlaufen, und wir haben also alles stehen und liegenlassen und sind die Treppe hochgelaufen, die wiederum in einen sehr langen schmalen Gang führte. Wir suchten den Ausgang und liefen also diesen Gang entlang und da explodierte die zweite Bombe, die an und für sich so stark war, daß ich dachte, daß sie im gleichen Gebäude explodierte. Aber hinterher stellte sich heraus, daß sie im gegenüberliegenden Gebäude oder vor dem Gebäude explodierte.

Wir sind dann durch die Gänge gelaufen, suchten einen Ausgang - es kamen uns auch noch einige Leute entgegen; ich erinnere mich an eine Frau und einen Mann -, und wir standen nun im Gang, [6379] ein bißchen ratlos und sind auf- und abgelaufen. Da kamen aber noch einige andere MP’s uns entgegen, und wir suchten den Ausgang und standen vor der Tür, rüttelten und schüttelten, doch sie ging nicht auf. Wir waren furchtbar verzweifelt, und da machte uns aber jemand drauf aufmerksam, daß überhaupt keine Scheiben mehr in der Tür waren; so sind wir also durch die Tür hinaus ins Freie gelaufen.

Ich zog mir bei der zweiten Explosion eine Kopfplatzwunde zu - ich blutete unwahrscheinlich stark. Wir liefen also dann nach draußen, setzten uns auf die Mauer, und unwahrscheinlich schnell kam dann die Polizei und auch ein Rettungswagen, in den wir sofort hineinbefördert und ins Krankenhaus gefahren wurden. Dort wurden wir ambulant behandelt ...

Vors.:

... so daß die Reise für Sie beendet war an diesem Tage.

Zeugin Ra[schke]:

Ja.

Vors.:

Können Sie die Verletzung noch beschreiben? Hat sich die Behandlung länger hingezogen?

Zeugin Ra[schke]:

Es war ne Kopfplatzwunde, ungefähr 4 oder 5 cm lang, die dann im Krankenhaus auch genäht wurde. Ich wurde geröntgt, die Kopfplatzwunde wurde genäht, und ich bekam auch ne Tetanolspritze.

Vors.:

Das ist aber alles ambulant geschehen?

Zeugin Ra[schke]:

Ja. Ich bin dann am gleichen Abend mit dem Taxi nach Hause gefahren.

Vors.:

Irgendwelche Nachwirkungen?

Zeugin Ra[schke]:

Ja, schon einige Depressionen und Kopfschmerzen. Aber das hat sich dann in den darauffolgenden Wochen wieder ergeben ...

Vors.:

... so daß Sie heute wieder ganz auf der Höhe sind?

Zeugin Ra[schke]:

Ja.

Vors.:

Könnten Sie etwas genauer beschreiben, wo Sie gestanden haben, als der Knall erfolgte?

Zeugin Ra[schke]:

Wir standen also mehr auf der rechten Seite, und zwar gibt es ja dort noch einen Counter, wo MP’s sitzen mit, ich glaube zwei Telefonen. Ich weiß aber nicht mehr genau. Wir standen direkt an diesem Counter.

Vors.:

Mehr der Treppe zu oder mehr dem Windfang zu?

Zeugin Ra[schke]:

Nein, es war mehr ... Man ging ein paar Schritte rein, und da war rechts dieser Counter, und da standen wir.

[6380] Vors.:

Ja nun: Standen Sie zwischen Windfang und diesem MP-Desk oder Counter, wie Sie sagen; zwischen Windfang und dem Tisch oder vor dem Tisch oder rüber zur Treppe?

Zeugin Ra[schke]:

Nein, das war mehr Blick Windfang.

Vors.:

Und haben Sie einen Eindruck gewonnen, wo diese Detonationen erfolgten?

Zeugin Ra[schke]:

An für sich nicht. Wir hatten zwar dann später festgestellt, daß es vielleicht 3, 4 oder 5 m entfernt war von uns ...

Vors.:

... aber selbst haben Sie nichts wahrgenommen ...

Zeugin Ra[schke]:

Nein.

Vors.:

... daß Sie sagen könnten, dort und dort ist es passiert?

Zeugin Ra[schke]:

Nein, das nicht.

Vors.:

Die zeitliche Distanz zwischen den Detonationen?

Zeugin Ra[schke]:

Die zweite folgte unwahrscheinlich schnell; es dauerte vielleicht nur ein paar Sekunden, da erfolgte die zweite, und die dritte, würde ich vielleicht sagen, zwei, drei Minuten später.

Vors.:

Können Sie über die Verletzungen der andern Personen, die bei Ihnen gestanden haben, etwas angeben?

Zeugin Ra[schke]:

Ich weiß nur, daß Frau Weber einen unwahrscheinlichen Schock bekommen hat, und sie blutete auch etwas, ich glaube, an den Händen.

Dann: Herr Vömel hatte einige Schnittwunden, auch an den Händen, und ich glaube, etwas am Kopf - aber das war nicht so schlimm - und dann stand ja noch ein Busfahrer dabei, und der hatte auch einige Schnittverletzungen, wahrscheinlich durch das Glas.

Vors.:

Sonstige Fragen? Herr Berichterstatter?

Ich sehe, beim Gericht keine Fragen mehr.

Die Herrn der B. Anwaltschaft?

Herr B. Anwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Eine Frage hab ich nur:

Wissen Sie etwas darüber, ob die, die in die Rotunde gehen wollten und keine Angehörigen der Armee waren, kontrolliert wurden?

Zeugin Ra[schke]:

Es wurde niemand kontrolliert.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Danke schön.

[6381] Vors.:

Soll der Frau Zeugin die Skizze übergeben werden zur Beschreibung? Legt jemand Wert darauf? Ich glaube nicht. Wir kennen jetzt die Örtlichkeit.

Lichtbilder? Auch nicht gewünscht?

Keine Frage mehr bei den Herrn Verteidigern?

Die Zeugin Raschke wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.33 Uhr entlassen.

Ich möchte ausdrücklich zu Protokoll noch festgehalten haben, daß Herr RA Pfaff als Vertreter des Pflichtverteidigers[6], Herrn RA Dr. Heldmann, seit 9.16 Uhr nicht mehr an der Sitzung teilgenommen hat. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihn drauf hinweisen würden, daß natürlich die Pflicht für den Pflichtverteidiger besteht, anwesend zu sein;[7] das gilt auch für seinen Vertreter.

Wir sind am Ende des Vormittagsprogramms, wenn nicht zufällig ein Zeuge gekommen sein sollte, der für heute mittag vorgesehen ist. Ich glaube nicht in dieser Richtung.

Wir haben heute mittag noch zwei Zeugen.

Wir unterbrechen bis 14.00 Uhr.

Pause von 10.34 Uhr bis 14.03 Uhr.

Ende von Band 350.

[6382] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.03 Uhr

Die Angeklagten sind nicht anwesend.

Rechtsanwälte Pfaff und Eggler sind nunmehr auch[q] anwesend.

Rechtsanwalt Becker und Prof. Dr. Azzola sind nicht mehr[r] anwesend.

Als Zeugen sind anwesend:

Margarete Dechert

Horst Deimling

Vors.:

Wir setzen die Sitzung. Anwesend ist Frau Dechert und Herr Deimling. Ich darf noch feststellen,[s] Herr Rechtsanwalt Becker wird noch kommen?

RA Pfaff:

Ja[t]

Vors.:

Danke.

Die Zeugen Dechert und Deimling werden gem. § 57 StPO belehrt.

Die Zeugen Dechert und Deimling erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.

Der Zeuge Deimling verläßt um 14.05 Uhr den Sitzungssaal

Die Zeugin Dechert machte folgende Angaben zur Person:

Margarete Dechert, geb. am [Tag].[Monat].1920, Serviererin,

wohnhaft Frankurt, [Anschtift].

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie im Mai 1972 in Ihrem Beruf beschäftigt waren im Kasino des US-Hauptquatiers in Frankfurt, Terrace-Club?

Zeugin De[chert]:

Ja, am 11. Mai.

Vors.:

Wenn Sie uns gerade im Zusammenhang schildern wollten. Es hat sich da etwas besonders ereignet.

[6383] Zeugin De[chert]:

11. Mai 1972, 18.58 Uhr, zwei Minuten vor Sieben ist nach meiner Meinung eine Zeitzünderbombe losgegangen.

Vors.:

Wenn Sie uns vielleicht schildern würden, was Sie kurz zuvor getan haben, welche Beobachtungen Sie[u] gemacht haben?

Zeugin De[chert]:

Ich war im Diningroom.

Vors.:

Im Diningroom. War das Essen schon im Gange?

Zeugin De[chert]:

Bitte?

Vors.:

War das Essen schon im Gange?

Zeugin De[chert]:

Ich war im Diningroom, dann wollte ich eine Rechnung begleichen von einem Oberst, der gestorben ist.

Vors.:

Wie hieß der Oberst?

Zeugin De[chert]:

Bloomquist. Der sollte am anderen Tag nach Amerika, entweder am anderen Tag oder zwei Tage später. Und er sagt, ich muß da raus aus dem Hauptausgang, ich bezahle selber, weil mein Auto dort steht.

Vors.:

Sie haben also offenbar mit ihm an diesem Abend noch gesprochen?

Zeugin De[chert]:

Ja, er hat bei uns im Diningroom gegessen.

Vors.:

Wissen Sie, wie lange Zeit, bevor es nun zu diesem Ereignis kam, es war, als er das Lokal verlassen oder den Diningroom?

Zeugin De[chert]:

Ja, so um 17.30 Uhr kam er.

Vors.:

Und wann ging er etwa?

Zeugin De[chert]:

Er ging so kurz vor 19.00 Uhr. Da sind aber drüben im IG-Hochaus zwei Bomben gefallen bevor unsere kam.

Vors.:

Haben Sie das gewußt, daß es sich dort um Bomben handelt?

Zeugin Dech[ert]:

Nein, wir haben das nicht gewußt. Es wurde dunkel und da haben wir gedacht, irgendwie ein Gewitter kommt, und dann blitzte es auf, und klirrte, und dann haben wir bei uns auch die Bescherung gesehen; daß alles eingestürzt ist, vorne am Haupteingang, das Gelände - nicht - das Dach und alles ist eingestürzt.

Vors.:

Frau Dechert, es ist so, was Sie nicht selbst beobachtet und gesehen haben, sondern erst hinterher gehört haben, das müßten Sie uns deutlich machen. Also, wenn Sie sagen zwei Bomben, dann kann es ja wohl so sein, daß Sie zwar gehört haben, daß es zweimal knallte, aber daß es sich um Bomben gehandelt hat, werden Sie wohl erst später erfahren haben. Ist das richtig?

Zeugin De[chert]:

Ja, sehr richtig.

Vors.:

So sollten Sie es uns auch schildern und sagen, ich hörte es dann zweimal knallen. Später habe ich erfahren, daß es sich

[6384] - Rechtsanwalt Becker erscheint um 14.09 Uhr wieder[v] Sitzungssaal -

um Bomben handelte, nicht?

Zeugin De[chert]:

Ja, ist gut.

Vors.:

Nun schildern Sie also bitte von dem Zeitpunkt, ab dem dieser Oberst Bloomquist den Diningroom verlassen hat. Was hat sich da alles ereignet?

Zeugin De[chert]:

Ja, also dann ist die Lobby eingestürzt, das Dach ist runtergekommen. Erst der Ausgang, das Dach vom Ausgang und dann ist die Lobby, die Decke runtergefallen.

Vors.:

Haben Sie das selbst beobachtet?

Zeugin De[chert]:

Ja, und da bin ich dann durch und bin hinten raus, durch die Küche raus und bin so rum um das Kasino, und da habe ich den Bloomquist liegen sehen mit einer dicken Glasscheibe von unserer Tür in der Schlagader.

Vors.:

Oberst Bloomquist verläßt den Raum, haben Sie es dann knallen hören?

Zeugin De[chert]:

Bitte?

Vors.:

Haben Sie es knallen hören, nachdem er weg war?

Zeugin De[chert]:

Ich habe es knallen gehört.

Vors.:

Wie lange war er da schon unterwegs gewesen?

Zeugin De[chert]:

Fünf Minuten.

Vors.:

Und da mußte er wohl zu der Wechselstube um abzurechen, ist das richtig?

Zeugin De[chert]:

Das hat er getan und scheinbar wie er[w] rausging, ist er verletzt worden, beim Rausgehen.

Vors.:

Gut, jetzt hat es geknallt, wo waren Sie in dem Zeitpunkt?

Zeugin De[chert]:

Ich war noch in der Lobby, so halb im Diningroom und halb in der Lobby.

Vors.:

Das ist der Vorraum?

Zeugin De[chert]:

Ja. Empfangsraum.

Vors.:

Die Lobby meinen Sie, das ist also vorne dieser ...

Zeugin De[chert]:

Ja, der Empfangsraum, wo sich Leute aufhalten, wo auf jemanden warten; es sind so Sessel und Tische, kleine.

Vors.:

Waren denn dort noch mehrere Personen in diesem Zeitpunkt, immer noch vor dem es geknallt hat?

Zeugin De[chert]:

Nein, die Leute haben sich dann durch eine Tür rausgemacht, weil nur[x] eine Ausgangstür noch da war, die offen war.

Vors.:

Frau Dechert, Sie verstehen mich falsch. Der Oberst verläßt den Diningroom, es hat noch nicht geknallt, davon wollen wir [6385] jetzt noch sprechen, wie hat sich da die ganze Situation dargestellt? Waren da viele Personen in der Lobby?

[Zeugin Dechert]:

In der Lobby war niemand mehr.

Vors.:

Niemand?

Zeugin De[chert]:

Nein.

Vors.:

Und im Diningroom?

Zeugin De[chert]:

Und im Diningroom waren[y] noch ein paar Gäste.

Vors.:

Sie aber scheinen offenbar rausgeguckt zu haben?

Zeugin De[chert]:

Ja.

Vors.:

Aus welchem Grunde, hatten Sie einen besonderen Anlaß?

Zeugin De[chert]:

Das weiß ich nicht.

Vors.:

Wissen Sie nicht. Und jetzt sind Sie also noch halb im Diningroom sagen Sie, halb schon draußen, und da hören Sie es knallen. Ist das richtig?

Zeugin De[chert]:

Ja.

Vors.:

Jetzt erzählen Sie, was Sie dann alles gesehen haben, möglichst der Reihe nach.

Zeugin De[chert]:

Ja, wie soll ich verstehen, was ich gesehen habe?

Vors.:

Ja, es knallt, jetzt werden Sie sicher ...

Zeugin De[chert]:

Na, daß die Decke runtergekommen ist und ich bin dann fortgerannt und bin raus.

Vors.:

Sind Sie zum Haupteingang raus?

Zeugin De[chert]:

Nein, da konnte man ja nicht mehr raus, der war ja kaputt.

Vors.:

Wo sind Sie dann rausgegangen?

Zeugin De[chert]:

Ich bin hinten raus zur Küche gelaufen. Und in der Küche ist so ein Aufzug, wo man das Zeug rauf und runter fährt. Und das war die Tür, die noch auf war, da bin ich rausgerannt. Bin dann rumgegangen und hab geguckt und da habe ich den Oberst liegen sehen. Und es kam niemand zur Hilfe, weil sich[z] jeder ... scheinbar hatten sie Angst, daß noch eine losgehen könnte.

Vors.:

Sie sind also um das ganze Gebäude rumgelaufen?

Zeugin De[chert]:

Ja, so halb, nicht?

Vors.:

Halb, und wieder auf die Vorderseite gegangen?

Zeugin De[chert]:

Ja, zur Vorderseite.

Vors.:

Und wo sahen Sie nun den Oberst liegen?

Zeugin De[chert]:

Also unser Haupteingang ... vom Haupteingang ist eine Treppe, wo man runtergeht und da ist ein Weiher. Und bevor man runtergeht hat der Oberst ... also wenn ich hier bin, hat er rechts gelegen.

[6386] Vors.:

Also, wenn Sie vom Gebäude runtersehen zum Weiher, rechts an der Treppe oben.

Zeugin De[chert]:

Rechts und da ist so ein Gelände und hier ist die Stufe, von der Treppe, die oberste Stufe. Und so hat er gelegen, mit dem Gesicht so zu.

Vors.:

Mit dem Gesicht also auf die rechte Seite.

Zeugin De[chert]:

Ja, die Halsschlagader - gel - ist getroffen von dem Glas von der Tür.

Vors.:

Woher wußten ...

Zeugin De[chert]:

Da sind so Gitterchen[aa] in diesen dicken Glasscheibe, ja?

Vors.:

Ja. Haben Sie Glas gesehen in der Wunde oder wie kommen Sie ...?

Zeugin De[chert]:

Nein, aber ich habe es so gesehen, daß es so direkt dringesteckt hat.

Vors.:

Sind Sie sich darüber sicher[bb], daß Sie einen Gegenstand in der Wunde beobachten konnten?

Zeugin De[chert]:

Ja, also ich war entfernt - hier hat er gelegen - und da habe ich gestanden.

Vors.:

Sind Sie sicher, daß Sie die Wunde sehen konnten?

Zeugin De[chert]:

Na, also Blut haben wir gesehen, das was so raus ... ja?

Vors.:

Blut.

Zeugin De[chert]:

Rot haben wir gesehen, rotes Zeug ...

Vors.:

Eben, aber ...

Zeugin De[chert]:

... das war Blut.

Vors.:

... weil Sie sagen, Sie hätten ein Glassplitter gesehen.

Zeugin De[chert]:

Naja, also wie soll ich sagen. Er liegt so da und da hat man Glas gesehen, das da gesteckt hat, im Hals ... am Hals.

Vors.:

Sonstige Beobachtungen die Sie dann noch gemacht haben?

Zeugin De[chert]:

Weiter nicht. Wir mußten dann uns etwas entfernen, weil es hieß, dann kam die Polizei und hatte abgesperrt, hat uns weggejagt und haben, ich weiß ja nicht, wie man das nennt, noch nach mehr Bomben gesucht, oder ich weiß ja nicht, wie Sie das nennen, so mit einem Ding da rumgelaufen und haben geguckt.

Vors.:

Wie nahe sind Sie denn dem Körper des verletzten Obersten gekommen ...

RA Be[cker]:

Die Frage ist beantwortet bereits, gerade erzählt.

Vors.:

In Metern?

Zeugin De[chert]:

Ach Gott, das weiß ich nicht in Meterzahl.

Vors.:

Nur ungefähr?

Zeugin De[chert]:

Also Meterzahl kann ich Ihnen nicht sagen.

[6387] Vors.:

Es ist so, daß Sie, das halte ich Ihnen aus Bd. 87, Bl. 198 vor, früher gesagt haben. Sie hätten beim Herauslaufen sich noch umgeblickt und hätten dann eine männliche Person gesehen. Wie groß die Entfernung gewesen sei von Ihrem Standort zu dieser Person, wüßten Sie nicht, Sie seien dann sofort zum Verlassen des Geländes aufgefordert worden. Davon, daß Sie dieser Person nahegekommen wären oder gar die Ursache der Verletzungen am Körper hätten selber feststellen können, da war keine Rede davon früher.

RA Be[cker]:

Wie heißt jetzt der Vorhalt?

Vors.:

Das was ich gerade gesagt habe. Verstehen Sie, Frau Dechert, wir müssen dafür sorgen, daß Sie nicht jetzt etwas, was Sie vielleicht nachträglich erfahren haben, nun als Ihre Beobachtung wiedergeben, wenn Sie es nicht gesehen haben.

Zeugin De[chert]:

Nein, ich habe ihn liegen sehen, das stimmt.

Vors.:

Gut, ihn liegen sehen, aber Sie sagten ...

Zeugin De[chert]:

Ich habe auch das Blut gesehen, wie es geflossen ist, also rotes Zeug.

Vors.:

Ja, nun Blut ist im allgemeinen rot. Aber jetzt sagten Sie doch zusätzlich, Sie hätten sogar Glassplitter in der Wunde erkennen können. Stimmt denn das wirklich?

RA Be[cker]:

Was heißt [cc] hier „stimmt das wirklich“ ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich möchte Sie bitten, daß Sie Fragen korrekt ... entweder beanstanden, aber nicht ständig zu ...

RA Be[cker]:

Ich beanstande die Frage.[8] Die Zeugin hat mehrfach darauf geantwortet, hat das auch gesagt. Sie können Sie sie zu anderen Sachen fragen. Aber Sie können nicht immer wieder fragen, stimmt das wirklich.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich bin der Überzeugung, daß ich die Pflicht habe, eine Zeugin, die möglicherweise sich irrt, davor zu schützen, daß sie irgendeine falsche Bekundung[dd] abgibt. Ich glaube nicht nur, daß ich es kann, sondern daß ich es muß.

RA Be[cker]:

Aber nicht so.

Vors.: (nach geheimer Umfrage)

Der Senat hat beschlossen:

Die Frage ist zulässig.

Frau Zeugin, bitte überlegen Sie sich, Sie stehen hier unter der Wahrheitspflicht. Sie dürfen also nicht etwas zufügen, was Sie möglicherweise nicht beobachtet haben. Ich behaupte das nicht. Aber es fällt mir auf, daß das in Ihren früheren Aussagen nicht enthalten ist, daß Sie so nahe zu dem Opfer gekommen wären, daß [6388] Sie hätten erkennen können, welche Ursache für die Wunde vorhanden gewesen wäre.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich beanstande diesen Vorhalt. In der Aussage der Zeugin steht hierzu nichts negatives über die Distanz zu dem Körper, drin.

Vors.:

Ich habe gesagt, Herr Rechtsanwalt, vielleicht, das zu Ihrer Unterrichtung im Augenblick, daß ich der Zeugin vorhalten möchte, daß solche Aussagen von ihr nicht gemacht worden seien.

RA Be[cker]:

Die haben sich auf die Distanz bezogen und da ein Unterschied konstruiert ...

Vors.:

Ich habe mich bezogen auf die Ursache der Wunde.

RA Be[cker]:

... nichts genaues gesagt worden.

Vors.:

Ich habe mich bezogen auf die Ursache der Wunde im Augenblick. Ich habe nichts von der Distanz mehr gesprochen, sondern von der Verursachung[ee] der Wunde.

RA Be[cker]:

Hören Sie es doch im Protokoll nach.

Vors.: (nach geheimer Umfrage)

Der Senat hat beschlossen:

Der Vorhalt ist zulässig.

Frau Dechert, kann es sein, daß Sie sich irren, wenn Sie heute angeben, Sie hätten Glassplitter in der Wunde gesehen?

Zeugin De[chert]:

Ja, also ich habe nur etwas gesehen, was hier drin gesteckt hat, mehr kann ich nicht sagen, und das stimmte. Wir haben es auch in den Nachrichten gehört, was ich gesehen hab.

Vors.:

Haben Sie, Frau Dechert, noch irgendwelche Beobachtungen gemacht hinsichtlich anderer Verletzter, daß sonstige Personen verletzt worden wären?

Zeugin De[chert]:

Nein, ich weiß nur noch, daß eine Kollegin von mir, die in dem Häuschen drin ist, als Hauptkassiererin, die durch das Fenster rausgeholt worden ist von unserer Night-Manager.

Vors.:

Sie selbst wurden wohl nicht verletzt?

Zeugin De[chert]:

Ich selbst, nein. Ich habe einen kleinen Schock gehabt und das war alles. Mich hat dann ein Oberst mit nach Hause genommen - drei Tage - und hat mich in seiner Wohnung aufbewahrt und eben ein bißchen gepflegt.

Vors.:

Wie lange kannten Sie Herrn Bloomquist schon?

Zeugin De[chert]:

Der kam zum Wochend immer zu uns und jetzt da, weil er nach Amerika geht, wohnt er ja in dem ... in dem Hotel, drei Tage, und da war er bei uns als Gast zum Essen.

Vors.:

Und Sie sind sich sicher oder bzw. muß Sie fragen, sind Sie sich [6389] sicher, daß der Verletzte Herr Bloomquist gewesen ist?

Zeugin De[chert]:

Ja, das war er.

Vors.:

Sonstige Fragen? Bitte, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Sie sagen, Frau Dechert, in dem Diningroom befanden sich ein paar Gäste. Wieviel waren das etwa, eine Zahl dafür?

Zeugin De[chert]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Was verstehen Sie unter ein paar Gästen? Sind das 3 oder 10 oder ...?

Zeugin De[chert]:

Ein paar Tische waren besetzt.

Richter Mai[er]:

Das können Sie mir also nicht näher sagen?

Zeugin De[chert]:

Bitte?

Richter Mai[er]:

Das können Sie mir nicht näher sagen?

Zeugin De[chert]:

Nein, das kann ich nicht mehr, das ist zu lange her.

Richter Mai[er]:

Kennen Sie einen Herrn Hunt?

Zeugin De[chert]:

Ja, das war unser Night-Manager.

Richter Mai[er]:

Haben Sie den gesehen, bevor es knallte; in der Lobby, in der Sie ja auch waren, wie Sie sagen. Haben Sie ihn dort nicht gesehen?

Zeugin De[chert]:

Ja, der hat ja meine Kollegin aus dem Fenster rausgeholt.

Richter Mai[er]:

Nachdem es geknallt hatte; aber vorher?

Zeugin De[chert]:

Weiß ich nicht, denn die halten sich ja meistens im Zimmer auf.

Richter Mai[er]:

Ja, danke.

Vors.:

Sonstige Fragen beim Gericht? Sehe ich nicht. Die Herren von der Bundesanwaltschaft? Keine Fragen. Die Herren Verteidiger? Keine Meldung. Jetzt muß ich nur feststellen, Sie heißen „Dechert“, nicht? Sie werden falsch ...

Zeugin De[chert]:

Ja, und hier Deckert drauf, das ist ein Druckfehler, mit „ch“.

Die Zeugin[ff] Dechert wurde vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 14.22 Uhr entlassen.

Der Zeuge Horst Deimling erscheint um 14.23 Uhr im Sitzungssaal

Vors.:

Herr Deimling, bitte nehmen Sie Platz.

[6390] Der Zeuge Deimling macht folgende Angaben zur Person:

Horst Deimling, 41 Jahre,

Kraftfahrer, Oberasbach,

[Anschrift].

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert,

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Deimling, haben Sie im Mai 1972 im US-Hauptquatier in Frankfurt einige Detonationen erlebt?

Zeuge Dei[mling]:

Ja.

Vors.:

Können Sie uns schildern, was Sie an diesem Abend getan haben kurz zuvor, und wie es dazu kam, daß Sie Beobachtungen gemacht haben und welcher Art diese Beobachtungen waren?

Zeuge Dei[mling]:

Ich hatte eine Wochendfahrt von Wiesbaden, Frankfurt, Hanau, Heidelberg und Kaiserslautern nach Paris und hatte in Wiesbaden 6 Leute geladen, amerikanische Angehörige und wollte dann in Frankfurt noch zuladen; war aber in Frankfurt mit der Zeit noch zu früh, die Leute waren noch nicht alle da. Dann habe ich noch ein Weilchen gewartet, der Reiseleiter und Reiseleiterin, und ein Fräulein vom Büro die waren noch dabei. Und wie die Leute alle da waren, da sagt die Reiseleiterin, ich spendier noch eine Runde Zigaretten. Es ist sowieso die letzte Fahrt, die ich heute mache. Und in dem Moment gab es einen unheimlichen Schlag, die Scherben flogen in der Gegend rum. Und eine Weile drauf, da gab es den zweiten Schlag, da sind wir dann geflüchtet, Richtung Treppe hoch, oben durch den langen Flur und zum Hinterausgang. Und wie mir dann zum hinteren Ausgang rauswollten, da gab es den dritten Schlag, dann kamen da die Scherben angeflogen. Ja, und ...

Vors.:

Das war alles?

Zeuge Dei[mling]:

Das war alles.

Vors.:

Herr Deimling, zunächst mal, in welchem Gebäude haben Sie gewartet?

Zeuge Dei[mling]:

Vorne im Hauptgebäude an der Wache vorne, am MP.

Vors.:

An der Wache, da ist so ein, wie wir heute früh gehört haben, man sagt MP-Desk. Ist es das, was Sie meinen?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, ja.

Vors.:

Wie viele Personen haben da gestanden?

[6391] Zeuge Dei[mling]:

Es waren zwei Mann von der MP, mir waren mit vier Mann.

Vors.:

Vier Mann ist vielleicht nicht ganz richtig.

Zeuge Dei[mling]:

Also zwei Frauen und wir mit zwei Männer.

Vors.:

Ja, zwei Frauen, zwei Männer dazu. Die Namen sind Ihnen noch geläufig?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, den einen, der Vömel.

Vors.:

Der Herr Vömel, und die beiden Frauen?

Zeuge Dei[mling]:

Und die ... Christa hieß die eine, den Nachnamen kann ich nicht mehr sagen.

Vors.:

Angerstein?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, Angerstein auch noch, ja.

Vors.:

Und die zweite Frau?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, die von Büro - wie hieß die noch schnell - die ...

Vors.:

Raschke, sagte Ihnen der Name was?

Zeuge Dei[mling]:

Raschke, ja Raschke.

Vors.:

Sie standen dort ... Standen Sie, wenn man den Tisch, den Desk betrachtet, mehr dem Windfang zu oder mehr den Treppen zu?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, wir standen ziemlich in der Ecke drin. Der Pult stand hier, muß sagen hier so rechts an der Ecke, wir standen so am Pult vorbei.

Vors.:

Aha, in der Ecke dem Windfang zu ...

Zeuge Dei[mling]:

Ja, ja.

Vors.:

... wenn ich Ihre Zeichnung hier auf dem Pult richtig verstehe. Und wissen Sie noch welche Uhrzeit das ungefähr gewesen sein könnte?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, kurz vor 19.00 Uhr.

Vors.:

Kurz vor 19.00 Uhr. Wieso standen Sie dort, hat es nichts zu tun gegeben mit Ihrer Fahrt, mit den Passagieren und so?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, ich hatte, die Koffer hatten wir schon eingeladen und dann haben wir gewartet, da waren noch Leute unterwegs, die noch nicht da waren.

Vors.:

Und was war denn mit den Leuten, deren Gepäck schon eingepackt war, waren die anwesend oder ...?

Zeuge Dei[mling]:

Die waren im Omnibus drin.

Vors.:

Es saßen also im Omnibus Leute?

Zeuge Dei[mling]:

Ja.

Vors.:

Wieviel waren das ungefähr?

Zeuge Dei[mling]:

Das waren die 6 Mann von Wiesbaden und ungefähr 4 Mann von Frankfurt.

Vors.:

Haben Sie nun zu dieser Zeit noch ein anderes Fahrzeug gesehen, dort in der Gegend, vor dem Eingang?

[6392] Zeuge Dei[mling]:

Ja, da fahren so viele Fahrzeuge rum.

Vors.:

Sie haben also kein bestimmtes Fahrzeug jetzt mehr im Gedächtnis?

Zeuge Dei[mling]:

Nein, nein.

Vors.:

Sie stehen also dort zu sechst, insgesamt, wenn man die zwei Militärpolizisten dazu zählt, es ist kurz vor 19.00 Uhr und jetzt wird gesagt, noch eine Runde Zigaretten, als wir rauchen noch eine, und Sie hören dann einen Knall, so sagten Sie, nicht?

Zeuge Dei[mling]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie irgendwelche Beobachtungen gemacht, wo es geknallt hat?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, Beobachtungen hätte ... hinter der Wand ist in der Ecke, wenn man von draußen reinkommt, ist eine Telefonzelle, da in der Gegend hätte es sein können.

Vors.:

Demnach, was Sie beobachtet haben oder was Sie später sahen?

Zeuge Dei[mling]:

Nein, weil ich beobachtet habe.

Vors.:

Und Sie sagten, es hat dann bald wieder geknallt. Können Sie sagen, wie lange das gedauert hat?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, das waren vielleicht, ungefähr 5 Minuten. Nein, noch nicht, 2 Minuten vielleicht.

Vors.:

Zwischen dem ...

Zeuge Dei[mling]:

Dem ersten und dem zweiten.

Vors.:

Und wo hat sich der zweite Knall ereignet?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, auch ungefähr an der gleichen Stelle.

Vors.:

Also auch da vorne in diesem Windfang?

Zeuge Dei[mling]:

Die zwei MP-Männer, die sind nach dem ersten Knall, sind die raus. Und in dem Moment, wo die raus gingen, kamen die auch schon wieder zurückgeflogen durch den zweiten Knall.

Vors.:

Und Sie meinen 2 Minuten hätte das gedauert haben können?

Zeuge Dei[mling]:

Ungefähr, es kann auch weniger gewesen sein.

Vors.:

Was wäre denn das Geringste, was Sie annehmen würden an Zeit?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, 5 Sekunden bis 1 Minute ungefähr.

Vors.:

Das ist natürlich ein deutlicher Unterschied zu den 5 Sekunden bis eine Minute oder zwei Minuten. Würden Sie es in Sekunden lieber bezeichnen?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, ich würde mal sagen 1 Minute ungefähr.

RA Be[cker]:

60 Sekunden ...[gg]

Vors.:

Sie sind jetzt auf die Hälfte runtergegangen. Herr Deimling, welche Folgen hat das gehabt, bei dieser Gruppe, die dort stand, als diese Detonationen[hh] erfolgten. Haben Sie irgendwelche Beobachtungen gemacht?

[6393] Zeuge Dei[mling]:

Ja, es waren einige Verletzte. Ich war ja auch verletzt, aber leichte Verletzungen, Glasverletzungen, Kleider kaputt und der eine MP-Mann, der hatte, soviel wie ich sehen konnte, die Schlagader aufgeschnitten, weil der ja flach in die Scherben reingeflogen war. Und die eine, die hatte eine Kopfverletzung, von der Reiseleiterin Angerstein, oder wie sie sich schrieb, und der Vömel, der hatte auch einige Verletzungen am Kopf.

Vors.:

Sie selbst scheinen dann nicht ernstlich verletzt worden zu sein, so wie Sie sich ausdrücken?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, ernstlich war es nicht. Ich hatte nur ein paar kleine Glasscherben auf dem Kopf, am Ellenbogen und unten am Knöchel.

Vors.:

Bedurfte das einer längeren ärztlichen Behandlung oder überhaupt einer ärztlicher Behandlung?

Zeuge Dei[mling]:

Nein, ich bin nach dem, wo ich zu Hause war, bin ich beim Arzt gewesen, weil ich hatte hier immer noch ein Glassplitter im Arm drin, und den hatten die in Frankfurt rausgemacht mit einer Schere. Aber ich dachte immer, da wäre noch was drin. Da hat er nachgesehen, war aber nichts mehr drin.

Vors.:

Sie scheinen Ihre Fahrt trotzdem durchgeführt zu haben, weil Sie sagen, als ich wieder zu Hause war?

Zeuge Dei[mling]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie sonstige Beobachtungen im Zusammenhang mit diesen Explosionen gemacht, die zwei Explosionen die sich ereignet haben?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, da kam ich ja nicht mehr dazu. Es wurde ja gleich demnach abgesperrt. Der Omnibus, der lag voll Scherben, da waren ja auch einige Beschädigungen dran.

Vors.:

Nämlich?

Zeuge Dei[mling]:

Die ganze rechte Seite, die war demoliert; Leisten waren kaputt und die Tür vorne, die stand auf. Der Omnibus, der lag so voll Glas ungefähr, die Kofferräume waren voll Glas.

Vors.:

Ist irgendjemandem[ii], der im[jj] Omnibus gesessen hat, was passiert? Wissen Sie das?

Zeuge Dei[mling]:

Nein.

Vors.:

Haben die Scheiben gehalten?

Zeuge Dei[mling]:

Die Scheiben haben gehalten, ja.

Vors.:

Gut, jetzt haben Sie gesagt, Sie seien dann zum Hinterausgang rausgegangen, nicht und jetzt erleben Sie noch eine dritte Detonation.

[6394] Zeuge Dei[mling]:

Dann kam die dritte und dann flogen von hinten mir die Fenster rein. Wir waren oben in dem langen Gang, da ist nochmal so ein langer Flur oben.

Vors.:

Sie hatten das Gebäude noch nicht verlassen?

Zeuge Dei[mling]:

Nein, das Gebäude hatten wir noch nicht verlassen.

Vors.:

Wie lange hat das etwa gedauert zwischen der zweiten Detonation und der dritten?

Zeuge Dei[mling]:

Naja, die kam auch kurz ... wir waren gerade so von unten nach oben gelaufen waren.

Vors.:

Zeitlich, wie würden Sie das ...?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, auch 1 Minute ungefähr.

Vors.:

Haben Sie noch irgendwie weiter beobachtet, wo da diese Sache explodiert ist?

Zeuge Dei[mling]:

Nein, das habe ich nicht.

Vors.:

Sie sprachen davon, früher bei Ihrer Vernehmung - das steht in Blatt 191 des Bd. 86 - „als ich mit meinem Bus angefahren bin, standen vor dem Eingang eine Menge Leute.“ Was bedeutete das?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, es sollten ja noch mehrere Busse ... von uns wurden noch ein[kk] Bus erwartet, also von[ll] „Hotelplan“[mm] und von „Amexko“ auch noch.

Vors.:

Das sind also Reiseteilnehmer gewesen?

Zeuge Dei[mling]:

Reiseteilnehmer, ja.

Vors.:

Die scheinen sich auch bis zum Zeitpunkt dieser Explosion dann entfernt gehabt zu haben?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, ich nehme stark an ...

Vors.:

Sie sagen jedenfalls ...

Zeuge Dei[mling]:

... ich habe sie nicht mehr gesehen.

Vors.:

Haben Sie noch in Erinnerung, daß Ihnen irgendein Fahrzeug im Zusammenhang mit diesen Vorgängen noch aufgefallen ist?

RA Be[cker]:

Ich beanstande diese Frage. Die Frage ist bereits beantwortet. Der Zeuge hat vorher ausdrücklich auf Ihre Frage geantwortet: „Andere Wagen habe ich nicht beobachtet“.

Vors.:

In der Auffahrt, ja. Danach war damals meine Frage gerichtet, ob er ...

RA Be[cker]:

Sie können es auch nochmal zurückspulen.

Vors.:

... Omnibus das gesehen hätte. Ich möchte Ihnen nicht gleich ein Vorhalt in diese Richtung machen. Können Sie zu irgendwelchen Fahrzeugen im Zusammenhängen mit diesen Vorgängen noch etwas sagen?

[6395] Zeuge Dei[mling]:

Ja, da sind einige PKW’s hingefahren, sind danach wieder weggefahren.

Vors.:

Ist Ihnen irgendeiner besonders aufgefallen?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, ich habe damals, habe ich so einen alten VW da[nn] gesehen[oo], aber ob das ...

Vors.:

Was war mit dem alten VW?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, da sind zwei Mann ausgestiegen und sind in das Gebäude rein und sind auch gleich wieder raus und sind dann weg.

Vors.:

Wissen Sie noch, was der VW für eine Farbe hatte?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, so graugrün, so ungefähr.

Vors.:

Sie sprechen jetzt von einem alten VW, was bedeutet das?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, so ein älteres Baujahr um die 60iger Jahre rum.

Vors.:

War das lange bevor es zu dem Knall kam?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, das war ungefähr - ich war noch am Omnibus dran - so ungefähr 18.45 Uhr.

Vors.:

Wie lange hat es dann noch gedauert, nach Ihrer Meinung, bis es zur ersten Detonation kam?

Zeuge Dei[mling]:

Ja, so 10 Minuten ungefähr.

Vors.:

Haben Sie diese Personen selbst beobachtet?

Zeuge Dei[mling]:

Die habe ich nicht beobachtet.

Vors.:

Nicht beobachtet?

Zeuge Dei[mling]:

Nein.

Vors.:

Könnten Sie sie beschreiben?

Zeuge Dei[mling]:

Könnte ich nicht.

Vors.:

Bitte, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Deimling, Sie sagen, Sie standen etwa zu sechst am dem MP-Desk?

Zeuge Dei[mling]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Waren Sie die einzigen Personen in der Vorhalle?

Zeuge Dei[mling]:

Wir waren die einzigen.

Richter Mai[er]:

Sie haben früher einmal der Polizei ... bei der Polizei gesagt - ich halte Ihnen das vor aus Ord. 86, Bl. 193 -: „Soweit ich mich heute noch erinnere, dürften sich während meines Aufenthalts am Informationsstand ca. 15 Personen in der Vorhalle aufgehalten haben.“ Wissen Sie heute nicht mehr?

Zeuge Dei[mling]:

Das weiß ich heute nicht mehr.

Richter Mai[er]:

Danke.

[6396] Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Bei Gericht nicht.

Bundesanwaltschaft? Nicht. Herr Bundesanwalt Zeis, bitte.

OStA Z[eis]:

Ich habe eine Frage, Herr Vorsitzender. Herr Deimling, wie lange dauerte es oder wie lange waren Sie am Informationsstand, als es dann zu dieser ersten Detonation kam?

Zeuge Die[mling]:

Vielleicht 5 Minuten.

OStA Z[eis]:

Gut, danke, keine weiteren Fragen.

Vors.:

Dann glaube ich könnten wir den Herrn Zeugen vereidigen.

Ich bitte alle Anwesenden, auch die, die sich vorhin nicht erheben wollten, das zu tun bei der Vereidigung.

Der Zeuge Deimling wurde vorschriftsmäßig vereidigt und im[pp] allseitigen Einvernehmen um 14.36 Uhr entlassen.

Wir sind bereits am Ende des Beweisprogrammes, das sich heute sehr rasch abgewickelt hat. Wir setzen die Sitzung morgen früh um 9.00 Uhr fort, weiter mit dem Zeugen Hoff.

Ich darf vielleicht die Beteiligten noch darauf hinweisen, insbesondere auch[qq]die Verteidiger von Frau Meinhof, daß Frau Meinhof seit dem 29.1. in Unterbrechung der Untersuchungshaft sich jetzt in Strafhaft befindet, zur Vollstreckung des Berliner Urteils.[9]

Ende der Sitzung um 14.37 Uhr

Ende Band 351


[1] Andreas Baader wurde am vorigen Verhandlungstag wegen ordnungswidrigen Benehmens nach § 177 GVG i.V.m. § 231b Abs. 1 StPO bis zum Ende des Monats Februar von der Hauptverhandlung ausgeschlossen (S. 6268 f. des Protokolls der Hauptverhandlung, 70. Verhandlungstag). Die übrigen Angeklagten hätten an der Hauptverhandlung teilnehmen können. Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[3] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[4] Das I.G.-Farben-Haus in Frankfurt am Main entstand zwischen 1928 und 1931 im Auftrag der Interessen-Gemeinschaft Farbenindustrie Aktiengesellschaft (I.G. Farben), die sowohl an der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Rüstungspolitik als auch an der Zwangsarbeit und der Vernichtung von KZ-Häftlingen beteiligt war. Nach Kriegsende beherbergte das Haus den Hauptsitz der amerikanischen Militärverwaltung. 1951 zog das 5. amerikanische Armeekorps ein (Jeßberger, JZ 2009, S. 924, 925; Stokes, in Lillteicher [Hrsg.], Profiteure des NS-Systems?, 2006, S. 45, 48 ff.).

[5] Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung sah § 59 StPO a.F. die Vereidigung von Zeug/innen noch als Regelfall vor, wenn nicht ein Vereidigungsverbot (§ 60 StPO a.F.) vorlag. Nach § 61 StPO a.F. konnte das Gericht zudem in Ausnahmefällen von der Vereidigung absehen. Im Unterschied dazu bestimmt der heutige § 59 Abs. 1 Satz 1 StPO, dass eine Vereidigung nur dann erfolgt, wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage nach seinem Ermessen für notwendig hält.

[6] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Auch zuvor gewählte Verteidiger/innen können als Pflichtverteidiger/innen bestellt werden.

[7] Da die Beiordnung als Pflichtverteidiger/in dem öffentlichen Interesse dient, dafür zu sorgen, dass Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhalten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242), gehen mit ihr besondere Pflichten einher. Darunter fällt auch die Anwesenheitspflicht während der Hauptverhandlung, und zwar unabhängig davon, ob weitere (Pflicht-)Verteidiger/innen anwesend sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2015 - Az: 2 Ws 203/15, NStZ 2017, S. 436, 437 f.).

[8] Über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet - soweit der/die Vorsitzende sie nicht bereits nach § 241 Abs. 2 StPO zurückweisen kann (insbesondere eigene Fragen sowie solche der beisitzenden Berufsrichter/innen) - gem. § 242 StPO das Gericht, das ist in diesem Fall der Senat in voller Besetzung (zur Anwendbarkeit des § 242 StPO auf Fragen von Berufsrichter/innen s. Schünemann, StV 1993, S. 607 ff.).

[9] Ulrike Meinhof wurde vom LG Berlin mit Urteil vom 29.11.1974 wegen ihrer Beteiligung an der Befreiung von Andreas Baader aus der Haft am 14. Mai 1970 zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von acht Jahren verurteilt (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 95 ff.).


[a] Handschriftlich ergänzt: Staatsschutzorgane

[b] Handschriftlich durchgestrichen: erklärten

[c] Maschinell eingefügt: sich

[d] Handschriftlich eingefügt: die

[e] Maschinell durchgestrichen: amtlicher

[f] Maschinell eingefügt: bestellter

[g] Maschinell durchgestrichen: da

[h] Maschinell eingefügt: Junior High School

[i] Maschinell eingefügt: zur Einsicht

[j] Maschinell eingefügt: bekannt geben

[k] Maschinell durchgestrichen: sich

[l] Handschriftlich eingefügt: Mc Carey

[m] Maschinell durchgestrichen: diese

[n] Maschinell eingefügt: im allseitigen Einvernehmen

[o] Maschinell durchgestrichen: wieder

[p] Maschinell durchgestrichen: irgend

[q] Maschinell eingefügt: nunmehr auch

[r] Maschinell eingefügt: mehr

[s] Maschinell eingefügt: Ich darf noch feststellen,

[t] Maschinell eingefügt: RA Pfaff.: Ja

[u] Maschinell eingefügt: Sie

[v] Maschinell eingefügt: wieder

[w] Handschriftlich eingefügt: er

[x] Maschinell eingefügt: nur

[y] Handschriftlich ergänzt: waren

[z] Maschinell eingefügt: sich

[aa] Maschinell ersetzt: So geht das ni durch Da sind so Gitterchen

[bb] Handschriftlich eingefügt: sicher

[cc] Maschinell durchgestrichen: den

[dd] Handschriftlich ersetzt: Begründung durch Bekundung

[ee] Handschriftlich ersetzt: Ursache durch Verursachung

[ff] Handschriftlich ersetzt: Zeugen durch Zeugin

[gg] Handschriftlich von oben eingefügt: RA Be.: 60 Sekunden...

[hh] Maschinell ergänzt: Detonationen

[ii] Maschinell ergänzt: irgendjemandem

[jj] Handschriftlich eingefügt: im

[kk] Maschinell eingefügt: ein

[ll] Handschriftlich ersetzt: vom durch von

[mm] Handschriftlich ersetzt: Hotel... durch „Hotelplan

[nn] Handschriftlich eingefügt: da

[oo] Handschriftlich ersetzt: gewesen durch gesehen

[pp] Maschinell eingefügt: im

[qq] Handschriftlich ersetzt: auf durch auch