58. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 17. Dezember 1975, 9.03 Uhr



[5252] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Mittwoch, den 17. Dezember 1975, 9.03 Uhr.

- 58. Verhandlungstag -

Gericht und Bundesanwaltschaft erscheinen in derselben Besetzung wie am 1. Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

JOS Janetzko

Just. Ass. Clemens

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind erschienen:

Rechtsanwälte Dr. Heldmann, Becker (als amtl. best. Vertreter[2] von Rechtsanwalt Schily) Künzel, Schnabel, Schwarz, König, Linke und Grigat.

Als Zeugen sind anwesend:

POM Ulf-Jörg Millhahn

POM Rainer Freiberg

POM Dieter Haukje

POM Claus Emmen

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort.

Zur Anwesenheit ist zunächst festzustellen: Herr Rechtsanwalt Becker, Sie vertreten wieder Herrn Rechtsanwalt Schily; Begründung bitte.

RA Be[cker]:

Begründung ist, daß Herr Schily durch ein anderes Mandat verhindert ist.

Vors.:

Ja, Herr Rechtsanwalt Becker, es ist natürlich so, es fällt uns auf, gerade während der Beweisaufnahme die die[a] Mandantin von Herrn Rechtsanwalt Schily betrifft, ist das Fehlen doch etwas erstaunlich drei Tage hintereinander. Also ich nehme das heute hin. Aber ich bitte doch darauf hinzuwirken, daß Herr Rechtsanwalt Schily seiner Aufgabe hier primär nachkommt[3] und nicht jetzt in einer Reihe von 3 Tagen durch Sie vertreten wird.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich bin in die Sache eingearbeitet und bin amtlich bestellter Vertreter von Herrn Schily. Sie wissen genau, daß Herr Schily auch hier wieder herkommt. Es ist aber durchaus möglich, daß ich also hier auch für eine ganze [5253] Sitzungswoche hier als Vertreter auftrete.

Vors.:

Gewiß, das läßt sich sicher nicht vermeiden, etwa in Krankheitsfällen und dergleichen. Aber jetzt, wo die Beweisaufnahme speziell Frau Ensslin gilt, ist die Frage doch sehr deutlich zu stellen, ob es wirklich korrekt ist, ein anderes Mandat vorzuziehen, zumal unsere Beweisaufnahme hier längst bekannt war. Und Sie haben vielleicht die Gespräche nicht mitgemacht, die wir zu diesem Punkt geführt haben. Der Senat hat es immer klar zum Ausdruck gebracht, Pflichtverteidiger[4] ist zunächst der bestellte Verteidiger, und der amtlich bestellte Vertreter hat das Recht, in Verhinderungsfällen einzuspringen.[5] Aber das soll keine Dauervertretung werden, wie sie hier jetzt offenbar sich [b] ein bißchen anbahnt, jedenfalls in dieser Woche.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich meine, ich will das nicht länger vertiefen. Aber mit der Dauervertretung würde ich etwas andere Maßstäbe anlegen als Sie, zumindestens nicht mit zwei Tagen. Ich kann Ihnen aber sagen, daß ich die ganze Woche da sein werde, also auch morgen.

Vors.:

Also für heute jedenfalls genehmige ich Ihre Vertretung. Herr Rechtsanwalt Schlaegel hat sich für erste Stunde entschuldigt. Technische Hinweise: Wir haben am Montag, den 22.12. 1975, noch den Zeugen Suckow[c] vorgesehen. Der Zeuge Suckow[d] ist der Mann, der die[e] Fotografie hergestellt hat über die gestern gesprochen worden ist, diesen Klebestreifen auf einem Schlüsselasservat. Er hat also nur zu diesem Punkt eine ganz kurze Aussage zu machen (maßgeblich für seine Vernehmung Ord. 68, Bl. 202 und 203). Dann sind gestern seitens der Herrn Verteidiger Mitteilungen gemacht worden, wie die Angeklagten sich die Sacheinlassung[6] vorstellen. Es ist gestern die Terminsverfügung bis zum Beginn des Monats März hergestellt worden. Sie geht Ihnen heute noch zu. Aber um gleich die Vorstellungen, wie wir uns mit der Sacheinlassung sich die Sache denken, hier zu unterstützen, möchte ich die Ziff. 1 dieser Terminsverfügung bekanntgeben.

Die Ziffer I der Terminsverfügung vom 16.12.1975 - Bl. 129/71 der Hauptakten - wurde verlesen.

- siehe Anl. 01 des Protokolls -

[5254][7] [5255] Vors.:

Es ist sicher, daß die Angeklagten heute von diesen Zeitvorstellung des Senats noch Kenntnis erlangen und sich danach einrichten können, ob ihnen diese Woche ab dem 12.1. ausreicht.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ist es eine Frage gewesen an uns ...

Vors.:

Nein, das ist ...

RA Be[cker]:

... ob das sicher ist oder wollen Sie das heute noch rüberreichen?

Vors.:

Das wird heute rübergereicht.

Dann haben wir jetzt vier Zeugen hier anwesend, Herrn Millhahn, Herrn Freiberg, Herrn Haukje und Herrn Emmen. Ich muß die Herrn Zeugen - gesetzlichen Pflicht gemäß - auf ihre Wahrheitspflicht hinweisen. Sie ...

RA Be[cker]:

Ich bitte, die Zeugen nochmal aus dem Saal zu schicken, weil ich ...

Vors.:

Nein, jetzt möchte ich zunächst die Belehnung zu Ende bringen.

RA Be[cker]:

Nein. Ich möchte genau zur Belehrung einen Antrag stellen.

Vors.:

Zur Belehrung der Zeugen?

RA Be[cker]:

Ja.

Vors.:

In welchem Zusammenhang?

RA Be[cker]:

Das werde ich Ihnen nicht erzählen, so lange die Zeugen noch da sind.

Vors.:

Ich habe also bis jetzt noch nie in meiner Praxis das erlebt, was Sie jetzt vorhaben. Könnten Sie wenigstens andeuten, in welchen Richtung das gehen soll?

RA Be[cker]:

Nein.

RA Dr. He[ldmann]:

Es geht um den Inhalt der Belehrung, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Die ist gesetzlich vorgeschrieben und ...

RA Dr. He[ldmann]:

Aber nicht ihr Inhalt.

Vors.:

Meinen Sie etwa im Hinblick auf die Verwendung ...?[8]

RA Dr. He[ldmann]:

Genau, genau.

Vors.:

Ja? Das kann ich unterlassen. Ich habe das in Ihrem Interesse gemacht, nicht im Interesse irgendwelcher Ergebniswünsche, wie es gestern immer wieder angedeutet worden ist. Solche hat das Gericht nicht.

RA Dr. Augst - als amtl. best. Vertr. von RA Eggler - erscheint um 9.09 Uhr im Sitzungssaal.

- Die Zeugen werden gem. § 57 StPO[9] belehrt. -

[5256] Die Zeugen POM Millhahn, Freiberg, Haukje und Emmen erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussagen auf das Gerichtstonband einverstanden.[10]

Die Zeugen POM Freiberg, Haukje und Emmen werden um 9.13 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge Millhahn macht folgende Angaben zur Person:

Ulf-Jörg Millhahn, 30 Jahre,

Pol. Beamter, in Hamburg wohnhaft,

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Millhahn, kann das Gericht davon ausgehen, daß Sie die Genehmigung haben, als Beamter auszusagen.[11]

Zeuge Mi[llhahn]:

Das ist richtig, eine entsprechende Genehmigung liegt hier vor.

Vors.:

Sie ist Ihnen dem Inhalt nach bekannt?

Zeuge Mi[llhahn]:

Die Aussagegenehmigung? Ja.

Die Aussagegenehmigung ist dem Protokoll als Anlage 1 beigefügt.

Vors.:

Herr Millhahn, Sie haben schon gerade bei der Erörterung der Frage der Verteidigung gehört, daß Gegenstand der Beweisaufnahme die Festnahme der Frau Ensslin zur Zeit ist. Waren Sie bei der Festnahme irgendwie beteiligt?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, ich war beteiligt.

Vors.:

Bitte, schildern Sie im Zusammenhang, was Sie daran noch in Erinnerung haben, wobei diese Charakterisierung „Festnahme der Frau Ensslin“ zunächst mal nur, um Ihnen das Thema anzudeuten, verwendet worden ist. Sie selbst werden wohl davon ausgehen müssen bei einer Aussage, daß es eine Frauenperson war, aber Sie damals nicht wußten, um wen es sich gehandelt hat. Ist das richtig?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das ist genau richtig, ja.

Ja, das, die ganze Sache lief so, daß wir aufgrund eines [5257][12] [5258] Einsatzes mit einem Funkstreifenwagen in die Innenstadt fuhren zu einem[f] ... von der Funkzentrale durchgegebenen[g] Einsatzort und der Einsatz der war inhaltlich etwa so formuliert worden, daß am Jungfernstieg in einem oder ne Hausnummer wurde dazu gesagt, eine Person, eine Frau sei mit einer Schußwaffe und die Waffe oder die Frau noch im Laden sei. Und daraufhin sind wir dorthin gefahren. Und ich hin Beifahrer des Funkstreifenwagens gewesen und bin daher auch als erster in den genannten Laden gegangen. Ja und da kam es dann also zu der Festnahme der zu der Zeit noch völlig unbekannten Frau. Sie wurde nach der Festnahme ins Präsidium gefahren, unmittelbar danach, und dort einer entsprechenden zuständigen Dienststelle übergehen. Das war also ganz grob der Hergang.

Vors.:

Er ist nun sehr knapp. Uns würde natürlich interessieren, ob Sie von sich aus, ohne weiteren Fragen, gerade den Zeitraum der, sagen wir mal, die eigentliche Festnahme umschließt, noch näher schildern können.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, ich will[h] es versuchen. Also wir sind mit dem Funkstreifen dort hin ge... Funkstreifenwagen dort hin gefahren und mein Kollege, der der Fahrer war, dem war dieser Laden bekannt, und deswegen gab es keine Schwierigkeiten das zu finden. Wir fuhren also recht zügig dort hin, ohne jetzt, da uns die Straße sonst eigentlich recht unbekannt ist, ohne jetzt lange suchen zu müssen von Anfang an, fuhren direkt drauf zu, und hielt entgegengesetzt der Fahrtrichtung unmittelbar vor dem Geschäft an. Ich verließ dann das Fahrzeug, ging in den Laden, und guckte mich da wohl so ein bißchen fragend um in der Erwartung, daß sich nun jemand melden würde, was nun im einzelnen los sei. Da geschah deutlich aufnehmbar für mich eigentlich nichts. Ich hörte wohl irgend etwas, daß mir jemand etwas sagen wollte, und wohl auch etwas von einem Mantel sprach. Und hängen geblieben ist bei mir eigentlich nur, daß von einem Ledermantel oder von einer Lederjacke gesprochen wurde, weiter nichts. Die im Laden anwesenden Personen, die standen alle, und guckten mehr oder weniger [5259] gebannt wohl, was los ist, denn es ist nicht gewöhnlich, daß dort ein uniformierter Polizeibeamter plötzlich in einem ... in einem solchen Laden erscheint und daraufhin guckte ich auch noch und in diesem Augenblick löste sich aber eine Frau, wie sich dann später herausstelle, Frau Ensslin, von ihrem Standort und ging ... kam mir entgegen. Auffälligerweise den Blick von mir gewandt und ich, weil mir’s jetzt ungewöhnlich erschien, wieso ausgerechnet eine einzige Frau sich aus dem dort stehenden Personenkreis löste, trat ich auf sie zu, stellte mich so ein bißchen in den Weg, versuchte ihr ins Gesicht zu schauen und sagte eigentlich nur, was ist los. Worauf die einzige Reaktion war, daß die Frau versuchte, trotzdem ich mich teilweise ihr in den Weg stellte, an mir vorbei zu gehen. Da sie dabei in ihre rechte Tasche greifen wollte, will ich mal vorsichtig ausdrücken, setzte ich einen Armhebel an, drückte den Arm hoch, ihren Arm, beziehungsweise nach hinten weg und es kam zu einer Rangelei, die nachher etwas kräftiger wurde. Und wir bekamen Sie dann in den Griff, das heißt ich noch, der Kollege kam irgendwann in dieser Phase hinzu, das kann ich nicht im einzelnen sagen, wann, und wir kamen irgendwie auf den Boden beide zu sitzen, mehr oder weniger, das heißt ich hockte hinter ihr und Frau Ensslin saß dann wohl nachher vor mir. Und Sie war immer noch bestrebt, mit der von mir ergriffenen rechten Hand erhebliche Lösungsversuche von mir vorzunehmen, um dabei aber immer wieder in Richtung der Jackentasche zu gelangen. Das also beunruhigte mich etwas und ich sagte wohl auch in einem recht unbeherrschten Ton nachher zu dem Kollegen, sieh zu, daß du da mal in die Tasche greifst, oder greif mal in die Tasche, da ist glaube ich, die Waffe drin oder da ist was drin, irgend so etwas werde ich wohl gesagt haben. Und der Kollege nahm ihr dann wohl zuerst die Handtasche ab, die sie um den linken Arm, ich nehme an, gehängt hatte und, ja, dann wollte er sie wohl erst noch aufmachen, das gelang nicht, glaube ich, und [5260] gab sie dann irgend einer anderen Person, einer Frau, die dort in der Nähe stand und bat um aufzu... die Tasche aufzumachen, da wir nicht klar kamen, mit dem Verschluß. Während das wohl geschah, beugte er sich wieder herunter und griff in die Taschen der Frau Ensslin. Und auch in die besagte Tasche die ... von der ich vermutete, daß sich dort eine Waffe befinden würde. Und da holte er dann auch aus dieser Tasche einen Revolver hervor oder heraus. Für mich war das einigermaßen erleichternd, als Bewertung jetzt noch mal, und steckte diesen Revolver sofort in die rechte Hosentasche. Zwischenzeitlich hatte ich die Frau also noch fest im Griff und die Tasche, diese Handtasche war geöffnet worden von der Verkäuferin oder von der Frau, ich weiß nicht, was es war und der Kollege nahm die Tasche an sich, guckte da hinein, griff hinein, und holte dort eine große ... großkalibrige Pistole heraus. Steckte diese Pistole ohne irgendwas daran anzufassen sofort, nur mir zeigend, in die andere Hosentasche. Ja, und dann ging er raus und nach Rücksprache mit mir um eine Hamburger Acht, also eine Fessel, zu holen, damit wir dann die Frau Ensslin gefahrlos zum Wagen transportieren könnten oder konnten. Zwischen ... und in diesem Augenblick kamen dann die [i] anderen beiden Kollegen Herr Haukje und Herr Emmen in den Laden und während der Kollege Freiberg den Laden verließ, das hatte wohl Frau Ensslin auch mitbekommen, versuchte Sie noch mal eine Gegenwehr gegen meinen Griff. Aber das war insofern auch aussichtslos, als unmittelbar danach die anderen beiden Kollegen reinkamen. Ja dann kam Herr Freiberg auch wieder rein mit der Acht, und dann haben wir die Acht angelegt. Und dann sind wir mit Frau Ensslin beidseitig flankiert rausgegangen zum Funkstreifenwagen, haben sie in den Fond gesetzt, und sind dann entgegengesetzt den eigentlichen Gewohnheiten gleich ins Präsidium gefahren, und nicht zur zuständigen Revierwache, und haben sie dann dort der Dienststelle übergeben.

[5261] Vors.:

Und warum gleich in’s Präsidium?

Zeuge Mi[llhahn]:

Weil uns es angebracht erschien, aufgrund der Feststellung dort im Laden, Feststellung in Zusammenhang mit der Festnahme und der gefundenen Waffen, daß es sich um eine größere Sache handelt, die möglichst so abgewickelt wird, daß nicht viele Zwischendienststellen eingeschaltet werden.

Vors.:

Ja. Das war nun eine ausführliche Schilderung. Haben Sie das Protokoll, das über Ihre frühere Vernehmung angefertigt worden ist, in einem ... in der letzten Zeit noch zur Kenntnis bekommen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, sicher.

Vors.:

Ja. Können Sie sagen wann?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich habe es am Freitag noch einmal eingesehen an der Spezialdienststelle, und am ... hab mir das noch einmal durchgelesen, und fühlte mich also eigentlich doch wieder recht gut in die Situation versetzt, weil das ja auch für uns ein recht einschneidendes Erlebnis gewesen ist.

Vors.:

Ein Zeuge muß Tatsachen berichten, die er beobachtet hat, und die ihm im Gedächtnis sind. Er kann nicht Dinge etwa berichten, die er frisch gelesen hat ohne ein eigenes Erinnerungsbild zu haben. Sie haben eine flüssige und ziemliche geschlossene Darstellung gegeben. Entspricht die Ihrem Erinnerungsbild?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, die entspricht, so wie ich es jetzt geschildert habe, seinem sicheren Erinnerungsbild. Und ich bin, von mir jetzt geäußert nochmal, auch der Meinung, wenn Sie in drei Jahren, ohne daß ich nachlese, noch einmal diese Frage ... oder daß ich das noch einmal sagen sollte, würde ich es also bestimmt sinngemäß genau so wieder schildern können.

Vors.:

Nun noch einige zusätzliche Fragen um das zu vertiefen. Sie sind also in den Laden gegangen. Der Kollege hatte noch sich mit dem Wagen zu beschäftigen, er war ja der Fahrer, Sie waren [j] Beifahrer.

Zeuge Mi[llhahn]:

Das ist richtig, ja.

Vors.:

Können wir davon ausgehen, daß Sie zuerst in den Laden gekommen sind?

[5262] Zeuge Mi[llhahn]:

Ja.

Vors.:

Können Sie schätzen, Sie hatten ja Ihre Aufmerksamkeit eigentlich in eine ganz andere Richtung gewandt, wie weit der Kollege von Ihnen entfernt war, als Sie den Laden betreten haben.

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein überhaupt nicht. Ich habe ihm ja den Rücken zugewandt, bin hinein gegangen und habe mich eigentlich gar nicht so sehr um das gekümmert, was ... überhaupt nicht darum gekümmert, was hinter mir geschah, in der Annahme, er muß ja Bruchteile von Sekunden nach mir auch den Laden betreten. Denn all zu lange dauert das ja nicht, das war ... sicher.

Vors.:

Aus Ihrer Erinnerung, wie stellt sich’s dar. Sind Sie zuerst bei der festzunehmenden Person gewesen oder war der Kollege möglicherweise da unmittelbar auch schon beteiligt?

Zeuge Mi[llhahn]:

Also zuerst war ganz sicher ich alleine bei der Person.

Vors.:

Haben Sie eine zeitliche Vorstellung, ungefähr, welche Zeit vergangen sein könnte, solange Sie allein sich mit der Person befassten? Handelte es sich da nun um ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich kann das nur schätzen.

Vors.:

... um Sekunden oder Minuten oder Bruchteile von Sekunden?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich kann das nur schätzen, und ich möchte sagen, es müssen Sekunden gewesen sein. Es können zwanzig gewesen sein, es können dreißig gewesen sein, aber wie gesagt, das kann ich nicht ...

Vors.:

Aber immerhin ...

Zeuge Mi[llhahn]:

... aber auf keinen Fall mehr als eine Minute, allenfalls ziemlich sicher weniger.

Vors.:

Als Sie das Geschäft betreten haben, was hat sich Ihnen da für ein Bild geboten. Ich meine jetzt, wieviel Personen waren anwesend etwa. Können Sie das schätzen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das ist etwas schwierig. Ich kann es nur schätzen, etwa zwanzig Personen nehme ich an. Aber das kann man nicht sagen, es war, wie gesagt, im Juni. Es war ein heller Sonnentag und es war, als man dann von Licht und auf Ferne geschulte Augen jetzt beim Fahren plötzlich in einen relativ dunklen Raum kommt, dann muß man sich auch erst mal [5263] dran gewöhnen, und der Eindruck, den ich hatte, waren wie gesagt, daß da etwa zwanzig Personen standen.

Vors.:

Also jedenfalls, daß es recht belebt war in dem Geschäft oder?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, den Eindruck hatte ich.

Vors.:

Sie kommen rein und sagen uns, Sie meinen dann von irgendjemand einen Hinweis bekommen zu haben, einen ... so in gedämpfem Ton, oder wie man das ausdrücken will, auf eine schwarze Lederbekleidung oder dunkle Lederbekleidung. Könnte es sein, daß Sie selbst eine Frage gestellt haben in diese Richtung irgend jemand gegenüber?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein, es war so, daß ich ... es könnte sein, sicherlich, ich glaube aber heute, daß ich wohl mehr fragend um ... mich umgesehen habe, so ungefähr was ist nun, kommt nun jemand ... aus dem Laden gerufen und erzählt mir was. Und ich glaube, ich schaute auch eine Frau ganz besonders an, die aber nichts sagte, sondern irgendwo aus dem Hinterhalt hinter mir stehend, was weiß ich, hörte ich dann etwas von einer Lederjacke oder von einem Ledermantel. Da wußte ich noch gar nicht mehr. Ich blieb immer noch unsicher stehen. In Bewegung setzte ich mich erst, als eine Person, nämlich die Frau Ensslin, als einzige Person sich plötzlich in Bewegung setzte, Richtung Ausgang. Und jetzt sah ich ... hallo: Lederjacke, Ledermantel und daraufhin dann eben mein Einschreiten.

Vors.:

Kurzum die Mitteilung, die Sie von Umstehenden erhalten hatten, hätten für sich nicht genügt, Sie auf die später festgenommene Person hinzuweisen.

Zeuge Mi[llhahn]:

Sofort nicht. Also ich wäre sofort nicht an sie herangetreten, weil ich mal nun ... erstmal alle anfragen mußte, wo ist denn hier einer mit einer Lederjacke. Da diese Person sich jetzt in Bewegung setzte, war natürlich mein Augenmerk auf diese Person gerichtet und die trug nun eine Lederjacke.

Vors.:

Können Sie ausschließen, daß Sie vernehmbar im Laden gefragt haben: „Wer ... wo oder wer ist die Person“.

Zeuge Mi[llhahn]:

Absolut sicher ausschließen möchte ich das nicht. Aber ich tendiere dahin, zu sagen, es ist unwahrscheinlich, daß ich gefragt habe.

[5264] Vors.:

Als Sie zu dem Einsatz kamen, war Ihnen ja, wie Sie uns schon mitteilten, bekannt, daß hier eine Pistole ’ne Rolle mitspielte.

Zeuge Mi[llhahn]:

Richtig.

Vors.:

Waren Sie sich dessen bewußt beim Einsatz, daß hier eine gewisse Vorsicht am Platze war?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, ich glaube subjektiv schon.

Vors.:

Nun kommt also die Frau Ihnen, wie Sie sagen, entgegen. Wie weit war die Distanz zum ... zu der Eingangstüre, als Sie sie zum ersten Mal gesehen haben?

Zeuge Mi[llhahn]:

Dazu muß ich eine kleine Erläuterung geben und zwar, als ich in das Geschäft hineinging, da war ich mir gar nicht so darüber im klaren, wo da überhaupt die Türen sind. Es ist so, daß es eine Fensterfront ist und links und rechts sind Fenster und dann ist ein Gang, der geht in das Innere hinein und die Türen sind nicht vorne in Höhe der Fensterfront, wie ich erst später feststellte beziehungs... ja später feststellte, sondern die sind erst, nachdem man einige Meter in diesen Gang hineingegangen sind, das merkte ich nicht. Also ging ich anfangs davon aus, daß die Türen vorne an der Fensterfront sind und wenn ich von da aus rechne, war ich, nach meinen Schätzungen, vielleicht zehn Meter aber höchstens in den Laden hineingegangen.

Vors.:

Und wieweit waren Sie von der Frau entfernt, als Sie bei ihr eine erste Reaktion bemerkten?

Zeuge Mi[llhahn]:

Vielleicht vier Meter, fünf Meter.

Vors.:

Bot der Gang, in dem Sie standen, überhaupt Gelegenheit, daß sie ungehindert aneinander vorbei kommen konnten, oder ist er zu schmal dazu?

Zeuge Mi[llhahn]:

Man muß sich nicht berühren, wenn man aneinander vorbeigeht, sondern ganz im Gegenteil, man kann da, glaub ich, zu viert oder zu dritt mindestens da entlanggehen, ohne irgendwelche Tuchfühlung oder Berührung zu bekommen.

Vors.:

Haben Sie Anhaltspunkte dafür, daß die Frau Sie zu diesem Zeitpunkt, als Sie versuchte nun an Ihnen vorbeizugehen, schon gesehen hatte, oder könnte das ganz normale Entwicklung gewesen sein?

[5265] Zeuge Mi[llhahn]:

Als sie versuchte, an mir vorbeizugehen, glaube ich sicher, daß sie mich wohl gesehen hat und versuchte, Wertung von mir, an mir vorbei zu kommen.

Vors.:

Das war eine Wertung von Ihnen ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja eben, denn der Blick war für mich auffällig nach unten, Moment unten ... sie ging raus ... unten links gerichtet, während ich wohl rechts von ihr stand. Rechts vor ihr, schräg rechts vor ihr.

Vors.:

Sie haben nun den Augenblick geschildert, wie Sie Zugriffen. Wenn man Sie ... also wenn ich Sie richtig verstanden habe, müßten Sie eigentlich den körperlichen Einsatz damit eingeleitet haben, daß Sie diesen Armhebelgriff, wie Sie sagten, ansetzten. Ist das richtig?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das ist richtig, ja.

Vors.:

Warum sofort der Armhebelangriff ... Armhebelgriff.

Zeuge Mi[llhahn]:

Hängt mit dem ursprünglichen Einsatz zusammen, mit dem Verhalten und insbesondere damit, daß die Frau, als sie an mir vorbeitreten wollte, offenkundig, offensichtlich in ihre rechte Tasche greifen wollte. Und das hielt ich für einfach gefährlich im Zusammenhang mit dem Einsatz.

Vors.:

Was heißt im Zusammenhang mit dem Einsatz ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, daß immerhin von einer Schußwaffe gesprochen worden ist, die sich im Laden befand oder bei einer Frau im Laden.

Vors.:

Also Sie hatten in dem Augenblick schon die Sorge, daß dieser Griff bedeuten könnte, daß die Waffe herausgezogen werden sollte. Habe ich das richtig verstanden?

Zeuge Mi[llhahn]:

Genau richtig. Sonst hätte ich eine Frau nicht gleich so, mehr oder weniger grob, angefasst.

Vors.:

Gab es irgendwelche Anhaltspunkte für Sie in diesem Zeitpunkt, daß die Waffe in einer dieser Taschen steckte.

Zeuge Mi[llhahn]:

Objektiv, in Form von sehen oder so, nein.

Vors.:

Nein. Das war nur eine Möglichkeit, die Sie eben einschlossen.

Zeuge Mi[llhahn]:

Richtig.

Vors.:

Nun, können Sie uns das vielleicht noch[k] etwas näher schildern, wie diese Bewegung [l] ausgesehen hat.

[5266] Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, ich ...

Vors.:

... insbesondere[m], nicht wahr[n], war die ... Sie sollten also beginnen, wie die Hand ... wenn Sie’s können natürlich nur. War die Hand ursprünglich in einer anderen Haltung? Steckte sie möglicherweise schon zum Teil in der Tasche, als sie sich umwandte[o], um an Ihnen vorbeizugehen? Alle diese Bewegungsabläufe, soweit Sie’s noch in Erinnerung haben, wären für uns interessant.

Zeuge Mi[llhahn]:

Dazu ist zu sagen, daß einmal, wenn die Hand von der Tasche gewesen wäre, ich vielleicht nicht auf die Idee gekommen wäre, diesen Armhebel anzusetzen, sondern erst aufgrund dieser plötzlichen Bewegung in Richtung Tasche habe ich den Armhebel angesetzt. Weil ich wohl irgendwie instinktiv merkte, oder glaubte zu merken, die will da reingreifen und holt da womöglich eine Waffe raus. Und da sie auf mein Ansprechen: „Was ist los“, als ich mich ihr in den Weg stellte, auch nicht reagierte, war das auch ein Indiz für mich, daß etwas faul sein mußte, daß es sich um diese Person handelte. Außerdem hatte ja niemand der dort Anwesenden eine Reaktion gezeigt. Wenn ich jetzt also die Falsche da hätte, hätte bestimmt irgend jemand gesagt: „Nein nicht die, sondern ...“ oder ähnlich. Und daher diese Aktion meinerseits.

Vors.:

Wie weit ist nun die Frau der Tasche nahe gekommen oder in die Tasche gekommen. Können Sie das angeben?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja ...

Vors.:

Also wenn Sie’s nicht können, müssen Sie das sagen, das ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich kann nur sagen, daß Sie als ich ... wenn ich den Armhebel ansetze, habe ich versucht, auch hinzuschauen, was erreiche ich damit, und daß ich ihre Hand, mindestens die Fingerspitzen, aus der Tasche durch den Armhebel wieder herausgebracht habe. Mindestens das, denn ich weiß noch, ich könnte ihnen das hier vormachen, ich weiß noch genau, wie ich gestanden habe und wie ich besorgt war darum, schafft Sie das womöglich, irgendwie doch mit dem Arm noch freizukommen, als ich den Griff angesetzt hatte und ich sah dann, daß ich ihn rumdrehen konnte. Sie machte eine Bewegung nach vorne, aus ihrer Sicht, aus ihrem Standort gesehen, und drehte [5267] sich quasi hinten rum um meinen Körper durch diesen Armhebel. Ich bin natürlich bereit, Ihnen das zu zeigen, wenn Sie das ... sehen[p] möchten, wie das Ganze von statten gegangen ist, vielleicht ist es ...

Vors.:

Das werden wir nachher demonstrieren. Was noch ... Herr Millhahn, ist das Erkennen, daß die Frau möglicherweise nach Ihrer Beurteilung in die Tasche greifen will und Ihr Armhebelgriff mit Wirkung blitzartig aufeinander gefolgt oder ist eine gewisse Zeit vergangen, bevor Sie zupackten, nachdem Sie das erkannt hatten, daß die Frau möglicherweise dorthin greifen will?

Zeuge Mi[llhahn]:

Den ... exakten zeitlichen Ablauf, den kann ich hier natürlich nicht schildern, nur, wie gesagt, ich stellte mich vor sie, versuchte ihr ins Gesicht zu schauen, indem ich also mein Gesicht zu ihr rüber beugte und vielleicht unmittelbar vorher gefragt habe, was los ist. Und da sie keine Reaktion zeigte, sondern weiterhin mit abgewandtem Gesicht an mir vorbeitreten wollte und dabei jetzt mit der Hand plötzlich in Richtung Tasche griff, da war für mich das Zeichen da, jetzt wirst du körperlich was tun müssen und ich ergriff dann eben sie an Arm, beziehungsweise ging mit meinem Arm unter ihren Arm und zog ihn hoch dadurch.

Vors.:

Deswegen nochmals die Frage. Das Erkennen dieser Bewegung und Ihr Griff, folgten die sofort aufeinander, oder haben Sie da noch ’ne gewisse Zeit dazwischen in Ihrer Vorstellung ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich kann es ...

Vors.:

... die vergangen sein könnte.

Zeuge Mi[llhahn]:

Also ich glaube, daß es wohl ineinander überging.

Vors.:

Sie sprechen davon, die Bewegung zur Tasche sei plötzlich erfolgt.

Zeuge Mi[llhahn]:

Naja, ich mein, sie hatte vorher, als ich sie sah, die Hand nicht in Richtung Tasche geführt, sondern eben erst als ich vor ihr stand, beziehungsweise ... fast schon seitlich neben ihr stand, griff sie in Richtung Tasche und in ... wahrscheinlich auch ein Stück in die Tasche hinein.

[5268] Vors.:

Nun, Sie wissen, gelegentlich ist das Verschieben der Hände in der Tasche eine Verlegenheitslösung, also man hat irgendwo ein schlechtes Gewissen, wird von Polizei angesprochen und beginnt man die Hand in die Tasche zu schieben um sich möglichst gelassen zu geben. Frage, war das eine Bewegung, die diese Auslegung vielleicht zuließe, das heißt, war sie ihrer Art nach gelassener oder verbinden Sie mit dem ... mit der Bezeichnung, es sei eine plötzliche Bewegung gewesen, eine ganz bestimmte Vorstellung.

Zeuge Mi[llhahn]:

Plötzlich[q] heißt, daß ihr bisheriges Verhalten von dem Augenblick, wo ich sie gesehen habe, nicht so war, daß sie einmal in dem Zeitraum vorher, es waren ja auch nur einige Sekunden, die Hand in Richtung Tasche geführt hatte, sondern erst in dem Augenblick, in dem ich mich ihr in den Weg gestellt habe und sie gefragt habe, was los sei. Ohne irgend eine Antwort zu geben griff sie in die Tasche und das bezeichnete ich als plötzlich, das heißt nicht, daß ihre Bewegung jetzt irgendwie in auffälliger kurzen ... in auffälligem kurzem Zeitablauf stattfand, von wegen so plötzlich reingreifen oder so, das wollte ich damit nicht zum Ausdruck bringen. Ich weiß nicht genau wie schnell, aber daß ich das mich ... daß ich mir das nun merken könnte, daß es nun besonders schnell war, das könnte ich nicht sagen.

Vors.:

Also das plötzlich bedeutet nicht etwa gleich jäh oder abrupt ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Richtig.

Vors.:

Das bedeutet es nicht ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein das bedeutet es nicht.

Vors.:

... um es ganz klar zu machen.

Zeuge Mi[llhahn]:

Richtig.

Vors.:

Nun haben Sie in der weiteren Folge ja die Frau festgehalten gehabt, haben Sie noch irgend welche Anhaltspunkte dafür gewonnen, daß die Frau bei ihrer Abwehr oder beim Wehren bestimmte Ziele verfolgte?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, das hatte ich wohl, denn ich bin körperlich der Schwächere von uns beiden Kollegen, die dort waren, und ich bemerkte ganz eindeutig, daß Frau Ensslin also mit erheblichem [5269] Kraftaufwand, das messe ich daran, wieviel Kraft ich aufwenden mußte, um dies zu unterbinden, versucht hat, sich aus meinem Griff zu lösen und immer wieder mit der Hand versuchte, in Richtung rechte Jackentasche zu gelangen, immer wieder und daraufhin ja auch erst die Reaktion, die etwas aufgeregtere Reaktion meinerseits, daß ich zu dem Kollegen sagte: „Guck in die rechte Tasche, da ist, glaub ich, was drin“ oder was weiß ich, was ich da sagte.

Vors.:

Wie merkt man das, daß jemand die Absicht hat nun zu dieser rechten Tasche zu kommen? Sie werden die Frage vielleicht für etwas ... erstaunlich halten ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja allerdings, ich weiß nicht wie sie ... wie ich das ... soll.

Vors.:

Also Sie haben die Hand fest, haben Sie noch die Bewegungen beobachten können, ich meine, es ist gestern schon durch einen der Herren Verteidiger dieselbe Frage sinngemäß gestellt worden. Sie geht etwa dahin, wie erkennt man Absichten?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das letzte hab ich nicht verstanden ...

Vors.:

Wie erkennt man Absichten? Sie haben also einen Arm fest, der Arm rudert rum, will sich freimachen, wie erkennt man die Absicht nun, daß der Arm in eine ganz bestimmte Richtung gehen will oder einen ganz bestimmten Teil der Kleidung ergreifen will?

Zeuge Mi[llhahn]:

Durch den von mir aufgewandten erforderlichen Gegendruck, den ich aufbringen mußte, um das eben zu verhindern. Das ist meiner Ansicht nach ganz einfach, wenn ich jetzt versuchen würde, irgendwo bei Ihnen in die Tasche zu greifen und Sie weisen meine Hand ab und ich drücke weiter kräftig, dann merken Sie, daß ich also, trotzdem Sie abweisen, weiterhin kräftig drücke und auch Sie müssen jetzt entsprechend mehr Kraft aufbringen, um das zu verhindern.

Vors.:

Richtig, also Sie schließen das aus der Druckrichtung sozusagen.

Zeuge Mi[llhahn]:

Aus der Druck- und Bewegungsrichtung, die sie versucht hat.

Vors.:

Wo hatten Sie die Frau in Augenblick dieser Feststellung festgehalten, wenn Sie uns das ganz genau sagen könnten, am Arm? Welche Partien des Armes?

[5270] Zeuge Mi[llhahn]:

Ja das kann ich ...

Vors.:

War das am Oberarm, Ellbogen, Unterarm, Handgelenk oder sonst irgendwie.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich vermute, daß ich, vermute muß ich leider sagen, daß ich mit einer Hand am Oberarm war in Rückenlage und mit der anderen Hand in Höhe entweder des Handgelenkes oder in etwas ... am Unterarm irgendwo, das kann ich nicht genau sagen.

Vors.:

So daß also, wenn das, wenn Ihre Vermutung zuträfe, diese Beurteilung, die Sie hier abgeben, nicht vom Griff am Oberarm her alleinherrühren würde, sondern auch von der Bewegungsrichtung, die Sie beim Unterarm etwa hätten feststellen können.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja richtig, richtig. Da hab ich wahrscheinlich auch den größten Kraftaufwand gehabt, nicht am Oberarm, sondern am Unterarm.

Vors.:

Wie lange hat sich die Festnahmeaktion hingezogen für Sie etwa. Haben Sie da eine Vorstellung?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nur schwerlich. Ich glaube, das kann man auch schlecht schätzen, aber wenn ich mich festlegen soll, würde ich sagen, vielleicht drei Minuten, vier Minuten. Ich weiß es nicht, weil man ja gar nicht an Zeit jetzt denkt, an zeitliche Abläufe in dem Zusammenhang.

Vors.:

Selbstverständlich. Würden Sie, wenn man Ihnen die Waffen zeigt, die damals möglicherweise sichergestellt worden sind, sie wiedererkennen können, hatten Sie die selbst in der Hand?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich hatte zu keinem Zeitpunkt keine der Waffen in der Hand.

Vors.:

Haben Sie irgendwie beobachtet, ob man diese Waffen mal auf ihren Zustand untersucht hat ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja.

Vors.:

Ja?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, das war allerdings an einem Zeitpunkt. Sicher ist nur, daß der Kollege Freiberg den Revolver nahm, so wie er war, ihn sofort, er sagte wohl noch [r] irgend wie sowas ’nen dummen Spruch wie „oh Verzeihung“, als er das Ding da [5271] rausholte und steckte es sofort, so wie es war in die Hosentasche, in die rechte, und dann schaute er in die Handtasche und da holte er nun noch so’n Ding raus. Ich guckte erstaunt, er guckte erstaunt, mehr oder weniger, und zeigte mir das auch noch. Quasi in der Bewegung des Zeigens steckte er diese Pistole dann in die andere Hosentasche. Daraufhin, soweit ich weiß, hat er die Dinger nicht mehr aus den Taschen genommen, sondern wir sind, er war ja auch Fahrer, ins Präsidium gefahren und wir haben dann Frau Ensslin dort abgegeben und dann hat er erst die Sachen wohl rausgeholt. Und da wir [s] uns jetzt über den Zustand der Waffen sicher sein wollten, sagte er auch noch richtigerweise, weil wir jetzt den Eindruck hatten, da ist mehr dran, das ist nicht irgendwie eine Kleinigkeit, hier, so ungefähr: „Guck mal her, wir wollen uns die Sachen doch mal angucken, über den Zustand uns informieren“.

Vors.:

Und wie war der Zustand?

Zeuge Mi[llhahn]:

Der Zustand war der, daß er den Revolver holte, nochmal kurz zeigte aber noch nicht weiter daran rumfummelte, sondern jetzt erst die Pistole nahm und zeigte, daß sie entsichert war und daraufhin hat er die Waffe ... wohl sicherte, daraufhin, nachdem er uns das gezeigt hat, die Waffe sicherte, das Magazin entnahm und jetzt erst das Verschlußstück zurückzog und dann in die typische Handbewegung, die man beim Waffenentladen macht, in die hohle Hand ein Geschoß, diesenfalls eine Patrone, [t] fiel.

Vors.:

Das würde dann den Rückschluß zulassen, daß die Waffe entsichert und geladen war.

Zeuge Mi[llhahn]:

Genau richtig, ja.

Vors.:

Aber wohl nicht durchgeladen oder ist das in ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Doch, das entspricht dem Durchladen, also sofort schußbereit.

Vors.:

Ja, muß nicht sein, man kann’s ja auch nachher wieder ...

Die Frage war insofern nicht korrekt gestellt. Es geht darum, [5272] sie war durchgeladen, das ist klar, nicht ob sie gespannt war. Konnten Sie dazu was feststellen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein, ich konnte dazu nichts feststellen, vielleicht ... entsichert und durchgeladen heißt schußbereit bei jeder Waffe, vielleicht mit etwas größerem Kraftaufwand.

Vors.:

Ja, bei den modernen Waffen, aber die Pistole war ja nicht mehr so ... modern, glaub ich, wie sich’s nachher rausstellte. Also jedenfalls durchgeladen und entsichert.

Zeuge Mi[llhahn]:

Richtig, ja.

Vors.:

Und was ... Haben Sie in dieser Richtung auch Feststellungen bei dem Revolver gemacht?

Zeuge Mi[llhahn]:

Bei dem Revolver lediglich, daß, allerdings jetzt muß ich ein bißchen vorsichtig sein mit meinen Feststellungen, ich hab das nur so am Rande jetzt mit einem Auge mir angesehen, wie der Kollege den Revolver entladen hat und gesagt hatte noch, und auch wohl die Patronen in die Hand genommen hat und wir feststellten, daß es sich um Hohlspitzgeschosse handelte, insofern auch aus persönlicher Neugierde heraus ich nochmal draufgeguckt habe, weil ich diesen Begriff Hohlspitz eigentlich erst nur vom Hörensagen kannte und jetzt zum ersten Mal so ein Ding gesehen habe.

Vors.:

Und haben Sie beobachtet, ob diese Trommel des Revolvers nun vollgeladen war oder können Sie die Schußzahl angeben, wieviel Schüsse drinnen waren?

Zeuge Mi[llhahn]:

Erinnerungsmäßig, glaub ich, waren es fünf Schuß, aber ich kann das, wie gesagt, nicht mit Sicherheit sagen.

Vors.:

Das entspricht auch, wie ich Ihenen aus Bl. 5 Ihrer Aussage ... das heißt aus Blatt 5 des Od. 68 vorhalte, Ihrer früheren Erinnerung. Haben Sie die frühere, also jedenfalls Ihren früheren Angaben: mit fünf Patronen gefüllt, die Trommel, ist das, was Sie damals angegeben haben, richtig angegeben worden?

Zeuge Mi[llhahn]:

Wenn ich es so gesagt habe seinerzeit, ist es ganz sicher meinem Erinnerungsvermögen zu der Zeit entsprechend gesagt und auch festgehalten worden.

[5273] Vors.:

Sind Ihnen noch irgendwelche Gegenstände aufgefallen, die man gefunden hatte bei der festgenommenen Frau, oder die jedenfalls angegeben wurden als Funde von dieser Frau?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich darf mal ein bißchen ausweichend erst mal antworten. Es ist so, für mich war die Aktion in der Boutique ziemlich die alles entscheidende und ich war eigentlich froh, daß ich meine Aktion als solche gut abgeschlossen habe und das andere, das betrachtete ich mehr so aus einer etwas größeren Distanz, nicht mehr so aktiv wie seinerzeit in der Boutique, deswegen ist das ziemlich alles ein bißchen verwischt, was im nachhinein geschah, obwohl ich teilweise zugegen gewesen bin.

Vors.:

Also die Waffen haben Sie schon erwähnt, Sie werden sie nachher zu sehen bekommen. Sind Ihnen noch andere Gegenstände irgendwie geläufig. Wenn nicht, dann gebe ich Ihnen ein Stichwort.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, ich weiß also, daß ein Reisepaß vorhanden war und daß auf diesem Reisepaß der Name Meins stand. Allerdings ...

Vors.:

Meins.

Zeuge Mi[llhahn]:

Meins, glaub ich, Meins oder ähnlich ja, Meins. Ja Reins kann das auch sein, Reins, Meins, das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, aber jedenfalls nicht Ensslin.

Vors.:

Nicht Ensslin. Es stand der Name Reins offensichtlich drin, wir hatten die Papiere gestern bereits in Augenschein genommen, sofern es sich um dieselben gehandelt haben sollte. Auch Sie werden sie nachher sehen. Noch ein anderes Personalpapier, an das Sie sich erinnern können?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich glaube Führerschein war noch dabei, aber ...

Vors.:

Führerschein. Ich hab dann im Augenblick keine Fragen mehr.

Ende von Band 289.

[5274] Vors.:

Wir wollen die Fragen jetzt so aufteilen, daß zum Ablauf der Aktion der Festnahme selbst die Fragen gestellt werden können. Die Asservate werden dann vorgelegt und dann erst daran Fragen angeknüpft. Hat jemand ... Herr Meinhold, bitte.

Ergänzungsrichter[13] Me[inhold]:

Eine kurze ergänzende Frage hab ich noch. Herr Millhahn. Sie haben vorhin, wenn ich Sie recht verstanden habe, gesagt, Sie haben per Funk den Auftrag bekommen, die Boutique anzufahren. Ist das richtig?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, das ist richtig.

Ergänzungsrichter Me[inhold]:

Wurde Ihnen ... was wurde Ihnen da gesagt, weswegen Sie die Boutique anfahren sollen.

Zeuge Mi[llhahn]:

Es hieß ... als im Rubrum ... Frau mit Pistole, Person noch im Laden, so sinngemäß.

Ergänzungsrichter Me[inhold]:

Wurde Ihnen gesagt, wo die Pistole sich befinden soll?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein.

Ergänzungsrichter Me[inhold]:

Nicht.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich erinnere mich jedenfalls nicht.

Ergänzungsrichter Me[inhold]:

Sondern nur, es sei da eine Frau und die habe eine Pistole bei sich?

Zeuge Mi[llhahn]:

Und daß diese Frau noch im Laden sei oder diese Person noch im Laden sei. Das war der Inhalt des Einsatzes.

Ergänzungsrichter Me[inhold]:

Gut, danke.

Vors.:

Sonstige Fragen? Beim Gericht nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft. Herr Bundesanwalt Holland.

OStA Holl[and]:

Herr Millhahn können Sie zeitlich in etwa noch aus Ihrer Erinnerung den Zeitpunkt eingrenzen, zu dem Sie den Funkspruch empfangen haben, der dann schließlich zu Ihrem Einsatz in der Boutique „Linette“ geführt hat?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich glaube, ich hab die Frage nicht richtig verstanden. Sie meinen die zeitliche Eingrenzung.

OStA Holl[and]:

Können Sie ... Sie haben doch davon berichtet, daß Sie mittags oder am Nachmittag, des siebten[u] sechsten [5275] einen Funkspruch empfangen haben in Ihren Dienst-PKW. Aufgrund dieses Funkspruchs sind Sie dann zu der Boutique „Linette“ gefahren und mich interessiert nun, können Sie den Zeitpunkt, in etwa noch aus Ihrer Erinnerung festlegen, zu den dieser Funkspruch erfolgte.

Zeuge Mi[llhahn]:

Es war in den Mittagsstunden und es ging für uns auf Feierabend zu, wir hatten Frühdienst ...

OStA Holl[and]:

Ja.

Zeuge Mi[llhahn]:

... und ich kann mich - es mag vielleicht eigenartig klingen - sofern relativ genau erinnern. Es war der Geburtstag meiner Frau und deswegen war für mich der Dienst eigentlich schon ein bißchen schon gelaufen. Ich wollte mir eigentlich nichts mehr einfangen, weil ich nach Hause wollte dann rechtzeitig. Es konnte sein daß wir bis um zwei oder bis um drei Dienst hatten. Ich möchte sagen, innerhalb dieser Zeit, von eins bis zwei ungefähr oder vielleicht auch ein bißchen später, war der Einsatz.

OStA Holl[and]:

Dann noch eine Anschlußfrage hierzu, Herr Millhahn. Können Sie etwa oder in etwa noch sagen, wieviel Zeit vergangen ist, von der In-Empfangnahme des Funkspruchs bis zu Ihrem Eintreffen vor dieser Boutique.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich kann das nur schätzen.

OStA Holl[and]:

Ja selbstverständlich.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich nehme an, daß es wohl nicht mehr als drei Minuten gewesen sind. Der Grund liegt darin, wir standen relativ günstig zum Einsatzort, obwohl der Einsatzort ein Ort ist, wo wir eigentlich nie eingesetzt werden, weit außerhalb unseres Revieres.

OStA Holl[and]:

Dann noch ein letztes Herr Millhahn. Sie haben vorhin davon berichtet, daß Sie Ihre frühere Vernehmung oder Ihre früheren Vernehmungen auf einer Spezialdienststelle eingesehen hätten. Könnten Sie das mal näher erläutern, um was handelte es sich dabei, bei dieser Spezialdienststelle?

[5276] Zeuge Mi[llhahn]:

Um die Dienststelle, die derartige Dinge behandelt. Ich glaube, das reicht hoffentlich.

OStA Holl[and]:

Ja. Und führt diese Dienststelle einen besonderen Namen, ich meine, da brauchen Sie kein großes Geheimnis draus zu machen, Herr Millhahn.

Zeuge Mi[llhahn]:

Es ist ja eine rein polizeiinterne Bezeichnung und ich weiß nicht, wie das ... wieso das von Bedeutung ist, wenn Sie’s ... wenn es wahrscheinlich ohnehin bekannt ist, welche Dienststelle das ist, warum Sie das von mir nochmal hören möchten.

OStA Holl[and]:

Es ist übrigens aktenkundig. Aber Sie wissen ja, es müssen manche Dinge in die Hauptverhandlung eingeführt werden.[14]

Zeuge Mi[llhahn]:

Na das ist die Abteilung mit der Kurzbezeichnung K 4, mehr kann ich nicht sagen.

OStA Holl[and]:

Ja, Dankeschön.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Zeis, bitte.

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender, ich hab keine Frage nur ne Bitte, daß nämlich dem Zeugen die Bilder, die Lichtbilder, die anläßlich der Tatrekonstruktion gemacht worden sind, vorgehalten werden.

Vors.:

Ja. Wir wollen jetzt zunächst mal, wenn wir die Fragen abschließen können. Dann wollen wir uns über die Frage ...

OStA.Zeis.:

Ja, nicht jetzt, nicht jetzt ...

Vors.:

... unterhalten, ob es mit den Bildern notwendig ist.

OStA Zeis:

... nur weil Sie vorhin sagten, jetzt zum Tatgeschehen, anschließend die Asservate und da vermißte ich die Lichtbilder.

Vors.:

Danke, ja. Fragen? Herr Rechtsanwalt Becker.

RA Be[cker]:

Herr Zeuge, vielleicht nochmal an die Frage des Herrn Bundesanwalt Holland anzuschließen, Spezialdienststelle K 4. Was haben Sie denn da eingesehen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das, was ich selber ausgesagt hatte seinerzeit zum Tathergang.

RA Be[cker]:

War es dort abgelegt in ... alleine oder waren da mehrere Sachen zusammen?

[5277] Zeuge Mi[llhahn]:

Das war offensichtlich ein Ordner und die Teile, die mich interessierten, die für mich von Bedeutung waren - und Sie könnten sicher sein, daß das nur die Dinge waren, die ich selber gesagt habe, die mich persönlich betrafen die wurden aus dem Ordner genommen und ich habe Einsicht genommen.

RA Be[cker]:

Hatten Sie den ganzen Ordner zur Verfügung?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein.

RA Be[cker]:

Sind die Ihnen von einem Beamten rausgesucht worden?

Zeuge Mi[llhahn]:

Die sind mir von einem Beamten rausgesucht worden, richtig, ja.

RA Be[cker]:

Konnten Sie angeben, was Sie sehen wollten oder ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, die Dinge, wo mein Name drunter stand, was ich unterschrieben hatte.

RA Be[cker]:

Wie ist es mit, mit Fotoaufzeichnungen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Die wurden gesondert noch einmal mir[v] auch vorgelegt.

RA Be[cker]:

Die sind Ihnen auch vorgelegt worden.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja sicher, es sind ja Foto ... Fotos ...

Rechtsanwalt Becker redet unverständlich dazwischen.

Zeuge Mi[llhahn]:

... wenn wir jetzt von ein und derselben Sache sprechen.

Richter Be[rroth]:

Nein, weil Sie sagen, nur die Sachen, wo mein Name drunter stand.

Vors.:

Ich bitte den Herrn Zeugen aussprechen zu lassen, er war noch in der Antwort auf Ihre Frage.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, meine Frage hat er ... den Vorhalt mußte ich ihm, glaube ich, gleich machen. Er hat gesagt: Ich hab nur die Sachen gekriegt, die ... auf denen mein Name drunter stand. Und dann habe ich ihn gefragt nach den Fotos und dann hat er gesagt, die hat er auch gekriegt, was wohl im Widerspruch dazu steht, daß er nur die Sachen gekriegt hat, wo sein Name drunter steht.

Vors.:

Nein, er war eben mitten in der Antwort. Wenn Sie zugehört hätten, wäre vielleicht eine Erklärung schon gekommen, die Ihnen genügt hätte. Ich weiß es nicht.

Bitte, Herr Zeuge.

[5278] Zeuge Mi[llhahn]:

Erstens steht es in keinem Widerspruch, denn auch in der von mir eingesehenen Fotomappe steht mein Name, zumindest meine Amtsbezeichnung. Und das ist für mich gleichbedeutend, wenn man davon ausgeht, daß ich vielleicht eine Nummer bin,[w] bei der Polizei. Und ich weiß auch nicht, ob Sie, Herr Rechtsanwalt, die gleiche ... die gleichen Fotos meinen. Ich weiß ja nicht, was für Fotos hier im einzelnen bestehen. Wenn es um die nachträgliche Aufzeichnung sich handelt, dann habe ich natürlich diese eingesehen und auch da steht meine Dienstnummer drunter.

RA Be[cker]:

Haben Sie denn auch eine Kopie davon gekriegt, oder mußten Sie die wieder abgeben.

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein, gar nichts.

RA Be[cker]:

Und Sie sind dann auch nicht, nicht mit Ihren Kollegen, die hier aussagen sollen, die auch bei der Festnahme dabei waren, hier angereist? Ist das richtig?

Zeuge Mi[llhahn]:

Wir sind hier mehr oder weniger zusammen angereist, ja.

RA Be[cker]:

Mehr oder weniger was heißt das?

Zeuge Mi[llhahn]:

Daß wir getrennt gefahren sind, heißt das, teilweise getrennt.

RA Be[cker]:

Und haben Sie über den Vorgang dann nochmal gesprochen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Über den Vorgang im einzelnen haben wir nicht gesprochen. Vergegenwärtigung, was der einzelne gemacht hat, weiß ich nicht. Was ich gemacht habe, ich hab’s mir noch mal vor Augen geführt, das muß ich bestätigen, ja.

Allerdings nicht, daß wir jetzt etwa uns zusammengesetzt haben und alles durchgesprochen haben, um jetzt vielleicht Abstimmung oder ähnliches vorzunehmen. Das kann ich mit Sicherheit zurückweisen.

RA Be[cker]:

Ja, aber Sie haben den ganzen Vorgang nochmal mit Ihren Kollegen besprochen, wenn ich das richtig sehe.

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein, nein überhaupt nicht, wir haben ...

RA Be[cker]:

Wie hat das Gespräch darüber denn ausgesehen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja nun wirft sich die Frage auf, ob das hier von Bedeutung ist. Ob ich das beantworten muß, Herr Vorsitzender.

[5279] RA Be[cker]:

Sie müssen das beantworten. Solange es nicht beanstandet ist haben Sie kein eigenen Beanstandungsrecht. Es ist auf jeden Fall von Ihrer Aussagegenehmigung umfasst.

Vors.:

Der Zeuge darf selbstverständlich die Frage auch dazwischen stellen, ob er es beantworten muß. Herr Zeuge, es besteht wohl kein Bedenken, also wenn wir’s richtig mitbekommen haben. Es wird gefragt, welche Einzelheiten da besprochen worden seien, im Kollegenkreise. Das berührt die Frage der Glaubwürdigkeit Ihrer Aussage, insofern ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja.

Vors.:

... können Sie die Frage beantworten.

Zeuge Mi[llhahn]:

Sicher, also wir haben drüber gesprochen über den Ablauf, meinetwegen etwa so, daß ich sagte, das war so: Ich bin am Eingang und dies und das, und der hat dann mal gemurmelt und hat gesagt, ja genau, und dann hat er wieder was erzählt, und dann hab ich gesagt, genauso war das. Also es waren für uns keine Anhaltspunkte da, wo man sagt, meinst[x] du das war so, und du meinst, das war so. Was die Sache angeht, was die Sache angeht als wir drüber sprachen, wie’s gewesen ist. Natürlich unterhält man sich, wie war’s, was weißt du noch.

RA Be[cker]:

Haben Sie Ihr[y] Erinnerungsbild auch anhand dieser Fotos nochmal auffrischen können?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das sagte ich bereits am Freitag.

Vors.:

Die Frage ist beantwortet.

RA Dr. He[ldmann]:

Nein, ist nicht beantwortet.

Vors.:

Doch.

RA Dr. He[ldmann]:

Beantwortet ist die Frage, ob er die Fotografien gesehen hat, dieses war eine andere Frage. Ich bitte, sie zuzulassen.

Vors.:

Der Herr Zeuge hat sehr richtig die Frage schon beantwortet, einleitend mit den Worten, das habe er bereits gesagt. Sie haben’s offenbar nicht bemerkt, daß die Frage denselben Sinn hat, aber bitte, ja.

[5280] RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, das ist doch ne semantische Frage über die Sie offensichtlich nicht sehr viel hier Auskunft geben können. Ob ich frage, ob jemand das gesehen hat und was er mit diesem Ansehen bei sich in seinem Gedächtnis hervorgerufen hat ist ein ganz klarer Unterschied, und ich meine, daß man das ...

Vors.:

Da wollen wir nicht Zeit verlieren. Der Herr Zeuge sagte ja, er hat’s am Freitag angesehen, er hatte Gelegenheit sein Erinnerungsbild[z] auch da mit aufzufrischen.

RA Be[cker]:

Das hat er nicht gesagt, das hat er nicht gesagt.

Vors.:

Eben, eben ...

RA Dr. He[ldmann]:

Das haben Sie gesagt jetzt.

RA Be[cker]:

Wenn Sie sich die Beanstandung von Fragen wirklich auf die Punkte beschränken würde, die wirklich beanstandenswert sind, und insbesondere nicht Fragen beanstanden, die überhaupt noch nicht gestellt worden sind, wie diese hier ...

Vors.:

Und wenn Sie sich bemühen würden, Ihre Fragen dann im Zusammenhang gleich so zu bringen, wenn Sie den Zeugen danach fragen, zunächst, ob er Bilder gesehen hat und dann ne zweite Frage dann stellen, ob er da nicht ...

RA Be[cker]:

Wie ich meine Fragen stelle, bleibt mir überlassen.

Vors.:

Nein ... nicht.

Rechtsanwalt Dr. Heldmann redet unverständlich dazwischen.

Vors.:

Die Reihenfolge ...

RA Be[cker]:

Die Reihenfolge ist ganz mir überlassen Herr ...

RA Dr. He[ldmann]:

Das mein ich aber auch. Die Reihenfolge der Fragen ist unsere Sache und nicht Ihre. Jetzt wird einem auch das noch vorprogrammiert.

Vors.:

Der Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann ist wieder derjenige, der glaubt, offenbar sofort das Wort ergreifen zu müssen. Trauen Sie Herrn Rechtsanwalt Becker nicht zu, daß er sich selbst ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ich bin sehr ...

Vors.:

... gegen eine Beanstandung, die ihm nicht genehm ist und nicht korrekt erscheint, selbst wehren kann?

[5281] RA Dr. He[ldmann]:

Aber ich hab es ja auch, Herr Vorsitzender. Nur ...

Vors.:

Dann würde ich Ihnen empfehlen, wenn Sie’s glauben, ihm das Wort zu überlassen.

RA Dr. He[ldmann]:

... wenn Sie solche ... lassen Sie mich bitte ausreden, nur wenn ...

Vors.:

Nein ich lasse nicht, denn Sie haben das Wort nicht. Es hat Herr Rechtsanwalt ...

RA Dr. He[ldmann]:

... Sie haben mich eben etwas gefragt und folglich ...

Vors.:

Nein.

RA Dr. He[ldmann]:

... habe ich das Wort ...

Vors.:

Ich habe Ihnen ...

RA Dr. He[ldmann]:

... und wenn Sie solche Programmvorschau für die Beweisaufnahmetätigkeit der Verteidigung ...

Vors.:

Bitte Herrn Rechtsanwalt Dr. Heldmann das Mikrofon abzustellen. Er hat nicht das Wort.

RA Dr. He[ldmann]:

... dann muß Ihnen gesagt werden, daß Sie dazu kein Recht haben.

[aa] Vors.:

Herr Rechtsanwalt Becker haben Sie weitere Fragen? Ihre Frage ist ja beantwortet, auch die zweite.

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich kann dazu nur, um diesen Komplex abzuschließen, sagen, daß Herr Heldmann mit meinem Einverständnis hier zu dieser Frage das Wort ergriffen hat.

Vors.:

Aber nicht mit meinem. Auf das kommt’s an im Augenblick.

RA Dr. He[ldmann]:

Sie hatten mich doch gefragt.

RA Be[cker]:

Sie haben ihn selber gefragt.

Vors.:

Herr Rechtsanalt Becker, bitte haben Sie jetzt weitere Fragen?

RA Be[cker]:

Das hab ich außerdem, aber ... bleibt festzustellen.

Vors.:

Bitte, dann fragen Sie.

RA Be[cker]:

Sagen Sie, Herr Zeuge, nachdem Sie jetzt also praktisch das für Sie erfolgreich abgeschlossen gewesen ist, wie Sie sagten, vorher, wann ... wann ist denn die Anzeige, Strafanzeige geschrieben worden?

Zeuge Mi[llhahn]:

Etwas burschikos ausgedrückt, nachdem ich mich beruhigt hatte. Am selben Tage, als alles gelaufen war [5282] mit Überstunden, gegengesetzt [bb] unseren oder meinen persönlichen Erwartungen. Also unmittelbar danach, als die Sache gelaufen war, gelaufen war, heißt Übergabe der Frau Ensslin, Abgabe der Sachen.

RA Be[cker]:

Wann ungefähr? Gegen wieviel Uhr?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich sagte eingehens vorhin schon auf eine Frage, daß ich mich auf den genauen ... auf die genaue Einsatzzeit nicht festlegen kann. Ich kann nur sagen, daß es offensichtlich in den frühen Nachmittagsstunden war, daß die Einsatzdauer mit Übergabe vielleicht, eine Schätzung von mir, alles in allem eine Stunde gedauert hat und danach wurde geschrieben.

RA Be[cker]:

Und haben ... wer hat die geschrieben?

Zeuge Mi[llhahn]:

Geschrieben hat sie eine Schreibkraft, soweit ich mich erinnern kann.

RA Be[cker]:

Und wer hat sie diktiert?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich.

RA Be[cker]:

Waren da noch andere Personen anwesend?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, soweit ich mich erinnern kann, ein Kollege von der Spezialabteilung, von der vorhin gesprochen wurde ... anwesend, ja richtig.

RA Be[cker]:

Haben Sie das nachher noch mal durchgelesen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja.

RA Be[cker]:

Sind sonst noch weitere Personen anwesend gewesen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich meine, daß die Kollegen anwesend waren, aber ... ja doch ich glaub die Kollegen waren ... wenigstens einer zeitweilig.

RA Be[cker]:

Und ein Kollege von der Spezialabteilung ... erinnern Sie sich an den Namen noch?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein, weiß ich nicht genau, nein.

RA Be[cker]:

Wird das normalerweise festgehalten?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, sicherlich.

RA Be[cker]:

Wenn er anwesend ist bei ... so einer Aufnahme einer solchen Strafanzeige?

[5283] Zeuge Mi[llhahn]:

Es ist so, normalerweise unterschreibe ich, ja, und bei einer normalen ... normalerweise bei einer Strafanzeige unterschreibe ich ... als einziger aus und da hinzu kommt die Maschinenkraft, weil ich es ja nicht wörtlich ... weil ich es ja nicht geschrieben habe.

RA Be[cker]:

Haben Sie diese Strafanzeige denn unterschrieben?

Zeuge Mi[llhahn]:

Die erste Strafanzeige oder die Strafanzeige, Entschuldigung, die erste Aussage, wollte ich sagen, ich glaube, daß sie nicht unterschrieben, worden ist, aber ich weiß das nicht mit Sicherheit.

RA Be[cker]:

Warum?

Zeuge Mi[llhahn]:

Aus zu der Zeit, aus meinem Erinnerungsvermögen heraus beurteilten Vorsichtsmaßnahmen.

RA Be[cker]:

Weshalb, ich mein ... muß da Vorsichtsmaßnahme, ich mein ich will wie Sie ... muß ja einen konkreten Grund haben für solche Vorsicht, innerhalb der Polizei keine Anzeige mehr zu unterschreiben.

Vors.:

Darf ich zunächst, bevor der Herr Zeuge die Frage beantwortet, um Aufklärung bitten, inwieweit das der Sachaufklärung der hier zur Debatte stehenden Anklagepunkten dient.

RA Be[cker]:

Wollen Sie die Frage beanstanden, Herr Vorsitzender?

Vors.:

Noch nicht. Ich möchte Sie um die Begründung bitten.

RA Be[cker]:

Gut, die werde ich Ihnen nicht geben, weil ich erst mal die Antwort von dem Zeugen haben möchte.

Vors.:

Dann lasse ich die Frage nicht zu.

RA Be[cker]:

Gut. Dann beanstande ich Ihre Nichtzulassung.[15] Begründet mit folgendem: Wenn ich hier auf jede Frage, und ich habe mir also die Protokolle aus den letzten Wochen hierzu auch nochmal durchgesehen, wo immer wieder der Zweck einer Frage hier, bevor der Zeuge sie beantwortet hat, gefragt wird, ...

RA Dr. He[ldmann]:

Dann können wir uns diese Fragen sparen.

RA Be[cker]:

... können wir uns diese Fragen vollkommen ...

Richter Dr. Foth:

... redet doch wieder dazwischen ...

RA Be[cker]:

... also, sie reden offensichtlich übrigens hier auch alle dazwischen, wenn ich das hier gesehen habe gerade richtig.

Rechtsanwalt Schlaegel erscheint um 10.00 Uhr im Sitzungssaal.

[5284] RA Dr. He[ldmann]:

(unverständlich)

Richter Dr. Foth:

Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann. Wenn Herr Becker spricht, dann will ich hören, was er sagt und nicht dadurch gestört werden, daß Sie dazwischenreden.

RA Be[cker]:

Ich hab jetzt also von dem Senat gerade ... sind drei Wortmeldungen auf einmal gewesen, die alle nicht durch’s Mikrofon gewesen sind, über die man also auch nicht erfahren konnte, was da gesagt ... ich will’s aber gern nochmal wiederholen, das Problem ist folgendes. Ich hab Ihre Aufmerksamkeit, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Ich habe den Eindruck, daß Sie im Augenblick lediglich polemisieren gegen meine Frage, welchen Zweck Sie mit der Frage verfolgen, Sie sollten eine Begründung abgeben, warum diese Frage der Sacherklärung dient.

RA Be[cker]:

Nein, Sie haben die Frage beanstandet. Im Moment gebe ich eine Begründung dafür, daß ich einen Senatsbeschluß haben will und daß ich die weitere Begründung, weswegen ich eine Frage stelle, nicht bereit bin, vor der Beantwortung zu geben.

Vors.:

Gut.

RA Be[cker]:

Problem ist folgendes. Ich stelle eine Frage, hier in diesem Falle zum Beispiel danach, warum das nicht unterzeichnet worden ist, und wer dabei anwesend gewesen ist, und aus was für Gründen das nicht unterzeichnet worden ist. Es handelt sich offensichtlich ...

Vors.:

Diese Frage ist beantwortet worden ...

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender jetzt lassen Sie mich doch mal ...

Rechtsanwalt Becker spricht unverständlich weiter.

Vors.:

Nein, nein, Sie gehen von falschen Voraussetzungen aus.

RA Be[cker]:

Lassen Sie mich doch mal bitte meine Begründung hier ... ich begründe doch gerade.

Vors.:

Aber Sie gehen von falschen Voraussetzungen aus. Die Frage ist beantwortet worden. Der Herr Zeuge hat gesagt, als Vorsichtsmaßnahmen. Dann haben Sie gefragt, warum, das heißt, warum eine Vorsichtsmaßnahme. Dann hab ich ge- [5285] fragt, was hat das jetzt noch mit der Aufklärung zu tun. Sie sollten sich, wenn Sie schon hier die Beanstandung vorbringen, auch präzise an das halten, was zu beanstanden ist ...

RA Be[cker]:

Das muß ich leider ... den Vorwurf, den Sie gerade meinem Kollegen Heldmann unberechtigter Weise machen, Ihnen jetzt berechtigter Weise machen. Sie haben mich während der Antragsbegründung hier einfach unterbrochen. Sie können natürlich nicht wissen, was ich zu Ende formuliere, wenn Sie dazwischen beanstanden. Problem war, daß Sie korrekt geschildert hatten, wie [cc] die Befragung weiter gelaufen ist. Es ging im Moment darum, Vorsichtsmaßnahmen weshalb, das heißt, das genauer zu erfragen. Wenn ich jetzt hier jeweils ne Erklärung für jede Frage vorweggebe, was mich daran interessiert, dann ist das genau das, was normalerweise bei einer Frage ... Herr Vorsitzender habe ich Ihre Aufmerksamkeit?

Vors.:

Sie haben Sie.[dd]

RA Be[cker]:

Gut. Dann ist das genau das, was auch dem Zeugen praktisch bereits unter Umständen eine Antwort in den Mund legen kann. Und das soll normalerweise bei einer Befragung vermieden werden. Im konkreten Fall hier ist doch eine Auskunft wie „Vorsichtsmaßnahme“ zu unkonkret, um hieraus wirklich beurteilen zu können, wess... ob das tatsächlich glaubwürdig ist, wenn der Zeuge sagt, wir haben das nicht unterschrieben aus Vorsicht. Da muß ich doch nachfragen können, was für eine Vorsichtsüberlegung hier dahintergesteckt[ee] hat. Und immerhin handelt es sich bei dieser ganzen Anzeige, nachdem doch die Vernehmung des Zeugen selbst hier erst am 29.8. erfolgt ist, praktisch, wenn das zutreffend ist, was der Zeuge hier ausgesagt hat, um das erste schriftliche Festhalten dieses Vorgangs am Tattage. Und daß man über dieses Dokument Auskunft haben will, halte ich für vollkommen selbstverständlich, daß Sie ne solche Frage beanstanden, insbesondere, wenn ich mich jetzt über die Gültigkeit dieses Dokuments hier auch noch mit dem Zeugen unter- [5286] halte, ihm Fragen dazu stelle, das sehe ich überhaupt nicht ein. Wenn Sie jeden Verteidiger dazu zwingen, bei der Bundesanwaltschaft machen Sie’s ja nie, hier für seine Fragen jeweils Auskunft über die Motivation zu geben, dann kann man sich ne Verteidigung hier tatsächlich sparen. Ich hoffe nicht, daß das Ihr Ziel ist bei Beanstandungen dieser Fragen.

OStA Holl[and]:

Herr Vorsitzender, die Bundesanwaltschaft bittet um’s Wort.

Vors.:

Bitte.

OStA Holl[and]:

Nach Auffassung der Bundesanwaltschaft, Herr Vorsitzender, liegen die Dinge so, daß das, was hier aus dem Zeugen heraus gefragt worden sind, interne Dinge sind, die die Einsatzgrundsätze der Polizei in Hamburg berühren. Das ist ganz klar. Zu den Einsatzgrundsätzen gehört auch die Frage, ob nach Einsätzen zunächst die ... die Namen der Beteiligten Beamten offengelegt werden sollen oder zunächst in der Anonymität gehalten werden sollen.

Vors.:

Das würde bedeuten, sofern Sie über diese Einsatzgrundsätze keine Auskünfte geben dürfen, nach der Ihnen erteilten Aussagegenehmigung, daß Sie von sich aus sagen können, ich kann die Frage nicht beantworten. Dann würde die Beanstandung dadurch gegenstandslos. Aber das ist Ihre freie Entscheidung, das kann ich ...

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich bitte doch erst mal, über die Beanstandung. Das, was der Herr Bundesanwalt hier vorgebracht hat, ist doch gar keine Stellungnahme zu der Beanstandung, sondern ist ne Frage der Aussagegenehmigung, die der Zeuge selbst zu entscheiden hat. Wenn der Senat ne Frage von mir beantwortet ... beanstandet, beziehungsweise der Herr Vorsitzende, dann hat der Senat, wenn ich darum bitte, darüber zu entscheiden, und die ... hier nicht mit einer äußerst engen, meines Erachtens auch falschen Auslegung der Aussagegenehmigung hier zur Stellung zu nehmen. Insofern bitte ich hier eine Ent- [5287] scheidung zu fällen. Dann kann der Zeuge dazu Stellung nehmen, ob er das von seiner Aussagegenehmigung umfasst sieht.

Vors.:

Wir machen keine unnötigen Entscheidungen. Wenn der Herr Zeuge von sich aus glaubt, die Frage nicht von sich aus beantworten zu können, ich weiß es nicht. Also es ist Ihnen völlig freigestellt.

RA Be[cker]:

Ja heißt denn nicht Beanstandung ...

Vors.:

Sie sollen dann ... beantworten, sondern fragen, können Sie die Frage beantworten oder nicht ...

RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Ja oder nein.

RA Be[cker]:

... ich möchte jetzt doch mal vorher erst wissen, ob Sie Ihre Beanstandung aufrecht erhalten oder nicht.

Vors.:

Nein, ich habe Ihnen gesagt, wir machen keine unnötigen Entscheidungen. Wenn der Herr Zeuge die Frage nicht beantworten würde, Kraft seiner fehlenden Aussagegenehmigung ...

RA Be[cker]:

Das können Sie doch gar nicht ...

Vors.:

... bedarf keiner Entscheidung über die ...

RA Be[cker]:

Nein, die Entscheidung bedarf es doch davor, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Können Sie die Frage beantworten[ff] Herr Rechts... Herr Zeuge. Herr Zeuge können Sie die Frage beantworten.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich bitte um’s Wort für die Verteidigung ...

Rechtsanwalt Becker spricht unverständlich weiter.

Zeuge Mi[llhahn]:

Herr Vorsitzender, ich sage zu der Frage, ich habe gesagt, aus Sicherheitsgründen wurde die erste Aussage nicht unterschrieben und dabei bleibe ich, ich betone die erste Aussage.

Vors.:

Ja, Sie sind aber gefragt worden, warum nicht und ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Aus Sicherheitsgründen, die polizeiintern sind. Denn diese erste Aussage, die wurde unter Umständen auch, wenn das der normale Gang gewesen wäre, an anderen [5288] Dienststellen abgelegt, weil Aktenzeichen verwendet worden sind. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Vors.:

Wollen Sie nicht weiteres dazu sagen, können Sie nichts weiteres, das ist also ... Sie müssen’s beurteilen nach dem Umfang Ihrer Aussagegenehmigung.

Zeuge Mi[llhahn]:

Das ist eine rein polizeiinterne Sache und die rein ...

Vors.:

Jetzt geben Sie mir doch bitte die Antwort, ob Sie jetzt auf die weitere Frage des Herrn Verteidigers, warum diese Sicherheitsmaßnahmen notwendig geworden seien, Auskunft geben wollen, ja oder nein.

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein.

Vors.:

Nein. Dann bedarf es auch keiner weiteren Entscheidung des Senats.

RA Be[cker]:

Also ich möchte jetzt nochmal eines festhalten, dieser Art des Procedere, nämlich eine Frage beanstanden, nicht zuzulassen, dann den Zeugen zu befragen, und dann zu sagen, wir entscheiden nicht, das ist wirklich die Inkonsequenz also in Person, und meines Erachtens von der Prozeßordnung in keinem Punkt gedeckt, scheint Ihnen auch klar zu sein, aber es wird trotzdem praktiziert.

Vors.:

Sie irren sich. Wir machen nur das, was wir von der Prozeßordnung für völlig gedeckt halten, Herr Rechtsanwalt, im Gegensatz zu Ihrer Auffassung. Haben Sie jetzt weitere Fragen?

RA Be[cker]:

Wollen Sie hiermit behaupten, daß ich irgend hier was mache, was nicht von der Prozeßordnung gedeckt ist?

Vors.:

Nein, aber Sie behaupten, wir machten das, und das weise ich zurück ...

RA Be[cker]:

Ach so.

Vors.:

... und zwar entschieden zurück.

RA Be[cker]:

Gut, das können Sie ja, das ... weitere Fragen.

Herr Zeuge, jetzt zu dem eigentlichen Vorgang selber hätte ich noch einige Fragen. Sie haben also erzählt, daß Sie in den Laden reingekommen sind und Sie sagten, [5289] Sie sind dann stehen geblieben und setzten sich erst in Bewegung ... der erste Punkt war, wie haben Sie die Frau erkannt? Sie haben, wenn ich das vorhin richtig verstanden habe, gesagt, darf ich mal das vielleicht ... ich muß ja doch anknüpfen einfach Herr Widera. Ich bin durchaus bereit, dann keine Wiederholungsfrage zu stellen, ja? Punkt war, Sie haben vorher gesagt, Sie hätten die Frau erkannt oder beziehungsweise, daß es diejenige ist, die ... für die Sie sich interessierten, erst als sie sich in Bewegung gesetzt hätte, im Gegensatz zu anderen. Ist das ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Das sagte ich vorhin, ja.

RA Be[cker]:

Ja, und da möchte ich Ihnen doch folgendes vorhalten. Ist es die schreib... Sie sagen hier, auf Blatt 29, so im letzten Drittel: „Als ich mich kurzfristig fragend[gg] umlegte, wurde mir durch eine Frau, ich weiß nicht von welcher, im gedämpftem Ton gesagt, die mit der schwarzen Lederjacke oder ähnliches. Es war so, daß ich eigentlich nur etwas von einer schwarzen Lederjacke hörte“ und dann sagen Sie, „im letzten Drittel des Ladens am rechten Tresen sah ich eine Frau mit einer dunklen Jacke, die ich seitlich schräg aber mehr von hinten sah“.

OStA Zeis:

Ich beanstande den Vorhalt, Herr Vorsitzender. Der Herr Rechtsanwalt hat ein Wort ausgelassen so ...

RA Be[cker]:

Bitte um Entschuldigung, das ist ein Versehen gewesen.

Vors.:

Das war sicher nicht absichtlich.

OStA Zeis:

Das weiß ich nicht.[hh]

Vors.:

Es fehlt, ich sah eine Frau mit einer dunklen Jacke stehen. Das Wort „stehen“ hat gefehlt.

RA Be[cker]:

Also, da ohne Absicht, und wenn Sie mir jetzt ... mein Vorhalt ist eigentlich lediglich ... vorher haben Sie gesagt, erkannte die erst, als sie sich bewegte, und hier sagen Sie doch offensichtlich, daß Sie sie auf Grund der Beschreibung erkannten.

Zeuge Mi[llhahn]:

Dazu möchte ich folgendes sagen. Wenn man in so einem Laden steht und schaut sich um, dann sieht man eine [5290] Reihe von Personen. Und sicherlich habe ich, was heißt sicherlich, wahrscheinlich habe ich subjektiv auch Frau Ensslin schon gesehen, stehen sehen. Erst aber als sie sich in Bewegung setzt als einzige, da schöpfte oder hatte ich den ersten Anhalt eines Verdachtes.

RA Be[cker]:

Ja aber dann möchte ich vielleicht Ihnen noch weiter vorhalten. Sie sagen dann, offensichtlich, das ist auch noch Blatt 29: „Offensichtlich hatte mich diese Frau noch nicht gesehen, da sie in Richtung Tresen schaute. Ich ging zögernd einige Schritte in Ihre Richtung, beziehungsweise (cirka drei bis vier) Schritte in ihre Richtung“. Auch das würde doch eigentlich Ihrer bisherigen Aussage widersprechen. Warum gehen Sie in ihre Richtung, wenn Sie sagen, Sie hätten sie nicht erkannt?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich gehe ...

RA Be[cker]:

Ja.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich gehe weiter in den Laden hinein. Ich hatte vorhin den Laden versucht zu beschreiben, und ging dabei auch in ihre Richtung. Wissen Sie, wenn man etwas subjektiv macht, und stellt im nachhinein fest, diese Phase jetzt war genau die richtige, dann bringe ich doch das nur wieder, was objektiv stattgefunden hat, auch wenn es vielleicht nicht geziehlt gedanklich von mir so zu der Zeit von statten gegangen ist.

RA Be[cker]:

Herr Zeuge, den Vorhalt ... die Erklärung möchte ich Ihnen nicht ganz abnehmen, ich werde auch ne Frage dran knüpfen. Problem ist, wir haben aber Ihre ganze Erklärung bis zu diesem Punkt nicht aus Ihrem nachträglichen Wissen geschöpft, etwa gesagt, hier, das war Frau Ensslin oder sonst was, sondern Sie haben jeweils nach Ihren damaligen subjektiven Erkenntnisstand die Sache geschildert. Ich meine, ich will Ihnen das gerne noch mal anhand des Protokolls hier vorhalten. Aber ich kann’s Ihnen auch so bereits sagen. Es ist so geschildert, also keine ... Schilderung.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, das ist richtig. Ich sehe bloß nicht Ihren Frage- [5291] sinn, wenn ich jetzt ... Sie haben eine Frage gestellt, und ich habe versucht, Ihnen jetzt zu erklären, wie es zu diesen Bewegungen meinerseits und zu den Feststellungen, wie das nachher, wieso es zu der schriftlichen Festhaltung gekommen ist, verstehen Sie, wenn ich jetzt irgendwo stehe und stelle jetzt fest, da stehen jetzt zwanzig Leute rum ...

RA Be[cker]:

Sie müssen in’s Mikrofon sprechen.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, ich wollte nicht unhöflich sein, Sie anschauen, Entschuldigung. Wenn ich also zwanzig Leute stehen sehe und ich mustere sie mit den Augen, dann fällt mir selbstverständlich möglichst viel ins Auge. Ich versuche also möglichst viel zu erfassen und sicher werde ich auch ... sicherlich nicht sagen, wahrscheinlich werde ich wohl auch Frau Ensslin dabei gesehen haben, wie sie dort stand. Und da ich etwas von Mantel höre sehen Sie mal das ist ein Ablauf von Bruchteilen von Sekunden ich höre etwas von einem Mantel, ob sie jetzt noch, ich hab ja nicht gesagt, daß sie vielleicht noch ne halbe Minute dort gestanden hat; ich sah sie stehen, ging auf sie zu; in dem Augenblick oder Bruchteile von Sekunden später kam sie mir entgegen. Das ist ein Ablauf, so muß das gesehen werden, das ist eine Phase ohne irgendwelche längeren Unterbrechungen.

RA Be[cker]:

Ja aber es ist ... widerspricht doch dem, was Sie ... was Sie gerade vorher gesagt haben, daß Sie nämlich gesagt haben, daß Sie sie überhaupt auf sie aufmerksam jetzt geworden wären, als sie sich in Bewegung gesetzt hätte.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Widera.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich beanstande diesen weiteren Vorhalt. Ob es nach Auffassung der Verteidigung widerspricht oder nicht widerspricht, das kann völlig dahinstehen. Der Zeuge hat aus seiner Sicht zweimal die Frage beantwortet.

Vors.:

Ich würde vielleicht, Herr Rechtsanwalt, um Ihnen den [5292] Weg hier zu vermitteln, Sie doch bitten, nochmals die ersten fünf Worte des Vorhalts dem Herrn Zeugen vorzuhalten. Vielleicht klärt sich dann die Frage. Ich meine also insbesondere Ihre Bedenken, daß hier ein Widerspruch vorliegen könnte, würden vielleicht hier leichter zu beseitigen sein.

RA Be[cker]:

Welche denn?

Vors.:

„Ich ging zögernd einige Schritte“ heißt es hier. Und das bestätigt doch das, was der Herr Zeuge sagt. Wenn das Wort „zögernd“ von Ihnen vielleicht jetzt noch ausgedeutet werden soll durch Fragen mit dem Herrn Zeugen, was da ... zu sehen ist, dann wird er vielleicht Ihre ganze Problematik dadurch rascher bereinigt sein. Ich möchte Ihnen die Gelegenheit geben, an sich hat die Bundesanwaltschaft recht, der Herr Zeuge kann nicht mehr tun als eben seine Situation schildern. Und Sie haben die Möglichkeit, das hinzunehmen, oder einen Widerspruch drin zu sehen. Aber ein drittes mal immer wieder das selbe durchzukauen, wird wohl nicht weiterführen.

RA Be[cker]:

Jaja, ich will mich auf jeden Fall an dem Punkt, den Sie hier gern nochmal als Vorhalt haben wollen, nicht weiter aufhalten. Den halte ich nämlich für nicht so relevant, aber es bleibt ja auch bei dem Widerspruch, Sie haben vollkommen recht. Den zweiten Punkt, der mich interessieren würde, ist, Sie haben hier vorher geschildert, fünf Meter entfernt war ... seien[ii] Sie von der Person gewesen, als sie sich bewegt habe, und ist das ne präzise Erinnerung?

Vors.:

Ich darf dazu sagen, der Vorhalt ist nicht richtig. Es war von vier Metern die Rede gewesen, bloß um es genau zu machen.

RA Be[cker]:

Das wird das Protokoll nachher auch zeigen.

Vors.:

Ja.

Zeuge Mi[llhahn]:

Es ist keine präzise Feststellung, um auf Ihre Frage einzugehen, präzise nicht insofern, daß ich nicht [5293] in der Lage bin, genau fünf Meter, ich sagte, ich komme vom hellen ins dunkle, ich hatte einen räumlichen Eindruck und dabe ...

Vors.:

Herr Zeuge, es genügt, wenn Sie die Frage dahin beantworten und sagen, es war keine präzise Feststellung. Sie brauchen’s nicht zu erläutern, sonst kommen wir hier mit diesen Fragen gar nicht mehr zu Ende.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ist mir recht ...

RA Be[cker]:

Dann hätte ich noch ne Frage. Sie haben gesagt, Sie hätten versucht, ihr in die Augen zu schauen, als sie an Ihnen vorbei gewollt hat. Wie haben Sie denn das genau gemacht.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich weiß nicht, ob ich das gesagt habe. Darf ich das ... hab ich das gesagt oder steht das irgendwo schriftlich?

Vors.:

Ich meine Sie hätten gesagt, ins Gesicht zu schauen.

Zeuge Mi[llhahn]:

... genau so glaub ich auch, das gesagt zu haben.

Vors.:

Sie haben auch demonstriert, genau sich sogar erinnert, wie hab ich den Kopf dazu halten müssen. Es ist also genau vorgeführt und demonstriert worden von dem Herrn Zeugen.

RA Be[cker]:

Ja was ... was für einen Zweck hatte das denn, das Gesicht haben Sie doch gesehen, es ging doch ... Aie haben doch selber gesagt, es ging Ihnen ... die Frau hat weggeguckt von Ihnen, komischerweise an den Boden. Worum ging es Ihnen denn bei dem ins Gesicht schauen. Was hatte das für einen Sinn für Sie?

Zeuge Mi[llhahn]:

Wenn ich jemand anspreche, dann schau ich ihm ins Gesicht, das wollte ich eben auch, aber dabei stört das Mikrofon, denn da muß ich ja hinschauen und das war der Sinn. Ich wollte ihr ins Gesicht schauen, wenn ich jemand anspreche, einmal, weil es zur Höflichkeit gehört und zum anderen, weil ich aus Gesichtszügen unter Umständen eine Reaktion erkennen kann.

[5294] RA Be[cker]:

Dann hätte ich noch eine Frage. Als Sie ... als Sie den Arm bereits also oben und unten im Griff hatten, wo lag der Arm, auf dem Rücken?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich sagte das vorhin schon ...

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender, ich beanstande die Frage. Sie ist nicht genug präzise, damit der Zeuge sie auch eindeutig beantworten kann.

Vors.:

Entschuldigen Sie, Herr Bundesanwalt nochmals, was hatten Sie gerade gebeten?

OStA Zeis:

Ich beanstande die Frage, weil sie nicht präzise genug ist, daß sie auch vom Zeugen präzis beantwortet werden kann, da war immer von einem Arm die Rede.

RA Be[cker]:

Gut, ich will die Frage ... ja.

Vors.:

Ich glaube, Herr Rechtsanwalt Becker, der Herr Zeuge hat vorhin ganz eingehend beschrieben, wie das in seiner Erinnerung noch verhaftet ist.

RA Be[cker]:

Das einzige, was ich nicht dabei gehört habe, ist, wo dieser Arm genau gelegen hat. Er hat gesagt, sie hat ... er hat sie nachher ...

Vors.:

Welchen Zeitpunkt meinen Sie jetzt?

RA Be[cker]:

Zeitpunkt mein ich denjenigen, wo er ...

Vors.:

Danke, Verzeihung.

RA Be[cker]:

... wo er die ... die ... den Arm an zwei Stellen, nämlich am Oberarm[jj] und an der Fessel gehalten hat und gleichzeitig Bewegungen in bestimmte Richtung beobachtet haben will. Und da wollte ich gerne wissen, wo der Arm war.

Vors.:

Gut, also in diesem engen Rahmen können Sie vielleicht die Frage beantworten, nochmals.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja. Der Arm war, es handelt sich in dem Falle um den rechten Arm der Frau Ensslin, nur den hatte ich im Griff, anfangs zu der entscheidenden Phase, und der war an Ihrem Rücken. Wo genau, kann ich nicht sagen, ob er ein bißchen abgewinkelt war unten und dadurch, ich sagte vorhin, ich würde es gerne demonstrieren, viele Fragen würde das vermutlich völlig annulieren, wenn ich es zeigen könnte. Das ist nämlich ein ganz normaler Bewegungsablauf, der erfolgt bei dem Griff, den ich [5295] dort angesetzt hatte.

Vors.:

Einverstanden?

RA Be[cker]:

Vielleicht ... ich möchte’s gerne vorher noch etwas verbal klären.

Zeuge Mi[llhahn]:

Dann kann ich nur sagen, ich weiß es nicht genau, wo der Arm sich im ... am Rücken der Frau Ensslin befunden hat.

RA Be[cker]:

War das ein normaler Polizeigriff, wo das dann praktisch der Unterarm ... also beziehungsweise die Hand höher als der Ellbogen lag, also höher am Rücken als der Ellbogen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Offensichtlich noch nicht, denn wenn ich ihn fest ... wenn ich den Arm fest im Griff gehabt hätte zu der Zeit, hätte sie auch keine Chance gehabt, sich daraus zu lösen. Und der Versuch würde allenfalls schmerzhaft für sie sein, und ich hätte nicht den Kraftaufwand aufbringen müssen.

RA Be[cker]:

Ja wo haben Sie ihn dann gehabt?

Der Zeuge demonstriert, wie er den Arm von Frau Ensslin auf deren Rücken hielt.

Zeuge Mi[llhahn]:

Vermutlich so, in dieser Lage. Wenn Sie so den Arm halten, weil ich ... nicht hochkriege, aber sie nach unten zieht, verstehen Sie, dann kann sie noch viel Kraft aufbringen. Wenn es hier oben ist, dann brauch nur noch ein bißchen gegenzudrücken, dann tut sie nichts mehr.

RA Be[cker]:

Hat das Gericht das gesehen?

Vors.:

Wir sind gerade am überlegen, Herr Rechtsanwalt, welche weibliche Demonstrationsperson wir hier in den Sitzungssaal stellen könnten, und würden doch meinen, es wär zweckmäßig, statt weiterzufragen, daß wir den Herrn Zeugen das tatsächlich mal vorführen lassen, wie das ist ... war. Sind Sie nicht damit einverstanden?

RA Dr. He[ldmann][kk]:

Es braucht keine weibliche zu sein.

Vors.:

Es kann auch ein Mann sein, aber wir wollen’s möglichst [5296] realitätsbezogen machen. Die[ll] hätte[mm] sogar die[nn] Jacke anziehen können.

RA Be[cker]:

Nein, derartige ... das ist ne falsche Vorstellung von Realität, glaub ich, ja, so daß mit der Jacke, da irgendwie mehr Realität hergestellt wird.

Vors.:

Da die rechte Tasche dieser Jacke eine Rolle spielt, glaube ich, ist das gar nicht so unwesentlich, wenn Sie schon so präzise diese Fragen beantwortet wissen wollen.

RA Be[cker]:

Meine Frage ist nämlich, wo die ... wo die Hand gewesen ist, daß sie auf dem Rücken gewesen ist ...

Vors.:

Ja, das wollen wir ja jetzt mal vorführen lassen, wie das gewesen ist. Der Herr Zeuge kann’s vorführen, wie er die betreffende Person gehalten hat. Wir halten das für einen richtigen Weg und er wird uns wohl Zeit ersparen, statt Fragen theoretischer Art mehr zu stellen.

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender ...

Vors.:

Bitte, Herr Bundesanwalt.

OStA Zeis:

... darf ich noch eine zur Sache gehörende Frage stellen an den Herrn Zeugen.

RA Be[cker]:

Ich bin mit meiner Befragung noch nicht zu Ende, ich mein ...

OStA Zeis:

Ach so, ich dachte, ich dachte.

RA Be[cker]:

Ich dachte nur, wenn Sie das hier einschalten wollen ...

Vors.:

Ja wenn Sie weiter diesen Themenkreis jetzt erörtern wollen, dann würde ich sagen, machen wir zuerst diese Demonstration.

RA Be[cker]:

Gut.

Vors.:

Einverstanden?

RA Be[cker]:

Ja ...

Vors.:

Sind vorher andere Fragen.

RA Be[cker]:

Herr Kollege Heldmann hat noch ein ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ich habe ... ich habe eine Frage an den Herrn Zeugen. Mir ist eines unklar geblieben. Sie haben in Ihrer heutigen Aussage sehr eindringlich geschildert, erheblichen körperlichen Aufwand hätten Sie erbringen müssen, um Frau [5297] Ensslin zu halten, ihren Arm zu halten. Und ich halte weiter vor, dabei seien Sie beide zu Fall gekommen, und daraufhin hätten Sie aufgeregt und in der Aufregung in barschem Ton Ihren Kollegen zugerufen: Guck in die rechte Tasche. Und meine Frage, die sich daran knüpft, ist, warum, wo Sie also derartigen harten Zweikampf zu führen hatten mit der Gefahr, die Sie selbst angegeben haben für Sie, warum hat nicht sogleich Ihr Kollege eingegriffen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Sie haben, soweit ich mich jetzt erinnern kann, meine Ausführung in zwei Punkten etwas verdreht. Und zwar habe ich gesagt, ich habe den rechten Arm ergriffen, mit diesem besagten Griff, der wohl noch folgen wird, und erst als wir zu Boden gegangen sind, nicht von mir gestoßen oder ähnlich ...

RA Dr. He[ldmann]:

Hab ich nicht gesagt.

Zeuge Mi[llhahn]:

... erst da unten kam es zu diesem erheblichen Kraftaufwand in Richtung Tasche. Und das wurde auch, glaub ich, gesagt vorhin.

RA Dr. He[ldmann]:

Genau das hatte ich Ihnen vorgehalten. Erheblichen körperlichen Aufwand um sie zu halten, und warum - also meine Frage ist unbeantwortet, und ich stelle sie erneut - warum hat in dieser für Sie nach Ihrer Schilderung durchaus gefahrträchtigen Situation, Ihr Kollege nicht zu Ihrer Hilfe eingegriffen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Mein Kollege hat eingegriffen, er hat sich nämlich um den linken Arm gekümmert. Er war mit an der Person, wie man so schön sagt, und erst als ich beide Arme ...

Vors.:

Die Frage ist beantwortet. Die Frage lautete, warum nicht und Sie sagten, hat eingegriffen.

RA Dr. He[ldmann]:

...mal bitten, wie Sie es vorhin getan haben, den Herrn Zeugen doch, bevor Sie unterbrechen, seine Antwort ganz geben zu lassen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es ist so. Die Frage zwingt zu einer Wiederholung [oo] bereits längst gegebener Schilderungen. Der Herr Zeuge hat Ihnen die Frage, warum nicht, beantwortet, [5298] er hat doch, und damit ist Ihre Frage beantwortet. Es bedarf keiner neuen Schilderung dessen, was schon geschildert ist und ...

RA Be[cker]:

Sie wissen doch gar nicht ...

RA Dr. He[ldmann]:

Genau das wollte ich Ihnen vorhalten. Wir wissen doch nicht, was der Herr Zeuge noch hat sagen wollen.

Vors.:

Der Herr Zeuge hat gesagt, ...

Rechtsanwalt Dr. Heldmann spricht unverständlich dazwischen.

Vors.:

... er hat doch eingegriffen.

RA Dr. He[ldmann]:

Aber ich weiß nicht, was er noch hat sagen wollen, als Sie ihn unterbrochen haben. Darauf kam es mir auch an.

Zeuge Mi[llhahn]:

Das war, ich darf es Ihnen kurz noch ausführen ...

Vors.:

Herr Zeuge, ich bitte Sie, also die Fragen ganz präzise zu beantworten. Wenn die Frage lautet, warum nicht, dann ist Ihre Antwort gewesen, ganz klar, er hat doch. Gut[pp] Sie haben dann den Einsatz, er hat den Einsatz ...

RA Be[cker] (mit lauter Stimme)[qq]:

Die Antwort des Zeugen ist,[rr] daß ... immer noch von dem Zeugen selber gegeben und nicht von Ihnen.

Vors.:

... schreien Sie nicht einfach dazwischen, Herr Rechtsanwalt Becker.

RA Dr. He[ldmann]:

Das ist eine Beanstandung, Herr Vorsitzender.

Vors.:

Das ist keine Beanstandung ein Zwischenschreien in dieser Form. Ich habe jetzt den Herrn Zeugen ...

RA Dr. He[ldmann]:

Dann bitte ich, daß wir erst unsere Beanstandung loswerden.

Vors.:

Was wollen Sie beanstanden?

RA Dr. He[ldmann]:

Ich beanstande, daß Sie dem Herrn Zeugen hier eine konkrete Rezeptur in die Hand geben, wie er die Fragen der Verteidiger zu beantworten habe.

Vors.:

Präzise, das war die konkrete Rezeptur, präzise die Frage, sich überlegen und beantworten; bitte jetzt, was ist beanstandet?

[5299] RA Dr. He[ldmann]:

Ihre Unterbrechung ist beanstandet worden.

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Also wir fassen das als eine Rüge auf, die zu Protokoll gelangt ist und der Senat sieht keine Möglichkeit, einen Gegenstand, über den zu entscheiden wäre, hier herauszukristallisieren.

RA Dr. He[ldmann]:

Dann bitte ich noch eines, Herr Zeuge, als der Herr Vorsitzende Sie eben in Beantwortung meiner Frage unterbrochen hat, bitte würden Sie mir sagen, was Sie da noch haben sagen wollen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das sag ich, und zwar, der Kollege griff erst dann in die Tasche, als ich Frau Ensslin fest im Griff hatte. Er hat mir geholfen, indem er den linken Körperteil genommen hat und ich den rechten. Und als die lin... als ich den rechten Arm einigermaßen fest hatte, konnte ich auch den linken Arm noch nehmen und ebenfalls festlegen und dann griff er in die Tasche. Anders wär das ja auch nicht möglich gewesen, wir waren zwei Leute nur in dem Laden.

RA Be[cker]:

Darf ich so ne Anschlußfrage vielleicht ...

Vors.:

Jetzt hat sich zunächst mal Herr Bundesanwalt Zeis zu Wort gemeldet gehabt, Herr Rechtsanwalt Heldmann, weitere Fragen?

RA Be[cker]:

Nein, also wenn Sie ...

RA Dr. He[ldmann]:

Noch die Anschlußfrage zuzulassen ...

RA Be[cker]:

Die Anschlußfrage ...

Vors.:

Ich sage nochmals ...

RA Dr. He[ldmann]:

Frage Zusammenhang ...

Vors.:

... ich muß den Wortmeldungen ... ich muß den Wortmeldungen wenigstens irgendwo noch eine Reihe eingeben. Es sei denn, daß der Herr Bundesanwalt Zeis zuläßt ...

RA Be[cker]:

Herr Bundesanwalt, würden Sie das gestatten, daß ich noch ne Anschlußfrage stelle?

OStA Zeis:

Wenn Sie unbedingt drauf Wert legen, Herr Rechtsanwalt.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Becker.

[5300] RA Be[cker]:

Herr Zeuge, Anschlußfrage, warum hat denn dann Ihr Kollege sich erst mal um die Handtasche gekümmert?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das ist vielleicht besser an Herrn Freiberg zu richten, diese Frage.

Vors.:

Das ist keine Frage, die wohl an den Zeugen zu richten ist. Und außerdem ist die Frage auch beantwortet[ss], Herr Rechtsanwalt.

RA Be[cker]:

Dann frag ich ne innere Tatsache dazu. Hat es Sie gewundert, daß er zuerst an die Handtasche gegangen ist? In dem Moment?

Zeuge Mi[llhahn]:

Da muß ich sagen, ja, denn ich glaube, ich sagte nochmal unbeherrscht, in die Tasche, aber Tasche und Tasche, in einer aufgeregten Situation. Vermutlich nahm er an, ich meine die Handtasche, was weiß ich, in dem Augenblick.

RA Be[cker]:

Sie haben aber vorher gesagt, die rechte Tasche hätten Sie gerufen, nicht einfach Tasche.

Zeuge Mi[llhahn]:

Das ist richtig, das hatte ich gesagt und die rechte Tasche ist ...

RA Be[cker]:

Ist doch recht klar rechte Tasche, ja.

Zeuge Mi[llhahn]:

Bitte?

RA Be[cker]:

Die rechte Tasche ist bei Ihnen auch die rechte Tasche und bei dem Kollegen auch.

Zeuge Mi[llhahn]:

Bei mir ja, bei mir ja.

RA Be[cker]:

Dann hab ich keine Fragen im Moment.

Vors.:

Herr Bundesanwalt.

Ende von Band 290.

[5301] OStA Ze[is]:

Herr Millhahn, erinnern Sie sich noch, ob Frau Ensslin ’ne Brille trug? Gegebenenfalls ja, was für eine?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nur schwach. Aber ich glaube, es war eine dunkle wagenradähnliche Brille, Sonnenbrille.

OStA Ze[is]:

Herr Millhahn, dann darf ich Ihnen grad’ Ihre Aussage vorhalten

in SonderO. 68 Bl. 30, die 6. Zeile:

„Ich bemerkte aber noch, daß sie eine große dunkle Brille trug“.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, das sagte ich doch eben.

OStA Ze[is]:

Sie waren sich nur nicht mehr ganz sicher.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich war mir jetzt nicht mehr sicher. Aber wenn es da sogar schriftlich steht, dann ist das natürlich aus einem frischeren Erinnerungsvermögen und sicherlich auch richtig.

OStA Ze[is]:

Danke. Keine weiteren Fragen mehr.

Vors.:

Herr RA Künzel.

RA Kü[nzel]:

Herr Zeuge, bei Ihrer ersten Vernehmung im Anschluß an das Geschehen, wußten Sie da bereits, um welche Personen es sich bei dieser Festgenommenen gehandelt hat?

Zeuge Mi[llhahn]:

Anfangs nein; später ja.

RA Kü[nzel]:

Nun eine Frage zum Zeitablauf:

Gesetzt den Fall, in diesem Geschäft wäre eine zum Schießen, insbesondere auf einen Polizeibeamten, wild entschlossene Kundin gewesen, die zusätzlich noch eine Feuerwaffe schußbereit gehabt hätte, hätte sie Zeit gehabt, zwischen dem Betreten des Ladens durch Sie und dem ersten körperlichen Zugriff einen Schuß abzugeben, rein zeitlich?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, ich bitte ums Wort.

Vors.:

Herr B. Anwalt, wollen Sie die Frage beanstanden?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ja. Ich beanstande die Frage deshalb, weil der Zeuge, so gut er es konnte, nach seiner Erinnerung Zeitangaben dazu auch gemacht hat. Ob da nun etwas geschehen kann oder nicht, das ist nicht Sache des Zeugen, das zu beantworten. Der Zeuge hat Beobachtungen, die er gemacht hat, hier wiederzugeben. [5302] Seine Angaben hat er schon gemacht. Schlußfolgerungen kann der Herr RA Künzel selber ziehen.

Vors.:

Ich glaube, daß der Herr Zeuge die Tatsachen selbst beurteilen kann, ob tatsächlich eine solche Reaktion möglich gewesen wäre. Insofern kann er danach gefragt werden. Es wäre nur wünschenswert, Herr RA Künzel, wenn man vielleicht die Frage dahin einengt vom Zeitpunkt des vom Herrn Zeugen zuerst beobachteten Erkennens, wo also ein Hinweis gegeben ist, daß Frau Ensslin ihn erkannt hat.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender!

Vors.:

Denn das bloße Stehen im Geschäft ohne zu erkennen würde also in diesen Zeitraum sicher nicht einzubeziehen sein.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, dann darf ich vielleicht noch ergänzend sagen, daß in 20, 30 Sekunden - jedenfalls noch unter einer Minute - eine Waffe, die zum Schuß bereit ist, natürlich abgefeuert werden kann. Das ist meine Schlußfolgerung aus der Aussage des Zeugen.

Vors.:

Sicher. Aber es interessiert eben hier den Herrn Rechtsanwalt, einen Zeugen dazu zu hören, der die tatsächlichen Verhältnisse damals gekannt hat. Es ist durchaus zulässig, zumal ein Polizeibeamter im Umgang mit Waffen vertraut ist, ob er nach seiner Beurteilung glaubt, daß in dieser Zeit ein Schuß möglich gewesen wäre. Aber es muß eben abgestellt werden auf den Zeitpunkt des ersten Erkennens, Herr Rechtsanwalt.

RA Kü[zel]:

Das ist wohl nicht zwingend, weil der Zeuge schildert ja, das müsse so eine Situation eines Schreckens gewesen sein.

Er kommt und alles ist nun unbeweglich, steht und staunt, daß da ein Polizeibeamter hereinkommt, und ich glaube, dieser Zeitpunkt, in dem nun alles starr dasteht, ist wohl der, der in Frage kommt.

Vors.:

Ist geklärt.

Herr Zeuge, beantworten Sie, ob Frau Ensslin Zeit gehabt hätte, auf Sie zu schießen, wenn sie wild entschlossen gewesen wäre. Das war wohl der Sinn.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich glaube, ich kann rundheraus sagen: Ja, die Möglichkeit hätte sie gehabt, die zeitliche Möglichkeit natürlich.

[5303] RA Kü[nzel]:

Herr Zeuge, folgende Frage:

Sagen Ihnen die Hebelgesetze etwas? - Hebel, Kraft, Hebelgesetze.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja.

RA Kü[nzel]:

Sie haben vorhin gesagt, Sie schließen die Absicht dieser Kundin unter anderem auch daraus, daß vom Unterarm aus die größere Kraftentfaltung erfolgte. Das kann doch nun auch einfach mit dem Hebel zusammenhängen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Aus der Beuge heraus. Sie haben natürlich recht:

Wo die Kraft ausgeht, das kann ich an Ort und Stelle nicht beurteilen. Aber ich möchte verweisen auf das, was nachher demonstriert werden soll.

RA Kü[nzel]:

Herr Zeuge, folgendes:

Hat sich vom Zeitpunkt Ihres ersten Zugriffs an, bis zur Hamburger-8[16], hat sich irgendwann einmal die Intensität, die Heftigkeit der Gegenwehr der Zeugin geändert?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, und zwar in dem Augenblick etwa, wo der Kollege die Schußwaffen an sich genommen hatte, da ließ es für einen gewissen Zeitraum nach. Erst als er den Laden wieder verließ, um die Acht zu holen und ich jetzt für den Augenblick alleine war, brachte sie nochmals einen etwas größeren Kraftaufwand auf, um sich aus dem Griff wohl zu lösen.

RA Kü[nzel]:

Aber in diesem Zeitpunkt hatten Sie ja nun auch die Kundin ganz beherrscht?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ganz beherrscht - ich möchte sagen, ein erneutes Kämpfen ausschließen, kann ich nicht.

RA Kü[nzel]:

Keine Frage mehr.

Vors.:

Wir sind grade dabei, eine der Damen, die in Frage kommt, zu bitten. Wir wollen vielleicht jetzt die Asservate hier noch vorlegen vor der Demonstration.

Richter Dr. Be[rroth]:

Herr Millhahn, bevor es zur Demonstration kommt, in deren Rahmen Sie ja ein paar Asservate vorgeführt bekommen, hab’ ich noch Fragen an Sie:

Wie sah denn die Jacke nun tatsächlich aus? War es eine schwarze Lederjacke oder wie ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Es war eine dunkle Lederjacke. Ich meine sogar - ich erinnere mich nicht sicher - eine matte und ...

[5304] Richter Dr. Be[rroth]:

Also Wildlederjacke, meinen Sie das?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, sicher, ja.

Richter Dr. Be[rroth]:

Hatte diese [tt] Jacke schräge Taschen, waagrechte Taschen, aufgesetzte Taschen? Können Sie sich daran erinnern?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein, ich kann mich nicht erinnern. Ich weiß aber, und das war für mich auffällig, daß es eine verhältnismäßig lange Jacke war und deswegen vorhin in dem Bericht auch die Einlassung von wegen Mantel oder Jacke.

Richter Dr. Be[rroth]:

Soweit zur Jacke und nun zu den Waffen:

Sie sagen, Sie haben sie selbst nicht in der Hand gehabt, aber doch als Polizist sich so weiter darum gekümmert, daß Sie gesehen haben Revolver oder[uu] Pistole?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nur das, richtig.

Richter Dr. Be[rroth]:

Was war an diesem Revolver noch Auffälliges für Sie?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das kann ich nicht sagen.

Richter Dr. Be[rroth]:

Wenn Sie sich’s mal ganz in Ruhe überlegen, vielleicht von der Farbe her?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein, kann ich nicht sagen, weiß ich nicht.

Richter Dr. Be[rroth]:

Wenn Sie sich überlegen, daß die meisten Waffen, die Sie benützen, brüniert[vv] sind, ob Ihnen da was einfällt?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein, nicht.

Richter Dr. Be[rroth]:

Und vom Kaliber her, da interessiert man sich doch vielleicht auch dafür als Polizeibeamter?

Zeuge Mi[llhahn]:

Großkalibrig, das weiß ich noch.

Richter Dr. Be[rroth]:

Großkalibrig, auch bei der Pistole?

Zeuge Mi[llhahn]:

Jaja.

Dem Zeugen wird zunächst das Asservat C 2.1 Pos. 5 vorgeführt.

Richter Dr. Be[rroth]:

Kann es eine Jacke dieser Art gewesen sein? Oder erinnern Sie sich an Einzelheiten, daß Sie sagen können, diese Jacke war es?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein, kann ich nicht. Ich kann nur sagen, daß also dieses Matte und Dunkle dem entspricht, was ich in Erinnerung habe. Alles andere kann ich nicht beurteilen, weder Form noch Schnitt.

[5305] Asservat C 2.1 Pos. 9 wird in Augenschein[17] genommen und dem Zeugen vorgeführt.

Zeuge Mi[llhahn]:

Da kann ich nur sagen, ein Revolver, wie ich einen Revolver einfach in Erinnerung habe, ohne jetzt sagen zu können, das war er oder genauso einer war er.

Asservat C 2.1 Pos. 10 wird in Augenschein genommen und dem Zeugen vorgeführt.

Ich glaube, an diese Art Waffe kann ich mich noch besser erinnern, weil sie eben verhältnismäßig groß ist und auch braune Griffstellen hat. Ich bilde mir ein, daß ich sie auch gesehen hatte, als der Kollege sie mir zeigte, nachdem er sie aus der Handtasche genommen hatte und auch bei der Entladung. Aber wie gesagt, nur das subjektiv.

Richter Dr. Be[rroth]:

Es könnte also diese Waffe gewesen sein?

Zeuge Mi[llhahn]:

Es könnte die Waffe gewesen sein, ja.

Richter Dr. Be[rroth]:

Und wenn Sie sich noch die aus dem Revolver entfernten Patronen ansehen? Sie haben vorhin erwähnt, Sie hätten sich interessiert, weil Sie noch nie derartige Munition in Händen gehabt haben?

- Dem Zeugen werden die aus dem Revolver Ass. C 2.1 Pos. 9 entfernten Patronen vorgeführt. -

Zeuge Mi[llhahn]:

Das ist richtig, ja.

Richter Dr. Be[rroth]:

Nun: Erinnern Sie sich daran, daß es derartige Munition war?

Zeuge Mi[llhahn]:

Solche Munition war es mit Loch im Kopf.

Richter Dr. Be[rroth]:

Und beim Entladen der Pistole ist auch noch eine einzelne Patrone entfernt worden aus dem Lauf.

Asservat C 2.1 Pos. 10 - einzelne Patrone aus dem Lauf der Pistole - wird in Augenschein genommen und dem Zeugen vorgeführt.

War es von der Größe her ...?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja.

Richter Dr. Be[rroth]:

Dankeschön.

Vors.:

Wir wollen Ihnen auch noch die Ausweispapiere ganz kurz zur Einsicht übergeben, ob Sie damit etwas anfangen können.

[5306] Asservate C 2.2 Pos. 1 und 2 werden in Augenschein genommen und dem Zeugen vorgeführt.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, insbesondere an den Reispass und da an das Deckblatt, dies eingedruckte „Reins“ mit dem zerfetzten Rand. Das weiß ich noch, soweit sich später rausstellte, daß es nicht stimmte auch.

Vors.:

Dankeschön.

RA Dr. He[ldmann]:

Dürften wir uns die Asservate mal betrachten bitte?

Vors.:

Jederzeit. Bloß würde ich vorschlagen, hier am Tisch.

Die sind gestern, Herr Rechtsanwalt, schon alle zum Augenschein hier aufgelegen. Sie dürfen sie selbstverständlich ansehen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, die zuvor bezeichneten Asservate zu besichtigen.

Ich würde dann vorschlagen, daß wir vielleicht Frau Benz nachher Gelegenheit geben, die Jacke nachher anzuziehen.

Der Herr Zeuge wird nun gebeten, zu demonstrieren, wie er damals den Griff angesetzt hatte. Als Darstellerin hat sich Frau Amtsinspektorin Benz zur Verfügung gestellt. Sie trägt die Jacke, die nach dem Asservatenverzeichnis damals von der Angeklagten Ensslin getragen worden sein soll.

Zeuge Mi[llhahn]:

Wenn Sie sich etwa so hinstellen und jetzt mit dem Blick nach unten, noch ein bißchen tiefer gesenkt den Kopf. So. Und jetzt langsam auf mich zu ... also so gehen. In die Richtung in die Sie jetzt aufgestellt sind. Und dann hab ich mich so in den Weg gestellt und hab gefragt: „Was ist los?“ In dem Augenblick ging die Hand in bzw. zur Tasche, und ich griff jetzt hier rein, nahm sie, sie ging nach vorne, so wie jetzt und ging zu Boden und ich folgte ihr.

Und jetzt wollen wir mal das Zubodengehen ausklammern. Wenn Sie sich mal bitte runterbegeben.

Amtsinspektorin Benz:

Nur setzen oder -

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja, eigentlich müßten Sie sich setzen, ja. Wir wollen das mal auslassen.

[5307] Die Beine waren jetzt angezogen, und wenn ich den Arm jetzt so halte, dann merkte ich, wie Frau Ensslin versuchte, auch durch leichte körperliche Bewegung oder auch manchmal stärkere körperliche Bewegung sich zu lösen mit der Tendenz, den Arm nach unten rechts wegzuziehen. Und diese Bewegung, diese Gegenbewegung, die ich jetzt aufbringen muß - hier das Stemmen, das Gegenstemmen - das war für mich das Entscheidende, daß sie unbedingt da runter wollte und dabei immer noch ziehend den Arm nach unten gerichtet.

Vors.:

Ich danke schön.

Ich glaube, die Demonstration hat ausgereicht; vielleicht, wenn Sie noch Platz nehmen wollen.

Vielen Dank, Frau Benz.

RA Be[cker]:

Ich möchte nur wissen, ob alles aufgenommen wurde.

Vors.:

Was er gesagt hat, ist aufgenommen.

Ja nun, also die Demonstration selber kann natürlich bildlich nicht aufgenommen sein. Aber akustisch ist alles aufgenommen. Wird das bestätigt seitens des Protokolls? Jawohl.

Es geht jetzt grade um die Frage:

Wenn Sie den Arm auf dem Rücken haben, die Frau sich zu befreien versucht, ist es natürlich sehr naheliegend, daß sie versucht, den rechten Arm, der offenbar der Gebrauchsarm bei ihr ist, freizubekommen. Woraus rechtfertigen Sie den Schluß - das kann ja nur eine Vermutung oder ein Schluß sein -, daß der Arm nun zur Tasche wollte und daß es sich nicht bloß um eine reine Befreiungsbewegung gehandelt hat?

Zeuge Mi[llhahn]:

Weil sie im ersten Augenblick, als ich ihren Arm ergriff, mit ihrer Hand - und ich betone - mindestens mit ihren Fingerspitzen schon in dieser Tasche gewesen ist.

Und in Reaktion auf unseren Einsatzbefehl „Frau mit Schußwaffe“ mußte ich erst einmal davon ausgehen, daß ihre Bewegung, ihre ausschließlich auf die Befreiung des rechten Armes gefühlsmäßig von mir festgestellten Befreiungsversuche den Sinn hatten, wieder an diese Tasche zu gelangen.

Vors.:

Es ist also eine Schlußfolgerung aus der ersten Beobachtung?

Zeuge Mi[llhahn]:

Richtig.

[5308] Vors.:

Das zweite:

Sie sagen, Befreiungsbewegung ausschließlich, mit dem rechten Arm.

Hat sie in diesem Augenblick, als sie mit dem rechten Arm nun diese Bewegung machte, auch noch versucht - sagen wir mal: durch Drehen, Wenden des Körpers oder durch Stampfen mit den Beinen oder sonst irgendwie - von Ihnen freizukommen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich sagte ja:

Neben körperlicher Bewegung, die also ganz vom Körper aus - d. h. Zurseitedrücken - oder: Wie man mit Gewalt versucht, loszukommen, so versuchte sie sich dann, halt mit dem Körper wegzudrücken und dadurch ihrem Hebel mehr Nachdruck zu geben - ihre Hebelkraft - ja ...

Vors.:

... so daß diese rechte Armbewegung nur eine der Bewegungen war, die insgesamt dazu dienten, von Ihnen freizukommen?

Zeuge Mi[llhahn]:

Richtig, ja.

Vors.:

Sonstige Fragen in diesem Zusammenhang?

Die Herrn Verteidiger der Frau Ensslin bitte ich zuerst.

Herr RA Künzel.

RA Kü[nzel]:

Herr Zeuge, war die Tasche mit dieser Lasche - ich glaub’s heißt Lasche, das weiß ich nicht so rein modetechnisch - geschlossen? War die also ... Verstehen Sie: Die Tasche, die hat doch so ein kleines ...

OStA Ze[is]:

Er sagte ja, es sei eine Klappe. Diese Frage ist eindeutig beantwortet.

RA Kü[nzel]:

Wieso? Die ist überhaupt nicht gestellt.

OStA Ze[is]:

Doch. Der Zeuge hat vorhin im Zusammenhang erklärt, daß sein Kollege die Tasche zunächst nicht aufgebracht hat.

RA Kü[nzel]:

Die Handtasche, Herr B. Anwalt?

RA Be[cker]:

Ich bitte doch den Herrn Zeis, wirklich etwas aufzupassen hier. Davon ist überhaupt nicht die Rede gewesen.

OStA Ze[is]:

Herr RA Becker, auch ich leg’ bei Ihnen ’nen gewissen Wert darauf, mit meiner Dienstbezeichnung von Ihnen angesprochen zu werden.

RA Be[cker]:

Ihre Dienstbezeichnung ist nicht im GrundG. [ww] geschützt.

Vors.:

Darf ich jetzt zunächst mal um folgendes bitten:

[5309] Ich bitte alle Prozeßbeteiligten, daß sie nicht hier Gespräche anfangen vor Gericht, die sich nun unter Umgehung des Vorsitzenden abspielen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn sich diese Regel einhalten ließe, sonst kommen wir hier zum Debattierclub, und das wollen wir nicht haben.

Herr B. Anwalt Zeis, ich bitte Sie nochmals:

Sie meinen, daß der Herr Zeuge gesagt hätte, dem Kollegen sei es nicht gelungen, diese Tasche sofort aufzubringen?

OStA Ze[is]:

Die Handtasche zunächst, ja.

Vors.:

Die Handtasche.

Ist das Ihre Beobachtung gewesen? - Sie haben’s ja auch bekundet.

Zeuge Mi[llhahn]:

Genau, richtig.[xx]

Vors.:[yy]

Herr RA Künzel, erledigt sich damit die Frage?

RA Kü[nzel]:

Nein, meine Frage geht doch dahin, ob nun diese rechte Jackentasche mit dieser, wie es der Herr Beisitzende Richter vorgeschlagen hat, Klappe geschlossen war oder nicht?

Vors.:

Jetzt wollen wir also klar sein:

Die Erklärung des Herrn Zeugen bezog sich vorhin auf die Umhängetasche ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Genau.

Vors.:

... und das, was jetzt gefragt ist, bezieht sich auf die Jackentasche.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ich beanstande auch diese Frage.

Auf die Fragen des Herrn Beisitzers, und zwar des Herrn Berichterstatters, hat der Zeuge gesagt, daß er sich an den genauen Zuschnitt dieser Tasche nicht erinnern könne ...

RA Kü[nzel]:

Zuschnitt der ... Ach, Entschuldigung.

Reg. Dir. Wi[dera]:

... weil der Herr Berichterstatter gezeigt hat, schräg aufgesetzte Taschen und durch Zeigen zum Ausdruck gebracht hat, an jedem Aussehen dieser Tasche.

Vors.:

Also ich halte die Frage für zulässig. Es geht ja nicht darum, daß jetzt im einzelnen der Herr Zeuge beschreiben soll, wie die Tasche ausgesehen hätte, sondern ob er irgendwelche Hinderungsgründe gesehen hätte bei den Versuch, zuzugreifen. Nur um das ist es gegangen.

Ich glaube, der Herr Zeuge kann diese Frage beantworten zusätzlich.

[5310] RA Be[cker]:

Also diese Frage ist doch zurückgezogen worden?

RA Kü[nzel]:

Nein, nein.

Vors.:

Ich bitte, daß wir das übers Gericht abwickeln. Diese Meinung war jetzt also nicht maßgeblich. Ihre Frage steht noch, wenn ich’s recht sehe.

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich kann dazu sagen - und das führte ich vorhin aus -, mindestens die Fingerspitzen der Frau Ensslin befanden sich bereits in der Tasche, als ich den Hebel ansetzte. Wie sie da hineingelangte, ob die Lasche vielleicht - also die Klappe - über der Tasche vielleicht nach innen gesteckt war [zz] ohnehin, wie man’s auch leicht am Jackett macht, einfach diesen Lappen reinsteckt und dann kann man reinlangen, ja? Oder ob sie erst da drunter rumwühlte, das kann ich nicht beurteilen.

Das weiß ich nicht.

Vors.:

Sonstige Fragen?

Herr RA Becker.

RA Be[cker]:

Herr Zeuge, wenn Sie einen Funkspruch kriegen, können Sie dann nochmals - also, daß die da zu ’nem Einsatzort fahren sollen - kriegen Sie da normalerweise ... können Sie da nochmals nachfragen, wenn Ihnen die Information zu kurz ist? Oder kriegen Sie den gesamten Text, so’ne Meldung, die der Telefonzentrale vorliegt?

Zeuge Mi[llhahn]:

Was wir bekommen haben, steht in meiner Aussage, wenn Sie da mal bitte nachschauen eingangs. Das war der Einsatzbefehl, was dort schriftlich festgehalten ist.

RA Be[cker]:

Erinnern Sie sich noch daran?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich sagte das schon auch bei meiner ersten Darstellung, was gesagt worden ist.

Vors.:

Die Frage ist also dahin beantwortet, daß Sie nicht mehr bekommen haben, als was Sie - übrigens auch heute - dem Inhalt nach angegeben haben.

RA Be[cker]:

Haben Sie damals nochmals zurückgefragt?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nein.

RA Be[cker]:

Ich hab hier auf Bl. 1 und 2 so eine telefonische Meldung, die ich Ihnen mal vorhalten will. Da steht:

„Hier ist Jungfernstieg ...“

[5311] Vors.:

Herr Rechtsanwalt, zu welchem Zweck dient dieser Vorhalt aus Bl. 1?

RA Be[cker]:

Weil ich davon ausgehe, daß es sich dabei um die Aufzeichnung des Telefongesprächs in der Pol. Zentrale handelt, und daß unter Umständen diese hier an den Funkwagen dennoch weitergegeben worden ist, und daß, wenn ich das dem Zeugen vorhalte, daß seine Erinnerung dadurch aufgefrischt [aaa] werden kann.

Aber daß ich das Ihnen alles erklären muß, und daß Sie jedesmal bei einer solchen Frage fragen, wozu dient die Frage, obwohl Sie mit einiger Anstrengung das auch selber sehen könnten, ohne daß hier jede Frage ihrem Ziel nach vorher erörtert werden muß, das find’ ich, müßte wirklich mal klar gemacht werden.

Vors.:

Vielleicht, wenn Sie sich klarmachen würden, daß diese Fragen bei Ihnen speziell immer deswegen notwendig werden, weil Sie sich mit Ihren Fragen so am Rande dessen bewegen, was hier noch zur Sachaufklärung dienen kann, daß eben diese Zusatzaufklärung für das Gericht ab und zu notwendig ist, ob eine Frage zulässig ist. Das häuft sich bei Ihnen wegen der Art Ihrer Fragen, nicht, weil wir Sie ganz besonders streng behandeln wollen.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich protestiere, Herr Vorsitzender, gegen diese Antwort an Herrn RA Becker ...

Vors.:

Ist zur Kenntnis genommen.

RA Dr. He[ldmann]:

... und ich zweifle daran, ob Sie beurteilen können, welchen Sinn Herr RA Becker mit seinen Fragen verfolgt.

Vors.:

Ihr Protest ist angekommen und zur Kenntnis genommen.

Herr RA Becker, bitte machen Sie Ihren Vorhalt.

RA Be[cker]:

Also darf ich’s jetzt verlesen, Herr Vorsitzender?

Vors.:

Ich sagte: Machen Sie bitte den Vorhalt.

RA Be[cker]:

Das ist Bl. 1 und 2:

„Jungfernstieg -

- wenn ich das richtig lese -

Hier ist Jungfernstieg 41/42. Eine Boutique. Ich habe eine Kundin im Laden, die diverse Bekleidungsstücke anprobiert hat. Als ich die nicht- [5312] gebrauchten Stücke wegräumte, bekam ich die Lederjacke der Kundin in die Hand. Da die Jacke so seltsam schwer war, überzeugte ich mich von der Ursache und stellte fest, daß eine Pistole in der Tasche ist.

Die Kundin befindet sich noch im Laden.“

Können Sie sich jetzt noch daran erinnern? Ist Ihnen das ...?

Zeuge Mi[llhahn]:

Es ist nur das gesagt, was in meinem Bericht steht, und zwar ist das wörtlich wiedergegeben.

Vors.:

Sonstige Fragen?

Herr RA König, Sie hatten sich gemeldet.

RA Kö[nig]:

Herr Vorsitzender, hier ist in der letzten Dreiviertelstunde so viel überflüssiges und sinnloses Zeug gefragt worden, daß ich hier nicht durch weiteres Fragen verlängern möchte. Vielen Dank.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich habe eben in dieser Richtung Andeutungen gemacht; das hat den Protest hervorgerufen. Ich kann’s im einzelnen nicht beurteilen, was eine Verteidigung für notwendig hält, und ich möchte das inner wieder betonen:

Ich muß gelegentlich Aufklärung erbitten, ob das noch zur Sachaufklärung dienlich ist nach den Vorstellungen der Verteidigung. Das werde ich auch in Zukunft nicht unterlassen. Ich bin selbst nicht glücklich drüber, daß das immer wieder notwendig ist. Vielleicht, daß man die Fragen entsprechend in Zukunft stellt.

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

Herr RA Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Keine Frage, eine Bitte nur an Sie.

RA Be[cker]:

Ja, ich möchte darum bitten, daß, wenn hier derart unqualifizierte Äußerungen von ...

Vors.:

Wollen Sie eine Frage an den Herrn Zeugen noch [bbb] richten?

RA Be[cker]:

Ich möcht noch eine Erklärung abgeben.

Vors.:

Die Erklärung können Sie dann, wenn der Herr Zeuge zu Ende befragt ist, [ccc] abgeben.

Der Herr Rechtsanwalt hat klargemacht, warum er auf sein Fragerecht jetzt im Augenblick verzichtet, und ich bin der Überzeugung, daß der Zeuge Vorrang hat.

[5313] RA Be[cker]:

Ja, und Sie haben daran eine Bemerkung geknüpft, die ich hier nur nochmals zurückweisen möchte.

Ich möchte eigentlich nur wissen:

Nachdem Sie Frau Ensslin ... Wo haben Sie Frau Ensslin abgeliefert?

OStA Ze[is]:

Die Frage ist beantwortet.

RA Be[cker]:

Nein, die ist nicht beantwortet.

OStA Ze[is]:

Wir beanstanden die Frage.

Vors.:

Es ist gesagt worden: im Polizeipräsidium.

RA Be[cker]:

Da gibt’s aber verschiedene Abteilungen, wenn ich das recht sehe?

Zeuge Mi[llhahn]:

Beim Erkennungsdienst.

RA Be[cker]:

Wie lange haben Sie sich da aufgehalten?

Zeuge Mi[llhahn]:

Wer? Ich mich da aufgehalten? Ich hab Ihre Frage nicht verstanden. Nochmals bitte.

RA Be[cker]:

Wie lange Sie sich dann da aufgehalten haben?

Zeuge Mi[llhahn]:

Weiß ich nicht. Das kann ich nicht sagen.

Bis die Frau Ensslin untergebracht war bzw. wir uns noch die Waffen angesehen hatten, und anschließend bin ich noch zu einer anderen Dienststelle gefahren, um eine weibliche Kollegin zu holen wegen der erforderlichen Durchsuchung.

RA Be[cker]:

Sind Sie anschließend nochmals vernommen worden zu dem ganzen Vorgang?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ja.

RA Be[cker]:

Weshalb?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das dürfte polizeiintern sein. Ich kann das aber auch nicht beantworten, selbst wenn ich’s wollte.

RA Be[cker]:

Haben Sie keine Erinnerung mehr, was das für ’nen Anlaß hatte? Sind Sie da was gefragt worden?

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich bin nur einmal was gefragt worden, und das war nicht das zweite Mal.

RA Be[cker]:

Aber Sie sind doch ein zweites Mal - also hier hab ich’s im Protokoll vom 6. Februar 1973 - gefragt worden. Kann das sein?

Zeuge Mi[llhahn]:

Und das scheint die Lücke zu sein. Es ist nicht das zweite Mal, es ist das dritte Mal, was Sie jetzt ansprechen.

[5314] RA Be[cker]:

Bei diesem dritten Mal, weshalb sind Sie da befragt worden nochmals, also ein Dreivierteljahr später? Erinnern Sie sich da noch dran?

Zeuge Mi[llhahn]:

Nur schwach. Aber ich glaube, es ging um die Waffen nochmals. Aber das weiß ich nicht mit Sicherheit.

RA Be[cker]:

Mhm - gut.

Vors.:

Sonstige Fragen an den Herrn Zeugen?

RA Be[cker]:

Ja, noch eine Frage:

Als Sie im Auto da zum Jungfernstieg hingefahren sind, hat da ein Gespräch mit ihrem Kollegen noch stattgefunden über den jetzt bevorstehenden Einsatz?

Zeuge Mi[llhahn]:

Sicherlich. Da ich sehr redselig bin, habe ich ihm irgendwas erzählt, nicht. Von einer ... Kundin, die da irgendwie ’ne kleine Gaspistole hat oder was weiß ich, nicht wahr? Da sind die Leute alle aufgeregt. So in der Form haben wir uns mal unterhalten.

RA Be[cker]:

Nichts weiter. Also Sie erinnern sich an so’n bagatellisierendes Gespräch?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das, was im Streifenwagen geführt worden ist, wenn Sie das als bagatellisieren bezeichnen.

RA Be[cker]:

Naja, Sie sagen, das wird wohl so’ne Kundin mit ner Gaspistole sein, dann ...

Zeuge Mi[llhahn]:

Ich meine, damit kann man ja auch Unheil anrichten, nicht? Aber das war eigentlich so der Gedanke dabei, als wir dort hinfuhren.

RA Be[cker]:

Können Sie sich noch dran erinnern oder können Sie sagen, wird Ihr Pol. Auto, wenn es von beiden Pol. Beamten verlassen wird, immer abgeschlossen?

Vors.:

Was hat das jetzt mit der Sachaufklärung zu tun?

RA Be[cker]:

Aus einem ganz einfachen Grunde: Um zu klären, wielange er allein gewesen ist.

Vors.:

Der Herr Zeuge hat doch darüber auf eingehende Befragung sich schon geäußert. Gut, wenn Sie’s überprüfen wollen auf diese Weise noch.

Zeuge Mi[llhahn]:

Wir sind, auch wenn wir ’nen Funkstreifenwagen, fahren, gehalten, uns an die VerkehrsO, zu halten, und da wird vorgeschrieben, daß Fahrzeuge, die verlassen werden, gesichert werden und so [5315] hat der Kollege auch gesichert, da er wahrscheinlich im Anschluß nicht mehr im Sichtbereich des Fahrzeugs sein würde.

RA Be[cker]:

Das ist üblich?

Zeuge Mi[llhahn]:

Das ist üblich, ja.

RA Be[cker]:

Auch bei so Einsätzen wegen Waffen, also wo es schnell gehen sollte?

Zeuge Mi[llhahn]:

So wie das war, offensichtlich ja.

Vors.:

Es scheinen jetzt keine Fragen mehr zu sein, Herr Zeuge.

Dann können wir Sie vereidigen.

RA Dr. He[ldmann]:

Keine Frage, Herr Vorsitzender, an die Verfahrensbeteiligten, ob nicht zur Vereidigung was zu beantragen ist?

Vors.:

Wenn Sie etwas gegen die Vereidigung haben, dann müßten Sie das geltend machen. Haben Sie eine Beanstandung gegen die Beeidigung vorzutragen?

Ich bitte, Platz zu nehmen.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich bitte Sie, zu erwägen, von einer Vereidigung nach § 61 Abs. 2[ StPO] abzusehen.[18]

Vors. (nach geheimer Umfrage):

Der Senat hat beschlossen:

Der Herr[ddd] Zeuge ist zu vereidigen.

- Der Zeuge, POM Millhahn, wird vorschriftsmäßig vereidigt. -

[eee]

Vors.:

Ich glaube, Ihre Geduld wurde lange beansprucht. Sie sind aber jetzt entlassen. Danke sehr.

RA Be[cker]:

Wieso? Fragen Sie nicht noch normalerweise, ob der Herr Zeuge entlassen[19] werden kann?

Vors.:

Haben Sie was dagegen einzuwenden?

RA Be[cker]:

Ja. Ich bin der Meinung, daß es[fff] unter Umständen notwendig ist, wenn wir die andern Zeugen gehört haben, den Zeugen nochmals zu hören.

Vors.:

Fahren Sie gemeinschaftlich wieder zurück?

Zeuge Mi[llhahn]:

(spricht unverständlich).

Vors.:

Bitte, dann wird also der Zeuge, der für Sie wohl noch vielleicht zum neuralgischen Punkt in der Richtung werden könnte, daß man Sie nochmals hören müßte, in Anschluß daran vernommen. Es wird [5316] sich also bis spätestens heute nachmittag entschieden haben, ob man Sie nochmals braucht oder nicht.

Sie sind jetzt entlassen für diesen Zeitraum; ich bitte, sich aber dann zur Verfügung des Gerichts zu halten. Wenn Sie zum Essen gehen wollen, teilen Sie bitte mit, wo Sie dann erreichbar wären.

Dankeschön.

Der Zeuge wird um 11.00 Uhr vorläufig entlassen.

Wir machen wenige Minuten Pause, einverstanden?

OStA Ze[is]:

Darum wollte ich grade bitten. Schönen Dank.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, vor der Pause bitte eine Bitte, und zwar gehört die zur Augenscheinseinnahme:

Bitte - also als Anfrage - die Höhe der Taschenklappe zu messen und dieses Maß zu Protokoll zu geben. Gehört zur Augenscheinseinnahne, nicht zur Zeugenvernehmung.

Vors.:

Wir werden das tun; wir können das abmessen. Also Sie meinen, wieweit diese überhängende Klappe ...

RA Dr. He[ldmann]:

Die Höhe der Taschenklappe, von der Herr Kollege Künzel vorher gesprochen hat ...

Vors.:

... wie hoch die ist.

RA Dr. He[ldmann]:

Die Höhe dieser Klappe, die die Tasche verdeckt.

Vors.:

Ich würde schätzen: 6 cm - wollen wir mal sehen, ob’s hinhaut.

Zehn Minuten Pause.

Pause von 11.01 Uhr bis 11.17 Uhr.

Bei Fortsetzung der Hauptverhandlung um 11.17 Uhr ist der Zeuge POM Freiberg anwesend.

Bevor wir mit den Herrn Zeugen beginnen:

Darf ich die Herrn Rechtsanwälte bitten - Sie hatten sich für die Maße interessiert -, wir wollen’s in Ihrer Gegenwart gemessen haben.

[5317] RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich würde gerne den Zeugen nochmals bitten, draußen Platz zu nehmen

1. wegen der Messung und

2., weil ich noch eine Erklärung abgeben möchte.

Vors.:

Nein, wegen der Messung muß der Zeuge nicht entfernt werden, die möchte ich jetzt hinter uns bringen.

Ach so, ne Erklärung nach § 257 StPO[20] wollen Sie abgeben.

Das ist natürlich möglich.

Da würde ich allerdings in Zukunft vielleicht bitten, das so zu machen, daß wir nicht vorher in die Pause eintreten, sondern die Erklärung gleich anknüpfen. Ich bin jetzt davon ausgegangen, daß die Pause widerspruchslos angenommen wurde, daß keine Erklärung abgegeben werden würde. Aber das ist natürlich richtig.

Herr Zeuge, ich muß Sie nun leider bitten, draußen nochmals zu warten.

Wollen Sie jetzt dem Meßvorgang beiwohnen?

- Der Zeuge Freiberg verläßt um 11.18 Uhr den Sitzungssaal. -[ggg]

RA Be[cker]:

[hhh] Ja, gerne.

RA Dr. He[ldmann]:

Wir sind gegenwärtig, Herr Vorsitzender, und wir sehen keine Veranlassung, Ihnen auf die Finger zu schauen.

Die Jackentasche des Beweisstückes

- C 2.1 Pos. 5

wird vom Vorsitzenden vermessen.

Die Verfahrensbeteiligten haben die Möglichkeit, hierbei teilzunehmen.

Es werden folgende Maße zu Protokoll genommen:

Höhe der Klappe vom Nahtansatz an 7 cm hoch;

Taschentiefe nach Schätzung ca. 20 - 22 cm.

Herr RA Becker, Sie wollten gemäß § 257 StPO eine Erklärung abgeben.

RA Be[cker]:

Ja, zu zwei Punkten.

Einmal:

Die Vernehmung des Zeugen Millhahn, insbesondere die Demonstration, die er hier geliefert hat, unter Zuhilfenahme von Frau Benz, hat gezeigt, daß die Behauptung, die er aufgestellt hat, nämlich:

[5318] daß die Angeklagte Ensslin in dieser Stellung versucht habe, zu der Tasche zu gelangen, nicht eine sachliche Grundlage, nämlich aus den Beobachtungen heraus, auf diese Willensrichtung zu schließen, nicht gefunden hat, weil nämlich in dieser Stellung, wo der Arm nach hinten auf dem Rücken gedreht angewinkelt war, überhaupt jegliche Gegenwehr sich nicht nach oben, sondern auf jeden Fall nach unten richten konnte und insofern eine Willensrichtung zu der Tasche in keiner Reise hier zu beobachten war.

Der zweite Punkt ist der,

daß aus der Strafanzeige - Bl. 3 - 5 - keine Vorhalte gemacht werden konnten, weil es sich hier offensichtlich um eine Urkunde handelt, die keine Urkunde im Rechtssinne ist, weil sie einen Aussteller hier nicht erkennen läßt[21] und auch Fragen zu der Herkunft dieser Urkunde bzw. deren Mangelhaftigkeit, hier nicht zugelassen worden sind.

Der dritte Punkt ist,

daß der Zeuge seine Aussagen hinsichtlich des Anfangs, nämlich, daß die Angeklagte hier in die Tasche hineingegriffen habe, mehrfach modifiziert hat: einmal gesagt hat, vielleicht hineingesteckt hat; einmal gesagt hat, möglicherweise hineingesteckt hat; einmal gesagt, mit den Fingerspitzen hineingesteckt hat; und gleichseitig gesagt hat, daß er zu diesem Zeitpunkt ihr ins Gesicht geschaut habe, so daß auch dieser Aussage wenig Wert hinsichtlich des Anklagevorwurfs beigemessen werden kann.

Und der vierte Punkt hierzu ist,

daß er auf die Aussage ... auf die Frage, ob die Zeugin ... die Angeklagte in der Lage gewesen wäre, zu schießen, diese bejaht hat, so daß auch daraus hervorgeht, daß das, was die Anklage hier der Angeklagten Ensslin vorwirft, nämlich versucht zu haben, einen Pol. Beamten zu töten, ihr in keiner Weise, auch durch diese Aussage, nicht erwiesen ist und im übrigen auch durch die andern bisher gehörten Aussagen bereits bestätigt worden ist, daß dies nicht der Fall ist.

Das ist also das, was ich hierzu noch zu erklären habe.

[5319] OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, ich möchte dazu bitte was sagen - ich nur einen Satz, dann der Kollege Widera.

Geh ich recht in der Annahme, daß alsbald der sog. Ensslin-Kassiber[22] verlesen wird?

Vors.:

Das ist vorgesehen, sobald der Sicherstellungszeuge gehört sein wird. Das ist morgen der Fall, also in Zweifelsfall morgen der Fall.

OStA Ze[is]:

Danke.

Vors.:

Herr B. Anwalt, wollen Sie nach § 257 StPO eine Anschlußerklärung abgeben?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Ja, eine Anschlußerklärung nach § 257 StPO.

Vors.:

Bitte schön.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Punkt 1 und 3 der Erklärung von RA Becker war überflüssig. Der Zeuge hat selber gesagt, daß, als er die Richtung, nachdem die Hand auf dem Rücken war und er sagte, die Hand ging in Richtung Tasche, daß das eine Schlußfolgerung war aus mehreren Umständen:

einmal aus dem Umstand, daß er beim ersten Mal die Fingerspitzen aus der Tasche geholt hatte und daß er von einer Waffe bereits zu dieser Zeit gewußt hat.

Punkt zwei:

Die Strafanzeige

- Bl. 3 ff der Akten -

sei keine Urkunde. Dazu folgendes:

Der Aussteller ist erkennbar. Es handelt sich bei der Urkunde ...

RA Kü[nzel]:

Ich möchte diese Stellungnahme[iii] beanstanden:

Es geht nun nicht, daß die B. Anwaltschaft Kommentare abgibt zu einer Gegenerklärung, sondern nach § 257 StPO hat die B. Anwaltschaft wohl zu diesen Zeugenangaben Stellung zu nehmen ...

Reg. Dir. Wi[dera]:

Genau das tu ich.

RA Kü[nzel]:

... also keine Glossatoren oder so was ähnliches.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, das wird sich wohl nicht trennen lassen, wenn ein Prozeßbeteiligter sich dadurch veranlaßt sieht. Ich bitte allerdings, den Charakter eines Plädoyers in jeder Beziehung zu vermeiden, sondern möglichst eigene Erklärungen abzugeben. Wenn allerdings Erklärungen, wie gesagt, gefordert werden durch vorherige, dann ist es nicht zu vermeiden.

[5320] Bloß bitte ich jetzt, keine Plädoyers zu halten.

Reg. Dir. Wi[dera]:

Nein, ganz kurz.

Der Aussteller ist erkennbar. Es [jjj] heißt in der Urkunde:

„Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Inneres, Polizei ...“

Außerdem sind die Nummern, die Dienstnummern der Pol. Beamten auf der Urkunde angegeben.

Der Zeuge hat zu Punkt 4 richtig gesagt, daß Zeit genug vorhanden war, zu schießen. Das, was Herr RA Becker daraus folgert, ist seine Schlußfolgerung.

Das war meine Erklärung nach § 257 StPO. Dankeschön.

Vors.:

Herr RA Dr. Heldmann, Sie hatten sich zu Wort gemeldet ...

RA Dr. He[ldmann]:

... mit der Bitte an Sie, Herr Vorsitzender, daß Sie mir nach Möglichkeit - ja, es wäre schon wesentlich - vor Eintritt in die Mittagspause Gelegenheit für einen kurzen Antrag geben würden, der sich auf den ... unmittelbar auf den Ablauf der Beweisaufnahme bezieht.

Vors.:

Können Sie da noch etwas näher präzisieren? Ich möchte ...

RA Dr. He[ldmann]:

Ich kann ihn auch gleich stellen, wenn Sie mir’s erlauben.

Vors.:

Wenn Sie uns den Gegenstand des Antrags benennen?

RA Dr. He[ldmann]:

Gegenstand des Antrags ist Ihre Verfügung vom 15.12.1975, mit welcher Sie den Antrag der Verteidiger, während der Sitzungstage die Angeklagten in das Mehrzweckgebäude[23] zu verbringen, nicht stattgegeben haben.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, verzeihen Sie mir, wenn ich jetzt ... - es ist keine Unhöflichkeit. Aber das sind also Anträge, die wir außerhalb der Hauptverhandlung[24] entgegennehmen, nicht jetzt. Jetzt hat die Beweisaufnahme Vorrang. Ich möchte jetzt den Herrn Zeugen hören.

RA Dr. He[ldmann]:

Dann erlauben Sie mir, die Bitte anzuschließen, diesen Antrag - ich werde ihn in der Mittagspause handschriftlich Ihnen machen -, aber ich habe die dringende Bitte, diesen Antrag heute noch zu bescheiden, und ich sage auch, warum:

Sie haben den Antrag abgelehnt ...

[5321] Vors.:

Auch das bitte ich, dann außerhalb der Hauptverhandlung mir bekanntzugeben, welche Gründe dafür bestehen. Ich kann Ihnen kein Versprechen in dieser Richtung machen. Wir haben jetzt Hauptverhandlung, die hat Vorrang. Selbstverständlich beeilen wir uns oder beeile ich mich in diesem Falle mit einer Entscheidung, wenn mir die Gründe dafür einleuchtend sind, daß es so dringlich ist.

RA Dr. He[ldmann]:

Erlauben Sie mir bitte ...

Vors.:

Ich darf Sie bitten, Herr Rechtsanwalt, dieses ganze Thema jetzt abzuschließen. Das holen wir außerhalb der Hauptverhandlung dann nach.

RA Dr. He[ldmann]:

Ja, es muß aber, damit ich nicht gezwungen bin, es dann in der Hauptverhandlung doch zu tun.

Vors.:

Sie sind nicht gezwungen in der Hauptverhandlung, weil im Augenblick kein Grund besteht dafür. Ich sage Ihnen, ich stehe in der Mittagspause zur Verfügung.

RA Dr. He[ldmann]:

Es bestand schon seit heute morgen um 9.00 Uhr der Grund dafür, eine Begründung ...

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, ich darf Ihnen nochmals sagen:

Ich bitte, diesen Antrag außerhalb der Hauptverhandlung anzubringen und mir auch außerhalb der Hauptverhandlung die Gründe für die außerordentliche Eilbedürftigkeit, die Sie eben andeuten, zu nennen, dann wird danach gehandelt werden. Aber jetzt wollen wir in der Beweisaufnahme fortfahren.

RA Dr. He[ldmann]:

Ich werde diesen Versuch in der Mittagspause unternehmen.

Vors.:

Ich danke Ihnen.

Herr RA Becker.

RA Be[cker]:

Ich muß - allerdings jetzt wirklich nur auf die Hauptverhandlung bezogen - noch eine Ergänzung dazu anbringen: Der Gegenstand des Antrages bezog sich natürlich auf die Terminierungen, die nun nach der Mittagspause folgen, und das ist auch der Grund, weswegen der Kollege Heldmann und ich diesen Antrag hier vorbringen wollten.

Vors.:

Dazu hätte dann früher Gelegenheit genommen werden müssen ...

RA Be[cker]:

Was heißt: früher?

[5322] Vors.:

... sei es vor der Hauptverhandlung, sei es jetzt in der Mittagspause, sei es gestern. Ich kann’s nicht annehmen, daß jetzt in der Hauptverhandlung weiter über dieses Thema debattiert wird und möchte Sie auch bitten, sich daran jetzt zu halten.

Wir wollen jetzt den Herrn Zeugen bitten.

RA Dr. He[ldmann]:

Herr Vorsitzender, ich bitte nochmals ums Wort.

Vors.:

Herr RA Dr. Heldmann.

RA Dr. He[ldmann]:

Ihre Verfügung vom 15.12. behindert die Verteidigung.

Vors.:

Ja, sie ist nicht Gegenstand der Hauptverhandlung, und ich werde jetzt in dieser Richtung auch nichts tun. Es ist nicht richtig, was Sie sagen. Ich möchte bloß diesem generellen Vorwurf entgegentreten: Es trifft nicht zu.

Ich bitte Sie, jetzt zur Kenntnis zu nehmen, daß [kkk] über diesen Punkt nicht debattiert wird, auch nicht weitere Erklärungen entgegengenommen werden. Ich erteile Ihnen dazu nicht das Wort. Wir haben jetzt die Zeugenvernehmung vor uns und nichts anderes.

RA Dr. He[ldmann]:

Dann liegt offen, daß Sie den Sinn nicht erfaßt haben:

Vors.:

Bitte, den Herrn Zeugen.

Der Zeuge, POM Freiberg, erscheint um 11.28 Uhr wieder[lll] im Sitzungssaal.

Herr Rechtsanwalt, ich habe Ihnen dazu das Wort nicht erteilt.

RA Dr. He[ldmann]:

Die Behinderung der Verteidigung in der Beweisaufnahme gehört in die Beweisaufnahme.

Vors.:

Herr Zeuge, bitte nehmen Sie Platz.

(zu RA Dr. Heldmann): Ich hab Ihnen dazu das Wort nicht erteilt, und ich nehme auch in dieser Richtung keine Ausführungen mehr entgegen.

(zum Zeugen Freiberg): Ich bitte Sie um Ihre Personalien.

Ende von Band 291.

[5323] Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Fre[iberg]:

Freiberg, Rainer, 32 Jahre, Polizeiobermeister,

2 Hamburg 76, Oberhaldenallee 6, Polizeirevierwache 40;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

- Aussagegenehmigung siehe Anl. 2 zum Protokoll -[mmm]

Vors.:

Herr Zeuge, wir können davon ausgehen, daß Sie im Jahre 1972 an der Festnahmeaktion einer Frau in einer Boutique in Hamburg, die den Firmennamen „Linette“ trägt, beteiligt waren. Trifft das zu?

Zeuge Fre[iberg]:

Das ist richtig, ja.

Vors.:

Schildern Sie bitte im Zusammenhang, was sich damals ereignet hat.

Zeuge Fre[iberg]:

Wir haben mit unserem Funkstreifen einen Einsatz dorthin bekommen zum Jungfernstieg, und sinngemäß lautete der Funkspruch, daß da eine Frau mit einer Pistole wäre, und die Frau sei noch im Laden.

Daraufhin sind wir mit dem Funkstreifenwagen - ich war Fahrer des Funkstreifenwagens - dorthingefahren. Wir haben das Sonderrecht in Anspruch genommen, d. h., wir haben Blaulicht eingeschaltet, das Martinshorn, aber nicht zulange, sondern nur über den ersten Teil der Fahrt. Dann nur mit Blaulicht, und Licht war auch noch an, Richtung Jungfernstieg. Dann bin ich vor die Boutique vorgefahren - ich stand in entgegengesetzter Fahrtrichtung halb auf dem Gehweg -, der Kollege Millhahn, der mit mir zusammen fuhr, ist rechts ausgestiegen, um das Fahrzeug rumgelaufen und in die Boutique rein. Ich hab das Fahrzeug verschlossen und bin dann hinterhergeeilt. Als ich im Eingang war, wurde ich von einer jungen Frau - ich vermute, daß es eine Verkäuferin war - unauffällig angesprochen. Also im Vorbeigehen flüsterte sie mir etwas zu von „die mit der Jacke“ oder „die mit der Lederjacke“, so was ähnliches. Ich hab kurz einmal nachgefragt, hab sie aber nicht weiter angeguckt, weil ich in das Geschäft schaute, bin dann, als ich keine Auskunft von ihr erhalten hab in der kurzen Zeit, in das Geschäft hineingegangen und kam hinzu, als der Kollege Millhahn einer Frau den Arm, den rechten Arm, nach hinten hochriß.

[5324] Ich hab den Kollegen dann sofort unterstützt, indem ich mich um den linken Arm gekümmert hab. Wir kamen dann alle Mann auf den Boden zu liegen; die Frau hat sich gewehrt, gedreht, und dann habe ich der Frau die Handtasche abgenommen, die sie bei sich führte. Die Handtasche hatte sie links - links, ja - untergeklemmt, also mit dem Arm oder mit dem Unterarm an den Körper; die nahm ich ihr ab; als der Kollege sie, die Frau, im Griff hatte, so daß sie also nicht mehr viel Widerstand leisten konnte, nahm ich ihr die Tasche ab und wollte sie kurz öffnen, um reinzublicken. Das gelang mir aber nicht - das war so’n richtiger Frauenverschluß, da kam ich nicht zurecht -, ich hab auch nicht lange dran rumgefummelt, sondern hab sie sofort einer, meiner Ansicht nach einer Verkäuferin gegeben, und ich hab gesagt: „Öffnen Sie mir doch bitte die Tasche“, hab mich dann der Frau und dem Kollegen wieder zugewandt, und der Kollege rief mir dann zu: „Guck in ihre Tasche, ich glaub, da ist die Pistole drin!“ - etwa in dem Sinn.

Er forderte mich zwar auf, in die rechte Tasche zu gucken, aber ich hab zuerst in die linke geguckt, hab dort irgendwas gefühlt, irgendwie was Unwesentliches, ich glaube, einen Schlüsselbund; hab dann sofort in die andere Tasche geguckt - also jetzt in die rechte Tasche der Lederjacke - und hab dort einen Revolver rausgeholt, so’n silberfarbig glänzender. Den hab ich sofort eingesteckt in die Tasche - Hosentasche - und hab mich jetzt um die Handtasche gekümmert, die eine junge Dame dort geöffnet hatte. Ich hab also hineingeguckt und hab dort eine großkalibrige Pistole gefunden und auch ein Reservemagazin. Ich steckte also die Pistole auch ein - ich hab mich nur noch vergewissert, daß der Kollege die Frau im Griff hatte - und lief jetzt raus, um die Handfesseln zu holen. Als ich auf dem Weg nach draußen war, kamen zwei Kollegen, die ebenfalls von unserer Wache waren, die den Peter 40-1 fuhren, kamen mir entgegen. Ich: kurze Schilderung, rausgelaufen, [nnn] Handfesseln geholt, reingelaufen, Handfesseln angelegt, wieder rausgelaufen, Tür geöffnet - die Kollegen kamen hinterher mit der Frau - reingesetzt, zwei Kollegen hinten, dazwischen die Festgenommene, ich als Fahrer in Richtung Pol. Präsidium und dort zum Erkennungs- [5325][25] [5326] dienst gebracht.

So, dann war die Frau erst mal in einer Zelle - die Zellentür war geöffnet. Jetzt hab ich mich erst mal um die Waffen gekümmert, indem ich sie aus der Tasche genommen hatte und hab sie vor dem Zellengang auf eine breite Fensterbank gelegt.

Dann habe ich dem Kollegen Haukje, der ebenfalls dort anwesend war und der auch hier ist und dem Kollegen Millhahn gesagt: „Ich möchte mal bitten, daß Ihr dabei seid, wenn ich den Zustand der Waffen überprüfe.“ Ich habe dann die Pistole genommen, hab mir sie angeguckt und hab gesehen, daß sie entsichert war. Dann habe ich - die Zeugen waren anwesend - das Magazin herauskommen lassen, habe dann die Waffe gesichert - es kann auch sein, daß ich erst gesichert, dann das Magazin herauswerfen lassen - und habe dann das Verschlußstück nach hinten gezogen, aus der Ausnehmermulde kam eine Patrone heraus, und da ergab sich nun der Zustand, daß die Waffe geladen, durchgeladen und entsichert mitgeführt worden ist.

Der Revolver, da war nichts zu sichern, der war voll geladen mit Munition.

Das, so möchte ich sagen, ist der Ablauf, so wie ich ihn in Erinnerung habe.

Vors.:

Es sind meinerseits nur wenige Fragen, die an Sie noch zusätzlich zu richten sind.

Erinnern Sie sich an den Funkspruch, der Ihnen gegeben wird, noch etwas präziser? Oder haben Sie schon alles, was Ihnen noch im Kopfe ist, dazu angegeben?

Zeuge Fre[iberg]:

Zum Funkspruch eigentlich ja. Daß bei einer Frau eine Pistole gefunden ist und daß die noch im Laden ist. Das ist der Sinn gewesen.

Vors.:

Uhrzeit?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, ich hab’s gestern durchgelesen: Also 13.23 Uhr - aber das weiß ich nicht genau.

Vors.:

Sie sagen grade, Sie haben gestern Ihr Protokoll durchgelesen?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich habe das Protokoll durchgelesen, sonst hätte ich jetzt die Uhrzeit nicht gewußt.

Vors.:

Eben. Das ist das Wichtige. Darauf wollte ich Sie jetzt gleich drauf hinweisen. Wenn Sie das Protokoll durchgelesen haben [5327] und jetzt nur anhand des Protokolls die Uhrzeit wissen, dann müssen Sie sagen: Ich kenne die Uhrzeit nicht mehr.

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, ich kenne die Uhrzeit nicht mehr. Ich hab sie gelesen, und jetzt ist sie mir wieder in Erinnerung.

Vors.:

Aber keine eigene Erinnerung?

Zeuge Fre[iberg]:

Keine eigene Erinnerung. Ich weiß nur, daß es am Tage war und daß es sehr schönes Wetter war.

Vors.:

Können wir davon ausgehen, daß Sie, was das Geschilderte anlangt, auf eigene Erinnerungen zurückgegriffen haben, nachdem Sie jetzt hier schon die Trennung gemacht haben? Oder könnte es sein, daß Einzelteile auch durch das Lesen nur wieder wiedergegeben werden konnten?

Zeuge Fre[iberg]:

Das, was ich hier also in groben Zügen Ihnen gesagt hab, ist auch das, was ich in Erinnerung hatte.

Vors.:

Sie kommen angefahren, Sie schildern, wie Sie das Fahrzeug abstellen.

Haben Sie das Fahrzeug verschlossen, bevor Sie zum Einsatz gingen?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja.

Vors.:

Und Ihr Kollege war inzwischen um das Fahrzeug rumgelaufen und schon in das Geschäft rein?

Zeuge Fre[iberg]:

Richtig, ja.

Vors.:

Mit welcher Distanz glauben Sie, ihm nachgefolgt zu sein? Können Sie das zeitlich oder ...

Zeuge Fre[iberg]:

Ich müßte das in Sekunden sagen und das ist natürlich sehr schwer, zu schildern. Es war unmittelbar danach, wenn ich das mal so ausdrücken darf.

Vors.:

Nun, das Abschließen nimmt ja wohl ne gewisse Zeit in Anspruch, oder wie haben Sie das bewerkstelligt? Rechte, linke Türe?

Zeuge Fre[iberg]:

Beide Türen, ja, Blaulicht ausgeschaltet, vielleicht auch noch Licht. Ich weiß es nicht genau - Sekunden, keine Minute, vielleicht ne halbe - ich weiß das nicht.

Vors.:

Das ist ne lange Zeit natürlich, ne halbe Minute.

Zeuge Fre[iberg]:

Ist allerdings ne lange Zeit, ne halbe Minute.

Das hab ich mir jetzt auch so überlegt. Ja, dann wäre ich ja sehr langsam. Es ist doch vielleicht etwas schneller gewesen.

Vors.:

Das weiß ich nicht. Es kann ne halbe Minute in Anspruch nehmen. [5328] Aber gemessen an dem Einsatz, wo der Kollege nun einer Frau entgegentreten soll, die bewaffnet ist möglicherweise, ist ne halbe Minute eine lange Zeit. Da kann er längst ...

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, wenn ich den Eindruck so vorausgesehen hätte, wie er sich nachher dargestellt hat, dann hätte ich den Wagen wahrscheinlich nicht abgeschlossen. Das muß ich zugeben.

Vors.:

Nein, da steckt aber kein Vorwurf dahinter. Sie hatten nämlich früher, das halte ich Ihnen aus Ihrer Vernehmung vor, die am 21. August 1972 stattgefunden haben soll

nach dem Datum Bl. 34 der Akten -

hatten Sie die Distanz in Metern angegeben. Haben Sie daran noch eine Erinnerung, eine eigene, nicht, was Sie eventuell ...

Zeuge Fre[iberg]:

Welche Distanz? Zum Kollegen oder ...?

Vors.:

In welchem Abstand Sie ihm ... Nein, das ist nicht ganz richtig, wie ich sage.

Sie haben den Abstand nicht geschildert, indem Sie ihm gefolgt sind, sondern Sie haben’s erst in einem späteren Zeitpunkt getan. Ich möchte dann also doch nochmals bloß die rein zeitliche Bestimmung versuchen.

Wenn Sie von ner halben Minute sprechen, ist das eine Obergrenze, die nach unten noch heruntergesetzt werden könnte? Oder ist das mindestens eine halbe Minute, die Sie da ...?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, das ist die oberste Grenze.

Vors.:

Haben Sie, als Sie den Wagen versorgt hatten und nachgesprungen sind - mußten Sie ja über die Straße hinweg - Ihrem Kollegen

Zeuge Fre[iberg]:

Entschuldigung, darf ich berichtigen:

Ich bin vors Geschäft vorgefahren und stand also unmittelbar vor dem rechten Schaufenster des Geschäfts. Das waren also zum Geschäft vier Meter.

Vors.:

Als Sie Ihren Wagen versorgt hatten und nun auch losstarteten, war da Ihr Kollege schon im Geschäft verschwunden?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja.

Vors.:

Oder konnten Sie ihn noch sehen?

Zeuge Fre[iberg]:

Im Geschäft war er schon verschwunden, zumal der Eingang des Geschäftes ja nicht unmittelbar an der Straße liegt sondern [5329] etwas zurück, da sind noch Schaufenster ringsherum.

Vors.:

Er war also jedenfalls nicht mehr auf der Straße?

Zeuge Fre[iberg]:

... nicht mehr auf der Straße.

Vors.:

Und wie weit war Ihr Wagen nun von diesem Eingang - nehmen wir also den vorgebauten Teil auch schon zum Eingang hinzu - entfernt?

Zeuge Fre[iberg]:

Wenige Meter: 4, 5.

Vors.:

Und wann haben Sie Ihren Kollegen zum ersten Mal wieder gesehen?

Zeuge Fre[iberg]:

Meine Erinnerung ist mir dann nur geblieben, bewußt gesehen jetzt durch diese Bewegung an der Frau.

Vors.:

Und wie weit war er von Ihnen entfernt, als Sie ihn zum ersten Mal wieder im Geschäft gesehen haben, und wo standen Sie da?

Zeuge Fre[iberg]:

Also diese Wahrnehmung, daß er den Arm der Frau hochriß, machte ich etwa am Eingang der Tür, und 2, 3 m entfernt stand der Kollege.

Vors.:

Und schon in dem Augenblick, als Sie da reinrannten, sahen Sie ihn, daß er den Arm hochgezogen hatte von der Frau oder hochgerissen, sagten Sie?

Zeuge Fre[iberg]:

Das ist das, was ich in Erinnerung behalten hab.

Vors.:

Zu dem hier besonders interessierenden Punkte, was die Frau vorher gemacht hat, können Sie demnach überhaupt nichts sagen?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein.

Vors.:

Nun haben Sie, wie Sie uns schilderten, beide Waffen, die sichergestellt worden sind, eigenhändig sichergestellt?

Zeuge Fre[iberg]:

Eigenhändig sichergestellt und bis zum Entladen auch nicht aus der Hand gegeben oder irgendwie ... -

Vors.:

Es war ein Revolver und eine Pistole.

Sind sonstige Gegenstände von Ihnen noch gesehen worden, die im Zusammenhang mit der Festnahme dieser Frau sichergestellt worden sollen?

Zeuge Fre[iberg] (zunächst, weil hineinredend, unverständlich):

... so gut wie keine Erinnerung. Ich weiß nur, daß ein Reisepass dabei war, und ich weiß, daß ein Führerschein dabei war, daß da was mit Schlüsseln war und daß da was von Andreas Baader war - aus der Zeitung ausgeschnitten -, daß also ein Zeitmagazin über die Polizeiwache 40, der ich auch angehöre, in der Tasche war, das weiß ich aus dem Gedächtnis - Sonnenbrille, ja dann ... -

[5330] Vors.:

Haben Sie z. B. die Schlüssel oder die Ausweise näher besichtigt?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich hab sie mir angeguckt, aber ich möchte sagen, nicht so ...

Vors.:

Irgendwas Auffälliges dabei?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich hab mir gedacht, daß es vielleicht nicht richtig sein könnte, aber ich hab da nichts festgestellt.

Vors.:

Haben Sie sonstige Bekleidungsstücke etwa gesehen, die auch vielleicht für die Oberbekleidung nur dienen, die Sie selbst sichergestellt hätten?

Zeuge Fre[iberg]:

Nun, mir fiel auf, daß die Frau eine Jacke anhatte, eine Lederjacke, und mir ist in Erinnerung geblieben ein heller Pullover, den sie anhatte; Stiefel hatte sie auch noch an.

Vors.:

Ist Ihnen von Handschuhen irgend etwas bekannt geworden?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, da war irgendwo ein Handschuh in der Tasche - ich weiß nicht - ganz hinten in der Erinnerung. [ooo] Ich weiß es nicht.

Vors.:

Ein Handschuh?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich weiß das nicht.

Vors.:

Die Sicherstellungsverzeichnisse, die später hergestellt wurden, sind die Ihnen je zu Gesicht gekommen?

Zeuge Fre[iberg]:

Das Verzeichnis, was alles dabei war?

Vors.:

Nein, es sind dann einzelne Blätter angefertigt worden für jeweils einzelne Asservate.

Zeuge Fre[iberg]:

Das stimmt, ja.

Vors.:

Und soweit sie dort benannt worden sind?

Zeuge Fre[iberg]:

Soweit sie benannt worden sind, kann ich mich dran erinnern.

Vors.:

Dann will ich Ihnen gleich ...

Zeuge Fre[iberg]:

... konnte ich mich dran erinnern.

Vors.:

Bitte?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich konnte mich daran erinnern.

Vors.:

Ich will Ihnen aus

Bl. 122

z. B. vorhalten, daß hier ein Damenhandschuh erwähnt wird, den Sie sichergestellt haben sollen.

[5331] Zeuge Fre[iberg]:

Da muß ich sagen, daß ich das nicht mehr in Erinnerung hab.

Vors.:

Es ist hier die Rede von einem rechten roten Damenhandschuh. Sie wissen nichts mehr davon?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein.

Vors.:

Sie sind dann weiter angegeben

- Bl. 126 -

für eine Tasche. Von der haben Sie schon gesprochen. Es handelt sich hier um diese Umhängetasche. An die könnten Sie sich noch erinnern?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich würd sie, glaub ich, nicht wiedererkennen. Vielleicht, wenn ich den Verschluß nachmals öffnen sollte, würde ich das auch nicht schaffen.

Vors.:

Aber Sie wissen jedenfalls, daß Sie sich bemüht haben, eine solche Umhängetasche zu öffnen?

Zeuge Fre[iberg]:

Richtig, ja.

Vors.:

... ohne daß Ihnen das gelungen ist?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja.

Vors.:

Haben Sie später den Inhalt dieser Tasche selbst gesichtet?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, ich hab ihn gesehen. Der war ausgebreitet in diesem Zellenvorgang auf dieser Fensterbank.

Vors.:[ppp]

Sie haben also [qqq]

- S. 40 -

in der Tat dann in der Vernehmung bzw. hier in der Vernehmung in diesem Sonderordner genau beschrieben, was Sie in der Tasche alles gesehen und gefunden hätten. Das können Sie im einzelnen wohl hier nicht mehr schildern?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, das kann ich nicht sagen.

Vors.:

Ich hab im Augenblick keine Fragen mehr.

Richter Dr. Br[eucker]:

Herr Freiberg, Sie haben schon erwähnt oder in Zweifel gezogen, ob Sie wohl die Tasche wiedererkennen würden. Trotzdem die Frage:

Farbe: braun, schwarz, hell?

[5332] Zeuge Fre[iberg]:

Ich möchte sagen, es könnte eine dunkelbraune Tasche gewesen sein mit einem Schulterriemen.

Richter Dr. Br[eucker]:

Also eine Umhängetasche.

Etwa die Größe, wenn Sie die bezeichnen wollen?

Zeuge Fre[iberg]:

... 25, 30 cm.

Das Asservat C 2.1 Pos. 11 wird in Augenschein genommen.

Dem Zeugen wird das Asservat C 2.1 Pos. 11 vorgeführt.

Alle Verf. Beteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.[rrr]

Richter Dr. Be[rroth]:[sss]

Wir machen die Tasche mal zu

Zeuge Fre[iberg]:

... Also ich würde die Tasche nicht wiedererkennen. Also die Zeit zum Öffnen wollt ich mir damals nicht lassen.

Richter Dr. Br[eucker]:

Danke.

Richter Ma[ier]:

Herr Zeuge, wo hat sich das abgespielt: bei der Kriminaltechnik oder beim Erkennungsdienst?

Zeuge Fre[iberg]:

Beim Erkennungsdienst.

Richter Ma[ier]:

Wenn ich Sie recht verstanden habe, waren Sie selber es, der diese Umhängetasche dort entleert hat. Oder hat das jemand anderes getan?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, das war ich.

Richter Ma[ier]:

Danke.

Vors.:

Herr Dr. Breucker, bitte sehr.

Richter Dr. Br[eucker]:

Herr Freiberg, Sie haben geschildert, in welchem Zustand Sie die Pistole angetroffen haben, nämlich mit Patronen im Magazin, durchgeladen und entsichert. Nun meine weitere Frage: Erinnern Sie sich noch daran, ob der außenliegende Hahn gespannt war oder nicht?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich erinnere mich nicht. Aber es wäre mir aufgefallen, wenn er gespannt gewesen wäre, dann hätte ich die Waffe bestimmt nicht so eingesteckt, denn dann hätte sie ja jeden Augenblick losgehen können.

Vors.:

Die Herrn der B. Anwaltschaft?

Herr B. Anwalt Holland, bitte schön.

OStA Ho[lland]:

Herr Zeuge, zwei Fragen.

Einmal:

Herr Zeuge, welche Zeitspanne mag verstrichen sein nach Ihrer Schätzung von der Inempfangnahme des Funkspruches bis zu Ihrem Eintreffen an dieser Kleiderboutique?

[5333] Zeuge Fre[iberg]:

Ja, es war ein sehr kurzer Zeitraum.

OStA Ho[lland]:

Können Sie’s nach Obergrenze und Untergrenze mal eingrenzen oder versuchen, einzugrenzen?

Zeuge Fre[iberg]:

3 - 5 Minuten.

OStA Ho[lland]:

Dann noch eine Frage, Herr Zeuge:

Während der gesamten Vorgänge, hat da die festgenommene Frau zu irgendeinem Zeitpunkt mal etwas gesagt?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich hab keine Äußerung in Erinnerung, nichts, gar nichts.

OStA Ho[lland]:

Ich danke Ihnen schön, Herr Zeuge.

Vors.:

Herr B. Anwalt Zeis, bitte schön.

OStA Ze[is]:

Herr Zeuge, wenn Sie damals am 6.2.73 zu Protokoll gegeben haben, in dieser Umhängetasche sei auch ein rechter roter Damenhandschuh gewesen, haben Sie sich damals bemüht, die Wahrheit anzugeben?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich habe mich bemüht, ja.

OStA Ze[is]:

Dann noch ne Frage:

Hat diese Frau, die festgenommen wurde, zu dem Zeitpunkt, als sie noch stand und von Ihnen nun festgehalten wurde, nämlich am linken Arm, Versuche unternommen, zu Ihrer in der Jackentasche befindlichen Waffe zu greifen? Haben Sie da irgendwelche Wahrnehmungen gemacht?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich hab nicht gesehen, daß sie mit einer Hand irgendwie in eine Tasche greifen wollte. Das habe ich nicht gesehen, nein. Ich stand links - also rechts hab ich nicht hingesehen.

OStA Ze[is]:

Können Sie darüber etwas sagen, ob Ihr Kollege, der die Frau am rechten Arm festhielt, mehr Kraft aufwenden mußte als Sie am linken?

RA Kü[nzel]:

Herr Vorsitzender, die Frage ist unzulässig. Es ist absolut ausgeschlossen, daß ein Zeuge Wahrnehmungen machen kann über Kraftanwendungen eines Kollegen, von dem er gar nicht weiß, wie stark oder wie schwach er ist.

Vors.:

Herr RA Künzel, die Frage ist dahin gegangen, ob der Kollege ihm darüber berichtet hätte, so hab ichs verstanden.

OStA Ze[is]:

Nein, nein. Ob er Wahrnehmungen gemacht hat darüber, ob sein Kollege - ich wiederhole gern nochmals die Frage -, ob sein Kollege die festgenommene Person am rechten Arm stärker festhalten mußte als er am linken.

[5334] Vors.:

Also ob der Zeuge Wahrnehmungen dazu gemacht hat, welcher Arm etwa vom Polizeikollegen mühseliger festgehalten werden konnte. Das ist eine zulässige Frage, Herr Rechtsanwalt.

RA Kü[nzel]:

Die Frage ging ja nicht dahin, ob der Kollege mit dem rechten Arm dieser Kundin mehr zu tun hatte als mit dem linken, sondern ob der Kollege selbst rechts mehr Kraft aufwenden mußte als dieser Zeuge links.

Vors.:

Das ist klar. In dieser Form wäre die Frage nicht möglich, zu beantworten. Aber so ist sie ja auch nicht gestellt gewesen.

OStA Ze[is]:

Ich pflege im allgemeinen, Herr Rechtsanwalt, keine unsinnigen Fragen zu stellen und wenn ich’s doch mal tue, dann bitte ich um Verzeihung.

RA Dr. He[ldmann]:

... widerlegt, (nicht verständlich).[ttt]

Vors.:

Also der Herr B. Anwalt Zeis räumt ein. So, wie Sie die Frage verstanden haben, wäre sie in der Tat nicht zu beantworten und deswegen könnte sie auch nicht beantwortet werden, aber so ist sie auch tatsächlich nicht gestellt.

Ich bitte also, die Frage vielleicht ganz kurz nochmals so zu formulieren, daß Herr RA Künzel das auch genau mitbekommt.

OStA Ze[is]:

Es geht selbstverständlich um die Wahrnehmungen. Im übrigen, Herr RA Dr. Heldmann, wäre ich Ihnen verbunden, wenn Sie, wenn ich Fragen stelle, nicht dazwischenreden. Es geht also hier nochmals genau um Ihre Wahrnehmung:

Ob Sie zu dem Zeitpunkt, als Sie die festgenommene Person am linken Arm festhielten, Wahrnehmungen darüber gemacht haben, ob Ihr Kollege mehr Kraft aufwenden mußte als Sie?

Vors.:

Jetzt ist die Frage doch so beantwortet, Herr B. Anwalt. So kann man sie in der Tat nicht stellen. Das weiß er ja nicht, welche Kraft der andere Kollege aufwenden mußte.

RA Kü[nzel]:

Auch dieser Vorhalt ist wohl nicht zulässig.

Vors.:

Wenn Sie die Frage danach stellen, ob der Kollege beobachtet ... ob der Zeuge beobachtet hat, daß sein Kollege besondere Kraft aufwenden mußte, um den Arm festzuhalten, in Ordnung.

Aber er kann doch nicht vergleichen, da er nicht weiß, welches Maß an Kraft der Herr Zeuge aufgewendet hat oder der andere Kollege.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, man kann auch sehen, wieviel Kraft man aufwendet im Vergleich zu dem, was man selbst tut.

[5335] Vors.:

Man kann natürlich die Frage dahin formulieren, ob der Zeuge die Wahrnehmung gemacht habe, daß der Kollege mit dem rechten Arm mehr Schwierigkeiten hatte als er mit dem linken, gut, das wäre eine Möglichkeit, zu fragen. Das sieht man optisch, Herr RA Künzel. Das geht nicht nach dem Maß der Kraft, sondern nur, ob man mehr Schwierigkeiten hat.

RA Dr. He[ldmann]:

Verzeihen Sie, Herr RA Künzel hat beantragt, das unzulässig zurückzuweisen.

Vors.:

Die Frage ist ja inzwischen schon mindestens fünfmal umformuliert, wenn ich’s recht verstanden habe. Ich habe inzwischen ganz klargemacht, so, wie sie gestellt war, war die Frage nicht zu beantworten durch den Herrn Zeugen. Soweit hat Herr RA Künzel schon Recht bekommen. Aber wenn die Frage etwa einen Vergleich zieht, ob er wahrgenommen habe - der Herr Zeuge -, daß der Kollege den Eindruck habe, daß der Kollege mit dem rechten Arm, den er festhielt, größere Schwierigkeiten hatte als er mit dem linken, dann meine ich, ist das eine Wahrnehmung und danach kann gefragt werden.

Herr B. Anwalt Zeis, wären Sie einverstanden, daß der Herr Zeuge es in dieser Form beantwortet?

OStA Ze[is]:

Ja, sicher, natürlich.

Vors.:

Herr Zeuge, können Sie dazu was sagen?

Zeuge Fre[iberg]:

Da kann ich insofern was dazu sagen, daß ich also wirklich festgestellt hab, daß mit dem rechten Arm bzw. mit der rechten Körperhälfte wesentlich mehr Aufwand getrieben worden ist, also einmal von der Festgenommenen, einmal von dem Kollegen. Mit links, da brauchte ich überhaupt nichts zu tun; es ging immer um die rechte Seite, und zwar durch Drehen und Wenden. Ich hatte das Gefühl, daß es rechts ist.

Und dann kam auch von dem Kollegen sofort: „Guck in die rechte Tasche. Da muß die Waffe drin sein“, etwa sinngemäß. Er hat selbst auch gemerkt, daß irgendwas mit rechts geschehen sollte, mit dem rechten Arm, mit der rechten Körperhälfte.

Vors.:

Herr B. Anwalt.

OStA Ze[is]:

Ich möchte Ihnen dann aus

Sonderordner 68 Bl. 35

[5336] Ihre damalige Aussage vorhalten, und zwar ne ähnliche Frage wie die meine - zum besseren Verständnis des Zusammenhangs lese ich die Frage auch noch mit vor; halte es Ihnen vor:

RA Kü[nzel]:

Auch dieser Vorhalt ist wohl nicht zulässig, weil es die vom Herrn Bundesanwalt vorher selbst als sinnlos bezeichnete Frage eigentlich hier formuliert. Dieser vorhalt so ist nicht zulässig, denn es ist genau der Inhalt der Frage, von der wir vorher sagten, daß sie - auch das Gericht der Auffassung war -, daß sie so nicht gestellt werden kann. Sie kann nun natürlich auch nicht als Vorhalt gestellt werden.

OStA Ze[is]:

Nein, Herr RA Künzel. Es ist ein Mißverständnis. Wenn Sie die Frage gelesen hätten, hätten Sie gemerkt, daß es sich doch erheblich unterscheidet von der, die ich gestellt hab.

Vors.:

Ich sehe zunächst nicht, warum ein Vorhalt aus den Akten nicht zulässig sein sollte. Da müßten andere Gründe dastehen. Da geht es nicht so sehr um den Sinn. Aber im übrigen:

In der Tat, die Frage, die hier gestellt worden ist, ist völlig unterschiedlich zu der andern.

Der Vorhalt ist zulässig.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, darf ich die Frage dann stellen; und zwar, die Frage, die ich vorhalten möchte, nur des besseren Zusammenhangs [uuu] wegen hier nochmals vorhalten will Frage:

„Hat die betreffende Frau zu dem Zeitpunkt, als sie noch stand, von Ihnen festgehalten wurde, Versuche unternommen, zu ihrer in der rechten Jackentasche befindlichen Waffe zu greifen?“

Antwort:

„Das kann ich nicht genau sagen. Ich habe aber bemerkt, daß die Frau mit ihrem rechten Arm so heftige Gegenwehr geleistet hatte, daß mein Kollege erheblich mehr Kraft aufwenden mußte, um ihren Arm zu halten als ich.“

RA Li[nke]:

(spricht unverständlich)!

OStA Ze[is]:

Ja, natürlich, Herr RA Linke.

„Ich kann auch nicht sagen, ob sie zu diesem Zeitpunkt zu ihrer Waffe greifen wollte. Ich habe aber gesehen, daß sie ihren rechten Arm immer Richtung Jacke ziehen wollte. Erst später glaubte ich, daß sie zu ihrer Waffe greifen wollte, nachdem ich wußte, daß sie in ihrer rechten Jackentasche eine Waffe hatte.“

[5337] OStA Ze[is]:

Das ist mein Vorhalt.

Vors.:

Und jetzt die Frage an den Vorhalt.

OStA Ze[is]:

Ob das der Erinnerung des Zeugen entspricht, daß er diese Angaben gemacht hat?

Zeuge Fre[iberg]:

Das ist mir in Erinnerung, daß ich die Angaben gemacht hab.

OStA Ze[is]:

Keine weiteren Fragen mehr.

Vors.:

Herr RA Becker hatte sich zunächst gemeldet. Bitte schön.

RA Be[cker]:

Ich bedanke mich für den Vorhalt, der hier grade gemacht worden ist und möchte noch einen weiteren aus dem Protokoll vom 21. August machen, und zwar [vvv]

Bl. 34 unten.

Herr Zeuge, Sie sagen:

„Ich betrat den Laden und sah in diesem Augenblick ca. 3 m von mir entfernt auf der rechten Seite am Verkaufstisch meinen Kollegen sehen. Von mir aus gesehen rechts von ihm versuchte eine Frau, an ihm vorbei den Ausgang zu erreichen. Die Frau befand sich in diesem Augenblick etwa in gleicher Höhe von meinem Kollegen. Ich sah dann, daß mein Kollege seinen rechten Arm in ihren rechten Arm schob und ihren Arm dabei nach hinten hochriß.“

Entspricht das Ihrer Erinnerung?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, das entspricht meiner Erinnerung.

RA Be[cker]:

Dann hätte ich noch eine weitere Frage:

Haben Sie zu dem Vorhalt, den Ihnen der Herr Bundesanwalt grade gemacht hat ... wie war denn die Armhaltung der Frau, als Sie das beobachtet haben?

Also ich meine, der Vorhalt war nochmals der:

Ich habe immer gesehen, daß sie ihren rechten Arm immer in Richtung Jacke ziehen wollte.

Wie war ihre Armhaltung damals? Wie hat Ihr Kollege sie gehalten?

Wenn Sie’s mal verbal beschreiben können.

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, verbal nach hinten gebeugt, also nach hinten gedreht.

RA Be[cker]:

Nach hinten, also auf den Rücken?

Zeuge Fre[iberg]:

In Richtung Rücken, ja, was natürlich nicht immer gelang, weil sie sich am Boden [www] hin- und herwälzte. Sie war [5338] nicht immer in der gleichen Haltung, sondern es war Bewegung drinne.

RA Be[cker]:

Also Ihr Kollege hat es gezeigt, daß es ungefähr so gewesen sei.

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, ein Arm, aber den rechten.

RA Be[cker]:

Dann frag ich Sie nur, wie kann man da den Eindruck haben, daß jemand immer in Richtung Jacke seinen Arm ziehen will? Das ist mir nicht klar. Wenn Sie das erklären.

Zeuge Fre[iberg]:

Also das war mein damaliger Eindruck, daß sie versuchte, loszukommen und in diese Richtung zu fassen oder mit dem Arm zu kommen.

RA Be[cker]:

In Richtung Jacke?

Zeuge Fre[iberg]:

Wenn sie den Arm auf dem Rücken hatte, hatte sie ihn auch schon in Richtung Jacke. Das stimmt allerdings.

RA Be[cker]:

Hatte sie irgendwie ne andere Möglichkeit, in eine andere Richtung zu gehen mit ihrem Arm als nach unten?

Zeuge Fre[iberg]:

Also die Möglichkeit ... - Sie mußte ja eigentlich, wenn sie loskommen wollte, gegen diesen Griff angehen, und das würde immer bedeuten, daß sie versucht, nach vorne ... Je mehr sie nach hinten versucht, je mehr schmerzt das und je mehr ist sie im Griff. Das ist richtig, genau.

RA Be[cker]:

Dann hätte ich noch ne Frage:

Haben Sie auch ... Sie sind ja nachher nochmals vernommen worden im Februar 1973. Ist das richtig? Erinnern Sie sich daran noch?

Zeuge Fre[iberg]:

... daß ich nochmals vernommen worden bin? Ob’s Februar war, weiß ich nicht.

RA Be[cker]:

Ja, gut, aber doch ein ziemlicher zeitlicher Abstand ... Können Sie diese Vernehmung vielleicht nochmals beschreiben? Ist Ihnen da gesagt worden, weshalb Sie nochmals vernommen werden, nachdem Sie immerhin bereits vier Seiten Aussagen gemacht hatten?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, man wollte von mir nochmals - ich weiß nicht, wer das angeregt hat, auf wessen Weisung das war - den gesamten Ablauf hören, und ich sollte nochmals schildern und wurde so zu Papier gebracht - den gesamten Ablauf.

[5339] RA Be[cker]:

Ja, aber Sie haben das wesentlich kürzer geschildert als das erste Mal.

Gab’s noch irgendein anderes Ziel dabei? Wurden Sie noch nach irgendwas anderem gefragt dabei, außer dem Ablauf der Festnahme?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, das glaube ich nicht. Ich weiß nicht. Nein, ich hab das so geschildert, wie ich das erlebt hab. Es ist vielleicht was kürzer geworden ...

RA Be[cker] (spricht dazwischen):

Ist Ihnen da ...

Entschuldigung, ich will Sie ausreden lassen.

Zeuge Fre[iberg]:

Es war so, daß ich vielleicht Einiges vorausgesetzt hab durch den ersten Bericht.

RA Be[cker]:

Ist der Ihnen nochmals vorgehalten worden dabei? Konnten Sie den nochmals einsehen?

Zeuge Fre[iberg]:

Weiß ich nicht. Kann ich nicht sagen.

RA Be[cker]:

Ist es möglich?

Zeuge Fre[iberg]:

Wenn ich’s nicht sagen kann, ist es bestimmt auch möglich.

RA Be[cker]:

Nee, man kann ja auch also ... -

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, ich weiß es wirklich nicht. Das tut mir leid.

RA Be[cker]:

Sind Ihnen Fragen zu Asservierungen nochmals gestellt worden?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, Fragen zur Asservierung sind gestellt worden.

RA Be[cker]:

Ist Ihnen das auch nochmals gesagt worden, daß das unter Umständen auch Anlaß wäre, Sie hier nochmals vorzuladen?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich weiß nicht, warum man mir das erklärt hat. Ich mußte hinkommen und sollte nochmals sagen, welche Sachen ich vorgefunden hatte, und die Notwendigkeit hat man mir nicht erzählt.

RA Be[cker]:

Und sind da Vorhalte hinsichtlich einzelner Gegenstände gemacht worden? Oder hat man Sie da zu einzelnen Gegenständen gefragt? Ich meine, das ist ja immerhin ein Dreivierteljahr entfernt gewesen: Im Juni 1972 ist das passiert; am 6. Februar 1973 sind Sie zu ganz speziellen einzelnen Gegenständen befragt worden.

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, speziell zu einzelnen Gegenständen nicht, das glaube ich zu wissen.

[5340] RA Be[cker]:

Das glauben Sie, zu wissen ...?

Zeuge Fre[iberg]:

... daß man nicht gesagt hat: Wir haben hier noch so was; oder: Hier war noch so was.

Das weiß ich nicht.

RA Be[cker]:

Nee, ich meine, gefragt:

Erinnern Sie sich z. B. daran, daß noch das und das dabei war?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, daß so gefragt worden ist, kann ich mich nicht erinnern.

RA Be[cker]:

Hatten Sie ne präzise Erinnerung oder haben Sie heute noch ne präzise Erinnerung an das, was Sie asserviert haben? Oder entspricht diese Erinnerung hinsichtlich der Asservate, wie Sie[xxx] hier gegenüber dem Herrn Vorsitzenden kundgetan haben ...

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, das, was ich vorher gesagt habe, entspricht der Erinnerung, ja, meiner jetzigen Erinnerung.

RA Be[cker]:

... entspricht das dem, was Sie nochmals gelesen haben?

Zeuge Fre[iberg]:

Das hab ich nicht verstanden.

RA Be[cker]:

Ob das dem entspricht, was Sie nochmals ... als Sie nochmals Ihre Aussage gelesen haben?

Zeuge Fre[iberg]:

Das wäre mir wohl auch so noch in Erinnerung geblieben. Das, was ich dann noch gelesen hab - einzelne Teile - hab ich mich zum Zeitpunkt des Lesens nicht dran erinnern können und jetzt auch nicht.

RA Be[cker]:

Und damals konnten Sie sich besser erinnern?

Zeuge Fre[iberg]:

Das nehme ich an, ein Dreivierteljahr geht ja noch; dreieinhalb ist schon schlechter.

RA Be[cker]:

Haben Sie nochmals Gelegenheit gehabt, so einen Sonderdienstordner einzusehen bei Ihrer Behörde in Hamburg?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, der Vorhalt ist sicherlich auch sprachlich mißglückt. Sonderdienstordner gibt es nicht; infolgedessen ist er unzulässig.

RA Be[cker]:

Würden Sie mir grade helfen dabei[yyy] Herr Bundesanwalt? Sonderordner hieß der -

Vors.:

Sie kennen den Sprachgebrauch auch, sofern Sie nur die Anklage gelesen haben, was ich doch unterstellen möchte, denn da ist der Begriff richtig wiedergegeben.

[5341] RA Be[cker]:

Nein, der Herr Zeuge hat doch gesagt, daß er - der vorangegangene Zeuge hatte doch gesagt -, daß er in einen Ordner dort bei seiner Dienststelle nochmals Einblick genommen hat.

Vors.:

Wir wollen jetzt nicht die alte Vernehmung wieder aufwärmen, sondern Sie sollten sagen, was Sie jetzt vom Herrn Zeugen wissen wollen. Es geht nur darum, daß es keinen Sonderdienstordner gibt, sondern eben einen Sonderordner normalerweise.

RA Be[cker]:

Nein, entschuldigen Sie. Ich hab jetzt wieder den Terminus - das kann einem ja passieren.

Ich wollte gerne wissen, ob Sie auf einer Spezialdienststelle nochmals Ihre Aussage und vielleicht auch andere Unterlagen einsehen konnten?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich habe meine Aussage nochmals eingesehen, um mich auf den Prozeß vorzubereiten.

RA Be[cker]:

Haben Sie sie mitgenommen?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich habe sie nicht mitgenommen.

RA Be[cker]:

Haben Sie auch noch andere Unterlagen einsehen können?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich hab meine Aussagen eingesehen und dann einen Bildband, der da gemacht worden ist, der nachgestellt worden ist. Die Rekonstruktion wurde in Bildern festgehalten, dort in der Boutique, und diesen Bildband habe ich gesehen.

RA Be[cker]:

Ja, ich hab dann keine weiteren Fragen mehr.

Vors.:

Sonstige Fragen bei den Herrn Anwälten?

Herr RA Künzel.

RA Kü[nzel]:

Herr Zeuge, als Sie der Kundin diese Umhängetasche abgenommen haben, hat sie da Ihr Kollege - diese Kundin - bereits fest im Griff gehabt?

Zeuge Fre[iberg]:

Fest im Griff? - Nein, hat er sie nicht gehabt.

RA Kü[nzel]:

Hatte er sie fest im Griff, als Sie in die rechte Tasche des Jacketts gegriffen haben?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, also fest im Griff kann man sagen, erst am Ende, als ich rausging, die Handfesseln zu holen. Es war immer noch ein Wenden und Drehen.

RA Kü[nzel]:

Hat sie, nachdem sie fest im Griff war, wiederum versucht, sich zu befreien?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich gehe davon aus, daß sie fest im Griff war, als ich rausging. Ich kann dazu nicht sagen, aber ich wär nicht rausgegangen, wenn sie nicht fest im Griff gewesen wäre.

[5342] Ob sie das dann noch versucht hat, weiß ich nicht. Viele Chancen hat sie wohl dann nicht mehr gehabt. Ob sie’s versucht hat, weiß ich nicht.

RA Kü[nzel]:

Aus Ihrer Vernehmung

- Bl. 36 der Akten -

ist an sich zu entnehmen, daß die Kundin fest im Griff Ihres Kollegen war und Sie dann diese Schußwaffe aus der Jacketttasche genommen haben, und daß die Kundin dann erneut Versuche gemacht hat, sich zu befreien.

Zeuge Fre[iberg]:

Ich will das so erläutern, daß „fest im Griff“ bis zu dem Zeitpunkt, als ich wegging, da kann nicht davon gesprochen werden. Da war zeitweilig eine Pause eingetreten, die ich dann nutzte, um

1. die Handtasche wegzunehmen oder, um

2. in die Jackentasche zu gucken.

RA Kü[nzel]:

Darf ich Ihnen vorhalten? Sie sagen dort:

„Nachdem mein Kollege mir sagte, daß er sie fest im Griff habe,

- das soll also Ihr Kollege Ihnen gesagt haben -

ließ ich ihren linken Arm los und nahm ihre Umhängetasche an mich.“

Dann hätten Sie versucht, die zu öffnen, und dann - offensichtlich immer noch fest im Griff - hätten Sie dann in die rechte Tasche gegriffen des Jacketts.

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, so ist es ungefähr abgelaufen.

RA Kü[nzel]:

Dann war es auch so, daß der Kollege zu Ihnen sagte:

„Ich hab sie jetzt.“?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, richtig ... sonst hätte ich sie nicht losgelassen.

RA Kü[nzel]:

Und ich halte Ihnen dann weiter vor - Sie sagen dann:

„Die Frau versuchte nun, sich erneut zu befreien.“

Da muß also nach einer Pause ein erneuter Befreiungsversuch vorgenommen worden sein, und erst daraufhin haben Sie dann den Laden verlassen und diese Hamburger 8 geholt?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, das war so.

[5343] RA Kü[nzel]:

Nun weiter:

Wie lange hat es wohl zeitlich gedauert, bis Sie die Handtasche an sich gebracht haben und dann versucht haben, die Handtasche zu öffnen?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich hab nicht so lange probiert wie hier eben, denn dann wäre sie vielleicht auch aufgegangen.

RA Kü[nzel]:

Und haben Sie dann von sich aus diese Handtasche einer in der Nähe stehenden Person gegeben?

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, ich hab gesagt: „Öffnen Sie mal bitte. Sie kennen sich da besser mit aus.“ So ungefähr.

RA Kü[nzel]:

Und kam dann der Vorschlag Ihres Kollegen, in die rechte Tasche zu greifen? ...

Zeuge Fre[iberg]:

Ja, richtig.

RA Kü[nzel]:

... nachdem Sie diese Umhängetasche der Kundin oder irgendeiner anderen Person, einer weiblichen Person wohl, gegeben haben?

Zeuge Fre[iberg]:

Das ist richtig.

RA Kü[nzel]:

Danke schön.

Vors.:

Herr Berichterstatter, bitte.

Richter Dr. Be[rroth]:

Herr Freiberg, haben Sie den von Ihnen ergriffenen linken Arm auch so verdreht zum Rücken gehabt wie Ihr Kollege? Oder haben Sie den Arm der Frau anders gehalten? Nach unten oder vorne?

Zeuge Fre[iberg]:

Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich hab mit dem nicht viel angestellt, wenn ich’s mal so sagen darf. Es war also nichts mit dem linken Arm.

Richter Dr. Be[rroth]:

Sie wissen also nicht, ob Sie ihn genau in der gleichen Richtung gehalten haben, auch nach hinten?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, das kann ich nicht sagen.

Vors.:

Herr Meinhold, bitte.

Ergänzungsrichter Me[inhold]:

Herr Zeuge, ich habe noch eine Frage:

Sie erzählten ja vorhin, daß Sie den Revolver aus der rechten Jackettasche geholt haben.

Können Sie sich noch daran erinnern, ob die Lasche an dieser Jackettasche, als Sie den Revolver rausholten, nach innen gestülpt war oder nach außen, also regulär nach außen zeigte?

[5344] Zeuge Fre[iberg]:

Also ich wußte bis heute nicht, daß die Tasche auch ne Lasche hat.

Ergänzungsrichter Me[inhold]:

Also das wissen Sie nichts mehr?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, ich wußte nicht, daß sie ne Lasche hat.

Ergänzungsrichter Me[inhold]:

Können Sie sich noch daran erinnern, ob sie eine Lasche zur Seite hatte, die man hochheben mußte, um da reinzukommen?

Zeuge Fre[iberg]:

Nein, das höre ich jetzt zum ersten Mal. Daran kann ich mich nicht erinnern.

Ergänzungsrichter Me[inhold]:

Dankeschön.

Dem Zeugen werden drei Asservate

- C 2.1 Pos. 7,

C 2.1 Pos. 9 und

C 2.1 Pos. 10 -

zum Augenschein vorgelegt.

Zeuge Fre[iberg]:

Zu dem Handschuh kann ich nur sagen, daß ich mich nicht mehr daran erinnere.

Der Revolver war silberfarbig - das habe ich gesagt.

Es könnte also dieser sein.

Und die Größe der Waffe, ...

Vors.:

... der Pistole, damit wir jetzt die Trennung vom Revolver machen.

Zeuge Fre[iberg]:

Die Größe der Pistole kommt hin: 9 mm würde ich sagen. Es könnte auch diese Waffe gewesen sein, ja, was ich nur anhand der Nummer genau feststellen könnte. Aber wie gesagt: silberfarbig, 9 mm. An den Handschuh nicht.

Vors.:

Sie sehen ja, jetzt ist der Hahn gespannt. Nein, er ist jetzt entspannt. Spannen Sie ruhig mal.

Wenn er so in diesem Zustand gewesen wäre, da Sie den Zustand beschrieben, haben, wäre es möglich, daß Ihnen das nicht aufgefallen wäre?

Zeuge Fre[iberg]:

Ich hab sie bestimmt nicht so weggesteckt. Das glaube ich nicht. Dazu weiß ich etwas von Waffen. Also so steckt man sie nicht weg.

Vors.:

Also wir können davon ausgehen, nicht gespannt nach Ihrer Erinnerung, sonst hätten Sie sich anders verhalten.

Zeuge Fre[iberg]:

Ja.

[5345] Vors.:

Danke.

Sonst noch Fragen zu den Asservaten?

Nicht mehr.

Sind dem Herrn Zeugen noch irgendwelche Fragen zu stellen?

Ich sehe, nicht.

Der Zeuge, POM Freiberg, wird vorschriftsmäßig vereidigt.

Können wir den Herrn Zeugen entlassen?

RA Be[cker]:

Den anderen auch.

Der Zeuge, POM Freiberg, wird zusammen mit dem Zeugen, POM Millhahn, im allseitigen Einvernehmen um 12.10 Uhr entlassen.

[Vors.:]

Will einer der Prozeßbeteiligten eine Erklärung gem. § 257 StPO abgeben? Wenn nicht, können wir jetzt in die Pause eintreten. Fortsetzung: 14.00 Uhr.

Pause von 12.10 Uhr bis 14.04 Uhr.

Ende von Band 292.

[5346] Fortsetzung der Hauptverhandlung um 14.04 Uhr.

Ale Zeuge ist POM Haukje anwesend.

Reg. Dir. Widera ist nicht mehr[zzz] anwesend.

RAe. Schlaegel, Dr. Heldmann und Becker sind nicht mehr[aaaa] anwesend.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort. Die Verteidigung ist gewährleistet. Herr Rechtsanwalt Schlaegel hat sich für heute Nachmittag entschuldigt. - siehe Anlage zum Protokoll -. Herr Rechtsanwalt Linke hat seine Verhinderung ab 14.30 Uhr mitgeteilt, die Gründe dafür benannt. - siehe Anlage 4 zum Protokoll -. Wir haben Herrn Haukje, ist das richtig ausgesprochen, der Name? ...

Zeuge Ha[ukje]:

Ja, ja.

Vors.:

... Als Zeugen hier. Ich darf Sie zunächst um Ihre Personalien bitten.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Dieter Haukje, 37 Jahre, Polizeibeamter in Hamburg, z.Zt. Einsatzzug Harburg, Stammdienststelle Polizeirevierwache 73 in Harburg.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert. Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Die Aussagegenehmigung des Zeugen POM Haukje ist dem Protokoll als Anlage 5 beigefügt.

Die Rechtsanwälte Dr. Heldmann und Becker erscheinen wieder[bbbb] um 14.05 Uhr im Sitzungssaal.

Vors.:

Herr Haukje, wir besprechen heute die Festnahme von Frau Ensslin, waren Sie an dieser Festnahme in irgendeiner Form beteiligt?

[5347] Zeuge Ha[ukje]:

Ja.

Vors.:

Wenn Sie uns schildern wollen im Zusammenhang, was Sie damals erlebt und beobachtet haben.

Zeuge Ha[ukje]:

Im Juni 1972 war es wohl, bekamen wir, die Funkstreifenwagen Peter 40-1 und 40-2, 40-1 war mein Kollege Emmen und ich und 40-2 war der Kollege Millhahn und Freiberg, den Einsatz Jungfernstieg 41-42, in einer Boutique ist eine Pistole gefunden und die Besitzerin sei noch im Geschäft.

RA Dr. Heldmann verläßt um 14.05 Uhr für kurze Zeit den Sitzungssaal.

Zeuge Ha[ukje]:

Wir sind dann gleich losgefahren und als wir dort waren war da 40-2, also die Kollege Emmen ne ... Millhahn und Freiberg, die waren schon dort. Als wir ausstiegen, hat der Kollege Emmen den Wagen abgeschlossen, ich bin Richtung Geschäft gegangen. Als er ungefähr auf dem Gehweg war, es war auf der gegenüberliegenden Straßenseite, kam mir der Kollege Freiberg entgegen und der[cccc] ... rief mir zu: „Im Laden“. Dann bin ich schnell reingegangen. Wie ich in das Geschäft eintrat, hab ich dann festgestellt, auf dem Fußboden befand sich der Kollege Millhahn und eine Person, und Herr Millhahn, der hielt diese Person fest und da er offensichtlich Schwierigkeiten dabei hatte, hab ich natürlich [dddd] unterstützt, bin hingegangen, hab die Person am linken Arm erfasst. Dann haben wir, dann hab ich den linken Arm nach hinten ... Moment, das stimmt nicht ganz. Ich hab die Person an der Schulter erfasst und runtergedrückt. Dann hat der Kollege Millhahn den linken Arm losgelassen, den konnte ich dann ergreifen und auch nach hinten halten. In der Zwischenzeit kam der Kollege Emmen auch dazu, hat die Person mit niedergehalten. Die hat sich ganz schön gewehrt und der Kollege Freiberg kam auch anschließend gleich wieder rein. Er holte die Hamburger-Acht, damit haben wir die Arme der Person auf dem Rücken festgebunden. Dann haben wir die Person rausgetragen, in den Funkstreifenwagen [5348][26] [5349][27] [5350][28] [5351] gesetzt, in den 40-2, und sind zum Präsidium gefahren. Und zwar sind wir zum Erkennungsdienst gefahren. Dort haben wir die Person in eine Zelle gebracht und der Kollege Freiberg hat mir dann eine Pistole gezeigt und zwar war die Pistole in folgendem Zustand: Er hat die Pistole in die Hand genommen, hat das Magazin herausgenommen. Im Magazin war Munition, die Pistole war ungesichert, dann hat er den Lauf zurückgezogen und es fiel eine Munition heraus. Das war eigentlich alles.

Vors.:

Ja, so daß Sie, nach dem, was Sie schildern, keine Beobachtungen machen konnten, wie sich die Frau verhalten hat, bevor sie am Boden gesessen hatte.

Zeuge Ha[ukje]:

Nein, das kann ich nicht.

Vors.:

Diese Pistole, die Ihnen gezeigt worden war, haben Sie erfahren, woher die stammte, wie man die ... wie der Kollege Freiberg in den Besitz der Pistole gelangt ist?

Zeuge Ha[ukje]:

Ja, die Pistole hat er aus einer Handtasche genommen und diese Handtasche gehörte der Person, die der Kollege Millhahn da am Fußboden festhielt.

Vors.:

Haben Sie das selbst beobachtet?

Zeuge Ha[ukje]:

Nein, das hab ich nicht selbst beobachtet.

Vors.:

Sie kamen also praktisch eigentlich schon als die eigentliche Festnahme.

Zeuge Ha[ukje]:

Die Aktion war eigentlich abgeschlossen, die Hauptaktion.

Vors.:

Ich hab keine Fragen an den Herrn Zeugen.

Ja, es ist noch ein Punkt zu klären. Haben Sie Gelegenheit gehabt, die ... das Protokoll Ihrer früheren Anhörung durchzulesen?

Zeuge Ha[ukje]:

Ja, ich hab am Donnerstag die Vorladung bekommen hier zu Gericht und hab dann meinen Kollegen angerufen und der hat mir erzählt, am Freitag treffen wir uns im Präsidium, und dort hab ich das Protokoll eingesehen.

Vors.:

Die Nummern der Funkstreifen, beziehungsweise der Polizeiwagen, sind die in Ihrer Erinnerung verhaftet oder wie kommen Sie noch auf so eine präzise Bezeichnung dieser Fahrzeuge?

[5352] Zeuge Ha[ukje]:

Ja, wir waren der Peter 40-1, ich war da eingeteilt als FF, das heißt Funkstreifenführer, aber das ist ohne Bedeutung an und für sich, und die anderen waren ... die Kollegen waren 40-2. Unsere Dienststelle hatte zwei Wagen. Ein mal 40-1 und dann noch 40-2.

Vors.:

Könnte es möglich sein, daß Sie die Nummern verwechseln?

Zeuge Ha[ukje]:

Verwechseln, ich glaub nicht.

Vors.:

Glauben Sie nicht. Also jedenfalls auch der 40-2 wäre ein Fahrzeug, mit dem Sie theoretisch hätten fahren können damals, oder ist das ganz ausgeschlossen?

Zeuge Ha[ukje]:

Das ist auch möglich, das ist selbstverständlich. Wir wechseln zwischendurch auch. Welcher Wagen gerade meinetwegen einen Einsatz bekommt. Wenn die Kollegen gerade Essenspause haben und ... und die anderen Kollegen haben vielleicht gerade Berichtsfertigung, in der Zwischenzeit kommt ein neuer Einsatz, dann spring ich schnell auf den Wagen drauf.

Vors.:

Es sind beides gleich ... für gleiche Zwecke hergerichtete Funkstreifenwagen?

Zeuge Ha[ukje]:

Richtig.

Vors.:

Sie haben nämlich in Ihrer früheren Vernehmung, das halte ich Ihnen aus Blatt 43 vor, die Nummern genau umgekehrt beziffert: Sie als Beobachter auf dem Funkstreifenwagen 40-2, heute sagen Sie 40-1.

Zeuge Ha[ukje]:

... das weiß ich nicht, also das ist zu lange her, also das weiß ich nicht.

Vors.:

Wenn Sie früher die Nummer 40-2 angegeben haben und man davon ... es wird sich warscheinlich also für Sie im Augenblick durch die Erinnerung nicht mehr klären lassen, welcher Wagen es nun tatsächlich war.

Zeuge Ha[ukje]:

Das weiß ich nicht.

Vors.:

Es war jedenfalls ein Wagen Ihrer Dienststelle.

Zeuge Ha[ukje]:

Ja.

Vors.:

Und die Dienststelle hatte zwei Wagen, nämlich 40-1 und 2. Sonstige Fragen? Sehe beim Gericht nicht. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Herr Bundesanwalt Holland.

[5353] OStA Holl[and]:

Herr Haukje, zunächst die Frage. Sie haben eben bekundet, die festgenommene Person hätte sich ganz schön, wie Sie gesagt haben, gewehrt. Können Sie uns das mal näher erläutern? Was hat die festgenommene Person im einzelnen getan, soweit Ihnen das noch erinnerlich ist.

Zeuge Ha[ukje]:

Also, als wir das Geschäft betraten, hatte der Kollege Millhahn den rechten Arm ...

OStA Holl[and]:

Sprechen Sie ruhig ins Mikrophon, Herr Haukje, Sie brauchen mich nicht anzusehen, danke.

Zeuge Ha[ukje]:

Also der Kollege Millhahn hatte ja den rechten Arm der Person nach hinten auf den Rücken gedreht und auf die ... auf die linke Hand stand er mit dem Fuß drauf. Nun versuchte die Person, nach vorne und zur Seite wegzudrehen, damit sie aus der Klammerung, die Herr Millhahn praktisch ausgeübt hatte, herauskam. Dabei hat sie ihren Oberkörper um den Arm, soweit es ging natürlich, ziemlich ruckartig bewegt nach links und nach rechts und nach hinten und nach vorn ...

OStA Holl[and]:

Eine Zwischenfrage. Herr Haukje, konnten Sie aus der Art und Weise, wie sich die Zeugin gewehrt hat, wie Sie Widerstand entgegen gesetzt hat, gewisse Schlüsse auf den Kraftauf... - die Beschuldigte, Entschuldigung, - gewisse Rückschlüsse ziehen auf den Kraftaufwand, den diese Frau nun hier benötigt hat, um diesen, diesen Widerstand nun entgegenzusetzen.

Zeuge Ha[ukje]:

Das kann ich nicht sagen.

OStA Holl[and]:

Waren das sehr intensive Bewegungen, ich möchte mal so fragen, Herr Haukje?

Zeuge Ha[ukje]:

Ja, würde ich sagen.

OStA Holl[and]:

Danke. Dann noch etwas dazu. Haben Sie irgendwie während dieses Vorganges mal wahrgenommen, daß diese festgenommene Frau irgendetwas gesagt hätte.

Zeuge Ha[ukje]:

Nein, ich hab nichts gehört. Ich hab mich gewundert, denn sonst im Regelfall bei Festgenommenen die sprechen oder schreien oder irgendwas ...

OStA Holl[and]:

Schreien oder schimpfen.

Zeuge Ha[ukje]:

Ja, in diesem Fall nichts.

[5354] OStA Holl[and]:

Dann, Herr Haukje, ein letztes. Können Sie uns aus Ihrer Erinnerung noch heute sagen, wie lange es etwa gedauert hat von der Empfangnahme des Funkspruchs, vom Eingang des Funkspruchs, bis zu Ihrem Eintreffen an diesem Ladenlokal.

Zeuge Ha[ukje]:

Zwei Minuten, zweieinhalb.

OStA Holl[and]:

Zweieinhalb.

Zeuge Ha[ukje]:

Wir waren etwas gehandicapt ...

OStA Holl[and]:

Ja.

Zeuge Ha[ukje]:

Unser Blau... also unser Martinshorn ist ausgefallen plötzlich, also technischer Defekt.

OStA Holl[and]:

Vielen Dank Herr Haukje.

Vors.:

Herr Bundesanwalt Zeis.

OStA Zeis:

Herr Haukje, haben Sie ... Herr Haukje, haben Sie die festzunehmende Person gleich als Frau erkannt?

Zeuge Ha[ukje]:

Nein. Ich ne, ich wußte nicht ob es Männchen oder Weibchen war, also tut mir leid.

OStA Zeis:

Und ab wann hatten Sie dann die Gewissheit?

Zeuge Ha[ukje]:

Das haben wir erst in der Zelle festgestellt. Also ich wußte es nicht. Am Aussehen konnten wir das nicht erkennen, also, tut mir leid.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Becker.

RA Be[cker]:

Herr Zeuge, stand denn Ihr Kollege auf dieser Hand mit seinem ganzen Gewicht?

Zeuge Ha[ukje]:

Ich hab’s nicht verstanden.

RA Be[cker]:

Stand Ihr Kollege auf der Hand dieser Person mit seinem ganzen Gewicht?

Zeuge Ha[ukje]:

Er stand mit seinem linken Fuß drauf, ich weiß nicht, ob er ob er mit seinem ganzen Gewicht drauf gestanden hat ... linken Fuß hat er auf dem ... mit seinem Fuß hat er auf der linken Hand der Person gestanden. Wie weit er sie gedrückt hat, also das weiß ich nicht, ob er nun seine Kraft mehr nach links oder nach rechts verteilt hat ...

RA Be[cker]:

Haben Sie Wahrnehmungen darüber gemacht, ob die Zeugin, weil ihr das weh tat, daß da jemand auf ihrer Hand stand, [5355] daß ... da rausziehen wollte.

Zeuge Ha[ukje]:

Ja ich hab nichts gehört. Die Person hat nichts gesagt, nichts.

RA Be[cker]:

Auch nicht gestöhnt ...

Zeuge Ha[ukje]:

Nein, ich hab nichts gehört.

RA Be[cker]:

Hat sie auch an diesem Fuß geruckt, also an der Hand gezogen, die da auf ... die, auf der Ihr Kollege drauf ...

Zeuge Ha[ukje]:

Das kann ich nicht sagen.

RA Be[cker]:

Haben Sie nicht wahrgenommen.

Zeuge Ha[ukje]:

Nein.

RA Be[cker]:

Nun hätte ich noch ne Frage. Sie sind ja erst ungefähr acht Monate später vernommen worden, nach ... nach dem Vorgang selbst. Also am 9.2.1973. Ist das richtig?

Zeuge Ha[ukje]:

Das Datum weiß ich nicht mehr.

RA Be[cker]:

Erinnern Sie sich noch daran, daß sie viel später war?

Zeuge Ha[ukje]:

Das war später, aber ob es nun vier, fünf oder acht Monate ist, daß weiß ich nicht.

RA Be[cker]:

Konnten Sie sich denn damals an so Details erinnern wie, ob Sie jetzt mit 40-1 oder 40-2 ...

Zeuge Ha[ukje]:

Was ich im Bericht geschrieben habe oder aufgeschrieben wurde, das stimmt.

RA Be[cker]:

Naja, das ist ja doch, ich mein, ich frag Sie das lediglich, das wäre auch nichts Tragisches, wenn das so viel später, acht Monate später gewesen ist. Ob Sie sich da an so ein Detail noch erinnern konnten.

Zeuge Ha[ukje]:

Ja, so besondere Details waren damals gar nicht zu bemerken, nicht?

RA Be[cker]:

Na, ob Sie nun mit 40-1 gefahren sind oder mit 40-2 ...

Zeuge Ha[ukje]:

Ach, das meinen Sie mit dem Funkstreifenwagen.

RA Be[cker]:

Ja.

Zeuge Ha[ukje]:

Wie gesagt, der Herr Richter hat schon festgestellt ... wenn ich mich[eeee] geirrt hab, dann ist das möglich.

RA Be[cker]:

Nein [ffff] ich meine, können Sie sich auch damals geirrt haben?

Zeuge Ha[ukje]:

Das weiß ich nicht.

RA Be[cker]:

Sind Ihnen damals dazu nochmal Vorhalte gemacht worden?

[5356] Zeuge Ha[ukje]:

Nein.

RA Be[cker]:

Bei dieser Vernehmung?

Zeuge Ha[ukje]:

Ob 40-1 oder 2?

RA Be[cker]:

Zum Beispiel.

Zeuge Ha[ukje]:

Das weiß ich nicht.

RA Be[cker]:

Erinnern sich nicht.

Zeuge Ha[ukje]:

Nein.

RA Be[cker]:

Nun haben Sie vorher erzählt, Ihr Kollege hat Sie angerufen, wir treffen uns am Freitag in Präsidium.

Zeuge Ha[ukje]:

Ja.

RA Be[cker]:

Wie ist denn dieses Treffen dann abgelaufen.

Zeuge Ha[ukje]:

Ja, wir haben ja Akteneinsicht genommen. Da das ne Zeit lang her ist, fast dreieinhalb Jahre ...

RA Be[cker]:

Ja.

Zeuge Ha[ukje]:

... hab ich meine Vernehmung durchgelesen und den Eingangsbericht, den wir damals geschrieben haben ...

RA Be[cker]:

Und war jemand dabei?

Zeuge Ha[ukje]:

Wie bitte?

RA Be[cker]:

Ist da jemand dabei gewesen oder hat man ihnen Aktenordner ausgehändigt?

Zeuge Ha[ukje]:

Nein, ich sagte [gggg] bereits, ich hatte meine Vernehmung und den Eingangsbericht gelesen. Der wurde mir ausgehändigt, den hab ich durchgelesen und dann wieder zurückgegeben.

RA Be[cker]:

Ist sonst was gesprochen worden über dieses?

Zeuge Ha[ukje]:

Ich war nicht allein im Raum, die Kollegen haben ja gearbeitet da über ... ich weiß nicht. Was die gesprochen haben ist ja intern ...

RA Be[cker]:

Nein, aber ich mein jetzt zu diesem ... zu dieser Vernehmung ist sonst nichts ...

Zeuge Ha[ukje]:

Nein, das interessiert ja nur mich und nicht die anderen.

RA Be[cker]:

Könnte ja sein.

Zeuge Ha[ukje]:

Ja, das tut mir leid.

RA Be[cker]:

Ja, ich hab keine weiteren Fragen.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt Künzel, bitte.

RA Kü[nzel]:

Herr Zeuge, haben Sie Anhaltspunkte dafür, daß [hhhh] sich [5357] diese Person, die, als Sie in den Laden kamen, auf dem Boden befand, mit dem rechten Arm stärker gewehrt hat als mit dem linken.

Zeuge Ha[ukje]:

Auf den linken Arm hat der Kollege Millhahn seinen Fuß gesetzt ...

RA Kü[nzel]:

Gut.

Zeuge Ha[ukje]:

... und auf den rechten Arm den hatte er ziemlich weit nach oben gedrückt, so daß sie ... also die Person praktisch, den Oberkörper weit nach vorne war. Wie weit die Kraftaufwendung war, das weiß ich nicht.

RA Kü[nzel]:

Als Sie dann sich um den linken ... linke Hand, linken Arm angenommen haben, hatten Sie da Schwierigkeiten, ihn festzuhalten?

Zeuge Ha[ukje]:

Die Dame ist ziemlich schmächtig gewesen, sie war nicht gerade sehr stark gebaut und ... also[iiii] keine Schwierigkeiten.

RA Kü[nzel]:

Hatte zu diesem Zeitpunkt Ihr Kollege Schwierigkeiten auf der rechten?

Zeuge Ha[ukje]:

Das weiß ich nicht. Ich habe nur den linken Arm festgehalten.

RA Kü[nzel]:

Keine Frage mehr.

Der Zeuge POM Haukje wird vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 14.19 Uhr entlassen.

Der Zeuge POM Emmen erscheint um 14.20 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge macht folgende Angaben zur Person:

Claus Emmen, 34 Jahre, Polizeiobermeister in Hamburg, Polizeibezirk-Nord.

Mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert. Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Die Aussagegenehmigung des Zeugen ist dem Protokoll als Anlage 6 beigefügt.

[5358] Vors.:

Auch von Ihnen, Herr Emmen, können wir annehmen, nach dem, was wir schriftlich hier vorliegen haben, daß Sie bei einer Verhaftung einer Frau im Juni 1972 in einer Boutique, Firmenbezeichnung „Linette“, in Hamburg verhaftet worden ist, beteiligt gewesen sind. Trifft das zu?

Zeuge Em[men]:

Das ist richtig, ja.

Vors.:

Wollen Sie uns bitte im Zusammenhang schildern, was Sie damals beobachtet haben.

Zeuge Em[men]:

Ja, wir kriegten das um die Mittagszeit rum, dreizehn-Uhr etwa[jjjj] war es, glaub ich, kriegten wir den Einsatz, am Jungfernstieg in einer Boutique, wohl Jungfernstieg 41-42, ist eine Waffe gefunden worden und die Besitzerin wäre im Laden. Und zwar kriegte das, den Einsatz kriegte der Peter 40-1 wo ich der Fahrer war, und die Besatzung des Peter 40-2. Wir fuhren also dorthin. Bei unserem Eintreffen mit dem Kollegen Haukje, den ich als Beobachter mithatte, befand sich die Besatzung des Peter 40-2 bereits am Einsatzort. Wir gingen jetzt in diese Boutique hinein. Beim Betreten kam[kkkk] uns der Kollege Freiberg, der Mitfahrer des 40-2, entgegen und sagte; der Kollege erwartet uns ... und er hole nur die Handfessel. Daraufhin begaben wir uns ins Boutiqueinnere und ich bemerkte den Kollegen Millhahn, wie er mit einer Dame am Boden saß, am Boden hockte und sie festhielt.

Vors.:

Das ist ein Abschnit, der jedenfalls mich selbst nicht besonders interessiert. Ich weiß nicht, ob nachher andere Prozeßbeteiligte danach Fragen stellen wollen. Wird Wert darauf gelegt, daß der Herr Zeuge das vollends zu Ende schildert? Es ist also schon der Zeitpunkt, wo die Schließe geholt worden ist, für uns eigentlich nicht der maßgebliche Zeitpunkt. Wenn nicht, dann würde ich den Herrn Zeugen lieber gleich fragen, was geschehen ist, nachdem die Aktion im Laden dann, in dem Geschäft, abgeschlossen war.

Zeuge Em[men]:

Ist recht. Im Geschäft, also die Frau Ensslin wurde dann mit dem Peter 40-2 und meinem Beifahrer im Peter 40-2 zum Polizeipräsidium gefahren zum Erkennungsdienst. Ich [5359][29] [5360] selbst ging noch einmal in den Laden und holte die Umhängetasche und fuhr mit dem Streifenwagen hinterher zum Erkennungsdienst. Dort brachten wir sie in den ersten Stock ...

Vors.:

Was heißt das, ich holte die Umhängetasche?

Zeuge Emm[en]:

Ja, der Kollege Freiberg sagte, es wäre noch eine Tasche im Laden, die dazu gehörte und die hab ich abgeholt, die hatte eine Dame dort in Verwahrung.

Vors.:

Sie wußten also, daß die Tasche mit der festgenommenen Frau in Verbindung ...

Zeuge Emm[en]:

In Verbindung stand ja, das sagte man mir dort. Und diese Tasche, wie gesagt, nahm ich an mich und fuhr dann ebenfalls zum Erkennungsdienst, das ... Dort übergab ich die Tasche den Kollegen vom Erkennungsdienst, sah selber noch in die Tasche rein, was an Sachen da drin war. Die Waffen waren bereits entnommen worden und ich fand ihren Reisepaß ... entnahm ich der Tasche, einen Führerschein, handschriftliche Zettel mit irgendwelchen Telefonnummern, glaub ich, oder irgend welchen schriftlichen Sachen darauf und eine kleine Illustrierte über Beamte und über den Dienst der Reviere 40, der ich derzeit angehörig war. Die Sachen entnahm ich der Tasche und legte sie, wie gesagt, auf die Fensterbank, wo die Waffen und sich die anderen Sachen, die abgenommen waren, ebenfalls befanden.

Vors.:

Würden Sie die Tasche heute noch erkennen können?

Zeuge Emm[en]:

Ich weiß nur, das war eine dunkle Tasche mit einem längeren Riemen, die man als Umhängetasche, wie gesagt, bezeichnen kann.

Dem Zeugen wird das Asservat C 2.1 Pos. 11 übergeben mit der Bitte sich zu äußern, ob er diese Tasche erkennt.

Zeuge Emm[en]:

Ja, das ist die Tasche. Soweit ich mich entsinne, ist das die Tasche hier mit diesem Verschluß hier vorn, das ist richtig.

Vors.:

Haben Sie ein besonderes Kennzeichen an der Tasche gefunden, nach dem Sie sagen könnten, das war die Tasche oder könnten Sie nur sagen ...

Zeuge Emm[en]:

Das ist zumindest so eine Tasche, würde ich sagen.

[5361] Vors.:

So eine Tasche.

Zeuge Emm[en]:

So eine Tasche war das.

Vors.:

Und Sie selbst haben nach dem Inhalt gesehen, Sie haben erwähnt, daß Sie zwei Personalpapiere gefunden hätten.

Dem Zeugen werden die Asservate C 2.2 Pos. 1 + 2 übergeben mit der Bitte sich zu äußern, ob er irgendetwas an diesen Papieren wiedererkennt.

Zeuge Emm[en]:

Ja, das war ... wie gesagt, das ist der Reisepaß auf den Namen Reins und der Führerschein auch und im Führerschein habe ich dieses Foto gesehen oder ... Moment, war es im Reisepaß, das Foto, worauf ich sie an sich nach einem Fahndungsfoto wiedererkannt habe als Gudrun Ensslin.

Vors.:

Sie haben also anhand eines ...

Zeuge Emm[en]:

... eines der Fotos, kann ich im Moment nicht genau sagen welches, es dürfte das im ... es dürfte dies im Führerschein sein, weil das ähnliche Aufmachung hat wie eines der Fahndungsfotos, die wir seinerzeit hatten.

Vors.:

So daß Sie schon in einem relativ frühen Zeitpunkt von sich aus die Überzeugung gewonnen haben.

Zeuge Emm[en]:

Beim Erkennungsdienst sagte ich, das dürfte sich um ... bildmäßig bin ich der Meinung, daß es sich um Gudrun Ensslin handelte. Völlig sicher waren wir dort natürlich noch nicht, aber, wie gesagt, nach den Bildern.

Vors.:

Können Sie bestätigen, daß sie diese beiden Ausweise dann den Kollegen vom Erkennungsdienst ...

Zeuge Emm[en]:

Erkennungsdienst habe ich sie ja ... ich hab das dort wieder auf die Fensterbank gelegt und zwar nicht in die Tasche, sondern so neben die Tasche.

Vors.:

Was heißt nicht mehr in diese Tasche?

Zeuge Emm[en]:

Ich hab das nicht mehr ... nicht mehr in die Tasche zurückgesteckt, sondern habe die Tasche hingelegt und habe die Ausweise auch hingelegt mit den Papieren, weil sich die Kollegen eben auch dafür interessierten und sich das dann auch ansahen.

[5362] Vors.:

Ich hab sonst keine Fragen an den Herrn Zeugen. Ich sehe, beim Gericht keine Fragen. Die Herren der Bundesanwaltschaft? Keine Fragen. Die Herren Verteidiger? Herr Rechtsanwalt Becker, bitte.

RA Be[cker]:

Herr Zeuge, Sie haben gesagt, die Waffen seien aus der Tasche entnommen worden. Ist das eine Wahrnehmung von Ihnen?

Zeuge Emm[en]:

Nein, das hatte ich von dem Kollegen gehört, daß in der Tasche eine Waffe gewesen war, diese aber nicht mehr drin war. Ich habe sie übrigens auch gesehen, weil der Kollege sie auf die Fensterbank gelegt hatte.

RA Be[cker]:

Aber Sie wissen nicht, daß sie aus der Tasche entnommen worden ist aus eigener Erkenntnis?

Zeuge Emm[en]:

Das habe ich gehört, ich habe sie selbst nicht entnommen, sondern ein Kollege hat sie rausgenommen. Ich hab ...

RA Be[cker]:

Von wem haben Sie denn die Tasche geholt, wer war das?

Zeuge Emm[en]:

Es war eine Dame, die sich im Geschäft befand. Und zwar stand sie zufällig rechts am Tresen ...

RA Be[cker]:

Wie lange ist das her gewesen, wie lange sind Sie nochmal abwesend gewesen, bis Sie dann die Tasche geholt haben, was ist da für ein Zeitpunkt vom Verlassen des Geschäfts?

Zeuge Emm[en]:

Das war ... wieviel mag’s gewesen sein ... vielleicht ein, zwei Minuten, wir haben praktisch Frau Ensslin in das Fahrzeug gesetzt, in den Funkstreifenwagen reingesetzt und ich bin daraufhin gleich zurückgegangen wieder, habe die Tasche geholt, habe mich in meinen Funkstreifenwagen gesetzt und habe ... bin, wie gesagt, zusammen mit dem anderen Wagen zum Präsidium gefahren.

RA Be[cker]:

Waren Sie letzten Freitag im Polizeipräsidium?

Zeuge Emm[en]:

Den letzten Freitag war ich im Polizeipräsidium.

RA Be[cker]:

Was haben Sie da gemacht?

Zeuge Emm[en]:

Ich hab mir nochmal meine Aussage und den Bericht durchgelesen, weil das doch relativ lange her war.

RA Be[cker]:

Sind Sie ... ist das auf eigenen Wunsch geschehen oder sind Sie angerufen worden?

Zeuge Emm[en]:

Nein, man hat uns angesprochen, daß wir uns dort nochmal eintreffen sollen zwecks Einsichtnahme zur Prozeßvorbereitung ...

[5363] RA Be[cker]:

Wer hat Sie denn angesprochen?

Zeuge Emm[en]:

Ich habe einen Anruf bekommen, von wem, kann ich Ihnen nicht sagen, mein Gruppenführer von der Dienststelle hat mir den Zettel hingelegt.

RA Be[cker]:

Und da stand aber nicht drauf, wer angerufen hatte?

Zeuge Emm[en]:

Nein, da stand nicht drauf, wer angerufen hatte ...

RA Be[cker]:

Und auch nicht die Dienststelle?

Zeuge Emm[en]:

Bitte?

RA Be[cker]:

Da stand auch nicht die Dienststelle drauf, die angerufen hatte?

Zeuge Emm[en]:

Nein, stand nicht drauf.

RA Be[cker]:

Ich habe keine weiteren Fragen.

Vors.:

Sonst keine Fragen? Herr Zeuge, dann können wir ...

RA Be[cker]:

Ein Punkt fällt mir noch ein. Sie sind nachher nochmal ... nochmal anwesend gewesen, haben Sie Frau Ensslin nochmal nachher getroffen?

Zeuge Emm[en]:

Wie meinen Sie nachher, nach der Festnahme?

RA Be[cker]:

Nachdem sie, nachdem die Festnahme durchgeführt worden ... sie ins Polizeipräsidium gebracht haben.

Zeuge Emm[en]:

Richtig ja, wir haben sie in den Zellentrakt gebracht und ich war noch dabei, wie sie körperlich durchsucht wurde von einer weiblichen Schutzkollegin und habe sie, wie gesagt, dort unterstützt.

Vors.:

Keine Fragen sonst? Ich beabsichtige, den Herrn Zeugen zu vereidigen. Einwendungen? Ich sehe nicht.

Der Zeuge POM Emmen wurde vorschriftsmäßig vereidigt und in allseitigem Einvernehmen um 14.29 Uhr entlassen.

Vors.:

Wir wären damit für heute am Ende des Beweisprogrammes. Morgen ist vorgesehen, zu hören die Zeugen Hücker, Severin, Osterburg und Kemp. Der ebenfalls geladene Zeuge Schmidt ist erkrankt, wir werden ihn morgen nicht zur Verfügung haben. Maßgeblich für die Vernehmungen scheinen mir ohne Gewähr die Ordner 71 und 71/2. Damit Unterbrechung bis morgen früh um 9.00 Uhr.

[5364] RA Be[cker]:

Herr Vorsitzender, ich habe eine Frage. Ist beabsichtigt, den Zeugen Schmidt zu einem späteren Zeitpunkt dann zu hören oder wollten Sie auf ihn verzichten?

Vors.:

Das wird sich morgen zeigen, ob es notwendig ist, ob das Gericht von sich aus noch Wert legt oder es den Beteiligten überläßt.

Ende der Sitzung um 14.30 Uhr.

Ende von Band 293.


[1] Die Angeklagten Baader, Meinhof und Raspe wurden wegen fortgesetzter Störung der Hauptverhandlung nach § 177 GVG i.V.m. § 231b Abs. 1 StPO für den restlichen Sitzungsmonat von der Hauptverhandlung ausgeschlossen (s. dazu S. 4520 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 52. Verhandlungstag, betr. den Angeklagten Raspe, sowie S. 4784, 4789 f. des Protokolls, 54. Verhandlungstag, betr. die Angeklagten Baader und Meinhof). Die Angeklagte Ensslin hätte an der Hauptverhandlung teilnehmen können. Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] Die amtliche Bestellung eines/einer allgemeinen Vertreter/in erfolgt nach § 53 BRAO in Fällen längerer Abwesenheit oder im Voraus für alle Verhinderungsfälle in einem bestimmten Zeitraum. Dem/der amtlich bestellten Vertreter/in stehen nach § 53 Abs. 7 BRAO die gleichen anwaltlichen Befugnisse wie der vertretenen Person zu.

[3] Da die Beiordnung als Pflichtverteidiger/in dem öffentlichen Interesse dient, dafür zu sorgen, dass Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhalten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1975 - Az.: 2 BvR 207/75, BVerfGE 39, S. 238, 242), gehen mit ihr besondere Pflichten einher. Darunter fällt auch die Anwesenheitspflicht während der Hauptverhandlung, und zwar unabhängig davon, ob weitere (Pflicht-)Verteidiger/innen anwesend sind (OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2015 - Az: 2 Ws 203/15, NStZ 2017, S. 436, 437 f.).

[4] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen). Rechtsanwalt Schily war der Angeklagten Ensslin als Pflichtverteidiger beigeordnet.

[5] Die Bestellung von Pflichtverteidiger/innen erfolgt nur für die jeweils bestellte Person. Diese kann sich daher grundsätzlich weder durch unterbevollmächtigte, noch durch Rechtsanwält/innen derselben Sozietät vertreten lassen. Ausnahmsweise wird im Falle vorübergehender Verhinderung die Vertretung mit Zustimmung des/der Vorsitzenden für zulässig erachtet (KG, Beschl. v. 29.6.2005 - Az.: 5 Ws 164/05, NStZ-RR 2005, S. 327, 328). Anders ist die Situation im Falle einer amtlich bestellten Vertretung: Diese ist gemäß § 53 Abs. 7 BRAO („Dem Vertreter stehen die amtlichen Befugnisse des Rechtsanwalts zu, den er vertritt.“) befugt, überall dort aufzutreten, wo auch die vertretene Person als Prozessbevollmächtigte/r auftreten könnte. Die Vertretungsbefugnis besteht in diesem Fall auch unabhängig von der Zustimmung des/der Vorsitzenden (Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 9. Aufl. 2019, Rn. 3554 ff.; Schwärzer, in Weyland [Hrsg.], Bundesrechtsanwaltsordnung, 10. Aufl. 2020, § 53 Rn. 42a). Auch die Anzeige oder der Nachweis des Vertretungsfalls ist im Falle der amtlichen Bestellung nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 2.9.1975 - Az.: 1 StR 380/75, NJW 1975, S. 2351, 2352).

[6] Dass die Vernehmung der Angeklagten zur Sache, die eigentlich vor Eintritt in die Beweisaufnahme erfolgt (§§ 243, 244 StPO), zu diesem Zeitpunkt noch nicht stattgefunden hat, hat folgenden Hintergrund: Die Vernehmung zur Person fand am 26. Verhandlungstag in Abwesenheit der wegen Störung der Hauptverhandlung ausgeschlossenen (§ 177 GVG i.V.m. § 321b StPO) Angeklagten statt, indem Angaben über ihre persönlichen Verhältnisse aus der Akte mitgeteilt wurden (s. dazu S. 2139 ff., 2154 des Protokolls der Hauptverhandlung, 26. Verhandlungstag), anschließend wurde die Anklage verlesen. Die Angeklagten waren der Auffassung, die Vernehmung zur Person sei „illegal“ gewesen und müsse vor einer Erklärung zur Sache nachgeholt werden (s. die Ausführungen des Angeklagten Raspe am 37. Verhandlungstag, S. 3053 des Protokolls der Hauptverhandlung). Rechtsanwalt Dr. Heldmann bezeichnete die Vernehmung zur Person als rechtswidrig, da die Angeklagten verhandlungsunfähig gewesen seien (S. 2235 des Protokolls der Hauptverhandlung, 27. Verhandlungstag). Am 37. Verhandlungstag wurde den Angeklagten angeboten, die Erklärung zur Sache zusammen mit der Erklärung zur Person abzugeben (S. 2987 des Protokolls der Hauptverhandlung). Dies lehnten sie jedoch ab, zum einen, da zu diesem Zeitpunkt die Gutachten über ihre Verhandlungsfähigkeit - die aufgrund der höheren Belastung in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung war (s. dazu die Ausführungen der Verteidigung auf S. 2998 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 37. Verhandlungstag) - noch nicht abgeschlossen waren, zum anderen, da ihre die Erklärung vorbereitenden Anträge (eigenes Tonbandgerät, Korrekturmöglichkeiten des gerichtlichen Protokolls und längere Aufbewahrung der Tonbänder) in der Hauptverhandlung nicht entgegengenommen wurden (S. 2988 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, ebenfalls 37. Verhandlungstag).

[7] Anlage 01 zum Protokoll vom 17.12.1975: Terminsverfügung vom 16.12.1975.

[8] Über die Art der Belehrung gab es in der Vergangenheit bereits Diskussionen. Dies betraf insbesondere den Hinweis des Vorsitzenden Dr. Prinzing an Polizeibeamte, die Einsichtnahme in frühere Ermittlungsvorgänge kurz vor der Vernehmung sei zulässig (so etwa am 45. Verhandlungstag, S. 3531 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung; s. auch die Diskussion am 46. Verhandlungstag, S. 3849 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[9] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[10] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[11] Landes- und Bundesbeamt/innen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet bezüglich aller Angelegenheiten, die ihnen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Aussagen vor Gericht hierüber sind nur nach und im Umfang der Genehmigung durch den jeweiligen Dienstherrn gestattet (heute geregelt in § 37 Abs. 1 und 3 BeamtStG für Landesbeamt/innen und in § 67 Abs. 1 und 3 BBG für Bundesbeamt/innen; für den Stand 1975 galten für Landesbeamt/innen noch Landesgesetze, die sich allerdings an § 39 des Beamtenrechtsrahmengesetzes vom 1.7.1957 orientieren mussten; für Bundesbeamt/innen galt § 61 BBG a.F.). § 54 Abs. 1 StPO stellt sicher, dass die Verschwiegenheitspflicht auch im Falle einer Vernehmung als Zeug/in in einem Strafprozess fortbesteht.

[12] Anlage 1 zum Protokoll vom 17. Dezember 1975: Aussagegenehmigung für POM Millhahn.

[13] Nach § 192 Abs. 2 GVG kann der/die Vorsitzende bei Verhandlungen längerer Dauer die Zuziehung von Ergänzungsrichter/innen anordnen, die der Verhandlung beiwohnen und im Falle der Verhinderung eines/einer Richter/in für diese/n einzutreten haben. Stehen in einem solchen Fall keine Ergänzungsrichter/innen zur Verfügung, die der Hauptverhandlung von Beginn an beigewohnt haben, so muss die Verhandlung wiederholt werden. Dies folgt aus § 226 Abs. 1 StPO („Die Hauptverhandlung erfolgt in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen sowie der Staatsanwaltschaft und eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle“). Werden Ergänzungsrichter/innen eingesetzt, die nicht an der gesamten Hauptverhandlung teilgenommen haben, ist dies zudem ein absoluter Revisionsgrund i.S.d. § 338 Nr. 1 StPO (vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts) und führt zur Aufhebung des Urteils (BGH, Urt. v. 12.7.2001 - Az.: 4 StR 550/00; NJW 2001, S. 3062; Arnoldi in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 226 Rn. 11; Gmel, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 226 Rn. 4).

[14] Aus dem Unmittelbarkeitsgrundsatz, der seine Grundlage in der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO sowie der Vorschrift des § 261 StPO („Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung“) findet, ergibt sich, dass das Gericht nur auf der Grundlage der von ihm selbst (unmittelbar) in der Hauptverhandlung wahrgenommenen Umstände entscheiden darf (sog. formeller Unmittelbarkeitsgrundsatz, Kühne, Strafprozessrecht, 9. Aufl. 2015, Rn 914).

[15] Die/Der Vorsitzende kann ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen der Verteidigung von Amtswegen oder auf Antrag von Verfahrensbeteiligten nach § 241 Abs. 2 StPO selbst zurückweisen oder bei Zweifeln die Entscheidung des Gerichts einholen (§ 242 StPO). Die Zurückweisung der Frage durch den/die Vorsitzende/n kann als unzulässig beanstandet werden, was ebenfalls die Entscheidung durch das Gericht zur Folge hat (§ 238 Abs. 2 StPO).

[16] „Hamburger Acht“ ist eine Bezeichnung für Handfesseln (s.o., S. 5260 des Protokolls der Hauptverhandlung).

[17] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).

[18] Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung sah § 59 StPO a.F. die Vereidigung von Zeug/innen noch als Regelfall vor, wenn nicht ein Vereidigungsverbot (§ 60 StPO a.F.) vorlag. Außerdem hatte das Gericht die Möglichkeit, in bestimmten Fällen von der Vereidigung abzusehen (§ 61 StPO a.F.), darunter bei Zeug/innen, die als Verletzte der Straftat galten (§ 61 Nr. 2 StPO a.F.). Als Verletzte/r im Sinne des § 261 Nr. 2 StPO a.F. galt jede Person, die durch die angeklagte Straftat unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt, d.h. gefährdet oder verletzt, wurde (BGH, Urt. v. 10.11.1953 - Az.: 1 StR 324/53, BGHSt 5, S. 85). Die Anklageschrift enthielt den Vorwurf, die Angeklagte Ensslin habe sich durch Einsatz ihrer Schusswaffe der Festnahme entziehen wollen, sodass ein Mordversuch zum Nachteil des Zeugen Millhahn angenommen wurde (s. den abstrakten Anklagesatz auf S. 13 der Anklageschrift, sowie die Ausführungen in Teil D, Abschnitt II, S. 324 ff. der Anklageschrift; das Urteil bestätigte dies später, S. 303 f. des Urteils). Damit war er als Verletzter anzusehen. Hinter § 61 Nr. 2 StPO a.F. stand die Erwägung, dass Verletzte oftmals gegen Beschuldigte voreingenommen sein könnten (Kleinknecht, Strafprozeßordnung, 32. Aufl. 1975, § 61 Anm. 5). Durch die Ausnahmemöglichkeit sollte verhindert werden, dass Verletzte durch die Beziehung zur beschuldigten Person einem höheren Risiko des strafbaren Meineids ausgesetzt werden. Stand eine hierdurch beeinflusste unwahre Aussage allerdings nicht zu befürchten, so war die Vereidigung in der Regel durchzuführen (Kohlhaas, in Löwe/Rosenberg [Begr.], Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band 1, 22. Aufl. 1971, § 61 Anm. 1 lit. b cc).

[19] Mit der Entlassung (§ 248 Satz 1 StPO) erlischt auch das Fragerecht (§ 240 StPO) der Prozessbeteiligten, die vorher dazu anzuhören sind (zur Anwendung des § 248 Satz 2 StPO auf alle Prozessbeteiligten, denen ein Fragerecht zusteht s. Diemer, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 248 Rn. 3). Eine erneute Befragung kann - falls das Gericht nicht von Amts wegen eine erneute Ladung vornimmt - nur mittels Beweisantrag erreicht werden (Ciernak/Niehaus, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 248 Rn. 4 ff.).

[20] Der Verteidigung ist auf Verlangen - ebenso wie der Staatsanwaltschaft - nach § 257 Abs. 2 StPO nach jeder einzelnen Beweiserhebung die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

[21] Die Anforderung, dass eine Urkunde eine/n Aussteller/in erkennen lassen muss, kommt aus dem materiellen Strafrecht, und zwar aus den Urkundsdelikten der §§ 267 ff. StGB (s. dazu Wittig, in Satzger/Schluckebier/Widmaier [Hrsg.], Strafgesetzbuch, 4. Aufl. 2019, § 267 Rn. 7). Der dort verwendete Begriff der Urkunde ist allerdings nicht deckungsgleich mit dem hier relevanten Begriff im Rahmen des Urkundenbeweises. Eine Urkunde im strafprozessualen Sinn erfordert lediglich ein Schriftstück, das einen verlesbaren (in Schriftzeichen verkörperten) Gedankeninhalt enthält (Kreicker, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 2, 1. Aufl. 2016, § 249 Rn. 11 f.).

[22] Gemeint ist hier das bei der Festnahme von Ulrike Meinhof gefundene und offenbar von Gudrun Ensslin stammende Schreiben, in welchem sich Schilderungen konkreter Geschehnisse im Zusammenhang mit ihrer Verhaftung befanden (das Schreiben wird am 59. Verhandlungstag thematisiert, S. 5396 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung; Auszüge finden sich im Urteil auf S. 152). Da es nur wenige Tage nach der Verhaftung Ensslins außerhalb der Haftanstalt aufgefunden wurde, wurde schnell der Verdacht geäußert, Rechtsanwalt Schily habe diesen Kassiber im Rahmen eines Anwaltsbesuches illegal aus der Haftanstalt herausgeschmuggelt. Sichere Beweise hierfür gab es allerdings nicht (s. hierzu Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 65 ff.).

[23] Die Hauptverhandlung fand in dem sog. Mehrzweckgebäude (auch „Mehrzweckhalle“) statt, einem Gerichtsgebäude aus Stahl und Beton, das in Vorbereitung auf den Prozess unmittelbar neben dem Gefängnis für etwa 12 Millionen DM errichtet wurde (Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion, 2017, S. 69; krit. hierzu auch Tenfelde, Die Rote Armee Fraktion und die Strafjustiz, 2009, S. 100 f.). Zum Antrag auf sofortige Verlegung der Sitzungen in Räumlichkeiten des OLG oder LG Stuttgart s. Anlage 3 zum Protokoll vom 7. August 1975, S. 2013 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung (24. Verhandlungstag).

[24] Notwendigerweise Gegenstand der Hauptverhandlung ist alles, was der Beantwortung der Schuld- und Straffrage dient, d.h. der Tathergang, die Schuld der/des Angeklagten sowie die Höhe der Strafe, da nur solche Tatsachen zur Begründung des Urteils herangezogen werden dürfen, die (prozessordnungsgemäß) in die Hauptverhandlung eingeführt wurden (§ 261 StPO). Für den Vollzug der Untersuchungshaft und damit auch für die Haftmodalitäten liegt die gerichtliche Zuständigkeit zwar auch beim Gericht der Hauptsache (§ 126 Abs. 2 StPO); allerdings erfolgt eine Erörterung der Fragen üblicherweise außerhalb der Hauptverhandlung, weil sie zur Beantwortung der Schuld- und Straffrage nicht von Belang sind.

[25] Anlage 2 zum Protokoll vom 17.12.1975: Aussagegenehmigung für POM Freiberg.

[26] Anlage 3 zum Protokoll vom 17.12.1975: Vermerk: Mitteilung des Rechtsanwalts Schlaegel (Verhinderung während der Nachmittagssitzung).

[27] Anlage 4 zum Protokoll vom 17.12.1975: Mitteilung des Rechtsanwalts Linke (Verhinderung ab 14:30 Uhr).

[28] Anlage 5 zum Protokoll vom 17.12.1975: Aussagegenehmigung für POM Haukje.

[29] Anlage 6 zum Protokoll vom 17.12.1975: Aussagegenehmigung für POM Emmen.


[a] Maschinell eingefügt: die

[b] Maschinell durchgestrichen: so

[c] Maschinell ersetzt: Sukko durch Suckow

[d] Maschinell ersetzt: Sukko durch Suckow

[e] Maschinell eingefügt: die

[f] Maschinell ersetzt: Beim ein durch zu einem

[g] Maschinell ersetzt: in dem durch durchgegebenen

[h] Maschinell eingefügt: will

[i] Maschinell durchgestrichen: bei

[j] Maschinell durchgestrichen: der

[k] Maschinell eingefügt: noch

[l] Handschriftlich durchgestrichen: (Text unleserlich)

[m] Handschriftlich ergänzt: insbesondere

[n] Handschriftlich ergänzt: wahr

[o] Handschriftlich ergänzt: umwandte

[p] Maschinell ersetzt: Sie durch sehen

[q] Maschinell ersetzt: Kürzlich durch Plötzlich

[r] Maschinell durchgestrichen: etwas

[s] Maschinell durchgestrichen: er

[t] Maschinell durchgestrichen: 4

[u] Handschriftlich ersetzt: daß Sie mit den durch des siebten

[v] Maschinell ersetzt: hier durch mir

[w] Handschriftlich eingefügt: bin,

[x] Handschriftlich ergänzt: meinst

[y] Handschriftlich eingefügt: Ihr

[z] Handschriftlich ersetzt: zu einer Erinnerung spielt durch sein Erinnerungsbild

[aa] Maschinell durchgestrichen: RA.Be.:

[bb] Maschinell durchgestrichen: meinen

[cc] Maschinell durchgestrichen: Sie

[dd] Maschinell durch * eingefügt: Vors.: Sie haben Sie.

[ee] Handschriftlich ersetzt: Text unleserlich durch dahintergesteckt

[ff] Handschriftlich ersetzt: beantwortet durch beantworten

[gg] Maschinell ersetzt: ... durch fragend

[hh] Maschinell durch * eingefügt: OStA Zeis: Das weiß ich nicht.

[ii] Maschinell durchgestrichen: seinen

[jj] Handschriftlich ersetzt: Oberamt durch Oberarm

[kk] Maschinell ersetzt: Ze. Mi. durch RA Dr.He.

[ll] Handschriftlich ersetzt: Dir durch Die

[mm] Handschriftlich durchgestrichen: hätten

[nn] Handschriftlich ersetzt: ihre durch die

[oo] Maschinell durchgestrichen: der

[pp] Handschriftlich eingefügt: Gut

[qq] Maschinell eingefügt: (mit lauter Stimme)

[rr] Handschriftlich eingefügt: ist,

[ss] Handschriftlich ersetzt: beantworten durch beantwortet

[tt] Maschinell durchgestrichen: Tasche

[uu] Handschriftlich ersetzt: und durch oder

[vv] Handschriftlich ersetzt: prümiert durch brüniert

[ww] Maschinell durchgestrichen: geschrieben

[xx] Maschinell eingefügt: Z.Mi.: Genau, richtig.

[yy] Handschriftlich eingefügt: V.:

[zz] Maschinell durchgestrichen: oder

[aaa] Maschinell durchgestrichen: wird

[bbb] Maschinell durchgestrichen: richtigen?

[ccc] Maschinell durchgestrichen: vorbringen

[ddd] Maschinell eingefügt: Herr

[eee] Maschinell durchgestrichen: RA Be.:

[fff] Maschinell eingefügt: es

[ggg] Maschinell eingefügt: - Der Zeuge Freiberg verläßt um 11.18 Uhr den Sitzungssaal. -

[hhh] Maschinell durchgestrichen: Z.Fr.:

[iii] Maschinell ersetzt: Entwicklung durch diese Stellungnahme

[jjj] Maschinell durchgestrichen: handelt sich

[kkk] Maschinell durchgestrichen: ich

[lll] Maschinell eingefügt: wieder

[mmm] Maschinell eingefügt: - Aussagegenehmigung siehe Anl. 2 zum Protokoll -

[nnn] Maschinell durchgestrichen: Handschellen

[ooo] Maschinell durchgestrichen: Ein Handschuh

[ppp] Handschriftlich eingefügt: V.:

[qqq] Maschinell durchgestrichen: seit

[rrr] Maschinell eingefügt: teilzunehmen.

[sss] Maschinell eingefügt: Ri.Dr.Be.:

[ttt] Maschinell eingefügt: RA Dr.He.:... widerlegt, (nicht verständlich)

[uuu] Maschinell durchgestrichen: willen

[vvv] Maschinell durchgestrichen: Bl. 24

[www] Maschinell durchgestrichen: immer wieder

[xxx] Maschinell eingefügt: Sie

[yyy] Maschinell eingefügt: dabei

[zzz] Maschinell eingefügt: mehr

[aaaa] Maschinell eingefügt: mehr

[bbbb] Maschinell eingefügt: wieder

[cccc] Handschriftlich ersetzt: da durch der

[dddd] Handschriftlich ersetzt: ... durch dabei

[eeee] Handschriftlich ersetzt: mir durch mich

[ffff] Maschinell durchgestrichen: in

[gggg] Maschinell durchgestrichen: doch

[hhhh] Handschriftlich durchgestrichen: die

[iiii] Handschriftlich eingefügt: also

[jjjj] Handschriftlich durchgestrichen: etwas

[kkkk] Maschinell eingefügt: kam