114. Verhandlungstag

Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 20. Mai 1976, um 9.03 Uhr



[9869] Fortsetzung der Hauptverhandlung am Donnerstag, den 20. Mai 1976, um 9.03 Uhr.

(114. Verhandlungstag)

Gericht und Bundesanwaltschaft, mit Ausnahme von B. Anw. Dr. Wunder, erscheinen in derselben Besetzung wie am ersten Verhandlungstag.

Als Urkundsbeamte sind anwesend:

Just. Ass. Clemens und

Just. Ass. z. A. Scholze.

Die Angeklagten sind nicht anwesend.[1]

Als deren Verteidiger sind erschienen:

RAe Eggler, Künzel, Schnabel, Schwarz u. Herzberg (als ministeriell bestallter Vertreter von RA Schlaegel).

Als Zeugen sind erschienen:

KOR Hans Fernstädt,

KOK Winfried Kraus,

PWM Werner Sammet,

KHM Peter Heinze und

KHM Joachim Metzner.

Vors.:

Wir setzen die Sitzung fort.

Zunächst einige kleine Hinweise:

Herr RA Schily und Herr RA Geulen können heute, wie auch schon gestern, wie hier mitgeteilt wird, wegen dringender unaufschiebbarer Mandantengespräche an der Sitzung nicht teilnehmen. Herr RA Geulen hat ausdrücklich gebeten, dies zu entschuldigen, wenn möglich, den Grund des Nichterscheinens in der Sitzung bekanntzugeben.

Ich tue dies hiermit, kann aber nicht verschweigen, daß das keine hinreichende Entschuldigung ist. Wenn solche Entschuldigungen wirklich triftig wären, dann wäre das Verfahren hier in Fällen der notwendigen Verteidigung,[2] wenn alle Verteidiger diesen Standpunkt einnehmen, [a] undurchführbar.[3]

[9870] Frau Ensslin hat Frau RAin Marie-Louise Becker das Mandat entzogen. Es hat sich als neuer Verteidiger Herr RA Dr. Temming gemeldet. Herr Dr. Temming ist bisher nicht zugelassen worden vom Senat im Hinblick auf § 146 StPO,[4] weil er - und zwar für Frau Ensslin -, weil er auch schon Frau Meinhof verteidigt hat.[5] Es gelten seit dem Tode von Frau Meinhof für ihn jetzt dieselben Gesichtspunkte, wie bei Herrn Prof. Azzola, so daß gegen die Übernahme des Mandats von Frau Ensslin im Augenblick keine vordringlichen Bedenken beim Senat bestehen.[6]

RA Grigat erscheint um 9.05 Uhr im Sitzungssaal.

Die B. Anwaltschaft hat fünf Schriftstücke mit dem Antrag vorgelegt, die Beweisaufnahme auf sie zu erstrecken.

Es handelt sich um Zellenmaterial aus der Durchsuchung vom 7./8. Februar 1974 - das sind damals diese umfangreichen Aktenordner gewesen; die Herrn Verteidiger werden sie noch kennen. Es handelt sich dabei um folgende BAADER-Materialien:

I/4.1 - 4.3, I/10.1 - 10.3, II/2 - 4 und Ziff. 6

und das MEINHOF-Material

II/43.

Die Schriftstücke können von den Herrn Verteidigern, bevor sie zur Verlesung kommen, was vorgesehen ist, eingesehen werden. Ich bitte, betreffende Wünsche an Herrn Kollegen Dr. Breucker zu richten.

Für heute früh haben wir geladen

die Herren Zeugen Fernstädt, Kraus, Sammet, [b] Heinze und Metzner.

Die Zeugen KOR Fernstädt, KOK Kraus, PWM Sammet, KHM Heinze und KHM Metzner werden gem. § 57 StPO[7] belehrt.

Die Zeugen KOR Fernstädt, KOK Kraus, PWM Sammet, KHM Heinze und KHM Metzner erklären sich mit der Aufnahme ihrer Aussage auf das Gerichtstonband einverstanden.[8]

[9871] Die Zeugen KOK Kraus, PWM Sammet, KHM Heinze und KHM Metzner werden um 9.08 Uhr in Abstand verwiesen.

Der Zeuge KOR Fernstädt macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Fer[nstädt]:

Hans Fernstädt, 36 Jahre,

Kriminaloberrat;

Dienststelle: Bundeskriminalamt;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Fernstädt, ist Ihnen die Wohnung in Frankfurt, Eschersheim, Eleonore-Sterling-Straße 56 ein Begriff?

Zeuge Fer[nstädt]:

Ja. In dieser Wohnung wurden am 4.2.1974 drei Beschuldigte festgenommen, und im Anschluß daran sind die Gegenstände, die sich in der Wohnung befanden, überwiegend von den Beamten meiner Dienststelle asserviert worden, zum Teil auch von mir selbst.

Vors.:

Sie waren also, wie Sie schon betonten, bei der Sicherstellung einzelner Beweisstücke beteiligt.

Dem Zeugen werden die Asservate H 4/74 III 5/2/65 Pos. 11, 12 und 13 vorgelegt.

Diese Asservate werden vom Gericht in Augenschein[9] genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

Zeuge Fer[nstädt]:

Das ist hier das Asservat 13.0 - 13.2.

Bei diesen Schriftstücken handelt es sich um die Schriftstücke, die ich in dem Raum, der als Labor bezeichnet werden kann, in einem Regal gleich rechts neben der Tür mit einer Reihe von anderen Schriftstücken aufgefunden habe, die insoweit interessant waren, als das hier offensichtlich - das ging also auch aus der ersten Durchsicht dieser Papiere hervor - sich mit der Beschreibung von Möglichkeiten befaßt, aus einer Haftanstalt auszubrechen.

OStA Holland verläßt um 9.10 Uhr für kurze Zeit den Sitzungssaal.

[9872] Dazu gehört auch diese Skizze; diese ist mit Bl. 4 bezeichnet und hat die Asservatennummer 13/3.

Diese Skizze ist ebenfalls die, die dort in dem Regal im Laborraum von mir gefunden wurde, ...

Vors.:

... so daß Sie also bestätigen können, diese Schriftstücke, die Sie hier vor sich haben, jedenfalls jetzt im Augenblick das Asservat 13, seinerzeit selbst sichergestellt zu haben.

Zeuge Fer[nstädt]:

Ja.

Ich hab jetzt hier das Asservat Nr. 11:

Das ist ein Plan auf einem DIN-A-3-Papier, und er stimmt mit dem Plan überein, den ich ebenfalls unter diesen Papieren gefunden habe. Schon beim ersten Augenschein ergab sich also für uns auch die Vermutung, daß es sich hier um einen Plan irgendeiner Haftanstalt handeln müßte, wobei erst die genaueren Erkenntnisse nach eingehender Sichtung dann festgestellt werden konnten.

Und jetzt habe ich hier das Asservat 12:

Das ist ebenfalls ein DIN-A-3-Papier mit handschriftlichen Aufzeichnungen und Skizzen, die ebenfalls auch bei der ersten Durchsichtnähme offensichtlich von einer Haftanstalt oder Skizzen einer Haftanstalt oder Teile davon sein konnten;

und dieses Papier stimmt ebenfalls mit dem überein, was ich in diesem Laborraum gefunden habe.

Vors.:

Danke schön.

Zu diesen Asservaten weitere Fragen?

Bitte, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Herr Fernstädt, Sie sagten, drei Personen wurden in dieser Wohnung festgenommen.

Um welche Personen handelte es sich?

Zeuge Fer[nstädt]:

Das war Schiller, Allnach und Behr.[10]

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Sonstige Fragen zu diesen Asservaten? Sehe ich nicht.

Dem Zeugen wird das Asservat H 4/74 III 5/2/65 Pos. 14 vorgelegt.

Dieses Asservat wird vom Gericht in Augenschein genommen.

Alle Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

[9873] Zeuge Fer[nstädt]:

Ja, diese drei Seiten, die zum Teil doppelseitig beschrieben worden sind, sind ebenfalls der gleichen Art, wie sie in dem gesamten Papierhaufen, der sich dort in dem Regal befand, mit diesem identisch.

Vors.:

Gut, Sie können also auch die Sicherstellung dieses Asservats bestätigen?

Zeuge Fer[nstädt]:

Ja.

Vors.:

Danke schön.

Weitere Fragen zu diesem Asservat?

Ich sehe, beim Gericht nicht.

Die Herrn Prozeßbeteiligten? Nein.

Damit wären wir am Ende.

Der Zeuge KOR Fernstädt versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO).[11]

und wird im allseitigen Einvernehmen um 9.15 Uhr entlassen.

Der Zeuge KOK Kraus erscheint um 9.15 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KOK Kraus macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Kraus:

Winfried Kraus, 39 Jahre;

Dienststelle: Bundeskriminalamt;

Kriminalbeamter

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Kraus, ist Ihnen die Wohnung in Frankfurt-Eschersheim, Eleonore-Sterling-Straße 56 ein Begriff?

Zeuge Kraus:

Ja.

Vors.:

Ist es richtig, daß dort am 4.2.1974 im Zuge einer Festnahmeaktion auch eine Durchsuchung stattgefunden hat?

Zeuge Kraus:

Ja: am 4.2. und 5.2.1974.

Vors.:

Waren Sie selbst bei der Durchsuchung beteiligt?

Zeuge Kraus:

Ich war am 5.2.1974 bei der Durchsuchung beteiligt.

[9874] Dem Zeugen wird das Asservat H 4/74 II 5 Pos. 221.1 vorgelegt mit der Bitte um Erklärung[c], ob er es als ein damals sichergestelltes Stück wiedererkennt.

Das Asservat wird vom Gericht in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit, am Augenschein teilzunehmen.

BA Dr. Wunder erscheint um 9.16 Uhr im Sitzungssaal.

Zeuge Kraus:

Ja.

Vors.:

Sie erkennen dieses Stück wieder, daß Sie das damals bei der Sicherstellung gesehen haben und mit zu dem sichergestellten Gut genommen haben?

Zeuge Kraus:

Ja.

Vors.:

Ist es richtig, daß Sie seinerzeit bei der Erstellung der Asservatenliste beteiligt gewesen sind?

Zeuge Kraus:

Ja.

Dem Zeugen wird die Asservatenliste aus Ordner 124 Bl. 425 - 451

- H 4/74 II 5 -

vorgelegt mit der Bitte zu erklären, ob es die damals erstellte Liste sein könnte.

Zeuge Kraus:

Ja.

Gem. § 249 StPO[12] wird von der Asservatenliste aus Ordner 124 Bl. 425 - 451 der Kopf der Liste und folgende Positionen verlesen:

Bl. 441: H 4/74 II 5 Pos. 221

Bl. 443: Pos. 221/1.

Vors.:

Nachdem Sie jetzt diese Positionen gehört haben, können Sie bestätigen, daß, wenn diese Positionen in dieser Liste verzeichnet sind, sie Ihnen damals vorgelegen haben und Sie sie korrekt eingetragen haben?

Zeuge Kraus:

Ja.

Vors.:

Danke schön.

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Beim Gericht nicht. Bitte, Herr RA Schnabel.

[9875] RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, an welchen Merkmalen haben Sie denn erkannt, daß diese Liste, die ja mehrere Seiten umfaßt, diejenige war, die Ihnen damals vorgelegen hat?

Zeuge Kraus:

Ich hatte die Listen damals selbst in der Hand, und aufgrund dieser Zeichnungen, die darauf sind - die verschiedenfarbigen Zeichnungen - und die ganze Art der Liste, habe ich die wiedererkannt.

Vors.:

Das ist ein Mißverständnis.

Die Frage des Herrn Rechtsanwalts hat sich nicht auf das Asservat bezogen, sondern auf diese Asservatenliste.

Zeuge Kraus:

Entschuldigung.

Ja, ich habe die Liste selbst miterstellt.

RA Schn[abel]:

Ja, aber es sind ja immerhin rund ...

Zeuge Kraus:

Da sind handschriftliche Änderungen z. B. oder Verbesserungen der Rechtschreibung usw., und an diese Dinge kann ich mich erinnern.

RA Schn[abel]:

Aber Herr Zeuge, es sind rund 25 Blätter, und Sie haben sie also sehr flüchtig jetzt angesehen; manche haben Sie ja sofort zur Seite gelegt - ich habe Sie da beobachtet bei der Identifizierung dieser Liste.

Wie können Sie denn behaupten, daß Blatt für Blatt identisch ist mit diesen Blättern, die Ihnen damals vorgelegen haben?

Berufen Sie sich denn nicht im wesentlichen auf Treu und Glauben darauf, daß eben die Liste damals von Ihnen erstellt wurde, daß die ungefähr 20 Blätter hat und daß das wohl diese Blätter sein werden, die Ihnen heute hier auch vorgelegen haben?

Zeuge Kraus:

Soweit es die Seiten betrifft, auf denen handschriftliche Verbesserungen sind, ist es ganz einwandfrei; und die anderen Seiten sind anhand der Schreibmaschinenschrift, anhand der Art und der Form des Geschriebenen identisch oder gleichartig geschrieben wie die anderen; und daher kann ich keinen Grund sehen, daß da irgendwelche Seiten ausgetauscht worden wären.

RA Schn[abel]:

Ja - ob Sie einen Grund sehen, das ist ja nicht die Frage, sondern ob Sie das im einzelnen identifizieren können.

Ich halte Ihnen entgegen, daß diese Schreibmaschinenschrift ja wirklich eine 0815-Schreibmaschinenschrift ist, die also auf [9876] Hunderten und Tausenden von Maschinen zu sehen ist. Das ist also sicher dann kein Merkmal im einzelnen.

OStA Ze[is]:

Herr Vorsitzender, wir beanstanden die Frage; es sei denn, Herr RA Schnabel gibt zu, daß er Sachverständiger für Schreibmaschinenschriften wäre - ansonsten ist mir der Vorhalt unverständlich.

RA Schn[abel]:

Na - oder gibt vielleicht der Zeuge hier zu, daß er Sachverständiger für Schreibmaschinenschriften ist; ansonsten ist mir nämlich seine Berufung darauf unverständlich, daß er’s aufgrund dessen erkannt hat.

Vors.:

Ich glaube also insgesamt:

Der Vorhalt ist nicht sehr sinnvoll, daß das ein ...

RA Schn[abel]:

Aber Herr Vorsitzender, das verbitte ich mir, ...

Vors.:

Augenblick ...-

RA Schn[abel]:

... daß hier gehalten wird, daß ...

Vors.:

Und ich verbitte mir entschieden, daß, nachdem ich [d] drei Worte gesprochen habe, Sie[e] mir bereits das Wort ...

RA Schn[abel]:

Also wenn Sie mir entgegenhalten, daß ein Vorhalt von mir nicht sinnvoll ist, das verbitte ich mir!

Vors.:

Bitte, tun Sie das.

RA Schn[abel]:

Ja -

Vors.:

Er ist nicht sinnvoll, wenn Sie mit den Argumenten vorgehen, es sei eine 0815-Schrift. Sie müßten uns dann erklären, welche Typen Sie im Auge haben, um damit behaupten zu können, daß es eine 0815-Schrift ist.

RA Schn[abel]:

Da brauch ich keine Typen im Auge haben, sondern ein Schriftbild hab ich da im Auge und sehe, daß so jede Schreibmaschinenschrift ... zu Hunderten und Tausenden gibt es so.

Vors.:

Es ist Ihre Meinung, daß das eine 0815-Schrift ist, und Sie formulieren daraus einen Vorhalt. Sie setzen schon wieder eine Voraussetzung - was Sie gelegentlich tun -, die Sie nicht belegen können. Es ist Ihre private Meinung.

RA Schn[abel]:

Das ist nicht meine private Meinung; das ist offensichtlich für jedermann, der mit Schreibmaschinenschriften zu tun hat. Da brauch ich kein Sachverständiger zu sein, um zu sehen, daß das keine besonders originelle Schrift hier ist.

Vors.:

Es ist eine normale Schreibmaschinenschrift.

[9877] RA Schn[abel]:

Ja eben -

Sie sagen das gleiche: Ob man 0815-Schrift oder normale dazu sagt - das mag ja dahingestellt sein.

Vors.:

Sie können aber dem Herrn Zeugen nicht daraus einen Vorhalt konstruieren, daß, weil das eine normale Schrift ist und er die Identität der Schrift bei allen 25 Blättern festgestellt hat, er sich wegen der Normalität der Schrift hier irren müßte oder jedenfalls irren könnte. Auch eine normale Schrift, die sich 25-mal wiederholt, kann eben charakteristisch sein, und deswegen ...

RA Schn[abel]:

Das hab ich auch nicht behauptet, sondern ich sage: Wenn’s eine normale Schrift ist, dann ist das kein Charakteristikum.

Vors.:

Haben Sie jetzt weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

RA Schn[abel]:

Ja, ich hab weitere Fragen insofern, als der Herr Berichterstatter etwas vorgehalten hat aus einer Seitenzahl, auf der keine handschriftlichen Vermerke sind, und das war ja ein weiteres Identifikationsmerkmal des Herrn Zeugen:

Aufgrund von handschriftlichen Notizen hätte er bemerkt, daß das genau diese Seite ist.

Ich halte entgegen die Seite 443, aus der der Herr Berichterstatter zitiert hat. Ich sehe hier keine handschriftlichen Vermerke.

Vors.:

Und was soll jetzt das, daß Sie vorhalten? Was wollen Sie für eine Frage dran knüpfen?

RA Schn[abel]:

Ja die habe ich bereits vorher gestellt die Frage, und zwar dergestalt, was an dieser Seite so originell oder charakteristisch sei, daß man behaupten kann, daß die identisch ist mit dem, was damals vorlag. Das eine habe ich ja bereits ausgeschaltet, daß kein handschriftlicher Vermerk vorhanden ist - ich sehe jedenfalls keinen.

Vors.:

Können Sie darauf eine Antwort geben?

Zeuge Kraus:

Ja. Ich kann mich an sich nur wiederholen:

Ich kann die Seiten, also auf denen Verbesserungen sind, ganz hundertprozentig erkennen; und weil die anderen Seiten im Zusammenhang geschrieben sind ... [9878] und wenn ich an der Maschine sitze und mit dieser Maschine so und so viel Seiten schreibe - ich habe einen ganz bestimmten Schreibstil oder ne bestimmte Art zu schreiben usw. - kann ich aufgrund dessen sagen, daß diese anderen Seiten ganz offensichtlich oder hundertprozentig genauso geschrieben sind und da also[f] nichts ausgewechselt ist, und daran kann ich das also ohne weiteres erkennen.

RA Schn[abel]:

Haben Sie die Seiten selbst geschrieben?

Zeuge Kraus:

Ja.

RA Schn[abel]:

... sämtliche Seiten selbst geschrieben?

Zeuge Kraus:

Ja, soweit ich das dann auch unterschrieben habe oder bzw., wenn ich für diese Asservatenliste, die ich dann, den Teil. Die Asservatenliste ist ja viel umfangreicher; die ist ja für andere Räume, in denen andere Kollegen asserviert haben, und da hab ich natürlich nicht geschrieben.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, ich seh auch auf der S. 443 keine Unterschrift von Ihnen. Können Sie dann ausschließen, daß Sie diese Seite nicht geschrieben haben?

Vors.:

In der Tat: Die Liste ist nicht unterschrieben; wir werden Ihnen die letzte Seite, die Ihnen vorgelegen hat, übergeben.

Dem Zeugen werden nochmals aus der Asservatenliste Ordner 124 Bl. 441, 443 und 451 vorgelegt.

Vors.:

Die Formulierung war, der Herr Rechtsanwalt sehe auf der letzten Seite keine Unterschrift.

Zeuge Kraus:

Ich sehe also praktisch auf keiner Seite eine Unterschrift, weil am Ende der Asservatenliste dann die Unterschrift wohl sein müßte - die einzelnen Seiten sind ja nicht unterschrieben.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, gehe ich davon[g] fehl, daß S. 451, die Sie hier vorliegen haben, die damit endet: „304, sechs Kleiderbügel“ die letzte Seite Ihrer Asservatenliste ist oder fehlt da eine Seite?

Zeuge Kraus:

Das müßte die letzte Seite sein.

RA Schn[abel]:

Und Sie haben doch vorher gesagt, Sie hätten dann auf der letzten Seite unterschrieben.

Sehen Sie da eine Unterschrift? Ich nicht.

Zeuge Kraus:

Nein.

[9879] Vors.:

Der Herr Zeuge hat dazu bemerkt, daß die Asservatenliste nur ein Teil sei; sie sei fortgesetzt worden, und er vermute, daß bei den Fortsetzungen dann die Unterschrift ist.

RA Schn[abel]:

Deswegen habe ich ja gefragt, ob das die letzte Seite seiner Asservatenliste ist.

Vors.:

Ja die hat er nicht gemeint. Er sagte ja, die Fortsetzung ...

RA Schn[abel]:

Herr Vorsitzender, das ist wieder Ihre Interpretation, was er gemeint hat.

Vors.:

Nein, Herr Rechtsanwalt.

RA Schn[abel]:

Lassen Sie doch bitte das, was der Zeuge gesagt hat, im Raum stehen. Ich kommentiere doch auch nicht jedes Mal, was er gesagt hat.

Vors.:

Herr Rechtsanwalt, es geht nicht um Kommentare dabei, sondern ich darf Sie auf Bl. 468 ff. hinweisen, wenn Sie das mal sehen wollen. Ich glaube, Sie haben vorhin - der Herr Zeuge hat es mehr beiläufig gesagt - das vielleicht nicht so voll mitgehört[h], daß er sagte, die Asservatenliste sei nicht die vollständige; das sei nur ein Teil davon.

RA Schn[abel]:

Gut. Ich habe Ihren Hinweis aufgegriffen: Bl. 468 ff. endet mit 484; auch dort sehe ich keine Unterschrift. Vielleicht sehen Sie eine.

Vors.:

Ich sehe auch keine.

RA Schn[abel]:

Also

Vors.:

Ich habe das nicht behauptet.

RA Schn[abel]:

Dann ist es genau wieder das gleiche, was ich immer hier vortrage, daß der Zeuge gesagt hat, er hätte am Schluß unterschrieben - ob das jetzt auf S. 451 oder auf S. 484 ist, mag dahingestellt bleiben; Tatsache ist, daß keine Unterschrift vorhanden ist. Um das geht es mir.

Vors.:

Gut, da sind wir einverstanden; so ist die Formulierung auch korrekt. Bloß auf der Seite, auf die Sie sich bezogen haben, war natürlich die Unterschrift nicht zu finden mit der Begründung, die der Herr Zeuge gab.

RA Schn[abel]:

Die war auch auf Bl. 484 nicht zu finden.

Im übrigen ist es noch gar nicht erwiesen - und das ist jetzt meine nächste Frage:

Herr Zeuge, haben Sie denn diese Blätter 468 ff. - 484 auch selbst geschrieben?

[9880] Vors.:

Wir wollen sie Ihnen übergehen. Ich weiß nicht, ob Sie sie kennen?

Zeuge Kraus:

Nein, ich kenne die Akten ja nicht in dieser Form; ich weiß also nicht, was da draufsteht.

Dem Zeugen wird die Asservatenliste aus Ordner 124 Bl. 468 - 484 vorgelegt.

Nein, diese Liste habe ich nicht geschrieben.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, dann hätte ich[i] jetzt die Frage, wie Sie bei kurzem Durchblättern dieser Liste sagen können, Sie hätten sie nicht geschrieben und bei etwas längerem Durchblättern - das will ich zugestehen - der anderen Liste behaupten können, Sie hätten sie geschrieben, obwohl doch offensichtlich, und ich glaube nicht, dazu Sachverständiger sein zu müssen, diese beiden Listen, die Ihnen vorlagen, mit ein und derselben Maschine oder zumindest mit der gleichen Maschine geschrieben wurde, obwohl das Schriftbild auch identisch ist und insofern die Charakteristika, die Sie vorher genannt haben, ja auch übereinstimmen und vielleicht handschriftliche Vermerke vorhanden sind oder nicht vorhanden sind - nein, es sind hier keine vorhanden -, aber auf den zwei Blättern, auf die es mir ankommt, aus denen vorher der Herr Berichterstatter Ihnen Vorhalte gemacht hat, sind ja auch keine handschriftlichen Vermerke vorhanden; wie haben Sie dann mit diesen kurzen Blicken erkannt: Das eine ist die Liste von mir und das andere ist die Liste nicht von mir?

Wenn Sie mir da Anhaltspunkte geben würden und charakteristische Merkmale der einzelnen Listen.

Zeuge Kraus:

Die Frage ist leicht zu beantworten:

Ich habe in diesem Raum nicht asserviert, nein, ich war in diesem Raum nicht, d.h., ich hab natürlich mal reingesehen; aber die Asservierung wurde in diesem Raum von anderen Kollegen vorgenommen, und dafür sind auch diese Kollegen dann zuständig gewesen, die Asservatenliste zu schreiben.

RA Schn[abel]:

Gut. Dann gehen Sie davon aus, daß die erste Liste deshalb von Ihnen stammt, weil Sie in diesem Raum asserviert haben; die zweite Liste deshalb nicht von Ihnen stammt, weil Sie dort nicht asserviert haben? Ist das richtig?

[9881] Vors.:

Das kann ich nicht anerkennen, daß das eine Voraussetzung ist, die der Herr Zeuge irgendwo gesetzt hätte. Sie sagen, er gehe davon aus.

Wollen Sie’s als Frage gestellt haben oder ist es eine Feststellung?

RA Schn[abel]:

Als Frage bitte, können[j] Sie diese Frage beantworten?

Vors.:

Also: Ob Sie davon ausgehen, daß Sie diese Liste deswegen angefertigt haben, weil sie die Bezeichnung II hat, also offenbar einen Raum, in dem Sie gewesen sein können?

Zeuge Kraus:

Ja, ich war in diesem Raum mit einem andern Kollegen zuständig zum Asservieren, und wir haben auch diese Liste erstellt.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, würden Sie bitte diese Frage dann, die ich gestellt habe, exakt beantworten:

ob das für Sie das Unterscheidungsmerkmal ist, im einen Fall III und im andern Fall II?

Zeuge Kraus:

Würden Sie bitte die Frage nochmals wiederholen?

RA Schn[abel]:

Ist es für Sie das Unterscheidungsmerkmal, daß Sie die eine Liste geschrieben haben und die andere Liste nicht geschrieben haben, daß die eine Liste II enthält und die andere Liste III?

Zeuge Kraus:

Ja, ein Merkmal.

RA Schn[abel]:

Gut, das ist eines.

Was ist dann das Weitere bitte, wenn es eines ist?

Reg. Dir. Wi[dera]:

Herr Vorsitzender, ...

Vors.:

Ja, ich weiß, was jetzt kommt: eine Wiederholung, klar.

RA Schn[abel]:

Es kommt keine Wiederholung.

Vors.:

Die weiteren Merkmale hat der Herr Zeuge genannt, nämlich, daß er das Maschinenbild als übereinstimmend auf den 25 Blatt sieht und daß er handschriftliche Korrekturen angebracht hat und daß er sich eben an die Liste an sich erinnert, weil er sie selbst erstellt hat - das waren die weiteren Merkmale.

RA Schn[abel]:

Gut. Dann dürfte ich mich also speziell auf die zwei Seiten beziehen, aus denen der Herr Berichterstatter Vorhaltungen gemacht hat? Auf diesen zwei Seiten sind keine handschriftlichen Verbesserungen oder Aufzeichnungen; insofern ist dieses eine Merkmal dann bereits nicht mehr stechend.

[9882] Was haben Sie bei diesen zwei Seiten weitere identische originelle Merkmale, Charakteristika zu nennen außer dem Schriftbild? Das Schriftbild ist, und das halte ich Ihnen jetzt hier entgegen, bei beiden Listen, bei II und bei III wirklich für jeden oberflächlichen Betrachter nicht unterschiedlich, ohne Sachverständiger zu sein.

OStA Zeis:

Herr Vorsitzender ...[k]

Vors.:

Herr B. Anwalt Zeis?

OStA Ze[is]:

Wir beanstanden den Vorhalt. Er ist unrichtig. Schon ein oberflächlicher Blick zeigt, daß derjenige, der die Asservatenliste II gefertigt hat, bei großen Buchstaben immer etwas zu früh angeschlagen hat, so daß diese regelmäßig, insbesondere beim Zeilenanfang, oben hängen, anders bei der Asservatenliste III. Infolgedessen ist also der Vorhalt des Herrn RA Schnabel unrichtig. Ich bitte ihn[l] in dieser Form nicht zuzulassen.[13]

Vors.:

Ja, ich würde meinen, der Vorhalt insgesamt bezog sich auf die Liste II. Dieses Hinzufügen des Vergleichs mit der Liste III, was ja an sich tatsächlich eine Sachverständigenaussage wäre, scheint mir nicht der Kern des Vorhalts und der Frage zu sein; deswegen möchte ich doch die Antwort geben lassen.

Bitte schön.

Zeuge Kraus:

Entschuldigen Sie bitte, aber ... -

Vors.:

Wenn Sie die Frage nicht mehr im Kopfe haben, bitte, muß sie der Herr Rechtsanwalt selbstverständlich Ihnen nochmals vorhalten.

Zeuge Kraus:

Ob ich weitere Unterscheidungsmerkmale ...

RA Schn[abel]:

Nein. Ich habe Ihnen also entgegengehalten, daß auf den zwei Seiten, um die es hier jetzt geht - wir haben es insofern eingeengt, aus denen der Herr Berichterstatter Ihnen Vorhalte gemacht hat - keine handschriftlichen Notizen zu sehen sind, insofern dann[m] ein Charakteristikum, das Sie genannt haben, für die Identifizierung ausscheidet. Ich frage Sie:

Welches Charakteristikum haben Sie dann auf diesen zwei Seiten noch erkannt, daß Sie sagen können: Gerade diese zwei Seiten sind auch von mir so geschrieben worden, wie sie hier vorliegen.

Um nichts anderes geht es im Moment.

[9883] Vors.:

Benötigen Sie die 2 Blätter nochmals, 441, 443?

Zeuge Kraus:

Nein, nein.[n] Ich überlege nur, welchen Sinn diese Frage hat oder was damit bewiesen werden soll?

Vors.:

Das ist nicht Ihre Beurteilung ...

Zeuge Kraus:

Die Asservatenliste wurde erstellt, geschrieben. Ich gehe also, sagen wir mal, auch davon aus, daß die Asservatenliste, nachdem ich sie abgegeben habe, nicht irgendwie abgeändert wurde oder ausgetauscht wurde, sondern daß es diese Blätter sind, die ich geschrieben habe und abgegeben habe.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, Sie gehen davon aus und Ihr Glaube ist löblich. Können Sie aber umgekehrt es denn mit absoluter Sicherheit auch ausschließen, daß selbiges wider Ihrem Glauben und Ihrer Meinung nicht doch passiert ist?

Zeuge Kraus:

Ja - ich weiß nicht, inwieweit es möglich ist, aber es ist alles Mögliche möglich. Das kann ich natürlich nicht auf meinen Eid nehmen oder beschwören, daß kein Blatt ausgetauscht wurde, weil ich die Liste ja nicht ununterbrochen selbst bei mir hatte oder in der Hand hatte.

RA Schn[abel]:

Danke.

Vors.:

Also wir können zusammenfassend feststellen - das hat sich ja nun durch die Fragen klar ergeben - ...

RA Schn[abel]:

Herr Vorsitzender, dürfte ich bitten, auf diese Zusammenfassung zu verzichten. Ich habe hier ...

Vors.:

Herr RA Schnabel, ...

RA Schn[abel]:

Entschuldigung, ich bin im Moment noch dabei zu reden.

Vors.:

Ich möchte eine Frage an den Herrn Zeugen stellen - das ist ein Vorhalt - das Recht steht mir doch wohl zu?

RA Schn[abel]:

Sicher. Aber nicht, dann stellen Sie bitte eine Frage, aber leiten Sie nicht ein mit: Wir wollen jetzt also zusammenfassen.

Das ist nicht Ihre Aufgabe.

Vors.:

Ich halte jetzt vor und knüpfe daran meine Frage - das ist mein gutes Recht, und das haben Sie ja auch gebraucht, dieses Recht, ausgiebig im Augenblick - ich halte Ihnen vor, daß sich aus diesen Fragen gezeigt haben könnte, daß Sie derjenige gewesen sind, der den Raum durchsucht hat, der später in der Asservatenliste die Bezeichnung II gefunden hat.

[9884] Ist es richtig, daß Sie der Überzeugung sind, daß die Liste, die die II trägt, daß das die identische Liste ist, die Sie seinerzeit erstellt haben?

Zeuge Kraus:

Ja.

Vors.:

Und dann darf ich noch feststellen:

Es sind daraus keine Vorhalte gemacht worden, sondern es ist im Urkundenbeweis verlesen worden, was in dieser Liste enthalten ist.

Dann Fragen noch?

Herr RA Schnabel, ich darf Sie vielleicht auf Bl. 424 des Ordners 124 hinweisen. Hier ist die Aufteilung der Asservierungszeugen auf die Räume II und III jedenfalls aus einzelnen Asservaten erkennbar. Wir haben also den Zeugen, der nachher für den Raum III in Betracht kommt, hier auch anwesend.

Sind an den Herrn Zeugen noch weitere Fragen?

RA Schn[abel]:

Ich möchte nur da entgegenhalten:

Wenn Sie Bl. 424 erwähnen, dann wäre es ja mal interessant, den Herrn Boieck dann zu fragen, wie diese S. 424, der die unterschrieben hat, zustande gekommen ist, ob das seine Richtigkeit hat oder nicht seine Richtigkeit hat. Man kann ja nicht einfach davon ausgehen, daß dem so ist, was hier steht.

Vors.:

Wir haben doch die Original-Zeugen hier. Jetzt hat Herr Kraus bestätigt, wie es hier aus der Seite hervorgeht, daß er die Nr. II bearbeitet hat; und nachher haben wir Herrn Sammet als Asservierungszeugen und können ihn fragen, ob er die Nummer III bearbeitet hat.

RA Schn[abel]:

Herr Vorsitzender, das bestreite ich doch überhaupt nicht und hab ich nie bestritten, daß er II und der andere III bearbeitet hat. Damit ist doch aber noch lange nicht gesagt, daß die II so viel Seiten enthält und diese Seiten damit identisch sind; und das hat ja auch der Herr Zeuge auf meine Fragen, wenn ich insofern dann auch zusammenfassen darf, genauso gesagt, daß eben diese Möglichkeit besteht. Er glaubt daran, daß es so ist, aber er kann es nicht ausschließen, daß eben nicht doch etwas anderes passiert ist.

Vors.:

Herr Kraus, an Sie sind keine weiteren Fragen mehr[o], wie ich feststelle.

Der Zeuge KOK Kraus bleibt bis zur später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.

[9885] Der Zeuge PWM Sammet erscheint um 9.43 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge PWM Sammet macht folgende Angaben zur Person:

Zeuge Sam[met]:

Werner Sammet, 24 Jahre,

Polizeiwachtmeister b. d. hessischen Bereitschaftspolizei in Kassel;

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert;

wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Sammet, ist Ihnen die Wohnung Frankfurt-Eschersheim, Eleonore-Sterling-Straße 56 ein Begriff?

Zeuge Sam[met]:

Ja.

Vors.:

Durch was ist Ihnen diese Wohnung zum Begriff geworden?

Zeuge Sam[met]:

1974, und zwar im Februar, ist sie aufgegangen, d. h., wurde eine Durchsuchung durchgeführt, und zwar wurden da verschiedene Schriftstücke u. a. beschlagnahmt oder sichergestellt.

Vors.:

In welcher Form waren Sie nun an diesen Ereignissen beteiligt?

Zeuge Sam[met]:

Ich habe u. a. Schriftstücke asserviert mit verschiedenen Kollegen.

Vors.:

Ja, kann man davon ausgehen, daß Sie an der Erstellung dieser Asservierungslisten, die damals angefertigt worden sind, was uns der Herr Kraus schon bestätigt hat, beteiligt gewesen sind?

Zeuge Sam[met][p]:

Ja.

Vors.:

Wissen Sie noch, in welcher Form das aufgeteilt wurde?

Zeuge Sam[met][q]:

Ja, das wurde meistens mit zwei Personen ... zwei Personen hatten jeweils einen Raum; und die Gegenstände, die in diesem Raum waren, die wurden von den zwei Personen asserviert.

Vors.:

Und wie wurden die Räume gekennzeichnet?

Zeuge Sam[met]:

Mit Nummern, also H 4, das war die Bezeichnung für die Sterlingstraße, und dann eben Bezeichnung: Küche, Wohnraum, Schlafraum.

Vors.:

Sie sagten Nummern - also die Bezeichnung: Küche, Wohnraum, Schlafraum - die Nummern müssen ja dann wohl anstelle dieser Bezeichnung getreten sein?

[9886] Zeuge Sam[met]:

Ja. Für jeden einzelnen Gegenstand wurde eine bestimmte Nummer ausgegeben.

Vors.:

Ich meine jetzt für die Räume. Sind die auch nummeriert worden?

Zeuge Sam[met]:

Das kann ich jetzt nicht mehr genau sagen. Ich glaube, ja.

Vors.:

Waren Sie an mehreren Räumen beteiligt?

Zeuge Sam[met]:

Ja, ich war in der Küche und in einem kleinen Raum, der als Labor eingerichtet war, war ich beteiligt.

Vors.:

Also insgesamt dann zwei Listen, wenn man Sie so richtig versteht, ja?

Zeuge Sam[met]:

Ja.

Vors.:

Und könnten Sie heute noch sagen - Sie haben’s vorher nicht mehr genau gewußt, vielleicht ist die Frage deswegen überflüssig - wie man nun speziell unter dieser Nr. H 4 - und dann kommen ja weitere Nummern - gekennzeichnet hat, daß es sich hier z. B. jetzt um die Küche und im andern Fall um den andern Raum gehandelt hat.

Wie hat man das in der Liste gekennzeichnet?

Zeuge Sam[met]:

Ja, jeder Gegenstand wurde aufgelistet, und für jeden Raum wurde eine spezielle Liste erstellt und das wurde dann[r] eben entweder durch die Nummer oder durch die Bezeichnung „Küche“ ersetzt - der jeweilige Raum.

Vors.:

Haben Sie in der Liste auch die Raumbezeichnung mitaufgenommen? Wissen Sie das heute noch?

Zeuge Sam[met]:

Ja, das müßte auf jedem Anfangsblatt von[s] der Liste stehen.

Dem Zeugen wird die Asservatenliste aus Ordner 124 Bl. 425 - 451 mit der Bitte um Besichtigung und Erklärung vorgelegt, ob das eine der Listen ist, an der er beteiligt war.

Zeuge Sam[met]:

Ja. Das ist eine Liste, die ich mit erstellt habe.

Vors.:

Wissen Sie heute noch, wieviel Blatt diese Liste damals ungefähr umfaßt hat?

Zeuge Sam[met]:

Oh je ... -

Vors.:

Das wissen Sie heute nicht mehr?

Zeuge Sam[met]:

Nein. Ich erkenn das hier an dem Kopf, der ist wohl bei uns als einmalig zu bezeichnen und die ganze Form der Blätter.

Das muß also die Liste sein, die ich erstellt habe.

Vors.:

Und was ist Ihnen beim Kopf so besonders[t] charakteristisch?

[9887] Zeuge Sam[met]:

Ja, eben hier links oben das BKA und dann eben die Bezeichnung „H 4“ - das gab’s nur bei uns.

Vors.:

Und die Bezeichnung des Raumes, ist die für Sie von Bedeutung?

Zeuge Sam[met]:

Ja, auf jeden Fall. Die kennzeichnet ja den Raum, aus dem die Gegenstände sichergestellt wurden, ...

Vors.:

... nämlich? Das war der ...

Zeuge Sam[met]:

... Abstellraum.

Vors.:

Und der scheint in der Liste dann unter der Nummerierung eine römische Nummer bekommen zu haben.

Ist das richtig?

Zeuge Sam[met]:

II - ja.

Vors.:

Wenn Sie vielleicht doch mal ganz kurz so durchblättern, ob das auch dem Umfange nach zutreffen könnte. Vielleicht erkennen Sie auch irgendwelche Einzelheiten aus den Blättern oder einzelne Gegenstände, an die Sie sich speziell erinnern.

Zeuge Sam[met]:

Ja. Auf jeden Fall die Reisepässe, Pistole „Firebird“[u] ...

Vors.:

Sie müssen jetzt nicht jede einzelne Position nennen, sondern so beim Überfliegen, ob Sie hier irgendetwas Charakteristisches sehen.

Zeuge Sam[met]:

Die ganze Aufstellung von den Schlüsseln auf jeden Fall, verschiedene Zündschlösser.

Ende von Band 561.

[9888] Zeuge Samm[et]:

Ja, und dann eben das umfangreiche Schriftenmaterial, verschiedene Zeitungen, Zeitschriften.

Vors.:

Würde das auch dem Umfang nach dem entsprechen, was Sie im Gedächtnis haben?

Zeuge Samm[et]:

Ich glaube schon, ja.

Vors.:

Und Sie können also bestätigen, jedenfalls die Liste für den Abstellraum miterstellt zu haben?

Zeuge Samm[et]:

Ja.

Vors.:

Das hatten Sie ja vorhin schon gesagt.

Gemäß § 249 StPO wird aus der Asservatenliste Ord. 124, Bl. 425 bis 451, der Kopf der Liste und folgende Positionen verlesen:

Bl. 441 Pos. 221

Bl. 443 Pos. 221/1

Dem Zeugen wird die Asservatenliste aus Ord. 124, Bl. 468 - 484 mit der Bitte um Besichtigung und Erklärung vorgelegt, ob er an der Erstellung dieser Liste beteiligt gewesen ist.

Zeuge Samm[et]:

Ja, das ist die Liste, die ich miterstellt habe.

Vors.:

Welchen Raum betrifft die?

Zeuge Samm[et]:

Labor.

Vors.:

Labor; das ist ja an sich kein üblicher Raum in einer Wohnung. Wie kommt es zu dieser Bezeichnung?

Zeuge Samm[et]:

Ja, weil in dem Raum mehrere fototechnische Gegenstände oder Geräte standen um irgendwelche ..., ich weiß jetzt nicht wofür, aber doch um irgendwelche Papiere, Führerscheine ...

Vors.:

Was hatte der Raum sonst für eine Funktion gehabt, seiner Einrichtung nach, konnte man das erkennen?

Zeuge Samm[et]:

Nein, ich glaube, der hatte nur eben die Funktion als Labor.

Gemäß § 249 StPO wird aus der Asservatenliste Ord. 124, Bl. 468 - 484, der Kopf der Liste und folgende Positionen verlesen:

Bl. 479 Pos. 2/65/11

Pos. 2/65/12

Pos. 2/65/13

Pos. 2/65/13/1

Pos. 2/65/13/2

Pos. 2/65/13/3

Pos. 2/65/14

[9889] Vors.:

Danke. Sind weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe beim Gericht nicht. Die Bundesanwaltschaft, nicht.

Herr Rechtsanwalt Schnabel.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, können Sie sich erinnern, an eine[v] Seite dieser Liste II/5, die damit beginnt „ 1 Mercedes-Benz-Service-Heft?“

Zeuge Samm[et]:

Können Sie bitte Ihre Frage ...

RA Schn[abel]:

Das ist die Beschreibung des Gegenstandes, also ..., sie fängt an, Verzeichnis der Gegenstände II 4/74/II 5 Bl. 16 lfd. Asservatennummer 208, Zahl gew.: 1. oder eins „Mercedes-Benz Service-Heft“ können Sie sich an eine solche Seite erinnern?

Zeuge Samm[et]:

Erinnern kann ich mich nicht; aber wenn das in der Asservatenliste aufgeführt ist, dann wird das zu den Gegenständen gehören. Das war ja damals so eine Vielzahl, daß es unmöglich ist, das alles im Kopf zu behalten.

RA Schn[abel]:

Ist auch denkbar, daß[w] eine Seite, die Sie damals nicht geschrieben haben, daß die dann in diese Asservatenliste hineingekommen ist oder daß eine Seite, die Sie geschrieben haben, jetzt nicht mehr vorhanden ist, können Sie das ausschließen?

Zeuge Samm[et]:

Ich glaube, das kann ich ausschließen, da die Seiten damals durchnummeriert wurden und das würde aufgefallen sein, wenn da irgendwas gefehlt oder eingefügt worden wäre.

RA Schn[abel]:

Können Sie ausschließen, daß eine Seite ..., wie sind die Seiten im übrigen, wenn ich Sie darauf nochmal ansprechen darf, wie sind die nummeriert worden denn?

Zeuge Samm[et]:

Ja, durchlaufend ...

RA Schn[abel]:

Römisch oder ...?

Zeuge Samm[et]:

Nein, arabisch.

RA Schn[abel]:

Arabisch; mit Untergliederungen oder nicht?

Zeuge Samm[et]:

Ja, teilweise, wenn ein Asservat nochmal auseinandergezogen wurde oder Unterpositionen erteilt wurden, dann wurde die Seite nochmal unterteilt, also nochmal eine Unterziffer für die Seite gegeben.

RA Schn[abel]:

Wie sah das dann etwa aus?

Zeuge Samm[et]:

Meinetwegen daß es[x] jetzt die Seite 25 war und ein [y] Asservat, das auf der Seite 25 aufgeführt war und wurde nochmal besonders auseinandergezogen, weil es mehrere Teile waren, die wichtig waren, dann wurde z. B. die Seite[z] 25.1 wurde das Asservat nochmal aufgegliedert.

RA Schn[abel]:

Können Sie sich erinnern oder wurde so nie nummeriert, daß es auch mal eine Seitenzahl, sagen wir, um bei 25 zu bleiben, 25 a, b oder c gab?

[9890] Zeuge Samm[et]:

Da kann ich mich eigentlich nicht mehr daran erinnern.

RA Schn[abel]:

Sie haben ja vorher gesagt, es wäre wohl aufgefallen, wenn dann eine Seite gefehlt hätte. Ich möchte Ihnen hier vorhalten aus dem Ord. 124, Seite 441 ff., dort gibt es ein Blatt 16, und dann kommt ein Blatt 16 a, und dann ein Blatt 16 b, und dann kommt erst das Blatt 17.

Zeuge Samm[et]:

Das ist möglich; ich habe mich halt nicht daran erinnert, weil das damals so eine Vielzahl war; das ist schon möglich.

RA Schn[abel]:

Deswegen könnte also die Möglichkeit bestehen, daß es irgendwann mal, ich greife wahllos ist die Menge, ein Blatt 18 a gegeben hat, das dann jetzt eben nicht mehr vorhanden ist oder können Sie das ausschließen?

Zeuge Samm[et]:

Das kann sein, weil ich ja nicht die ganze Zeit oder bis zum Ende in der Abteilung beschäftigt war, daß es vielleicht nach meiner Zeit eingefügt wurde.

RA Schn[abel]:

Gut. Könnte es auch sein, oder können Sie das auch mit Sicherheit ausschließen, daß ein vorhandenes Blatt 16, das Sie geschrieben haben, gegen ein anderes Blatt 16, das Sie eben nicht geschrieben haben, ausgetauscht wurde, irgendwann mal?

Zeuge Samm[et]:

Das möchte ich eigentlich ausschließen.

RA Schn[abel]:

Herr Zeuge, nicht was Sie möchten, sondern ob Sie es können ist die Frage.

Zeuge Samm[et]:

Naja, ich weiß jetzt nicht, was Sie ..., wollen Sie jetzt irgendjemand[aa] etwas unterstellen?

RA Schn[abel]:

Ich will niemand etwas unterstellen.

Zeuge Samm[et]:

Daß er jetzt ein Blatt rausnimmt und vorsätzlich mit einem[bb] anderen austauscht, das glaube ich also nicht. Ich glaube nur, daß das zu dem Zweck vielleicht geschehen ist, um eben ein Asservat auseinanderzuziehen und Unterpositionen zu erteilen, weil es eben, wichtig war oder prägnant war.

RA Schn[abel]:

Können Sie ausschließen, daß eine Seite 16, die enthält „1 Ordnungsmappe mit handschriftlichen Aufzeichnungen über Öffnen von Pkw, Herstellung von Sprengkörpern“, daß diese Seite nicht von Ihnen geschrieben wurde oder können Sie sich genau noch an diese Position 221 erinnern?

Zeuge Samm[et]:

Ich kann mich noch an die Position erinnern; ich weiß auch, daß ich sie geschrieben habe, das weiß ich.

RA Schn[abel]:

Speziell an diese Position?

Zeuge Samm[et]:

Ja, weil das eine Ordnungsmappe war; ja, da kann ich mich daran erinnern.

[9891] RA Schn[abel]:

Können Sie sich auch noch an die Unterteilung dieser Ordnungsmappe erinnern?

Zeuge Samm[et]:

Nein.

RA Schn[abel]:

Nicht?

Zeuge Samm[et]:

Das wäre wohl zu speziell für mich.

RA Schn[abel]:

Aha, gut. Dann können Sie sich also nicht daran erinnern, an das, was Ihnen vorher der Herr Beisitzer vorgehalten hat, nämlich an das Blatt 440 ..., 443, das ist schlecht geschrieben, ja.

OStA Z[eis]:

Herr Vorsitzender, wenn wir hier schon so pingelig sind, dann bin ich es jetzt auch.

RA Schn[abel]:

Herr Bundesanwalt, ich bitte doch also nicht unbedingt das mit „pingelig“ zu bezeichnen ...

OStA Z[eis]:

Doch, doch.

RA Schn[abel]:

... ich meine ..., ha, na woll...

OStA Z[eis]:

Ich begründe es auch gleich. Sie haben eben wiederholt den falschen Terminus technicus „vorgehalten[cc]“ benützt[dd]. Hier wurde nichts vorgehalten, sondern es wurde etwas verlesen.[14]

RA Schn[abel]:

Gut, dann will ich also mit der[ee] juristischen Haarspalterei dann es bezeichnen, „als im Urkundenbeweis eingeführt“, um es exakt zu machen.

Vors.:

Jetzt ist also das pingelig zumindest ausgeglichen durch die Haarspalterei.

RA Schn[abel]:

Eben, mehr sollte nicht sein.

Vors.:

Das Gleichgewicht ist wiederhergestellt.

Wir wollen aber nun im Zusammenhang damit dem Herrn Zeugen doch das Asservat 221, um das es sich gedreht hat, in die[ff] Hand geben. Bitte, wenn Sie sich bei diesem Asservat das darauf ansehen wollen, ob Sie das seinerzeit zwecks Asservierung gehabt haben. Es hat möglicherweise Kennzeichen, die Sie noch in Erinnerung haben, wenn ja, dann geben Sie die bitte an.

Dem Zeugen wird das Asservat H 4/74 II 5/ Pos. 221.1 vorgelegt.

Zeuge Samm[et]:

Ja, das Asservat kenne ich, das habe ich damals asserviert.

Vors.:

Danke.

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen?

RA Schn[abel]:

Könnten Sie, der Herr Vorsitzende hat ja gesagt, wenn Sie das Asservat kennen, dann sollen Sie das bitte sagen, das haben Sie im Moment getan. Und er hat dann noch eine weitere Bemerkung und einen [9892] Wunsch geäußert, dem Sie bis jetzt allerdings nicht nachgekommen sind; ich äußere jetzt diesen Wunsch auch. Wenn Sie es schon kennen, können Sie dann charakteristische Merkmale dieses Asservates sagen?

Zeuge Samm[et]:

Ja, die Zeichnungen auf der ersten Seite, die erkenne ich ganz genau, und dann hier auf den letzten Seiten die verschiedenen Anweisungen, „Messen“, „Anreisen“, „Säger!“, „Bohrer“, „Gewindebohren“, eine Arbeitsanweisung für jede einzelne Arbeitsweise. Da kann ich mich ganz genau daran erinnern.

RA Schn[abel]:

Können Sie sich erinnern, an eine Seite die beginnt mit, nach dem dieses H 4 usw. folgt unter lfd. Asservatennummer mit noch 2/6510 1. oder „1 Blatt Fotokopie „Sprengstoff II“?“

Zeuge Samm[et]:

Da kann ich mich nicht daran erinnern.

RA Schn[abel]:

Danke.

Vors.:

Sonst keine Fragen?

Der Zeuge PWM Sammet bleibt bis zu später erfolgenden Vereidigung im Sitzungssaal.

RA Schn[abel]:

Entschuldigung, ich möchte nur noch zu Protokoll geben, daß es sich eben um die Seite 479 aus dem Ord. 124 handelte, nach der ich gefragt habe.

Vors.:

Ja, danke.

Der Zeuge KHM Metzner erscheint um 10.02 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KHM[gg] Metzner macht folgende Angaben zur Person:

Joachim Metzner, 47 Jahre alt,

verh. Kriminalbeamter beim Hessischen Landeskriminalamt in Wiesbaden,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Herr Metzner, ist Ihnen die Frankfurter Wohnung, Maifeldstraße 23 ein Begriff?

[9893] Zeuge Metz[ner]:

Ja.

Vors.:

Wodurch ist sie Ihnen zum Begriff geworden?

Zeuge Metz[ner]:

Wir hatten an 4. Febr. 1974 mit zwei Spurensicherungsgruppen den Auftrag, zwei konspirative Wohnungen in Frankfurt dahingehend zu untersuchen, welche Personen in diesen Räumen gewohnt haben, in Bezug auf Fingerabdrücke, Gegenstände usw. Um 6.00 Uhr am selben Tage erfolgte die Einweisung was zu tun ist, durch Herrn Kriminaldirektor Hoffmann in Polizeipräsidium in Frankfurt. Wir sind dann etwa um 6.30 Uhr in Frankfurt-Niederad in der Wohnung im Maifeld 23 eingetroffen, das ist ein 19 stöckiges Hochhaus und die Wohnung lag, soweit ich mich erinnere, an der Westseite, und hatte die Wohnungsnummer 10/7.

Vors.:

Jetzt die Frage, sind Sie bei der Durchsuchung und der Sicherstellung von einzelnen Beweisstücken in dieser Wohnung beteiligt gewesen?

Zeuge Metz[ner]:

Ja, ich hatte den Auftrag mit noch zwei Kollegen, die Wohnung in Bezug auf den Auftrag hin zu[hh] durchsuchen[ii] und Spurensuche vorzunehmen.

Vors.:

Ist in der Wohnung auch ..., sind Gegenstände sichergestellt worden in der Wohnung?

Zeuge Metz[ner]:

Ja, wir hatten insgesamt 109 Gegenstände sichergestellt.

Vors.:

Befand sich darunter auch evtl. eine Schreibmaschine?

Zeuge Metz[ner]:

Es befand sich eine Schreibmaschine darunter, in einem schwarzen Leder- oder lederähnlichen Stoff; die stand in dem Kinderzimmer, das als Werkstatt hergerichtet war; und die ist mir insoweit besonders in Erinnerung, weil zwei Artikel die gleiche Markennummer hatten. Und zwar war einmal eine „Elite plus Schlagbohrmaschine“ in dem Raum, die war festgemacht, und wenn man in diesen Werkstattraum kam, standen rechts zwei Tische, auf dem hinteren Tisch am Fenster war diese Bohrmaschine angebracht und vor den Tischen rechts, neben der Tür, wenn man reinkommt, stand die Kofferschreibmaschine. Es handelte sich um eine „Elite“ in einem schwarzen Lederkoffer.

Vors.:

Und die Farbe der Maschine, wissen Sie das heute noch?

Zeuge Metz[ner]:

Es eine helle ...

Vors.:

Eine helle Farbe.

Zeuge Metz[ner]:

... eine helle Maschine.

Dem Zeugen wird das Asservat H 5/74 III 5 Pos. 115 - eine Schreibmaschine „Elite“ - mit der Bitte um Besichtigung und Erklärung vorgelegt, ob er dieses Asservat bereits schon einmal gesehen hat, falls ja, wo.

[9894] Dieses Asservat wird vom Gericht in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Zeuge Metz[ner]:

Darf ich mal nach der Nummer gucken, ich hatte mir die ...? Jawohl, das ist die Schreibmaschine, die Farbe, der Koffer; und ich habe durch Zufall vor einigen Tagen, als ich noch nichts von der Vorladung wußte, die habe ich erst gestern erhalten, meinen Schreibtisch aufgeräumt und eine Handnotiz gefunden wo die Nummer der Bohrmaschine, die Nummer der Schreibmaschine und die Nummer eines Fernsehers nochmal notiert war, mit dem Vermerk, an welche Kollegen von BKA das anschließend am Nachmittag übergeben wurde.

Vors.:

Und die Nummer, ist Ihnen die noch geläufig oder haben Sie gar den Zettel jetzt aufgehoben? Ist das der Zettel?

Zeuge Metz[ner]:

Jawohl

Vors.:

Dann würde ich bitten, daß Sie den vielleicht dem Gericht überlassen.

Der Zeuge übergibt den eben erwähnten Notizzettel dem Gericht.

Er wird als Anlage 1 zum Protokoll genommen.

Der Vorsitzende verliest von den auf dem Notizzettel - Anl. 1 zum Protokoll - befindlichen handschriftlichen Vermerken folgendes:

„Reiseschreibmaschine Elite Nr. 2235082316“

Vors.:

Wenn Sie vielleicht nochmals vergleichen, 2235082316.

Zeuge Metz[ner]:

Jawohl.

Vors.:

Sie können bestätigen, daß das der Zettel ist, den Sie seinerzeit als Notiz für sich selber angefertigt haben?

Zeuge Metz[ner]:

Ja, und für meinen Bericht als Grundlage noch. Ich hatte den Bericht gefertigt, und da ist die Nummer der Maschine auch eingetragen gewesen.

Vors.:

Jetzt, wenn Sie sich noch den Lederkoffer ansehen wollen dazu, entspricht das auch Ihrer Erinnerung?

Zeuge Metz[ner]:

Ja, und soweit ich weiß, stand die Maschine mit dem Schloß zu den Tischen und mit dem Teil zur Wand.

Vors.:

Danke. Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe beim Gericht nicht. Die Herren Verteidiger, auch nicht.

Die Zeugen KOK Kraus. PWM Sammet und KHM Metzner werden einzeln vorschriftsmäßig vereidigt und im allseitigen Einvernehmen um 10.09 Uhr entlassen.

[9895] Der Zeuge KHM Heinze erscheint um 10.09 Uhr im Sitzungssaal.

Der Zeuge KHM Heinze macht folgende Angaben zur Person:

Peter Heinze, 43 Jahre alt,

Kriminalbeamter in Hamburg,

Dienststelle K 421,

mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert.

Wegen Eidesverletzung nicht vorbestraft.

Vors.:

Ist Ihnen die Wohnung Hamburg 76 Bartholomäusstraße 20, 7. Stock ein Begriff?

Zeuge Hei[nze]:

Jawohl, das ist mir ein Begriff.

Vors.:

Durch welche Umstände ist Ihnen diese Wohnung zum Begriff geworden?

Zeuge Hei[nze]:

In dieser Wohnung hat sich eine Nachfolgerorganisation, also in unseren Augen Nachfolgerorganisation der Baader-Meinhof-Bande etabliert und aufgehalten.

Vors.:

Sind Sie bei der Aufdeckung der Wohnung, bzw. bei der Durchsuchung beteiligt gewesen?

Zeuge Hei[nze]:

Bei der Durchsuchung war ich beteiligt, ja.

Vors.:

Sind seinerzeit Gegenstände sichergestellt worden?

Zeuge Hei[nze]:

Sehr viele.

Vors.:

Wissen Sie, ob darunter auch eine Schreibmaschine gewesen ist?

Zeuge Hei[nze]:

Ja, auf jeden Fall befand sich eine Schreibmaschine in dem Raum, in dem die Beschuldigten festgenommen worden sind; das ist der Raum, von uns bezeichnet, der Raum „F“ gewesen; da lag eine Schreibmaschine am Boden.

Vors.:

Könnten Sie heute noch irgendwelche Beschreibungen geben?

Zeuge Hei[nze]:

Soweit ich mich erinnere, war das eine kleine Reiseschreibmaschine, aber ...

Vors.:

Eine ...?

Zeuge Hei[nze]:

Eine kleine Reiseschreibmaschine.

Vors.:

Eine kleine Reiseschreibmaschine.

Zeuge Hei[nze]:

Aber Marke und Nummer usw. weiß ich nicht mehr?

Vors.:

Würden Sie heute nicht mehr so ohne weiteres sagen können.

Zeuge Hei[nze]:

Nein.

[9896][15] [9897] Dem Zeugen wird das Asservat HH 6 - F-6 - 1 Schreibmaschine „Carola“ - vorgelegt.

Dieses Asservat wird vom Gericht in Augenschein genommen.

Die Verfahrensbeteiligten haben Gelegenheit am Augenschein teilzunehmen.

Zeuge Hei[nze]:

Ja, eine Schreibmaschine dieser Art befand sich in der Wohnung.

Vors.:

Erkennen Sie irgendein charakteristisches Merkmal?

Zeuge Hei[nze]:

Charakteristisch, ja, also der Aufkleber hier, der in roter Farbe gehalten ist, der stammt von unserer Dienststelle, insofern, aber sonst wüßte ich nicht.

Vors.:

Und daraus folgern Sie, daß das ...?

Zeuge Hei[nze]:

Daß das eben die Schreibmaschine ist, die wir damals vorgefunden haben.

Vors.:

Wenn Sie die Maschine so für sich sehen würden, würden Sie also nichts daran erkennen, wo Sie sagen können, ja, das war eine Maschine.

Zeuge Hei[nze]:

Es ist ja ein Massenprodukt, und da kann man im einzelnen ja nicht sagen ...

Vors.:

Das Fabrikat, besagt Ihnen das irgend etwas?

Zeuge Hei[nze]:

Nein, so im einzelnen kann ich nicht sagen ...

Vors.:

Also es soll ein Fabrikat[jj] ...

Zeuge Hei[nze]:

... „Carola“ ...

Vors.:

... „Carola“ sein.

Zeuge Hei[nze]:

Ja, eben „Carola“, also soweit ich weiß, ist „Carola“ eben ein Kaufhaus ...

Vors.:

Nein, um das geht es nicht. Ob Ihnen im Zusammenhang mit dieser Fabrikatsbezeichnung einfällt, ja, richtig, das handelte sich damals um eine „Carola“.

Zeuge Hei[nze]:

Ja, das fällt mir ein aufgrund der erstellten Gutachten und so, daß da öfters mal die Schreibmaschine „Carola“ genannt worden ist. Aber so aus der Erinnerung, daß nun die vorgefundene unbedingt eine „Carola“ sein müßte, das kann ich nicht sagen.

Vors.:

Danke.

Weitere Fragen? Bitte, Herr Berichterstatter.

Richter Mai[er]:

Sie sagten, es sind in der Wohnung Personen festgenommen worden.

[9898] Zeuge Hei[nze]:

Ja.

Richter Mai[er]:

Um was für Personen handelte es sich?

Zeuge Hei[nze]:

Es handelte sich um Christa Eckes, Margit Schiller ..., nein Entschuldigung, Stachowiak, dann Helmut Pohl und Eberhard Becker.[16]

Richter Mai[er]:

Danke.

Vors.:

Weitere Fragen an den Herrn Zeugen? Ich sehe nicht.

Der Zeuge KHM Heinze versichert die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf seinen bereits geleisteten Eid (§ 67 StPO)[kk] und wird im allseitigen Einvernehmen um 10.14 Uhr entlassen.

Vors.:

Wir wollen jetzt eine 10minütige Pause einlegen, und dann noch einige Verlesungen vornehmen.

Pause von 10.14 Uhr bis 10.31 Uhr

Vors.:

Wir können die Sitzung fortsetzen und kommen zu den angekündigten Verlesungen.

Herr Berichterstatter, bitte

Gemäß § 249 StPO wird in Urkundenbeweisverfahren das Asservat H 4/74 II/5 Pos. 221.1 (14 Seiten mit maschinen- und handschriftlichen Aufzeichnungen) beginnend mit: „sprengstoffbunker in steinbrüchen ...“ bis Seite 10 ... „ohne zu detonieren“ verlesen.

Während der Verlesung:

BA Dr. Wunder verläßt um 10.33 Uhr den Sitzungssaal.

Richter Mai[er]:

Soweit die Verlesung. Es folgen dann noch 3 weitere Blätter mit Überschriften wie „Messen“, „Anreißen“, „Sägen“, „Bohren“, „Gewindebohren“, „Gewindeschneiden“, „Nieten“, „Kleben“, „Weichlöten“, „Hartlöten“, „Schweißen“, „Härten“. Das ist alles.

Gemäß § 249 StPO werden im Urkundenbeweisverfahren die Asservate H 4/74 III 5/2/65 [ll] Pos. 13/0 bis 13/3 (4 DIN-A4-Blätter mit maschinen- und handschriftlichen Aufzeichnungen) beginnend mit: „eure sache ...“ bis ... „nicht ziegenhain“ verlesen.

[9899] Die Verlesung wird wie folgt unterbrochen:

Vors.:

Ich will bloß bekanntgeben, daß - für das Protokoll - daß Herr Rechtsanwalt Dr. Heldmann sich telegraphisch gerade gemeldet hat: Aus den Gründen seines Antrags vom 11. Mai[17] sei es ihm auch heute nicht möglich, an der Hauptverhandlung teilzunehmen. Ich möchte das bloß der Vollständigkeit halber erwähnen, weil ja wiederholt darauf hingewiesen worden ist, daß keine Entschuldigungen eingehen. Ausreichend scheint die Entschuldigung nicht; aber es ist jedenfalls ein Entschuldigungsversuch.

Das soeben erwähnte Telegramm von Rechtsanwalt Dr. Heldmann ist dem Protokoll als Anlage 2 beigefügt.

Gemäß § 249 StPO wird in Urkundenbeweisverfahren das Asservat H 4/74 III 5/2/65 Pos. 11 (Handzeichnung, DIN-A 3 Format[mm] mit Handschriftlichem Text) verlesen.

Gemäß § 249 StPO wird im Urkundenbeweisverfahren das Asservat H 4/74 III 5/2/65 Pos. 12 (Handzeichnung, DIN-A 3-Format mit handschriftlichem Text) verlesen.

Gemäß § 249 StPO wird im Urkundenbeweisverfahren das Asservat H 4/74 III 5/2/65 Pos. 14 (maschinenschriftlicher Text) beginnend mit „hör ma ...“ bis „... ein konzept entwickeln.“ verlesen.

Vors.:

Damit sind wir am Ende des heutigen Verlesungsprogramms und auch des Sitzungsprogramms. Wir setzen am kommenden Dienstag, 25.5. um 9.00 Uhr fort. Vorgesehen ist für diesen Tag die Anhörung des Herrn Sachverständigen Hecker; insgesamt - glaube ich - 7 oder 8 Gutachten.

Ich habe leider mein Verzeichnis nicht dabei. Wenn jemand sich für die Ordner im Einzelnen interessiert, kann ich es im Anschluß daran sofort bekanntgeben. Jedenfalls benötigt werden Ordner 124, 53/9 und 87.

Es kann auch am Dienstag davon ausgegangen werden, daß die Sitzung nur am Vormittag andauert.

Damit Unterbrechung bis zum[nn] Dienstag.

Ende von Band 562

Ende der Sitzung um 11.38 Uhr

[9900][18]


[1] Die Strafprozessordnung sieht eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht der Angeklagten vor (§ 231 Abs. 1 StPO). Dass es den Angeklagten in diesem Verfahren freigestellt war, die Hauptverhandlung zu verlassen, ergab sich aus der Annahme der vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführten Verhandlungsunfähigkeit, die nach § 231a StPO grundsätzlich die Verhandlung in Abwesenheit der Angeklagten ermöglicht (s. hierzu den Beschluss des 2. Strafsenats, abgedruckt in Anlage 1 zum Protokoll vom 30. September 1975, S. 3124 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 40. Verhandlungstag), sowie der Vorgabe des BGH, den Angeklagten dürfe ihre Anwesenheit nicht untersagt werden (BGH, Beschl. v. 22.10.1975 - Az.: 1 StE 1/74 - StB 60-63/75, BGHSt 26, S. 228, 234).

[2] In den Fällen der notwendigen Verteidigung ist die Mitwirkung eines Verteidigers oder einer Verteidigerin gesetzlich vorgeschrieben (§ 141 StPO a.F.; seit dem 13.12.2019 [Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019, BGBl. I, S. 2128] ist die Bestellung in manchen Fällen von einem Antrag des/der Beschuldigten abhängig, § 141 Abs. 1 StPO). Die notwendige Verteidigung ergab sich in diesem Verfahren daraus, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfand (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und dem Vorwurf eines Verbrechens (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO; ein Verbrechen liegt vor bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, § 1 Abs. 1 StGB a.F.; heute: § 12 Abs. 1 StGB), sowie der Inhaftierung der Beschuldigten für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO a.F.; heute ist die zeitliche Vorgabe entfallen).

[3] Da den Angeklagten neben ihren Vertrauensverteidiger/innen je zwei weitere Verteidiger zur Sicherung des Verfahrens (gegen ihren Willen) beigeordnet worden waren, konnte die Hauptverhandlung trotz zwischenzeitlicher Abwesenheit der Vertrauensverteidigung fortgesetzt werden. Zwischen der Vertrauensverteidigung und dem Senat bestand allerdings Uneinigkeit darüber, ob die Verteidigung durch sie auch ordnungsgemäß sei (s. dazu bereits die Diskussionen am 1. Verhandlungstag, S. 90 ff., sowie den Entpflichtungsantrag der Rechtsanwältin Becker in Anlage 1 zum Protokoll vom 10.06.1975, S. 184 ff., 3. Verhandlungstag). Die Angeklagten lehnten die von ihnen sog. Zwangsverteidiger vehement ab und weigerten sich, mit ihnen zu reden. Ulrike Meinhof führte am 1. Verhandlungstag aus: „Es handelt sich bei diesen Verteidigern um Zwangsverteidiger, die als Instrumente der B. Anwaltschaft ohne jede Kompetenz, abhängige Staatsschutzverteidiger sind, d. h. ihrer Funktion in diesem Prozeß nach Vertreter der Anklagebehörden und der Staatsschutzabteilung“ (S. 85 des Protokolls der Hauptverhandlung). Auch in der Literatur war diese Vorgehensweise - die Beiordnung von Pflichtverteidiger/innen gegen den Willen der Angeklagten neben vorhandenen (Wahl-)Verteidiger/innen - lange umstritten (s. dazu Thomas/Kämpfer, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 1, 1. Aufl. 2014, § 141 Rn. 6). Die Rechtsprechung ließ diese sog. Sicherungsverteidigung zu (BVerfG, Beschl. v. 28.3.1984 - Az.: 2 BvR 275/83, BVerfGE 66, S. 313, 321; BGH, Urt. v. 11.12.1952 - Az.: 3 StR 396/51, BGHSt 3, S. 395, 398; s. auch EGMR, Urt. v. 25.9.1992 - Az.: 62/1991/314/385, EuGRZ 1992, S. 542, 545 f.). Erst mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2128) wurde hierfür in § 144 StPO auch eine gesetzliche Regelung geschaffen.

[4] Zum 1.1.1975 trat mit dem Gesetz zur Ergänzung des Ersten Strafverfahrensreformgesetzes vom 20.12.1974 (BGBl. I, S. 3686) das Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) in Kraft, wodurch die bis dahin zulässige kollektive Verteidigung mehrerer Angeklagter bei gleicher Interessenslage - auch „Blockverteidigung“ genannt - abgeschafft wurde. Jede/r Verteidiger/in durfte fortan nur noch eine/n Angeklagte/n vertreten.

[5] Rechtsanwalt Dr. Temming, der bereits als Rechtsreferendar im Wege der amtlichen Stellvertretung zunächst Ulrike Meinhof für Rechtsanwalt Riedel, später Gudrun Ensslin für Rechtsanwältin Becker vertreten hatte, legitimierte sich am 86. Verhandlungstag als Wahlverteidiger für den Angeklagten Baader. Der Senat ließ ihn mit Hinweis auf das Verbot der Mehrfachverteidigung, das nach Senatsauffassung auch die sog. sukzessive Verteidigung umfasse, nicht zu. Hatte der Senat beim vorigen Wechsel der Stellvertretung noch argumentiert, ein von § 146 StPO verbotener Mandatswechsel habe nicht vorgelegen, „[d]a sich das Recht des Vertreters von der Vertretenen herleitet“ (so der Vorsitzende Dr. Prinzing am 41. Verhandlungstag, S. 3161 des Protokolls der Hauptverhandlung), änderte er nun im Hinblick auf eine zuvor ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts seine Rechtsauffassung. Als sich Rechtsanwalt Dr. Temming nach der Versagung der Zulassung für die von ihm bereits zuvor verteidigte Angeklagte Ensslin legitimierte, lehnte der Senat die Zulassung erneut mit Verweis auf das Verbot der ab, da Dr. Temming im Wege der Stellvertretung ebenfalls die Angeklagte Meinhof vertreten habe (S. 7739 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung). Die anschließend beantragte Zulassung als Wahlverteidiger der Angeklagten Meinhof wurde mit Hinweis auf die bereits erreichte maximale Anzahl von drei Wahlverteidiger/innen (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO) abgelehnt (S. 7743 ff. des Protokolls, 86. Verhandlungstag). Mit Beschluß vom 22.3.1976 lehnte der 2. Strafsenat des OLG Stuttgart schließlich - nach vorheriger Reduzierung der Wahlverteidiger/innen der Angeklagten Meinhof - auch die Vertretung der Angeklagten Meinhof durch Rechtsanwalt Dr. Temming wegen Verstoßes gegen § 146 StPO ab (s. dazu die Ausführungen des Rechtsanwalts Oberwinder am 91. Verhandlungstag, S. 8054 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung).

[6] Die Gefahr eines Interessenskonflikts, der durch § 146 StPO ausgeschlossen werden soll, ist im Falle des Todes der früheren Mandantin ausgeschlossen.

[7] § 57 StPO a.F. schrieb für die Belehrung von Zeug/innen vor: „Vor der Vernehmung sind Zeugen zur Wahrheit zu Ermahnen und darauf hinzuweisen, daß sie ihre Aussage zu beeidigen haben, wenn keine im Gesetz bestimmte oder zugelassene Ausnahme vorliegt. Hierbei sind sie über die Bedeutung des Eides, die Möglichkeit der Wahl zwischen dem Eid mit religiöser oder ohne religiöse Beteuerung sowie über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren.“ Im Unterschied dazu ist die Vereidigung von Zeug/innen heute nur noch die Ausnahme (§ 59 StPO).

[8] Zu den Besonderheiten dieses Verfahrens gehörte es, dass sich die Prozessbeteiligten darauf einigten, ein gerichtliches Wortprotokoll als Arbeitsgrundlage anzufertigen (s. dazu S. 4 des Protokolls der Hauptverhandlung, 1. Verhandlungstag). Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein sog. Ergebnisprotokoll, in welchem der Gang und die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung sowie die wesentlichen Förmlichkeiten festgehalten werden (§§ 272, 273 StPO). Die wörtliche Protokollierung ist nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO nur dann vorgesehen, wenn es auf die Feststellung des Wortlauts einer Aussage oder Äußerung ankommt. Nach der damaligen Rechtsprechung bedurfte die Tonbandaufnahme in der Hauptverhandlung stets der Zustimmung der Beteiligten (BGH, Urt. v. 4.2.1964 - Az.: 1 StR 510/63, NJW 1964, S. 602 f.; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.1992 - Az.: 2 Ws 128/92, NStZ 1992, S. 339). Heute wird die gerichtliche Tonbandaufnahme z.T. auch ohne Zustimmung der Beteiligten für zulässig erachtet (Kulhanek, in Knauer/Kudlich/Schneider [Hrsg.], Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Band 3/2, 1. Aufl. 2018, § 169 GVG Rn. 35; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020, § 169 GVG Rn. 13).

[9] Die Inaugenscheinnahme gehört zu den zulässigen Beweismitteln im sog. Strengbeweisverfahren, welches zum Beweis von Tatsachen Anwendung findet, die die Straf- und Schuldfrage betreffen, d.h. den Tathergang, die Schuld des Täters/der Täterin sowie die Höhe der Strafe. Sie erfolgt durch eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung. Anders als der Wortlaut vermuten lässt, ist diese nicht auf die Wahrnehmung durch Sehen beschränkt, sondern umfasst mit den Wahrnehmungen durch Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen auch alle anderen Sinneswahrnehmungen (BGH, Urt. v. 28.9.1962 - Az.: 4 StR 301/62, BGHSt 18, S. 51, 53).

[10] Margrit Schiller, Kay-Werner Allnach und Wolfgang Beer gehörten bereits der ersten RAF-Generation an. Nach den Verhaftungen der RAF-Führungsriege 1972 begannen sie ab Mitte 1973 damit, sich zu reorganisieren. Ihre Pläne zur gewaltsamen Befreiung der inhaftierten Mitglieder wurden jedoch durch ihre Festnahmen am 4. Februar 1974 in Frankfurt am Main verhindert. In Anlehnung an das Verhaftungsdatum wurde die Gruppierung (zu der auch die in Hamburg festgenommenen Mitglieder Christa Eckes, Ilse Stachowiak, Helmut Pohl und Eberhard Becker sowie die in Amsterdam festgenommenen Axel Achterrath und Ekkehard Blenck gehörten) als Gruppe 4.2. bezeichnet (Diewald-Kerkmann, Frauen, Terrorismus und Justiz, 2009, S. 55, 78 ff., 116 ff., 121 f.; Peters, Tödlicher Irrtum, 4. Aufl. 2008, S. 357 ff.).

[11] § 67 StPO ermöglicht das Berufen auf einen früheren Eid, wenn Zeug/innen im selben Hauptverfahren erneut vernommen werden.

[12] Urkunden werden durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 249 StPO; heute ebenfalls möglich: Einführung im Selbstleseverfahren, § 249 Abs. 2 StPO). Zwar enthält § 250 StPO für Zeug/innen und Sachverständige den Vorrang des Personalbeweises, wonach Tatsachen, die auf der Wahrnehmung einer Person beruhen, grundsätzlich durch Vernehmung dieser Person in die Hauptverhandlung einzuführen sind und nicht durch Verlesung früherer Vernehmungsprotokolle oder schriftlicher Erklärungen ersetzt werden dürfen. Überwiegend wird jedoch zwischen ersetzender und ergänzender Verlesung differenziert und letztere im Rahmen des Urkundenbeweises für zulässig gehalten (BGH, Urt. v. 16.2.1965 - Az.: 1 StR 4/65, BGHSt 20, S. 160, 162; Erb, in Bockemühl/Gierhake/Müller/Walter [Hrsg.], Festschrift für Bernd von Heintschel-Heinegg zum 70. Geburtstag, 2015, S. 135, 136; Mosbacher, NStZ 2014, S. 1 ff.; a.A. Gubitz/Bock, NJW 2008, S. 958). Inzwischen wurde mit dem 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004 (BGBl I, S. 2198) in § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO die ausdrückliche Möglichkeit geschaffen, Protokolle und Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen (mit Ausnahme von Vernehmungen) zu verlesen.

[13] Der/Die Vorsitzende kann ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen, oder - ebenfalls vom Fragerecht umfasst - (kurze) Vorhalte (Schneider, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 240 Rn. 5) von Amts wegen oder auf Antrag von Verfahrensbeteiligten selbst zurückweisen (§ 241 Abs. 2 StPO), oder bei Zweifeln die Entscheidung des Gerichts einholen (§ 242 StPO).

[14] Die Verlesung geschieht im Rahmen des Urkundenbeweises nach § 249 ff. StPO und dient der Kenntnisnahme des (durch Schriftzeichen verkörperten) Inhalts einer Erklärung (Meyer-Goßner, in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2029, § 249 Rn. 7). Ein Vorhalt hingegen ist ein Vernehmungsbehelf im Rahmen des Zeugenbeweises. Beweismittel ist damit nicht der vorgehaltene Inhalt, sondern lediglich das, was der/die Zeug/in anschließend aussagt (Diemer, in Hannich [Hrsg.], Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 249 Rn. 42).

[15] Anlage 1 zum Protokoll vom 20. Mai 1976: Handschriftliche Notiz des Zeugen Metzner.

[16] S. Fn. 10.

[17] Zwei Tage, nachdem Ulrike Meinhof tot in ihrer Zelle aufgefunden worden war, fand der nächste Verhandlungstag statt. Die Verteidigung beantragte geschlossen eine zehntätige Unterbrechung der Hauptverhandlung. Rechtsanwalt Dr. Heldmann führte aus, dies gebiete schon der Anstand; er wies aber auch auf die nach seiner Auffassung unklare Todesursache hin (S. 9602 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 109. Verhandlungstag). Nachdem der Vorsitzende Dr. Prinzing den Senatsbeschluss verkündete, dass der Antrag abgelehnt werde, erklärte Rechtsanwalt Schily, dass die Vertrauensverteidigung bis zur Beerdigung Meinhofs nicht weiter an der Hauptverhandlung teilnehmen werde (S. 9630 ff. des Protokolls der Hauptverhandlung, 109. Verhandlungstag). Die genauen Umstände von Meinhofs Tod sind bis heute umstritten. Auch eine Nachobduktion führte zu keinem eindeutigen Ergebnis. Zudem nahm sich eine internationale Untersuchungskommission des Falls an. Sie bestand überwiegend aus Jurist/innen, Ärzt/innen und Journalist/innen aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Dänemark; unter den Mitgliedern befanden sich auch bekannte Persönlichkeiten wie etwa Simone de Beauvoir. In ihrem Bericht aus dem Jahr 1978 kam die Kommission zu dem Schluss, dass ein Selbstmord Meinhofs nicht erwiesen sei. Gegenteilige Beweise erbrachte die Kommission allerdings ebenfalls nicht. Die genauen Umstände von Meinhofs Tod blieben weiterhin umstritten (Bakker Schut, Stammheim, 2. Aufl. 2007, S. 394 ff.; Bergstermann, Stammheim, 2016, S. 268 ff.; März, Linker Protest nach dem Deutschen Herbst, 2012, S. 159 ff.; Terhoeven, Deutscher Herbst in Europa, 2014, S. 398 ff.; zum Bericht der Kommission s. Internationale Untersuchungskommission zum Tode Ulrike Meinhofs, Der Tod Ulrike Meinhofs: Bericht der Internationalen Untersuchungskommission, 1979).

[18] Anlage 2 zum Protokoll vom 20 Mai 1976: Telegramm des Rechtsanwalt Dr. Heldmann.


[a] Maschinell durchgestrichen: durchführbar

[b] Maschinell durchgestrichen: Herr

[c] Maschinell eingefügt: um Erklärung

[d] Maschinell durchgestrichen: bereits

[e] Maschinell eingefügt: Sie

[f] Maschinell eingefügt: also

[g] Maschinell eingefügt: davon

[h] Maschinell ergänzt: voll mitgehört

[i] Maschinell eingefügt: hätte ich

[j] Maschinell ersetzt: wenn durch können

[k] Maschinell eingefügt: OStA Zeis.: Herr Vorsitzender...

[l] Maschinell eingefügt: Ich bitte ihn

[m] Maschinell eingefügt: dann

[n] Maschinell eingefügt: Nein, Nein.

[o] Maschinell eingefügt: mehr

[p] Handschriftlich ersetzt: Kraus durch Sam

[q] Handschriftlich ersetzt: Kraus durch Sam

[r] Maschinell eingefügt: dann

[s] Maschinell eingefügt: von

[t] Maschinell eingefügt: besonders

[u] Maschinell ersetzt: ... durch „Firebird“

[v] Handschriftlich durchgestrichen: einer

[w] Maschinell eingefügt: daß

[x] Maschinell eingefügt: daß es

[y] Handschriftlich durchgestrichen: anderes

[z] Maschinell eingefügt: die Seite

[aa] Maschinell ergänzt: jetzt irgendjemand

[bb] Maschinell ersetzt: ein durch einem

[cc] Handschriftlich ergänzt: vorgehalten

[dd] Handschriftlich eingefügt: benützt

[ee] Maschinell ersetzt: ... durch will ich also mit der

[ff] Handschriftlich eingefügt: die

[gg] Maschinell eingefügt: KHM

[hh] Maschinell durchgestrichen: zur

[ii] Maschinell ersetzt: Durchsuchung durch durchsuchen

[jj] Maschinell ersetzt: ... durch Fabrikat

[kk] Handschriftlich eingefügt: (§ 67 StPO)

[ll] Maschinell durchgestrichen: und

[mm] Maschinell eingefügt: Format

[nn] Maschinell eingefügt: zum